Untersuchungen zur Personensicherheit in rauchbelasteten Rettungswegen – Aufbau, Erprobung und Einsatz eines Extinktionsmessgerätes zur Bestimmung der optischen Dichte von Rauch Erik Franke, M.Sc. IBExU Institut für Sicherheitstechnik, Freiberg/Sachsen, Deutschland, [email protected] / [email protected] Kurzfassung: Die Erkennungsweite von Rettungszeichen in Flucht- und Rettungswegen ist von mehreren Faktoren abhängig. Die optischen Eigenschaften – wie z. B. Streuung, Absorption und Beugung – eines von Lichtstrahlung durchdrungenen Mediums hängen von der extinktionsbeinflussenden Partikelgröße ab. Derzeit werden im Allgemeinen nur die Einflüsse aufgrund der Rauchpartikelfreisetzung betrachtet und Einflüsse wie die Reizwirkung von Pyrolyse- und Verbrennungsgasen sowie aktivierte Löschanlagen nicht berücksichtigt. Diese werden in der Berechnung der Erkennungsweite nach dem Stand der Technik bisher nur ungenügend abgebildet. Hierzu wurde ein entsprechendes Extinktionsmessgerät entwickelt und bei Realbrandversuchen eingesetzt. Diese Untersuchungen fanden im Rahmen des Themenkomplexes „Untersuchungen zur Personensicherheit in rauchbelasteten Rettungswegen“ – bestehend aus insgesamt drei studentische Abschlussarbeiten – statt. Es wurden die Transmission, die Leuchtdichte von Rettungszeichen sowie die Partikelgrößenverteilung und die Konzentration repräsentativer toxischer und narkotisierender Gase analysiert. In einem orientierenden Versuchsaufbau zur Erfassung der Transmission bei ausgelösten Wasserlöschanlagen wurden Unterschiede zwischen den einzelnen Löschanlagentypen in Hinblick auf die sichtbeeinträchtigenden Faktoren aufgezeigt. 1. Einleitung Brandschutzkonzepte beschreiben u. a. die deskriptiven Anforderungen des Bauordnungsrechtes jeweils für ein konkretes Gebäude. Können dabei aus unterschiedlichen Gründen die brandschutztechnischen Anforderungen des Bauordnungsrechtes nicht umgesetzt werden, sind Kompensationslösungen für die daraus entstehenden Abweichungen zu entwickeln. Dabei kann bspw. durch anerkannte Ingenieurmethoden des Brandschutzes die Einhaltung der einschlägigen Schutzziele nachgewiesen werden. Die wichtigsten Kriterien sind hierbei die Gewährleistung der Sicherheit von Flüchtenden, die Verhinderung der Ausbreitung von Feuer und Rauch sowie die Ermöglichung von wirksamen Löschmaßnahmen (vgl. § 14 MBO) [1]. Eine zügige Entfluchtung kann z. B. durch eine gut sichtbare Rettungswegbeschilderung unterstützt werden. Dabei ist die Erkennbarkeit der Rettungszeichen zur Orientierung im Brandfall bei einsetzender Verrauchung ausschlaggebend. Bei Abnahmeversuchen zur Überprüfung der Einhaltung der Schutzziele in einem zu bewertenden Gebäude und im experimentellen Forschungsalltag ist eine quantitative Erfassung der sichtbehindernden Rauchgasbestandteile sowie der sichtbeeinträchtigenden Einflüsse bei der Auslösung von ortsfesten Wasserlöschanlagen nur eingeschränkt möglich. Jin beschreibt empirische Gleichungen, die eine Verknüpfung von Extinktionskoeffizient K und Erkennungsweite S von Rettungszeichen ermöglichen sollen [ 2 ]. Ein Ziel der wissenschaftlichen Arbeit war es, eine Messapparatur zu entwickeln, mit der Messdaten in einem Versuchsstand bei Realbränden zur Bestimmung des Extinktionskoeffizienten gewonnen werden können. Weiterhin wurden Löschmittelauswurfvorrichtungen verschiedener aktivierter Löschanlagentypen in Hinblick auf die Beeinflussung der Sichtbarkeit von Rettungszeichen untersucht. In weiteren Masterarbeiten wurden die Daten der Realbrandversuche zum Vergleich mit CFD - Modellen und zur Bestimmung des kritischsten Schutzziels herangezogen [3] [4]. 2. Eigenschaften des Brandrauchs Grundsätzlich kann der Brandrauch in gas- und partikelförmige Komponenten eingeteilt werden, wobei sich die hier näher zu betrachtenden partikelförmigen Anteile in flüssige und feste Bestandteile untergliedern lassen. Die flüssigen Bestandteile sind vor allem Kondensate von Wasser und höher siedenden Kohlenwasserstoffen infolge der Abkühlung im Plume und Ceiling Jet [5]. Asche- und Rußpartikel sind die Hauptkomponenten der Feststoffe, die dispers im Brandrauch und der eingemischten Luft verteilt sind. Die Intensitätsschwächung von Licht bei der Durchdringung einer Rauchschicht bekannter Weglänge L beruht hauptsächlich auf Absorption sowie Streuung und wird durch das Lambert-Beer’sche-Gesetz (Gleichung (I)) beschrieben. Der Extinktionskoeffizienten K setzt sich aus beiden Faktoren (Absorption Ka und Streuung Ks) zusammen (Gleichung (II)), welche von der Wellenlänge des einfallenden Lichts abhängig sind. 100 I ln 0 ln (I) (II) K = Ka + Ks τ i I = K= L L Nach Gall et al. tritt Absorption vor allem auf, wenn die Brandgase Absorptionsbanden im Wellenlängenbereich des sichtbaren Lichts (380 nm…780 nm) aufweisen und wenn die Partikelgrößen deutlich über der Wellenlänge des eingesetzten Lichts liegen [6]. Liegt die Partikelgröße im Bereich der Wellenlänge, so tritt vor allem Mie-Streuung auf, welche eine geringere Wellenlängenabhängigkeit als die Rayleigh-Streuung aufweist [6], bei der die Partikel wesentlich kleiner als die Wellenlänge sind. In der Literatur lassen sich viele verschiedene Größenangaben für Rauchpartikel finden. Hagebölling et al. [7] geben einen allgemeinen Bereich zwischen 0,01 µm … 10 µm an, wohingegen Bansemer et al. [8] Größen bis 40 µm anführen. In Tabelle 1 sind Werte aus Untersuchungen von Bankston et al. [ 9 ] dargestellt, die einen wesentlich engeren Größenbereich wiedergeben. Tabelle 1: Partikelgrößen verschiedener Brandstoffe in Abhängigkeit zum zugeführten Wärmestrom [9]. zugeführter Teilchendurchmesser [µm] Brandart & Wärmestrom Brandstoff 10 % Massenanteil 90 % Massenanteil [kW/m²] Verschwelung von 32 0,1 1,4 PUR (hart) 62 0,3 2,3 Verschwelung von 32 0,2 1,1 Holz 62 0,34 2,1 Verschwelung von 62 0,3 1,7 PVC (hart) Flammenbrand von 25 0,1 1,2 Holz Flammenbrand von 25 0,1 1,2 PVC (hart) Untersuchungen zur Änderungen des Durchmessers der Partikel über die Zeit nach ihrer Entstehung sind von Jin [ 10 ] vorgenommen worden. John [ 11 ] folgert daraus eine Abhängigkeit der Teilchendurchmesser des Brandrauchs vom Zeitraum ihrer Entstehung bis zur Messung und von der Konzentration der Teilchen. 3. Eigenschaften von Wassernebel Wassernebellöschanlagen lassen sich in Hochdruck- und Niederdruck-Wassernebel sowie Wassernebel aus Zweistoffdüsen, bei dem das Wasser durch einen Luft- oder Inertgasstrom zerstäubt wird, einteilen. Der Druckbereich bis zu 12,5 bar charakterisiert den Niederdruck-, Überdrücke ab 35 bar den Hochdruckbereich. Schremmer [12] gibt die Tropfengrößen mit 5…200 µm für die einzelnen Löschanlagentypen an. Aufgrund der gegenüber Sprinklern kleineren Tropfen verdunstet und verdampft ein größerer Teil des Wasser bereits vor dem Auftreffen auf den Brandherd, sodass hier der Kühleffekt nicht nur das Brandgut selbst betrifft, sondern bereits in der Reaktionszone und an den Grenzflächen zwischen Flamme und Brandrauchströmung auftritt, was von Kunkelmann eingehend beschrieben wird [13]. Allerdings beeinträchtigen besonders die Feinanteile, die vermehrt bei Zweistoff und Hochdruck-Wassernebel entstehen, durch klassische geometrische Streuung des Lichts die Sicht und somit auch die Erkennungsweite von Rettungszeichen. Dieser Aspekt wird durch die derzeitige Messtechnik nur ungenügend berücksichtigt, sodass die Konzipierung des zu entwickelten Messgerätes die Extinktion durch Wasserlöschanlagen einbezog. 4. Messgerät zur Bestimmung der Extinktion Zur messtechnischen Erfassung der Transmissionsabnahme infolge des Eintritts von Brandrauch in das Messvolumen zwischen Sender und Empfänger wurde ein Laserkollimator mit einer Wellenlänge von 638 nm Wellenlänge (im roten Bereich des sichtbaren Lichts) als Messlichtgeber sowie eine Photodiode mit einer dem menschlichen Auge angepassten Empfindlichkeit als Empfangsmodul eingesetzt. Beide Bauteile wurden mit einer Luftspülung ausgerüstet, um impulsarm die Optiken vor Verschmutzungen und Kondensatniederschlägen zu schützen. In normativen Regelwerken wird meist polychromates Licht zur Quantifizierung der optischen Dichte durch Rauchpartikelfreisetzung angewendet. Die Abhängigkeit der Brandart und der damit einhergehenden Veränderungen des Extinktionskoeffizienten aufgrund des veränderten Rußanteils im Brandrauch von PUR-Weichschaumplatten und SperrholzSandwichplatten untersuchten Bansemer et al. [8]. Eine Übereinstimmung des Extinktionskoeffizienten zwischen der Messung mit polychromaten und monochromaten Licht (λ = 632 nm) ist nur während der flammenden Verbrennung gegeben. Das LambertBeer’sche Gesetz – also auch der Extinktionskoeffizient K – gilt jedoch streng genommen nur für eine bestimmte Wellenlänge (monochromatisch) und nicht für einen Wellenlängenbereich. Dies ruft einen Widerspruch für die Berechnung der Erkennungsweite hervor, die für den gesamten sichtbaren Bereich angewandt wird, wie Neske [14] informiert. Für Messgeräte mit einer Arbeitswellenlänge von 880 nm (nahes IR) ist bekannt, dass bei einer Partikelbeladung von 50 mg/m³ der Luft mit Partikeln des Durchmessers 2…5 µm ein Unterschied der Transmissionswerte von ∆τ = 3 % auftritt. Dabei divergieren die jeweiligen Graphen untereinander mit zunehmender Staubkonzentration, sodass sich die Abweichungen mit der Partikelkonzentration erhöhen [15]. Dieser Umstand zeigt, wie wichtig die Kenntnis der Partikelgrößenverteilung und die daraus folgenden Rückschlüsse für die Wellenlänge des Messlichtgebers sind. 5. Validierung des Messgerätes Zur Validierung des Messgerätes wurden Grauwertfilter, getönte Plexigläser verschiedener Farbigkeit und Glycolnebel, wie er oft bei Heißrauchversuchen zum Einsatz gebracht wird, verwendet. In einigen Realbrandversuchen erfolgten im Anschluss vergleichende Messungen zwischen der entwickelten Laserlichtmessstrecke und einem in der Normung verwendeten Messgerät mit polychromatem Licht. Die zum Einsatz gebrachten Grauwertfilter hatten eine nominelle optische Dichte von D = 0,15; 0,6 und 1 bei einer Wellenlänge von 546 nm. Mit diesen Gläsern wurden insgesamt 63 Messungen durchgeführt. Die Abweichungen gegenüber dem Referenzmessgerät lassen sich, wie in Tabelle 2 folgt, darstellen: Tabelle 2: Messwerte und Differenzen zwischen dem Messgerät mit poly- und monochromaten Licht bei Grauwertfiltern. Filterdichte Transmission polyTransmission monoDifferenz [%] D bei 546 nm chromatisch [%] chromatisch [%] 0,15 68,27 67,77 0,5 0,6 22,10 22,40 -0,3 1 8,80 9,63 -0,83 Um eine kostengünstige und robuste Alternative zu den Grauwertfiltern bereitzustellen, wurden getönte Plexiglasscheiben mit poly- und monochromatem Licht auf ihre Einsatztauglichkeit zur Kalibrierung untersucht. Dazu wurden die Gläser in den Strahlengang der Lichtmessstrecken eingebracht und die Messwerte computergestützt aufgenommen. Es wurden ein farbloses Plexiglasmuster mit 92 % Transmission und drei graue Plexiglasmuster mit Transmissionen von 71 %, 55 % und 21 % ausgewählt. Weiterhin wurden die einzelnen, baugleichen monochromaten Lichtmessstrecken mit einer Wellenlänge von 638 nm miteinander verglichen, um die Toleranzen zwischen den Messstrecken zu quantifizieren und eine mögliche Abweichung durch Strahldivergenz bei unterschiedlichen Abständen zwischen Sender und Empfänger ausschließen zu können. Die dabei generierten Werte konnten für die einzelnen Gläser zu Kalibrierwerten zusammengefasst werden. Anschließend wurden alle Lichtmesssysteme in einem abgetrennten Bereich des Versuchsstandes gleichzeitig mit Glycolnebel beaufschlagt und das Auflöseverhalten des Nebels mittels der Messsysteme beobachtet. Wie Abbildung 1 zeigt, sind die Abweichungen vom IR-Messgerät mit einer Wellenlänge von 880 nm (Sick) gegenüber den übrigen zum Einsatz gekommen Messsystemen am größten. Bei einer Transmission von 56 % beträgt die Differenz maximal 25,5 %. Die entwickelten Messstrecken mit monochromaten Licht (FB-T-3, FB-T-5, FB-T-8) weisen hingegen bei einer Transmission von 60 % maximal Abweichungen von 2…3,5 % Transmission zum Referenzmessgerät mit polychromaten Licht (Maurer) auf. 100 90 Transmission [%] 80 70 60 50 40 30 20 10 0 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 110 Zeit [min] FB-T-8 FB-T-5 FB-T-3 Messstrecke_Maurer Messstrecke_Sick Abbildung 1: Messkurven der Transmission der einzelnen Messgeräte Somit lässt sich feststellen, dass mit Messgeräten einer Arbeitswellenlänge größer der oberen Grenze des sichtbaren Bereichs (ca. 780 nm) teilweise erhebliche niedrigere Transmissionen und somit höhere optische Dichten ermittelt werden. Für die neu errichteten Messapplikationen zeigten sich lineare Abhängigkeiten zum Referenzmessgerät, wie Abbildung 2 darstellt. 100 90 Transmission [%] 80 70 τM = 1,02 τL8 + 0,33 60 τM = 1,03 τL3 + 0,68 50 τM = 1,01 τL5 + 0,52 40 30 20 10 0 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Transmission [%] FB-T-8 FB-T-5 FB-T-3 Abbildung 2: Näherungsfunktionen der einzelnen Lichtmessstrecken mit monochromatem Licht zum Referenzmessgerät mit polychromatem Licht Während einiger Realbrandversuche wurden Referenzmessungen mit polychromatem Licht durchgeführt. Dabei konnte für die frühe Brandentwicklungsphase – bevor die Optik des Referenzmessgerätes zu stark verrußte – besonders für flüssige und flüssigwerdende Brandstoffe eine lineare Abhängigkeit zum Laserlichtextinktionsmessgerät festgestellt werden. Die maximalen Abweichungen bei unhomogenisiertem Brandrauch lagen zwischen -8 % und +6,5 %, wobei die Divergenzen zu erheblichen Teilen auf die unterschiedlichen Aufstellungsorte und die daraus resultierenden ungleichen Turbulenzen der Messapplikationen zurückzuführen waren, die aus messtechnischen Gründen nicht weiter beeinflusst werden konnten. 6. Ergebnisse Im nachgebildeten Rettungsweg des Realbrandversuchsstandes wurden u. a. hinterleuchtete Rettungszeichen installiert, deren Leuchtdichte im Vorfeld in einer Dunkelkammer und im eingebauten Zustand bei Versuchsbedingungen hinsichtlich der Umgebungsbeleuchtung gemessen worden war. Während der Brandversuche wurden sie in Hinblick auf ihr Kontrastverhalten bei Brandraucheinfluss untersucht. Hierzu wurde der hellste (weiß Lz) und der direkt daneben liegende dunkelste Punkt (grün Lh) auf der Sichtzeichenoberfläche gewählt, um in einem Intervall von 3 min manuell die Leuchtdichte aufzunehmen. Dabei stellte sich heraus, dass es trotz gleicher Leuchtmittel und ähnlicher Herstellerangaben zur Erkennungsweite erhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen Rettungszeichen bei den gemessenen Leuchtdichten und den daraus berechneten Kontrasten C gab (Gleichung (III)). (III) L − Lh C = z Lh Die Messergebnisse weisen auf eine Korrelation zwischen der gemessenen Leuchtdichte (Lz) und der gemessenen optischen Dichte (FB-OD-8) hin, wie Abbildung 3 beispielhaft für den Abbrand von Polyurethan -Schaum (PUR) zeigt. 0 0,8 200 0,6 400 0,4 600 0,2 800 0 0 300 600 900 1200 1500 Leuchtdichte [cd/m²] optische Dichte [m -1] 1 1000 1800 Zeit nach Zündung [s] FB-OD-8 Lz Abbildung 3: optische Dichte und Leuchtdichte des Piktogramms über der Zeit während des Abbrandes von PUR (Brandversuch V21). Ausschlaggebend für die Erkennung von Objekten ist jedoch der Kontrast. Für einen großen Teil der Versuche war auffällig, dass – wie bei Neske [14] beschrieben – dieser bei einsetzender Verrauchung zunahm und danach rapide sank. Abbildung 4 zeigt, dass eine Abhängigkeit zwischen optischer Dichte und Kontrast (SZ-8) vorlag, diese jedoch nicht so signifikant wie die Abhängigkeit zwischen optischer Dichte und Leuchtdichte ist. 0 0,6 2 0,4 4 0,2 6 8 1800 0 0 300 600 900 1200 Kontrast [-] optische Dichte [m -1] 0,8 1500 Zeit nach Zündung [s] FB-OD-8 SZ-8 Abbildung 4: optische Dichte und Kontrast des Rettungszeichens über der Zeit während des Abbrandes von PUR (Brandversuch V21). 80 0,8 70 0,7 60 0,6 50 0,5 40 0,4 30 0,3 20 0,2 10 0,1 0 0 300 600 900 1200 1500 optische Dichte [m -1] Konzentration [ppm] Weitere Ergebnisse der Untersuchungen von Zusammenhängen zwischen den zeitlichen Verläufen der gemessenen Gaskonzentrationen und der optischen Dichte stellen sich wie folgt dar. Aus Abbildung 5 wird deutlich, dass die Ergebnisse für flüssige und flüssigwerdende Brandstoffe auf eine lineare Korrelation zwischen der Kohlenmonoxid (CO)-Konzentration und der optischen Dichte hindeuten. Im Gegensatz zum Glutbrand von Feststoffen, kommt es gegen Ende des Abbrandes bei diesen Brandstoffen zu keiner erhöhten CO-Ausbeute. Für andere Gase konnte eine derartige Abhängigkeit der beiden Größen Konzentration und optische Dichte nicht nachgewiesen werden. 0 1800 Zeit nach Zündung [s] FTIR-CO FB-OD-5 Abbildung 5: CO-Konzentration und optische Dichte über der Zeit beim Abbrand von PUR (Brandversuch V21). Die im Rettungsweg in einer Rußpartikelfalle aufgenommenen Rußteilchen wurden einer Partikelgrößenanalyse zugeführt, bei der das 10 %-Quantil zu x10 = 1,5 µm und das 90 % -Quantil zu x90 = 39,2 µm bestimmt werden konnten. Diese Messwerte stellen dabei Mittelwerte über mehrere Versuche dar und liegen in dem von Bansemer et al. angegebenen Bereich [8]. Weitere Erkenntnisse konnten zur Beeinflussung der optischen Dichte durch ausgelöste Wasserlöschanlagen gewonnen werden. Zwischen den einzelnen Anlagentypen bestehen dabei zum Teil erhebliche Unterschiede, wie das folgenden Diagramm über den zeitlichen Verlauf der optischen Dichte für Nieder-(ND) und Hochdruck-(HD)Wassernebel, sowie für Wassernebel aus Zweistoffdüsen und Feinsprühsprinkler in der Abbildung 6 zeigt. Dabei ist der Ein- und Ausschaltpunkte der Löscharmaturen jeweils durch vertikale Linien gekennzeichnet. In der darunter befindlichen Tabelle 3 sind die Mittelwerte der optischen Dichte im Zeitraum zwischen Ein- und Ausschalten aufgeführt. 0,6 optische Dichte [m -1] 0,5 0,4 0,3 0,2 0,1 0 0 20 40 60 80 100 Zeit [s] ND HD Zweistoff Feinsprüh Abbildung 6: zeitliche Verläufe der optischen Dichte bei ausgelösten Wasserlöschanlagen. Tabelle 3: Mittelwerte der optischen Dichten bei ausgelösten Wasserlöschanlagen. DL NiederdruckDL HochdruckDL Wassernebel aus DL FeinsprühWassernebel [m-1] Wassernebel [m-1] Zweistoffdüsen [m-1] sprinkler [m-1] 0,08 0,50 0,21 0,04 7. Schlussfolgerungen Böttger [3] stellte unter Nutzung der Daten der gleichen Versuche fest, dass das Schutzziel der optischen Dichte das vulnerabelste bei der flammenden Verbrennung ist. Somit kommt dem Einsatz geeigneter Messtechnik zur Bestimmung der Transmission eine besondere Bedeutung zu. Durch den unmittelbaren Vergleich dreier Messgeräte mit unterschiedlichen Wellenlängen während der Validierungsuntersuchungen konnten die Abweichungen zwischen den einzelnen Geräten aufgrund ihrer spektralen Merkmale verdeutlicht werden. Es wurden Korrelationen zwischen der optischer Dichte und der Leuchtdichte von Rettungszeichen herausgearbeitet. In diesem Bereich gilt es, die Forschungsbemühungen zu intensivieren, da im Fokus des Nachweises der Personensicherheit nicht die optische Dichte im eigentlichen Sinne, sondern die Erkennungsweite von Rettungszeichen steht. Ein weiteres Forschungsfeld wurde durch die Experimente zur Messung der optischen Dichte bei verschiedenen Wasserlöschanlagentypen aufgezeigt. In der Regel wird aufgrund fehlender simulativer Möglichkeiten der Einfluss von Löschanlagen auf die Erkennungsweite von Rettungszeichen völlig vernachlässigt. Die Experimente haben jedoch gezeigt, dass bereits ohne Brandraucheintrag das Schutzzielkriterium optische Dichte lokal nicht eingehalten werden kann. Da es keinen direkten physikalischen Zusammenhang zwischen der optischen Dichte und der Erkennungsweite von Rettungszeichen gibt, sollten die aufgezeigten möglichen Korrelationen zwischen der Leuchtdichte und der optischen Dichte näher untersucht werden. In Anbetracht der aufgezeigten Einflussfaktoren auf die Erkennungsweite von Rettungszeichen empfiehlt es sich, diese möglichst in einem Anhaltswert zu bündeln. So ist es denkbar, ein Bewertungssystem ähnlich dem F - Modell aus Hosser [16] für die Beurteilung der Sichtverhältnisse zu erstellen. Mögliche Eingangsparameter könnten dabei sein: • Extinktion des Brandrauches abhängig von der Brandart (Verschwelung / flammende Verbrennung) • mögliche reizende Brandrauchbestandteile aufgrund des Brandstoffes • Einfluss von Löschanlagen • Sichtbehinderung durch Tropfen (Tropfengrößenverteilung und Schwarmdichte) • bei der Brandbekämpfung entstehender Wasserdampf, der bei Abkühlung als Nebel kondensiert • eingesetzte Sichtzeichentypen und deren Größe (beleuchtet / nachleuchtend / hinterleuchtet) • Kontrast der Zeichen • Umgebungsbeleuchtung Folglich wäre ein Erkennungsweitenbeiwert zur Berücksichtigung dieser aufgezählten Faktoren bei der Erkennungsweitenberechnung von Interesse. Wie dieser Beiwert jedoch auszugestalten ist, muss durch weitere Forschung auf diesem Gebiet noch geklärt werden. Der weitgehend bekannte Sachverhalt, dass die Anordnung von Rettungswegkennzeichnungen im Deckenbereich kritisch zu hinterfragen ist, konnte durch das bei den Brandversuchen gewonnene Foto-, Video- und Datenmaterial eindrucksvoll belegt werden. Gerade in Bereichen mit niedriger Deckenhöhe ist daher ein grundsätzliches Umdenken notwendig. Literatur: [1] IS-ARGEBAU; Musterbauordnung, Bauministerkonferenz, November 2002, zuletzt geändert am 21.09.2012 [2] Jin T.; Studies of Emotional Instability in Smoke from Fires, Journal of Fire and Flammability, Vol. 12, Tokyo 1981 [3] Böttger A.; Untersuchungen zur Personensicherheit in rauchbelasteten Rettungswegen, unveröffentlichte Masterarbeit, Magdeburg, Februar 2014 [4] Wiezorek M.; Untersuchungen in rauchbelasteten Rettungswegen – Anwendung der CFD Software FDS zur Quantifizierung der Personensicherheit in horizontalen Rettungswegen, unveröffentlichte Masterarbeit, Magdeburg, März 2014 [5] Bayrisches Landesamt für Umwelt; Schadstoffe bei Brandereignissen, Umweltwissen – Schadstoffe, Augsburg, Oktober 2013, URL: http://www.lfu.bayern.de/umweltwissen/doc/uw_15_brandereignisse.pdf am 04.03.2014 um 12:30 Uhr [6] Gall D., Bieske K., Kokoschka S.; Evaluierung von Sicherheitsleitsystemen in Rauchsituationen, Forschungsbericht, Fachgebiet Lichttechnik der Technischen Universität IImenau, Lichttechnisches Institut Universität Karlsruhe, 2003 [7] Hagebölling D. et. al; Taschenbuch betrieblicher Brandschutz, Vulkan-Verlag Essen, 1999 [8] Bansemer B., Paschen C., Wittbecker F.-W.; Rauchkenndaten als Eingabeparameter für CFD- basierte Sichtweitenberechnungen im Brandfall, vfdb-Zeitschrift 2/2007, 56. 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No. 41, 1981 [10] Jin T.; Decrease of smoke density, Part 1, decrease of smoldering smoke with time, Report of Fire Research Institute of Japan, serial Nr. 40, 1975 [11] John R.; Forschungsbericht 50 „Ermittlung der erforderlichen Luftvolumenströme zur Verdünnung von Brandrauch auf ein die Gesundheit und Sichtbarkeit in Rettungswegen gewährleistendes Maß; Teil 2: optische Brandrauchdichte“, Forschungsstelle für Brandschutztechnik an der Universität Karlsruhe, Karlsruhe Dezember 1983 [12] Schremmer U.; stationäre automatische Wassernebellöschanlagen, Köln, URL: http://www.schadenprisma.de/sp/SpEntw.nsf/3aa4f805e74f3cd5c12569a0004f2eac/046 93677b8d61cacc12569dc0050c16e?OpenDocument am 04.03.2014 um 12:00 Uhr [13] Kunkelmann J.; Forschungsbericht 149 „Brandschutz in Genlaboren – Einsatz von Wassernebel- und Gaslöschanlagen Teil 1“, Forschungsstelle für Brandschutztechnik am KIT, Karlsruhe Oktober 2010 [14] Neske M.; Untersuchungen zur Sichtbarkeit im Brandrauch – Entwicklung eines Messverfahrens zur Bestimmung der optischen Dichte und Sichtbarkeit in verrauchter Umgebung mittels digitaler Bildauswertung, unveröffentlichte Masterarbeit am IdF Sachsen-Anhalt, Heyrothsberge April 2005 [15] Sick; Staubmessgerät FW 56-I, Betriebsanleitung, Sick AG, Reute [16] Hosser D.; Leitfaden – Ingenieurmethoden des Brandschutzes, Vereinigung zur Förderung des Deutschen Brandschutzes e.V. (vfdb), TB 04-01, 3. Auflage, 2013