Die Gedächtnisstätte Guthmannshausen

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Kurzbeiträge | Sezession 63 · Dezember 2014
Die Gedächtnisstätte Guthmannshausen
von Klaus Hammel
Anfang August wurde in Gegenwart zahlreicher
Gäste die Gedächtnisstätte Guthmannshausen
in der Nähe von Weimar eingeweiht. Mit dieser Gedenkstätte hatten sich die Initiatoren das
Ziel gesetzt, einen längst überfälligen Ort der
Erinnerung für die deutschen Opfer des Zweiten
Weltkrieges durch den alliierten Bombenkrieg,
die Vertreibung, die Deportation deutscher Zivilisten und die in den Gefangenenlagern der ehemaligen Kriegsgegner umgekommenen Soldaten
der Wehrmacht zu schaffen.
In einer kreisförmigen Anordnung stehen in
regelmäßigen Abständen zwölf Steine (Granitwände), den Kreismittelpunkt bildet ein Obelisk,
ebenfalls aus Granit. Umrahmt ist das Denkmal
von den Bäumen des Parks des ehemaligen Herrenhauses, dies gibt der Gedenkstätte den Charakter eines Haines. Auf den Vorder- und Rückseiten sind die Granitflächen beschriftet, man liest
die Opferzahlen (Gesamtzahlen, Bezüge auf einzelne Regionen oder bestimmte Opfergruppen)
und die Aussprüche bekannter deutscher Dichter
oder die Wiedergabe historischer Inschriften.
Die Gedenkstätte bietet den Eindruck eines
Ortes würdevoller Erinnerung und Trauer, ohne
jegliche Aggressivität, es sei denn, man würde
in einer unzutreffenden Interpretation durch
den Hinweis auf die Leiden der Opfer nicht nur
eine Beschreibung von Tatsachen, sondern eine
Anklage an die Verursacher herauslesen wollen.
Wie zu erwarten steht die Anlage unter
der diffamierenden und polemischen Kritik der
Antifa, einschlägiger politischer Gruppierungen (vor allem der Partei die Linke) und willfähriger Medien. Die Hausherren der Anlage in
Guthmannshausen machen denn auch aus guten Gründen die Gedenkstätte nicht der Öffentlichkeit zugänglich. An den Vandalismus gegenüber Denkmälern mit einer nationalen Sinngebung hat man sich mittlerweile gewöhnt. Diese
Stätten werden selbst dann geschändet, wenn sie
überwiegend nichts mit der Periode des Nationalsozialismus zu tun haben. Die Behauptung,
nur Rechtsradikale würden solche Gedenkstätten pflegen, wird noch übertroffen durch die
Forderung, die Erinnerung an deutsche Opfer
müsse stets in den »Kontext« von NS -Verbrechen gestellt werden. Geschehe dies nicht, sei jedes Gedenken in sich schon eine Relativierung
dieser Verbrechen, eine Verkehrung von Ursache und Wirkung und im schlimmsten Falle eine
Herabsetzung der Opfer des Holocausts.
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Hammel – Gedächtnisstätte
Das Projekt der Gedächtnisstätte Guthmannshausen wird durch einen eingetragenen
Verein betreut, der auch 1992 der Initiator war.
Zum Kreis der Vereinsgründer gehörte auch der
Rechtsanwalt Hajo Herrmann, einer der bekanntesten Jagdflieger des Zweiten Weltkrieges.
Die Verwirklichung der Gedächtnisstätte, zunächst in Borna in Sachsen vorgesehen, scheiterte 2009 am Widerstand der sächsischen Behörden und auch wohl an Zwistigkeiten innerhalb des Vereins. Eine Trennung von dem durch
die Bundesregierung auf Drängen des Bundes
der Vertriebenen verfolgten Projekt »Zentrum
gegen Vertreibungen« wurde vollzogen, als klar
wurde, daß angesichts der Befindlichkeiten europäischer Nachbarn ein Gedenken an die Vertriebenen aus dem deutschen Osten und dem Sudetenland nur im Kontext mit anderen europäischen Vertreibungen zu erwarten war. Auch das
Land Thüringen versuchte zweimal mit gerichtlichen Entscheidungen über die Umstände des
Erwerbs des Rittergutes Guthmannshausen das
Projekt zu verhindern. Angesichts dieser Vorgänge wird die Zukunft erweisen müssen, von
welchem Erfolg das mit soviel Idealismus betriebene Projekt begleitet sein wird.
In seinem eindrucksvollen, Depressionen
verursachenden Buch über die Vergewaltigungen deutscher Frauen, Mädchen und selbst Kinder durch die Soldaten der Roten Armee (»Frau,
komm!«, Graz 2009) stellt Ingo von Münch fest,
daß Mitgefühl und Empathie einerseits sowie die
Empörung über dies wahrhaft einzigartige Verbrechen andererseits von den Schuldzuweisungen der Deutschen an sich selbst beziehungsweise
von der Relativierung der Verbrechen anderer
überdeckt werde: »Der Topos der Deutschen als
›Volk der Täter‹ ist offensichtlich eine sehr eigene
(deutsche) Verurteilung, die keine Parallele in anderen Ländern findet.«
Im Antigone-Drama von Sophokles fordert
der Seher Teiresias von Kreon, dem König von
Theben, der Polyneikes (dem Bruder der Antigone) das der Sitte entsprechende Begräbnis verweigert, weil sich dieser gegen die Gesetze des
Staates vergangen hatte: »Drum gib dem Toten
nach und stich nicht weiter ein, auf den, der umgekommen! Welche Heldentat, den Toten nochmals zu töten!«
Sophokles läßt keinen Zweifel daran, daß
Polyneikes schuldig war. Welche »Schuld« dagegen an Hitlers Politik und Kriegführung, so
Der »Verein Gedächtnisstätte« öffnet sein Denkmal
in Guthmannshausen für Besucher nach telephonischer
Anmeldung beim Verwalterpaar (036373-99 87 83).
Eine Besichtigung ohne Anmeldung ist nicht möglich.
fragt von V. Münch, hätten die Vergewaltigungsopfer, und welche »Schuld« ordnete Frau
Orosz, die derzeitige Oberbürgermeisterin von
Dresden, den Bombenopfern des 13./15. Februar 1945 zu?
Mit der Aussage während des »Tages der
Heimat« 2014, Vertreibung sei stets Unrecht,
hat Bundeskanzlerin Merkel auch die Vertreibung von 14 Millionen Deutschen kategorisiert.
Erwartungsgemäß hat sie dies sofort relativiert
mit dem Hinweis auf den »von Deutschland entfesselten Krieg und die Verbrechen der Nationalsozialisten«, Millionen von Toten und unermeß­
liches Leid – dies sei Deutschlands immerwährende Verantwortung.
Schon 1986 hat der Historiker Andreas
Hillgruber den Forschungsstand über den Untergang des deutschen Ostens 1944/45 wiedergegeben (Zweierlei Untergang). Die Ursachen
zur Vertreibung sind auf polnische Vorstellungen von einem neuen Großpolen zurückzuführen, die nach 1918, in der Zwischenkriegszeit
und immer noch 1944/47 wirksam waren. Noch
stärker waren sie von den Planungen der westlichen Alliierten für eine Nachkriegsordnung in
Europa und Stalins Absichten, ein vorgeschobenes Glacis in Mitteleuropa zu schaffen, bedingt.
Die Vertreibung der Deutschen war also nicht
durch die deutschen oder sowjetischen Vertreibungsakte zwischen 1939 und 1944 und auch
nicht durch den Westtransfer von Teilen der polnischen Bevölkerung verursacht. Unter moralischen Aspekten ist zu bemerken, daß das »lex
talionis« des Alten Testaments von den zivilisierten Staaten im Laufe eines Humanisierungsprozesses aufgegeben worden ist. Es beruhte auf
dem Prinzip der Vergeltung. Selbst unter diesen
Bedingungen aber galt der Grundsatz der Selbstverantwortung. Das entwickelte Völkerrecht des
20. Jahrhunderts beruht darauf, daß die Kriegsparteien, ungeachtet der Ursachen des Kriegsbeginns und der in Anspruch genommenen moralischen Rechtfertigung der Kriegszwecke, an
die gleichen rechtlichen Auflagen der Kriegführung gebunden sind. Wenn unter diesen Umständen der alliierte Bombenkrieg mit dem Satz
»Wer Wind sät, wird Sturm ernten« gerechtfertigt wird, dann ist dies wohl nur in Deutschland
möglich.
Vor diesem Hintergrund war die Errichtung
der Gedächtnisstätte in Guthmannshausen eine
notwendige Tat, und zu hoffen ist, daß in und an
ihr nichts weiter geschieht, als daß würdig den
unzähligen deutschen Opfern gedacht wird. 
Hammel – Gedächtnisstätte
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