Molekulargenetische Klassifikation und klinische Charakterisierung

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Aus der Klinik für Innere Medizin / Abteilung IV
(Schwerpunkt: Nephrologie und Allgemeinmedizin)
der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br.
Molekulargenetische Klassifikation und
klinische Charakterisierung
der Paragangliom-Syndrome
INAUGURAL – DISSERTATION
zur
Erlangung des Medizinischen Doktorgrades
der Medizinischen Fakultät
der Albert-Ludwigs-Universität
Freiburg i. Br.
Vorgelegt 2005
von Birke Bausch
geboren in Karlsruhe
Gewidmet meiner Familie,
Hedera und Bernd Bausch und Traudl Koch.
Dekan:
Prof. Dr. med. J. Zentner
1. Gutachter
Prof. Dr. med. H.P.H. Neumann
2. Gutachter
PD. Dr. med. J. Kohlhase
Promotionsjahr:
2005
Inhalt
1. Einleitung
1
1.1. Phäochromozytome, Paragangliome und Glomustumoren
3
1.1.1.Terminologie, klinische Diagnostik und Therapie
3
1.1.2.Phäochromozytom-assoziierte Syndrome
9
1.2. Die Succinatdehydrogenase
12
1.2.1.Das SDHB-Gen
13
1.2.2.Das SDHC-Gen
15
1.2.3.Das SDHD-Gen
17
1.3. Mutationen und Polymorphismen
17
1.4. Fragestellungen
19
2. Material und Methoden
20
2.1. Patientengut
20
2.2. Methoden
22
2.2.1.DNA-Extraktion
22
2.2.2.Polymerasekettenreaktion (PCR)
23
2.2.3.Agarosegel-Elektrophorese
27
2.2.4.Single Strand Conformation Polymorphism (SSCP)
27
2.2.5.Sequenzierung
30
2.2.6.Programm des klinischen Screenings
31
2.2.7.Statistik
32
3. Ergebnisse
33
3.1. Patientenkollektiv
33
3.2. Konstitutionelle Mutationen des SDHB-Gens
34
3.2.1.Molekulargenetisches Screening auf konstitutionelle Mutationen
des SDHB-Gens
34
3.2.2.Molekulargenetische Testung von Verwandten
40
3.2.3.Klinische Charakterisierung der Träger von Mutationen des
SDHB-Gens
44
3.2.4.Penetranz
49
3.3. Konstitutionelle Mutationen des SDHC-Gens
51
3.3.1.Molekulargenetisches Screening auf konstitutionelle Mutationen
des SDHC-Gens
51
3.3.2.Klinische Charakterisierung der Träger von Mutationen des
SDHC-Gens
53
3.4. Konstitutionelle Mutationen des SDHD-Gens
54
4. Diskussion
58
5. Zusammenfassung
73
6. Literaturverzeichnis
74
7. Danksagung
87
8. Lebenslauf
88
Teile dieser Arbeit wurden in 2 Publikationen veröffentlicht:
Neumann HP, Bausch B, Mc Whinney SR, Bender BU, Gimm O, Franke G, Schipper J,
Klisch J, Altehoefer C, Zerres K, Januszewicz A, Smith WM, Munk R, Manz T, Glaesker S,
Apel TW, Treier M, Reincke M, Walz MK, Hoang-Vu C, Brauckhoff M, Klein-Franke A,
Klose P, Schmidt H, Maier-Woelfle M, Peczkowska M, Szmigielski C, Eng C; The FreiburgWarsaw-Columbus Pheochromocytoma Study Group. (2002)
Germ-line mutations in nonsyndromic pheochromocytoma.
N Engl J Med. 346:1459-66
Neumann HP, Pawlu C, Peczkowska M, Bausch B, McWhinney SR, Muresan M, Buchta M,
Franke G, Klisch J, Bley T, Hoegerle S, Boedeker C, Opocher G, Schipper J, Januszewicz A,
Eng C. (2004)
Distinct clinical features of paraganglioma syndromes associated with SDHB and
SDHD gene mutations.
JAMA. 292: 943-951
Abkürzungsverzeichnis
A
Adenin
bp
Basenpaare
C
Cytosin
DNA
Desoxyribonucleinsäure
EDTA
Ethylendiamintetraacetat
FAD
Flavin-Adenin-Dinucleotid
G
Guanin
GT
Glomustumor
LOH
Loss of Heterozygosity
nt
Nucleotid
NTP
Nucleosidtriphosphat
PCR
Polymerasekettenreaktion
PGL 1- PGL 4
Paragangliom-Syndrom Typ 1-4
PGL-Syndrom
Paragangliom-Syndrom
Pheo
Phäochromozytom
SDH
Succinatdehydrogenase
SDHA, SDHB, SDHC, SDHD
Succinatdehydrogenase Untereinheiten A-D
SSCP
Single strand Conformation Polymorphism
T
Thymin
TBE
Tris-Borsäure-EDTA
1
1. Einleitung
Die Succinatdehydrogenase (SDH) ist ein Schlüsselenzym des Zitratzyklus (Krebszyklus) und
der oxidativen Phosphorylierung (Atmungskette). Sie besteht aus 4 Proteinen, den
Untereinheiten A-D. 4 Gene, das SDHA-, das SDHB-, das SDHC- und das SDHD-Gen,
kodieren diese Untereinheiten. Sie wurden in der Dekade 1990-2000 identifiziert (Morris et
al. 1994, Au et al. 1995, Elbehti-Green et al. 1998, Hirawake et al. 1997).
2000 berichteten B. Baysal und Mitarbeiter über eine Kopplung der Vererbung von
Paragangliomen des Halses mit Markern auf Chromosom 11 Bandenregion 23 des kurzen
Arms (11q23), dem chromosomalen Bereich des SDHD-Gens. Sie identifizierten in mehreren
Paragangliomfamilien
konstitutionelle
Mutationen
des
SDHD-Gens,
d.h.
Keimbahnmutationen, die sich in Lymphozyten des peripheren Blutes nachweisen lassen
(Baysal et al. 2000). Das Paragangliom-Syndrom Typ 1, PGL 1, war definiert.
Ebenfalls 2000 entdeckte die Gruppe um U. Müller in Gießen eine konstitutionelle Mutation
des SDHC-Gens bei einer Familie mit Paragangliomen des Halses (Niemann und Müller
2000). Damit war das Paragangliom-Syndrom Typ 3, PGL 3, definiert.
2001 beschrieb die Gruppe des englischen Genetikers und Molekularbiologen Eammon
Maher erstmals konstitutionelle Mutationen des SDHB-Gens bei Patienten mit familiären
Phäochromozytomen und Paragangliomen des Halses (Astuti et al. 2001). Das ParagangliomSyndrom Typ 4, PGL 4, war definiert.
Die Freiburger Arbeitsgruppe von Herrn Prof. Neumann stellte sich die Frage, wie viele
Patienten eines Registers als Träger einer Anlage, die zu dieser neuen Gruppe hereditärer
Phäochromozytome und Glomustumoren prädisponiert, klassifiziert werden können. Die
Bearbeitung dieser Frage erschien auf Grund des großen Patientengutes und den
molekulargenetischen Vorraussetzungen des Labors erfolgversprechend.
Kooperationen bestanden mit dem Team von Frau Prof. Eng, Ohio State University,
Columbus, Ohio, USA -Schwerpunkt Cancer Genetics- und dem Team von Herrn Prof.
Januszewicz, Institute of Cardiology, Warschau, Polen -Schwerpunkt klinische Diagnostik
des Phäochromozytoms. Innerhalb des Freiburger Labors erfolgte eine personelle Aufteilung
der Analysen des SDHB-, des SDHC-, und des SDHD-Gens. Die molekulargenetische
Untersuchung des SDHB-Gens und des SDHC-Gens wurde schwerpunktmäßig von der
Verfasserin im Rahmen dieser Arbeit bis 2004 durchgeführt. Die molekulargenetische
Untersuchung des SDHD-Gens wurde in einer Dissertation, für die bis zum 1.12.2001 in
2
Freiburg registrierten Patienten, von Herrn Dr. Robin Munk bearbeitet. Die weitere Analyse
des SDHD-Gens erfolgte im Rahmen dieser Arbeit.
3
1. 1. Phäochromozytome, Paragangliome und Glomustumoren
1.1.1. Terminologie, klinische Diagnostik und Therapie
Der Sprachgebrauch der Begriffe Phäochromozytom, Paragangliom und Glomustumor ist
uneinheitlich, teils vom klinischen Alltag und teils vom Bemühen um wissenschaftliche
Korrektheit bestimmt.
Der Terminus Paragangliom dient als Oberbegriff, der Phäochromozytome und Tumoren des
extra-adrenalen paraganglionären Systems zusammenfasst (Abbildung 1) (Glenner und
Grimley, AFIP, 1974). Es handelt sich um eine Gruppe unterschiedlicher und doch
miteinander verwandter Neoplasien (Glenner und Grimley, AFIP, 1974 ).
Ihre gemeinsame Basis bildet ihre Zugehörigkeit zum autonomen Nervensystem, ihre
Abstammung von Neuralleistenzellen und ihre Fähigkeit Katecholamine zu speichern (Böck
und Lassmann 1972, Chiocchio et al. 1971, Manger und Gifford 1995 und 2002). Sie
unterscheiden sich jedoch durch ihre Funktion und Innervation (sympathisch oder
parasympathisch).
Phäochromozytome im engeren Sinne sind Tumoren des Nebennierenmarkes. Da sich ihre
Zellen mit Dichromatsalzen anfärben lassen, werden sie auch als chromaffine Tumoren
bezeichnet. Sie gehören zum autonomen sympathischen Nervensystem, speichern und
sezernieren Katecholamine. Phäochromozytome zeigen Symptome einer dauerhaften oder
intermittierenden Katecholaminintoxikation. Dies hat im klinischen Alltag zur Verwendung
des Terminus Phäochromozytom als Überbegriff für alle paraganglionären Tumoren geführt,
die Phäochromozytom-ähnliche Symptome zeigen. Um die Lokalisation des Tumors
einzugrenzen, werden Zusätze wie extra-adrenal für die in der Regel abdominellen und
thorakal für die seltenen Paragangliome des Brustkorbbereiches gebraucht.
Neben
extra-adrenalen
paraganglionären
Tumoren
mit
Phäochromozytom-ähnlicher
Symptomatik und Histologie umfasst der Oberbegriff Paragangliom auch die selten
symptomatisch werdenden Paragangliome des Halses und der Schädelbasis. Es handelt sich
hierbei meist um Tumoren des autonomen parasympathischen Nervensystems. Die
Benennung nach ihrem Sitz, zum Beispiel Glomus caroticum Tumor, hat zur Verwendung des
Begriffs Glomustumor geführt. Im wissenschaftlich korrektem Sinne sind Glomustumoren
Hauttumoren, die von glatten Muskelzellen abstammen (Hollingshead 1942). Mit Tumoren
des paraganglionären Systems haben sie nichts gemein. Die Paraganglien von Hals und
Schädelbasis haben die Funktion von Chemorezeptoren, sprechen auf pH-Wert-
4
Verschiebungen an und regulieren den Blutdruck. Dies führte zur Verwendung des Begriffs
Chemodektom für Neoplasien dieser Paraganglien (Mulligan 1950). Im Gegensatz zu
Phäochromozytomen und extra-adrenal abdominell oder thorakal gelegenen Paragangliomen
lassen sich Glomustumoren nur sehr schwach oder gar nicht mit Dichromatsalzen anfärben
(Watzka 1943). Somit unterscheidet man chromaffine von non-chromaffinen Paragangliomen.
Abbildung 1: Sympathisches und Parasympathisches Nervensystem und
Tumorprädilektionsstellen
C
Sympathische
Nervenbahnen
Extra-adrenale
Phäochromozytome
Parasympathische Nervenbahnen
Abbildung A: Darstellung des Truncus sympathicus und seiner Ganglien; sie bilden die Prädilektionsstellen extraadrenaler Paragangliome, bzw. Phäochromozytome.
Abbildung B: Darstellung der Lokalisationsmöglichkeiten extra-adrenaler, abdomineller und thorakaler
Phäochromozytome bzw. Paragangliome im Verlauf des Truncus sympathicus.
Abbildung C: Darstellung des zervikalen parasympathischen Nervensystems und seiner Ganglien anhand des
Verlaufs entsprechender Hirnnerven. Diese Ganglien sind Prädilektionsort der meisten Glomustumoren.
Aus: Glenner und Grimley, Tumors of the extra-adrenal paraganglion system (including chemoreceptors). Atlas of
Tumor Pathology, 2nd Series, Fascicle 9. AFIP, 1974
Phäochromozytome treten meist im frühen Erwachsenenalter in Erscheinung und verursachen
zahlreiche Symptome. Klinisch im Vordergrund stehen Kopfschmerzen, Herzklopfen
(Palpitationen) und Schweißattacken. Durch phasenweise oder dauerhafte Sekretion erhöhter
Mengen von Katecholaminen, entsteht eine intermittierende oder dauerhafte Hypertonie. Im
Verlauf kann es zu hypertensiven Krisen mit akuter Linksherzinsuffizienz (Katecholamin-
5
Myokardiopathie), schweren Herzrhythmusstörungen und Insulten begleitet von permanenten
neurologische Ausfällen kommen (Manger und Gifford 1995 und 2002).
Die klinische Diagnostik beruht auf zwei Säulen: 1. dem Nachweis einer Raumforderung und
2. dem Nachweis einer erhöhten Katecholaminproduktion, -zirkulation und -ausscheidung.
Abbildung 2 und 3 zeigen typische Befunde eines adrenalen Phäochromozytoms und eines
Glomustumors des Glomus caroticum.
Abbildung 2: Darstellung eines Phäochromozytoms mittels verschiedener radiologischer
Verfahren
A
A: MRT eines Phäochromozytoms des rechten
Nebennierenmarkes. Der Pfeil markiert den Tumor.
B
B: MIBG- Szintigraphie eines Phäochromozytoms
des rechten Nebennierenmarkes. Der Pfeil markiert den
Tumor
C
C: 18Fluor-DOPA-PET eines Phäochromozytoms des
linken Nebennierenmarkes. Der Pfeil markiert den Tumor.
Zusätzliche Akkumulation des Radiopharmakons im
Nierenbecken, der Harnblase und dem Pankreas.
6
Abbildung 3: Darstellung eines Glomustumors mittels MRT und MR-Angiographie
A
B
A: MRT eines Tumors des linken Glomus
caroticum.
B: MR-Angiographie eines Tumors des linken Glomus
caroticum.
Zu den bildgebenden Verfahren, die zur Darstellung eines Phäochromozytoms angewendet
werden,
gehören
die
Sonographie
Kernspintomographie (MRT), die Jod
(MIBG) und seit kurzem auch die
18
123
(US),
die
Computertomographie
(CT),
die
bzw. Jod131- Metajodobenzylguanidinszintigraphie
Fluor-DOPA-Positronenemissionstomographie (18Fluor-
DOPA-PET). Die bislang einzige in diesem Zusammenhang durchgeführte prospektive Studie
ermittelte die in Tabelle 1 wiedergegebenen Sensitivitäten der verschiedenen Verfahren
(Neumann et al. 1993).
Sensitivität in %
Sonographie (US)
40%
CT
76%
MRT
95%
MIBG
95%
18
Fluor-DOPA-PET*
100%
Tabelle
1:
Sensitivitäten
für
die
sonographische,
computertomographische,
kernspinntomographische
und
szintigraphische Darstellung von Phäochromozytomen (Neumann et
al. 1993, *Högerle et al. 2002)
7
Eine weitere im Jahr 2002 durchgeführte Studie, die die
emissinstomographie
18
( Fluor-DOPA
Metajodobenzylguanidinszinitigraphie
PET)
(MIBG)
mit
18
Jod123
der
vergleicht,
Fluor-DOPA Positronen-
ermittelte
bzw.
ein
Jod131-
verbesserte
Abbildungsqualität, ein verbessertes Auflösungsvermögen und eine Sensitivität von 100% für
die
18
Fluor-DOPA-PET Untersuchung (Högerle et al. 2002). Für den Nachweis von
Glomustumoren hat die DOPA-PET ebenfalls eine hohe Sensitivität und ist der Sonographie
des Halses überlegen (Högerle et al. 2003).
Die Bestimmung der Katecholamine Noradrenalin und Adrenalin sowie die Bestimmung des
Katecholaminmetaboliten Vanillinmandelsäure im angesäuerten 24h Sammelurin gehören zur
Standarddiagnostik. Noradrenalin und Adrenalin können auch im Plasma bestimmt werden.
Die Sensitivität dieser Parameter ist in Tabelle 2 wiedergegeben (Neumann et al. 1993).
Sensitivität in %
Noradrenalin im Urin
86%
Adrenalin im Urin
53%
Vanillinmandelsäure im Urin
64%
Noradrenalin im Plasma
58%
Adrenalin im Plasma
33%
Tabelle 2: Sensitivitäten für die Bestimmung von Noradrenalin,
Adrenalin und Vanillinmandelsäure im Urin und im Plasma (Neumann
et al. 1993).
Metanephrine werden in Deutschland selten bestimmt. Studien aus USA zeigen eine
Sensitivität von 99 % für die Bestimmung von Plasma-Metanephrinen und eine Sensitivität
von 97 % für deren Messung im Urin (Eisenhofer et al. 1999, Lenders et al. 2002).
Die Therapie des Phäochromozytoms ist die Resektion des Tumors nach entsprechender
Vorbehandlung mit Alpha- und Betablockern zur Blockade der Katecholaminwirkung. Vier
verschiedene Verfahren finden Anwendung:
•
Die klassische offene Operation mit Entfernung des Tumors mit kompletter
Adrenalektomie
•
Die offene, organerhaltende Tumorresektion (Neumann et al. 1999)
•
Die lapraskopische Tumorresektion mit Adrenalektomie (Gagner et al. 1992)
•
Die lapraskopische, organerhaltende Tumorresektion (Janetschek et al. 1998, Walz et
al. 2002)
8
Als Methode der Wahl wird heute die endoskopische, organerhaltende Resektion des Tumors
angesehen, vor allem bei hereditären und bilateralen Phäochromozytomen. Besonders die
Auswertung der Daten des Freiburger Projekts mit vielen hereditären Phäochromozytomen
haben zu diesem Konzept geführt, das erstmals in Kooperation mit Prof. Janetschek,
Innsbruck, umgesetzt wurde (Janetschek et al. 1998). Deutlich werden die Vorzüge dieser
Operationsmethode nach Durchführung eines ACTH-Stimulationstests, der den Erhalt von
funktionierendem Nebenierenrindengewebe nachweist (Neumann et al. 1999). Bedeutung hat
dies vor allem für Patienten mit bilateralen Phäochromozytomen oder mit einer bereits
entfernten Nebenniere.
Maligne Phäochromozytome sind selten; es wird ein Anteil von 10 % (Manger und Gifford
1995) von den ohnehin schon seltenen Phäochromozytomen angenommen. Die Definition
dieses Tumors als maligne oder benigne ist uneinheitlich. Einen eindeutigen Beweis stellen
bisher nur Fernmetastasen dar, die bevorzugt in Lunge, Leber und im Skelettsystem lokalisiert
sind. Infiltrationen in das umgebende Fettgewebe, obwohl von Manger und Gifford als
Malignitätskriterium beschrieben (Manger und Gifford 1995), sind schwierig zu bewerten.
Der Verlauf maligner Phäochromozytome ist meist langsam progredient. Die Patienten
versterben nicht selten an interkurrenten Erkrankungen.
Die Therapie maligner Phäochromozytome ist schwierig. Methode der Wahl ist die
Tumorresektion.
Alphablockern
Symptome
behandelt.
der
Auch
Katecholaminüberproduktion
eine
Behandlung
mit
werden
123
Jod
-
palliativ
bzw.
mit
Jod131-
Metajodobenzylguanidin (MIBG) wird empfohlen, ist jedoch von sehr unterschiedlichem
Erfolg. Eine weitere Therapiemöglichkeit besteht in einer Chemotherapie nach dem
Averbuch-Schema: Cyclophosphamid, Vincristin, Dacarbacin (Averbuch et al. 1988). Auch
hier ist der Erfolg schwer vorhersehbar und bleibt nicht selten aus.
9
1.1.2. Phäochromozytom-assoziierte Syndrome
Hereditäre Phäochromozytome, Paragangliome und Glomustumoren sind Tumoren, die auf
dem Boden konstitutioneller Mutationen (Keimbahnmutation) eines Gens entstehen. Meist
treten diese hereditären Tumoren familiär gehäuft auf, da die jeweiligen Mutation an
Nachkommen weitergegeben wird. Die Relevanz der Mutation für die Tumorgenese lässt sich
anhand zweier Beobachtungen nachweisen: Zum einen durch die Cosegregation
(Mitvererbung) von mutiertem Gen und Erkrankung in Familienstudien, zum anderen durch
Veränderungen
des
korrespondierenden
Wildtypallels
(des
gesunden
Allels)
im
Tumorgewebe. Deletionen des Wildtypallels im Tumorgewebe wurden für das VHL-Gen,
einem Tumorsuppressor-Gen, beschrieben (Bender et al. 2000). Duplikationen des mutierten
Allels konnten für das RET-Gen, einem Protoonko-Gen, gezeigt werden (Huang et al. 2000).
Hereditäre Phäochromozytome treten meist in Zusammenhang mit Tumorsyndromen auf,
wie der von Hippel-Lindau Erkrankung (VHL), der Multiplen Endokrinen Neoplasie Typ 2
(MEN 2), der Neurofibromatose von Recklinghausen (periphere Neurofibromatose,
Neurofibromatose Typ 1) sowie dem Paragangliom-Syndrom und der Carney-Triade.
Die bekannteste Form ist die MEN 2 (Abbildung 4 und 5). Dominierende Läsion ist das
medulläre Schilddrüsenkarzinom. Der Typ 2A ist zu 20% mit einem Hyperparathyreodismus
vergesellschaftet,
während
der
Typ
2B
durch
einen
marfanoiden
Habitus
und
Ganglioneuromatosen des Mundes, der Lippen, der Konjunktiven sowie des Darmes geprägt
ist (Schimke 1990). Die MEN 2 entsteht auf dem Boden konstitutioneller Mutationen des 21
Exon umfassenden RET-Gens. Mutationen wurden in den Exons 10, 11 und 13-16 gefunden
(Eng et al. 1996).
Abbildung 4: 44 jährige
Patientin mit MEN Typ
2. Darstellung eines
Resektionspräparates
eines medullären
Schilddrüsenkarzinoms;
Tumoren werden mittels
weißer Pfeile markiert,
Gewebebrücken mit
Pfeilspitzen.
10
Abbildung 5: 44 jährige Patientin mit MEN Typ 2. CT eines bilateralen adrenalen
Phäochromozytoms, markiert durch schwarze Pfeile. Es handelt sich um die Patientin
deren Resektionspräparat eines medullären Schilddrüsenkarzinoms in Abbildung 4
dargestellt ist.
Häufiger als bei der MEN 2 - Erkrankung kommen hereditäre Phäochromozytome beim von
Hippel-Lindau Syndrom (VHL) vor. Es ist gekennzeichnet durch das Auftreten von
Hämangioblastomen oder Angiomen der Retina, des Kleinhirns, der Medulla oblongata und
dem Rückenmark sowie durch das Auftreten von Nierenkarzinomen und Pankreaszysten
(Neumann 1987). Das Mutationsspektrum des VHL-Gens zeigt alle denkbaren Varianten bis
hin zu größeren Deletionen (Zbar et al. 1996). VHL-assoziierte Phäochromozytome treten
jedoch nahezu ausschließlich in Zusammenhang mit Missense oder Stopcodon Mutationen
auf (Neumann et al. 2002).
Eines der häufigsten Tumorsyndrome ist die Neurofibromatose von Recklinghausen. Das
klinische Erscheinungsbild wird von Café-au-lait Flecken und Neurofibromen peripherer
Nerven bestimmt (Riccardi 1981). Phäochromozytome entwickeln sich nur selten (Inzidenz
1%). Man nimmt an, das Veränderungen des NF1-Gens dieser Erkrankung zugrunde liegen.
Ein weiteres sehr seltenes Syndrom, das durch das Auftreten von Glomustumoren des Halses
und der Schädelbasis sowie Magensarkomen und Lungenchondromen gekennzeichnet ist,
wird als Carney-Triade bezeichnet (Carney 1999). Die molekulargenetische Grundlage dieser
Erkrankung ist noch unbekannt.
Neu und Gegenstand dieser Arbeit sind die bisher nur wenig bekannten ParagangliomSyndrome (PGL). Typische Läsionen sind Glomustumoren des Halses und der Schädelbasis
(Abbildung 6) sowie adrenale Phäochromozytome und abdominelle oder thorakale
Paragangliome. Es werden 4 Entitäten unterschieden. Das PGL 1-Syndrom ist gekennzeichnet
durch familiäre Glomustumoren, Phäochromozytome und abdominelle und thorakale
11
Paragangliome. Ursächlich liegen Mutationen des Gens der Succinatdehydrogenase
Untereinheit D (SDHD-Gen) zugrunde (Astuti et al. 2001, Baysal et al. 2000, Gimm et al.
2000). Das PGL 2-Syndrom ist gekennzeichnet durch das Auftreten familiärer
Glomustumoren. Ein bisher noch nicht identifiziertes, auf Chromosom 11q13 lokalisiertes
Gen, steht in Zusammenhang mit der Entwicklung dieser Neoplasien (Mariman et al. 1995).
Kürzlich wurde das PGL 3-Syndrom, gekennzeichnet durch familiäre Glomustumoren,
beschrieben (Niemann et al. 1999). Mutationen des Gens der Succinatdehydrogenase
Untereinheit C (SDHC-Gen) liegen dieser Erkrankung zugrunde (Niemann und Müller 2000,
Niemann et al. 2003). Jüngste Entität ist das PGL 4-Syndrom. Es beruht auf Veränderungen
des Gens der Succinatdehydrogenase Untereinheit B (SDHB-Gen) (Astuti et al. 2001).
A
B
Abbildung 6: Darstellung von bilateralen Glomus caroticum Tumoren mittels verschiedener Techniken. A: MRT
der Schädelbasis, B: 18Fluor-DOPA-PET. Die Pfeile kennzeichnen die Tumoren.
Alle anderen Phäochromozytome werden als sporadisch bezeichnet. Die oft zitierte 10er
Regel (10% extraadrenal, 10% bilateral, 10% maligne, 10% hereditär) wird auch für familiäre
Phäochromozytome tradiert (Manger und Gifford 1995). Die Ergebnisse unter anderem dieser
Arbeit zeigen, dass diese "Regel" nicht mehr gültig ist.
12
1.2. Die Succinatdehydrogenase
Die Succinatdehydrogenase (SDH) ist ein Enzym, dem sowohl im Krebszyklus als auch in der
Atmungskette wesentliche Bedeutung zu kommt (Saraste 1999). Im Zitratzyklus katalysiert
es die Oxidation von Succinat zu Fumarat unter Übertragung der freiwerdenden Elektronen
auf Flavin-Adenin Dinukleotide (FAD → FADH2). Als Komplex II der Atmungskette
transferriert die Succinatdehydrogenase die an Flavin-Adenin-Dinukleotide gebundenen
Elektronen auf Ubiquinon. Abbildung 7 stellt die Doppelfunktion der Succinatdehydrogenase
im Zitratzyklus und in der Atmungskette dar.
Abbildung 7: Darstellung der 4 Komplexe der Atmungskette mit ihrer Lokalisation in der inneren Mitochondrienmembran.
Hauptschwerpunkt in diesem Zusammenhang liegt auf Komplex II der Succinatdehydrogenase, der als integraler
Membrankomplex sowohl wichtige Aufgaben im Krebszyklus als auch in der Atmungskette zu kommen. Übernommen aus
der Homepage des Natural Toxine Centers.
Die Succinatdehydrogenase setzt sich aus vier verschiedenen Proteinuntereinheiten (A-D)
zusammen (Scheffler 1998). Ein Flavoprotein (SDHA, 70 kD) und ein Eisensulfurprotein
(SDHB, 27 kD) bilden zusammen die katalytische Einheit. Zwei Cytochrom-b-ähnliche
lipophile Proteine, das größere cbL (SDHC, 15 kD) und das kleiner cybS (SDHD, 12 kD)
verankern die katalytische Einheit in der inneren Mitochondrienmembran. Die vier Gene,
SDHA, SDHB, SDHC, SDHD, die die vier Proteinuntereinheiten kodieren, sind in der KernDNA lokalisiert. Das SDHA-Gen befindet sich auf Chromosom 5p15, das SDHB-Gen auf
Chromosom 1p36, das SDHC-Gen auf Chromosom 1q21-23 und das SDHD-Gen auf
Chromosom 11q23 (Morris et al. 1994, Au et al. 1995, , Elbehti-Green et al. 1998, Leckschat
et al. 1993, Hirawake et al. 1997).
13
1.2.1. Das SDHB-Gen
Das Gen der Succinatdehydrogenase Untereinheit B (SDHB-Gen) befindet sich auf
Chromosom 1p35-36.1 (Leckschat et al. 1993). Die Sequenz des SDHB-Gens ist
hochkonserviert und besteht aus 8 Exons und 7 Introns (Au et al. 1995). Tabelle 3 gibt die
Größe der 8 Exons sowie deren Nukleotidbereich in der cDNA wieder.
Exon
Größe in bp
Nukleotid
1
205
2-206
2
128
207-334
3
86
335-420
4
137
421-557
5
117
558-674
6
102
675-776
7
123
777-899
8
78
900-977
Tabelle 3: Zusammenstellung der 8 Exons des SDHB-Gens, der
Exongröße in Basenpaaren (bp) und des Nukleotidbereiches in der
cDNA.
Die cDNA wird aus einer für die Aminosäuren des Proteins kodierenden Sequenz von 840 bp
gebildet. Flankiert wird sie durch eine 133 bp große untranslatierte Region (UTR) am 5' Ende,
die zu Exon 1 gehört und einer 123 bp großen untranslatierten Region (UTR) am 3' Ende, die
einen Teil von Exon 8 ausmacht (Au et al. 1995). Die untranslatierte Region von 133 bp des
Exon 1 ist Cytosin- und Guanin-reich und zeichnet sich durch die Bildung einer ausgeprägten
Sekundärstruktur aus. Die Funktion ist jedoch nicht bekannt. Die Promotorregion des SDHBGens enthält zahlreiche Bindungsstellen für die Transkriptionsfaktoren NRF 1 und 2 (nuclear
respiratory factor) sowie Sp 1 (Au et al. 1995). Sie regulieren die Expression des Gens und
sind typisch für Gene, die für Enzyme der Atmungskette kodieren (Scarpulla 2002).
Das SDHB-Gen kodiert ein 27 kD großes Eisensulfurprotein (Ip), das zusammen mit dem
Flavoprotein (Fp), kodiert durch das SDHA-Gen (siehe Kapitel 1.2.), die katalytische Einheit
der Succinatdehydrogenase (SDH) bildet. Die Struktur des Ip-Proteins zeigt als
Besonderheiten drei gebundene Eisensulfurcluster S1 (2Fe-2S), S2 (4Fe-4S) und S3 (3Fe-4S),
drei hochkonservierte Cystein-reiche Regionen und die Bindung instabiler Sulfide (Au et al.
1995). Es wird angenommen, dass das Eisensulfurprotein Ip als Brücke zwischen dem
14
Flavoprotein Fp und den beiden Cytochrom-b ähnlichen integralen Membranproteinen cybS
(SDHD) und cybL (SDHC) liegt (Au et al. 1995).
Abbildung 8 zeigt die cDNA des SDHB-Gens sowie die Aminosäuresequenz des Proteins.
1 ggcctcccac ttggttgctc gtacgcggct agtgggtcct cagtggatgt aggctgggcg
61 ccgcgatgtt cgacgggaca ccggcggaga gcgacctcgg ggttaagggg tggggctgga
121 cgtcaggagc caagatggcg
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181 caacccttgg cggagcctgc
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361 taatcaagat taagaatgaa
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K N E
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541 taaaggatct tgttcccgat
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L K K
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781 atcgctggat gattgactcc
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P F S
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901 gtctgaatcc agggaaagct
L N P
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961 agaaagcttc agtttaactg
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1021 ataatttata tctaatttga
gcggtggtcg
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V D L N
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gttcctttaa agatcttggt tttccatgaa tacagcatgt
1081 ataataaaaa ttttaagaaa taaatgttat tctactttat taacaaaaaa
Abbildung 8: Darstellung der cDNA des SDHB-Gens.
Die 8 verschiedenen Exons sind durch unterschiedliche Farben markiert.
Rot: Exon 1, 205 bp groß. Orange: Exon 2, 128 bp groß. Gelb: Exon 3, 86 bp groß. Grün: Exon 4, 137 bp groß. Mintgrün:
Exon 5, 117 bp groß. Blau: Exon 6, 102 bp groß. Hellblau: Exon 7, 123 bp groß. Rosa: Exon 8, 78 bp groß.
Die nicht unterlegten fett gedruckten Großbuchstaben stellten die Aminosäuresequenz des Ip-Proteins dar (jeweils eine
Aminosäure wird durch ein Basentriplet kodiert). Das Basentriplet 133-135 (atg) bildet das Startcodon. Es codiert die
Aminosäure Methionin (M). Hier beginnt die Zählung der Aminosäuresequenz. Alle Basen vor dem Startcodon gehören zu
Exon 1. Es handelt sich um einen 133bp großen untranslatierten Bereich (UTR), dessen Funktion noch ungeklärt ist. ***
kennzeichnen das Stopcodon taa.
Die cDNA ist von Au et al. 1995 beschrieben worden und unter folgenden Nummern in der GenBank sind die
Einzelsequenzen der 8 Exons zu finden: U17248, U17296, U17880-U17886.
15
1.2.2. Das SDHC-Gen
Das Gen der Succinatdehydrogenase Untereinheit C (SDHC-Gen) ist auf Chromosom 1q21
lokalisiert (Elbehti-Green et al. 1998). Zwei Pseudogene, die der Sequenz des aktiven SDHCGens sehr ähnlich sind und somit die Untersuchung auf konstitutionelle Mutationen stark
erschweren, sind beschrieben worden (Elbehti-Green et al. 1998). Es handelt sich um ein in
der Evolution nur geringfügig konserviertes Gen, das aus 6 Exons und 5 Introns besteht
(Elbehti-Green et al. 1998). Tabelle 4 gibt die Größe der 6 Exons sowie deren
Nukleotidbereich in der cDNA wieder.
Exon
Größe in bp
Nukleotid
1
45
1-32
2
57
33-89
3
103
90-192
4
62
193-254
5
164
255-418
6
105
419-523
Tabelle 4: Zusammenstellung der 6 Exons des SDHC-Gens, der
Exongröße in bp und des Nukleotidbereuches in der cDNA.
Die cDNA, die für ein Protein von 169 Aminosäuren kodiert, wird von einer ca. 30 bp großen
untranslatierten Region (UTR) am 5' Ende und einer 750 bp großen untranslatierten Region
(UTR) am 3' Ende flankiert. Die untranslatierte Region des 5' Endes, die einen Großteil des
Exon 1 bildet, enthält eine Bindungsstelle für den Transkriptionsfaktor NRF 2 (nuclear
respiratory factor 2)
(Elbehti-Green et al. 1998). Weitere Bindungsstellen für die
Transkriptionsfaktoren NRF 1 und 2 sowie Sp 1 befinden sich im Bereich der
Promotorregion. Ebenso wie beim SDHB-Gen wird auch beim SDHC-Gen über diese
Faktoren die Expression des Gens reguliert (Scarpulla 2002). Das SDHC-Gen kodiert für ein
15 kD großes integrales Membranprotein, cybL oder CIII-3 genannt. Es bildet das größere
zweier integraler Membranproteine, die die katalytische Einheit der Succinatdehydrogenase in
der inneren Mitochondrienmembran verankern. Das cybL ist ebenso wie das kleinere cybS
(SDHD) Protein, kodiert durch das SDHD-Gen (siehe Kapitel 1.2.) ein Cytochrom bähnliches Protein. In der Aminosäuresequenz des SDHC-Gens konnten an Position 55, 71,
127 und 134 hochkonservierte Histidine entdeckt werden. Es wird angenommen, dass diese
die Bindungsstellen für die Häm-Gruppe bilden (Elbehti-Green et al. 1998). Diese Häm-
16
Gruppe bindet jedoch nicht nur am cybL- sondern auch am cybS-Protein und verbindet beide
miteinander (Au et al. 1995).
Abbildung 9 zeigt die cDNA des SDHC-Gens sowie die Aminosäuresequenz des Proteins.
1 ccggaaccca agatggctgc
M A A
61 cactttagcc ctcagctctg
H F S P
Q L C
121 agagatggag cggttctgga
E M E
R F W N
181 tactatctac agttggtctc
T I Y
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241 tgctttgagt gcaggggtct
A L S
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301 tgagtcttat ttggaacttg
E S Y
L E L V
361 taagtttgca cttgtcttcc
K F A
L V F P
421 gtgggaccta ggaaaaggcc
W D L
G K G L
481 ggttcttact gtgttgtcct
V L T
V L S S
541 gcatcatctt cctacacatt
gctgttgctg
L L L
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I R N
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K N I
ttcccatggc
P M A
ctctttttgg
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L M Y
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M S I
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M S A
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R P L S
tgccaccgtg
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L L L P
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P A L I
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Q S G V
tgaagaaagg
***
tgtttgtcat
cctccgagcc
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cggccaaaga
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ctccccacat
P H I
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T G I
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tccacacagc
H T A
gacacttgat
H L M
tggttgtcct
V V L
gaggctccca
tcttatctcc
601 agcctgggaa aagttctcct tatttgttta gatccttttg tattttcaga tctcc
Abbildung 9: Darstellung der cDNA des SDHC-Gens.
Die sechs Exons des SDHC-Gens sind farbig gekennzeichnet.
Rot: Exon 1, 45 bp groß. Orange: Exon 2, 57 bp groß. Gelb: Exon 3, 103 bp groß. Grün: Exon 4, 62 bp groß. Blau: Exon
5, 164 bp groß. Lila: Exon 6, 105 bp groß.
Exon 1 ist nicht mit der vollständigen Anzahl von 45 bp dargestellt.
Die nicht unterlegten, fett gedruckten Großbuchstaben beschreiben die Aminosäuresequenz des Proteins cybL (jeweils eine
Aminosäure wird durch ein Basentriplet kodiert). Das Basentriplet 13-15 (atg) bildet das Startcodon. Es codiert die
Aminosäure Methionin (M). Hier beginnt die Zählung der Aminosäuresequenz. Die 12 Basen vor dem Stopcodon gehören zu
Exon 1. Sie beinhalten die Sequenz accggaaccc, an die NRF 2 bindet. *** kennzeichnen das Stopcodon tga.
Die Sequenz ist der Arbeit von Elbehti-Green et al. 1998 entnommen. Die Einzelsequenzen der 6 Exons sind unter folgenden
GenBank-Nummern registriert: AF039589, AF039590, AF039591, AF039592, AF039593, AF039594.
17
1.2.3. Das SDHD-Gen
Das SDHD-Gen wurde ausführlich in der Dissertation von Herrn Dr. Robin Munk, Freiburg
2003, und einer Übersicht der Verfasserin dieser Arbeit beschrieben (Bausch et al. 2003).
Seine Identifizierung erfolgte durch Hirawake und seine Mitarbeiter im Jahr 1997 (Hirawake
et al. 1997). Die Relevanz von Mutationen des SDHD-Gens erkannten Baysal und Mitarbeiter
2000 (Baysal et al. 2000). Mutationen, die für Phäochromozytome prädisponieren, beschrieb
erstmals eine Kooperationsarbeit aus Columbus, Ohio, und Freiburg (Gimm et al. 2000).
Das SDHD-Gen ist auf Chromosom 11q23 lokalisiert (Hirawake et al. 1997). 4 Exons, Exon
1 = 52bp, Exon 2 = 117bp, Exon 3 = 145bp und Exon 4 = 163bp kodieren ein aus 159
Aminosäuren bestehendes, Cytochrom b-ähnliches Protein (Hirawake et al. 1997).
1.3. Mutationen und Polymorphismen
Mutationen
des
SDHB-Gens,
des
SDHC-Gens
und
des
SDHD-Gens
sind
krankheitsverursachende Veränderungen der DNA-Sequenz, die
1.) in einer veränderten Aminosäuresequenz bzw. in einem veränderten/verkürzten Protein
resultieren oder einen vorzeitigen Abbau der mRNA bedingen,
2.) mit der Erkrankung cosegregieren,
3.) in der Regel nur bei Patienten nicht aber bei Kontrollpersonen vorkommen.
Als Polymorphismen werden nicht pathogene Veränderungen der DNA-Sequenz bezeichnet,
die
1.) häufig bei Kontrollpersonen vorkommen und eine Prävalenz von 1% aufweisen,
2.) meist, aber nicht immer, zu keiner Änderung der Aminosäuresequenz führen,
3.) nicht mit der Erkrankung cosegregieren.
Die "Codesonne" (Abbildung 10) wird zur Übersetzung der kodierenden Basensequenz des
SDHB-, des SDHC- und des SDHD-Gens in die Aminosäuresequenz des Proteins verwendet.
Die Folgen von Mutationen und Polymorphismen dieser Gene lassen sich hieraus ableiten.
18
Abbildung 10: Darstellung der sogenannten
"Codesonne". Sie ist von innen nach außen zu
lesen und stellt die 64 möglichen Basentriplets
der mRNA dar. 61 dieser Triplets kodieren 20
verschiedene Aminosäuren der Proteinsynthese.
3 Basentriplets, TAA = ochre, TAG = ambre
und TGA = opal, dienen als sogenannte
Stopcodons die zum Kettenabbruch der
Proteinsynthese führen. Der genetische Code ist
degeneriert und eindeutig. Dies bedeutet das
mehrere Basentriplets eine einzige Aminosäure
kodieren können aber ein Basentriplet immer
nur für eine Aminosäure kodiert.
Mutationen des SDHB-, des SDHC- und des SDHD-Gens haben unterschiedliche
Auswirkungen auf die Aminosäuretranslation und -sequenz des Proteins. Man unterscheidet
Missense-Mutationen, Stopcodon- und Frameshift-Mutationen sowie Splice-Site-Defekte.
Missense-Mutationen führen durch einen Basenaustausch in der Nukleotidsequenz des
Basentriplets zur Translation einer anderen Aminosäure. Die Folge ist die Synthese eines
veränderten
Proteins.
Stopcodon-Mutationen
bedingen
den
Abbruch
des
Translationsvorganges. Ein Basenaustausch in der Nukleotidsequenz des Basentriplets
resultiert in der Bildung eines der 3 bekannten Stopcodons (TAA = ochre, TGA = opal, TAG
= ambre). Die Folge ist die Synthese eines unvollständigen Proteins. Frameshift-Mutationen
führen zu einer kompletten Verschiebung des Leserasters der Aminosäuretranslation. Ursache
ist die Insertion oder Deletion einer unterschiedlichen Anzahl von Basen in der
Nukleotidsequenz des Gens. Die Folge ist die Synthese eines veränderten oder
unvollständigen Proteins. Ein Basenaustausch in der Nukleotidsequenz der Splice-Region
eines Introns bedingt einen fehlerhaften Splice-Vorgang der mRNA und eine Verlust des
folgenden Exons. Die Folge ist die Synthese eines unvollständigen, fehlerhaften Proteins.
19
1.4. Fragestellungen
Die Fragestellungen dieser Arbeit waren:
a) Sind Mutationen des SDHB-Gens und des SDHC-Gens genetische Grundlagen für die
Tumorgenese von Phäochromozytomen, Paragangliomen und Glomustumoren? Wie
häufig treten Mutationen dieser Gene auf?
b) Welche Mutationstypen, d.h. Missense-Mutationen, Stopcodon- und FrameshiftMutationen, Insertionen und Deletionen treten auf?
c) Welche Krankheitsausprägung ist typisch für Mutationen des SDHB-Gens, des SDHCGens und des SDHD-Gens?
d) Gibt es Korrelationen zwischen Mutationstypus und phänotypischer Ausprägung der
Erkrankung?
e) Welcher Vererbungsmodus liegt den gefunden Mutationen zu Grunde?
f) Welche Penetranz zeigen Mutationen des SDHB-, des SDHD-Gens?
g) Bestehen Unterschiede für das Risikospektrum der Erkrankungen zwischen Trägern von
Mutationen des SDHB-Gens, des SDHC-Gens und des SDHD-Gens?
20
2. Material und Methoden
2.1. Patientengut
Die Patienten, die im Rahmen dieser Arbeit auf konstitutionelle Mutationen des SDHB-Gens,
des SDHC-Gens und des SDHD-Gens untersucht wurden, sind Teil zweier verschiedener
Register. Das in Freiburg und Warschau erstellte Phäochromozytom-Register enthielt 489
Patienten (Stand: Mai 2004), die an einem adrenalen oder extra-adrenalen Phäochromozytom
erkrankt waren. Das Glomustumor-Register enthielt 84 Patienten (Stand: Mai 2004), die an
einem Paragangliom (Glomustumor) des Kopfes oder Halses erkrankt waren. Ausschließlich
Patienten, die nicht miteinander verwandt sind und deren Tumor histologisch gesichert war,
sind Bestandteil dieser Register.
Ausgeschlossen von den molekulargenetischen Untersuchungen dieser Arbeit wurden 153
Patienten mit klinischen Zeichen einer von Hippel-Lindau Krankheit, einer Multiplen
Endokrinen Neoplasie Typ 2 und einer Neurofibromatose Typ 1 (von Recklinghausen) sowie
Träger konstitutioneller Mutationen des VHL-Gens und des RET-Gens.
420 Patienten wurden im Rahmen dieser Arbeit auf konstitutionelle Mutationen des SDHBGens, des SDHC-Gens und des SDHD-Gens untersucht. 336 Patienten sind Teil des FreiburgWarschauer-Phäochromozytom-Registers, 84 Patienten sind Teil des Glomustumor-Registers.
Folgende klinische Daten wurden mittels eines Fragebogens erhoben: Alter und Geschlecht,
Diagnosejahr der Erkrankung, symptomatischer oder asymptomatischer Krankheitsverlauf,
Lokalisation und Dignität des Tumors bzw. der Tumoren sowie die Familienanamnese. Das
Ausmaß der Erkrankung wurde mittels folgender Verfahren erfasst: Sonographie,
Computertomographie und Kernspintomographie des Halses, von Thorax und Abdomen
sowie die Erfassung des endokrinologischen Status mit Bestimmung der Noradrenalin-, der
Adrenalin- und der Vanillinmandelsäurewerte im 24h Sammelurin.
Bei Patienten, deren DNA eine Mutation aufwies, wurde Verwandten ersten Grades ein
molekulargenetisches Screening auf entsprechende Mutationen angeboten. Für die
Patienteninformationen und Einverständniserklärungen lag ein positives Votum der
Ethikkommission des Universitätsklinikums Freiburg vor. Alle getesteten Patienten hatten
ihre Einwilligung gegeben.
Als Kontrollproben diente DNA von 300 gesunden Probanden. Es waren, entsprechend der
Herkunft der Patienten, Blutspender aus Deutschland, aus Polen und aus der Schweiz.
21
Die genannten 420 Patienten konnten durch Kooperation mit einer großen Zahl von Kliniken
registriert werden, wobei von jedem Patienten Blut zur molekulargenetischen Untersuchung
zugesandt wurde. Die Kooperationspartner waren:
Prof. Dr. med. Adler und Prof. Dr. med. Luft, Klinikum Berlin-Buch; Prof. Dr. med. Allolio und Prof. Dr. med.
Arlt, Universitätsklinikum Würzburg; Prof. Dr. med. Anlauf, Zentralkrankenhaus Reinkenheide, Bremerhaven;
Prof. Dr. med. Brabant und Prof. Dr. med. Welkoborsky, Hochschule Hannover; Dr. med. Behrbohm, Klinikum
Berlin-Weisensee; Prof. Dr. med. Berghaus, Prof. Dr. med. Dralle, Dr. med. Brauckhoff, Dr. med. Huong-Vu
und Prof. Dr. med. Zumkeller, Universitätsklinikum Halle; Prof. Dr. med. Beyer, Kinderkrankenhaus,
Evangelisches Krankenhaus, Oberhausen; Prof. Dr. med. Reincke, Prof. Dr. med. Peter, PD Dr. med. Schipper,
Dr. med. Boedeker, Prof. Dr. med. Schultze-Seemann, Universitätsklinikum Freiburg; Dr. med. Caspari,
Universitätsklinikum Bonn; Prof. Dr. med. Deitmer und Prof. Dr. med. Hausmann, Städtische Kliniken
Dortmund; Dr. med. Diekmann, Städtisches Klinikum Ludwigshafen; Dr. med. Dörstelmann, Dr. med. Hartwein
und Dr. med. Hudelmayer, Städtisches Klinikum Pforzheim; Prof. Dr. med. Draf und Prof. Dr. med. Fassbinder,
Städtische Kliniken, Fulda; Prof. Dr. med. Esser, Universitätsklinikum Erfurt; Prof. Dr. med. Weber und Dr.
med. Fottner, Universitätsklinikum Mainz; Prof. Dr. med. Frilling, Universitätsklinikum Hamburg; Dr. med. C.
Fuentes Gomez, Hospital de Navarra, Pamplona, Spanien; Dr. med. Graubner, Dr. med. Jocham und Dr. med.
Schmidt, Von Hauner'sches Kinderspital, München; Prof. Dr. med. Heidemann, Kinderkrankenhaus, Augsburg;
Prof. Dr. med. Hetzer, Humboldt Kliniken, Charite, Berlin; Dr. med. Hofmockel, Medizinisches Zentrum,
Wuerselen; Prof. Dr. med. Januszwewicz, Universitätsklinikum Warschau, Polen; Prof. Dr. med. Jung,
Zentralkrankenhaus Bremen; Dr. med. Neumann, Charite, Berlin; Prof. Dr. med. Ganzer, Dr. med. Cupisti, Dr.
med.
Wagenmann,
Dr.
med.
Willenberg,
Universitätsklinikum
Düsseldorf;
Dr.
med.
Kaftan,
Universitätsklinikum Greifswald; Prof. Dr. med. Klein und Dr. med. Muresan, Hospital de Barbois, Nancy,
Frankreich; Prof. Dr. med. Klein-Franke und Dr. med. Steiner, Universitätsklinikum Göttingen; PD Dr. med.
Klingenbiel, Universitätsklinikum Frankfurt; Dr. med. Klose, München; Prof. Dr. med. Kornley, Städtisches
Klinikum Duisburg; Dr. med. Krämer, Warstein; Prof. Dr. med. Mann, Prof. Dr. med. Wenzel, Dr. med.
Lederbogen, Universitätsklinikum Essen; Prof. Dr. med. Walz, Kliniken Essen-Mitte; Prof. Dr. med. Limacher,
Universitätsklinikum Strasbourg;
Universitätsklinikum
Magdeburg;
Prof. Dr. med. MacGregor, London; Prof. Dr. med. Mittler,
Prof.
Dr.
med.
Müller,
München;
Prof.
Dr.
med.
Opocher;
Universitätsklinikum Padua, Italien; Prof. Dr. med. Schinzel, Prof. Dr. med. Weber, Dr. med. Pichert,
Universitätsklinikum Zürich; Dr. med. Pielken, Evangelisches Krankenhaus, Oberhausen; Dr. med. Riepe,
Aahaus; Prof. Dr. med. Ritz, Heidelberg; Prof. Dr. med. Schilling, Klinikum Berlin-Neukölln; Dr. med.
Schöniger, Städtisches Klinikum Schwabing, München; Dr. med. Schröder, Ruhr Universität Bochum; Dr. med.
Uckun-Kitapci, Chapel Hill; Dr. med. Winquist, Regional Cancer Center, London Ontario, Kanada; Prof. Dr.
med. Zerres, Universitätsklinikum Aachen; Dr. med. Zimmermann, Kinderkrankenhaus Chemnitz; Prof. Dr.
med. Zimmerhackl, Universitätsklinikum Innsbruck.
22
2.2. Methoden
10 ml EDTA-Vollblut stand von allen 420 Patienten und 300 Kontrollprobanden zur
molekulargenetischen Analyse zur Verfügung. Zunächst wurde aus diesen 10 ml Blut DNA
extrahiert (Kapitel 2.2.1). Anschließend wurden alle 8 Exons des SDHB-Gens, alle 6 Exons
des SDHC-Gens und alle 4 Exons des SDHD-Gens mittels Polymerasekettenreaktion
amplifiziert (Kapitel 2.2.2). Die Kontrolle der Produktgröße der Amplifikate erfolgte unter
Durchführung der Agarosegelelektrophorese (Kapitel 2.2.3). Dem Mutations- und
Polymorphismusscreening diente die Methodik der SSCP (single strand conformation
polymorphism) (Kapitel 2.2.4). Der Nachweis sowie die genaue Lokalisationsbestimmung der
Mutationen und Polymorphismen erfolgte durch die Sequenzierung. Hierzu wurde DNAMaterial abnormer Banden entweder reamplifiziert oder die Amplifikate entsprechender
Proben verwendet (Kapitel 2.2.5). Zur Bestätigung der Diagnose einer Mutation wurde eine
zweite Blutprobe des entsprechenden Patienten angefordert. Diese wurde mittels SSCP unter
Mitanalyse der ersten Probe erneut untersucht. Ohne eine erneute Sequenzierung
durchzuführen, wurden identische Ergebnisse der Erst- und Zweitprobe als definitive
Mutation gewertet. Auf die gleiche Weise wie mit der Zweitprobe wurde auch mit DNAProben von Verwandten verfahren. Das Gesamtprojekt wurde der Ethikkomission der
Universität Freiburg vorgelegt, die ein positives Votum abgab.
2.2.1. DNA – Extraktion
Aus 10 ml EDTA-Vollblut wurden 100 bis maximal 1000 µg chromosomale DNA gewonnen.
Die angewendete Methode basiert auf einem patentierten Kitsystem der Firma Qiagen, das die
Isolation von DNA in einer Größenordnung von 20 bis150 kb ermöglicht.
Im ersten Schritt des Verfahrens wurden, unter Zugabe von 5-20 ml eines speziellen auf 2-8°C gekühlten Qiagen
C1-Puffers und 15-30 ml eisgekühltem destillierten Wasser, durch zehnminütige Inkubation auf Eis
die
Zellmembranen der Blutzellen lysiert, Hämoglobin freigesetzt und die Nuklei stabilisiert. Durch Zentrifugation
(15 Minuten) des lysierten Blutes bei 1300 x g und einer Temperatur von 4°C entstand am Boden des
verwendeten 50 ml Falkons ein noch leicht durch Hämoglobin verunreinigtes, rötlich schimmerndes Pellet, das
sich aus den Nuklei zusammensetzte, welche die genomischen DNA enthalten. Um letzte Zellbestandteile und
zurückgebliebenes Hämoglobin auszuwaschen, wurde das Pellet erneut in 2 ml Qiagen C1-Puffer und 6 ml
destilliertem Wasser gelöst und die Lösung bei 4°C und 1300 x g 15 Minuten zentrifugiert. Nach Dekantieren
des Überstandes wurde das nun gereinigte Pellet in 10 ml Qiagen G2-Puffer aufgenommen und unter Zugabe
23
von 200 µl gelöster Qiagen Protease
für 30-60 Minuten bei 50°C im Wasserbad inkubiert. Durch die
Verwendung des G2-Puffers in Kombination mit der Protease wurden die Nuklei lysiert, die Proteine denaturiert
und verdaut und die genomische DNA freigesetzt. Der G2-Puffers ist eine Lösung niedrigen pH-Wertes und
niedriger Salzkonzentration und bietet somit eine gute Vorraussetzung für die Bindung der DNA an das Qiagen
Genomic-tip-System. Dieses System ist so konzipiert, dass durch Anwendung von Puffern mit niedriger
Salzkonzentration und niedrigem pH-Wert die DNA an die Säule bindet, Verunreinigungen wie RNA und
Proteine mittels Puffer mittleren Salzgehaltes ausgewaschen werden und die DNA durch Verwendung von
Puffern mit hohem Salzgehalt von der Säule gelöst werden kann. Die Grundlage dieses Qiagen Genomic-tipSystems ist ein Anionenaustauscher, dessen Prinzip auf Wechselwirkungen zwischen negativ geladenen
Phosphatgruppen der DNA und positiv geladenen DEAE-Gruppen an der Oberfläche der Säule basiert. Im
nächsten Schritt des angewendeten Verfahrens wurde das durch 10 ml QBT-Puffer äquillibrierte Genomic-tipSystem 500/G mit der DNA-Lösung beladen, durch Anwendung von 30 ml Qiagen QC-Puffers wurden RNA,
Proteine und weitere Verunreinigungen ausgewaschen und verworfen, die gebundene DNA mittels 30 ml QFPuffers eluiert und in einem Isopropanol-haltigen Falkon, zur Ausfällung der DNA, aufgefangen. Zur weiteren
Verarbeitung wurde die DNA in TE (Kapitel 2.1.4.) gelöst und im Kühlschrank gelagert.
2.2.2. Polymerasekettenreaktion (PCR)
Die Polymerasekettenreaktion ist eine in vitro-Technik mit der DNA-Fragmente vervielfältigt
werden können (Saiki et al. 1988) (Abbildung 11). Zwei bekannte DNA-Sequenzen, die
Oligonukleotidprimer, bilden den Startpunkt der PCR. Die Verlängerung erfolgt über die TaqDNA-Polymerase. Die in dieser Arbeit gewählte Technik ist im folgenden näher beschrieben.
Die Polymerasekettenreaktion durchläuft zyklisch drei verschieden Schritte:
•
Denaturierung der doppelsträngigen DNA
•
Anlagerung bzw. Annealing der Primer
•
Verlängerung der Primer durch die hitzestabile Taq-Polymerase
Zur Denaturierung der komplexen doppelsträngigen DNA wird das Reaktionsgemisch, bestehend aus DNA,
dNTP's, Oligonukleotidprimern, Taq-DNA-Polymerase und entsprechendem PCR-Puffer, auf 90°C erhitzt. Der
zweite Schritt der Polymerasekettenreaktion, das Annealing der Primer, ist entscheidend für die Spezifität der
Reaktion. Nach Abkühlen des Reaktionsgemisches auf die spezielle Annealing-Temperatur, meist in einem
Bereich zwischen 40-65°C liegend, lagern sich die Primer, deren Länge nicht größer als 20-30 bp sein sollte und
deren Sequenz jeweils komplementär zu den flankierenden Regionen am 3`-Ende von Strang und Gegenstrang
ist, an die entstandenen Einzelstränge der Matritzen-DNA an. Die Annealing-Temperatur sollte für forward- und
reverse-Primer ähnliche Werte besitzen und lässt sich mittels folgender Formel berechnen:
(Anzahl von A+T) x 2°C + (Anzahl von G+C) x 4°C.
Der erhaltene Wert muss experimentell optimiert werden. Im dritten Reaktionsschritt der PCR werden die
Primer, gewöhnlich bei einer Temperatur von 72°C, der optimalen Temperatur der Taq-DNA-Polymerase, durch
Anlagerung von Desoxynukleosidtriphosphaten verlängert. Die Taq-DNA-Polymerase ist ein hitzestabiles
24
Enzym, das ursprünglich aus dem Bakterium Thermus aquaticus stammt, heute jedoch synthetisch hergestellt
wird. Sie benötigt die Primer als Starthilfe, um von dort aus einen komplementären Strang zum entsprechenden
Matritzen-Strang
in
5`→3`Richtung
zu
synthetisieren,
d.h.
ausgehend
vom
5´-α
Phosphat
des
Desoxynukleosidtriphosphats in Richtung der endständigen 3`-Hydroxylgruppe des wachsenden DNA-Stranges.
Diese drei Reaktionsschritte werden 15-30 mal wiederholt um eine genügend hohe Ausbeute zu erreichen. Dabei
stehen im jeweils nächsten Zyklus neben den ursprünglichen Strängen auch die neu synthetisierten Stränge zur
Amplifikation zur Verfügung, d.h. es handelt sich um eine exponentielle Vervielfältigung (2x).
In die Polymerasekettenreaktion wurde ein Reaktionsgemisch eingesetzt, bestehend aus 2 µl 1:10 verdünnter
DNA (d.h. ca. 0,1 ng DNA) und 18 µl eines sogenannten Premix. Dieser setzt sich aus 10 µl ddH2O, 2 µl
unverdünntem Taq spezifischem MgCl2-Puffer, 2 µl dNTP (d.h. 8 µM je dNTP), 2 µl jeweils von forward und
reverse-Primer (je Primer eine Konzentration von 20 pM) und 0,2 µl Taq-DNA-Polymerase (5U/µl) zusammen.
Zu Beginn jedes PCR-Zyklus wurde einmalig für 5-10 Minuten auf 95°C aufgeheizt um eine ausreichende
Denaturierung zu gewährleisten. Danach wurden folgende Reaktionsschritte durchlaufen:
•
30 sec, 95°C zur Denaturierung
•
30 sec, spezifische Annealing-Temperatur
•
30 sec, 72°C DNA-Synthese.
Nach dem letzten Schritt wurde zusätzlich für 10 Minuten bei 72°C elongiert, um unvollständige
Amplifikationsprodukte zu vermeiden. Insgesamt wurden die Zyklen 15-30 mal wiederholt, um eine genügend
hohe Ausbeute für weiterführende Untersuchungen zu erhalten.
Abbildung 11:
Schematische Darstellung des zyklischen
Reaktionsablaufs
der
Polymerasekettenreaktion.
Schritt 1: Denaturierung der doppelstränigen
DNA in zwei zueinander komplementäre
Einzelstränge, die als Matritze dienen.
Schritt 2: Anlagerung bzw. Annealing der
Oligonukleotidprimer.
Schritt 3: Verlängerung der Primer durch die
hitzestabile Taq-DNA-Polymerase.
Der eingeklammerte Bereich kennzeichnet die
zyklische Wiederholung dieser Hauptschritte
der Polymerasekettenreaktion, um eine
genügend
hohe
Ausbeute
des
Amplifikationsproduktes sicherzustellen.
25
Alle 8 Exons des SDHB-Gens wurden mittels PCR amplifiziert. Angaben der
Primersequenzen, der ermittelten PCR-Bedingungen und der Produktgröße der Amplifikate
können Tabelle 5 entnommen werden.
SDHB-Gen
Exon
Primersequenz (5´→3´)
PCR-Bedingung
Amplifikationsprodukt
in bp
1
F: GGCGGAGAGCGACCT
R: AGTCTCTGTGGCTTTCCT
60°C/ 15sec/ 30z
141
2
F : TCTTGTATTTCTAATTTTTTTTCCTT
R : GTCCCTAAATCAAATCAAGAACTC
50°C/ 30sec/ 30z
186
3
F : TAAAGTGTAGGGAGGTTGAA
R : GGCCAGCCCAAGC
60°C/ 15sec/ 30z
174
4
F : AAAGTATTTGGGGCAGGAC
R : CCCCCATGCAAATAAAAAC
60°C/ 15sec/ 30z
208
5
F : ATCTGATCCTTTTCTTCTTCTTCTTC
R : CACTCCTGGCAATCATCTTT
55°C/ 30sec/ 30z
183
6
F : GCAGAGTCTCTCCCGTCACA
R : GGCTGGCTTACAGCAATCTAT
60°C/ 15sec/ 30z
197
7
F : CTCTGGCGCTGTTGATTG
R : CATGCTACTTCTGGCGTGTC
58°C/ 30sec/ 30z
194
8
F : GTTTTCCCTTTCAGTTTCAGTTA
R : CTCAAATTAGATATAAATTATGTTCAGC
60°C/ 15sec/ 30z
140
Tabelle 5: Verwendete Primersequenzen zur Amplifikation der 8 Exons des SDHB-Gens. Die angegebenen Temperaturen
entsprechen den Annealing-Temperaturen der Primer; F steht für forward, R für reverse, sec für die Annealingdauer und z für
die Anzahl der Zyklen. Generelle Magnesiumchloridkonzentration: 1,5 mM. Alle Primer wurden mit Hilfe des Programmes
Primer-Select und entsprechenden Gensequenzen zusammengestellt.
Um zu gewährleisten, dass die SSCP-Analyse (Kapitel 2.2.4.) als auch die anschließende
Sequenzierung (Kapitel 2.2.5.) den vollständigen für die Aminosäuren kodierenden Bereich
erfasst, werden ca.15-20 bp zwischen Primer und Exongrenze benötigt. So schließen die in
Tabelle 5 genannten Primerpaare Intronabschnitte folgender Größe mit ein: Exon 1, 37 bp im
5' Bereich und 32 bp im 3' Bereich; Exon 2, 24 bp im 5' Bereich und 34 bp im 3' Bereich;
Exon 3, 37 bp im 5' Bereich und 51 bp im 3' Bereich; Exon 4, 45 bp im 5' Bereich und 26 bp
im 3' Bereich; Exon 5, 22 bp im 5' Bereich und 45 bp im 3' Bereich; Exon 6, 30 bp im 5'
Bereich und 65 bp im 3' Bereich; Exon 7, 31 bp im 5' Bereich und 40 bp im 3' Bereich; Exon
8, 34 bp im 5' Bereich und 37 bp im 3' Bereich.
26
Alle 6 Exons des SDHC-Gens wurden mittels PCR amplifiziert. Angaben der
Primersequenzen, der ermittelten PCR-Bedingungen und der Produktgröße der Amplifikate
können Tabelle 6 entnommen werden.
SDHC-Gen
Exon
Primersequenz (5´→3´)
PCR-Bedingung
Amplifikationsprodukt
in bp
1
F: CACATGACACCCCCAACCCC
R: CTGCCCAGGCACAGGATAAACA
65°C/ 15sec/ 30z
216
2
F : TACTTTTAATCTATCCCTTCAC
R: TCTCCAGACTTAGAAACTTA
55°C/ 30sec/ 30z
176
3
F : ACGTTATGCAAAATATTAAACCAAGT
R: AGCCTCTTCTCTGGCTCCA
55°C/ 15sec/ 30z
202
4
F : GTTTATATTTTTGCCAAGATAGACTC
R : CCAAGTTTTTCAAAGAAGCACA
60°C/ 30sec/ 30z
195
5
F : TCATATTAGTTGTAACTTATGAGCAGC
R : CTCCCCACTCCCTTCACAG
58°C/ 15sec/ 30z
269
6
F : TGTTAATGTCCTATTTACTGAA
R : TAAACAAATAAGGAGAACTTTT
55°C/ 30sec/ 30z
230
Tabelle 6: Verwendete Primersequenzen zur Amplifikation der 6 Exons des SDHC-Gens. Die angegebenen Temperaturen
entsprechen den Annealing-Temperaturen der Primer; F steht für forward, R für reverse, sec für die Annealingdauer und z für
die Anzahl der Zyklen. Generelle Magnesiumchloridkonzentration: 1,5 mM. Die Primerpaaren von Exon 1-6 wurden mit
Hilfe des Programmes Primer-Select und entsprechenden Gensequenzen zusammengestellt.
Um zu gewährleisten, dass die SSCP-Analyse (Kapitel 2.2.4.) als auch die anschließende
Sequenzierung (Kapitel 2.2.5.) den vollständigen für die Aminosäuren kodierenden Bereich
erfasst, werden ca. 15-20 bp zwischen Primer und Exongrenze benötigt. So schließen die in
Tabelle 6 genannten Primerpaare Intronabschnitte folgender Größe mit ein: Exon 1, 50 bp im
5' Bereich und 79 bp im 3' Bereich; Exon 2, 76 bp im 5' Bereich und 1 bp im 3' Bereich;
Exon 3, 41 bp im 5' Bereich und 14 bp im 3' Bereich; Exon 4, 56 bp im 5' Bereich und 29 bp
im 3' Bereich; Exon 5, 29 bp im 5' Bereich und 30 bp im 3' Bereich; Exon 6, 32 bp im 5'
Bereich und 85 bp im 3' Bereich.
Alle 4 Exons des SDHD-Gens wurden mittels PCR amplifiziert. Die Analysen des SDHDGens für 228 Patienten mit Phäochromozytomen wurden in der Dissertation von Herrn Dr.
med. R. Munk, Freiburg 2003, beschrieben. Dort finden sich die entsprechenden
methodischen Angaben. Die hier vorgelegte Arbeit bezieht die Analyse der Differenz von
192 Patienten ein. Es handelt sich um 108 Patienten mit einem Phäochromozytom und 84
Patienten mit einem Glomustumor.
27
2.2.3. Agarosegel-Elektrophorese
Die Agarosegel-Elektrophorese diente der Kontrolle der Produktgröße der bei der PCR
entstandenen Amplifikate.
Ein 0,6%iges Agarosegel, hergestellt aus 1,6 g Agarose und 80 ml 1 x TBE wurde mit einem Gemisch,
bestehend aus 5 µl 6 x Ladepuffer und 5 µl PCR-Produkt beladen und für 20 Minuten in einer dafür
vorgesehenen, mit 1 x TBE gefüllten Elektrophoresekammer einer angelegten Spannung von 120V unterworfen.
Unter dem Einfluss elektrischer Spannung zwischen Kathode und Anode beginnen die
geladenen DNA-
Fragmente im Agarosegel in Richtung Anode zu wandern. Je nach Größe des Fragments legen sie
unterschiedlich lange Strecken zurück. Je größer das Fragment umso näher kommen sie bei der Kathode zum
liegen. Zur Kontrolle der Produktgröße der Amplifikate wurde auf dem Gel parallel ein DNA-Längenstandart in
Form eines sogenannten Marker V in einer separaten Bahn aufgetragen. Dieser Marker V stellt Produkte der
Größenordnung 8-587 bp dar.
Um die entstandenen Banden bzw. die DNA-Fragmente mittels UV-Licht einer Wellenlänge von 366 nm
sichtbar zu machen, wurde das Agarosegel nach der Elektrophorese für 20 Minuten in ein Färbebad, hergestellt
aus 200 ml destilliertem Wasser und 100 µl 1% Ethidiumbromidlösung, gelegt. Das Ergebnis wurde durch einen
Alpha-Imager dokumentiert.
2.2.4. Single Strand Conformation Polymorphism (SSCP)
Die SSCP-Analyse (single strand conformation polymorphism) ist eine Gelelektrophorese zur
Detektion von Punktmutationen großer Gene (Orita et al. 1989) (Abbildung 12). DNA
Doppelstränge werden durch starke Hitzeeinwirkung in ihre Einzelstränge denaturiert. Diese
Einzelstränge
werden
durch
Einwirkung
einer
elektrischen
Spannung
in
einem
Polyacrylamidgel aufgetrennt. Die aufgetrennten Banden werden mit einer Silbernitratfärbung
schnell und hochempfindlich angefärbt und dargestellt. Ein Basenaustausch, kleine
Deletionen oder Insertionen wirken sich auf das Laufverhalten der denaturierten Einzelstränge
aus und resultieren in einem veränderten Bandenmustern. Die Analyse der Veränderung
bleibt der Sequenzierung vorbehalten. Resultiert eine Sequenzveränderung in einer
fehlerhaften Proteinsynthese wird eine pathogenetisch relevante Mutation angenommen.
Diese darf bei der Untersuchung der Kontrollproben nicht nachgewiesen werden. Bleibt eine
Sequenzveränderung
ohne
Folgen
oder
tritt
diese
gehäuft
im
Kontrollprobenkollektiv auf, wird von einem Polymorphismus gesprochen.
Patienten-
oder
28
DNA-Abschnitte einer Größe bis zu 400 bp können mittels der SSCP-Analyse untersucht werden. Jenseits dieser
Größe nimmt die Sensitivität ab. Die SSCP-Analyse basiert auf dem Prinzip, dass die elektrophoretische
Beweglichkeit der DNA-Fragmente von ihrer Größe, Ladung und ihrer Form abhängig ist. Nach der
Denaturierung der komplexen doppelsträngigen DNA bei einer Temperatur von 95°C, unterstützt durch den
Zusatz eines aus Formamid, Natriumhydroxid, Xylencyanol und Bromphenolblau zusammengesetzten SSCPPuffers und dem schnellen Abkühlen durch sofortige Lagerung in einem Eisbad nimmt jeder DNA-Einzelstrang
eine seiner Sequenz entsprechende Konformation an, die sich in der entsprechenden Laufeigenschaft im Gel
wiederspiegelt. Die Empfindlichkeit der Methode ist hoch, so dass ein einziger Unterschied in der Basensequenz,
der zu einer Konformationsänderung des denaturierten Einzelstranges führt, ausreicht, um sich in einer
veränderten Laufeigenschaft im Polyacrylamidgel und somit einem veränderten Bandenmuster darzustellen.
In der vorliegenden Arbeit wurden 20 µl PCR-Produkt mit 30 µl SSCP-Puffer versetzt. Durch Erhitzen des
Gemisches bei einer Temperatur von 95°C für 3 Minuten 40 sec wurde die komplexe doppelsträngige DNA
denaturiert. Um eine Rehybridisierung zu verhindern, wurde das Gemisch anschließend sofort auf Eis gebettet.
Auf die Polyacrylamidgelkammer wurde ein dünner Film Mineralöl aufgetragen, anschließend das Gel
aufgelegt, mit dem eisgekühlten PCR-Produkt/SSCP-Puffer-Gemisch beladen und die Elektrophorese unter
experimentell ermittelten Temperaturbedingungen für ca. 90 Minuten durchgeführt.
Um die DNA-Fragmente, die sich durch die SSCP im Polyacrylamidgel als Banden zeigen, darstellen zu können,
wurde das Gel nach abgeschlossener Elektrophorese mit Silbernitrat gefärbt. Dazu wurde es für 5 Minuten in
1% Salpetersäure (HNO3) gelegt und anschließend für 30 Minuten mit Silbernitrat (AgNO3) behandelt. Die an
die DNA gelagerten Silberionen wurden mit Hilfe eines fünfminütigem Natriumcarbonat-Formaldehydbades
(Na2CO3/HCHO) reduziert, so dass sich schwarze Banden im Acrylamidgel zeigten. Um die Redoxreaktion zu
stoppen, wurde das Gel für weitere 5 Minuten in 10% Essigsäure (CH3COOH) gelegt. Abgeschlossen wurde die
Silbernitratfärbung durch eine fünfminütige Konservierung des Gels mit 5% Glycerinlösung. Abgedeckt mit
einer speziellen Folie stand es zur Auswertung zur Verfügung.
Abbildung 12:
Schematische Darstellung des Grundprinzips
der SSCP-Analyse. Die Grundlage dieses
Verfahrens bilden die elektrophoretische
Beweglichkeit, die Größe, die Ladung und
die Form des entsprechenden DNAFragmentes. Die Abbildung zeigt, dass
bereits der Austausche einer Base zu einer
Konformationsänderung
des
DNAFragmentes führt und in einem veränderten
Laufverhalten
im
Polyacrylamid-Gel
resultiert.
29
Tabelle 7 zeigt eine Übersicht der Bedingungen der SSCP-Analyse für alle 8 Exons des
SDHB-Gens.
SDHB-GEN
Exon
Bedingungen für GENEGEL EXCEL 12.5/24 kit
1
5 W / 20°C / 15min
5 W / 25°C / 1h 15min
2
6 W / 12°C / 1h 30min
3
6 W / 12°C / 1h 30min
4
6 W / 12°C / 1h 30min
5
6 W / 8°C / 1h 30min
6
6 W / 18°C / 1h 30min
7
5 W / 20°C / 15min
5 W / 25°C / 1h 15min
8
6 W / 12°C / 1h 30min
Tabelle 7: Bedingungen der SSCP-Analyse; Die Angabe 5 W oder 6 W entspricht der angelegten Stromstärke
Tabelle 8 zeigt eine Übersicht der Bedingungen der SSCP-Analyse für alle 6 Exons des
SDHC-Gens.
SDHC-GEN
Exon
Bedingungen für GENEGEL EXCEL 12.5/24 kit
5 W / 20°C / 15min
5 W / 25°C / 1h 15min
1
2
6 W / 12°C / 1h 30min
3
6 W / 12°C / 1h 30min
4
6 W / 12°C / 1h 30min
5
6 W / 8°C / 1h 30min
6
6 W / 18°C / 1h 30min
Tabelle 8: Bedingungen der SSCP-Analyse; Die Angabe 5 W oder 6 W entspricht der angelegten Stromstärke
SDHD-Gens
Die Bedingungen der SSCP-Analyse für alle 4 Exons des SDHD-Gens finden sich in der
Dissertation von Herrn Dr. med. R. Munk.
30
2.2.5. Sequenzierung
Die in der SSCP-Analyse dargestellten Mutationen und Polymorphismen wurden mit Hilfe
fluoreszenz-markierter Primer nach der Dideoxymethode in einem auswärtigen für
Sequenzierungen spezialisiertem Labor analysiert (Sanger et al. 1977). Dieses Labor erhielt
entweder direkt amplifizierte DNA, von Proben die in der SSCP Auffälligkeiten zeigten, oder
Reamplifikate aberrierender Banden.
Für die Reamplifikation wurden aberrante Banden aus dem SSCP-Gel ausgeschnitten und in 30 µl 10 mM Tris
pH 8 aufgenommen. Über Nacht konnten ausreichende Mengen DNA in die Pufferflüssigkeit diffundieren.
Für die zur Sequenzierung vorgesehene PCR (Kapitel 2.2.2) wurde folgender Ansatz gewählt.
•
5 µl der DNA auffälliger Proben (ca. 2,5 ng DNA)
bzw.
5 µl der oben beschriebenen Lösung aberrierender Banden
•
25 µl ddH2O
•
5 µl MgCl2-Puffer (1,5 mM)
•
5 µl dNTPs (20 µM je dNTP)
•
je 5 µl forward- und reverse-Primer
•
0,5 µl Taq-DNA-Polymerase
Die PCR-Bedingungen für die jeweiligen Exons des SDHB- und des SDHC-Gens sind in Tabelle 5 und 6
aufgeführt.
Abbildung 13 zeigt ein Beispiel des typischen Ergebnisses einer Sequenzierung.
Abbildung 13:
Fluoreszenz-markierte Primer werden mit
Hilfe einer Taq-Polymerase und vier
verschiedener dNTP-Moleküle verlängert.
Durch Zugabe und Einbau von
Didesoxynucleosidtriphosphaten (ddNTP's),
einem dNTP-Analogon, kommt es zu eienm
Abbruch der Sequenzierungsreaktion. Es
Mutat:
T
A
T
G
G
A
T
G
nt :
267
268
269
270
271
272
273
274
entsehen fluoreszenz-markierte ReaktionsWildtyp:
T
A
T
C
G
A
T
G
produkte unterschiedlicher Kettenlänge.
Durch die Größenauftrennung in einer
Polyacrylamid-Gelelektrophorese und
anschließendem Sichtbarmachen der einzelnen Banden mittels Fluorographie können die Positionen der Kettenabbrüche
identifiziert werden. Im Anschluß an die Fluorographie und mit Hilfe einer speziellen DNA-Sequenzierungsmaschiene
sowie eines entsprechenden Computerprogrammes entsteht die oben dargestellte farbige Kurve. Die unterschiedlichen
farbigen Kurven kennzeichnen die am DNA-Aufbau beteiligten vier verschiedenen dNTP's, die nur mit den jeweiligen
Basenkürzeln beschrieben sind. Rot steht für Thymin, grün steht für Adenin, blau steht für Cytosin und schwarz
steht für Guanin. Peaks der jeweiligen Kurve kennzeichnen das Auftreten der entsprechende Base an der jeweiligen
DNA-Position.
31
2.2.6. Programm des klinischen Screenings
Folgende Patientendaten wurden im Rahmen des klinischen Screenings erhoben:
-
Geburtsjahr
-
Geschlecht
-
Alter zum Zeitpunkt der Krankheitsmanifestation
-
Symptomatischer / asymptomatischer Krankheitsverlauf
-
Art des Tumors (Phäochromozytom, Paragangliom, Glomustumor)
-
Lokalisation des Tumors
-
Anzahl der Tumoren
-
Dignität
-
Detaillierte Familienanamnese
Um eine genaue Beschreibung der Erkrankung zu erhalten, wurden entsprechende
diagnostische Verfahren angewendet:
-
Magnetresonanztomographie des Halses und der Schädelbasis
-
Magnetresonanztomographie des Thorax
-
Magnetresonanztomographie des Abdomen
-
Bestimmung des Katecholaminspiegels im 24h Urin
-
Fakultativ: Ganzkörper DOPA-Positronenemissionstomographie (PET)
Patienten die eine konstitutionelle Mutation des SDHB-Gens, des SDHC-Gens oder des
SDHD-Gens zeigten, wurden erneut klinisch untersucht. Zunächst wurde der momentane
Krankheitszustand erfragt, dann das oben bereits beschrieben diagnostische Screening wie die
Bestimmung der Katecholamine sowie die Durchführung einer Magnetresonanztomographie
durchgeführt. In die Auswertung wurden auch früher durchgeführte Untersuchungen mitttels
Computertomographie und MIBG-Szintigraphie einbezogen. Positiv getesteten Patienten
wurde des weiteren eine molekulargenetische Untersuchung von Verwandten angeboten und
bei Einverständnis durchgeführt. Abschließend wurde positiv getesteten Verwandten die
Durchführung einer klinischen Diagnostik empfohlen.
32
2.2.7. Statistik
Der Fisher-Test für unverbundene, dichotome Stichproben wurde zur Überprüfung
signifikanter Unterschiede klinischer Charakteristika des SDHB-Gens, des SDHC-Gens und
des SDHD-Gens angewendet. Die Methode der Kaplan-Meier Schätzung diente der
Ermittlung der Penetranzen SDHB-Gen, SDHC-Gen und SDHD-Gen assoziierter Tumoren.
Der Parameter der Überlebenszeit wurde hierbei durch das Patientenalter ersetzt. Zum
Vergleich der Altersunterschiede bei Patienten mit Mutationen des SDHB-Gens, des SDHCGens und des SDHD-Gens sowie der Ermittlung der altersabhängigen Penetranzen wurden
der Wilcoxon-Test und der Log-Rank-Test angewendet. P-Werte < 0,05 wurden als
signifikant angesehen. Die statistische Auswertung der Daten erfolgte unter freundlicher
Mithilfe von Herrn Dr. med. Ch. Pawlu, Institut für Physiologie, Albert-Ludwigs-Universität,
Freiburg.
33
3. Ergebnisse
3.1. Patientenkollektiv
420 nicht miteinander verwandte Patienten, die an einem adrenalen oder extra-adrenalen
Phäochromozytom oder einem Paragangliom des Kopfes oder des Halses (Glomustumor)
erkrankt waren, wurden auf konstitutionelle Mutationen des SDHB-Gens, des SDHC-Gens
und des SDHD-Gens untersucht. 336 dieser Patienten hatten ein Phäochromozytom. 295
dieser Patienten hatten adrenal lokalisierte Phäochromozytome, 41 wiesen eine extra-adrenale
Lokalisation auf. Von den Patienten mit extra-adrenaler Tumorlokalisation hatten 31
abdominelle und 10 thorakale Phäochromozytome. 84 der Patienten hatten einen
Glomustumor. Alle Tumoren waren histologisch gesichert. 244 (58 %) weibliche und 176 (42
%) männliche Patienten bildeten das zu untersuchende Kollektiv. 84 % der 420 Patienten
waren zwischen 19 und 65 Jahre alt. 8,4 % der Patienten waren jünger als 18 Jahre, 9,4 %
waren älter als 65 Jahre. Alle 336 Phäochromozytom-Patienten stellten sich als nicht
syndromale Fälle mit negativer Familienanamnese vor, während 3 der 84 GlomustumorPatienten eine positive Familienanamnese aufwiesen. Keiner der 420 Patienten zeigte
Tumoren außerhalb der Nebenniere und des paraganglionären Systems. Tabelle 9 gibt eine
detaillierte Übersicht des Patientenkollektives wieder.
Patientendaten der Phäochromozytom-Patienten
n = 336
Patientendaten der Glomustumor-Patienten
n = 84
männlich
43 %
männlich
38 %
weiblich
57 %
weiblich
62 %
Durchschnittsalter
43 Jahre
Durchschnittsalter
48 Jahre
Altersspanne
4-83 Jahre
Altersspanne
15-83 Jahre
maligne
7%
maligne
5%
benigne
93 %
benigne
95 %
solitär
93 %
solitär
86 %
multiple
7%
multiple
14 %
adrenal
88 %
Gl. caroticum
36 %
extra-adrenal
12 %
Gl. jugulare
30 %
thorakal
3%
Gl. tympanicum
21 %
extra-adrenal
abdominell
9%
sonstige
3%
Tabelle 9: Klinische Daten der 336 Patienten mit Phäochromozytomen und der 84 Patienten mit Glomustumoren.
34
3.2. Konstitutionelle Mutationen des SDHB-Gens
3.2.1. Molekulargenetisches Screening auf konstitutionelle Mutationen des SDHB-Gens
Als Träger konstitutioneller Mutationen des SDHB-Gens wurden 25 nicht miteinander
verwandte Patienten entdeckt. 16 dieser Mutationsträger sind Teil des FreiburgerPhäochromozytom-Registers sowie des deutschen Glomustumor-Registers. 5 Patienten sind
Teil des Warschauer-Phäochromozytom-Registers. Spanischer, französischer und kanadischer
Staatsangehörigkeit waren 4 Mutationsträger (Tabelle 10). Es wurden 18 verschiedene
Mutationen des SDHB-Gens nachgewiesen. Diese finden sich in Exon 1, 2, 3, 4, 6 und 7
sowie in den für den Splice-Vorgang wichtigen Regionen des Introns 3, 4 und 7 (Abbildung
14).
271 G/A
270 C/G
221 ins CCAG
436 G/A
558-3 C/G
421-2 A/G
155 del C 213 C/T
Exon1
Exon2
291 G/A
721 G/A
394 T/C
Exon3
Exon4
708 T/C
Exon5
859 G/A
847/849 del TCTC
Exon6
899+1 G/A
Exon7
Exon8
328 T/C
300 del CCTCA
881 C/A
Abbildung 14: Verteilung der im Rahmen des molekulargenetischen Screenings des SDHB-Gens entdeckten
konstitutionellen Mutationen.
Das Mutationsspektrum der 18 verschiedenen Mutationen setzt sich aus 9 (50 %) MissenseMutationen, 2 (11 %) Stopcodon-Mutationen, 4 (22 %) Frameshift-Mutationen und 3 (17 %)
Splice-Site-Defekten zusammen (Erklärungen siehe Kapitel 1.2.3. Mutationen und
Polymorphismen, S.20).
35
Tabelle 10: Im Rahmen des molekulargenetischen Screenings entdeckte konstitutionelle
Mutationen des SDHB-Gens.
Nationalität Tumor
Indexfall
Mutation
(Nukleotid)
Resultat
(Aminosäure)
Mutationstypus
Exon
Deutsch
Pheo
B1
155 del C
L7Frameshift
Frameshift
1
Deutsch
Pheo
B2
213 C/T
R27X
Stopcodon
2
Polnisch
Pheo
B3
221 ins CCAG
S30Frameshift
Frameshift
2
Deutsch
Pheo
B4
270 C/G
R46G
Missense
2
Deutsch
Pheo
B5
270 C/G
R46G
Missense
2
Kanadisch
GT
B6
271 G/A
R46Q
Missense
2
Deutsch
Pheo
B7
271 G/A
R46Q
Missense
2
Deutsch
Pheo
B8
291 G/A
G53R
Missense
2
Spanisch
Pheo
B9
300 del CCTCA
P56Frameshift
Frameshift
2
Deutsch
Pheo
B10
328 T/C
L65P
Missense
2
Deutsch
Pheo
B11
394 T/C
L87S
Missense
3
Deutsch
Pheo
B12
394 T/C
L87S
Missense
3
Französisch
Pheo
B13
394 T/C
L87S
Missense
3
Deutsch
GT
B14
421–2 A/G
-
Splice-Defekt
(3)
Deutsch
GT
B15
421–2 A/G
-
Splice-Defekt
(3)
Deutsch
Pheo
B16
436 G/A
C101Y
Missense
4
Spanisch
Pheo
B17
558-3 C/G
-
Splice-Defekt
(4)
Polnisch
Pheo
B18
708 T/C
C192R
Missense
6
Polnisch
Pheo
B19
721 G/A
C196Y
Missense
6
Polnisch
Pheo
B20
847/849 del TCTC
F238Frameshift
Frameshift
7
Polnisch
Pheo
B21
847/849 del TCTC
F238Frameshift
Frameshift
7
Deutsch
Pheo
B22
859 G/A
R242H
Missense
7
Deutsch
GT
B23
859 G/A
R242H
Missense
7
Deutsch
Pheo
B24
881 C/A
C249X
Stopcodon
7
Deutsch
GT
B25
899+1 G/A
-
Splice-Defekt
(7)
Tabelle 10: Darstellung der im Rahmen des molekulargenetischen Screenings gefundenen Mutationen des SDHB-Gens.
Pheo ist eine Abkürzung für Phäochromozytom, GT ist eine Abkürzung für Glomustumor des Kopfes oder des Halses. Aus
Datenschutzgründen werden die Namen der Indexfälle mit den Ziffern B1-B25 verschlüsselt. Die Reihenfolge der
Nummerierung orientiert sich an der Position der Mutation in der Nukleotidsequenz.
Die Mutationen SDHB c. 270 C/G, SDHB c. 271 G/A, SDHB c. 421-2 A/G, SDHB c.
847/849 del TCTC und SDHB c. 859 G/A wurden bei jeweils 2 Patienten gefunden. Die
Mutation SDHB c. 394 T/C wurde bei drei Patienten gefunden.
Zur Frage einer verwandtschaftlichen Beziehung von Patienten mit gleichen Mutationen
wurden Haplotyp-Analysen mit polymorphen Mikrosatellitenmarkern durchgeführt. Diese
36
Untersuchung erfolgte im Labor von Frau Prof. Eng, Ohio State University, Columbus, Ohio,
USA. Es zeigten sich keine identischen Haplotypen. Eine Verwandtschaft der jeweiligen
Indexfälle kann somit mit großer Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden.
Für Mutationen des SDHB-Gens wurde eine Prävalenz von 6 % (25/420) ermittelt. Dies gilt
sowohl für die Gruppe der Phäochromozytom-Patienten (20/336) als auch für die Gruppe der
Glomustumor-Patienten (5/84). Ein Beispiel der Darstellung der Mutationen in der SSCPAnalyse zeigt Abbildung 15. Die Sequenzierungsergebnisse sind in den Abbildungen 16-33
dargestellt.
Beispiel einer SSCP-Analyse
Exon 1:
K
Bahn1
Abbildung 15:
K: steht für Kontrollprobe, dies bedeutet, dass die cDNA in Exon 1
dieser Probe keine Sequenzveränderung aufweist.
Bahn 1: zeigt das SSCP-Bandenmuster der Sequenzabweichung 155
del C. Durch die Deletion der Base Cytosin (C) an Position 155
ändert sich das Laufverhalten im SSCP-Gel. Die mit Pfeilen
markierten Extrabanden entstehen.
Abbildungen 16-33: Darstellung aller im Rahmen dieser Arbeit identifizierten
Mutationen als Sequenzdiagramme.
Angegeben sind in Buchstaben die mutierte Sequenz (Mutat.) und die Wildtypsequenz (Wildtyp) sowie die
entsprechenden Nukleotide (nt).
SDHB c. 155 del C, entspricht L7frameshift
SDHB c. 213 C/T, entspricht R27X
Mutat: T
nt: 210
Wildtyp: T
C
211
C
Codon 26
Abbildung 16:
Das gelb markierte Kästchen
kennzeichnet die Deletion der Base Cytosin (C) an
Position 155 der Wildtypsequenz. Die Folge ist die
Verschiebung
des
Leserasters
der
Aminosäuretranslation. Das ebenfalls markierte Codon 8
verdeutlicht die Veränderung. Die Wildtypsequenz des
Codons 8 TCC wird nun zu CCT.
C
212
C
T
213
C
G
214
G
Codon 27
A
G
215 216
A
G
G
217
G
A
218
A
Codon 28
Abbildung 17: Das gelb markierte Kästchen kennzeichnet
das mutierte Codon 27. Die Wildtypsequenz (untere Zeile)
der Nukleotide 213, 214 und 215 lautet CGA. Durch den
Basenaustausch an Position 213 entseht die mutierte
Sequenz (obere Zeile) TGA.
37
SDHB c. 221 ins CCAG, entspricht S30frameshift
SDHB c. 270 C/G, entspricht R46G
Mutat:
T
nt: 267
Wildtyp: T
A
268
A
Codon 45
T
269
T
G
270
C
G
271
G
A
272
A
Codon 46
T
G
273 274
T
G
Codon 47
Abbildung 18:
Das gelb markierte Kästchen
kennzeichnet die Insertion der 4 Basen CCAG an
Position 221 der Wildtypsequenz. Die Folge ist die
Verschiebung
des
Leserasters
der
Aminosäuretranslation. Das ebenfalls markierte Codon
31 verdeutlicht die Veränderung. Die Wildtypsequenz
des Codons 31 ACA wird nun zu CCA.
Abbildung 19: Das gelb markierte Kästchen
kennzeichnet das mutierte Codon 46. Die
Wildtypsequenz (untere Zeile) der Nukleotide 270, 271
und 272 lautet CGA. Durch den Basenaustausch an
Position 270 entsteht die mutierte Sequenz (obere Zeile)
GGA.
SDHB c. 271 G/A, entspricht R46Q
SDHB c. 291 G/A, entspricht G53R
Mutat: T
nt: 267
Wildtyp: T
A
268
A
Codon 45
T
269
T
C
270
C
A
271
G
Codon 46
A
272
A
T
273
T
G
274
G
G
275
G
Codon 47
Abbildung 20: Das gelb markierte Kästchen
kennzeichnet das mutierte Codon 46. Die
Wildtypsequenz (untere Zeile) der Nukleotide 270, 271
und 272 lautet CGA. Durch den Basenaustausch an
Position 271 entseht die mutierte Sequenz (obere Zeile)
CAA.
Abbildung 21: Das gelb markierte Kästchen
kennzeichnet das mutierte Codon 53. Die
Wildtypsequenz (untere Zeile) der Nukleotide 291, 292
und 293 lautet GGA. Durch den Basenaustausch an
Position 291 entseht die mutierte Sequenz (obere Zeile)
AGA.
SDHB c. 300 del CCTCA, entspricht P56frameshift
SDHB c. 328 T/C, entspricht L65P
Abbildung 22:
Das gelb markierte Kästchen
kennzeichnet die Deletion der 5 Basen CCTCA an
Position 300 der Wildtypsequenz. Die Folge ist die
Verschiebung
des
Leserasters
der
Aminosäuretranslation. Das ebenfalls markierte Codon
57 verdeutlicht die Veränderung. Die Wildtypsequenz
des Codons 57 CAT wird nun zu GCA.
Abbildung 23: Das gelb markierte Kästchen
kennzeichnet
das
mutierte
Codon
65.
Die
Wildtypsequenz (untere Zeile) der Nukleotide 327, 328
und 329 lautet CTT. Durch den Basenaustausch an
Position 328 entseht die mutierte Sequenz (obere Zeile)
CCT.
38
SDHB c. 421-2 A/G, entspricht Splice- Defekt
SDHB c. 394 T/C, entspricht L87S
Mutat:
nt:
Wildtyp:
A
390
A
C
391
C
T
392
T
T
393
T
Codon 86
C
394
T
G
395
G
A
396
A
Codon 87
C
397
C
C
398
C
Codon 88
T
434
T
Codon 100
T
435
T
A
436
G
T
437
T
G
438
G
Codon 101
T
T
C
G
T
T
C
A
Splicesequ.
G
420
G
G
421
G
C
422
C
Codon 96
Abbildung 25: Das gelb markierte Kästchen
kennzeichnet die mutierte Splicesequenz. Die
Wildtypsequenz (untere Zeile) dieser Nukleotide lautet
TCA. Durch den Basenaustausch an Position 421-2
entseht die mutierte Sequenz (obere Zeile) TCG.
SDHB c. 558-3 C/G, entspricht Splice- Defekt
SDHB c. 436 G/A, entspricht C101Y
C
433
C
T
T
Intron
Abbildung 24: Das gelb markierte Kästchen
kennzeichnet das mutierte Codon 87. Die
Wildtypsequenz (untere Zeile) der Nukleotide 393,
394 und 395 lautet TTG. Durch den Basenaustausch
an Position 394 entseht die mutierte Sequenz (obere
Zeile) TCG.
Mutat: T
nt: 432
Wildtyp: T
Mutat: C
nt:
Wildtyp: C
C
439
C
A
440
A
Codon 102
Abbildung 26: Das gelb markierte Kästchen
kennzeichnet das mutierte Codon 101. Die
Wildtypsequenz (untere Zeile) der Nukleotide 435, 436,
437 lautet TGT. Durch den Basenaustausch an Position
436 entseht die mutierte Sequenz (obere Zeile) TAT.
Abbildung 27: Das gelb markierte Kästchen
kennzeichnet die mutierte Splicesequenz. Die
Wildtypsequenz (untere Zeile) dieser Nukleotide lautet
CAG. Durch den Basenaustausch an Position 558-3
entseht die mutierte Sequenz (obere Zeile) GAG.
SDHB c. 708 T/C, entspricht C192R
SDHB c. 721 G/A, entspricht C196Y
Mutat: T
nt: 705
Wildtyp: T
G
706
G
Codon 191
C
707
C
C
708
T
G
709
G
Codon 192
T
710
T
A
711
A
G
712
G
C
713
C
Codon 193
Abbildung 28: Das gelb markierte Kästchen
kennzeichnet das mutierte Codon 192. Die
Wildtypsequenz (untere Zeile) der Nukleotide 708, 709
und 710 lautet TGT. Durch den Basenaustausch an
Position 708 entseht die mutierte Sequenz (obere Zeile)
CGT.
Mutat: A
nt: 717
Wildtyp: A
G
718
G
Codon 195
C
T
719 720
C
T
A
721
G
C C
722 723
C C
Codon 196
C
724
C
C
725
C
Codon 197
Abbildung 29: Das gelb markierte Kästchen
kennzeichnet das
mutierte
Codon 196. Die
Wildtypsequenz (untere Zeile) der Nukleotide 720, 721
und 722 lautet TGC. Durch den Basenaustausch an
Position 721 entseht die mutierte Sequenz (obere Zeile)
TAC.
39
SDHB c. 847/849 del TCTC, entspricht F238frameshift
Mutat:
nt:
Wildtyp:
T
849
T
C
850
C
T
851
T
A
852
C
Codon 239
T
853
T
A
854
A
C
855
T
Codon 240
C
856
A
G
857
C
Codon 241
Abbildung 30:.Das gelb markierte Kästchen kennzeichnet
die Folge der Deletion der 4 Aminosäuren TCTC an
Position 847/849 der Wildtypsequenz. Die Folge ist die
Verschiebung
des
Leserasters
für
die
Aminosäuretranslation. Das markierte Codon 240 und 241
kennzeichnet die Änderung.
SDHB c. 881 C/A, entspricht C249X
Mutat: A
nt: 876
Wildtyp: A
A
877
A
Codon 248
C
878
C
T
879
T
G
880
G
A
881
C
Codon 249
SDHB c. 859 G/A, entspricht R242H
Mutat: T
nt: 855
Wildtyp: T
A
856
A
Codon 241
C
857
C
C
A
858 859
C
G
C
860
C
Codon 242
T
861
T
G
862
G
C
863
C
Codon 243
Abbildung 31: Das gelb markierte Kästchen
kennzeichnet das mutierte Codon 242. Die
Wildtypsequenz (untere Zeile) der Nukleotide 858,
859 und 860 lautet CGC. Durch den Basenaustausch
an Position 859 entseht die mutierte Sequenz (obere
Zeile) CAC.
SDHB c. 899+1 G/A, entspricht Splice- Defekt
A
882
A
C
883
C
A
884
A
Codon 250
Abbildung 32: Das gelb markierte Kästchen
kennzeichnet das mutierte Codon 249. Die
Wildtypsequenz (untere Zeile) der Nukleotide 879, 880
und 881 lautet TGC. Durch den Basenaustausch an
Position 881 entseht die mutierte Sequenz (obere Zeile)
TGA.
Abbildung 33: Das gelb markierte Kästchen
kennzeichnet die mutierte Splicesequenz. Die
Wildtypsequenz (untere Zeile) dieser Nukleotide
lautet GTA. Durch den Basenaustausch an Position
899+1 entseht die mutierte Sequenz (obere Zeile)
ATA.
40
Intraexonisch gelegenen Polymorphismen des SDHB-Gens wiesen 43 Patienten auf. 7
verschieden Polymorphismen wurden entdeckt (Tabelle 11). Sie finden sich in Exon 1, 4, 5
und 7. Für intraexonisch lokalisierte Polymorphismen des SDHB-Gens wurde eine Prävalenz
von 10 % (43/420) ermittelt.
Polymorphismus
(Nukleotid)
Resultat
(Aminosäure)
Anzahl der Patienten
Anzahl positiver
Kontrollproben
Exon
104 T/A
UTR*
0
1
1
152 A/C
A6A
21
4
1
158 C/T
S8S
3
0
1
434 T/C
S100S
4
1
4
529 A/C**
T101P
2
0
4
621 T/C
S163P
12
2
5
809 C/T
D225D
1
0
7
Tabelle 11: Darstellung der Polymorphismen des SDHB-Gens, sortiert nach Nukleotidnummern der cDNA, die in Kapitel
1.2.1. dargestellt ist. Es wurden nur Polymorphismen tabellarisch erfasst, die in den 8 verschiedenen Exons des SDHB-Gens
gefunden wurden. *UTR steht für die 133bp große untranslatierte Region am 5'Ende des Exon 1. **Die Sequenzveränderung
SDHB c. 529 A/C wurde als Polymorphismus interpretiert, da sie nicht mit der Erkrankung cosegregierte (zusammen vererbt
wurden).
3.2.2. Molekulargenetische Testung von Verwandten
Die Einwilligung zur molekulargenetischen Untersuchung auf konstitutionelle Mutationen des
SDHB-Gens
lag von 43 Verwandten von 15
Indexfällen vor. Nach entsprechender
Aufklärung wurden jeweils 10 ml EDTA Blut zur Untersuchung auf die Mutation des
entsprechenden Indexfalles zugesandt. Untersucht wurden Verwandte folgender Indexfälle:
B2, B3, B4, B5, B9, B10, B13, B16, B17, B18, B19, B20, B21, B22 und B23. Von
Verwandten der Indexfälle B1, B6, B7, B8, B11, B12, B14, B15, B24 und B25 stand kein
Blut zur molekulargenetischen Untersuchung zur Verfügung.
Als Träger konstitutioneller Mutationen des SDHB-Gens wurden 26 Personen identifiziert.
Bei 17 Personen wurden die entsprechenden Mutationen ausgeschlossen.
41
Tabelle 12 fasst die Ergebnisse des molekulargenetischen Screenings der Verwandten
zusammen.
Familien
Familie B2:
Indexfall
Mutter
Familie B3:
Indexfall
Tochter
Familie B4:
Indexfall
Mutter
Vater
Familie B5:
Indexfall
Mutter
Vater
Familie B9:
Indexfall
Mutter
Familie B10:
Indexfall
Mutter
Vater
Bruder
Familie B13:
Indexfall
Mutter
Schwester
Schwester
Schwester
Nichte
Nichte
Nichte
Nichte
Neffe
Neffe
Familie B16:
Indexfall
Mutter
Vater
Familie B17:
Indexfall
Tochter
Tochter
Familie B18:
Indexfall
Bruder
Schwester
Neffe
Familie B19:
Indexfall
Mutter
Vater
Schwester
Familie B20:
Indexfall
Sohn
Nationalität
Alter
Geschlecht
Testergebnis
13
-
w
w
213 C/T
Normalbefund
48
-
w
w
221 ins CCAG
Normalbefund
14
61
67
w
w
m
270 C/G
270 C/G
Normalbefund
15
62
m
w
m
270 C/G
270 C/G
Normalbefund
19
52
m
w
300 del CCTCA
300 del CCTCA
15
48
48
14
m
w
m
m
328 T/C
Normalbefund
328 T/C
328 T/C
42
79
46
53
39
11
16
12
22
19
18
w
w
w
w
w
w
w
w
w
m
m
394 T/C
Normalbefund
Normalbefund
394 T/C
394 T/C
Normalbefund
Normalbefund
394 T/C
394 T/C
394 T/C
Normalbefund
10
47
-
w
w
m
436 G/A
436 G/A
Normalbefund
65
33
35
m
w
w
558-3 C/G
558-3 C/G
558-3 C/G
26
54
52
25
w
m
w
m
708 T/C
708 T/C
708 T/C
Normalbefund
19
42
22
m
w
m
w
721 G/A
721 G/A
Normalbefund
721 G/A
34
12
w
m
847-849 del TCTC
Normalbefund
Deutsch
Polnisch
Deutsch
Deutsch
Spanisch
Deutsch
Französisch
Deutsch
Spanisch
Polnisch
Polnisch
Polnisch
42
Polnisch
Familie B21:
Indexfall
Mutter
Bruder
Tochter
Nichte
Familie B22:
Indexfall
Schwester
Sohn
Sohn
Sohn
Tochter
Neffe
Familie B23:
Indexfall
Tochter
Bruder
16
60
37
8
3
w
w
m
w
w
847-849 del TCTC
Normalbefund
847-849 del TCTC
847-849 del TCTC
847-849 del TCTC
35
38
11
18
14
14
15
m
w
m
m
m
w
m
859 G/A
859 G/A
859 G/A
859 G/A
Normalbefund
859 G/A
Normalbefund
32
34
-
m
w
m
859 G/A,
859 G/A
859 G/A
Deutsch
Deutsch
Tabelle 12: Übersicht aller 43 getesteten Verwandten; Die Altersangabe bezieht sich entweder auf die Manifestation des
Primärtumors oder den Zeitpunkt der molekulargenetischen Testung der Verwandten. Die letzte Spalte fasst alle gewonnenen
Ergebnisse des molekulargenetischen Screenings zusammen.
Konstitutionelle Mutationen des SDHB-Gens wurden sowohl über das väterliche als auch
über das mütterliche Genom vererbt. Eine Manifestation der Erkrankung wurde bei beiden
Vererbungswegen
beobachtet.
Das
Vererbungsmuster
entspricht
einem
autosomal-
dominanten Erbgang.
Abbildung 34 verdeutlicht anhand der Stammbäume der untersuchten Familien das
Vererbungsmuster.
Abbildung 34,Teil 1: Stammbaumanalysen der 15 Indexfälle
Familie B4: SDHB c. 270 C/G, R46G
-
I:1
Familie B5: SDHB c. 270 C/G, R46
+
-
+
I:2
I :1
I :2
I I :1
II:1
II:2
I:1
II:3
II:3 ist der Indexfall. Es handelt sich um eine Patientin,
die im Alter von 14 Jahren an einem benignen, extaadrenal abdominellen Phäochromozytom erkrankte.
Eine molekulargenetische Testung erfolgte für die
Mutter und den Vater der Indexpatientin.
Familie B9: SDHB c. 300 del CCTCA, P56frameshift
+
I:1
I:2
II:1
II:1 ist der Indexfall. Es handelt sich um einen
Patienten, der im Alter von 19 Jahren an einem
benignen, adrenalen Phäochromozytom erkrankte. Eine
molekulargenetische Testung erfolgte für die Mutter
des Indexpatienten.
II:1 ist der Indexfall. Es handelt sich um einen
Patienten, der im Alter von 15 Jahren an einem
malignen, extra-adrenal thorakalen Phäochromozytom
erkrankte. Eine molekulargenetische Testung erfolgte
für die Mutter und den Vater des Indexpatienten..
Familie B10: SDHB c. 328 T/C, L65P
+
I:1
-
I:2
+
II:1
II:2
II:2 ist der Indexfall. Es handelt sich um einen Patienten,
der im Alter von 15 Jahren an einem benignen, extraadrenal abdominellen Phäochromozytom erkrankte. Eine
molekulargenetische Testung erfolgte für die Mutter,
den Vater und den Bruder des Indexpatienten.
43
Abbildung 34, Teil 2:Stammbaumanalyse der 15 Indexfälle
Familie B16: SDHB c. 436 G/A, C101Y
Familie B13: SDHB c. 394 T/C, L87S
-
I:1
II:1
-
I:2
-
II:2
+
+
II:3
II:4
-
+
III:1
III:2
-
+
I:1
I:2
II:1
+ +
III:3 III:4
-
III:5 III:6
II:1 ist der Indexfall. Es handelt sich um eine Patientin,
die im Alter von 42 Jahren an einem benignen, extraadrenal abdominellen Phäochromozytom erkrankte. Eine
molekulargenetische Testung erfolgte für die Mutter, 3
Schwestern, 4 Nichten und 2 Neffen der Indexpatientin.
Ein Neffe (III:1) erkrankte im Alter von 19 Jahren an
einem
benignen,
extra-adrenal
abdominellen
Phäochromozytom
II:1 ist der Indexfall. Es handelt sich um eine Patientin,
die im Alter von 10 Jahren an einem benignen, extraadrenal abdominellen Phäochromozytom erkrankte. Eine
molekulargenetische Testung erfolgte für die Mutter und
den Vater der Indexpatientin.
Familie B17: SDHB c. 558-3 C/G, Splice- Defekt
Familie B18: SDHB c. 708 T/C, C192R
I:1
I:1
I:2
+
+
II:1
II:2
II:4
I:2
+
-
+
II:1
II:2
II:3
III:1
I:1 ist der Indexfall. Es handelt sich um einen Patienten,
der im Alter von 65 Jahren an einem malignen, extraadrenal abdominellen Phäochromozytom erkrankte. Eine
molekulargenetische Testung erfolgte für 2 Töchter des
Indexpatienten. Eine Tochter (II:1) erkrankte im Alter
von 33 Jahren an einem benignen, extra-adrenal
abdominellen Phäochromozytom
II:3 ist der Indexfall. Es handelt sich um eine Patientin,
die im Alter von 26 Jahren an einem benignen, extraadrenal abdominellen Phäochromozytom erkrankte. Eine
molekulargenetische Testung erfolgte für die Schwester,
den Bruder und 1 Neffen der Indexpatientin.
Familie B19 SDHB c. 721 T/C, C196Y
Familie B21: SDHB c. 847-849 del TCTC, F238Frameshift
-
+
I:1
I:2
II:1
II:2
I:1
+
+
+
II:1
III:2
II:1 ist der Indexfall. Es handelt sich um einen Patienten,
der im Alter von 19 und 21 Jahren an einem benignen,
extra-adrenal abdominellen Phäochromozytom der
Harnblase erkrankte. Eine molekulargenetische Testung
erfolgte für die Mutter, den Vater und die Schwester des
Indexpatienten.
-
I:2
II:2
+
II:3
III:1
II:2 ist der Indexfall. Es handelt sich um eine Patientin,
die im Alter von 16 Jahren an einem benignen, extraadrenal abdominellen Phäochromozytom erkrankte.
Rezidive des Primärtumors traten im Alter von 19, 21
und 26 Jahren auf. Im Alter von 24 Jahren wurde
zusätzlich ein Nierenzellkarzinom diagnostiziert. Eine
molekulargenetische Testung erfolgte für die Mutter,
den Bruder, die Tochter und die Nichte der
Indexpatientin. Der Bruder erkrankte im Alter von 26
Jahren an einem Nierenzellkarzinom und im Alter von
37 Jahren an einem extra-adrenal thorakalem
Phäochromozytom.
44
Abbildung 34, Teil 3:Stammbaumanalyse der 15 Indexfälle
Familie B22: SDHB c. 859 G/A, R242H
I:1
Familie B23: SDHB c. 859 G/A, R242H
I:1
I:2
+
+
II:1
II:2
II:3
II:4
I:2
II:1
II:5
II:2
+
II:6
III:1
-
III:7
+ +
III:1 III:2
-
+
III:3 III:4 III:5 III:6
II:5 ist der Indexfall. Es handelt sich um einen Patienten,
der im Alter von 35 Jahren an einem benignen, adrenalen
Phäochromozytom erkrankte. Rezidive des Primärtumors
traten im Alter von 39 und 40 Jahren auf. Eine
molekulargenetische Testung erfolgte für die Schwester,
die Tochter, 3 Söhne und den Neffen des Indexpatienten.
II:2 ist der Indexfall. Es handelt sich um einen Patienten,
der im Alter von 32 Jahren an einem malignen Tumor
des Glomus caroticum erkrankte. Der Patient erlag im
Alter von 64 Jahren den Folgen seiner Krankheit. Eine
molekulargenetische Testung erfolgte für den Bruder
und die Tochter des Indexpatienten. Anamnestisch
konnte evaluiert werden, dass der bereits verstorbene
Bruder ebenfalls an einem malignen Tumor des Glomus
caroticum erkrankt war.
Abbildung 34: Darstellung der Stammbäume der molekulargenetisch untersuchten Indexfamilien. Der Stammbaum der
Familie B2, B3 und B20 ist nicht dargestellt. Bei diesen Indexpatienten stand DNA-Material nur jeweils eines Angehörigen
zur Verfügung und dieser war kein Träger der entsprechenden Mutation. Männer werden durch Vierecke, Frauen durch
Kreise symbolisiert. Durchgestrichene Symbole kennzeichnen bereits verstorbene Verwandte. Ausgefüllte Symbole stellen
die jeweiligen Indexfälle dar, die an einem Phäochromozytom oder Glomustumor erkrankt waren. Symbole die ein Plus
besitzen, kennzeichnen im Rahmen des Screenings der Verwandten entdeckte Mutationsträger. Symbole die ein Minus
besitzen, kennzeichnen molekulargenetisch getestete Verwandte, die keine Mutationsträger sind.
3.2.3. Klinische Charakterisierung der Träger von Mutationen des SDHB-Gens
Die molekulargenetische Untersuchung auf konstitutionelle Mutationen des SDHB-Gens der
420 Patienten und der 43 Verwandten ergab eine Gesamtzahl von 53 Mutationsträgern.
Diese sind Träger 18 verschiedener Mutationen des SDHB-Gens. Sie setzten sich aus 25
Indexfällen und 26 positiv getesteten Angehörigen zusammen. Zusätzlich wurden 2 weitere
Personen als Mutationsträger angenommen. Es handelt sich um 2 Angehörige des Indexfalles
B6, die im Alter von 45 bzw. 55 Jahren an einem Tumor des Glomus caroticum erkrankten.
Der Indexfall B6, Träger der Mutation SDHB c. 271 G/A erkrankte im Alter von 50 Jahren an
einem malignen, adrenalen Phäochromozytom. DNA der Angehörigen stand bisher zur
molekulargenetischen Untersuchung nicht zur Verfügung.
Von 42 Mutationsträger liegen Daten klinischer Untersuchungen vor. Dazu gehörten
Bestimmungen von Adrenalin und Noradrenalin im 24h Sammelurin sowie Ergebnisse der
45
Computertomographie / Magnetresonanztomographie von Thorax und Abdomen, Hals und
Schädelbasis.
10 Mutationsträger waren asymptomatisch. Das klinische Screening ergab keine Hinweise auf
das Vorliegen eines Phäochromozytoms, eines Paraganglioms oder eines Glomustumors.
Von 11 Mutationsträgern stehen die Ergebnisse des klinischen Screenings noch aus. Sie
wurden von der Auswertung der klinischen Daten ausgeschlossen.
32 Mutationsträger (25 Indexfälle + 5 positiv getestete Verwandte + 2 Angehörige mit
angenommenen Mutationen des SDHB-Gens) waren symptomatisch. Bei der Auswertung der
klinischen Daten wurden Patienten mit mehreren, verschiedenen Tumoren, z.B. einem
Phäochromozytom und einem Glomustumor, doppelt berücksichtigt. Ebenso wurden
Patienten mit unterschiedlichen Tumorlokalisationen, z.B. einem adrenalen und einem extraadrenalen Tumor, doppelt berücksichtigt.
Das durchschnittliche Manifestationsalter der 32 symptomatischen Mutationsträger lag bei
31,3 Jahren. Bei Patienten mit einem Glomustumor manifestierte sich die Erkrankung
durchschnittlich mit 43,7 Jahren, bei Patienten mit der Diagnose eines Phäochromozytom bei
durchschnittlich 27,8 Jahren. 88 % (28/32) der Patienten zeigten ein Phäochromozytom. 31 %
(10/32) der Patienten zeigten einen Glomustumor. 2 Patienten (6,3 %) entwickelten im
Verlauf ihrer Erkrankung sowohl ein Phäochromozytom als auch einen Glomustumor.
Ein adrenal lokalisiertes Phäochromozytom wiesen 28 % (9/32) der Mutationsträger auf. Ein
extra-adrenal adominelles Phäochromozytom zeigten 50 % (16/32) der Patienten (Abbildung
35) und 9 % (3/32) zeigten ein extra-adrenal thorakales Phäochromozytom.
A
B
Abbildung 35. CT des Abdomens und Jod131 MIBG- Szintigraphie des Indexpatienten B19. Der
Indexpatient B19, Träger der Mutation SDHB c. 721 T/C, erkrankte im Alter von 19 und 21 Jahren
an einem benignen, extra-adrenal abdominell lokalisierten Phäochromozytom. Die Besonderheit
dieses Falls liegt in der außergewöhnlichen Lokalisation des Phäochromozytoms. Es manifestierte
sich an der Wand der Harnblase. A: CT des Abdomens. Der Pfeil markiert das benigne, extraadrenal abdominelle Phäochromozytom der Harnblase. B: Jod131 MIBG- Szintigraphie. Der Pfeil
markiert das Phäochromozytom der Harnblase.
46
Ein multifokales Wachstum fand sich bei 9 der 32 (28 %) Patienten. 11 von 32 (34 %)
Patienten waren an einem malignen Phäochromozytom oder einem Glomustumor erkrankt;
ein malignes Phäochromozytom lag bei 8 Patienten vor, einen malignen Glomustumor zeigten
3 Patienten. Sie wiesen bei Diagnosestellung bzw. im Krankheitsverlauf vor allem ossäre und
pulmonale Metastasen auf (Abbildung 36). 5 dieser Personen erlagen in unterschiedlichem
Alter ihrer Grunderkrankung.
Tabelle 13 fasst die klinischen und molekulargenetischen Daten dieser Patienten zusammen.
Fall
Geschlecht
Lokalisation
Status 2004
Krankheitsdauer
Mutation
B1
B5
B7
B6
B7
B11
B17
B20
B22
B23
B25
w
m
m
m
w
w
m
w
m
m
m
thorakal
extra-adrenal, abdominal
Glomustumor
adrenal
extra-adrenal, abdominal
adrenal
extra-adrenal, abdominal
adrenal
Glomustumor
Glomustumor
extra-adrenal, abdominal
L 34
L 35
L 45
L 56
T 45
T 28
L 68
T 36
T 64
T 64
L 66
3
20
11
6
32
11
3
2
32
2
6
155 del C
270 C/G
271 G/A
271 G/A
300 del CCTCA
394 T/C
558-3 C/G
847/849 del TCTC
859 G/A
859 G/A
899+1 G/A
Tabelle 13: Übersicht aller Patienten, die an einem malignen Phäochromozytom, Paragangliom oder einem malignen
Glomustumor erkrankt sind oder waren. Die Spalte "Fall" gibt die verschlüsselten Ziffern der betroffenen Indexfamilien
wieder. Die Spalte "Status 2004" gibt an, ob die Patienten noch leben (L) oder bereits verstorben (T) sind. Die zusätzliche
Zahl gibt das Alter der Patienten im Jahr 2004 an oder das Alter bei Tod des Patienten.
A
Abbildung 36: Darstellung einer Jod131-MIBG-Szintigraphie des
Indexfalles B23. Der Indexpatient B23, Träger der Mutation
SDHB c. 859 G/A erkrankte im Alter von 31 Jahren an einem
malignen Tumor des Glomus caroticum. Beweisend für die
Malignität des Tumors galten vor allem Wirbelkörpermetastasen.
Im Alter von 64 Jahren erlag der Patient seiner malignen
Erkrankung. In beiden Abbildungen sind die Befund der Jod131 MIBG-Szintigraphie dargestellt. Deutlich zu sehen ist eine
ausgeprägte Metastasierung
in die Wirbelkörper. A:
Ganzkörperansicht von vorne (links) und hinten (rechts). B:
Seitansicht von links, der unteren Thorax und Abdomen-Region.
B
47
Maligne Zweiterkrankungen in Form eines papillären Schilddrüsenkarzinoms, einer akuten
myeloischen Leukämie und zweier Nierenzellkarzinome wurden bei 4 Patienten
diagnostiziert. Der Indexpatient B10, Träger der Mutation SDHB c. 328 T/C, erkrankte im
Alter von 14 Jahren an einem papillären Schilddrüsenkarzinom. Mit 15 Jahren zeigte der
Patient ein benignes, extra-adrenal abdominell lokalisiertes Phäochromozytom. Die Mutter
des Indexpatienten hatte ebenfalls ein papilläres Schilddrüsenkarzinom, war aber keine
Trägerin der Mutation. Die Indexpatientin B11, Trägerin der Mutation SDHB c. 394 T/C
erkrankte im Alter von 17 Jahren an einem malignen, adrenalen Phäochromozytom. Sie
verstarb mit 28 Jahren an einer akuten myeloischen Leukämie. Die Indexpatientin B21,
Trägerin der Mutation SDHB c. 847/849 del TCTC, erkrankte im Alter von 16 Jahren an
einem benignen, extra-adrenal abdominell lokalisierten Phäochromozytom. Rezidive des
Primärtumors traten im Alter von 19, 21 und 26 Jahren auf. Mit 24 Jahren zeigte sie
zusätzlich ein Nierenzellkarzinom (Abbildung 37). Der Bruder der Indexpatientin B21,
ebenfalls Träger der Mutation SDHB c. 847/849 del TCTC, zeigte im Alter von 26 Jahren ein
Nierenzellkarzinom. 11 Jahre später, mit 37 Jahren, erkrankte er an einem extra-adrenal
thorakal lokalisierten Phäochromozytom.
A
A
B
B
Abbildung 37: CT-Darstellung des Nierenzellkarzinoms der linken Niere der Indexpatientin B21. Sie ist Trägerin
der Mutation 847/849 del TCTC, entspricht F238Frameshift. Im Alter von 16 Jahren erkrankte sie erstmals an einem
extra-adrenal abdominellen Phäochromozytom. Rezidive des Primärtumors traten mit 19, 21 und 26 Jahren auf. Im
Alter von 24 wurde das oben dargestellte Nierenzellkarzinom diagnostiziert. Abbildungen A und B: Darstellung des
Tumors in unterschiedlicher Schnittebene. Die Pfeile markieren den Tumor.
48
Tabelle
14
zeigt
klinische
und
molekulargenetische
Daten
der
32
erkrankten,
symptomatischen Träger konstitutioneller Mutationen des SDHB-Gens.
Nationalität
Indexfall
Alter
Pheo / GT
Anzahl der
Tumore
Lokalisation
Pheo
Dignität
Deutsch
B1
31
Pheo
1
thorakal
maligne
Maligne Zweiterkrankung
Mutation
155 del c
Deutsch
B2
13
Pheo
1
abdominell
213 C/T
Polnisch
B3
48
Pheo
1
adrenal
221 ins CCAG
Deutsch
B4
14
Pheo
1
abdominell
270 C/G
Deutsch
B5
15
Pheo
1
1
thorakal
maligne
adrenal
maligne
GT
Kanadier
B6
50
Pheo
1
Kanadier
Angehörige
45
GT
1
Kanadier
Angehörige
55
GT
1
Deutsch
B7
34
GT
1
270 C/G
271 G/A
271 G/A
271 G/A
maligne
271 G/A
Deutsch
B8
36
Pheo
1
adrenal
291 G/A
Spanisch
B9
19
Pheo
1
adrenal
300 del CCTCA
Spanisch
Mutter
13
Pheo
1
abdominell
Deutsch
B10
15
Pheo
1
abdominell
Deutsch
B11
17
Pheo
1
adrenal
maligne
maligne
300 del CCTCA
papilläres SD-CA
328 T/C
AML
394 T/C
Deutsch
B12
54
Pheo
1
abdominell
394 T/C
Französisch
B13
42
Pheo
1
abdominell
394 T/C
Französisch
Neffe
13
Pheo
1
abdominell
Deutsch
B14
43
GT
1
Deutsch
B15
45
GT
2
Deutsch
B16
10
Pheo
1
abdominell
Spanisch
B17
65
Pheo
1
abdominell
Spanisch
Tochter
33
Pheo
1
abdominell
558-3 C/G
Polnisch
B18
26
Pheo
1
abdominell
708 T/C
Polnisch
B19
19
Pheo
2
abdominell
Polnisch
B20
34
Pheo
1
adrenal
394 T/C
421-2 A/G
421-2 A/G
436 G/A
maligne
558-3 C/G
721 G/A
maligne
847/849 del TCTC
Polnisch
B21
16
Pheo
3
abdominell
RCC
847/849 del TCTC
Polnisch
Bruder
37
Pheo
1
thorakal
RCC
847/849 del TCTC
Deutsch
B22
35
Pheo
1
adrenal
Deutsch
B23
31
GT
1
Deutsch
Bruder
53
GT
1
Deutsch
B24
12
Pheo
1
adrenal
Deutsch
B25
21
Pheo
GT
1
1
adrenal
859 G/A
maligne
859 G/A
maligne
859 G/A
881 C/A
maligne
899+1 G/A
Tabelle 14: Klinische und molekulargenetische Daten der 32 symptomatischen Träger konstitutioneller Mutationen des
SDHB-Gens. Das Alter der genannten 32 symptomatischen Mutationsträger bezieht sich auf den Zeitpunkt der Manifestation
des Primärtumors. Dieser ist fett gedruckt markiert. Pheo steht als Abkürzung für Phäochromozytom, GT steht als
Abkürzung für Glomustumor. Alle nicht mit "maligne" gekennzeichneten Patienten, wiesen Tumoren benigner Dignität auf.
49
Tabelle 15 fasst die wesentlichen Daten der 32 erkrankten, symptomatischen Träger
konstitutioneller Mutationen des SDHB-Gens zusammen.
Klinische Charakteristika
Symptomatische SDHB- Mutationsträger
n = 32
Phäochromozytome:
adrenal
extra-adrenal abdominell
extra-adrenal thorakal
28 %
50 %
9%
(9/32)
(16/32)
(3/32)
Glomustumoren
31 %
(10/32)
multifokale Tumoren
28 %
(9/32)
maligne Tumoren
34 %
(11/32)
maligne Zweiterkrankungen
13 %
(4/32)
Tabelle 15: Übersicht der erhobenen klinischen Daten der Träger konstitutioneller Mutationen des SDHB-Gens. Von den
ursprünglichen 53 Mutationsträgern sind 21 Mutationsträger ausgeschlossen. Von diesen 21 Personen gelten 10 als
asymptomatisch und von 11 Personen standen die Befunde und Ergebnisse des klinischen Screenings noch aus. Patienten mit
mehreren unterschiedlichen Tumoren und Tumorlokalisationen wurden mehrfach gewertet.
3.2.4. Penetranz
Die altersabhängige Penetranz von Mutationen des SDHB-Gens wurde mittels einer KaplanMeier-Berechnung dargestellt (Abbildung 38, 39 und 40). Grundlage der Darstellung ist das
Manifestationsalter. Die Berechnung basiert auf den Daten von 42 Mutationsträgern. Diese
setzten sich aus 32 symptomatischen Patienten mit konstitutionellen Mutationen des SDHBGens und 10 asymptomatischen Mutationsträgern zusammen. Von der Analyse ausgenommen
sind 11 positiv getestete Verwandte der Indexfälle, bei denen Ergebnisse und Befunde des
klinischen Screenings noch ausstehen. Abbildung 38 zeigt die Penetranzdarstellung für
Patienten mit Phäochromozytomen, Paragangliomen und Glomustumoren. Abbildung 39
zeigt die Penetranzdarstellung für Patienten mit adrenalen Phäochromozytomen. Abbildung
40 zeigt die Penetranzdarstellung für Patienten mit Glomustumoren des Kopfes und des
Halses.
50
Abbildung 38: Altersabhängige Penetranzdarstellung für Patienten mit Phäochromozytomen, Paragangliomen und
Glomustumoren.
Abbildung 39: Altersabhängige Penetranzdarstellung für Patienten mit adrenalen Phäochromozytomen.
Abbildung 40: Altersabhängige Penetranzdarstellung für Patienten mit Glomustumoren des Kopfes und des Halses.
51
Für Mutationen des SDHB-Gens zeigte sich eine Penetranz von 50 % mit Erreichen des 35.
Lebensjahres. Dies bedeutet dass 50 % aller SDHB- Mutationsträger bis zum Alter von 35
Jahren ein Phäochromozytom, ein Paragangliom oder einen Glomustumor entwickeln. Die
altersabhängige Penetranz steigt auf 77 % mit Erreichen des 50. Lebensjahres an (Abbildung
38). Die altersabhängige Penetranz für die Manifestation adrenaler Phäochromozytome bei
Patienten mit Mutationen des SDHB-Gens liegt mit Erreichen des 48. Lebensjahres bei 25 %
(Abbildung 39). Für die Manifestation von Glomustumoren liegt die Penetranz bei 25 % mit
Erreichen des 45. Lebensjahres und mit Erreichen des 55. Lebensjahres bei 50 % (Abbildung
40).
3.3. Konstitutionelle Mutationen des SDHC-Gens
3.3.1. Molekulargenetisches Screening auf konstitutionelle Mutationen des SDHC-Gens
Als Träger konstitutioneller Mutationen des SDHC-Gens wurden 3 nicht miteinander
verwandte Patienten entdeckt. Eine Patientin ist Teil des deutschen Glomustumor-Registers.
Sie ist Trägerin der Mutation SDHC c. 39 C/A, entspricht C13X. Eine Patientin wurde aus
Spanien eingebracht. Sie ist Trägerin der Mutation SDHC c. 1 A/G, entspricht M1V. Eine
Patientin wurde aus Polen eingebracht. Sie ist Trägerin der Mutation SDHC c. 214 C/T,
entspricht R72C (Tabelle 16).
Nationalität Tumor
Indexfall
Alter
Mutation
(Nukleotid)
Resultat
(Aminosäure)
Mutationstypus
Exon
Spanisch
GT
C1
52
1 A/G
M1V
Verlust des Startcodons
1
Deutsch
GT
C2
37
39 C/A
C13X
Stopcodon
2
Polnisch
GT
C3
62
214 C/T
R72C
Missense
4
Tabelle 16: Darstellung der im Rahmen des molekulargenetischen Screenings gefundenen Mutationen des SDHC- Gens. GT
ist eine Abkürzung für Glomustumor. Aus Datenschutzgründen werden die Namen der Indexfälle mit den Ziffern C1, C2 und
C3 verschlüsselt. Die Reihenfolge der Nummerierung orientiert sich an der Position der Mutation in der Nukleotidsequenz.
Die Mutationen finden sich in Exon 1, 2 und 4. Das Mutationsspektrum setzt sich aus einer
Missense-Mutation, die einen Verlust des Startcodons ATG der Aminosäuretranslation
bedingt, einer Missense-Mutationen, die in einem Aminosäureaustausch resultiert und einer
Stopcodon-Mutation zusammen (Erklärungen siehe Kapitel 1.2.3. Mutationen und
Polymorphismen, S.20).
52
Für die Gesamtzahl der Indexfälle, d.h. für Patienten mit Phäochromozytomen und / oder
Glomustumoren, wurde eine Prävalenz von 0,7 % (3/420) ermittelt. Da alle 3 Patienten einen
Glomustumor zeigten, wurde bei dieser Patientengruppe eine Prävalenz von 3,5 % (3/84) für
Mutationen des SDHC-Gens ermittelt.
Die wesentlichen Ergebnisse des molekulargenetischen Screenings sind in den Abbildungen
41 bis 46, als Befunde der SSCP-Analyse und als Befunde der Sequenzierung dargestellt.
K
Bahn 1
Abbildung 41: K steht für Kontrollprobe,
dies bedeutet, dass die cDNA in Exon 1
dieser Probe keine Sequenzveränderung
aufweist. Bahn 1: zeigt das SSCPBandenmuster der Sequenzabweichung
SDHC
c.
1
A/G.
Durch
den
Basenaustausch an Position 1 ändert sich
das Laufverhalten im SSCP-Gel. Die mit
einem Pfeil markierte Extrabande entseht.
K
Bahn 1
Abbildung 42: K steht für Kontrollprobe,
dies bedeutet, dass die cDNA in Exon 2
dieser Probe keine Sequenzveränderung
aufweist. Bahn 1: zeigt das SSCPBandenmuster der Sequenzabweichung
SDHC c. 39 C/A. Durch den
Basenaustausch an Position 39 ändert sich
das Laufverhalten im SSCP-Gel. Die mit
einem Pfeil markierte Extrabande entseht.
SDHC c. 1 A/G, entspricht M1V
K
Bahn 1
Abbildung 43: K steht für Kontrollprobe,
dies bedeutet, dass die cDNA in Exon 4
dieser Probe keine Sequenzveränderung
aufweist. Bahn 1: zeigt das SSCPBandenmuster der Sequenzabweichung
SDHC c. 214 C/T. Durch den
Basenaustausch an Position 214 ändert sich
das Laufverhalten im SSCP-Gel. Die mit
einem Pfeil markierte Extrabande entseht.
SDHC c. 39 C/A, entspricht C13X
Codon 12
Abbildung 44: Das gelb markierte Kästchen
kennzeichnet das mutierte Codon 1. Die
Wildtypsequenz (untere Zeile) der Nukleotide 1, 2
und 3 lautet ATG. Durch den Basenaustausch an
Position 1 entseht die mutierte Sequenz (obere Zeile)
GTG.
Codon 13
Codon 14
Abbildung 45: Das gelb markierte Kästchen
kennzeichnet
das
mutierte
Codon
13.
Die
Wildtypsequenz (untere Zeile) der Nukleotide 37, 38 und
39 lautet TGC. Durch den Basenaustausch an Position 39
entseht die mutierte Sequenz (obere Zeile) TGA.
SDHC c. 214 C/T, entspricht R72C
Abbildung 46: Das gelb markierte Kästchen
kennzeichnet das mutierte Codon 72. Die
Wildtypsequenz (untere Zeile) der Nukleotide 214,
215 und 216 lautet CGT. Durch den Basenaustausch
an Position 214 entseht die mutierte Sequenz (obere
Zeile) TGT.
Codon 71
Codon 72
Codon 73
53
3.3.2. Klinische Charakterisierung der Träger von Mutationen des SDHC-Gens
Die Auswertung der klinischen Daten von Trägern konstitutioneller Mutationen des SDHCGens ergab folgende Ergebnisse.
Die Indexpatientin C1, Trägerin der Mutation SDHC c. 1 A/G, erkrankte im Alter von 52
Jahren an einem benignen Tumor des Glomus caroticum. Anamnestisch gab sie an, dass ihr
Neffe ebenfalls an einem Glomustumor der Kopf-Hals-Region erkrankt war. Blut des Neffen
stand nicht zur molekulargenetischen Untersuchung auf konstitutionelle Mutationen des
SDHC-Gens zur Verfügung. Eine Nachuntersuchung beider Personen steht noch aus.
Die Indexpatientin C2, Trägerin der Mutation SDHC c. 39 C/A, erkrankte im Alter von 38
Jahren an einem benignen Tumor des Glomus jugulare rechts. Diese Patientin wurde 2004
nachuntersucht. Die Katecholamine im 24h Sammelurin waren im Normbereich. Das MRT
von Thorax und Abdomen zeigte keine pathologischen Befunde. Das MRT der SchädelbasisHals-Region zeigte den einen, bereits bekannten Tumor des Glomus jugulare rechts
(Abbildung 47). Die Größe von 4 x 2,5 cm war identisch mit dem Vorbefund von 2002. Blut
von Verwandten der Indexpatientin stand bislang nicht zur molekulargenetischen
Untersuchung auf konstitutionelle Mutationen des SDHC-Gens zur Verfügung.
A
B
Abbildung 47: Darstellung des Glomus jugulare-Tumors rechts der Indexpatientin C2 mittels MR-Angiographie und
MRT der Schädelbasis-Hals-Region. A: MR-Angiographie. Die Pfeile markieren den Tumor. B: MRT der HalsSchädelbasis-Region. Die Pfeile markieren den Tumor.
54
Die Indexpatientin C3, Trägerin der Mutation SDHC c. 214 C/T, erkrankte im Alter von 62
Jahren an einem benignen Tumor des Glomus tympanicum. Eine Nachuntersuchung der
Indexpatientin steht noch aus.
Das durchschnittliche Erkrankungsalter der Mutationsträger lag bei 50,7 Jahren. Kein Patient
mit konstitutioneller Mutation des SDHC-Gens war jünger als 21 Jahre alt. Nur Personen mit
der Diagnose eines Glomustumors des Kopfes oder des Halses wiesen konstitutionelle
Mutationen des SDHC-Gens auf.
Aussagen über den Vererbungsmodus lassen sich wegen der geringen Zahl identifizierter
Mutationsträger nicht machen. Der Indexfall C1 spricht am ehesten für einen autosomaldominanten Erbgang.
3.4. Konstitutionelle Mutationen des SDHD-Gens
Die Ergebnisse von 228 Patienten mit Phäochromozytomen (Stand 1.12.2001) wurden in der
Dissertation von Herrn Dr. med. Robin Munk zusammengefasst. 11 Indexfälle zeigten
konstitutionelle
Mutationen.
Bis
Mai
2004
wurden
weitere
108
Patienten
mit
Phäochromozytomen und 84 Patienten mit Glomustumoren untersucht. Konstitutionelle
Mutationen fanden sich bei weiteren 13 Indexfällen. Tabelle 17 zeigt Nationalität, Tumorform
und Mutationen aller 24 Indexfälle.
Nationalität
Tumor
Indexfall
Mutation
(Nukleotid)
Resultat
(Aminosäure)
Mutationstypus
Exon
Deutsch
Pheo
D1
14 G/A*
W5X
Stopcodon
1
Deutsch
Pheo
D2
14 G/A
W5X
Stopcodon
1
Deutsch
GT
D3
14 G/A
W5X
Stopcodon
1
Polnisch
Pheo
D4
33 C/A*
C11X
Stopcodon
1
Polnisch
Pheo
D5
33 C/A*
C11X
Stopcodon
1
Polnisch
Pheo
D6
33 C/A*
C11X
Stopcodon
1
Deutsch
Pheo
D7
33 C/A*
C11X
Stopcodon
1
Polnisch
GT
D8
33 C/A
C11X
Stopcodon
1
Polnisch
GT
D9
33 C/A
C11X
Stopcodon
1
Polnisch
GT
D10
33 C/A
C11X
Stopcodon
1
Deutsch
Pheo
D11
36/37 del TG*
G12Frameshift
Frameshift
1
55
Deutsch
Pheo
D12
52+2 T/G*
Splice-Defekt
Splice-Defekt
(1)
Deutsch
Pheo
D13
112 C/T*
R38X
Stopcodon
2
Französisch
GT
D14
112 C/T
R38X
Stopcodon
2
Polnisch
Pheo
D15
112 C/T*
R38X
Stopcodon
2
Marokkanisch
Pheo
D16
204-216 del 13bp
S68Frameshift
Frameshift
3
Deutsch
GT
D17
242 C/T
P81L
Missense
3
Französisch
GT
D18
252 T/G
Y84X
Stopcodon
3
Polnisch
Pheo
D19
274 G/T*
D92Y
Missense
3
Deutsch
GT
D20
337-340 del GACT
D113Frameshift
Frameshift
4
Deutsch
GT
D21
341 A/G
Y114C
Missense
4
Deutsch
Pheo
D22
361 C/T*
Q121X
Stopcodon
4
Deutsch
Pheo
D23
441 del G
V147Frameshift
Frameshift
4
Deutsch
GT
D24
443 G/T
G148V
Missense
4
Tabelle 17: Darstellung der im Rahmen des molekulargenetischen Screenings gefundenen Mutationen des SDHD-Gens.
Pheo ist eine Abkürzung für Phäochromozytom, GT ist eine Abkürzung für Glomustumor des Kopfes oder des Halses. Aus
Datenschutzgründen werden die Namen der Indexfälle mit den Ziffern D1-D24 verschlüsselt. Die Reihenfolge der
Nummerierung orientiert sich an der Position der Mutation in der Nukleotidsequenz. Die mit * gekennzeichneten Mutationen
wurden im Rahmen der Dissertation von Herrn Dr. Med. Robin Munk entdeckt. Es sind insgesamt 11 Träger 7 verschiedener
konstitutioneller Mutationen des SDHD-Gens.
Die Mutationen fanden sich in allen 4 Exons des SDHD-Gens. Das Mutationsspektrum setzte
sich aus 4 (27 %) Missense-Mutationen, 5 (33 %) Stopcodon-Mutationen, 4 (27 %)
Frameshift-Mutationen und einem Splice-Site-Defekt zusammen. Haplotyp-Analysen von
Indexfällen mit identischen Mutationen des SDHD-Gens, durchgeführt von Frau Prof. Eng
Ohio State University, Columbus, Ohio, ergaben keine Hinweise für interfamiliäre
Verwandtschaften.
60 Angehörige der 24 Indexfälle gaben ihre Einwilligung zu einer molekulargenetischen
Testung. Es wurden 21 weitere Mutationsträger identifiziert. Zusätzlich wurden 2 weitere
Personen als Mutationsträger angenommen. Es handelte sich um je einen Angehörigen des
Indexfalles D13 und D15, die im Alter von 52 und 68 Jahren an einem benignen Tumor des
Glomus caroticum erkrankt waren. Der Indexfall D13, Träger der Mutation SDHD c. 112 C/T
erkrankte im Alter von 31 Jahren an einem benignen Glomustumor. Der Indexfall D15,
Träger der Mutation SDHD c. 253 C/T erkrankte im Alter von 49 Jahren an einem benignen
Glomustumor. DNA der Angehörigen stand in beiden Fällen bisher nicht zur
molekulargenetischen Untersuchung zur Verfügung.
Zur Auswertung der klinischen Daten betrug somit die Gesamtzahl der Mutationsträgern 47.
Von diesen 47 Personen lagen klinische
Befunde von 34 Personen vor. Bei 13
Mutationsträgern stehen die Ergebnisse des klinischen Screenings noch aus. Sie wurden von
56
der Auswertung der klinischen Daten ausgeschlossen. Alle 34 untersuchten Träger
konstitutioneller Mutationen des SDHD-Gens waren symptomatisch. Keiner wies ein
malignes Phäochromozytom oder einen malignen Glomustumor auf. Die Zusammenfassung
der wesentlichen klinischen Daten zeigt Tabelle 18.
Klinische Charakteristika
Symptomatische SDHD- Mutationsträger
n = 34
Phäochromozytome:
adrenal
extra-adrenal abdominell
extra-adrenal thorakal
53 %
21 %
18 %
(18/34)
( 7/34)
(6/34)
Glomustumoren
79 %
(27/34)
multifokale Tumoren
74 %
(25/34)
maligne Tumoren
0%
(0/34)
maligne Zweiterkrankungen
3%
(1/34)
Tabelle 18: Übersicht der erhobenen klinischen Daten der Träger konstitutioneller Mutationen des SDHD-Gens. Von den
ursprünglichen 47 Mutationsträgern sind 13 Mutationsträger ausgeschlossen. Von diesen 13 Personen standen die Befunde
und Ergebnisse des klinischen Screenings noch aus. Patienten mit mehreren unterschiedlichen Tumoren und
Tumorlokalisationen wurden mehrfach gewertet.
Die Berechnung der altersabhängigen Penetranz erfolgte wie beim SDHB-Gen mittels einer
Kaplan-Meier-Berechnung. Grundlage der Darstellung ist das Manifestationsalter. Die
Berechnung basiert auf den Daten von 34 Mutationsträgern. Alle Mutationsträger waren
symptomatisch.
Abbildung
48
zeigt
die
Penetranzdarstellung
für
Patienten
mit
Phäochromozytomen, Paragangliomen und Glomustumoren. Abbildung 49 zeigt die
Penetranzdarstellung für Patienten mit adrenalen Phäochromozytomen. Abbildung 50 zeigt
die Penetranzdarstellung für Patienten mit Glomustumoren des Kopfes und des Halses. Für
Mutationen des SDHD-Gens zeigte sich eine Penetranz von 50 % mit Erreichen des 31.
Lebensjahres. Die altersabhängige Penetranz
steigt auf 86 % mit Erreichen des 50.
Lebensjahres an. Die altersabhängige Penetranz
für die Manifestation adrenaler
Phäochromozytme bei Patienten mit Mutationen des SDHD-Gens liegt mit Erreichen des 26.
Lebensjahres bei 25 % und mit Erreichen des 44. Lebensjahres bei 50 % (Abbildung 49). Für
die Manifestation von Glomustumoren liegt die Penetranz bei 25 % mit Erreichen des 29.
Lebensjahres und mit Erreichen des 39. Lebensjahres bei 50 % (Abbildung 50).
57
Abbildung 48: Altersabhängige Penetranzdarstellung für Patienten mit Phäochromozytomen, Paragangliomen und
Glomustumoren.
Abbildung 49: Altersabhängige Penetranzdarstellung für Patienten mit adrenalen Phäochromozytomen.
Abbildung 50: Altersabhängige Penetranzdarstellung für Patienten mit Glomustumoren des Kopfes und des Halses.
58
4. Diskussion
In den Jahren 2000 und 2001 wurden von verschiedenen Arbeitsgruppen in Pittsburgh/Ohio,
in Gießen und in Birmingham/England Berichte publiziert, die zeigten, dass bei Patienten mit
Paragangliomen (Glomustumoren) der Schädelbasis-Hals-Region und bei Patienten mit
Phäochromozytomen sog. konstitutionelle Mutationen (d.h. Keimbahnmutationen, die sich in
Lymphozyten des peripheren Blutes nachweisen lassen) in einer Gruppe von neuen Genen,
dem SDHB-Gen, dem SDHC-Gen und dem SDHD-Gen vorkommen können. Es handelt sich
dabei
um
Gene,
die
für
Untereinheiten
der
Succinatdehydrogenase
kodieren:
Succinatdehydrogenase Untereinheit B (SDHB), Succinatdehydrogenase Untereinheit C
(SDHC) und Succinatdehydrogenase Untereinheit D (SDHD) (SDHB: Au et al. 1995, Astuti et
al. 2001, SDHC: Elbehti-Green et al. 1998, Niemann und Müller 2000, SDHD: Hirawake et
al. 1997, Baysal et al. 2000).
Die familiären Paragangliom- Syndrome
Es werden 4 familiäre Paragangliom-Syndrome unterschieden:
Das PGL 1-Syndrom, dessen molekulargenetische Grundlage Mutationen des SDHD-Gens
sind (Astuti et al. 2001, Baysal et al. 2000).
Das PGL 2-Syndrom ist ursächlich ungeklärt. Nach der Studie einer großen holländischen
Familie besteht eine Kopplung mit Markern des langen Arms von Chromosom 11 (11q13)
(Mariman et al. 1995).
Das PGL 3-Syndrom, das durch Mutationen des SDHC-Gens bedingt ist (Niemann et al.
1999, Niemann und Müller 2000, Niemann et al. 2003).
Das PGL 4-Syndrom, dessen molekulargenetische Grundlage Mutationen des SDHB-Gens
sind (Astuti et al. 2001, Baysal et al. 2002).
Syndrome assoziiert mit Genen von Succinatdehydrogenase-Untereinheiten
Mutationen von Genen der Succinatdehydrogenase sind mit folgenden Syndrome assoziiert:
SDHA-Gen: Homozygote Mutationen des SDHA-Gens führen zur Manifestation typischer
Erkrankungen
mitochondrialer
Dysfunktionen.
Das
Leigh-Syndrom,
eine
subakut
nekrotisierende Enzephalomyopathie des Kindesalters sowie Wachstumsretardierungen und
Kardiomyopathien werden durch Defekte dieses Gens und dem damit verbundenen
kompletten Verlust der Enzymaktivität hervorgerufen (Bourgeron et al. 1995, Kleist-Retzow
et al. 1998, Parfait et al. 2000 und Rustin et al. 1997).
59
SDHB- Gen: Paragangliom Syndrom Typ 4 (PGL 4): siehe oben
SDHC- Gen: Paragangliom Syndrom Typ 3 (PGL 3): siehe oben
SDHD- Gen: Paragangliom Syndrom Typ 1 (PGL 1): siehe oben
Molekulargenetische und klinische Charakterisierung der Paragangliom-Syndrome
Mit dieser Arbeit wird eine systematische Untersuchung eines großen Patientengutes mit bis
dato als sporadisch zu klassifizierenden Phäochromozytomen und Glomustumoren vorgelegt.
Ausgeschlossen wurden Patienten mit anderen hereditären Phäochromozytom-assoziierten
Syndromen, d.h. mit klinischen Hinweisen für eine von Hippel-Lindau Krankheit (VHL), eine
Multiple Endokrine Neoplasie Typ 2 (MEN 2) und eine Neurofibromatose Typ 1 (von
Recklinghausen, NF 1) sowie Träger konstitutioneller Mutationen des VHL-Gens und des
RET-Gens.
Von allen eingeschlossenen Patienten lagen klinische Daten und DNA aus peripherem Blut
vor. Alle DNA Proben wurden hinsichtlich Mutationen in der Gesamtzahl von 18 Exons der 3
Gene analysiert. Nach Identifikation von Mutationen wurde den Indexfällen das Ergebnis
mitgeteilt und angeboten, dass Verwandte getestet werden. Ziel war es, Risikopersonen
molekulargenetisch zu charakterisieren und mit einem klinischen Untersuchungsprogramm
Tumoren im Frühstadium zu erkennen und eventuell zu entfernen.
Die klinischen Daten beinhalteten Alter bei Erkrankung bzw. Untersuchung sowie Zahl,
Lokalisation und Dignität der Tumoren, wobei früher durchgeführte Untersuchungen und
aktuell erfolgte Screeninguntersuchungen ausgewertet wurden. Zur Beurteilung wurden
herangezogen: CT oder MRT der Schädelbasis-Hals-Region, CT oder MRT des Thorax und
des Abdomens, Ganzkörperdarstellungen mittels Jod123- oder Jod131 - MIBG - Szintigraphie
und
18
Fluor-DOPA-PositronenEmissionsTomographie,
18
Fluor-DOPA-PET,
sowie
Messungen der Katecholamine Noradrenalin, Adrenalin und Vanillinmandelsäure im 24h
Urin.
Die Gesamtszahl der Patienten betrug 420. Dieses Register-gestütze Kollektiv bestand aus 2
Subregistern: dem Freiburg-Warschau-Phäochromozytom-Register mit 336 Patienten und
dem Glomustumor-Register mit 84 Patienten.
52 Patienten (12 %) der insgesamt 420 Indexfälle wiesen Mutationen auf. 25 Patienten hatten
Mutationen des SDHB-Gens, 3 Patienten hatten Mutationen des SDHC-Gens und 24
Patienten hatten Mutationen des SDHD-Gens. Das Mutationsspektrum zeigte für das
SDHB-Gen 9 Missense-Mutationen, 2 Stopcodon- und 4 Frameshift-Mutationen sowie 3
60
Splice-Site-Defekt. Mutationen des SDHC-Gens waren 2 Missense- und eine StopcodonMutation. Das Mutationsspektrum des SDHD-Gens setzte sich aus 4 Missense-, 5 StopcodonMutationen, 4 Fameshift-Mutationen und einem Splice-Site-Defekt zusammen. Alle in
Freiburg gefundenen Varianten und die bis 2004 beschriebenen Varianten sind in den
Tabellen 19, 20 und 21 zusammengefasst. In Freiburg wurden 18 der bekannten 33 SDHBMutationen, 3 der 7 SDHC-Mutationen und 8 der 34 SDHD-Mutationen festgestellt. 16
SDHB-Mutationen, 3 SDHC-Mutationen und 8 SDHD-Mutationen wurden erstmals anhand
der Freiburger Analysen beschrieben. Das Spektrum der Mutationen unterscheidet sich nicht
wesentlich zwischen den 3 Genen: das SDHB-Gen zeigte 15 Missense- und 18 andere
Mutationen (Stopcodon, Frameshift-Mutationen und Splice-Site-Defekte), das SDHC-Gen
zeigte 5 Missense- und 2 andere Mutationen und das SDHD-Gen zeigte 12 Missense- und 22
andere Mutationen.
Konstitutionelle Mutationen des SDHB- Gens:
Exon
Resultat
( Aminosäure )
L7Frameshift
Mutationstypus
1
Mutation
( cDNA Nukleotid )
155 del C
Referenz
Frameshift
diese Arbeit
2
213 C/T
R27X
Stopcodon
diese Arbeit
2
221 ins CCAG
S30Frameshift
Frameshift
diese Arbeit
2
222 del C
Q30Frameshift
Frameshift
Benn et al. 03
2
261 G/C
A43P
Missense
Gimenez- Roqueplo et al. 03
2
270 C/G
R46G
Missense
diese Arbeit, GimenezRoqueplo et al. 03
Benn et al. 03
2
270 C/T
R46X
Stopcodon
2
271 G/A
R46Q
Missense
2
291 G/A
G53R
Missense
2
300 del CCTCA
P56Frameshift
Frameshift
diese Arbeit
2
309 C/T
Q59X
Stopcodon
Baysal et al. 02
2
328 T/C
L65P
Missense
diese Arbeit
2
328 T/A
L65H
Missense
Benn et al. 03
diese Arbeit, Benn et al. 03,
Gimenez- Roqueplo et al. 03
diese Arbeit
Splice-Site
IVS2+3 G/C
Splice-Site
Splice-Defekt
Benn et al. 03
3
345/347 ins C
M71Frameshift
Frameshift
Baysal et al. 02
3
394 T/C
L87S
Missense
diese Arbeit, Bauters et al. 03
3
402 C/T
R90X
Stopcodon
Astuti et al. 01, Benn et al. 03
Splice-Site
421-2 A/G
Splice-Site
Splice-Defekt
diese Arbeit
Splice-Site
IVS4-1 G/A
Splice-Site
Splice-Defekt
Benn et al. 03
4
436 G/A
C101Y
Missense
diese Arbeit
4
526 C/G
P131R
Missense
Baysal et al. 02
4
529 A/C
H132P
Missense
Maier-Woelfle et al. 04
Splice-Site
558-3 C/G
Splice-Site
Splice-Site
diese Arbeit
6
708 T/C
C192R
Missense
diese Arbeit
6
721 G/A
C196Y
Missense
diese Arbeit
6
724 C/G
P197R
Missense
Astuti et al. 01
6
725 del C
P197Frameshift
Frameshift
Gimenez- Roqueplo et al. 03
6
754/755 del TG
L205Frameshift
Frameshift
Gimenez- Roqueplo et al. 03
61
7
822 C/T
R230C
Missense
Gimenez- Roqueplo et al. 03
7
847/849 del TCTC
F238Frameshift
Frameshift
diese Arbeit
7
859 G/A
R242H
Missense
diese Arbeit, Young et al. 02
7
881 C/A
C249X
Stopcodon
diese Arbeit
Splice-Site
899+1 G/A
Splice-Site
Splice-Site
diese Arbeit
Tabelle 19: Übersicht aller bisher beschriebenen konstitutionellen Mutationen des SDHB-Gens bei Patienten mit familiären
und sporadischen Phäochromozytomen, Paragangliomen und Glomustumoren. Stand: Juni 04. Dick gedruckt hervorgehoben
sind die in dieser Dissertationsarbeit gefundenen konstitutionellen Mutationen des SDHB- Gens.
Konstitutionelle Mutationen des SDHC- Gens:
Exon
Mutationstypus
Referenz
Missense
diese Arbeit
Verlust des Startcodons
Missense
Niemann et al. 2000
L4L / Promotor Region
Missense
Bauters et al. 2003
Mutation
( cDNA Nukleotid )
1 A/G
Resultat
( Aminosäure )
M1V / Verlust des Startcodons
1
3 G/A
1
12 G/A
1
2
39 C/A
C13X
Stopcodon
diese Arbeit
4
214 C/T
R72C
Missense
diese Arbeit
Splice-Site
IVS5+1 G/T
Splice-Site
Splice-Site
Niemann et al. 2003
6
473 T/C
L158D
Missense
Bauters et al. 2003
Tabelle 20: Übersicht aller bisher beschriebenen konstitutionellen Mutationen des SDHC-Gens bei Patienten mit familiären
und sporadischen Glomustumoren. Stand: Juni 04. Dick gedruckt hervorgehoben sind die in dieser Dissertationsarbeit
gefundenen konstitutionellen Mutationen des SDHC- Gens.
Konstitutionelle Mutationen des SDHD- Gens:
Exon
Mutation
( cDNA Nukleotid )
Resultat
( Aminosäure )
Mutationstypus
Referenz
1
3 G/C
M1I
Missense
Badenhop et al. 2001
1
14 G/A
W5X
Stopcodon
Neumann et al. 2002
1
33 C/A
C11X
Stopcodon
Neumann et al. 2002
1
34 G/A
G12S
Missense
1
36/37 del TG
G12Frameshift
Frameshift
Gimm et al. 2000, Gimenez-Roqueplo et al.
2003
Neumann et al. 2002
Splice-Site
IVS1+2 T/G
Splice-Site
Splice-Site
Gimm et al. 2000
2
54 ins C
A18Frameshift
Frameshift
Taschner et al. 2001
2
64 C/T
R22X
Stopcodon
2
94 del TC
S32Frameshift
Frameshift
Taschner et al. 2001, Gimenez-Roqueplo et al.
2001
Astuti et al. 2001
2
95 C/G oder 95 C/A
S32X
Stopcodon
Milunsky et al. 2001
2
106 C/T
Q36X
Stopcodon
Baysal et al. 2000, Astuti et al. 2001
2
112 C/T
R38X
Stopcodon
2
120 ins C
I40Frameshift
Frameshift
Gimm et al. 2000, Astuti et al. 2001, Baysal et
al. 2000
Taschner et al. 2001
2
129 G/A
W43X
Stopcodon
Cascon et al. 2002
2
160 A/G
H50R
Missense
Gimenez-Roqueplo et al. 2003
3
192/193 del TC0
L64Frameshift
Frameshift
Badenhop et al. 2001
3
204-216 del 13 bp
S68Frameshift
Frameshift
Neumann et al. 2004
3
208 A/G
R70G
Missense
Taschner et al. 2001
3
242 C/T
P81L
Missense
Baysal et al. 2002, Badenhop et al. 2001,
Milunsky et al. 2001, Gimm et al. 2000
62
3
252 T/G
Y84S
Missense
Neumann et al. 2004
3
274 G/T
D92Y
Missense
Baysal et al. 2000, Dannenberg et al. 2002
3
277 del TAT
Del Y93
Deletion
Badenhop et al. 2001
3
284 T/C
L95P
Missense
Taschner et al. 2001, Dannenberg et al. 2002
3
305 A/T
H102L
Missense
Baysal et al. 2000
4
325 C/T
Q109X
Stopcodon
Baysal et al. 2002
4
337 ins T
Frameshift
Frameshift
Milunsky et al. 2001
4
337 del GACT
Frameshift
Frameshift
Cascon et al. 2002
4
341 A/G
Y114C
Missense
Milunsky et al. 2001
4
361 C/T
Q121X
Stopcodon
Neumann et al. 2002
4
381/383 del G
G127Frameshift
Frameshift
Baysal et al. 2002
4
416 T/C
L139P
Missense
Taschner et al. 2001, Dannenberg et al. 2002
4
441 del G
V147Frameshift
Frameshift
Neumann et al. 2004
4
443 G/T
G148V
Missense
Neumann et al. 2004
4
443 del G
G148Frameshift
Frameshift
Milunsky et al. 2001
Tabelle 21: Übersicht aller bisher beschriebenen konstitutionellen Mutationen des SDHD-Gens bei Patienten mit familiären
und sporadischen Phäochromozytomen, Paragangliomen und Glomustumoren. Stand: Juni 04.
Die genetische Testung von Familienangehörigen ergab für das SDHB-Gen bei 26
Verwandten und für das SDHD-Gen bei 21 Verwandten einen positiven Mutationsnachweis.
Bei weiteren 2 Verwandten von SDHB-Indexfällen, 2 Verwandten von SDHD-Indexfällen
und
einem
Verwandten
eines
SDHC-Indexfalls
sind
Tumorerkrankungen,
bzw.
Glomustumoren, bekannt. Somit konnte das Risikoprofil anhand von 104 Personen
charakterisiert werden. Ausgeschlossen werden konnte eine Mutationsträgerschaft für das
SDHB-Gen bei 17 und des SDHD-Gens bei 39 Verwandten der Indexfälle.
Klinische Untersuchungen von Mutationsträgern des SDHB-, des SDHC- oder des
SDHD-Gens mittels eines Screening-Programms sind aus der Literatur unbekannt. Dagegen
wurde dem hier zugrunde liegenden Patientengut ein solches Untersuchungsprogamm
angeboten
und
systematisch
durchgeführt.
Unter
Mitberücksichtigung
von
Voruntersuchungen liegen Befunde von Serienschnittuntersuchungen von folgenden
Patientenzahlen vor:
SDHB-Mutationsträger: Schädelbasis-Hals n = 32, Thorax n = 29, Abdomen n = 32. Nicht
untersucht wurden weitere 11 bislang tumorfreie, neu entdeckte Mutationsträger. Das
Manifestationsspektrum umfasst Glomustumoren und Phäochromozytome. 31 % der
Patienten entwickelten Glomustumoren, 9 % thorakale und 50 % abdominelle
Phäochromozytome. 28 % wiesen multiple Tumoren auf. 34 % der Patienten hatten maligne
Tumoren, wobei die Primärtumoren sowohl Glomustumoren als auch Phäochromozytome
waren. Extraparaganglionäre Tumoren hatten 4 Patienten: 2 Patienten hatten ein
63
Nierenzellkarzinom und jeweils ein Patient eine Akute Myeloische Leukämie und ein
papilläres Schilddrüsenkarzinom.
SDHC-Mutationsträger: Schädelbasis-Hals n = 4, Thorax n = 1, Abdomen n = 1. Alle in
Freiburg klassifizierten und in der Literatur berichteten, einschließlich ihrer betroffenen
Angehörigen insgesamt 4 + 4 Fälle zeigten Glomustumoren (Niemann und Müller 2000,
Niemann et al. 2003, Bauters et al. 2003).
SDHD-Mutationsträger: Schädelbasis-Hals n = 35, Thorax n = 27, Abdomen n = 29. Nicht
untersucht sind 13 weitere bislang tumorfreie, neu entdeckte Mutationsträger. Das
Manifestationsspektrum umfasst Glomustumoren und Phäochromozytome. 79 % der
Patienten entwickelten Glomustumoren, 18 % thorakale und 21 % abdominelle
Phäochromozytome. 74 % wiesen multiple Tumoren auf. Kein Patient hatte einen malignen
Tumor.
Vererbung
Der Erbgang der Paragangliom Syndrome ist für Personen mit SDHB-, SDHC- und SDHDMutationen unterschiedlich.
Bei SDHB-Mutationsträgern ist der Erbgang autosomal-dominant. Dies ist anhand eigener
Beobachtungen und von Literaturmitteilungen gut belegt (Astuti et al. 2001, Baysal et al.
2002, Benn et al. 2003) .
Bei SDHC-Mutationsträgern ist der Erbgang autosomal-dominant. Dies ist belegt durch die
Mitteilungen der Giessener Arbeitsgruppe sowie der Familie eines eigenen Indexfalles
(Niemann et al. 1999, Niemann und Müller 2000, Niemann et al. 2003).
Bei SDHD-Mutationsträgern ist der Erbgang autosomal-dominant mit der Besonderheit eines
geschlechts-abhängigen Vererbungsmusters. Nur Kinder, deren Väter Mutationsträger sind,
erkranken am Paragangliom-Syndrom Typ 1. Kinder mutations-tragender Mütter bleiben
tumorfrei. Publikationen, basierend auf klinischen Daten, zeigten dies bereits 1989 bei
Patienten mit hereditären Glomustumoren (van der Mey et al. 1989). Die ursprüngliche
Annahme eines "Maternalen Imprintings" konnte wiederlegt werden. Mutationsträger mit und
ohne PGL 1-Syndrom wiesen eine biallelische Expression des SDHD-Gens auf (Baysal et al.
2000). Nicht nur ein Verlust des Wildtypallels des SDHD-Gens in Tumorzell-DNA, sondern
ein kompletter Verlust des mütterlichen Chromosom 11, scheint für die Tumorgenese der
Paragangliome und Phäochromozytome verantwortlich zu sein (Hensen et al. 2004). Eine
ektope Imprinting-Region auf Chromosom 11 (11p15.5) wird angenommen (Baysal et al.
2000, Hensen et al. 2004).
64
Tumorgenese
Das SDHB-Gen und das SDHD-Gen sind Tumorsuppressorgene. Sie bilden den Anfang einer
Kette von Inhibitionssignalen, die hemmend und regulierend in die Zellteilung eingreifen.
Beide Allele eines solchen Gens müssen funktionsunfähig sein, bevor ein kanzerogenes
Wachstum resultiert. Nach der sogenannten "two-hit"- Theorie führen zwei unabhängige
Mutationsereignisse zu einem solchen Funktionsverlust (Knudson et al. 1971). Eine erste,
erblich bedingte Keimbahnmutation und eine zweite somatische Mutation führen zu einer
kanzerogenen
Zellproliferation.
Molekulargenetische
Analysen
auf
konstitutionelle
Mutationen des SDHB- und des SDHD-Gens, wie in dieser Arbeit durchgeführt, sowie LOHAnalysen entsprechender Tumorzell-DNA zeigen sowohl Keimbahn-Mutationen dieser Gene
als auch einen Verlust des Wildtypallels in Tumorzell-DNA (Gimenez-Roqueplo et al. 2002,
Gimenez-Roqueplo et al. 2001, Astuti et al. 2001).
Heterozygote Mutationen des SDHB- und des SDHD-Gens resultieren in einer herabgesetzten
Enzymaktivität bzw. einem kompletten Funktionsverlust der Succinatdehydrogenase
(Gimenez-Roqueplo et al. 2002, Gimenez-Roqueplo et al. 2001). Diese Dysfunktion scheint
zu mitochondrialen Energiedefiziten, einer damit einhergehenden Hypoxie und zum Auftreten
freier Radikale zu führen. Eine Aktivierung sogenannter "hypoxia-inducible factors", z.B.
HIF-1α und HIF-2α, ist die Folge (Gimenez-Roqueplo et al. 2002, Gimenez-Roqueplo et al.
2001). HIF-1α und HIF-2α bewirken eine vermehrte Expression bestimmter Gene mit
antiapoptotischer, proliferativer Wirkung. Produkt eines dieser Gene ist der vascular
endothelial growth factor (VEGF), der einen wesentlichen Indikator der Tumorgenese
darstellt (Chandel et al. 1998). Ein Anstieg von HIF-1α und HIF-2α sowie VEGF konnte auch
in Zusammenhang mit Phäochromozytomen und Paragangliomen im Rahmen des PGl 1- und
des PGL 4-Syndroms nachgewiesen werden (Gimenez-Roqueplo et al. 2002, GimenezRoqueplo et al. 2001).
65
Vergleich der Risikospektren von SDHB- und SDHD-Mutationsträgern (PGL 4 versus
PGL 1)
Gemeinsamkeiten zeigen das PGL 1- und das PGL 4-Syndrom bezüglich ihres
Mutationsspektrums, ihres durchschnittlichen Manifestationsalters und ihrer Prävalenz.
Wesentliche
Unterschiede
weisen
ihr
Vererbungsmodus,
ihre
Klinik
und
ihr
Manifestationsrisiko auf.
Die unterschiedlichen Vererbungsmodi sind oben erläutert. Mutationen des SDHB-Gens
werden sowohl über das mütterliche als auch das väterliche Genom vererbt. (Astuti et al.
2001, Baysal et al. 2002, Benn et al. 2003).
Mutationen des SDHD-Gens hingegen zeigen einen autosomal-dominanten Erbgang mit dem
Effekt des "Maternalen Imprintings" (van der Mey et al. 1989).
SDHB- und SDHD-Gen Mutationen sind mit gleicher Häufigkeit für das Auftreten von
Phäochromozytomen, Paragangliomen und Glomustumoren verantwortlich. Eine Prävalenz
von 6 % (25/420) wurde für das SDHB-Gen ermittelt. Dieses Ergebnis der bislang größten
Studie reiht sich in die Werte bisher publizierter Daten von 9,5 % (6/84) und 3 % (1/33) ein
(Gimenez-Roqueplo et al. 2003, Baysal et al. 2002, Astuti et al. 2001). Die Prävalenz für
Mutationen des SDHD-Gens liegt ebenfalls bei 6 % (24/420).
Eine weitere Gemeinsamkeit zeigt das durchschnittliche Alter betroffener Indexpatienten,
erhoben bei Diagnosestellung der Erkrankung. Patienten mit Mutationen des SDHB-Gens
erkranken durchschnittlich mit 29,8 Jahren. Betroffene, die Mutationen des SDHD-Gens
aufweisen, erkranken durchschnittlich im Alter von 30,6 Jahren (p = 0,77).
Bezüglich der Penetranz bei Trägern von Mutationen des SDHB- und des SDHD-Gens zeigt
sich statistisch kein signifikanter Unterschied. Abbildung 51 stellt die altersabhängige
Penetranz beider Gene graphisch dar. Für Mutationen des SDHB-Gens zeigt sich eine
Penetranz von 50 % mit Erreichen des 35. Lebensjahres, während dies für Mutationen des
SDHD-Gens mit Erreichen des 31. Lebensjahres (p = 0,67) vorliegt. Trotz dieser Daten
scheinen Mutationen des SDHB-Gens durch eine unvollständige Penetranz gekennzeichnet zu
sein. 10 der oben genannten 42 Mutationsträger (24 %) entwickelten kein Phäochromozytom,
Paragangliom oder einen Glomustumor, während alle 34 SDHD-Mutationsträger an einem
Tumor erkrankten (p = 0,0015). Mit einem hohen Risiko einer Tumormanifestation ist somit
vor allem bei Patienten mit Mutationen des SDHD-Gens zu rechnen. Des weiteren zeigte die
Auswertung der altersabhängigen Penetranz, dass Träger konstitutioneller Mutationen des
66
SDHD-Gens signifikant häufiger und in jüngeren Jahren adrenale Phäochromozytome (p =
0,03) und Glomustumoren (p = 0,007) entwickeln.
Abbildung 51: A: Darstellung der altersabhängigen Penetranz des SDHB-Gens, bezogen auf 42 Mutationsträger (32
symptomatische Mutationsträger + 10 asymptomatische Mutationsträger). Nur Patienten von denen alle Ergebnisse des
klinischen Screenings vorlagen wurden in die Auswertung eingeschlossen. 11 SDHB-Mutationsträger sind von der
Auswertung ausgeschlossen. Darstellung der altersabhängigen Penetranz des SDHD-Gens, bezogen auf 34 Mutationsträger
(24 symptomatische Indexfälle + 10 symptomatische, positiv getestete Angehörige). 13 SDHD-Mutationsträger sind von der
Auswertung ausgeschlossen. B + C: Auswertung der altersabhängigen Penetranzen des SDHB- und des SDHD- Gens nach
Unterteilung der 42 bzw. 34 Mutationsträger in folgende Subgruppen: 1.) Patienten mit adrenal lokalisierten
Phäochromozytomen (SDHB- Gen Mutationen n = 9; SDHD- Mutationen n = 18) und 2.) Patienten mit Glomustumoren des
Kopfes und des Halses (SDHB- Gen Mutationen n = 10; SDHD- Mutationen n = 27)
Das Manifestationsspektrum ist beim PGL 1- und beim PGL 4-Syndrom unterschiedlich.
Phäochromozytome, die sich im Rahmen des PGL 1-Syndroms entwickeln, sind signifikant
häufiger adrenal lokalisiert (SDHD-Gen 53 % (18/34), SDHB-Gen 28 % (9/32), p = 0,0487).
Ebenso wurde ein multifokales Tumorwachstum bei 74 % (25/34) der SDHDMutationsträger aber nur bei 28 % (9/32) der SDHB-Mutationsträger beobachtet. Dies
bedeutet, dass multifokale Tumoren signifikant häufiger durch Mutationen des SDHD-Gens
als durch Mutationen des SDHB-Gens bedingt sind (p = 0,00046). Vor allem Mutationen des
67
SDHD-Gens prädisponieren zur Entwicklung von Glomustumoren. Im Gegensatz zu 79 % der
SDHD-Mutationsträger hatten nur 31 % der SDHB-Mutationsträger einen Glomustumor (p =
0,00015).
Phäochromozytome, die sich im Rahmen des PGL 4 -Syndroms entwickeln, sind signifikant
häufiger extra-adrenal abdominell lokalisiert (p = 0,019). Maligne Tumoren wurden bei
insgesamt 34 % (11/32) der Patienten mit Mutationen des SDHB-Gens diagnostiziert. Keiner
der 34 untersuchten Patienten mit Mutationen des SDHD-Gens wies Metastasen auf. Somit
haben Tumoren, die auf der molekulargenetischen Grundlage von Mutationen des SDHBGens entstehen, ein signifikant höheres Risiko einer malignen Entartung (p = 0,00012). In
einer im Jahr 2003 publizierten Studie zeichnete sich bereits eine solche Tendenz ab
(Gimenez-Roqueplo et al. 2003). 8 von insgesamt 84 Patienten mit der Diagnose eines
Phäochromozytoms oder eines Paraganglioms wiesen konstitutionelle Mutationen des SDHBGens auf. 5 dieser Patienten hatten maligne Tumoren und 5 Patienten waren an einem extraadrenal abdominellen Phäochromozytom erkrankt.
Die aggressivere Natur von Dysfunktionen des SDHB-Gens verdeutlicht sich auch durch die
Beobachtung
der
Manifestation
maligner
Zweiterkrankungen
im
Sinne
zweier
Nierenzellkarzinoms und einer Akuten Myeloischen Leukämie im Verlaufe der Krankheit.
Eine Indexpatientin, Trägerin der Mutation SDHB c. 394 T/C, entwickelte im Alter von 17
Jahren ein malignes adrenales Phäochromozytom. 11 Jahre später wurde eine Akute
Myeloische Leukämie diagnostiziert, an der die Patientin verstarb. Unklar bleibt, inwieweit
die Therapie mit Jod131-Metajodobenzylguanidin und diversen Chemotherapeutika die Akute
Myeloische Leukämie induziert haben kann.
Eine weitere Indexpatientin, Trägerin der Mutation SDHB c. 847/849 del TCTC, erkrankte
im Alter von 16 Jahren an einem benignen extra-adrenalen Phäochromozytom. Im Alter von
24 Jahren wurde bei dieser Patientin ein Nierenzellkarzinom festgestellt. Der Bruder der
Patientin, ebenfalls Träger der genannten Mutation, erkrankte im Alter von 26 Jahren an
einem Nierenzellkarzinom und im Alter von 37 Jahren an einem thorakal lokalisierten
Phäochromozytom. Eine im Jahr 2004 publizierte Untersuchung griff diesen Fall auf und ging
der
Assoziation
von
Mutationen
des
SDHB-Gens
mit
der
Entwicklung
von
Nierenzellkarzinomen weiter nach (Vanharanta et al. 2004). Tumorzell- DNA des
Nierenzellkarzinoms sowie des thorakalen Phäochromozytoms des Bruders der Indexpatientin
zeigten einen Verlust des entsprechenden Wildtypallels, einen LOH-Effekt. Ausschließlich
das mutierte Allel (SDHB c. 847/849 del TCTC) wurde im Tumor exprimiert. Ein weiterer
68
Patient, der Teil des finnischen Krebs-Registers ist, wies die Mutation SDHB c. 213 C/T auf.
Er erkrankte im Alter von 28 Jahren an einem Nierenzellkarzinom. Seine Mutter, ebenfalls
Trägerin der oben genannten Mutation, hatte ein extra-adrenales Phäochromozytom. Die
DNA Proben auch dieser beiden Tumoren zeigten einen Verlust des entsprechenden
Wildtypallels. Somit konnte ein Zusammenhang von Mutationen des SDHB- Gens und der
Entwicklung von Nierenzellkarzinomen gezeigt werden.
Ein anderer Indexpatient, Träger der Mutation SDHB c. 328 T/C, erkrankte im Alter von 14
Jahren an einem papillären Schilddrüsenkarzinom und im Alter von 15 Jahren an einem
extra-adrenal abdominellen Phäochromozytom. Als Besonderheit entwickelte auch die Mutter
ein papilläres Schilddrüsenkarzinom. Sie ist jedoch keine Trägerin der Mutation SDHB c. 328
T/C. Daher ist ein Zusammenhang zwischen der Mutation und diesem Tumor
unwahrscheinlich.
Tabelle 22 stellt in einer Übersicht die unterschiedliche Klinik des PGL 1- und des PGL 4Syndroms dar.
Prävalenz
Verebungsmodus
Manifestationsalter
(Jahre)
altersabhänige Prävalenz
adrenal Phäo
extra-adrenal abdominell
extra-adrenal thorakal
multiple Tumoren
Glomustumoren
Tumoren maligner
Dignität
Maligne Zweit erkrankungen
PGL 4-Syndrom
(Mutationen des SDHB-Gens)
n = 32
6%
autosomal-dominant
29,8
PGL 1-Syndrom
p-Werte
(Mutationen des SDHD-Gens)
n = 34
6%
autosomal-dominant mit dem
Effekt des maternalen Imprintings
P = 0,77
30,6
50 % im Alter von 35 Jahren
28 % (9/32)
50 % (16/32)
9 % (3/32)
28 % (9/32)
31 % (10/32)
50 % im Alter von 31 Jahren
53 % (18/34)
21 % (7/34)
18 % (6/34)
74 % (25/34)
79 % (27/34)
34 % (11/32)
0 % (0/34)
4
1
P = 0,67
P = 0,0487
P = 0,0194
P = 0,48
P = 0,00046
P = 0,00015
P = 0,0008
-
Tabelle 22: Vergleich des PGL 4-Syndroms, bedingt durch Mutationen des SDHB-Gens und des PGL 1-Syndroms, bedingt
durch Mutationen des SDHD-Gens. Gemeinsamkeiten bestehen bezüglich der Prävalenz, des durchschnittlichen
Manifestationsalters und rein statistisch gesehen bezüglich der altersabhängigen Penetranz. Wesentliche Unterschiede finden
sich hinsichtlich der klinischen Ausprägung und des Vererbungsmodus. p-Werte < 0,05 gelten als signifikant
69
Genetische Testung bei Glomustumor- und Phäochromozytom-assoziierten TumorSyndromen
Die definierten hereditären Glomustumor- und Phäochromozytom-assoziierten TumorSyndrome zeigt in einer Übersicht Tabelle 23.
Syndrom
Gen
Chromosom
Adrenales Phäo
PGL 1
SDHD
11q23
PGL 2
unbekannt
11q13
PGL 3
SDHC
1q21
-
PGL 4
SDHB
1p36
+
VHL
VHL
3p25-26
+
MEN2 A+B
RET
10q11.2
NF 1
NF 1
unbekannt
Carney
Triade
Extra-adrenales,
thorakales Phäo
+
GL
+
Extra-adrenales,
abdominales Phäo
+
?
?
?
+
-
-
+
+
+
+
+
↓
↓↓
+
↓↓
-
↓↓
17q11
+
↓
-
↓↓
unbekannt
-
-
-
+
+
Tabelle 23: Übersicht aller bis dato bekannten Tumor-assoziierten Syndrome, die mit der Manifestation eines
Phäochromozytoms, eines Paraganglioms oder eines Glomustumors einhergehen. Phäo ist eine Abkürzung für
Phäochromozytom, GL ist eine Abkürzung für Glomustumor. + bedeutet, das sich der entsprechende Tumor manifestiert hat,
? bedeutet das keine Kenntnisse über eine entsprechende Manifestation vorliegen, ↓ bedeutet eine seltene Manifestation des
entsprechenden Tumors, ↓↓ bedeutet eine sehr seltene Manifestation des Tumors, - bedeutet, das sich der entsprechende
Tumor nicht manifestiert.
Wesentliche Hinweise sind eine Manifestation in jungen Jahren, eine extra-adrenale
Lokalisation und ein multifokales oder bilaterales Tumorwachstum (Neumann et al. 1993,
Eng et al. 1996, Eng et al. 1995, Woodward et al. 1997). Bevor eine genetische Testung
veranlasst wird, müssen die klinischen Informationen überprüft werden, um die Testung
effizient zu gestalten, d.h. das Gen bzw. die Gene, die mit Wahrscheinlichkeit mutiert sind, zu
selektieren.
Das extraparaganglionäre Manifestationsspektrum ist von vorrangiger Bedeutung.
Bei den Paragangliom-Syndromen ist bislang nur beim Typ 4 (mit SDHB-Mutationen) über
Nierenzellkarzinome berichtet worden (Vanharanta et al. 2004).
Die Multiple Endokrine Neoplasie Typ 2 ist in über 90% mit einem medullären
Schilddrüsenkarzinom
vergesellschaftet.
Beim
Typ
2A
tritt
in
20%
ein
Hyperparathyroidismus, beim Typ 2B treten in aller Regel ein marfanoider Habitus und
Schleimhaut-Ganglioneurome auf.
Bei der von Hippel-Lindau Erkrankung finden sich als häufigste Manifestationen und in
variabler
Ausprägung
retinale,
cerebelläre
oder
spinale
Hämangioblastome,
Klarzellkarzinome der Nieren, multiple Zysten oder Inselzelltumoren des Pankreas.
Bei der Neurofibromatose von Recklinghausen finden sich kutane Neurofibrome und
Irisveränderungen.
70
Das
Alter
bei
Erstmanifestation
ist
gegenüber
Patienten
mit
sporadischen
Phäochromozytomen in der Regel 15 Jahre niedriger aber sehr variabel. Es ist am niedrigsten
bei der von Hippel -Lindau Erkrankung, gefolgt von den Paragangliom-Syndromen und der
Multiplen Endokrinen Neoplasie Typ 2 (Neumann et al. 2002) und liegt bei der
Neurofibromatose Typ 1 am höchsten.
Die paraganglionären Tumoren sind wegweisend. Glomustumoren kommen nahezu
ausschließlich bei den Paragangliom-Syndromen vor. Extraadrenale Phäochromozytome
finden sich häufig bei der von Hippel-Lindau Erkrankung und den Paragangliom-Syndromen.
Maligne Glomustumoren oder Phäochromozytome werden häufig beim ParagangliomSyndrom Typ 4 (PGL 4 (mit SDHB-Mutationen)) beobachtet, selten auch bei der von HippelLindau Erkrankung und der Neurofibromatose Typ 1. Bei der MEN 2 sind
Phäochromozytome extrem selten maligne ( Koch et al. 2001, Neumann et al. 1993 und 2002,
Woodward et al. 1997, Gimenez-Roqueplo et al. 2003, Maier-Woelfle et al. 2004).
Prädisponierende Regionen in den Kandidaten-Genen.
Phäochromozytom-prädisponierende Regionen für Mutationen des 21 Exon umfassenden
RET-Gens sind hauptsächlich Exon 10 (Codon 609, 611, 618) und Exon 11 (Codon 620 und
634) sowie das Exon 13 und das Exon 16 (Codon 918). Es handelt sich jeweils um MissenseMutationen (Eng et al. 1996, Neumann et al. 2002).
Die Mutationen im VHL-Gen erstrecken sich über alle 3 Exons des VHL-Gens und zeigen
alle
denkbaren
Varianten.
In
Zusammenhang
mit
dem
Auftreten
hereditärer
Phäochromozytome wurden nahezu immer Punktmutationen vom Missense- und StopcodonTyp festgestellt (Neumann et al. 1996, Zbar et al. 1996).
Häufigkeit hereditärer Phäochromozytome
Die Entdeckung und Analyse der molekulargenetischen Grundlage zweier neuer mit dem
Auftreten von Phäochromozytomen assoziierten Tumor-Syndrome, des PGL 1-Syndroms und
des PGL 4-Syndroms, zeigt, dass Phäochromozytome häufiger als angenommen hereditär
bedingt sind. Bislang galten vor allem Mutationen des VHL-Gens und des RET-Gens als
prädisponierende Faktoren. Der tradierte Grundsatz, die sogenannte "10er-Regel", nach der 10
% aller Phäochromozytome hereditär bedingt, 10 % maligne und 10 % extra-adrenal
lokalisiert sind, ist nunmehr ungültig (Manger
und Gifford 1995, Dluhy 2002:
Pheochromocytoma - The death of an axioma). Die Analyse von 271 nicht verwandten
Patienten ergab 24 % hereditäre Phäochromozytome (Neumann et al. 2002). Berücksichtigt
71
man ein metachrones Auftreten von Symptomen bei Verwandten, steigt der Anteil von
Trägern von VHL-, RET-, SDHB- und SDHD-Mutationen auf 50 % (Bauters et al. 2003).
Nicht eingerechnet sind dabei Patienten mit Neurofibromatose Typ 1. In Register-gestützten
großen Studien ist somit das Erreichen von etwa 40 % realistisch.
Relevanz der Ergebnisse für Diagnostik und Behandlung betroffener Patienten
Die Kenntnis typischer klinischer Merkmale der einzelnen Tumor-assoziierten Syndrome,
sowie die Kenntnis ihrer molekulargenetischen Grundlage eröffnet bessere Möglichkeiten in
der Vorsorge und Behandlung betroffener Patienten und eine effizientere Durchführung
molekulargenetischer Untersuchungen. Mutationen des VHL-Gens werden vor allem bei
Patienten, die vor dem 18. Lebensjahr erkranken, die ein multifokales, bilaterales
Tumorwachstum zeigen, wahrscheinlich. SDHB- und SDHD-Gen Mutationen finden sich
dagegen häufiger bei Patienten um das 30. Lebensjahr. Mutationen des SDHD-Gens
prädisponieren vor allem für Glomustumoren und zeigen ein erhöhtes Risiko, an einem der
typischen Tumoren zu erkranken. Mutationen des SDHB-Gens sind durch eine niedrigere
Penetranz als Mutationen des SDHD-Gens gekennzeichnet und prädisponieren vor allem für
extra-adrenal lokalisierte Phäochromozytome. Sie scheinen aggressiverer Natur zu sein. Hoch
ist das Risiko für eine maligne Entartung. Zweiterkrankungen mit malignen Nierentumoren
kommen offenbar vor. Neben der molekulargenetischen Abklärung betroffener Patienten und
deren Familien, wird für asymptomatische Mutationsträger die Durchführung folgender
Diagnostik empfohlen: MRT von Schädelbasis und Hals, MRT des Thorax und MRT des
Abdomen oder die 18 Fluor-Dopa-PET sowie die Messung der Katecholamine im Plasma
oder im 24h Sammelurin.
Schlusswort
Nicht mehr 10 % sondern ein geschätzter Anteil von bis zu 24 % aller Phäochromozytome ist
hereditär bedingt. Prädisponierende konstitutionelle Mutationen finden sich im VHL-Gen, im
RET-Gen, im SDHB- und im SDHD-Gen. Allein ein Anteil von ca. 12 % tritt im Rahmen der
familiären Paragangliom-Syndrome, respektiv im Rahmen des PGL 1- und des PGL 4Syndroms
auf.
Das
PGL
1-Syndrom
ist
vor
allem
durch
adrenal
lokalisierte
Phäochromozytome oder Glomustumoren des Kopfes und des Halses gekennzeichnet. Ein
multifokales Tumorwachstum und ein hohes Erkrankungsrisiko sind typisch. Das PGL 4Syndrom ist mit einer erhöhten Gefahr einer malignen Entartung der Tumoren und dem
Auftreten
maligner
Zweiterkrankungen
assoziiert.
Mutationen
des
SDHB-Gens
72
prädisponieren für die Entwicklung maligner Nierentumore. Die Erkenntnisse dieser Arbeit
ermöglichen eine effizientere molekulargenetische Untersuchung von Patienten mit
Phäochromozytomen, Paragangliomen und Glomustumoren und eine Optimierung der
klinischen Betreuung und Diagnostik Betroffener.
73
5. Zusammenfassung
Konstitutionelle Mutationen der Succinatdehydrogenase Untereinheiten B (SDHB), C
(SDHC) und D (SDHD) bilden die molekulargenetische Grundlage der familiären
Paragangliom-Syndrome Typ 4 (PGL 4), Typ 3 (PGL 3) und Typ 1 (PGL 1). Typische
Läsionen sind Phäochromozytome, Paragangliome und Glomustumoren von Hals und
Schädelbasis. Die molekulargenetischen Grundlage der familiären Paragangliom-Syndrome
ist weitgehend unbekannt.
Schwerpunkt dieser Arbeit ist die molekulargenetische Klassifikation und die klinische
Charakterisierung der Paragangliom-Syndrome.
420 nicht miteinander verwandte Patienten, mit der Diagnose eines Phäochromozytoms,
Paraganglioms und /oder Glomustumors wurden auf konstitutionelle Mutationen des SDHB-,
des SDHC- und des SDHD-Gens untersucht. Der molekulargenetischen Analyse der
Indexpatienten folgte ein genetisches Screening von Familienangehörigen. Alle Patienten
wurden vor und nach Entdeckung einer Mutation klinisch mittels CT oder MRT von Hals und
Schädelbasis, Thorax und Abdomen, fakultativ einer
18
Fluor-DOPA-PET sowie der
Bestimmung der Katecholaminausscheidung im 24h Sammelurin untersucht.
104 Personen wiesen Mutationen auf. 25 Indexpatienten und 28 Angehörige hatten 18
verschiedene Mutationen des SDHB-Gens. 3 Indexpatienten und ein Familienangehöriger
hatten 3 verschiedene Mutationen des SDHC-Gens. 14 verschiedene Mutationen des SDHDGens wiesen 24 Indexpatienten und 23 Verwandte auf. Eine Prävalenz von 6 % (25/420 bzw.
24/420) wurde für Mutationen des SDHB-Gens und des SDHD-Gens ermittelt. Mutationen
des SDHC-Gens sind selten und weisen eine Prävalenz von 0,7 % auf.
Das PGL 1-Syndrom manifestiert sich ähnlich wie das PGL 4-Syndrom mit durchschnittlich
30,6 Jahren (PGL 4-Syndrom: 29,8 Jahren; p = 0,77). Wesentliche Charakteristika sind
adrenal lokalisierte Phäochromozytome und Glomustumoren des Halses und der
Schädelbasis. Ein multifokales Tumorwachstum und ein hohes Erkrankungsrisiko sind
typisch. Das PGL 4-Syndrom ist durch eine hohe Rate maligner Tumoren und die
Manifestation maligner Zweiterkrankungen gekennzeichnet. Das PGL 3-Syndrom ist selten
und ist nur durch Glomustumore gekennzeichnet.
Die Kenntnis der molekulargenetischen Grundlage und der klinischen Charakteristika der
familiären Paragangliom-Syndrome eröffnet bessere Möglichkeiten in der Vorsorge und
Behandlung betroffener Patienten und eine effizientere Durchführung molekulargenetischer
Untersuchungen.
74
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7. Danksagung
Mein besonderer Dank gilt Herrn Prof. Neumann. Für die Überlassung des Themas und die
Unterstützung bedanke ich mich ebenso wie für die Bereitstellung des Materials. Erst die
jahrelange
Sammlung
von
Patientenproben
und
die
genaue
Dokumentation
von
Patientendaten haben eine solch umfangreiche Untersuchung ermöglicht. Weiterhin danke ich
ihm für das Einbeziehen in wissenschaftliche Tätigkeiten über den Rahmen der Dissertation
hinaus und für die Unterstützung und Beteiligung an hervorragenden Publikationen.
Herrn Dr. Pawlu danke ich für die freundliche Hilfe und Unterstützung bei der statistischen
Auswertung der gewonnenen Daten. Für die Mithilfe bei der grafischen Gestaltung möchte
ich meinem Bruder Dr. Dirk Bausch danken.
Für die tatkräftige Unterstützung bei der Durchführung des experimentellen Teils meiner
Dissertation danke ich dem Laborteam, Frau Franke und Frau Salzmann, Frau Bohnert-Iwan,
Frau Buchta, Frau Bacher und Herr Berisha.
88
Lebenslauf
Angaben zur Person
Name:
Wohnort:
Birke Bausch
Herrenstr. 49
79098 Freiburg
0761/2020802
12.09.1977
Karlsruhe
ledig
deutsch
Telefon:
Geburtsdatum:
Geburtsort:
Familienstand:
Nationalität:
Schulischer Werdegang
1984-1988
1988-1997
17.06.1997
Grundschule in Karlsruhe-Durlach
Fichte-Gymnasium in Karlsruhe
Abitur
Universitärer Werdegang
WS 1997–SS 2004
Studium der Humanmedizin an der Albert-Ludwigs-
Universität Freiburg
07.09.1999
29.08.2000
28.03.2003
28.04.2003-14.03.2004
12.05.2004
Physikum
Erster Abschnitt der Ärztlichen Prüfung
Zweiter Abschnitt der Ärztlichen Prüfung
Praktisches Jahr mit dem Wahlfach Neurochirurgie
Akademisches Lehrkrankenhaus VS: Chirurgie
Akademisches Lehrkrankenhaus VS: Innere
Medizin
Kantonspital St-Gallen, Schweiz: Neurochirurgie
Dritter Abschnitt der Ärztlichen Prüfung
Studienbegleitende Tätigkeiten
Famulaturen:
Frühjahr 2000
Sommer 2000
Sommer 2001
Herbst 2002
Anästhesie, Städtisches Klinikum, Karlsruhe
Innere Medizin, Gynäkologie, Victoria Hospital, Mahé,
Republic of the Seychelles
Innere Medizin, Krankenhaus der Barmherzigen Brüder,
München
Chirurgie, St-Josefs Krankenhaus, Freiburg
89
Publikationen:
Neumann HP, Bausch B, McWhinney SR, Bender BU, Gimm O, Franke G, Schipper J,
Klisch J, Altehoefer C, Zerres K, Januszewicz A, Smith WM, Munk R, Manz T,
Glaesker S, Apel TW, Treier M, Reincke M, Walz MK, Hoang-Vu C, Brauckhoff M,
Klein-Franke A, Klose P, Schmidt H, Maier-Woelfle M, Peczkowska M, Szmigielski C,
Eng C; The Freiburg-Warsaw-Columbus Pheochromocytoma Study Group. (2002)
Germ-line mutations in nonsyndromic pheochromocytoma
N Engl J Med. 346:1459-66
Bausch B, Munk R, Schipper J, Hoegerle S, Berger S, Böhm N, Neumann HP. (2003)
SDHD mutations in carotid body tumors and pheochromocytomas: parganglioma
syndrome type 1.
Current Opinion in Endocrinology & Diabetes
Hoegerle S, Bausch B, Moser E, Neumann HPH. (2003)
Nuklearmedizinische Diagnostik des Nebennierenmarks.
Der Nuklearmediziner 26: 25-32
Neumann HP, Pawlu C, Peczkowska M, Bausch B, McWhinney SR, Muresan M,
Buchta M, Franke G, Klisch J, Bley T, Hoegerle S, Boedeker C, Opocher G, Schipper J,
Januszewicz A, Eng C. (2004)
Distinct clinical features of paraganglioma syndromes associated with SDHB and
SDHD gene mutations.
JAMA. 292: 943-951
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