Theaterkartei 4 – Der Raum von Katja Jantzen mit Illustrationen von Katarina Wollherr und Tina Gruschwitz Wer kennt das nicht: Die Kinder sollen eine Szene spielen. Sie zeigen dabei dem Publikum den Rücken oder sie sprechen in Richtung Wand. Kinder spielen auf der Bühne häufig so, wie sie sich im realen Leben verhalten würden. Die Kinder richten sich ihren Bühnenraum also häufig sehr „real“ ein: Hinten links befindet sich die Küche, der Herd steht dabei an der linken Wand. Die Kinder gehen hinüber ins Esszimmer, welches an der rechten Wand liegt, der Tisch ist dabei nahe der rechten Wand. Der Zuschauer sieht dabei leider oft nicht viel bzw. häufig nur den Rücken der Schauspieler. Wie aber werden Räume im Theater definiert? Wie wird eine Bühne bewusst genutzt? Was sieht ein Zuschauer? Mit Hilfe dieser Theaterkartei sollen die Kinder zunächst bewusst erfahren, wie ein Raum aussieht. Sie sollen ihn mit allen Sinnen erfahren und spüren. Folgende Fragen dienen dabei als Leitgedanken: Welche Möglichkeiten bietet ein Raum? Wo gibt es schöne Plätze, wo kann man Geräusche erzeugen, wo eine besondere Wirkung erzielen? Haben die Kinder diese Erfahrungen im kleinen Raum gemacht, können diese auch auf weitere Plätze übertragen werden. Wo bietet es sich noch an Theater zu spielen? Wo bestimmt ein Raum eine Spielhandlung? Wo lassen sich mit Hilfe eines Raumes oder eines Ortes Geschichten erzählen? Darüber hinaus sollen die Kinder lernen, sich bewusst im Raum zu bewegen. Wie wirken Aufgänge und Abgänge von unterschiedlichen Punkten im Raum auf den Zuschauer? Gibt es dabei Aufgänge, die besonders dramatisch sind, die eher unbedeutend oder gar langweilig sind? Mit Hilfe von Spielen, die in der „Theaterkartei 4 – Der Raum“ vorgeschlagen werden, haben die Kinder die Möglichkeit, sich selbst auszuprobieren und die Präsentation der anderen Spieler zu reflektieren. Anschlusskommunikationen helfen ihnen, sich über das Gesehene auszutauschen. Am Rande lernen die Kinder auch grundlegende Bühnenformen kennen, die jedoch nicht unbedingt mit ihren Fachbegriffen benannt werden müssen. Im Anschluss werden sie aber der Vollständigkeit halber an die Hand des Lehrers weitergegeben. Weiterhin erhält der Lehrer auch Informationen über Bühnengänge und das „9er Feld“. Diese sind für Übungen von Bedeutung, die innerhalb der Kartei gekennzeichnet werden. Die Kartei ist als Aufbaukartei zu den Theaterkarteien 1–3 geeignet. Sie kann aber auch bei vorerfahrenen Gruppen früher eingesetzt werden. Auch die Reihenfolge der Karteien sowie © Lernbiene ... schöne Unterrichtsmaterialien! - www.lernbiene.de die Reihenfolge der Spiele innerhalb der Kartei sind variierbar. Je nach Schwerpunktsetzung des Spielleiters ist auch eine Mischung aus den Karteien denkbar. So könnte z.B. eine Theaterstunde aufgebaut sein mit Spielen aus der 2., 3. und 4. Kartei, einem Warm-up und einem Work-out. Grundsätzliche Bedeutung des Raumes Raum und Raumerlebnis gehören zu den elementaren Komponenten des Theaters. Die Demarkierung eines Spiel- oder Aktionsraumes, sei es als einfache Matte, als eine in den Staub eingezeichnete Linie oder in Form der Rampe der Guckkastenbühne, bedeutet eine der Theaterästhetik zugrunde liegende Abgrenzung zwischen Bühnen- und Zuschauerwelt. Der Raum ist Ausgangs- und Zielpunkt jeglicher Verbindung von Wort und Bild: Ohne Raum kein Theater. Sprache, konkret das Sprechen oder Singen des Darstellers, ist allein keine hinreichende Bedingung, damit das entsteht, was wir „Theater" nennen. Ein schweigender Körper im Raum, in einem definierten Raum, reicht aus. Im Raum organisieren sich unsere Blicke, fallen Entscheidungen, finden Bewertungen statt. Am Anfang ist die Spannung zwischen Körper und Raum. Dann tritt die Sprache, konkret das Sprechen, hinzu. Bühnengänge A: Dramatische Linie Spannung steigt stark an oder nimmt ab Figur wird scheinbar größer bzw. kleiner dosierter Umgang wichtige Informationen an den Zuschauer B: Erzählende Linie gleichbleibende Spannung Weg von links nach rechts: normale Leserichtung Überraschung gegen die Leserichtung Handlung wird weitergeführt C: Lyrische Linie langer Weg, starke Spannung retardierendes Moment Reflexion des Geschehens © Lernbiene ... schöne Unterrichtsmaterialien! - www.lernbiene.de Spielräume Im Folgenden werden die wichtigsten Spielräume des Theaters vorgestellt. Je nach Art des Spielraumes, wird eine ganz unterschiedliche Wirkung erzeugt. Guckkasten Rahmen durch drei Wände, „normale“ Theaterform einseitige Konfrontation mit dem Zuschauer Zuschauer distanziert, strenge Anordnung schützt Zuschauer Spieler ist ebenfalls geschützt Spiel im Raum = Bildwirkung ooooooooooooooo oooooooooooooooo Arena Bühne ooooooooooooooooo o o Gemeinschaftserlebnis der Zuschauer o o Zuschauer haben einen Blick auf Spieler und o o Zuschauer gegenüber o o Spieler müssen offen nach allen Seiten spielen o o Spieler sind „ausgeliefert“, direktes Spiel möglich o o Spiel ist plastisch, da die Bühne von allen Seiten o o ooooooooooooooooo einsehbar ist Offener Spielraum o o o o o o o o o o o o Zuschauer ist zwangsläufig ins Spiel einbezogen o Spieler haben nahtlose Kontakt mit dem o o o o o o o o o o o o o o o Zuschauer direktes Spiel bis hin zu Körperkontakt o © Lernbiene ... schöne Unterrichtsmaterialien! - www.lernbiene.de Stegbühne oooooooooooooooooooooooo oooooooooooooooooooooooo Stegbühne ähnelt einem Laufsteg Zuschauer sitzen an zwei Seiten, haben so über diese oooooooooooooooooooooooo oooooooooooooooooooooooo Seiten Zugang zum Spiel Spieler agieren nach zwei Seiten 9er Feld Das 9-Punkte-Feld oder auch 9er Feld dient als Modell der Guckkastenbühnen-Aufteilung. Es wird für die Übung 13 „Zug um Zug“ benötigt. Um das 9er Feld zu markieren, werden mit Kreppband die dargestellten Punkte auf dem Boden (der zuvor markierten Bühne) aufgeklebt. Die Abstände der Punkte orientieren sich an der vorhandenen Bühnengröße. Durch die Anordnung der Punkte entsteht dann automatisch ein 9er Feld. Den Kindern sollte klar sein, welche Bezeichnung die einzelnen Punkte haben, also „hinten links“, „Mitte rechts“, usw., damit sie die Anordnungen von Übung 13 befolgen können. hinten links hinten Mitte hinten rechts Mitte links Mitte mittig Mitte rechts vorne links vorne Mitte vorne rechts Wir wünschen Ihnen viel Erfolg und Freude beim Einsatz des Materials! © Lernbiene ... schöne Unterrichtsmaterialien! - www.lernbiene.de