Dozent: Dr. med. E. Ghebremedhin (Vorlesungsnotizen zum SS 2006) Blut (sanguis, haima) Lernziele: - Blutzusammensetzung - Blutfunktion - Blutbildung und -abbau - Klinische Relevanz Allgemeines über das Blut: - stammt entwicklungsgeschichtlich aus dem Mesoderm (wie Binde- und Stützgewebe) - wird im Knochenmark gebildet und in der Milz abgebaut - kann als flüssiges Gewebe angesehen werden - macht etwa 6-8% des Körpergewichtes aus - fließt in einem geschlossenen Kreislauf (Ausnahmen: im Knochenmark und in der Milz) - Ist fünfmal dicker als Wasser Bestandteile des Blutes: 1. Zelluläre Bestandteile (= Blutkörperchen): - Erythrozyten (4,5 - 5,5 Mill. pro µl Blut) - Leukozyten (4.000-10.000 pro µl Blut) - Thrombozyten (150.000-300.000 pro µl Blut) Blutplasma = flüssiger Anteil ohne Blutzellen Hämatokrit = Anteil der Blutzellen am Blutvolumen (normal: ca. 40-50%) Blutserum = Blutplasma ohne Fibrinogen Funktionen des Blutes: 1.Transport und Verteilung von: - Blutgasen (Sauerstoff, Kohlendioxid) - Nährstoffen - Hormonen - Stoffwechselendprodukten - Wärme 2. Homöostase: Aufrechterhaltung des inneren Milieus (Wärmeregulation, osmotischer Druck, Säuren-BasenHaushalt) 3. Abwehr: Phagozytose oder Antikörperbildung durch Leukozyten, Blutgerinnung Zusammensetzung des Blutplasmas: (Blutplasma = Blutserum + Fibrinogen) - 90% Wasser - 8% Eiweiße (z.B. Albumine, Globuline, Fibrinogen) - 1,5% anorganische Stoffe (z.B. Na+, K+, Cl-, HCO3-) - 0,5% organische Stoffe (z.B. Glukose, Fettsäuren, Aminosäuren) 1 Dozent: Dr. med. E. Ghebremedhin (Vorlesungsnotizen zum SS 2006) Zusammensetzung der Blutzellen: • Erythrozyten (4 - 6 Millionen pro µl) • Leukozyten (4000 – 10.000 pro µl) - Granulozyten (neutrophile, eosinophile, basophile) - Lymphozyten - Monozyten • Thrombozyten (150.000-350.000 pro µl) Färbungen: • May-Grünwald • Giemsa • Pappenheim (Methylen-Blau, Eosin) Erythrozyten [Männer: 5 - 6 Mill./µl, Frauen: 4 - 5 Mill./µl]: - Mittlerer Durchmesser: 7,5 µm - Ohne Zellkern und Zellorganellen - Neubildung: im Knochenmark (KM); 2,5 Millionen Erythrozyten werden pro Sekunde neugebildet (= 1% täglich) - Lebensdauer: ca. 120 Tage - Abbau: in Milz, Knochenmark und Leber durch phagozytierende Zellen - sind Träger der Blutgruppeneigenschaften - Funktion: Transport von O2 und CO2 sowie Pufferung des Blut-pH (pH 7,4) Retikulozyten: - Jugendliche Erythrozyten mit basophiler Netzstruktur (Substantia granulo-filamentosa) - Substantia granulo-filamentosa stellt zytoplasmatische Restbestandteile der Proerythroblasten dar (Ribosomen, RNS) - Blutnormalwert = 20.000-75.000 Retikulozyten/µl (entspricht 0,5-1,5% aller Erys) - sind Ausdruck der Erythrozytenregeneration Hämoglobin: - ist der rote Farbstoff der Erythrozyten - Dient dem O2- und CO2-transport - etwa 300 Mill. Hämoglobin-Moleküle pro Erythrozyt - 35% des Erythrozytenvolumens besteht aus Hämoglobin - besteht aus Globin und 4 Häm Gruppen (mit Eisen) - Jedes Hämoglobin-Molekül kann vier O2 Moleküle tragen - Synthese: Eisen und Vitamine C, B12, Folsäure Blutgruppeneigenschaften: - ABO-Antigene [A, B, AB und (O)]: Zuckeranteile - Rh- Antigene [c, e, C, D und E]: Proteinanteile Regulation der Erythrozytenbildung: Erythropoetin-Hormon: Produktionsort: Niere (90%), Leber (10%); Produktionsgrund: (O2↓) 2 Dozent: Dr. med. E. Ghebremedhin (Vorlesungsnotizen zum SS 2006) Leukozyten (4000 – 10.000 pro µl): - Beteiligt an humoraler und zellulärer Körperabwehr - sind amöboid beweglich - Nutzen sie Blutbahn, um sich innerhalb des Körpers zu bewegen - verlassen die Blutbahn (Diapedese) und wandern in das Bindegewebe - Zelluläre Bestandteile: 1. Granulozyten: neutrophile (60-70%), eosinophile (2-3%) und basophile (0,5-1%) - neben unspezifischen Granula auch spezifische Granula (neutro-, eosino- und basophile). - Besitzen segmentierte Zellkerne. 2. Mononukleäre Zellen: Monozyten (3-8%) und Lymphozyten (20-30%) - keine spezifischen Granula (Agranulozyten). - Besitzen nicht-segmentierte Zellkerne. Leukozytose: Erhöhung der Leukozytenanzahl Leukopenie: Erniedrigung der Leukozytenanzahl Neutrophile Granulozyten (60-70%): - Durchmesser: 10-12 µm - Jugendliche Formen mit Stabkern - reife Zellen haben Kerne mit 3-5 Segmenten (3% enthalten Drumsticks) - Lebensdauer: 6 Std. bis einige Tage - Zu 90% im Knochenmark und im Gewebe lokalisiert - Funktion: unspezifischen Abwehr, Mikrophagozytose (Eiterbildung) - Spezifische (sekundäre) Granula (neutrophil): Größe: 0,2-0,3 µm, sind mehr als die Lysosomen (primäre Granula) und enthalten u.a. Kollagenasen und antibakterielle Stoffe Eosinophile Granulozyten (2 - 3%): - Durchmesser: 12-16 µm - Zellkern meist zweigelappt - Lebensdauer: 8 – 12 Tage - mehr im Gewebe lokalisiert - Funktion: • Parasitenabwehr (v.a. Würmern) • Mikrophagozytose • beteiligt an allergischen Reaktionen - Spezifische (sekundäre) Granula (eosinophil): Größe: 0,6-1 µm (0,2-0,3 bei neutrophilen) mit antimikrobieller Mittel. EM: typische Granula mit einem Kristalloid (evtl. Histaminase für parasitenabwehr) Basophile Granulozyten (0,5 – 1%): - Durchmesser: 10-14 µm - Zellkern oft rundlich, oft nicht sichtbar, da von großen Granula bedeckt (keine Segmentierung) - sind ähnlich zu Gewebsmastzellen - sind kurzlebig: 6-24 Std. - Funktion: • Freisetzung von Heparin und Histamin • Auslösung von allergischen Reaktionen - Spezifische (sekundäre) Granula (basophil): Größe: 0,6-1,2 µm (am größten) und enthalten Heparin und Histamin 3 Dozent: Dr. med. E. Ghebremedhin (Vorlesungsnotizen zum SS 2006) Lymphozyten (20 – 30%): - Durchmesser: Klein: 6-8 µm, Groß: 10-15 µm - Zellkern meist rund und groß - Immunhistochemische Unterscheidung in T- und B-Lymphozyten - 20 % B-, 80% T-Zellen im Blut - Nur 1 von 500 Lymphozyten im Blut zu finden - Lebensdauer: wenige Tage bis viele Jahre - Funktion (Spezifische Immunabwehr): • T- Lymphozyten: zelluläre Immunantwort • B- Lymphozyten: humorale Immunantwort (Antikörperbildung) Plasmazellen: - Durchmesser: 10-15 µm - exzentrisch gelegenem Kern mit Radspeichenstruktur - sind ausdifferenzierte B-Lymphozyten und produzieren Antikörper - sind häufiger in der Darmschleimhaut, Atemwege, Drüsen und lymphgeweben zu finden Monozyten (3-8%): - Durchmesser: 16-20 µm - großer bohnenförmiger Kern mit lockerem Chromatin - wandern ins Gewebe und werden dann als Makrophagen bezeichnet - Bleiben im Blut für etwa 17 Stunden und im Gewebe Monate - Amöboid beweglich und diapedesefähig - Differenzierungsfähigkeit von Monozyten zu Makrophagen: • Leber: Kupffer‘sche Sternzellen • Lunge: Alveolarmakrophagen • Gehirn: Mikroglia • Haut: Langerhans-Zellen • Knochen/Knorpel: Osteoklasten/Chondroklasten - Funktion: • Phagozytose und Tumorabwehr • Bildung von Entzündungsmediatoren • Antigenpräsentation • Elimination von überalterten Zellen Thrombozyten (Blutplättchen): - Durchmesser: 1-4 µm - Anzahl: 150.000-350.000 / µl Blut - Lebensdauer: 8-10 Tage, Abbau in Milz und Leber) - Kernlos, Formlos und ohne Zellorganellen - Entstehen durch Abschnürung aus den Megakaryozyten des Knochenmarks - Funktion: Blutstillend (Thrombokinase) 4 Dozent: Dr. med. E. Ghebremedhin (Vorlesungsnotizen zum SS 2006) Hämo(zyto)poese – Definitionen: - Erythropoese: Bildung von Erythrozyten - Granulopoese: Bildung von Granulozyten - Lymphopoese: Bildung von Lymphozyten - Monopoese: Bildung von Monozyten - Thrombopoese: Bildung von Thrombozyten Knochenmark: - rotes und gelbes Knochenmark - enthält: • im Stroma: Fettgewebe, fibroblastische Reticulumzellen, retikuläres Fasergitter • im Parenchym: Blutgefäße und hämatopoetische Zellen, - Differentialblutbild im roten Knochenmark: • 20% aller kernhalt. Zellen (Erythropoese) • 45% aller kernhalt. Zellen (Myelopoese) • 20% reife Granulozyten • 10% Lymphozyten und Plasmazellen 5