25.11.2008 Gericht Verwaltungsgerichtshof Entscheidungsdatum 25.11.2008 Geschäftszahl 2007/06/0116 Betreff Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde der C GmbH in G, vertreten durch Dr. Alexandra Slama, Rechtsanwältin in 9010 Klagenfurt, Herrengasse 12/2, gegen den Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom 14. März 2007, Zl. 013098/2005/0008, betreffend Versagung der Baubewilligung, zu Recht erkannt: Spruch Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen. Die Beschwerdeführerin hat der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Begründung Die Beschwerdeführerin stellte mit Ansuchen vom 12. Mai 2005 (beim Magistrat Graz eingelangt am 13. Mai 2005) den Antrag auf Erteilung der baurechtlichen Bewilligung für die Errichtung von a) zwei Werbeleuchtkästen und b) drei Werbefahnen an der Straßen- bzw. Platzfassade des auf dem Grundstück Nr. 345, KG. I., befindlichen Gebäudes (eines Barockpalais). Das verfahrensgegenständliche Gebäude in der Grazer Innenstadt liegt in der Kernzone gemäß § 2 Abs. 1 Grazer AltstadterhaltungsG 1980 (GAEG 1980). Die Grazer Altstadt-Sachverständigenkommission (ASVK) stellte in dem von ihr dazu erstatteten Gutachten vom 16. Juni 2005 insbesondere fest, dass gemäß § 1 der Verordnung über die Gestaltung von Ankündigungen im Schutzgebiet nach dem GAEG 1980, LGBl. Nr. 3/1986 (im Folgenden: Ankündigungsgestaltungs-VO 1986) Werbeankündigungen so zu gestalten seien, dass im Erscheinungsbild des Gebäudes keine Störung verursacht werde. Die Fahnen und die Leuchtkästen bewirkten eine solche Störung im Erscheinungsbild, seien im umgebenden Straßenraum als durchaus unüblich zu bezeichnen und daher nach der angeführten Bestimmung negativ zu begutachten. Gemäß § 3 Ankündigungsgestaltungs-VO 1986 seien Ankündigungen über dem Kordongesims unzulässig, weswegen die Werbefahnen ebenfalls negativ zu beurteilen seien. Die Werbefahnen seien außerdem untypische gestalterische Elemente in der Umgebung, die dadurch auch in Widerspruch zu § 6 GAEG 1980, der eine Einfügung in das Erscheinungsbild fordere, stünden. Die Beschwerdeführerin legte im erstinstanzlichen Verfahren das Gutachten des Architekten Univ. Doz. Dipl. Ing. Dr. K.F.G. vom 5. Oktober 2005 betreffend die Angemessenheit von Ankündigungen an dem verfahrensgegenständlichen Palais vor. Darin wird insbesondere zu § 3 Abs. 2 AnkündigungsgestaltungsVO 1986 und die verfahrensgegenständlichen Werbefahnen festgestellt, dass diese Fahnen, auch wenn sie vor den Pilastern angebracht seien, weder diese Pilaster, noch die Fassade und keinesfalls den Straßenraum zerschneiden würden. Zusammenfassend stellte er fest, dass die drei Fahnen und die zwei Schrifttafeln auf Grund ihrer Größe, Ausführung, Anordnung und Farbe nicht als störende Elemente im Erscheinungsbild der Fassade, des Gebäudes oder des Stadtraumes zu bewerten seien. Sie stellten auch keine unüblichen Formen von Ankündigungen dar und seien in direkter Nachbarschaft von Fahnen an Gebäuden (z.B. Fahnen in der Herrengasse) ein vollkommen vertrautes Element. Der Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz wies gemäß § 29 Stmk. BauG 1995 und §§ 3, 6 und 7 Grazer AltstadterhaltungsG 1980 sowie der Ankündigungsgestaltungs-VO 1986 in Spruchpunkt I. des Bescheides vom 11. Jänner 2006 das Ansuchen betreffend die Anbringung von drei Werbefahnen an den Straßen- bzw. Platzfassaden des verfahrensgegenständlichen Gebäudes auf dem Grundstück Nr. 345, KG I., ab und erteilte in Spruchpunkt II. die baurechtliche Bewilligung für die Anbringung von zwei Werbeleuchtkästen am Eckpfeiler im Erdgeschoß des verfahrensgegenständlichen Gebäudes. www.ris.bka.gv.at Seite 1 von 3 Verwaltungsgerichtshof 25.11.2008 Zu den verfahrensgegenständlichen drei Werbefahnen und der diesbezüglichen Abweisung des Ansuchens führte die erstinstanzliche Behörde im Wesentlichen aus, dass die drei Werbefahnen im Ausmaß von 1,0 m Breite und 7,20 m Länge (roter Grund mit weißer Aufschrift) oben und unten in einer Metallhalterung eingespannt und mit einer maximalen Auskragung von insgesamt 1,40 m von der Fassade entfernt seien. Die historische Bausubstanz des Gebäudes mit all seinen historischen Architekturelementen und Proportionen sei nach dem Gutachten der ASVK gemäß § 3 Abs. 1 GAEG 1080 schutzwürdig. Dem vorgelegten Privatgutachten könne diesbezüglich nichts Gegenteiliges entnommen werden. Somit widersprächen die beantragten Werbefahnen dem § 3 Z. 1 und 2 Ankündigungsgestaltungs-VO 1986, da sie über der Unterkante des Kordongesimses angebracht seien und eine Zerschneidung der Fassadenelemente verursachten. Des Weiteren sei durch die insgesamt 1,4 m auskragenden Werbeträger auch ein Widerspruch zu § 12 Abs. 1 Z. 2 Stmk. BauG 1995 gegeben. Die belangte Behörde wies die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet ab. Sie führte dazu im Wesentlichen aus, dass die geplante Montage der Werbefahnen eindeutig der Ankündigungsgestaltungs-VO 1986 widerspreche. In § 1 dieser Verordnung sei festgelegt, dass im Schutzgebiet nach dem GAEG 1980 darauf zu achten sei, dass alle Ankündigungen (Werbungen, Bezeichnungen, Beschriftungen, Hinweise) einschließlich der zu ihrer Anbringung verwendeten Einrichtungen so gestaltet würden, dass sie im Erscheinungsbild des Gebäudes, des Ensembles sowie im Straßen- und Stadtbild durch Form, Größe, Farbe, Material oder die Art der Anbringung keine Störung, insbesondere durch Sichtbehinderung, verursachten. Gemäß § 3 Z. 1 lit. a der Verordnung sei die Anbringung von Ankündigungen bei Gebäuden, die gemäß § 3 GAEG 1980 zu erhalten seien, wegen der Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes über der Unterkante des Kordongesimses zwischen Erdgeschoß und 1. Obergeschoß bzw. der Geschoßhöhe des Erdgeschoßes, auf dem Dachsaum, auf der Dachfläche und auf dem First, ausgenommen der Ersatz bestehender Ankündigungen, die als integrale Bestandteile einer qualitätsvollen Fassade anzusehen seien, unzulässig. Anhand des einliegenden Fotos und der Pläne lasse sich deutlich nachvollziehen, dass sich die Halterung der Werbefahnen über dem Kordongesimse im Bereich des ersten Obergeschoßes und die zweite Halterung im Bereich des zweiten Obergeschoßes befinde. Somit befinde sich der weiße Schriftzug "M" entsprechend der Regelung des § 3 Z. 1 lit. a Ankündigungsgestaltungs-Verordnung über der Unterkante des Kordongesimes zwischen Erdgeschoß und 1. Obergeschoß, auch wenn sich die Fahne bis ins zweite Obergeschoß weiterziehe. Die verfahrensgegenständlichen Werbefahnen verstießen daher gegen § 3 Z. 1 lit. a AnkündigungsgestaltungsVO 1986. Weiters bestehe nach Ansicht der belangten Behörde auch ein Widerspruch zu § 3 Z. 2 Ankündigungsgestaltungs-VO 1986. Zwar habe der Privatsachverständige in seiner gutachterlichen Stellungnahme ausgeführt, dass die Fahnen bei frontaler Betrachtung nahezu nicht in Erscheinung träten und somit keine Beeinträchtigung der Fassade oder des Stadtbildes gegeben sei. Erst bei seitlicher Betrachtung werde die Fahne zur Fläche und führe dank der Materialqualität und Farbe zu einem spannungsreichen Kontrast zur Hauswand und sicherlich nicht zu einer Beeinträchtigung des Stadtbildes. Außerdem ziehe eine Fahne über dem Kordongesims Aufmerksamkeit auf sich und ziehe somit den Blick nach oben und führe somit auch dazu, die prächtige Fassade über dem Erdgeschoß wahrzunehmen. Dieser Argumentation könne die belangte Behörde nicht folgen, denn entsprechend dem einliegenden Bildmaterial führten diese Werbefahnen eindeutig zu einer optischen Zerschneidung der Fassadenelemente und somit zu einer Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes, weshalb auch ein Widerspruch zu § 3 Z. 2 der Ankündigungsgestaltungs-VO 1986 und dem Einfügungsgebot des § 6 GAEG 1980 gegeben sei. In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen: Im vorliegenden Beschwerdefall kommt das Grazer Altstadterhaltungsgesetz 1980 - GAEG 1980, LGBl. Nr. 17 in der Fassung LGBl. Nr. 71/2001, und die auf Grund des § 10 GAEG 1980 erlassene Verordnung vom 25. November 1985 über die Gestaltung von Ankündigungen im Schutzgebiet nach dem Grazer Altstadterhaltungsgesetz 1980, LGBl. Nr. 3/1986 (im Folgenden: Ankündigungsgestaltungs-VO 1986), zur Anwendung. Gemäß § 1 Abs. 1 GAEG 1980 erstreckt sich der örtliche Anwendungsbereich dieses Gesetzes auf jene Stadtteile von Graz, die in ihrer landschaftlichen und baulichen Charakteristik das Stadtbild prägen und daher in ihrem Erscheinungsbild und in ihrer Baustruktur und Bausubstanz sowie in ihrer vielfältigen urbanen Funktion zu erhalten sind (Schutzgebiet). Gemäß § 2 Abs. 1 GAEG 1980 besteht das Schutzgebiet aus einer Kernzone (Zone I), einer Randzone (Zone II) und weiteren Zonen gemäß Abs. 3. www.ris.bka.gv.at Seite 2 von 3 Verwaltungsgerichtshof 25.11.2008 Gemäß § 3 Abs. 1 GAEG 1980 haben die Liegenschaftseigentümer im Schutzgebiet gemäß § 1 Abs. 1 leg. cit. jene Gebäude, die in ihrer baulichen Charakteristik für das Stadtbild von Bedeutung sind, in ihrem Erscheinungsbild nach Maßgabe der Schutzwürdigkeit ganz oder teilweise zu erhalten. Zum Erscheinungsbild gehören alle gestaltwirksamen Merkmale des Gebäudes, wie z.B. die Gebäudehöhe, die Geschoßhöhe, die Dachform, Dachneigung und Dachdeckung, die Fassaden einschließlich Gliederung, die Portale, Tore, Fenster, Fensterumrahmungen und Fensterteilungen, Gesimse, Balkone und Erker sowie die Durchgänge, Höfe und Einfriedungen. Gemäß Abs. 3 dieser Bestimmung schließen Abs. 1 und 2 Bauveränderungen nicht aus, die der Behebung von Beeinträchtigungen des Erscheinungsbildes dienen, die durch frühere Umgestaltung des Gebäudes oder von Teilen desselben eingetreten sind. Sie bedürfen jedoch - unbeschadet der sonst hiefür geltenden Vorschriften einer Bewilligung nach diesem Gesetz. Unter diese Bewilligungspflicht fallen auch größere Instandsetzungen oder Verbesserungen eines Gebäudes, wie insbesondere der Verputz oder die Färbelung der Fassaden, die Auswechslung von Toren, Fenstern und Dachrinnen, die Dachdeckung in größerem Ausmaß sowie die Anbringung von Reklamen (Tafeln, Aushänger u. dgl.). Im Falle von Bauveränderungen sowie für Zu- und Umbauten bestehender Bauten gilt gemäß § 6 Abs. 1 GAEG 1980, dass den Bauten eine solche äußere Gestalt zu geben ist, dass diese sich dem Erscheinungsbild des betreffenden Stadtteiles einfügen. Gemäß § 1 Ankündigungsgestaltungs-VO 1986 ist im Schutzgebiet nach dem GAEG 1980 darauf zu achten, dass alle Ankündigungen (Werbungen, Bezeichnungen, Beschriftungen, Hinweise) einschließlich der zu ihrer Anbringung verwendeten Einrichtungen so gestaltet werden, dass sie im Erscheinungsbild des Gebäudes, des Ensembles sowie im Straßen- und Stadtbild durch Form, Größe, Farbe, Material oder die Art der Anbringung keine Störung, insbesondere durch Sichtbehinderung, verursachen. Gemäß § 3 Ankündigungsgestaltungs-VO 1986 ist bei Gebäuden, die gemäß § 3 GAEG 1980 zu erhalten sind, wegen Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes jedenfalls für nachstehende Maßnahmen die Erteilung einer Bewilligung unzulässig: "1. Anbringung von Ankündigungen a) über der Unterkante des Kordongesimses zwischen Erdgeschoß und 1. Obergeschoß bzw. der Geschoßhöhe des Erdgeschoßes, auf dem Dachsaum, auf der Dachfläche und auf dem First, ausgenommen der Ersatz bestehender Ankündigungen, die als integrale Bestandteile einer qualitätsvollen Fassade anzusehen sind. b) ... ; 2. Anbringung von Ankündigungen, die eine optische Zerschneidung von Fassadenelementen (Säulen, Pilastern, Lisenen, Gesimsen, Öffnungen u. dgl.) sowie von Straßenräumen oder eine optische Verbindung architektonisch verschieden gestalteter Gebäudefronten verursachen, ausgenommen vorübergehend angebrachte Fahnen- und Transparentankündigungen, die in einem unmittelbaren sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einer Veranstaltung stehen; 3. ... ." Nach Ansicht der Beschwerdeführerin liegt der Versagungsgrund des § 3 Z. 1 lit. a Ankündigungsgestaltungs-VO 1986 nicht vor. Da das Kordongesims stets die Geschoßeinteilung wiedergebe (also in Bezug auf diese Bestimmung die Einteilung zwischen Erd- und 1. Oberschoß), könne diese Bestimmung nur in der Form verstanden werden, dass Ankündigungen zwischen Erdgeschoß und 1. Obergeschoß unzulässig seien, und nur diese, nicht aber Ankündigungen, die oberhalb der Unterkante des Kordongesimses angebracht seien und keinerlei Bezug zum Erdgeschoß hätten. Die Beschwerdeführerin habe die Fahnen rechtmäßig angebracht und zwar oberhalb des Kordongesimses zwischen 1. und 2. Obergeschoß. Dem kann nicht gefolgt werden. § 3 Z. 1 Ankündigungsgestaltungs-VO 1986 spricht eindeutig davon, dass Ankündigungen über der Unterkante des Kordongesimses zwischen Erdgeschoß und 1. Obergeschoß unzulässig sind. Die verfahrensgegenständlichen Werbefahnen sind - wie dies dem beigelegten Einreichplan zu entnehmen ist - über der Unterkante des Kordongesimses zwischen Erdgeschoß und 1. Obergeschoß angebracht. Schon aus diesem Grunde erfolgte die Abweisung des verfahrensgegenständlichen Bauansuchens im Hinblick auf die drei Werbefahnen zu Recht. Da die Beschwerdeführerin im Verfahren die von den Behörden vertretene Auffassung betreffend § 3 Z. 1 lit. a Ankündigungsgestaltungs-VO bekämpfte, bestand für die belangte Behörde keine Verpflichtung, die Beschwerdeführerin zu einer Änderung des Bauansuchens in dieser Hinsicht aufzufordern. Auf das übrige Vorbringen war daher nicht mehr einzugehen. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 25. November 2008 www.ris.bka.gv.at Seite 3 von 3