Ungew ö hnlicher Tumor der Ohrmuschel 1

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662 Der interessante Fall
Falldarstellung
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Differenzialdiagnosen
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Ein 71 jähriger Patient stellte sich im August 2007 mit einer seit 2 Jahren bestehenden, langsam größenprogredienten,
schmerzlosen Raumforderung der rechten Ohrmuschel in unserer Poliklinik vor.
Bei der HNO ärztlichen Untersuchung imponierte ein 2,5 cm durchmessender, polypös wachsender, beige-brauner Tumor
im Bereich des Cavum conchae rechts
▶ Abb. 1).
(●
Differenzialdiagnostisch kommen bei
malignen Raumforderungen der Ohrmuschel eine große Anzahl verschiedener
Tumorentitäten in Betracht. Basaliome,
Spinaliome und maligne Melanome stellen mit Abstand die häufigsten malignen
Tumoren der Ohrmuschelhaut dar. Andere Malignome des äußeren Ohres wie Porokarzinome, Leiomyosarkome, das Dermatofibrosarcoma protuberans, maligne
fibröse Histiozytome (MFH) und atypische Fibroxanthome (AFX) werden sehr
viel seltener diagnostiziert.
Diagnostik bei Raumforderungen
der Ohrmuschel
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Bei unklaren Raumforderungen im Bereich der Ohrmuschel sollte in jedem Falle eine B-mode Sonografie der Halses erfolgen. Hier ist auch auf vergrößerte
Lymphknoten in der ipsilateralen Glandula parotis zu achten. Die Ultraschalluntersuchung erfolgt idealerweise vor Probenentnahme und operativer Sanierung
des Befundes.
Abb. 1 Fleischige Raumforderung im
Bereich des rechten Cavum conchae.
1
Auszugsweise vorgetragen auf der 79. Jahresversammlung der Deutschen Gesellschaft für
Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und HalsChirurgie, 20. – 24. Mai 2008, in Bonn.
Diskussion
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Das atypische Fibroxanthom (AFX) ist ein
niedrig maligner mesenchymaler Tumor
der Haut. Typischerweise werden diese
Therapie und Ergebnis
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Wir führten zunächst eine B-mode Sonografie der Halsweichteile und der Parotisregion beidseits durch. Hier imponierten
insgesamt vier bis zu 1,2 cm durchmessende Lymphknoten der Regionen I und II
rechts. Aufgrund der Tatsache, dass der
Tumor makroskopisch weder einem typischen Basaliom noch einem Spinaliom
oder Melanom entsprach, entnahmen wir
zunächst in Lokalanästhesie eine Probe.
Die histopathologische und immunhistochemische Aufarbeitung ergab hier einen
malignen mesenchymalen Tumor. Die genaue Tumorentität konnte an dem eingesandten Material jedoch nicht mit Sicherheit festgestellt werden. Eine Computertomografie des Thorax und eine B-mode
Sonografie des Abdomens ergab keine
Hinweise für thorakale oder abdominelle
Metastasen. Daraufhin führten wir eine
randschnittkontollierte, subtotale Ablatio
der rechten Ohrmuschel und eine selektive Neck dissection der Regionen I bis III
▶ Abb. 2 zeigt den intrarechts durch. ●
operativen Befund nach Tumorresektion. Histologisch imponierte ein mitosereicher, spindel- und pleomorphzelliger, primär subepidermal gelegener
▶ Abb. 3). Eine Infiltramaligner Tumor (●
tion des Ohrknorpels lag nicht vor. Immunhistochemisch zeigten die Tumorzellen eine kräftige Expression von Vimentin. S-100, alpha-1-Antitrypsin, Desmin
und Pan-Aktin waren schwach positiv.
Der Proliferationsindex mittels MIB-1 lag
▶ Abb. 4). Alpha-Aktin,
bei etwa 30 % (●
HMB-45, CK 5/6 und Pan-Zytokeratin wa-
Abb. 2 Intraoperativer Befund nach
randschnittkontrollierter Tumorresektion und
primärem Wundverschluss.
Abb. 3 Subepidermaler, maligner Tumor
aufgebaut aus pleomorphen Spindelzellen.
Auffällig sind multiple Mitosen sowie mehrkernige Riesenzellen (HE Färbung; a: 20-fache
Vergrößerung; b: 200-fache Vergrößerung).
Boedeker M et al. Ungewöhnlicher Tumor der Ohrmuschel. Laryngo-Rhino-Otol 2010; 89: 662–663 · DOI 10.1055/s-0030-1253398
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Ungewöhnlicher Tumor der Ohrmuschel1
ren allesamt negativ. In Zusammenschau
des klinischen, histopathologischen und
immunhistochemischen Befundes ergab
sich die Diagnose eines atypischen Fibroxanthoms (AFX). Die Resektion war lokal
im Gesunden erfolgt. Es ergab sich kein Anhalt für eine lymphogene Metastasierung.
Der postoperative Verlauf gestaltete sich
unauffällig. Der Patient befindet sich in
regelmäßiger Nachsorge in unserer Ambulanz. 30 Monate nach Resektion des
Tumors besteht kein Hinweis für ein Lokalrezidiv oder für eine Metastasierung.
Der interessante Fall 663
spindelzelligen Malignome auf sonnenexponierter, aktinisch vorgeschädigter
Haut bei Patienten jenseits der 6. Lebensdekade beobachtet. Es sind vorwiegend
Männer betroffen (Koch et al., HNO 2008;
56: 1046–1051).
Das AFX wird der Gruppe der fibrohistiozytären Tumoren zugeordnet (Hügel H, J
Dtsch Dermatol Ges 2006; 4: 544–555).
Diese reicht von gutartigen Tumoren wie
dem benignen fibrösen Histiozytom über
niedrig-maligne Raumforderungen wie
Dermatofibrosarcoma protuberans und
AFX bis hin zu Tumoren mit hohem Malignitätspotenzial. Hier ist insbesondere
das maligne fibröse Histiozytom (MFH)
zu nennen.
Die vollständige chirurgische Exstirpation stellt für das AFX den Therapieansatz
der Wahl dar. Der Sicherheitsabstand
sollte wann immer möglich mindestens
0,5 bis 1 cm betragen (Koch et al., HNO
2005; 56: 679–783; Gonzales-Garcia
et al., J Oral Maxillofac Surg 2007; 65:
526–531). Das AFX manifestiert sich jedoch primär in der Dermis, während das
MFH von der Subkutis ausgeht. Die Diagnosestellung eines AFX, und insbesondere die Abgrenzung zum MFH ist somit nur
in Zusammenschau von klinischem, histopathologischen und immunhistochemischen Befund möglich.
Im Gegensatz zum AFX zeichnet sich das
MFH in der Regel durch einen weitaus
aggressiveren Verlauf mit entsprechend
schlechterer Prognose aus.
Fazit für die Praxis
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▶ Das AFX ist ein seltenes mesenchymales Malignom. Aufgrund seines bevorzugten Auftretens im Bereich sonnengeschädigter Haut sollte es jedoch
insbesondere dem Hals-Nasen-Ohrenarzt bekannt sein.
▶ Differenzialdiagnostisch muss insbesondere an maligne fibröse Histiozytome (MFH), maligne Melanome vom
spindelzelligen Typ und Plattenepithelkarzinome gedacht werden.
▶ Die Resektion im Gesunden stellt für
das AFX die Therapie der Wahl dar.
Nach adäquater chirurgischer Therapie
ist die Prognose als sehr gut zu werten.
M. Boedeker, G. Kayser, G. J. Ridder, C. Boedeker;
Freiburg
Boedeker M et al. Ungewöhnlicher Tumor der Ohrmuschel. Laryngo-Rhino-Otol 2010; 89: 662–663 · DOI 10.1055/s-0030-1253398
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Abb. 4 Immunhistochemie mit deutlicher
Expression von Vimentin (c); S-100 (d) und
alpha-1 Antitrypsin (e) schwach positiv;
Proliferationsindex mittels MIB-1 bei etwa 30 %
(f) (100-fache Vergrößerung).
2008; 56: 1046–1051; Stepanova et al.,
Hautarzt 2005; 56: 679–783). Neben der
mikrografisch kontrollierten Resektionstechnik nach Moh wird eine randschnittkontrollierte Vorgehensweise empfohlen.
Eine primäre Radiatio sollte nur bei inoperablen Befunden in Betracht gezogen
werden. Die Chemotherapie spielt in der
Behandlung des AFX bislang keine Rolle
(Koch et al., HNO 2008; 56: 1046–1051).
Regionäre Lymphknotenmetastasen und
Fernmetastasen treten nach Literaturangaben in etwa 1 % der Fälle auf (Koch
et al., HNO 2008; 56: 1046–1051). Die
Quote für Lokalrezidive beträgt beim AFX
in größeren Patientenkollektiven zwischen 0 und 16 % (Seavolt et al., Dermatol
Surg 2006; 32: 435–441).
Aufgrund dieses Risikos ist die Durchführung von Tumornachsorgeuntersuchungen über einen Zeitraum von mindestens 5 Jahren zu empfehlen.
Histopathologisch und immunhistochemisch muss das AFX vor allem vom malignen Melanom (spindelzelliger Subtyp),
vom Plattenepithelkarzinom (PEC) und
vom MFH abgegrenzt werden. Die Abgrenzung zum Melanom gelingt in der
Regel durch immunhistochemische Melanommarker wie HMB-45 und Melan A;
das PEC exprimiert zumeist Zytokeratinmarker wie Pan-Zytokeratin und MNF
116 (Stepanova et al., Hautarzt 2005; 56:
679–783).
Insbesondere die Abgrenzung des AFX
zum MFH ist jedoch schwierig, da beide
Tumoren ein sehr ähnliches histopathologisches und immunhistochemisches Bild
aufweisen (Stepanova et al., Hautarzt
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