Neurobiologie - Bau der Nervenzelle

Werbung
Neurobiologie - Bau der Nervenzelle
Einleitung
Du stehst auf dem Fußballfeld und dein Mitspieler spielt dir den Ball zu. Du beginnst
loszurennen, denn du möchtest diesen Ball auf keinen Fall verpassen. Dann triffst du ihn genau
in der richtigen Sekunde.
Vielleicht bist du dir dessen noch nicht bewusst, aber diese Situation ist gar nicht so gewöhnlich,
wie sie auf den ersten Blick erscheinen mag. Ist dir aufgefallen, dass es sich hier um ein
komplexes Zusammenspiel aus Reizen, Informationsaufnahme und -weitergabe sowie
Bewegungskoordination handelt? Der Verlauf vom Erkennen des Balls bis hin zum Schuss spielt
sich innerhalb weniger Sekunden ab. Elektrische Signale müssen dafür binnen Millisekunden in
deinem Körper versendet werden, damit alle Abläufe perfekt koordiniert sind.
In diesem Skript geht es zunächst darum, die Komponenten kennenzulernen, die bei diesem
Bewegungsablauf zusammenwirken. Ausführlich betrachten wir den Aufbau von Neuronen (=
Nervenzellen), der kleinsten Komponente in diesem Zusammenspiel.
Nervensystem
In unserem Körper haben wir ein spezifisches System, das für die Aufnahme und Weitergabe
von Informationen, etwa das Erkennen des Fußballs, verantwortlich ist. Dieses System nennt
sich Nervensystem. Es ist die Kommunikationszentrale des Körpers. Vergleichbar ist das
Nervensystem mit dem Mainboard des Computers.
Glia- sowie Nervenzellen (= Neuronen) sind die Bausteine des Nervensystems. Beide Zellarten
unterscheiden sich vorwiegend in ihren Aufgaben.
Die Aufgaben der Gliazellen umfassen:
Stützfunktion
Elektrische Isolation
Überwachung der Neuronenfunktion
Neuronen haben folgende Aufgaben:
Aufnahme,
Verarbeitung und
Weitergabe von Nervenimpulsen
Weiterhin lässt sich das Nervensystem von Wirbeltieren (= Vertebrata) in verschiedene
Teilsysteme untergliedern:
Zentralnervensystem (ZNS):
(C) 2014 - SchulLV
1 von 5
Neurobiologie - Bau der Nervenzelle
Morphologisch (den Bau betreffend) zählen Gehirn und Rückenmark zum ZNS. Essentielle
Neurotransmitter wie etwa das Glycin sind im Rückenmark enthalten. Dieses dient der
Kommunikation zwischen dem Gehirn und den inneren Organen sowie den Muskeln und der
Haut. Hauptbestandteile des Rückenmarks und des Gehirns sind Neuronen.
Periphere Nervensystem (PNS):
Die Aufgabe des PNS ist es, Signale an das ZNS zu senden. Außerdem gibt es Signale weiter,
die für verschiedene Bewegungen verantwortlich (= Motorik) sind, und Signale, die etwas mit
unseren Sinnen (Sensorik: sehen, schmecken hören, riechen, fühlen) zu tun haben. Schläft etwa
die Hand oder der Fuß ein, weil ein Nerv eingeklemmt wird, können die Signale nicht mehr
richtig weitergeleitet werden. Das Kribbeln, das du dann in Hand/ Fuß spürst, soll dem Gehirn
signalisieren, dass etwas nicht stimmt und Maßnahmen zum „Befreien“ des eingeklemmten
Nervs getroffen werden müssen.
Abb. 1: Nervensystem
Quelle: wikipedia.org - The Emirr (CC BY 3.0)
Abbildung 1 zeigt dir die Komplexität des humanen Nervensystems. Nervensysteme wirbelloser
Lebewesen (= Invertebraten) sind etwas einfacher aufgebaut. Das Nervensystem von Insekten
lässt sich mit einer Leiter vergleichen. Man nennt es daher Strickleiternervensystem.
Invertebraten haben, im Gegensatz zu Wirbeltieren, nicht nur einen Fixpunkt, an dem alle
Informationen zusammenlaufen, sondern mehrere. Es gibt sogenannte Ganglien, die für die
Informationsverarbeitung verantwortlich sind. Du kannst sie dir als kleine Knoten vorstellen. Die
Ganglien sind verteilt im ganzen Körper zu finden.
Nervenzelle
(C) 2014 - SchulLV
2 von 5
Neurobiologie - Bau der Nervenzelle
Gehirn und Rückenmark spielen eine zentrale Rolle bei der Weitergabe von Signalen. Aufgebaut
sind diese Komponenten zudem aus Neuronen (das Gehirn besteht aus ca. 100 Mrd.
Neuronen). Die Aufgaben von Neuronen kennst du aus Kapitel 1; wie ein Neuron aber
aufgebaut ist, erfährst du in diesem Kapitel. Bei Nervenzellen (= Neuronen) handelt es sich um
eine ganz besondere Art von Zellen. In \mbox{Abbildung 2 ist ein Neuron von Wirbeltieren
dargestellt. Die einzelnen Komponenten sind hier erklärt.
[1] Axon:
Ein Axon ist ein Zellfortsatz des Neurons, der das Aktionspotential der Zelle in eine andere
Zelle weiterleitet. Am Ende eines Axons befinden sich die synaptischen Endknöpfchen. Ein
Axon ist von Schwann'schen Zellen umhüllt und besitzt Ranvier'sche Schnürringe.
[2] Axonhügel:
Der Axonhügel liegt zwischen Perikaryon und Axon. An ihm entstehen die
Aktionspotentiale.
[3] Dendrit:
Die Zellfortsätze an Neuronen werden Dendriten genannt. Nur Nervenzellen besitzen
diese Fortsätze. Dendrite dienen der Aufnahme von Reizen. Hier kommen
Aktionspotentiale an der Zelle an.
[4] Raues endoplasmatisches Retikulum (ER):
Ein endoplasmatisches Retikulum ist ein weitverzweigtes, von Membranen umschlossenes
Kanalsystem in der Zelle. Es dient vor allem als Reaktionsraum. Ein raues ER besitzt an
der Außenseite Ribosomen, ein glattes ER nicht. ER kommen nicht nur in Neuronen vor,
sie sind Bestandteile aller Zellen.
[5] Kollaterale:
Es handelt sich bei Kollateralen um Seitenäste, die sich am Ende des Axons befinden.
[6] Mitochondrium:
Jede eukaryotische Zelle besitzt ein Mitochondrium. Sie sind die „Kraftwerke„ der Zelle und
sind für die Energiegewinnung zuständig.
[7] Myelinscheide:
Die Myelinscheide (= Markscheide) ist eine elektrische Isolationsschicht, die sich um die
markhaltigen Schwann'schen Zellen befindet. Ausschließlich Wirbeltiere besitzen diese
Myelinscheide, sie erhöht die Leitungsgeschwindigkeit von Aktionspotentialen.
[8] Perikaryon:
Das Soma (= Zellkörper) eines Neuronen heißt Perikaryon. Hier befinden sich alle
typischen Organellen, die jede eukaryotische Zelle besitzt.
[9] Ranvier'scher Schnürring:
Der Bereich am Axon einer Nervenzelle, der nicht von einer Myelinscheide umschlossen
ist, nennt man Ranvier'schen Schnürring. Hier liegt das Axon frei, es ist ungeschützt.
(C) 2014 - SchulLV
3 von 5
Neurobiologie - Bau der Nervenzelle
[10] Schwann'sche Zelle:
Schwann'sche Zellen sind Hüllzellen, die das Axon einer Nervenzelle umwickeln. Nur die
Ranvier'schen Schnürringe sind nicht umhüllt. Das restliche Axon ist von Schwann'schen
Zellen umwickelt. Sie produzieren die Myelinscheide.
[11] Synaptisches Endknöpfchen:
Auch diesen Zellbestandteil besitzen nur Nervenzellen. Hier wird das Aktionspotential von
einer Zelle zu einer anderen über den synaptischen Spalt übertragen.
[12] Zellkern:
Der Zellkern (= Nukleus) ist das Erkennungsmerkmal für eine eukaryotische Zelle. Dort
befindet sich die DNA der Zelle.
Wie du vielleicht bemerkt hast, haben wir vorhin beschrieben, dass es sich bei Abbildung 2 um
ein Neuron eines Wirbeltiers handelt. Wirbellosen Tieren fehlen zwei ganz besondere
Merkmale: die Myelinscheide sowie die Schwann'schen Zellen. Anhand dieser Merkmale
lassen sich Neuronen von Vertebraten und Invertebraten eindeutig unterscheiden.
Gemeinsam ist beiden Neuronenarten jedoch, dass viele verschiedene Ionenkanäle in die
Membran der Neuronen eingelagert sind. In den Skripten zum Thema Erregungsleitung an
Neuronen erfährst du, wieso die Ionenkanäle eine zentrale Rolle einnehmen.
(C) 2014 - SchulLV
4 von 5
Neurobiologie - Bau der Nervenzelle
(C) 2014 - SchulLV
Abb. 2: Neuron eines Wirbeltiers
5 von 5
Herunterladen