Die Schilddrüse Die Schilddrüse ist ein kleines, hufeisenförmiges Organ, das sich unterhalb des Kehlkopfes bzw. des zum Kehlkopf gehörenden Schildknorpels, vor der Luftröhre befindet und mit dem verbindenden Mittellappen einem Schmetterling sehr ähnlich sieht. Bei einer gesunden Schilddrüse ist jeder der beiden Lappen nicht größer als das Daumenendglied des jeweiligen Menschen, hat bei Erwachsenen ein durchschnittliches Gewicht von 20–30 g und ist im gesunden Zustand von außen nicht sichtbar. Die Schilddrüse bildet zwei lebenswichtige Hormone, welche vielfältige Wirkungen ausüben. Sie regulieren, ob der gesamte Stoffwechsel auf Hochtouren oder auf Sparflamme läuft. So sind z.B. der Sauerstoff- und Energieverbrauch, die Körperwärme, der Mineralstoff- und Wasserhaushalt, Herz und Kreislauf, Magen und Darm, Nerven, Muskeln Kohlenhydrat, Fettstoffwechsel, seelisches Wohlbefinden, Sexualität und Fruchtbarkeit, sogar das Wachstum von Haut, Haaren und Nägeln davon abhängig. Erkrankungen der Schilddrüse können vielfältige Ursachen haben(...). Da die Bildung der Schilddrüsenhormone von einer ausreichenden Jodzufuhr abhängig ist, kommen Schilddrüsenerkrankungen in Jodmangelgebieten besonders häufig vor. Generell unterscheidet man bei Schilddrüsenerkrankungen zwischen einer Unter- und einer Überfunktion. Unabhängig von der Stoffwechsellage kann es zu einer Vergrößerung der Schilddrüse kommen, einer sogenannten Struma oder einem Kropf. Bei einem Kropf handelt es sich um eine häufige, krankhafte Vergrößerung der Schilddrüse, die tastbar, sichtbar oder messbar ist. Diese Veränderung der Schilddrüse ist allerdings nur die Spitze des Eisberges. Sie kann gleichmäßig das gesamte Organ erfassen oder auf einzelne Regionen des Drüsengewebes beschränkt bleiben. Hormonproduzierende Drüsenbereiche, die nicht mehr der Regulation durch das Hirnanhangdrüsenhormon TSH unterliegen, werden als „heiße Knoten“ bezeichnet. Sie sind fast immer gutartig. „Kalte Knoten“ sind demgegenüber Organabschnitte, in denen eine Gewebevermehrung stattgefunden hat, jedoch kein Schilddrüsenhormon produziert wird. Auch bei diesen Knoten handelt es sich fast immer um gutartige Gewebevermehrungen. Nur in höchstens 5 % der Fälle verbirgt sich ein bösartiger Tumor hinter der Störung Zwei wichtige Formen der Schilddrüsenentzündung gehen auf eine fehlgeleitete Abwehrreaktion des körpereigenen Immunsystems zurück. Dabei handelt es sich um die Hashimoto-Thyreoiditis und den Morbus Basedow. Während die Hashimoto-Thyreoiditis zunächst mit einer Schilddrüsenüberfunktion einhergeht, später aber immer zu einer Zerstörung des Drüsengewebes und einer dauerhaften Unterfunktion führt, ist der Morbus Basedow stets mit einer Schilddrüsenüberfunktion verbunden. Schilddrüsenerkrankungen können sich auf unterschiedliche Weise bemerkbar machen. So sind Stoffwechsel- und Befindlichkeitsstörungen typisch für eine Über- oder Unterfunktion des Organs. Entzündungen der Drüse können mit Schmerzen verbunden sein, eine Vergrößerung des Organs mit Druckoder Engegefühl. Es gibt jedoch auch Schilddrüsenerkrankungen die lange Zeit symptomlos verlaufen und erst im fortgeschrittenen Stadium Beschwerden auslösen. Warnsignale der Schilddrüse Die Warnsignale der Schilddrüse können Sie als aufmerksamer Beobachter gut wahrnehmen: Alle Veränderungen, die bei einer Unteroder Überfunktion auftreten, sind meist für Außenstehende sehr offensichtlich. Dies ist bei Knoten und Kropf nicht immer der Fall. Umso wichtiger ist es, deren Symptome besser zu erkennen, um sie einer Schilddrüsenerkrankung zuordnen zu können. Eine Unterfunktion der Schilddrüse kann vorliegen, wenn die Betroffenen • langsamer sprechen als sonst, • im Denken verlangsamt sind, z. B. Erklärungen weniger gut verstehen als früher, • an Gewicht zugenommen haben, • teigig oder „aufgedunsen“ im Gesicht aussehen, • ständig Frieren, obwohl es für andere nicht zu kalt ist, • häufig müde sind und deutlich mehr schlafen als sonst, • über Leistungs- oder Konzentrationsabfall klagen, • unter Verstopfung, Haarausfall oder rauer Haut leiden, • depressiv und antriebsarm wirken. Auf eine Überfunktion der Schilddrüse deutet es, wenn die Betroffenen • besonders nervös sind, evtl. auch aggressiv, • ungewollt Gewicht verloren haben, • unter Schlaflosigkeit leiden, • schwitzen, obwohl es für andere nicht zu warm ist, • abgeschlagen und erschöpft sind, • über Durchfall oder Herzrasen klagen. Struma/Knoten • Schwellung der unteren Halsregion, manchmal auch einseitig, • Kloß-, Druck- oder Engegefühl im Hals, • Luftnot, • Schluckbeschwerden. Das Motto lautet: Ihre Schilddrüse in guten Händen - Deutschland macht den Schilddrüsen-Check". Nehmen Sie an der Schilddrüsenwoche teil, lassen Sie Ihre Schilddrüse untersuchen. Quellen: www.infoline-schilddruese.de www.forum-schilddruese.de ANATOMIE UND PHYSIOLOGIE DER SCHILDDRÜSE Abb. 1: Anatomische Lage der Schilddrüse Die Schilddrüse (Glandula thyroidea) ist ein hufeisenförmiges Organ, das sich unterhalb des Kehlkopfes (Larynx), bzw. des zum Kehlkopf gehörenden Schildknorpels (Cartilago thyroidea), und vor der Luftröhre (Trachea) befindet. Bei Erwachsenen hat die Schilddrüse ein durchschnittliches Gewicht von 20–30 g und ist im gesunden Zustand von außen nicht sichtbar. Umgeben wird die Schilddrüse von einer bindegewebigen Organkapsel (Capsula fibrosa) und besteht in der Regel aus zwei Lappen (Lobus dexter und Lobus sinister), von denen der rechte in den meisten Fällen stärker ausgeprägt ist als der linke. Verbunden sind diese Lappen über einen schmalen Streifen, den sogenannten Isthmus. Von der Organkapsel ausgehende Bindegewebsscheiden teilen die Schilddrüse zusätzlich in verschieden große Läppchenbezirke. Das Drüsengewebe der Schilddrüse setzt sich aus unregelmäßig gestalteten, mikroskopisch kleinen Bläschen zusammen, die als Follikel bezeichnet werden und die funktionelle Einheit der Schilddrüse darstellen. Die Follikel bestehen aus einem einschichtig angeordneten Epithel, welches das Lumen des Follikels umschließt. In diesen auch als Thyreozyten bezeichneten Follikelepithelzellen wird neben den Schilddrüsenhormonen auch das für deren Speicherung notwendige Kolloid synthetisiert. Die Form der Thyreozyten ist abhängig vom Funktionszustand der Schilddrüse: Ruhende Zellen sind flach, während aktive eine kubische und zum Teil auch zylindrisch erhobene Form haben. Das Schilddrüsengewebe besteht aus zahlreichen kleinen Follikeln, die die funktionelle Einheit der Schilddrüse darstellen. Abb. 2: Aufbau des Schilddrüsengewebes Das Kolloid ist eine homogene Masse und enthält das Protein Thyreoglobulin bzw. die Schilddrüsenhormone und ihre Vorstufen. Im Bedarfsfall wird das Kolloid verflüssigt, d. h. die Hormone werden von den Epithelzellen aufgenommen und an die benachbarten Blutkapillaren ausgeschüttet. Somit sind Epithelzellen und das Kolloid der Follikel an Hormonbildung und -speicherung beteiligt. Im Kolloid der Follikel werden die Schilddrüsenhormone gebildet und gespeichert. Zwischen den Follikeln befinden sich im Bindegewebe der Schilddrüse die CZellen, die aufgrund ihrer Lage auch als parafollikuläre Zellen bezeichnet werden. Die Hauptaufgabe der C-Zellen ist die Bildung des Hormons Calcitonin, welches in den Calcium-Phosphat-Stoffwechsel eingreift und dabei den Blutcalciumspiegel senkt. Auf Calcitonin wird in dieser Fortbildung nicht näher eingegangen. C-Zellen bilden das Hormon Calcitonin. 1.2 SYNTHESE DER SCHILDDRÜSENHORMONE Die Biosynthese der Schilddrüsenhormone erfolgt in den Schilddrüsenfollikeln aus dem Halogen Jod und der Aminosäure L-Tyrosin. Über einen Natriumjodidsymporter (NIS) wird Jodid gegen ein Konzentrationsgefälle aus dem Blut in die Thyreozyten transportiert (im Blutplasma ist die Jodid-Konzentration 25- bis 30-fach niedriger als in den Follikelepithelzellen). Die Stimulierung dieses Transporters erfolgt mittels des in der Adenohypophyse gebildeten Thyreotropins (thyreoideastimulierendes Hormon, TSH), welches die Aufnahme von Jod in die Thyreozyten induziert. Jodid wird gegen ein Konzentrationsgefälle in die Thyreozyten transportiert. Abb. 3: Bildung von MJT und DJT durch Jodierung der Tyrosylreste des Thyreoglobulins Unter dem Einfluss von Thyreotropin wird in den Thyreozyten das dimere Glykoprotein Thyreoglobulin (TG) gebildet, das Protein der Schilddrüse, an dem die Schilddrüsenhormonsynthese von Thyroxin und Triiodthyronin stattfindet. Um das mit der Nahrung aufgenommene anorganische Jodid in Thyreoglobulin einbauen zu können, muss es zunächst in einer wasserstoffperoxidabhängigen Reaktion zum elementaren Jod oxidiert werden. Die Thyreoperoxidase (TPO) katalysiert nun die Jodierung von an Thyreoglobulin gebundenen Tyrosylresten an Position C-3 und C-5, oder nur an C-3, wodurch die Vorstufen der Schilddrüsenhormone, 3,5-Dijodtyrosin (DJT) und 3Monojodtyrosin (MJT), entstehen. Anschließend kommt es zur Kondensation, d. h. zur Kopplung zweier Tyrosinmoleküle über einer Etherbrücke unter Abspaltung eines Alaninrestes. Bei der Kopplung zweier DJT wird 3´,5´,3,5-Tetrajodthyronin (=Thyroxin, T4) gebildet, aus jeweils einem Molekül MJT und DJT entsteht 3´,3,5-Trijodthyronin (T3). 80 % der in der Schilddrüse gebildeten Hormone ist T4, während die T3-Bildung lediglich 20 % ausmacht [3]. Durch Jodierung von Tyrosylresten des Thyreoglobulins entstehen die Vorstufen der Schilddrüsenhormone. T3 entsteht somit zum größten Teil nicht in der Schilddrüse, sondern primär in den Zielzellen (hauptsächlich Leber und Niere) durch enzymatische Dejodierung (mittels Dejodase) an C-5´ des auch als Prohormon bezeichneten T4 (Konversion). Erfolgt die Abspaltung des Jods an C-5 (also am inneren Ring), so entsteht reverses T3 (rT3), welches biologisch inaktiv ist. T3 entsteht hauptsächlich in den Zielzellen durch Dejodierung von T4. Abb. 4: Bildung von T3 und rT3 aus T4. Das durch die Kondensation zweier Tyrosinmoleküle entstandene T3 und T4 ist noch kovalent an Thyreoglobulin gebunden und daher biologisch inaktiv. In dieser Form werden die Hormone in den Schilddrüsenfollikeln gespeichert und können bei Bedarf durch proteolytische Spaltung freigesetzt werden. Dies erfolgt, indem mittels Pinozytose das Thyreoglobulin des Kolloids wieder in die Zelle aufgenommen wird und die dabei entstehenden Vesikel mit Lysosomen verschmelzen. Lysosomale Enzyme spalten das Thyreoglobulin ab und die nun freien Schilddrüsenhormone werden, vermutlich über spezifische Transporter, via Interstitium ins Blut abgegeben. Gleichzeitig werden auch DJT und MJT frei, von denen Jodid mittels Dehalogenase abgespalten wird und zur erneuten Synthese zur Verfügung steht. Abb. 5: Chemische Formel der beiden Schilddrüsenhormone Trijodthyronin (T3) und Thyroxin (T4). Schilddrüsenhormone sind nicht wasserlöslich und daher im Blut zum größten Teil an drei verschiedene Transportproteine gebunden: An thyroxinbindendes Globulin (TBG), thyroxinbindendes Präalbumin (TBPA) und Serumalbumin. T4 hat eine höhere Bindungsaffinität zu den Transportproteinen als T3, wodurch die T4Wirkung später einsetzt und länger anhält als die von T3. Schilddrüsenhormone sind im Blut an Transportproteine gebunden. Das Verhältnis der Freisetzung von T4 zu T3 wird in Abhängigkeit des Jodierungsgrades von Thyreoglobulin reguliert, d. h. bei einem Jodmangel setzt die Schilddrüse aufgrund des geringeren Jodierungsgrades von Thyreoglobulin das stoffwechselaktivere und jodärmere T3vermehrt frei (kompensatorische T3Mehrsekretion) [4]. Der Speicher an Schilddrüsenhormonen würde, sofern keine weitere Jodidverwertung erfolgt, für bis zu 3 Monate ausreichen. Der Normbereich für die T3-Konzentration im Blut ist mit 2,0–4,5 pg/ml definiert, der von T4 mit 0,8–1,8 ng/dl. Bei Jodmangel wird vermehrt das stoffwechselaktivere und jodärmere T3 freigesetzt. 1.2.1 Steuerung der Synthese und Freisetzung der Schilddrüsenhormone [3] Die Konzentration der Schilddrüsenhormone wird durch einen thyreotropen Regelkreis kontrolliert und gesteuert. Aus dem Hypothalamus wird Thyreoliberin(Thyreotropin-Releasinghormon, TRH, Protirelin) freigesetzt, das die Adenohypophyse anregt, Thyreotropin (thyroideastimulierendes Hormon, TSH) auszuschütten. TSH ist das Steuerungshormon der Schilddrüse und fördert die Aufnahme von Jod in die Schilddrüse sowie die Ausschüttung von T4 und T3. Über die Blutbahn gelangen die Schilddrüsenhormone an ihren Zielort, wo sie ihre Wirkung entfalten können. TSH und TRH steuern Produktion und Freisetzung von T3 und T4. Abb. 6: Ablauf und Lokalisation der Synthese der Schilddrüsenhormone Die Schilddrüsenhormone erreichen über die Blutbahn auch Hypothalamus und Hypophyse, wo sich spezielle Rezeptoren befinden, die die Konzentration von T3 und T4 wahrnehmen können. Stimmt der Ist-Wert im Blut mit dem Soll-Wert nicht überein, so wird über Ausschüttung oder Hemmung von TRH und TSH die Schilddrüsensekretion beeinflusst. Abb. 7: Darstellung des thyreotropen Regelkreises Bei sinkender Konzentration an Schilddrüsenhormone im Blut wird vermehrt TRH und TSH ausgeschüttet, was die Freisetzung von T3 und T4stimuliert. Die Produktion und Ausschüttung von TRH und TSH wird gehemmt, wenn die Konzentration der Schilddrüsenhormone zu sehr ansteigt. Das zirkulierende T3 verringert zudem die Zahl der TRH-Rezeptoren in der Hypophyse, was die TSH-Ausschüttung und darüber die Freisetzung von T3 und T4 reduziert. Bei niedriger Konzentration der Schilddrüsenhormone im Blut wird vermehrt TRH und TSH ausgeschüttet, bei hoher Konzentration wird diese gehemmt. Auch äußere Faktoren haben einen Einfluss auf die Regulation der Schilddrüsenhormone. Zum Beispiel sorgen Stress und Kälte für eine Erhöhung des Soll-Wertes, während dieser durch Ruhe oder Wärmereize gesenkt wird. 1.3 FUNKTION DER SCHILDDRÜSENHORMONE Die Hormone der Schilddrüse üben vielfältige Wirkungen aus, ein spezifisches Zielorgan lässt sich daher nicht ausmachen. T3 und T4vermitteln ihre Wirkung, ähnlich wie die Steroidhormone, über die Bindung an einen spezifischen Rezeptor, den Schilddrüsenhormonrezeptor (Thyroidhormonrezeptor, TR). Dieser ist im Zellkern lokalisiert und ist strukturell mit den Steroidrezeptoren verwandt, d. h. er besitzt eine DNA-bindende und eine hormonbindende Domäne. Schilddrüsenhormone entfalten ihre Wirkung über die Bindung an Schilddrüsenrezeptoren. Abb. 8: Beeinflussung der Genexpression durch die Schilddrüsenhormone Die Schilddrüsenhormone T3 und T4 gelangen vermutlich über spezifische Transportsysteme zunächst in die Zelle. T4 wird dann in der Zelle durch Dejodierung in das stoffwechselaktive T3 umgewandelt, welches nun in den Zellkern transportiert wird. Dort kann T3 an den TR binden, der daraufhin seine Konformation ändert und an spezifische Elemente der DNA (hormonresponsive Elemente, HRE) bindet. Durch diese Bindung wird die Transkription verschiedener Gene inhibiert oder stimuliert. Transkribierte Gene werden anschließend mittels Translation in Proteine umgewandelt. So kann beispielsweise die Aktivität bestimmter Enzyme durch die Schilddrüsenhormone reguliert werden. Die Wirkungen der Schilddrüsenhormone sind vielfältig, so sind diese z. B. an der Aufrechterhaltung einer ausgeglichenen Energiebilanz beteiligt, indem sie die oxidativen Stoffwechselprozesse beschleunigen und so den Energieumsatz des Körpers steigern. Die verschiedenen Wirkungen der Schilddrüsenhormone sind in Tabelle 1 dargestellt. Tab. 1: Wirkung der Schilddrüsenhormone im menschlichen Körper 1.4 PATHOPHYSIOLOGIE DER SCHILDDRÜSE Erkrankungen der Schilddrüse können vielfältige Ursachen haben, da sie durch Fehlfunktionen oder Mutationen aller Einzelkomponenten des Biosynthesewegs der Schilddrüsenhormone hervorgerufen werden können. Da die Bildung der Schilddrüsenhormone von einer ausreichenden Jodzufuhr abhängig ist, kommen Schilddrüsenerkrankungen in Jodmangelgebieten besonders häufig vor. Generell unterscheidet man bei Schilddrüsenerkrankungen zwischen einer Unter- und einer Überfunktion. Unabhängig von der Stoffwechsellage kann es zu einer Vergrößerung der Schilddrüse kommen, einem sogenannten Struma oder Kropf. 1.4.1 Hypothyreose Eine Hypothyreose wird auch als Unterfunktion der Schilddrüse bezeichnet, die zu einem Mangel an den Schilddrüsenhormonen T3 und T4führt. Bei einer TSHKonzentration > 3 µU/ml bzw. einer T4-Konzentration von < 10 pg/ml spricht man von einer Hypothyreose. Ursachen hierfür gibt es viele, weshalb diese auch in eine kongenitale und eine erworbene Hypothyreose differenziert wird [5]. Bei der Hypothyreose handelt es sich um eine Unterfunktion der Schilddrüse. 1.4.1.2 Formen der Hypothyreose Die kongenitale Hypothyreose wird bereits intrauterin, also in der Gebärmutter, erworben. Die Prävalenz der kongenitalen Hypothyreose lag im Jahr 2010, bezogen auf das Erstscreening, bei 1:3.277.5 Ursache kann eine fehlende oder nicht vollständig ausgebildete Schilddrüse sein, aber auch eine nicht ausreichende Synthese oder Ausschüttung von Schilddrüsenhormonen, eine Hormonresistenz oder Störungen im thyreoidalen Jodumsatz [4]. Bei einer vollausgebildeten und unbehandelten angeborenen Hypothyreose spricht man auch von Kretinismus. Die erworbene Hypothyreose lässt sich noch einmal in drei Formen unterscheiden: Bei der primären Hypothyreose ist die Schilddrüse selbst ursächlich für die Erkrankung. Die verminderte Funktion der Schilddrüse kann nach einer Schilddrüsenoperation oder einer Radiojodtherapie auftreten, aber auch durch Thyreostatika, Jodmangel oder eine atrophische Thyreoditis, wie z. B. die Hashimoto-Thyreoditis, hervorgerufen werden. Letzteres ist eine Autoimmunerkrankung, bei der es zu einer Zerstörung des Schilddrüsengewebes kommt. Zu Beginn der Erkrankung kann sich eine Hashimoto-Thyreoditis in einer Schilddrüsenüberfunktion äußern, langfristig wird sich diese aber in eine Unterfunktion ändern. Die sekundäre Hypothyreose ist relativ selten und wird durch einen Mangel an TSH ausgelöst, welcher zu einer Störung des Regelkreises der Schilddrüse führt. Die tertiäre Hypothyreose ist äußerst selten und entsteht durch einen Mangel an TRH oder durch eine Unterbrechung des Portalgefäßsystems zwischen Hypothalamus und Hypophyse. Eine kongenitale Hypothyreose entwickelt sich bereits im Mutterleib, eine erworbene erst im Laufe des Lebens. 1.4.1.3 Symptome einer Hypothyreose Die Schweregrade einer Hypothyreose können sehr unterschiedlich ausfallen. Im latenten bzw. kompensierten Stadium sind die Spiegel der Schilddrüsenhormone normal, die TSH-Werte allerdings erhöht. Bei erniedrigten Konzentrationen der Schilddrüsenhormone spricht man, sofern keine Symptome vorliegen, von einem subklinischen Stadium. Äußern sich Symptome, so spricht man von einem manifesten Stadium. Im schlimmsten Fall kann es bis zu einem lebensgefährlichen Mangel an Schilddrüsenhormonen kommen. Die kongenitale Hypothyreose äußert sich meist in den ersten Lebenswochen durch Trinkschwäche und Bewegungsarmut des Säuglings, aber auch durch Obstipation und eine übergroße Zunge. Unbehandelt führt eine angeborene Unterfunktion der Schilddrüse zu Störungen der geistigen und körperlichen Entwicklung des Kindes. Bei der erworbenen Hypothyreose sind zu Beginn meistens noch keine Symptome sichtbar, da sich diese erst mit der Zeit ausprägen. In Tabelle 2 sind mögliche Symptome einer Hypothyreose dargestellt. 1.4.2 Hyperthyreose Bei der Hyperthyreose handelt es sich um eine Überfunktion der Schilddrüse, die mit einer vermehrten Abgabe von T3 und T4 ins Blut einhergeht, wodurch die Sekretion von TSH in der Adenohypophyse gehemmt wird. Bei der Hyperthyreose handelt es sich um eine Überfunktion der Schilddrüse. 1.4.2.1 Ursachen einer Hyperthyreose Zu den möglichen Ursachen einer Hyperthyreose zählen Morbus Basedow, Schilddrüsenautonomie, Entzündungen oder Tumore der Schilddrüse oder eine zu hohe Zufuhr von Schilddrüsenhormonen oder Jod. Morbus Basedow ist eine Autoimmunerkrankung der Schilddrüse, bei der Autoantikörper gebildet werden, die an den TSH-Rezeptor binden können und dadurch die Follikelepithelzellen stimulieren. Diese lagern daraufhin vermehrt Jod ein und erhöhen die Produktion der Schilddrüsenhormone T4 und T3. Bei einer Schilddrüsenautonomie ist der thyreotrope Regelkreis betroffen, so dass die Bildung der Schilddrüsenhormone nicht mehr bedarfsgerecht erfolgt. Dies ist häufig die Folge eines chronischen Jodmangels, durch den bedingt es zu einer pathologischen Vermehrung autonomer Zellen kommt. Diese autonomen Adenome arbeiten unabhängig von der TSH-Stimulation und bewirken eine unkontrollierte Produktion der Schilddrüsenhormone. Man spricht auch von sogenannten „heißen Knoten“. Knoten, die keine oder wenig Schilddrüsenhormone produzieren, werden auch als „kalte Knoten“ bezeichnet. Auch Tumore oder Entzündungen der Schilddrüse können eine Überfunktion der Schilddrüse verursachen. Eine Hyperthyreose kann aufgrund eines Morbus Basedow, einer Schilddrüsenautonomie, einer Entzündung oder eines Tumors der Schilddrüse entstehen. 1.4.2.2 Symptome einer Hyperthyreose Genau wie bei einer Hypothyreose können auch bei einer Hyperthyreose die Symptome unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Auch hier unterscheidet man zwischen latentem Stadium, in dem die Spiegel der Schilddrüsenhormone normal sind, aber der TSH-Wert erniedrigt, sowie dem subklinischen Stadium, indem keine Symptome sichtbar sind, die Konzentration der Schilddrüsenhormone aber erhöht. Im manifesten Stadium geht die erhöhte Schilddrüsenkonzentration bereits mit Symptomen einher, während in der thyreotoxischen Krise die Überproduktion der Schilddrüsenhormone bereits lebensgefährlich ist. Weitere Symptome einer Hyperthyreose sind in Tabelle 2 dargestellt. Tab. 2: Symptome einer Hypo- und Hyperthyreose. Die Symptome des Morbus Basedow sind vielfältig: Die ständige Stimulation der Schilddrüse durch die Autoantikörper führt meistens zu einer Überfunktion (Hyperthyreose) und Vergrößerung (Struma) der Schilddrüse. Mit einem Morbus Basedow geht häufig auch eine endokrine Orbitobatie, ein als Exopthalmus bezeichnetes Hervortreten der Augäpfel („Glotzauge“) einher. 1.4.3 Struma Bei einer Struma (oder auch Kropf) handelt es sich um eine krankhafte Vergrößerung der Schilddrüse, die tastbar, sichtbar oder messbar ist. Diese Veränderung der Schilddrüse ist allerdings nur die Spitze des Eisberges. 1.4.3.1 Ursachen einer Struma Die häufigste Ursache für eine Vergrößerung der Schilddrüse ist ein Jodmangel. Die Schilddrüse ist in der Lage, eine unzureichende Zufuhr von Jod über die Nahrung mit Hilfe verschiedener Mechanismen auszugleichen (Kompensationsmechanismen). Dies umfasst eine vermehrte Jodaufnahme aus dem Blut in die Schilddrüse (Jodclearance), eine erhöhte Jodanreicherung in der Schilddrüse (Joadakkumulation), sowie eine vermehrte Rückresorption von Jod aus den Verdauungssekreten (Reutilisationsrate). Zusätzlich wird vermehrt T3 gebildet, welches weniger Jod enthält, aber auch eine höhere Aktivität aufweist. Jodmangel ist die häufigste Ursache für die Struma-Entstehung. Steht trotz dieser Maßnahmen nicht genug Jod für die ausreichende Bildung an Schilddrüsenhormonen zur Verfügung, werden in der Schilddrüse vermehrt Wachstumsfaktoren ausgeschüttet, die eine Vermehrung der Thyreozyten (Hyperplasie) bewirken. Durch die gesteigerte Bildung von TSH werden die Thyreozyten zusätzlich zum Wachstum (Hypertrophie) angeregt. Hyperplasie und Hypertrophie verursachen eine Volumenzunahme der Schilddrüse, wodurch die Synthese von T3 und T4 gesteigert und so deren Konzentration im Blut normalisiert werden kann (euthyreote Struma). Ist die Schilddrüse trotz dieser Vergrößerung nicht in der Lage, genügend T3 und T4 zu bilden, um deren Blutkonzentration zu normalisieren, bildet sich eine hypothyreote Struma. Wird unabhängig von TSH zu viel T3 und T4 gebildet, spricht man von einer hyperthyreoten Struma. Auch Schilddrüsenanomalien, Autoimmunerkrankungen und Entzündungen der Schilddrüse können zu deren Vergrößerung beitragen. Generell ist eine Struma unabhängig von der Stoffwechsellage, d. h. es kann bei einer Unterfunktion, Überfunktion, aber auch bei normaler Schilddrüsenfunktion auftreten. 1.4.3.2 Einteilung der Struma Die Einteilung einer Struma kann nach Ausprägung, Funktion oder anatomischer Lage erfolgen. Morphologisch wird eine Struma unterschieden in gleichmäßig vergrößert (Struma diffusa) oder mit bereits vorhandenen Knoten (Struma nodosa). Die funktionelle Unterteilung richtet sich nach der zugrunde liegenden Stoffwechselleistung der Schilddrüse, so dass man von euthyreoter Struma (normale Funktion der Schilddrüse), hypothyreoter Struma (Unterfunktion der Schilddrüse) und hyperthyreoter Struma (Überfunktion der Schilddrüse) spricht. Die anatomische Abgrenzung der Struma erfolgt in eutope Struma, die sich in der normalen anatomischen Lage befinden, und dystope Struma, die im Brustkrob, unter der Zunge oder hinter der Luftröhre zu finden sind. Strumen können morphologisch, funktionell oder anatomisch eingeteilt werden. Strumen werden üblicherweise in folgende Schweregrade eingeteilt: