REGION KULTUR Cantus firmus lädt zum Sängertreffen Am Wochenende findet in Disentis die Delegiertenversammlung der Schweizerischen Föderation Europa Cantat statt. Organisiert wird sie vom Chor Cantus firmus surselva. Von Carsten Michels Disentis. – 300 Sänger und Dirigenten werden an diesem Wochenende in Disentis erwartet. Anlass für das mit Kursen und Konzerten einhergehende Treffen ist die Delegiertenversammlung der Schweizerischen Föderation Europa Cantat. Clau Scherrer, Leiter des Cantus firmus surselva, dem die Organisation des Sängertreffens obliegt, sieht der dreitägigen Veranstaltung mit Spannung entgegen. «Das Wochenende in Disentis bietet viele Gelegenheiten zum Erfahrungsaustausch in Sachen Chormusik», sagt er. Europa Cantat, die europäische Föderation junger Chöre, versammelt Gesangsensemble aus 43 Ländern. Dem Schweizer Ableger von Europa Cantat gehören rund 40 Chöre an, drei davon aus Graubünden: Neben dem Cantus firmus surselva sind das Ils Cantins und das Bündner Vokalensemble. Weiterbildung in vier Ateliers Im Zentrum des Begegnungs- und Weiterbildungswochenendes stehen die so genannten Ateliers. Der schwedische Dirigent Anders Eby wird den Kurs für Chordirigieren im Rahmen des Ateliers I leiten. Laut Scherrer hat sich ein knappes Dutzend Chorleiter angemeldet. Diese werden morgen Abend probedirigieren. Je nach Leistungsstand der Kandidaten wählt Eby zwischen vier und sechs Dirigenten aus, mit denen er am Samstag und Sonntag arbeiten wird. Die anderen Kandidaten werden am Kurs als Zuhörer teilnehmen. Im Atelier II studiert der deutsche Dirigent Johannes Meister mit Chorsängern den «Cantus Missae» von Josef Gabriel Rheinberger (1839–1901) ein. Susanne Würmli-Kollhopp und Andreas Wiedmer haben die Ateliers III und IV mit Jugend- bzw. Kinderchören übernommen. Die Resultate der drei Ateliers werden am Sonntag beim Schlusskonzert in der Halla Cons auch öffentlich zu erleben sein. Das Galakonzert am Samstag bestreiten das Oberwalliser Vokalensemble und der Luzerner Jugendchor Molto cantabile. Begrüssungskonzert: Morgen Freitag, 26. Januar, 21 Uhr. Galakonzert: Samstag, 27. Januar, 20.30, Sogn Gions. Abschlusskonzert: Sonntag, 28. Januar, 14 Uhr, Halla Cons. DIE SÜDOSTSCHWEIZ | DONNERSTAG, 25. JANUAR 2007 11 «Ich suche die Geschichten immer nahe an der Realität» Der deutsche Regisseur Tobias Krechel gastiert zurzeit mit «Vergiss Britta» in der Churer Klibühni. Im Gespräch gibt er Auskunft über seine ungewöhnliche Arbeitsweise. Mit Tobias Krechel sprach Franco Brunner Herr Krechel, «Vergiss Britta» hat in der vergangenen Woche in der Churer Klibühni Premiere gefeiert. Sind Sie mit der Form des Stücks zufrieden? Tobias Krechel: Ich bin sehr zufrieden. Wir hatten während der Proben viel Spass bei der Arbeit. Aber am Premierenabend ist man natürlich trotzdem wahnsinnig nervös. Liegt das an Ihrer Arbeitsweise? Denn bis zum Premierenabend kann sich das Stück ja in sehr unterschiedliche Richtungen entwickeln … Krechel: Absolut. Eine Stückentwicklung bedeutet auch immer eine Uraufführung. Da ist man natürlich noch gespannter, als wenn man einen bereits fertigen Text inszeniert. «Ich arbeite stets stark mit Komik.» Wie muss man sich die Proben vorstellen? Krechel: Wir, das heisst die Schauspieler und ich, erarbeiten uns aus einem Grundthema die Geschichte. Bei «Vergiss Britta» war dies «Familie – Heimat oder Fluch?».Wir improvisieren Situationen, und ich fixiere die Texte, die wir dann gemeinsam ausprobieren und verbessern. Die Schlussszene entsteht dann manchmal erst vier Tage vor der Premiere. Probenstimmung in der Klibühni: Improvisation ist bei Thomas Krechels (links) Theaterarbeit das A und O. Bild Nadja Simmen sich bringen, dass man drei Tage herumsitzt und keinen Schritt weiterkommt, keine Idee hat. Man weiss eine Woche vorher nicht, was man in der Schlussszene spielen wird, weil es die noch nicht gibt, und so weiter. Ich brauche Darsteller, die mit solchen Unsicherheiten und Durststrecken umgehen können. Arbeiten Sie immer auf diese doch etwas spezielle Art und Weise des Improvisationstheaters? Muss ein Schauspieler für diese Art der Zusammenarbeit gewisse Voraussetzungen mitbringen oder ginge das mit jedem Darsteller? Krechel: Im Ergebnis ist es ja gar kein Improvisationstheater. Zur Premiere steht ein fertig geschriebener Stücktext auf der Bühne, an dem sich nichts mehr ändert. Aber ich arbeite nicht immer so. In der Regel inszeniere ich zweimal im Jahr Stücke von anderen Autoren und mache zwei Projektarbeiten wie diese. Diese Mischung finde ich auch ganz gut, sonst ginge einem irgendwann mal die Kreativität aus. Krechel: Na ja, je grösser das Talent der Schauspieler zur Improvisation ist, desto besser. Das allerwichtigste ist aber, dass sie Vertrauen haben. So eine Arbeit kann auch schon mal mit Ist es auch schon vorgekommen, dass Sie bei der Premiere feststellen mussten, dass ein Stück überhaupt nicht funktioniert? Krechel: Nein, das ist glücklicherweise noch nie passiert. Das kann insofern eigentlich gar nicht vorkommen, weil ich stets stark mit Komik arbeite. Und im Minimalfall gehen die Leute zumindest gut unterhalten aus den Stücken – auch wenn ich das dann als gescheitert betrachte, weil sich die Qualität des Abends daran misst, wie viele spannende Inhalte die Geschichte erzählen kann, die hoffentlich noch etwas anderes auslösen. «Vergiss Britta» ist eine Geschichte über die Probleme einer Familie, die aus dem wahren Leben gegriffen sein könnte. Erarbeiten Sie immer Texte, die so nah an der Realität spielen? Krechel: Ja. Ich suche die Geschichten nahe immer an der Realität, bei denen der Zuschauer nicht abstrahieren muss: Was Antigones Problem mit meiner Lebensrealität zu tun hat? Bei uns geht es immer um Figuren, die aus dem Alltag gegriffen sind. Dabei versuche ich, möglichst einen Figurenfächer zu entwickeln, bei dem jeder Charakter auf eine andere Weise mit dem Grundthema in Konflikt steht. Im optimalen Fall, kann sich der Zu- schauer dann zumindest mit einer Figur identifizieren und sagen: Dem geht es ja ganz ähnlich wie mir. Letzte Vorstellungen: Heute Donnerstag, 25., Freitag, 26., und Samstag, 27. Januar, jeweils 20.30 Uhr, Klibühni, Chur. Nicht zum ersten Mal in der Klibühni Chur Tobias Krechel ist 1969 in der Nähe von Duisburg (Deutschland) geboren und in Kassel aufgewachsen. Dort inszeniert er zusammen mit seinem Ensemble als künstlerischer Leiter des Flinntheaters Kassel improvisierte Stücke. Zudem leitet Krechel das Universitätstheater in Dresden und arbeitet als freischaffender Regisseur. «Vergiss Britta» ist bereits seine zweite Aufführung in der Klibühni. Im Jahr 2005 gastierte er mit dem Stück «Die Schöne von Sylt» schon einmal in Chur. (fbr) Heimat – einmal anders gesehen Der Bündner Jürg Kienberger gastiert heute Donnerstag gemeinsam mit zwei Musikerfreunden aus Deutschland und Österreich im Theater Chur. In ihrem Programm besingen sie ihre jeweilige Heimat auf amüsante Art und Weise. Von Franco Brunner Vorpremiere in St. Moritz Für die Vorpremiere des Mystery-Thrillers «Marmorera» sind die Filmleute in die Nähe des Drehortes am Julierpass zurückgekehrt. Beim Apéro kurz vor der Aufführung im St. Moritzer Kino Neue Scala zeigten sich Regisseur Markus Fischer (links) und Hauptdarsteller Anatole Taubmann gestern in guter Stimmung. Bild Jara Uhricek Chur. – Heimatlieder sind gewiss nicht gerade jedermanns Sache. Doch wenn der Bündner Jürg Kienberger, der Bayer Josef Brustmann und der Niederösterreicher Klaus Trabitsch ihre jeweilige Heimat heimatkundig besingen, ist für Unterhaltung gesorgt. Heute Abend machen sich die drei Künstler mit ihrem Programm «Heimatflimmern» im Theater Chur auf die Suche nach einer gemeinsamen alpenländischen Musik. Bei dieser Suche greift das Trio in die verschiedensten alltagsmusikalischen Schubladen, bedient sich dies- und jenseits der Grenzen und präsentiert einen ebenso skurrilen wie vielschichtigen Mix aus Jodel, Chansons, Hits und Liftmusik. Dieses Gipfeltreffen der heimatverbundenen Musiker fand bereits im Mai letzten Jahres im Schauspielhaus in Zürich statt. Schon damals gelang es Kienberger und seinen Freunden, das Publikum auf eine einzigartige, charmant witzige und teilweise urkomische musikalische Reise mitzunehmen. Neben Kienberger, der mit seiner scheinbar unbeholfenen, aber stets treffenden und amüsanten Art die Zuschauer immer wieder überraschte, wussten auch Brustmann und Trabitsch das Publikum zu unterhalten. Vor allem Brustmann fiel des Öfteren als typisch bayrisch-derberSprücheklopfer mit der Tür ins Haus. An Marthaler geschult Vor allem aber lebt «Heimatflimmern» von feinsinnigem Humor und unkonventionellen Einfällen. Kienberger, Sohn der berühmten Hoteliersfamilie aus Sils Maria, kommt seine intensive Zusammenarbeit mit Christoph Marthaler am Zürcher Schauspielhaus offensichtlich zugute. Erst vor zwei Monaten war der Bündner Musiker und Schauspieler im Rahmen des «Churer Herbstes» in «Schutz vor der Zukunft» in Flims zu sehen. Enge Beziehung zur Musik Der bayrische Komiker Brustmann lebt in München und ist Mitglied der Münchner Monaco Bagage, einer kabarettistischen Volksmusikgruppe, und ist zudem auch als Solo-Kabarettist unterwegs. Trabitsch schliesslich, war viele Jahre lang Gitarrist der österreichischen Rock-Legende Kurt Ostbahn und komponiert heute für die bekannte österreichische Musikerin und Schauspielerin Erika Pluhar und begleitet sie auch auf ihren Tourneen. Was das Publikum in Chur erwartet, ist ein spezieller «Folkloreabend» mit kluger Komik, bei dem sich die Pointen – dem Thema entsprechend – zuweilen ein wenig verbergen, dafür dann aber umso mächtiger wirken. Heute Donnerstag, 25. Januar, 20 Uhr, Theater Chur.