Psychosoziale Folgen chronisch körperlicher Erkrankungen – Prävention und Behandlung Jürgen Bengel und Martin Härter Abteilung für Rehabilitationspsychologie InstitutJürgen für Psychologie Bengel Universität Universität Freiburg Freiburg Deutsches Zentrum für Altersfragen, Berlin, 9. Dezember 2010 0 Fallbeispiel: Herr F. Herzinfarkt bei einem 57-jähriger Vorarbeiter im Baugewerbe, intensivmedizinische und internistische Versorgung. Nach drei Wochen Entlassung in eine stationäre AHB (Rehabilitation). Medizinischer Befund: Eingeschränkte kardiale Leistungsfähigkeit, Bluthochdruck Psychosoziale Anamnese: Rauchen, Übergewicht, beruflicher Stress ohne Freizeitausgleich, finanzielle Belastungen, depressive Symptome Fragestellungen: • Krankheitsfolgen – körperlich, psychisch, sozial, familiär / beruflich? • Rückkehr an den alten Arbeitsplatz? • Notwendige therapeutische Maßnahmen? Jürgen Bengel, Abt. Rehabilitationspsychologie und Psychotherapie , Universität Freiburg 1 Fallbeispiel: Frau D. Chronischer Rückenschmerz bei einer 45-jährigen Krankenschwester, verheiratet, zwei schulpflichtige Kinder. Seit ca. 6 Jahren Schmerzen insbes. WS und Gelenke; längere AU-Zeiten, arbeitsunfähig, Rentenantrag vor 2 Jahren, ambulante Reha. Medizinischer Befund: Chronisches WS-Syndrom, Arthralgien Psychosoziale Anamnese: Dysthymie mit 30 Jahren, aktuell Partnerprobleme, depressive Verarbeitung, Katastrophisieren Fragestellungen: • Weitere physikalische, medikamentöse Therapie? • Indikation und Motivation zu einer Psychotherapie? • Sozialmedizinische Bewertung? Jürgen Bengel, Abt. Rehabilitationspsychologie und Psychotherapie , Universität Freiburg 2 Merkmale von chronischen Erkrankungen Verletzung der körperlichen Integrität Bedrohung des Selbstbildes Subjektive und / oder objektive Lebensbedrohung Progredienz und Irreversibilität Reduzierte körperliche Leistungsfähigkeit Chronische Schmerzen Aversiv erlebte therapeutische Maßnahmen Abhängigkeit vom medizinischen System Jürgen Bengel, Abt. Rehabilitationspsychologie und Psychotherapie, Universität Freiburg 3 Relevante Problemlagen und Belastungen Selbstwert Berufliche Probleme Abhängigkeitsgefühle Statusverlust Psychische Komorbidität Probleme bei der Neuorientierung Problematisches Krankheitsverhalten Krankheitsangst Sozialer Rückzug Rollenidentität Risikoverhalten – Rauchen,… Innerfamiliäre Grenzziehung Compliance Partnerschaft und Sexualität Schlaf … … Diagnostische Frage: Leidensdruck, Alltagsbewältigung, Intensität, Zeitdauer Jürgen Bengel, Abt. Rehabilitationspsychologie und Psychotherapie, Universität Freiburg 4 Frau D. 45jährige Pat., verh., 2 Kinder, Verkäuferin, Rentenantrag vor 3 Jahren Diagnosen: Chronisches Wirbelsäulen-Syndrom, Arthralgien Somatische Anamnese Psychische Anamnese Seit Jugendalter Schmerzstörung (Migräne) Seit 32. Lj. Dysthymie Seit 33. Lj. Colitis ulcerosa Seit 37. Lj. Soziale Phobie Seit 40. Lj. chronisch progrediente Schmerzen in Kniegelenk, Rücken, Nacken und Fingern Jürgen Bengel, Abt. Rehabilitationspsychologie und Psychotherapie, Universität Freiburg 5 Prävalenz psychischer Störungen (12 Mo, DSM-IV) Gewichtet (in %) Orthopädie Kardiologie Onkologie BGS 1 1 1 N=205 N=164 N=200 N=41812 Affektive Störungen 19.4 14.6 17.5 11.5 Angststörungen 25.2 17.7 20.5 14.5 Suchterkrankungen 14.1 12.8 5.0 6.8 Somatoforme Störungen 10.2 4.3 7.5 11.0 1 Härter & Bengel 2001, 2007; 2 Allgemeinbevölkerung, Wittchen et al. 1999 Jürgen Bengel, Abt. Rehabilitationspsychologie und Psychotherapie, Universität Freiburg 6 Erkrankungen mit Assoziation zu psychischen Belastungen und Störungen Muskulo-skelettale Erkrankungen (z.B. chronische Rückenschmerzen) Tumorerkrankungen Atemwegserkrankungen Herz-Kreislauf-Erkrankungen (z.B. Herzinfarkt) HIV-Infektion / Aids Neurologische Erkrankungen (z.B. Multiple Sklerose, Schädel-HirnTrauma) (z.B. Asthma bronchiale) Gastroenterologische Erkrankungen (z.B. entzündliche Darmerkrankungen) Hauterkrankungen (z.B. Neurodermitis, Ekzeme) Gynäkologische Erkrankungen (z.B. Infertilität, Unterbauchbeschwerden) Endokrinologische Erkrankungen (z.B. Diabetes) Jürgen Bengel, Abt. Rehabilitationspsychologie und Psychotherapie, Universität Freiburg 7 Ursachen somatopsychischer Komorbidität 1 Somatische Erkrankung oder die Behandlung verursachen die psychische Störung (z.B. Schilddrüsenunterfunktion verursacht depressive Symptome) Somatische Erkrankung geht der Entwicklung einer psychischen Störung bei genetisch vulnerablen Personen voraus (z.B. Morbus Cushing vor einer Episode einer Major Depression) Psychische Störung entwickelt sich als Reaktion auf eine somatische Erkrankung und ihre Behandlung (z.B. Anpassungsstörung als Reaktion auf Tumor) Jürgen Bengel, Abt. Rehabilitationspsychologie und Psychotherapie, Universität Freiburg 8 Ursachen somatopsychischer Komorbidität 2 Einfluss der psychischen Störung auf Chronifizierung einer somatischen Erkrankung (z.B. Rückenschmerzen) Depressive Störung geht dem Beginn körperlicher Symptome voraus und kann aktuell für sie verantwortlich sein (Somatisierung) Somatische und depressive Störung sind nicht kausal miteinander verbunden (zeitliche Koinzidenz) (Bengel, Barth & Härter, 2007) Jürgen Bengel, Abt. Rehabilitationspsychologie und Psychotherapie, Universität Freiburg 9 Ätiologie und Prognose: KHK und Depression Prämorbider RF RR 1,6 bis 2,7 1, 2 1Rugulies Herzinfarkt Prognostischer RF 4 RRadj (> 3 Mon.) 1,76 RRadj (> 24 Mon.) = 2,40 2002; 2Wulsin et al. 2003; 3Härter et al. 2000; 4Barth et al. 2004 Jürgen Bengel, Abt. Rehabilitationspsychologie und Psychotherapie, Universität Freiburg 10 Psychische Störungen bei körperlichen Erkrankungen Tumorerkrankungen Herz-Kreislauf-Erkrankungen Muskulo-skelettale Erkrankungen 20 - 40% 15 - 30% 30 - 50% Rund 1/3 der Patienten mit chronischen Erkrankungen leiden an Anpassungsstörungen, Angststörungen, Depression, somatoformen Störungen Nicht-störungswertige Folgen wie Partnerschaftsprobleme, Probleme am Arbeitsplatz, Compliance … relevant 2.0 fach erhöhtes Risiko gegenüber Allgemeinbevölkerung Jürgen Bengel, Abt. Rehabilitationspsychologie und Psychotherapie, Universität Freiburg 11 (Chronische) Erkrankung als Stressor Kritisches Lebensereignis Diagnosemitteilung / Krankheitsausbruch Traumatisches Ereignis Lebensbedrohliche Diagnose / Erkrankung Chronische Belastung Psychische, körperliche und soziale Folgen Alltägliche Belastung Einschränkungen durch die Krankheit Jürgen Bengel, Abt. Rehabilitationspsychologie und Psychotherapie, Universität Freiburg 12 Relevante Diagnosebereiche Affektive Störungen Anpassungsstörungen und PTBS Angststörungen Somatoforme Störungen Chronisches Erschöpfungssyndrom Störungen durch Alkohol und Nikotin Unterschwellige Symptomatik Jürgen Bengel, Abt. Rehabilitationspsychologie und Psychotherapie, Universität Freiburg 13 Schutzfaktoren Schokolade, Wein, Tee Risikofaktoren der Koronaren Herzerkrankung Risikofaktoren 1. Ordnung - Hypercholesterinämie - Rauchen - Hypertonie - Diabetes mellitus Fixe Risikofaktoren - Geschlecht - Alter - Genetische Faktoren - Besonderheiten im Lipidstoffwechsel Risikofaktoren 2. Ordnung - Übergewicht / Adipositas Hyperurikämie (Gicht) Bewegungsmangel Ungünstige sozioökonomische Bedingungen - Belastende Lebensbedingungen, kritische Lebensereignisse - Berufl. Überbeanspruchung - Emotionale Probleme, Depression Jürgen Bengel, Abt. Rehabilitationspsychologie und Psychotherapie, Universität Freiburg 14 Sexuelle Funktionsstörungen in kardialer Reha Günzler et al. (2009) 40 34,5 Angaben in % 31,3 30 17,9 20 14,5 13,7 11,2 10 6,0 3,0 0 0 Luststörung Erregungsstörung Männer verzögerter/ ausbleibender Orgasmus vorzeitiger Samenerguss Schmerzstörung Frauen Mehrfachantworten möglich 46% der Frauen und 51% der Männer in kardialer Rehabilitation berichten mindestens ein sexuelles Problem Jürgen Bengel, Abt. Rehabilitationspsychologie und Psychotherapie, Universität Freiburg 15 Herzinfarkt: Ätiologie-Modell Prädisponierende Faktoren Lebensstil und Risikofaktoren - Belastende Lebensumstände und Stress Genetische Prädisposition - Persönlichkeitscharakteristika Depression u.a. neurobiologisch gekennzeichnet durch: Sympathikotone Überaktivierung Hypercortisolismus Thrombozytenaktivierung Proinflammatorische Prozesse (erhöhte Zytokinausschüttung) Psychologische und behaviorale Effekte Zigarettenkonsum Bewegung Adhärenz zu Therapie und Gesundheitsverhalten Risikofaktoren Lipide Blutdruck Blutzucker Metabolisches Syndrom Neurobiologische Effekte Endothelregeneration Thrombozytenaktivität Vasokonstriktion Herzfrequenz elektrophysiologische Stabilität Herzfrequenzvariabilität KHK, Myokardinfarkt, plötzlicher Herztod Jürgen Bengel, Abt. Rehabilitationspsychologie und Psychotherapie, Universität Freiburg 16 Chronischer Schmerz: Einflussfaktoren neurogen z.B. bei Bandscheibenprolaps entzündlich z.B. bei Rheuma chronischer Rückenschmerz psychosozial • Arbeitssituation (u. a. schwere körperliche Arbeit, Unzufriedenheit) • Lebenssituation (u. a. Schicht, Bildung) degenerativ muskulär z.B. Veränderung des Wirbelkörpers z.B. Verspannung • Verhalten (u. a. Rauchen, Passivität) • Medizinisches System (u. a. Schonung, passive Therapien) Jürgen Bengel, Abt. Rehabilitationspsychologie und Psychotherapie, Universität Freiburg 17 Zwischenfazit 1 Psychische und soziale Co-Faktoren und Krankheitsfolgen Bedeutung von Risikofaktoren Bedeutung von psychischen Störungen Hoher Anteil passagerer Problematik Psychosoziale Faktoren als (Haupt-)Ursache für Chronifizierung Jürgen Bengel, Abt. Rehabilitationspsychologie und Psychotherapie, Universität Freiburg 18 Versorgung chronisch körperlich Kranker • • • • • • • Hausarzt und Facharzt Akutkrankenhaus Arbeitsplatz und Betrieb Berufsbildungs- und Berufsförderungswerke Beschützende Werkstätten Pflegeeinrichtungen …… • Medizinische Rehabilitation • Körperliche Krankheiten - Somatische Rehabilitation Jürgen Bengel, Abt. Rehabilitationspsychologie und Psychotherapie , Universität Freiburg 19 Ziele des Rehabilitationsystems Krankheitsbedingte Arbeitsfehlzeiten Atemwege, psychische Störungen, muskulo-skeletale Erkrankungen Ursachen für Frühberentung Psychische Störungen, MSK, Neubildungen, Herz-Kreislauf • Erhalt der Arbeits- und Erwerbsfähigkeit • Vermeidung von vorzeitigem Ausscheiden / Berentung • Beiträge zur Solidarversicherung (Krankheit, Rente, Arbeit, Pflege) Jürgen Bengel, Abt. Rehabilitationspsychologie und Psychotherapie , Universität Freiburg 20 Merkmale des Reha-Systems 1 Reichsversicherungsordnung von 1911: Kranken-, Unfall-, Invaliditäts- / Altersversicherung Entwicklung aus dem Kurwesen (z.B. Tbc) Gesetzliche Grundlagen: Sozialgesetzbuch (SGB) IX Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen Bereiche: Medizinische, berufliche und schulische Rehabilitation Gegliedertes System mit unterschiedlichen Trägern, Finanzierungsgrundlagen und Leistungsvoraussetzungen Stationäre, teilstationäre und ambulante Rehabilitation Jürgen Bengel, Abt. Rehabilitationspsychologie und Psychotherapie , Universität Freiburg 21 Merkmale des Reha-Systems 2 Multidisziplinäre Versorgung bzw. Reha-Team: Medizin, Psychologie, Krankenpflege, physikalische Therapie, Krankengymnastik-Physiotherapie, Ergotherapie, Sport, Sozialarbeit, Logopädie, Diätetik Beschäftigte: 120.000 Mitarbeiter Maßnahmen: 1 Million / anno Umsatz: 5 Milliarden Euro / anno Jürgen Bengel, Abt. Rehabilitationspsychologie und Psychotherapie , Universität Freiburg 22 International Classification of Functioning (ICF – Biopsychosoziales Modell) Schädigung / Schaden (Impairment) Aktivität (Activities), früher Disability Partizipation, Teilhabe, früher Handicap Kontextfaktoren: Person und Umfeld Körperfunktionen und -strukturen Aktivitäten Teilhabe WHO 1980, 1998, 2001, 2004; Bengel et al., im Druck Jürgen Bengel, Abt. Rehabilitationspsychologie und Psychotherapie, Universität Freiburg 23 Entwicklung ausgewählter Frühberentungsdiagnosen in der Angestellten- und Arbeiterrentenversicherung - Deutschland (1983-2006) 45 40 Männer 35 Frauen 40 10 10 5 5 0 0 19 19 19 19 91 93 * 19 * 95 19 97 19 99 20 01 20 03 20 05 20 06 15 89 15 19 20 87 20 19 25 19 25 83 30 8 19 3 85 19 * 87 19 89 19 19 91 93 * 19 * 9 19 5 97 19 99 20 01 20 0 20 3 05 20 06 30 85 35 Neubildungen Psych. Erkrankungen Neubildungen Psych. Erkrankungen Herz/Kreislauf Bewegungsorgane Herz/Kreislauf Bewegungsorgane Quelle: VDR-Statistik: Rentenversicherung in Zeitreihen 2007 Stationäre med. Reha für Erwachsene - 2008 33% Krankheiten von Skelett / Muskeln / Bindegewebe 19% Neubildungen 2% Krankheiten des Nervensystems 829.822 Leistungen 19% Psychische Erkrankungen 3% Krankheiten der Atmungsorgane 9% Krankheiten des Kreislaufsystems 11% sonstige Krankheiten 4% Krankheiten des Verdauungssystems / Stoffwechselkrankheiten Statistik der Deutschen Rentenversicherung – Rehabilitation 2009 Jürgen Bengel, Abt. Rehabilitationspsychologie und Psychotherapie , Universität Freiburg 25 Reha-Inanspruchnahme – nach Lebensalter Jürgen Bengel, Abt. Rehabilitationspsychologie und Psychotherapie, Universität Freiburg 26 Rehabilitation bei Rückenschmerz Psychosoziale Faktoren mit entscheidendem Einfluss auf Chronifizierung Aktivitäten und Partizipation hängen stärker von psychosozialen als von somatischen Variablen ab Psychische Komorbidität und subsyndromale Beschwerden 30-50%; häufig unerkannt & unbehandelt Längerfristige verhaltenstherapeutische Maßnahmen erweisen sich als wirksam Höhere Therapiedauer und -dosis als im deutschen Rehasystem notwendig Jürgen Bengel, Abt. Rehabilitationspsychologie und Psychotherapie , Universität Freiburg 27 Psychologische Schmerztherapie – Bausteine 1 Selbstbeobachtung Patientenschulung (Schmerzprotokoll) (bio-psycho-soziales Schmerzmodell) Entspannung als Schmerz- und Stressbewältigungsstrategie Stärkung von Selbstwirksamkeitsüberzeugungen und Akzeptanz Beeinflussung der Aufmerksamkeitslenkung Jürgen Bengel, Abt. Rehabilitationspsychologie und Psychotherapie, Universität Freiburg 28 Psychologische Schmerztherapie – Bausteine 2 Umstrukturierung ungünstiger Überzeugungen und Verarbeitungsweisen Bearbeitung der Funktionalität Stärkung der Problemlösefertigkeiten Unterstützung bei körperlichem Training Selbstbewusster, autonomer Umgang mit dem Gesundheitssystem Jürgen Bengel, Abt. Rehabilitationspsychologie und Psychotherapie, Universität Freiburg 29 Kardiale Rehabilitation Stressbewältigung, Risikofaktorenmodifikation, Änderung des Lebensstils Unterstützung bei der Krankheitsverarbeitung Psychische Komorbidität bei 15-20%, häufig unerkannt und unbehandelt, Depression RF für Morbidität/Mortalität Noch kein Beleg für Verbesserung der Prognose durch Psychotherapie bzw. Antidepressiva Psychologisch fundierte (langfristige) Programme zur Verhaltensänderung sind wirksam Jürgen Bengel, Abt. Rehabilitationspsychologie und Psychotherapie , Universität Freiburg 30 Komponenten der Patientenschulung Aufklärung und Wissensvermittlung Krankheits- und Veränderungsmodell Sensibilisierung der Körperwahrnehmung Gesundheitsförderliche Lebensweise Soziale Kompetenz / Soziale Unterstützung Selbstmanagement Maßnahmen zur Rückfallprophylaxe VDR: „Aktiv Gesundheit fördern“ http://www.deutsche-rentenversicherung-bund.de http://zentrum-patientenschulung.de Jürgen Bengel, Abt. Rehabilitationspsychologie und Psychotherapie , Universität Freiburg 31 Besonderheiten Psychische Belastung und Störung nicht obligat, häufig temporär Begrenzte (Psycho-)Therapiemotivation Somatische Laientheorie - Vorrang der somatischen Therapie Höheres Alter bzw. spezifischer Lebensabschnitt Einschränkungen durch Erkrankung und Behandlung Arzt-Patient-Beziehung Kein klassisches Versorgungssetting Jürgen Bengel, Abt. Rehabilitationspsychologie und Psychotherapie, Universität Freiburg 32 Psychologie: Grundlagen und Modelle Modelle der Krankheitsverarbeitung Risiko- und Schutzfaktoren, Resilienz Motivationsmodelle und motivierende Gesprächsführung Psychologische Diagnostik Selbstmanagement und Patientenschulung Beratung, Krisenintervention und Kurzzeitpsychotherapie Ressourcenorientierung und Gesundheitsförderung Jürgen Bengel, Abt. Rehabilitationspsychologie und Psychotherapie , Universität Freiburg 33 Tätigkeiten von RehapsychologInnen 50% der Psychologen mit Approbation, überwiegend Verhaltenstherapie Einzelgespräch 37% Entspannung 18% Gruppe (allg.) 6% Gruppe (problem.) 12% sonstige 2% Diagnostik 6% Besprechungen 7% Verwaltung 12% Reese, Mittag et al. (in Vorb.) Jürgen Bengel, Abt. Rehabilitationspsychologie und Psychotherapie , Universität Freiburg 34 Zwischenfazit 2 Medizinische Rehabilitation mit Ziel des Erhalts der Erwerbsfähigkeit Chronischer Schmerz und psychische Störungen als Hauptindikationen Orientierung an ICF Multidisziplinäre und multimodale Konzepte Mitversorgung psychosozialer Problemlagen Gesundheitsförderung als genuine Aufgabe Evidenz, jedoch beschränkte Therapiedauer Jürgen Bengel, Abt. Rehabilitationspsychologie und Psychotherapie, Universität Freiburg 35 Konsequenzen - Schlussfolgerungen Veränderung bei den Rehabilitanden – Krankheitsschwere (frühere Akutentlassung) – Steigendes Alter – Steigende Multimorbidität – Verändertes Krankheitsspektrum – Psychische Belastung und Störung – Rehabilitanden mit Migrationshintergrund – Prekäre Arbeitsbedingungen, Arbeitsmarkt Jürgen Bengel, Abt. Rehabilitationspsychologie und Psychotherapie , Universität Freiburg 36 Konsequenzen - Schlussfolgerungen Alter: Folgen für die Behandlung (1) – Einstellen auf altersbezogene Voraussetzungen – Konzentration der Behandlung auf wichtigste Defizite – Krankheitskonzepte und Behandlungserwartung – Auseinandersetzung mit Rentenbegehren – Keine rein-organbezogene Rehabilitation – Therapieziele: Funktioneller Status, LQ Jürgen Bengel, Abt. Rehabilitationspsychologie und Psychotherapie , Universität Freiburg 37 Konsequenzen - Schlussfolgerungen Alter: Folgen für die Behandlung (2) – Schwerpunkt bei Fähigkeitsstörungen und Behinderungen Z.B. Erhalt größtmögl. Selbständigkeit und Selbstbestimmtheit – Häufig existenzielle Entscheidungen bei Entlassung z.B. Heimunterbringung – Anpassung der Therapiekonzepte – Veränderung der Therapiezeiten, z.B. kürzere Behandlungseinheiten, längere Therapiepausen – Einbeziehung der Angehörigen Jürgen Bengel, Abt. Rehabilitationspsychologie und Psychotherapie , Universität Freiburg 38 Konsequenzen - Schlussfolgerungen Folgen für das System (1) – Anteil von Rehabil. älter als 55 Jahre steigt (40%) – Veränderte Problemlagen – Häufiger Rentenerwartung und geringere Erwartung an Reha – Bedeutung der Reha für Arbeitsmarkt, berufliche Reha für ältere Arbeitnehmer – Reha vor Pflege Jürgen Bengel, Abt. Rehabilitationspsychologie und Psychotherapie , Universität Freiburg 39 Konsequenzen - Schlussfolgerungen Folgen für das System (2) – Soziale Bezüge: Reha in Wohnortnähe, ambulante und mobile Reha – Anpassung der Qualifikations- und Tätigkeitsprofile – Anpassung der apparativen und baulichen Bedingungen – Rechtfertigung und Kostendruck – Schnittstellenproblematik: RV, GKV, Pflegevers., ambulante und stationäre Versorgung Jürgen Bengel, Abt. Rehabilitationspsychologie und Psychotherapie , Universität Freiburg 40 Prof. Dr. phil. Dr. med. Jürgen Bengel Abteilung für Rehabilitationspsychologie und Psychotherapie Institut für Psychologie, Universität Freiburg Engelbergerstraße 41, D-79085 Freiburg Telefon: 0761 – 203-2122, Fax: - 3040 e-mail: [email protected]