Universität Augsburg Philosophisch-Sozialwissenschaftliche Fakultät Lehrstuhl: Soziologie Proseminar: Theorie und Empirie der Deutungsmusteranalyse Dozent: Sasa Bosancic, M.A. Referentin: Cilla Pitschel 22.06.2007 SS 07 Alfred Schütz und die phänomenologische Soziologie I. Biographische Daten * 1899 in Wien Studium: Rechtswissenschaft, Ökonomie und Soziologie Finanzjurist eines Wiener Bankhauses 1916 – 1918: Soldat im ersten Weltkrieg 1926: Heirat mit Ilse Heim 1932: Häufige Besuche bei Husserl in Freiburg 1932: „Der sinnhafte Aufbau der sozialen Welt“ 1939: Emigration in die USA 1940 – 1959: Mitherausgeber der Zeitschrift „Philosophy and Phenomenological Research“ 1943: Gastdozent an der „New School for Social Research“ in New York 1944: Annahme der US-amerikanischen Staatsbürgerschaft 1952: Professur für Soziologie und Sozialpsychologie † 1959 in New York II. Lebenswelt 2.1. Was ist Lebenswelt? 1. Def.: Wirklichkeitsbereich, an dem der Mensch in unausweichlicher, regelmäßiger Wiederkehr teilnimmt. 2. Def.: Der Mensch begegnet der Wirklichkeit mit einer natürlichen Einstellung, d.h. die Welt wird fraglos und selbstverständlich erlebt. 3. Def.: Wechselseitige Wahrnehmung und Bedeutung 4. Def.: In der Lebenswelt wird nicht nur gelebt, sondern auch gehandelt. 2.2. Typisierungen Wissensvorrat: Ablagerung von Erfahrungen Jede Situation wird definiert und bewältigt Um eine neue Erfahrung ordnen zu können, müssen sich die vorherigen Erfahrungen als typische durch die Typenbildung abgelagert haben. Typenbildung: Erfahrung durch Aufmerksamkeit → Aktivität (Handeln) → Ergebnis gilt als Lösung Besteht ein Zusammenhang zwischen einer bestimmten Erfahrung und einem neuen Problem, so besteht ein Sinnzusammenhang und der Typisierungsprozess beginnt. Gewohnheitswissen Durch Typisierung entsteht eine vertraute Wirklichkeit 2.3. Idealisierungen Idealisierung des „Und so weiter“: Annahme, dass die vertraute Welt und die Gültigkeit des Wissensvorrat bestehen bleiben Idealisierung des „Ich kann immer wieder“: Annahme der Wiederholbarkeit von vergangenen Handlungen in künftigem Handeln Idealisierung in der gemeinsamen Lebenswelt: „Generalthese der wechselseitigen Perspektiven“ □ Idealisierung der „Vertauschbarkeit der Standpunkte“: an meiner Stelle würde mein Gegenüber den Sachverhalt genauso beurteilen wie ich und umgekehrt □ Idealisierung der „Kongruenz der Relevanzsysteme“: individuelle Biographien spielen bei der Auslegung der Welt keine Rolle; wir handeln und verständigen uns so, als ob wir die Dinge nach den gleichen Kriterien beurteilen 2.4. Zeitstruktur und Sinnstruktur des Handelns 2.4.1. Zeitstruktur (gilt nur für normales Alltagshandeln) H A N D E L N → Prozess Zukunft Zeitstruktur: Vorstellung von Ergebnis muss vorhanden sein → Handlung Ergebnis Vergangenheit Ziel ↑ Mittel (Handlungsziele, Zwischenziele) 2.4.2. Sinnstruktur „Um-zu“-Motiv: jeder Schritt wird ausgeführt um etwas Bestimmtes zu erreichen „Weil“-Motiv: dem Handeln liegen bestimmte Gründe vor III. Ziele der Phänomenologie Freilegung der menschlichen Ordnung der Wirklichkeit Lösung grundsätzlicher Alltagsprobleme Hilfestellung bei der Orientierung im Handeln Literatur: Abels, H.: Interaktion, Identität, Präsentation [Kapitel 3]: Alfred Schütz und die Grundlegung der phänomenologischen Soziologie, 2001 Müller, R. (Hrsg.): http://agso.uni-graz.at/lexikon/klassiker/schutz/41bio.htm; Zugriff: 19.06.07