ideenbörse Ernährung Aus der Augsburger Allgemeinen vom 21. Juli 2012 Blackbox Nahrung Information Mit einer Serie über Lebensmittel will die Zeitung die Leser darüber aufklären, was heute noch ohne Bedenken gegessen werden kann und was nicht. Drehbuch Zeitung Augsburger Allgemeine Auflage 222.200* Kontakt Sonja Krell Telefon 0821 – 777 20 71 E-Mail [email protected] Idee Anlass für die Serie waren gehäufte Berichte über Lebensmittelskandale – von multiresistenten Keimen in Supermarkt-Hähnchen bis hin zu Eiern, die mit Dioxin belastet sind. „Wir wollten die Fragen aufgreifen, die man sich beim täglichen Einkauf selbst stellt“, sagt Wirtschaftsredakteurin Sonja Krell, die die Serie koordinierte. „Warum schmecken Tomaten aus dem Supermarkt so fad? Welchen Fisch kann man noch ohne Bedenken essen?“ Umsetzung „Etwa zehn Kolleginnen und Kollegen aus unterschiedlichen Ressorts, vermehrt aber aus der Wirtschaft, sammelten in einem Brainstorming zunächst einmal Ideen“, erzählt Krell. „Wir 24 hatten schnell ausreichend Stoff zusammen: Wir wollten beschreiben, wie Brot eigentlich hergestellt wird, wir wollten uns die Hähnchenpreise ansehen, aber zum Beispiel auch einfach zeigen, wo man in der Region Bio-Lebensmittel kaufen kann.“ Wichtig sei der Redaktion gewesen, abzuwechseln zwischen Aufklärung über Missstände und positiven Berichten. „Schließlich wollten wir den Menschen nicht die Lust am Essen nehmen“, sagt Krell. Die einzelnen Kollegen konnten sich dann für die Themen melden, die sie gerne bearbeiten wollten. Die Serie lief über mehrere Wochen immer montags auf der Verbraucherseite. Auf Seite 1 wurde sie angerissen. Es gab Reportagen, Features, Interviews und Berichte. Jede Seite war mit dem Serien-Logo versehen. Aufwand Die Serie sei mit relativ viel Arbeit verbunden gewesen, sagt Krell. „Sie lief über vier Monate hinweg, man musste immer am Ball bleiben.“ Manche Geschichten hätten sich leicht recherchieren lassen, andere schwerer. „Der Schwerpunkt zum Thema Fisch etwa war mit einer intensiven Recherche verbunden. Welche Verbraucher-Siegel gibt es, was ist dabei zu beachten?“ Reaktion „Die Menge an Zuschriften zeigte uns, dass sich die Menschen mit dem Thema beschäftigen“, sagt Krell. „Wir erhielten viele Tipps und Anregungen aus der Leserschaft.“ Sonja Krell ist Wirt­schaftsre­dak­teurin der Augsburger Allgemeinen. drehscheibetipp Grafik auf der Homepage: Auf einer Karte sind die Bioläden der Region verzeichnet. Mit Adressen und Besonderheiten des jeweiligen Sortiments, zum Beispiel: Wo gibt es wann frische Ware, Fleisch etc. drehscheibe Titel-Thema 14 NUMMER 167 Richtig Fleisch essen! SAMSTAG, 21. JULI 2012 SAMSTAG, 21. JULI 2012 15 Titel-Thema NUMMER 167 Heute schon Schwein gehabt? Mit Pommes und Salat? Ein Blick auf die Vor- und Nachteile des Fleisch-Konsums und ein paar Gedanken über Rezepte, Gesundheit und Moral 59,3 Millionen Schweine wurden im Jahr 2011 in Deutschland geschlachtet. Hinzu kommen 3,68 Millionen Rinder und 600 Millionen Hühner. 18Prozent der globalen Treibhausgase werden durch die Viehwirtschaft Mindestens verursacht – durch Abholzung, Düngemittel und Methan-Ausstoß von Wiederkäuern. Ein Kilo Gemüse verursacht 20 mal weniger Treibhausgase als ein Kilo Schweinesteak. Jeder Deutsche verbraucht im Jahr durchschnittlich 500 Kilo Lebensmittel, davon sind 60 Kilo Fleischwaren. Der weltweite Fleischverbrauch hat sich in den letzten 50 Jahren auf mittlerweile 283 Millionen Tonnen pro Jahr vervierfacht. Fotos: Fotolia, PantherMedia Schnitzel wachsen nicht auf Bäumen Ernährung Steak, Gehacktes oder Würstchen – 60 Kilogramm Fleischwaren isst ein Deutscher durchschnittlich pro Jahr. Doch die wenigsten machen sich Gedanken darüber, woher die Produkte kommen VON KARIN SEIBOLD Augsburg Ein Kaninchen hat, unfreiwillig, vor ziemlich genau einem Jahr verdeutlicht, was das Problem mit dem Fleisch ist. Das Tier ließ in einem Schulhof in Schleswig-Holstein sein Leben – umgeben von ein paar Dutzend Fünftklässlern. Erst hatten die Buben und Mädchen ihm noch über das Fell streicheln dürfen. Dann sahen sie zu, wie es geschlachtet wurde – und bekamen die Stücke anschließend, über Feuer gegrillt, serviert. Der Aufschrei der Eltern ging durch die Republik. Der Elternbeirat bezeichnete den Vorgang als „pervers“. Ihr elfjähriger Bub habe, erzählte eine Mutter diversen Journalisten, „nächtelang“ nicht mehr geschlafen. Das Kultusministerium mahnte den Direktor der Schule ab. Und eine Vertreterin des Kinderschutzbundes fasste die Ursache für all die Aufregung zusammen: „Wir leben in einer Zeit, in der wir nicht mehr wissen, wie unser Fleisch auf den Teller kommt.“ 8,2 Millionen Tonnen Fleisch wurden in Deutschland im Jahr 2011 produziert. Weltweit hat sich der Fleischverbrauch in den vergangenen 50 Jahren vervierfacht – von 70 Millionen Tonnen im Jahr 1961 auf mittlerweile 283 Millionen Tonnen pro Jahr. Das hat Auswirkungen auf das Klima, die Wälder und die weltweite Nahrungsmittelversorgung. Fast ein Fünftel der globalen Treibhausgase werden durch die Viehwirtschaft verursacht. Für den Anbau von Futtermitteln werden, vor allem in Südamerika, große Waldflächen gerodet. Die belegten Flächen fehlen zudem oft für die Nahrungsmittelproduktion: Von den weltweit etwa fünf Milliarden Hektar landwirtschaftlich genutzten Flächen All das ist portioniert in Hundert-Gramm-Einheiten und darf, oft, auch noch ein bisschen mehr sein. werden laut WWF fast 80 Prozent von der Viehwirtschaft beansprucht. Tierische Lebensmittel stellen dabei aber nur 17 Prozent der weltweiten Ernährung. Vor allem aber hat das, natürlich, Auswirkungen auf die Tiere. Durchschnittlich 60 Kilogramm Fleischwaren isst ein Deutscher jedes Jahr. Gebraten, gegrillt, gegart, geräuchert oder als Würstchen. All das kommt aus einer sauber polierten Glastheke beim Metzger um die Ecke oder landet im Supermarkt, eingeschweißt in hauchzarter Plastikfolie, im Einkaufswagen. All das ist portioniert in Hundert-Gramm- Einheiten und darf, oft, auch noch ein bisschen mehr sein. Vor allem aber war all das einmal ein Lebewesen, hat geatmet, gefressen und geschlafen. Schnitzel wachsen nicht auf Bäumen. Das haben die Schüler im schleswig-holsteinischen Ratekau gelernt. Und das versuchen seit ein paar Monaten auch ein Berliner Student und ein Bauer aus Brandenburg den Verbrauchern wieder ins Bewusstsein zu rufen. „Wir geben Fleisch ein Gesicht“, lautet ihr Motto. Und im Grunde tun die beiden nichts anderes als die Lehrer in Ratekau – mit Erwachsenen statt Kindern, Schweinen statt eines Kaninchens und dem Internet statt eines Schulhofs. Blutig wird es auf meinekleinefarm.org nicht. Dennoch können Verbraucher auf der Internetseite beobachten, wie ihr Essen aufwächst, über Wiesen spazieren geht oder sich im Schlamm suhlt. Sie kaufen Schlackwurst oder Sülze von „Schwein 7“ oder „Schwein 12“ – und bekommen, nach der Schlachtung, Produkte geliefert, auf deren Verpackung ein Foto des jeweiligen Tieres klebt. „Wir wollten erreichen, dass die Menschen wieder ein Bewusstsein dafür entwickeln, wo ihre Nahrung herkommt“, sagt Dennis Buchmann. Deshalb suchte der 35-jährige Student einen Partner – und fand Bauer Bernd Schulz, der seine Tiere unter freiem Himmel auf einer Wiese aufzieht. Die beiden geben den Schweinen Nummern und stellen sie dann mit Fotos, kleinen Filmen und Texten im Internet vor. Die Verbraucher können bei einer Bestellung entscheiden, von welchem Tier sie einmal ihre Wurst haben möchten – und, während des Wartens, an dessen Leben und Sterben teilhaben. „Wer mit dem Tod nicht klarkommt, sollte Vegetarier werden“, fasst Dennis Buchmann sein Anliegen zusammen. Er selbst habe, sagt er, überhaupt kein Problem damit, Fleisch zu essen – „wenn ich weiß, dass das Tier auf meinem Teller ein gutes Leben hatte“. Dass das nicht immer so ist, darauf versuchen Tierschutzorganisationen seit Jahren aufmerksam zu machen. Von „fensterlosen Metallhallen“ und „Drahtkäfigen“ berichtet Peta, und die Albert-SchweitzerStiftung zählt auf: Sechs Schweinen von bis zu jeweils 110 kg stehe zum Leben oft kaum mehr Platz zur Verfügung, als die Matratze eines üblichen Doppelbetts groß ist. Rinder in der „Anbindehaltung“ hätten oft nicht genug Bewegungsspielraum. Und in der konventionellen Hühnermast teilten sich bis zu 26 Tiere einen Quadratmeter Boden. Beim Deutschen Bauernverband hält man von solchen Darstellungen nicht viel. Die „tiergerechte und tierschutzfreundliche Haltung aller Nutztiere“, betont der Verband, sei „ein hohes Anliegen der Bauernfamilien in Deutschland“. Und: „Ob sich die Tiere wohlfühlen oder nicht, hängt weniger von Bestandsgrößen oder Haltungsverfahren als viel mehr von der Bestandsbetreuung und der damit verbundenen Fürsorge des Landwirts für seine Tiere ab.“ Ein Kompromiss zwischen den Bedürfnissen der Tiere und den wirtschaftlichen Anforderungen. Ähnliches ist auch beim Bundesverband der deutschen Fleischwarenindustrie zu hören. Die Haltung von Nutztieren stelle „immer einen Kompromiss zwischen den Bedürfnissen der Tiere und den wirtschaftlichen Anforderungen der Landwirte und Verbraucher dar“, heißt es dort. Dennoch, das ist Bauern und Fleischern gleichermaßen bewusst, wird es immer wichtiger, das Vertrauen der Verbraucher zu haben und zu halten. Bisher scheint das zu gelingen: Die Fleischproduktion in Deutschland steigt seit Jahren stetig an. 59,3 Millionen Schweine und 3,68 Mil- lionen Rinder wurden im Jahr 2011 in Deutschland geschlachtet. Obwohl Experten wie die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfehlen, pro Woche nicht mehr als 300 bis 600 Gramm Fleisch zu essen, kommen die Deutschen durchschnittlich auf die doppelten Werte. Dass immer mehr Menschen aber sichergehen wollen, dass die Tiere zu Lebzeiten respektvoll behandelt wurden, zeigt auch das Experiment von Bauer Schulz und Student Buchmann. In dem halben Jahr, seitdem das Projekt läuft, hätten mehr als tausend Kunden schon Bestellungen bei ihnen aufgegeben, sagen die beiden. „Mett im Glas“ von ihrem jüngsten Kandidaten, „Schwein 22“, ist schon ausverkauft – obwohl die Schlachtung erst für den 28. September angesetzt ist. Bis es so weit ist, darf das Tier noch über die Wiese tollen – und sich gelegentlich für seine späteren Kunden fotografieren lassen. Im schleswig-holsteinischen Ratekau hat sich die Aufregung um das im Schulhof geschlachtete Kaninchen inzwischen gelegt. Das Thema, sagt Stefan Hirt vom Landeselternbeirat, sei „durch“. Und er erklärt am Telefon: „Sie merken, ich habe keine große Lust, mich darüber noch zu unterhalten.“ Die Frage, ob er selbst gelegentlich Fleisch isst, kann man ihm nicht mehr stellen. Da hat er schon aufgelegt. „Rosa und elastisch“ Was im Essen steckt Start der Serie „Unser täglich Brot“ Augsburg Der letzte Lebensmittelskandal ist eine Weile her. Im Winter waren es multiresistente Keime, die in jedem zweiten SupermarktHähnchen gefunden wurden, im Jahr davor verunsicherten mit Dioxin belastete Eier und Schweinefleisch die Kunden. Dazwischen erschütterte, fast vergessen, die EhecKrise die Supermärkte. Tomaten, Gurken und Salat wurden vorsorglich vernichtet. Die Übeltäter allerdings waren verunreinigte Sprossen. Die Skandale haben ihre Spuren hinterlassen. Studien belegen, dass die Bundesbürger inzwischen das Vertrauen in ihre Lebensmittel verloren haben. Zwei von drei Deutschen geben an, dass sie den Produktangaben der Nahrungsmittelhersteller nicht mehr glauben. Dazu trägt auch bei, dass Verbraucher kaum wissen, was in ihrem Essen steckt. Eine Hilfestellung soll unsere Serie „Unser täglich Brot“ bieten, die ab kommender Woche montags im Wirtschaftsteil („Geld & Leben“) erscheint. Darin geht es etwa um die Frage, warum Tomaten aus dem Supermarkt oft fad schmecken, welchen Fisch man guten Gewissens essen kann und warum immer mehr Menschen ihr Essen nicht mehr vertragen. (sok) Interview Der Münchner Sternekoch Alfons Schuhbeck erklärt, worauf es beim Kauf und der Zubereitung von Fleisch ankommt. Pünktlich zur Grillsaison verrät er Gewürz-Tipps und vegetarische Alternativen Höchstens 300 bis 600 Gramm Fleisch sollte ein Mensch pro Woche essen, empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung. Die meisten von uns essen etwa doppelt so viel. Der Münchner Sternekoch Alfons Schuhbeck erklärt, worauf er beim Fleischkonsum achtet – und gibt Tipps zur Grillsaison. Herr Schuhbeck, was denken Sie – essen wir zu viel Fleisch? Schuhbeck: Zu viel isst man vor allem dann, wenn man sich einseitig ernährt. Wer hingegen auf eine ausgewogene Ernährung achtet und einigermaßen gesund lebt, wird nie zu viel von irgendetwas essen. Und wer nun mal gern Fleisch isst, wird dadurch sicher nicht krank, wenn er beim Einkauf auf Qualität und Abwechslung Wert legt und bei der Zubereitung auf schonende Garung und herzhafte Aromen. Worauf sollte man beim Einkauf von Fleisch achten? Schuhbeck: Auf die Farbe, den Geruch und die Konsistenz. Diese drei Merkmale sind natürlich nicht bei jeder Fleischsorte gleich. Das Fleisch sollte grundsätzlich nicht blass aussehen. Achten Sie darauf, ob die Ware in getöntem Licht liegt, das auch blasses Fleisch frisch erscheinen lässt. Generell kann man sagen: Je älter ein Tier ist, desto dunkler ist das Fleisch. Schweine- fleisch sollte hell- bis zartrosa sein, Geflügel rosa, Jungbullenfleisch hell- bis mittelrot, Lamm hellrot bis rot, Färsen- und Ochsenfleisch sowie Reh mittel- bis dunkelrot und Kuhfleisch dunkelrot. Das Fett sollte immer weiß und kernig aussehen; bei älteren Tieren wird es gelb. Riechen sollte das Fleisch neutral bis leicht säuerlich und arttypisch. Es ist nicht mehr frisch, wenn der Geruch zu sauer, süß oder muffig „Die Fleischstücke sollten stets quer zur Faser geschnitten werden, damit sie beim Grillen schön zart bleiben.“ ist. Die Oberfläche muss glatt und das Fleisch elastisch sein. Drückt man es leicht, sollten keine Druckstellen zurückbleiben. Die Fleischoberfläche darf nicht schmierig sein, und liegt es im eigenen Saft, wird es beim Braten zäh und trocken. Welches Fleisch eignet sich besonders gut zum Grillen? Schuhbeck: Für Grillanfänger empfehlen sich Nackensteak, Filet und Kotelett vom Schwein, weil sie bei Fehlern wie zu häufigem Drehen und Wenden gutmütig sind. Am beliebtesten sind Würste und Steaks. Vom Rind bieten Steaks aus der Hochrippe oder Rib-Eye das beste Preis-Leistungs-Verhältnis. Ansonsten: Chateaubriand, Entrecote, Porterhouse und T-Bone. Die Fleischstücke sollten stets quer zur Faser geschnitten werden, damit sie beim Grillen schön zart bleiben. Sie sollten wenigstens fingerdick sein, zu dünn trocknen sie schnell aus und werden zäh. Achten Sie bei vormariniertem Fleisch sorgfältig darauf, ob über die Qualität hinweggetäuscht werden soll. Geräuchertes Fleisch sollte man aus gesundheitlichen Gründen meiden. Wild und Kalb trocknen aufgrund ihres geringen Fettgehalts zu sehr aus. Wie sollte Fleisch zubereitet werden, damit es schmackhaft und gesund ist? Schuhbeck: Lassen Sie dem Fleisch einen Fettrand, denn er lässt es beim Grillen saftig und aromatisch bleiben. Man kann ihn ja noch zum Anrichten abschneiden. Servieren Sie Fleisch nicht zu blutig, damit mögliche Bakterien abgetötet werden können, und nicht verkohlt, damit keine gesundheitsschädlichen Substanzen mitgegessen werden. Wie würzt man das Fleisch zum Grillen am besten? Schuhbeck: Dickere Fleischstücke sollten erst nach dem Grillen oder Braten gewürzt werden, da die Gewürze und Kräuter sonst schnell verbrennen und somit ihre gesundheitliche Wirkung verlieren. Marinaden eignen sich daher vor allem für dünnere Fleischstücke oder für Geflügel, die eine relativ kurze Garzeit haben. Möchte man das Fleisch vor dem Garen salzen, sollte man es anschließend sofort zubereiten, da das Salz Wasser aus dem Fleisch herauszieht. Es sollte übrigens immer bei milder Temperatur gearbeitet werden. „Auch fast jede Obstsorte mit festem Fleisch lässt sich gut grillen – entweder allein oder als Spieß.“ Welche fleischlosen Alternativen bieten sich in der Grillsaison an? Schuhbeck: Fast jedes Gemüse eignet sich zum Grillen: Auberginen, Maiskolben, Zucchini, Paprika, Selleriestangen, Spargel, Champignons, Karotten, Kürbis mit orangefarbenem Fleisch, ungeschälte festkochende Backkartoffeln, die vorgekocht schneller gegrillt sind, oder junge Zwiebeln – einzeln oder als bunter Gemüsespieß. Auch Tofu und Tofuprodukte werden immer beliebter, das Grillen von Ziegenund Schafskäse kommt in Mode. Es empfiehlt sich, die Gemüse vorm Grillen mit Öl, Kräuterbutter oder Marinade zu bestreichen, damit sie nicht schwarz werden. Diese Gefahr vermeidet man auch, wenn man das Gemüse in Alufolie grillt. Auch fast jede Obstsorte mit festem Fleisch lässt sich gut grillen – entweder allein oder als Spieß. Man kann die Stücke vorher in Orangenoder Zitronensaft, Honig, Rum oder Orangenlikör einlegen und süßlich oder pikant würzen. Kerne sollten vorher entfernt werden, bei Ananas und Mango die Schale. Es empfiehlt sich, die Alufolie oder Schale vor dem Grillen mit einem neutralen Fett zu bestreichen. Beim sehr beliebten Bratapfel lassen sich nach Entfernen des Kerngehäuses Schokoladenbröckchen, gehackte Nüsse oder Mandeln einfüllen. Wie halten Sie es persönlich mit dem Fleischkonsum – mögen Sie Fleisch, und wie am liebsten? Schuhbeck: Als Bayer mag ich selbstverständlich gern Fleisch, ich esse außer herzhaft gewürzten Fleischpflanzerln am liebsten Geschmortes wie Kalbs- oder Lammhaxe. Interview: Karin Seibold Alfons Schuhbeck ist Münchens bekanntester Koch. Fleischkonsum und die Folgen „Fleisch ist ein Stück Lebenskraft“, lautete einst ein Werbespruch des Metzgerhandwerks, doch Studien deuten eher in eine andere Richtung – nämlich darauf, dass eher Mäßigung beim Fleischkonsum für die Gesundheit förderlich ist. ● Eine Vorliebe für fettes Fleisch oder fette Wurstwaren kann sich ungünstig auf die Zusammensetzung der Blutfettwerte sowie das Körpergewicht auswirken, konstatiert die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) und rät von zu reichlicher Fleischzufuhr ab. Über fettes Fleisch würden auch reichlich gesättigte Fettsäuren, Cholesterin und Purine aufgenommen. So könne die Entstehung von Herz-Kreislauf-Krankheiten, Fettstoffwechselstörungen, Bluthochdruck, Gicht sowie Bandscheiben- und Gelenkschäden begünstigt werden. ● Gesättigte Fettsäuren, die vor allem in tierischen Lebensmitteln wie Fleisch zu finden sind, werden nicht nur angeschuldigt, Arteriosklerose und Diabetes zu fördern, die wiederum Gefäßkrankheiten wie Herzinfarkt oder Schlaganfall nach sich ziehen können. Untersuchungen aus jüngerer Zeit zufolge wirken sie sich auch auf die Gehirnleistung negativ aus. ● Proteinreiche Nahrung fördere die Bildung von Harnsäure und so auch die Entstehung von Nierensteinen, warnt der Berufsverband Deutscher Internisten und empfiehlt daher, Fleisch und Wurst nur in Maßen zu verzehren. ● Insbesondere rotes Fleisch (von Schwein, Rind oder Lamm) steht darüber hinaus im Verdacht, Dickdarm- und Mastdarmkrebs zu fördern, so die DGE. Vor allem geräuchertes, gepökeltes, gesalzenes oder chemisch konserviertes Fleisch wie Wurst oder Schinken seien da zu nennen. Im Ernährungsbericht 2008 werde auf 15 prospektive Studien hingewiesen, wonach ein Verzehr von 120 Gramm roten Fleisches pro Tag das Risiko für Dickdarmkrebs um 28 Prozent erhöht. ● Es gibt zudem Krankheiten, bei deren Auftreten in puncto Fleischkonsum Zurückhaltung angezeigt ist. Entzündlichrheumatische Krankheiten sind das vielleicht bekannteste Beispiel. Bei rheumatoider Arthritis rät der Münchner Professor Olaf Adam zur Begrenzung der Aufnahme tierischer Lebensmittel wie Fleisch. Denn Arachidonsäure, aus der im Körper entzündungsfördernde Substanzen hergestellt werden, sei nur in Lebensmitteln tierischen Ursprungs zu finden. Eine Kost, die arm an Arachidon- säure ist, kann die Symptome bei Patienten mit rheumatoider Arthritis verbessern, meldet auch „rheuma-online“. ● Das Deutsche Grüne Kreuz rät nicht nur Rheuma-Kranken, sondern auch Diabetikern zu einer Ernährung, die arm an tierischen Fetten und stattdessen mehr pflanzlich orientiert ist. Und: „Wer seine Ernährung auf eine ovo-lakto-vegetabile, das heißt überwiegend pflanzliche Kost umstellt, schützt sich gegen Gicht“, so das DGK. Denn: „Gicht wird durch zu viel Harnsäure im Blut ausgelöst.“ Harnsäure wiederum sei das Endabbauprodukt der Purine, die unter anderem in Innereien und Fleisch vorkämen. ● Des Weiteren berichtete erst kürzlich die Ärztezeitung über eine Studie aus Spanien, wonach sich reichlicher Fleischkonsum auch auf eine Atemwegser- krankung nachteilig auswirkt: auf die COPD, die chronisch-obstruktive Bronchitis, an der besonders häufig Raucher leiden. Wenn COPD-Patienten überdurchschnittlich viel Rohwurst und Schinken essen, ergab die Studie, müssen sie des Öfteren mit akuten Verschlechterun- Wegen seines Eisengehalts wird Fleisch von einigen Experten noch empfohlen . . . gen ihres Leidens in ein Krankenhaus aufgenommen werden. ● Wie das Institut für alternative und nachhaltige Ernährung (Ifane) in Gießen in seinem aktuellen Newsletter mitteilt, fördert Fleischkonsum einer japanischen Studie zufolge auch Schnupfen . . . aber wenn, dann sollte es zumindest mageres sein. und Nebenhöhlenentzündungen. Und, so eine andere Studie: Wer auf Fleisch und Fisch verzichtet, ist angeblich stimmungsmäßig besser drauf. ● Nichtsdestotrotz: Die DGE hält Fleisch für ein wichtiges Lebensmittel, da es „viele wertvolle Aminosäuren, gut ver- Für die Tiermast wird allerdings viel Getreide verbraucht . . . wertbares Eisen und viele B-Vitamine“ enthält. Sie rät aber, fettarme Fleischstücke wie Ober- oder Unterschale oder Filet zu bevorzugen. Bei den Wurstwaren empfiehlt die Fachgesellschaft magere Sorten wie Lachsschinken, Putenbrust beziehungsweise Geflügelwurst oder deutsches Corned Beef. . . . und überdies der Klimawandel durch Treibhausgase befördert. ● Vielen Wissenschaftlern zufolge ist jedoch eine richtig zusammengestellte, vollwertige vegetarische Ernährung im Vergleich zur üblichen Durchschnittsernährung die gesündere Alternative, die in der Regel auch nicht zu Mangelerscheinungen führt. Als „zeitgemäß“ hat der Gießener Ernährungswissenschaftler Professor Claus Leitzmann, Leiter der „Gießener Vegetarierstudie“ und Autor zahlreicher Fachbücher, die vegetarische Ernährungsweise daher schon vor Jahrzehnten bezeichnet. Der gemäßigte Vegetarismus, so Leitzmann, biete erhebliche Vorteile für die Gesundheit. Eine vegetarische Ernährung erfülle weitgehend die Forderung von Experten, weniger Nahrungsenergie, weniger Fett, Zucker und Alkohol aufzunehmen – und führe dabei zu keiner Mangelernährung, weder bei Eiweiß noch bei Eisen, Kalzium oder Vitamin B12. Kenntnisse über die richtige Zusammensetzung und Zubereitung vegetarischer Kost seien allerdings wichtig. ● Was Kinder anbelangt, gilt dies ganz besonders. Eine vegetarische Ernährung mit Eiern und Milchprodukten, so die DGE, könne als Dauerkost empfohlen werden, eine vegane, also rein pflanzliche Ernährung, bei der auf jegliche tierischen Produkte verzichtet wird, dagegen sei für Kinder ungeeignet. ● Vielen Vegetariern geht es aber nicht nur um eine gesündere Ernährung, sie haben ethische Motive für ihren Fleischverzicht. Sie wollen nicht hinnehmen, dass Tiere für sie ausgebeutet, nicht artgerecht gehalten und getötet werden. Des Weiteren geht es ihnen um Umweltschutz sowie die Verbesserung der Welternährungslage. ● Der Verbrauch an pflanzlichen Kalorien für die Tierproduktion ist gewaltig: Nach Angaben der Tierschutzorganisation Peta werden zur Produktion einer tierischen Kalorie je nach Tierart fünf bis dreißig pflanzliche Kalorien verfüttert. Eine Verschwendung, so Peta: Getreide, das dazu genutzt werden könnte, die Hungernden dieser Welt zu ernähren, werde dazu verwendet, Tiere für die Nahrung zu mästen. Man benötige bis zu 16 Kilo Getreide, um nur ein Kilo Fleisch zu produzieren. ● Nach Angaben der Arbeitsgruppe „Nachhaltige Ernährung“ am Wissenschaftszentrum Weihenstephan wird über ein Drittel der Welt-Getreideernte an Tiere verfüttert, um Fleischerzeugnisse, Milchprodukte oder Eier zu produzieren. In Deutschland seien es sogar 67 Prozent. ● Umweltorganisationen wie Greenpeace und Global 2000 beklagen die Vernichtung von Regenwald am Amazonas, der zum größten Teil Flächen für den Anbau von Viehfutter oder Weideflächen zum Opfer fällt. Die Rinderzucht sei mit Abstand der größte Regenwaldvernichter im brasilianischen Teil Amazoniens, erklärt Greenpeace. ● Fleischkonsum ist zudem klimaschädlich. Nach Berechnungen des Worldwatch-Instituts sind bis zu 51 Prozent aller Emissionen von Treibhausgasen auf die „Tierproduktion“ zurückzuführen; andere Berechnungen gehen von einem Anteil von etwa 18 Prozent aus. Das bedeutet, dass man mit einer Reduzierung des Fleischkonsums so auch die Emission von Treibhausgasen verringern und die globale Erwärmung verlangsamen könnte. Sibylle Hübner-Schroll