Lokale Kühlung mit überschüssiger Wärme

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Lokale Kühlung mit
überschüssiger Wärme
Ilkka Salo
Herkömmliche Gebäudekühlsysteme
benötigen nicht nur große Mengen
Strom, sondern verwenden auch so
genannte CKW/FCKW-Kältemittel,
besser bekannt unter der Bezeichnung «Freon» oder «Frigen», die zu
Recht als nicht gerade umweltfreundlich gelten. Wie jüngste Forschungs- und Entwicklungsarbeiten
von ABB in Finnland gezeigt haben,
lassen sich diese Nachteile mit Hilfe
der «lokalen Kühlung» umgehen. Bei
diesem Verfahren ersetzen FCKWfreie Absorptions-Kälteaggregate
die Kompressoren, um verbrauchsnah Kälteenergie aus Wärme zu
gewinnen.
E
in Problem bei den heutigen Fernwärmesystemen, die vorwiegend auf
Blick in die Sibelius Hall, ein kürzlich fertiggestelltes Kongress- und Konzertzentrum
Kraft-Wärme-Kopplung beruhen, besteht
in Lahti, Finnland. ABB war für die gesamte Gebäudetechnik einschließlich der loka-
darin, dass die Abnehmer in den Winter-
len Kühlung verantwortlich.
monaten zwar die volle Wärmeleistung zum
Heizen verwenden, im Sommer aber kaum
Wärme benötigen. Ähnliches gilt für viele
Industrieanlagen: sie erzeugen überschüssige
hin Fernwärme und erzeugt die Kälteenergie
men, kam die Absorption bisher kaum für
Wärme, die ungenutzt bleibt, obwohl sie zum
vor Ort für ein oder mehrere Gebäude.
Kühlzwecke in Gebäuden zum Einsatz.
anfallende Prozesswärme nur zum Teil
Von der unkoordinierten Planung
Planer es bei herkömmlicher Vorgehensweise
verwerten, während zum Kühlen wiederum
von Systemen ...
meist versäumen, die Kälteerzeugung und
Strom benötigt wird.
Das Absorptionsverfahren an sich ist nicht
-verteilung von Anfang an in die Planung der
Hauptsächlich liegt dies daran, dass die
Kühlen geeignet wäre. Häufig lässt sich die
neu. Trotz seiner ökologischen Vorteile, wie
gebäudetechnischen Systeme (z.B. von
gaten ermöglicht es, diese überschüssige
der Nutzung überschüssiger Wärme anstelle
Klimaanlagen) einzubeziehen. Das Ergebnis
Wärme zur Gewinnung von Kälteenergie zu
von Strom, keinen CKW/FCKW-Kältemitteln
fällt folglich selten optimal aus. Unkoordinier-
nutzen. Der Abnehmer bezieht dafür weiter-
und keinen Geräusch- und Vibrationsproble-
te Planung macht die Nutzung von niedriger
Der Einsatz von Absorptions-Kälteaggre-
ABB Technik 1/2001
39
Erfolgreicher Funktionsnachweis der lokalen Kühltechnologie
Das DEMLOCS-Projekt hat aufgezeigt, welche Mög-
Vergleich zwischen
lichkeiten Fernwärme bietet, um Gebäude zu kühlen,
einer herkömm-
zu heizen und zu klimatisieren, und welche Energieein-
lichen Lüftungsan-
sparungen sich dabei zusammen mit dem Gebäude-
lage (a) mit getrenn-
versorgungssystem ThermoNet ergeben (siehe Bild).
ten Kreisläufen für
Das Projekt wurde im Rahmen des Thermie-Pro-
Heizung, Kühlung
gramms der EU durchgeführt. Neben ABB Finnland,
und Wärmerückge-
die auch die Koordinierung des Projektes übernahm,
winnung und Ther-
waren der Energieversorger Helsinki Energy und die
moNet (b) mit Eco-
dänischen Herning Kommunale Vaerker daran beteiligt.
net-Gebäudever-
Im Zuge des von Oktober 1995 bis Oktober 1999 lau-
sorgungseinheiten,
fenden Projektes entstanden zwei Kühlanlagen, je eine
das alle diese Funk-
in Helsinki und Herning. Sie versorgen sowohl neue
tionen in einem ein-
als auch sanierte Gebäude. Im Werk in Helsinki liefern
zigen Kreislauf ver-
Absorptions-Kälteaggregate die Kälteenergie, in Däne-
eint. Aufgrund des
mark hingegen Ejektorkühler.
niedrigen Tempera-
Beide Systeme arbeiten gänzlich ohne CKW/FCKW.
turniveaus ergibt
Sie nutzen Fernwärme mit +80 °C, einer Temperatur,
sich ein hoher ener-
die deutlich unter der liegt, die normal für diese Art
getischer Wirkungs-
von Kühlung üblich wäre. Das in das Fernwärmesys-
grad.
–
+
–
–
a
+
–
+
–
b
tem zurückgeführte Wasser heizt zusätzlich noch die
Gebäude.
der Fertigstellung eines weiteren Gebäudes, des soge-
Das Werk in Herning begann im Sommer 1999 mit der
nannten Tellus House, im Sommer 1999 in Helsinki die
Gewinnung von Kälteenergie für sein Bürogebäude. Im
volle Kühlleistung zur Verfügung stand. Trotz des unge-
Sommer 2000 wurden umfassende Betriebsbeobach-
wöhnlich langen und warmen Sommers 1999 in Finn-
tungen durchgeführt. Die Kühlanlage in Helsinki ging
land haben die Ergebnisse des Projektes die Erwartun-
rechtzeitig zum Sommer 1998 in Betrieb, so dass mit
gen mehr als erfüllt.
Wärmeenergie wie Fernwärme für die
nommen, die Möglichkeiten für eine ener-
von ABB im Rahmen des DEMLOCS-Projektes
Absorptionskühlung nicht nur schwierig,
giesparende und umweltverträgliche Kühlung
(siehe Infobox) entwickelte lokale Kühlanlage
sondern auch unwirtschaftlich. Dies trifft
genauer zu untersuchen. Die Kombination
in Helsinki, die +80 °C heiße Fernwärme zur
besonders für die Sommermonate zu, in
von Absorptions-Kälteaggregaten mit mo-
Absorptionskühlung nutzt.
denen die Temperaturen der Fernwärme am
dernster Gebäudetechnik erwies sich hierbei
niedrigsten sind.
als besonders interessant.
... zu einer voll integrierten
Entwicklungsplattform
ABB Finnland besitzt bereits umfangreiche
Die Forschungs- und Entwicklungsarbei-
Erfahrung in der Nutzung von Wärmeenergie
ten von ABB in Finnland ermöglichen heute
Der Schlüssel zum Lösungsansatz von ABB ist
mit niedrigen Temperaturen zum Heizen von
die wirtschaftliche Nutzung von Fernwärme
die parallele Entwicklung und Optimierung
Gebäuden. In den letzten Jahren hat das
zum Kühlen von Gebäuden während der
der lokalen Energiesysteme und Gebäudever-
Unternehmen große Anstrengungen unter-
Sommermonate. Ein Beispiel hierfür ist eine
sorgungsanlagen, beispielsweise Klimaanla-
40
ABB Technik 1/2001
1 Temperatur des Heizungswassers (Vorlauf rot, Rücklauf blau) und der
Umgebungsluft (grün) über eine Woche im Winter (DEMLOCS-Projekt)
60
Heizperiode –
Nutzung von niedriger Energie
5
Das DEMLOCS-Project demonstriert, wie
4
sich niedrige Energie zum Heizen und
Kühlen von Gebäuden verwenden lässt.
30
1 zeigt zum Beispiel die Temperatur des
T [ ° C]
2
zum Heizen verwendeten Wassers und die
Temperatur der Umgebungsluft über eine
1
Woche im Winter. Die Lufttemperatur liegt
0
anfangs bei –25 °C und steigt bis zum Ende
der Woche langsam auf 0 °C. In dieser Zeit
-10
sinkt die Vorlauftemperatur des vom Fern-20
wärmenetz gelieferten Wassers von 50 °C
auf 30 °C. Die Temperatur des von den
ThermoNet®-Einheiten 2 in das Fernwär-
07:00
22:15
13:30
04:45
20:00
11:15
02:30
17:45
09:00
00:15
15:30
06:45
22:00
13:15
04:30
19:45
11:00
02:15
17:30
08:45
00:00
-30
menetz zurückgespeisten Wassers (Rücklauftemperatur) steigt von 15 °C auf 18 °C.
Mit dieser Methode lässt sich das gesamte
gen, denn diese Vorgehensweise ermöglicht
Absorptions-Kälteaggregat mit 0,9 MW Leistung
Fabrikgebäude auch bei Außentemperaturen
es, die Systeme als Ganzes noch weiter zu
kann diesen Bedarf problemlos decken, dank
von –25 °C mit einer einzigen Energiequelle –
optimieren.
des von ABB unter Berücksichtigung von Ener-
dem Rücklaufwasser des Fernwärmenetzes –
giegewinnung und -verbrauch integrierten Ent-
effizient heizen.
Der Kühlleistungsbedarf für die Gebäude in
Helsinki liegt bei insgesamt 1,8 MW. Ein
2
wurfs der Gebäudeversorgungsanlagen.
Funktionsweise der ThermoNet/Econet-Einheiten
Kühlen (a): Die geringe Differenz ∆T zwischen der Luft- und der Wassertemperatur gestattet hohe Kälteträger-Temperaturen bei hohem
∆T zwischen Vorlauf- und Rücklauftemperatur.
Heizen (b): Die geringe Differenz ∆T zwischen der Luft- und der Wassertemperatur gestattet niedrige Wärmeträger-Temperaturen bei
großem ∆T zwischen Vorlauf- und Rücklauftemperatur.
++
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
++
a
ABB Technik 1/2001
+
–
+
–
++
+ +++++++
+
+
+ +++ +++
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
++
++
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
++
Return
+15 °C...+20 °C
Supply
+7 °C…+10 °C
+
–
+
–
++
+ +++++++
+
+
+ +++ +++
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
++
Return
+15 °C...+20 °C
Supply
+25 °C…+40 °C
b
41
3 Kühlwassertemperatur (Vorlauf blau, Rücklauf rot) der ThermoNet-Einheiten und
die Energieverbrauchskurve für ein Fabrikgebäude (DEMLOCS-Projekt)
25
600
Rundherum vorteilhaft
15
300
P[ kW ]
T[ °C ]
20
200
100
Wärme» anstelle von teurem Strom
■ Geringere Emissionen,
z.B. von Kohlendioxid
18:06
17:37
17:08
16:39
16:10
15:41
15:12
14:43
14:14
13:45
13:16
12:47
12:18
11:49
11:20
10:51
10:22
09:53
09:24
0
08:55
Allgemeine Vorteile:
■ Nutzung von «überschüssiger
10
5
Die lokale Kühlung bietet bedeutende
Vorteile sowohl für die Umwelt als
auch für Gebäudeeigentümer.
■ Kühlung ohne CKW/FCKW
■ Zuverlässiges Energiesystem
4
■ Steigerung des energetischen
Funktionsweise der «Kälterückgewinnung» bei wechselnden
Wirkungsgrades
Umgebungsluftbedingungen
Vorteile für Gebäudeeigentümer:
•
E
Enthalpie der Außenluft
T
Temperatur der Außenluft ■
P
Bedarf (blau), Verbrauch (rot), Kälterückgewinnung (grün)
■ Niedrigere Investitionen und
geringe laufende Kosten für die
eigenen Gebäudesysteme
800
60
■ Keine Kompressoren zur
Kältegewinnung
700
■ Geringerer Wartungsaufwand
50
■ Niedrigerer Stromverbrauch
600
■ Bessere Raumausnutzung
40
500
■ Höhere Zuverlässigkeit
20
T[ °C]
E[ kJ / kg]
300
200
■ Keine Geräusch- und Vibrations-
probleme, wie sie bei herkömmlichen Kühlungen mit
Kompressoren auftreten
10
100
0
24:15
23:30
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16:00
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12:15
11:30
10:45
10:00
09:15
08:30
07:45
0
07:00
P[k W]
■ Größere Umweltfreundlichkeit
30
400
gegen enthalten lediglich die Wärme aus
dem Fernwärmenetz. Der daraus resultierende Gesamtverbrauch von 6,2 bzw. 6,3
kWh/m3 ist außergewöhnlich niedrig. Die
Eindrucksvoller Nachweis des
perioden 1997/98 und 1998/99. Die Spalten
niedrigsten Werte in den Statistiken der
niedrigen Energiebedarfs
«Bedarf» enthalten die aus dem Fernwärme-
MOTIVA, einer vom finnischen Industrie-
Die Tabelle auf Seite 43 zeigt den spezifi-
netz entnommene Wärme einschließlich der
und Handelsministerium zur Förderung der
schen Wärmebedarf für das Fabrikgebäude
durch ThermoNet®-Einheiten zurückgewon-
rationellen Energienutzung gegründeten
beim DEMLOCS-Projekt während der Heiz-
nenen Wärme. Die Spalten «Verbrauch» hin-
Organisation, liegen mehr als doppelt so
42
ABB Technik 1/2001
Tabelle: Spezifischer Wärmverbrauch in kWh/m3 eines Fabrikgebäudes während der Heizperioden
1997/98 und 1998/99 (ohne warmes Leitungswasser)
Heizindex
1997-98
Bedarf
Heizindex
1998-99
Bedarf
Heizindex
1997-98
Verbrauch
Heizindex
1998-99
Verbrauch
September
0,0
0,1
0,0
0,0
Oktober
0,8
1,4
0,3
0,4
November
1,7
2,0
0,9
0,9
Dezember
3,2
2,8
1,9
1,3
Januar
3,1
3,0
1,7
1,3
Februar
1,8
2,7
0,8
1,2
März
1,4
2,5
0,4
0,8
April
1,1
2,1
0,2
0,3
Mai
0,6
0,9
0,1
0,1
13,5
16,4
6,2
6,3
Monat
Gesamt
hoch. Der Durchschnitt der Statistik liegt
Spitzenlastbetrieb
80 °C. Der gleiche Nutzen lässt sich in all
sogar bei 46 kWh/m . (Die MOTIVA-Statisti-
mit «Kälterückgewinnung»
jenen Fällen erzielen, in denen überschüssige
ken repräsentieren Tausende von Gebäuden
Die Funktionsweise der «Kälterückgewin-
Wärme zur Verfügung steht. Obwohl es über-
in ganz Finnland.)
nung» bei wechselnden Umgebungsluftbedin-
wiegend in Verbindung mit Fernwärmesyste-
gungen ist in 4 dargestellt. Das Schema
men zum Einsatz kommen dürfte, lässt sich
Kühlperiode –
zeigt deutlich, dass sie mehr als 300 kW des
das Konzept der lokalen Kühlung auch mit
Nutzung von niedriger Energie
gesamten Bedarfs (45 % von 700 kW) deckt.
jeder anderen Energiequelle nutzen.
3
3 zeigt die Vorlauf- und Rücklauftempera-
Dieser Anteil verringert sich, sobald die
turen des Kühlwassers von bzw. zu den Ther-
Außentemperatur sinkt und der Gesamtbedarf
moNet -Einheiten sowie die Verbrauchskurve
an Kälteenergie abnimmt. Im Ergebnis bleibt
für das Fabrikgebäude. Die durchschnittliche
der Verbrauch an Kälteenergie praktisch
Vorlauftemperatur beträgt 10 °C (9–12 °C).
konstant und variiert trotz Schwankungen der
Die Rücklauftemperatur steigt von 17,5 °C auf
Außentemperatur (und damit der Kühllast)
22 °C, während sich der Kälteenergiebedarf
zwischen 380 und 270 kW.
®
von 100 kW auf 500 kW erhöht. Die Temperatur des Kühlwassers liegt deutlich über den
Zusammenfassung
in der Industrie üblichen Werten, und die
Das in Finnland und Dänemark (siehe Info-
Temperaturdifferenz beträgt fast das Dop-
box auf Seite 40) demonstrierte Konzept der
pelte.
lokalen Kühlung nutzt Wärmeenergie mit
Adresse des Autors
Ilkka Salo
ABB Installaatiot Oy
P.O. box 181
SF-00381 Helsinki
Finnland
Fax: +358 1022 28150
[email protected]
niedrigen Temperaturen oberhalb von 75 bis
ABB Technik 1/2001
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