Vorlesungsskript Differentielle Psychologie

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Vorlesungsskript Differentielle Psychologie
WS0809
von Hen Flachmann
01 Freuds psychoanalytische Theorie der Persönlichkeit
Biographisches
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Geboren 6.5. 1856 in Freiberg / Österreich (heute Tschechien)
1881 Dr. med. Universität Wien
1885 Besuch bei Jean Charcot in Paris (Hypnose)
1886 Zusammenarbeit mit Josef Breuer (Katharsis)
1899 Traumdeutung
1902 Gründung der Wiener Psychoanalytischen Gesellschaft (u.a.
C.G.Jung, A.Adler, H.Sachs, Otto Rank).
1909 Vorlesungen an der Clark University, Worchester, Massachusetts
1939 in London gestorben
Ebenen des Bewusstseins: Freuds topologisches Modell
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Bewusstsein:
alle Empfindungen und Erfahrungen, derer wir uns zu einem gegebenen
Moment bewusst sind.  wie ein Zeitfenster, zeitlich variierend
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Vorbewusstes:
„Verfügbares Gedächtnis“  Alle Vorstellungen, Gedanken etc. die wir
uns ohne Schwierigkeit/Hilfe ins Bewusstsein rufen können
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Unbewusstes
Inhalte sind nicht zugänglich, wenn sie bewusst werden dann verzerrt
oder in symbolischer Form. (Fantasien, Träume, Assoziation) Laut Freud
bedarf es einer psychoanalytischen Unterstützung um Unbewusstes
bewusst zu machen
Unbewusstes
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Freud bemühte sich darum, unbewusste Prozesse empirisch zu belegen.
Unbewusste Prozesse sind dem Bewusstsein völlig unzugänglich, haben
nach Freuds Auffassung aber großen Einfluss auf menschliches Handeln
und Erleben.
Zugänglich über Psychoanalyse, Fantasien, Träume, „Freudsche“
Fehlleistungen (z.B. Versprecher).
Moderne Parallelen (Dual process models)  Zwei-Prozess-Modelle:
2 Verarbeitungsmöglichkeiten: stark kontrolliert+ bewusst vs.
Automatisch+unbewusst  Implizite Einstellungsmessung mit Hilfe des
Implicit Association Tests (IAT)
Die Struktur der Person
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Es
Ich
Über-Ich
Beziehung topographisches Modell / Strukturmodell
Anderes Beispiel: Eisberg  nur die Spitze ist bewusst
Das Es (immer unbewusst)
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Ontogenetisch die älteste Struktur, von Geburt an vorhanden
„Enthält“ alle nicht gelernten Bedürfnisse und Triebe (→ Instinkte)
Erhält seine Energie direkt aus körperlichen Prozessen Energie= klar
definiertes physikalisches Prinzip; Energiekonzept wurde übernommen
(damals: Zeit der Entdeckung/Betonung der Gesetze der
Thermodynamik)
„Strebt“ nach unmittelbarer Bedürfnisbefriedigung
(Lustprinzip: Gut ist was Befriedigung bringt). Es kennt kein Urteil und
kein
logisches Denken. Widerstrebende Impulse können nebeneinander
existieren.
Schwache Möglichkeiten eine Bedürfnisbefriedigung zu erreichen
(Primärprozesse: Träume, Vorstellungen und Reflexe)
Vermenschlichung des „Es“  grenzt sich ab von automatischer
Informationsverarbeitung
„Es“ als eigene Distanz: „kleiner Mensch im Menschen“
Das Ich (vor allem vorbewusste Elemente)
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Das Ich entwickelt sich aus dem Es. Es vermittelt zwischen den Impulsen
des Es und der Realität.
Starke „kognitive“ Funktion. Orientierung und Handlung in der Welt,
Steuerung des Muskelapparats. Entscheidung über
Bedürfnisbefriedigung, -aufschub oder –unterdrückung.
Sekundärprozess: Angemessene Handlungen hervorbringen, die
instinktuelle Bedürfnisse befriedigen ohne die „Sicherheit“ der Person
oder anderer zu gefährden.
körperliche und soziale Unversehrtheit
Das Lustprinzip wird durch das Realitätsprinzip entthront.
Das Ich steht für Vernunft und Verstand, das Es für ungezähmte
Leidenschaft.
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Das Über-Ich (umfasst alle 3 Stufen)
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Entwickelt sich (insbesondere im Laufe von Oedipus- / Elektrakonflikt)
durch Identifikation mit dem gleichgeschlechtlichen Elternteil.
Es „beinhaltet“ soziale Normen und Gebote.
Unterscheidung in
– Gewissen (Verbote, Strafen)  Das, was ich nicht tun darf
– Ich-Ideal (Gebote, Lob)  Das, wonach ich streben soll
Gewissen und Ich- Ideal sehr individuell geprägt; Kultur von Bedeutung
Dynamik der Person:
Was motiviert menschliches Verhalten?
Menschen werden als komplexe Energiesysteme gesehen
„Gesetz von der Erhaltung der Energie“
Exzitation (erregende neurophysiologische Prozesse) ist die Quelle
psychischer Energie. Die einem Individuum für mentale Aktivitäten zur
Verfügung stehende Energie ist begrenzt.
• Ziel allen Verhaltens: Reduktion von Spannung,
welche durch über die Zeit durch unangenehme Ansammlung von
Energie entsteht.
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Freud: Wenn alle Spannungen reduziert sind  Absoluter Glückszustand
Impuls vom Es zum Ich: Es strebt nach Befriedigung  Ich muss Kraft
entgegensetzen um Impulse zu ünterdrücken mögliche Konsequenzen:
verarmtes Leben aufgrund weniger Energiefreisetzung (hauptsächlich
Entgegensetzung)
Dampfmaschinenprinzip: Kessel Druck Energie muss gelenkt werden
Instinkte
•
Mentale Repräsentationen körperlicher Spannungen werden Instinkte
genannt. Ein Instinkt ist auf einen angeborenen Zustand der Erregung
bezogen, der nach Ausdruck und Spannungsreduktion verlangt.
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Zwei Hauptgruppen von Instinkten werden von Freud besonders
berücksichtigt:
–
Lebensinstinkte (Eros): dienen der Aufrechterhaltung vitaler
Funktionen und stellen die Erhaltung der Art sicher.
Ihre Energie wird als Libido bezeichnet.  Erotische Instinkte schon
–
beim Neugeborenen; Energie dieser Instinkte prägen unser Leben
Todesinstinkte (Thanatos) unterliegen allen Manifestationen von
Grausamkeit, Aggression, Selbsttötung und Mord.
Instinkte haben:
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eine Quelle (der körperliche Zustand oder das Bedürfnis, aus denen der
Instinkt entsteht)
ein Ziel (die Spannungsreduktion)
ein Objekt (eine Person oder ein Objekt in der Umwelt oder im eigenen
Körper, die der Spannungsreduktion dienen)
Stärke (Ausmaß der Energie, die aufgewendet wird, um einen Instinkt zu
befriedigen).
•
Karthexis:
die Bindung an oder die Investition von Energie in ein Objekt.
z.B.: Verlieben in eine spezifische Person
•
Antikarthexis:
ein Hindernis, das die Befriedigung eines Instinktes behindert.
•
Verschiebung:
Wenn die ursprüngliche Objektwahl nicht erreicht werden kann, kann die
Energie eines Instinkts auf ein anderes Objekt gerichtet werden
z.B.: Verliebt in Hans, aber Hans schon vergeben Wahl fällt auf Peter
(2.Wahl)
Aus der Verschiebung bleibt eine gewisse Problematik zurück
Psychosexuelle Entwicklung: Psychosexuelle Entwicklung nach Freud:
Annahmen:
• Die Persönlichkeit von Erwachsenen wird durch Erfahrungen in der frühen
Kindheit geformt.  spätere Erfahrungen: modifizierende Rolle
• Sexuelle Triebenergie (Libido) ist von Geburt an vorhanden. Sie durchläuft
eine Reihe psychosexueller Phasen, die in der Triebausstattung des
Organismus angelegt sind.
• Der Ablauf dieser Phasen ist bei allen Individuen gleich.
• Jede Phase ist charakterisiert durch eine primäre erogene Zone (eine
Region des Körpers an der Endoderm und Ektoderm verbunden sind).
Diese erogene Zone „sucht“ Objekte oder Aktivitäten, die lustvolle
Spannung erzeugen.
• Individuelle soziale Erfahrungen in einer Phase hinterlassen einen
dauerhaften Einfluss auf das Individuum in Form von Einstellungen,
Eigenschaften oder Werten, die in der betreffenden Phase erworben
wurden.
• In jeder Phase kann Libido an die entsprechende Körperregion gebunden
bleiben. Dies bezeichnet Freud als Fixierung (das Individuum bleibt ganz
oder teilweise in der entsprechenden Phase „stecken“).
In psychisch schwierigen Situationen (Stress) kann eine Regression in
eine frühe Entwicklungsphase beobachtet werden, d.h. das Individuum
„kehrt“ in eine frühere Entwicklungsphase zurück und zeigt dieser Phase
entsprechende Verhaltensweisen.
Psychosexuelle Entwicklung: Die Phasen
Die psychosexuellen Phasen nach Anna Freud:
Phase Primäre erogene Zone Alter Orale Mundhöhle 1. Lebensjahr Anale Orale Phase:
Analbereich 2.­3. Lebensjahr geprägt durch Stillzeit
(Saugen an der Mutterbrust)
Phallische Genitalien 1.Lebensjahr: Kinder4.­5. Lebensjahr bekommen Zähne 2.Teil der oralen
Latenzzeit Phase: beißen, kauen
Genitale Genitalien Pubertät bis Lebensende Anale Phase: Reinlichkeitstraining
Prägungen dieser Phase
Ausscheiden von Kot
Latenzzeit: als primäre erogene Zone könnte man den Kopf bezeichnen
kognitive Entwicklung (Intelligenz etc)
Genitale Phase: 1. Homosexuelle/ erotische Zeit (frühe Phase der
Pubertät)
2. Heterosexuelle Ausprägung (im Normalfall)
Der Oedipuskonflikt  Dramatische Entwicklung im Rahmen der phallischen
Phase;
Gravierende Konsequenzen für die Weiterentwicklung
Oedipuskonflikt (Junge)
Motive
Konsequenzen
Bindung an die
Eifersucht bezogen
Mutter
auf Rivalen,
(Füttern, Körperliche besonders auf den
Pflege)
Vater
Kastrationsangst
Angst vor
(Anblick von
Bestrafung durch
weiblichen
den Vater für den
Genitalien, mögliche Wunsch die Mutter
Gefahr)
zu besitzen
Resultat
Gefühle der
Feindseeligkeit
gegen den Vater
Intensivierung der
Rivalität mit dem
Vater, Entwicklung
des Bedürfnisses die
Feindschaft zu
verstecken
Bedürfnis den Vater Erzeugung einer
Unterdrückung der
zu beschwichtigen Fassade von
Feindseligkeit und
und einen
Sanftmut und Liebe der Angst, Verzicht
gedanklichen Angriff für die Mutter
auf die Mutter,
vorzubereiten
Identifikation mit
dem Vater
(Aggressor)
- Anteil an der Mutter
- Normen und Werte
des Vaters werden übernommen
Entwicklung des Über-Ichs
Elektrakomplex (Mädchen)
Motive
Konsequenzen
Bindung an die
Eifersucht bezogen
Mutter
auf Rivalen
(Füttern, Körperliche
Pflege)
Penisneid (Anblick
von männlichen
Genitalien)
Stärkere Bindung
zum Vater als zur
Mutter
Eifersucht auf
männliche
Genitalien und
männliche
Privilegien
Erstreben eines
Penisersatzes vom
Vater
- ein Baby
Resultat
Generelle Gefühle
von
Minderwertigkeit,
Entdecken von
genitalen
Unterschieden
Abwerten der Mutterund Frauenrolle,
Aneignung von
männlichen
Verhaltensweisen
Identifikation mit
weiblichen
Verhaltensweisen,
um dem Vater zu
gefallen,
langsame
Distanzierung vom
Penisneid und der
Abwertung der
Mutter
schleichender, weicher Prozess
Elektrakomplex ist deutlich vager und weniger präzise beschrieben; kein
deutlicher und klarer Verlauf + Ergebnis
Laut Freud: Dadurch haben Frauen ein deutlich schwächer ausgeprägtes ÜberIch und sind moralisch schwächere Wesen als Männer  Diese Aussage
wurde/wird stark kritisiert
Beide Komplexe: - Empirisch so gut wie unüberprüfbar, kaum nachzuvollziehen
- Unbewusste Prozesse, die auch später nicht zu erinnern sind
Laut Freud nicht bewusstmachbar
Übersetzte Zitate Freuds zum Oedipuskonflikt:
•
„Eine Mutter erhält nur durch die Beziehung zu ihrem Sohn
uneingeschränkte Zufriedenheit, das ist die vollkommenste, perfekteste
und frei von Ambivalenzen bestehende Beziehung jeglicher menschlicher
Beziehungen.“ (Freud, 1933)
•
„…Mädchen halten ihre Mutter für schuldig am Fehlen des Penis und
vergeben ihr nicht für das Bestehen des Nachteils.“ (Freud, 1933) 
Mutter-Sohn-Beziehung besser als Mutter-Tochter-Beziehung?!
Charaktertypen
• Entstehung von Fixierung: (Bipolarität)
– wenn Personen in einer Phase so wenig Befriedigung erhalten,
dass sie „sich fürchten“, in die nächste Phase fortzuschreiten
– wenn Personen viel Befriedigung erhalten, dass sie nicht motiviert
sind, sich weiterzuentwickeln
• Wenn Fixierung entsteht, versuchen die Personen die Befriedigung zu
erhalten, die der Phase entspricht, in der sie „fixiert“ sind.
• Regression: Eine Person strebt danach, zu einer früheren Phase
zurückzukehren. Sie kehrt in die Phase zurück, in der eine Fixierung
zurückgeblieben ist. Auslöser: „Stress“, Entwicklungsprobleme
 Stress = gravierende Ereignisse, Lebenskrisen
Entsprechend den Phasen lassen sich somit 4 Typen unterscheiden, von denen
zwei besonders ausgearbeitet wurden:
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Oraler Charakter
Analer Charakter
Phallischer Charakter
Genitaler Charakter
Oraler Charakter bes. Abraham (1927)  Zeit als Freud noch lebte, Billigung
von Freud
Merkmale:
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starke Beschäftigung mit „Geben und Nehmen“ (Ernährung,
Unterstützung, Freigiebigkeit, „Einnehmen“)
Beschäftigung mit Abhängigkeit – Unabhängigkeit; Passivität – Aktivität
(Bipolarität)
Suchen Nähe zu anderen (gesellig) starke Anlehnung
Extreme Ausprägungen von Optimismus – Pessimismus
Ungewöhnliche Ambivalenz
Offenheit für Erfahrungen, Neugierde & Interesse an der Natur 
„Aufsaugen“ von Ereignissen
Hastige, Ruhelose, ungeduldige Orientierung – „Wollen von Ereignissen
gefüttert werden“  Menschen wollen alles mitbekommen; Konsumieren
von Fakten u. interessanten Dingen
Andauernder ungewöhnlicher Gebrauch oraler „Kanäle“ für Befriedigung
oder kompensatorische Verneinung oraler Bedürfnisse (zuviel/zuwenig
Essen; Rauchen; exzessives Sprechen)
Unscharfe Untertypen: Oral
frustriert
übermäßig
befriedigt
Freude am
Saugen
(frühe Phase)
Freude am
Beißen
(späte Phase)
„einnehmen
“
„feindlicher“
Es gibt immer „bitten um
jemand der
etwas“
mich ernährt ® „Kletten“
® Optimismus ® nicht gern
® Passivität allein
® Freigiebig ® ungeduldig
® gesellig
® exzessives
sprechen
Analer Charakter / Freud (1908)
Merkmale:
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Ordentlich; Bedürfnis Kontrolle nicht zu verlieren; Vermeiden des
Anscheines, er habe keine Kontrolle über seine analen Funktionen 
Hauptmotiv
sparsam; Geld wird unbewusst mit Fäkalien gleichgesetzt; hortet Dinge
Eigensinnig; Reaktion auf den Druck, anale Funktionen zu kontrollieren
(z.B.: Zurückhalten von Kot)
Zornig; ® sadistischer oder masochistischer Ausdruck
Zwangsgedanken; Zwangshandlungen und Rituale
Probleme im Verdauungssystem
Angsttheorien
1.Angst = umgewandelte Sexualenergie
als Folge der Unterdrückung entsprechender Triebimpulse
Abfuhr der gestauten Erregung in Form von Angstreaktionen
2.Angst= Gefahrensignal
wenn das Ich von Reizen überwältigt wird, die es nicht
beherrschen kann
Realangst: reale Umwelt enthält Gefahren
Neurotische Angst: verbotene Triebreize aus dem Es
überfluten das Ich
3 Formen: Kastrationsangst
Angst vor Liebesverlust
Angst vor Objektverlust
Das Ich wehrt sich gegen diese schmerzhaften Ängste durch Einsatz von
Abwehrmechanismen
Abwehrmechanismen
Mechanismus Definition
Beispiel
Verdrängung Starke Inhibition eines
Schuldangsterregenden
produzierende
Impulses oder
sexuelle Wünsche
Ereignisses, indem es ins werden „vergessen“
Unbewusste geschoben
wird
Projektion
Verlegung eines
Projektion der
unakzeptierten
eigenen
Triebimpulses, der das
unakzeptierten
Ich bedroht und an der sexuellen Impulse auf
eigenen Person nicht
den Chef
wahrgenommen wird, auf
eine andere Person
Reaktionsbild Angsterregende Impulse Unakzeptierte
ung
werden durch das
Gefühle von Hass
Gegenteil ausgetauscht werden in Liebe
umgewandelt
Rationalisieru Etwas akzeptabler
Ein aggressives
ng
machen durch eine
Verhalten auf
akzeptierte Bewertung Überarbeitung
der Ursache
zurückführen, nicht
auf Wut
Sublimierung Ausdrücken eines
Ein Soldat werden,
unakzeptierten Impulses um andere zu
auf sozial akzeptierte
verletzen, ein
Weise
Klempner werden, um
anale Wünsche zu
befriedigen
Abwehrmechanismen
Verschiebung
Unvollständig verdrängte Impulse: neurotisches Verhalten
Verhaltensweisen
Mögliche zugrunde liegende
Bedeutung
Angst vor Schlangen Sexuelle Konflikte betreffend den
Genitalien
Zwanghafte
Reaktion gegen anale Impulse
Sauberkeit
Zwangsgedanken:
Unvollständig unterdrückte
„Meine Mutter
Feindseligkeit gegen die Mutter
ertrinkt“
Paranoide Eifersucht Homosexuelle Wünsche
Starke Beschäftigung
mit Geld
„Kreuzzüge“ gegen
Unanständigkeit
Probleme den Toilettengang
betreffend
Reaktionsbildung gegen eigene
unakzeptierte Wünsche
Traumdeutung: Bedeutung von Symbolen
Traumsymbol
Bedeutung
König, Königin
Eltern
Kleine Tiere,
Ungeziefer
Reise
Geschwister
Kleidung, Uniform
Nacktheit
Fliegen
Geschlechtsverkehr
Zahnziehung
Kastration
Sterben
Empirische Prüfung von Freuds Theorie
Zusammenstellungen bei:
•
Fisher, S. & Greenberg, R.P. (1977). The scientific credibility of Freud`s
theories and therapy. Hassocks, GB: Harvester.
•
Eysenck, H.J. & Wilson, G.D. (1973). Experimentelle Studien zur
Psychoanlalyse Sigmund Freuds. Wien: Europaverlag.
Beispiel: Untersuchungen zum oralen Charakter
1.Gibt es einen „oralen Charakter“?
• Fragebogen zu Gefühlen und Persönlichkeitseigenschaften sollen (z.B.
mittels Faktorenanalyse ausgewertet) klären, ob diejenigen Merkmale,
die theoretisch dem oralen Charakter zugeschrieben werden tatsächlich
deutliche Beziehungen (Korrelationen) untereinander aufweisen.
• Eine Reihe von Studien liefert Hinweise darauf, dass es ein solches
„Cluster“ von Eigenschaften gibt.
Mit den postulierten Merkmalen korrelieren jedoch häufig auch andere
(theoretisch nicht erwartete) Merkmale.
Die korrelierenden Merkmale (Abhängigkeit, Egozentrismus, Passivität,
mangelndes Selbstwertgefühl) sind darüber hinaus Aspekte der breiten
Persönlichkeitsdimension Neurotizismus-Emotionale Stabilität.
2. Kann die Ausprägung „oraler Eigenschaften“ auf Erfahrungen in der
Oralen Phase zurückgeführt werden?
• Studien in denen die Fütterungs- und Pflegebedingungen in der frühen
Kindheit untersucht (post hoc erfragt oder direkt beobachtet) und zu
Persönlichkeitsmerkmalen in Beziehung gesetzt werden. Es wird
angenommen, dass auf diese Weise festgestellt werden kann, ob Kinder
oral depriviert oder überbefriedigt waren.
•
3 unterschiedliche Designs:
– Korrelationen zwischen Fütterungs- und Pflegebedingungen und
Persönlichkeitsmerkmalen
– Korrelationen zwischen globaleren Aspekten des mütterlichen
Verhaltens (Wärme, Einstellung zur (Un-)Abhängigkeit des Kindes
und Persönlichkeitsmerkmalen.
– Anthropologische Studien, die die Beziehung zwischen „oraler
Befriedigung“ und dem Verhalten im Erwachsenenalter zwischen
unterschiedlichen Kulturen vergleichen.
Zu 2)
• Die Designs a) und b) weisen den schwerwiegenden Nachteil auf, dass
genetische Faktoren (die sowohl von Freud als auch von Abraham in
Betracht gezogen werden) ignoriert werden.
• Fisher & Greenberg (1977) führen 30 einschlägige Studien an. Diese
zeigen insgesamt eine Korrelation zwischen frühkindlichen Erfahrungen
und Persönlichkeitsmerkmalen (insbesondere Abhängigkeit, OptimismusPessimismus) auf, können Freuds/Abrahams theoretische Überlegungen
jedoch nicht eindeutig bestätigen.
3.Konstruktvalidierung des „oralen Charakters“: Verhalten sich orale
Personen so, wie es theoretisch vorhergesagt wird?
• Beispiel Timmons und Noblin (1963):
• Vergleich oraler und analer Personen.
• Diagnose mittels Blacky-Test.
• Konditionierungsparadigma.
• Orale Personen sind durch einen statushohen Versuchsleiter besser zu
konditionieren, als anale Personen.
• Es gibt eine Reihe positiver Befunde.
• In ähnlicher Weise können die Studien zum analen Charakter analysiert
werden.
• Überlappung des „analen Clusters von Persönlichkeitsmerkmalen mit der
Persönlichkeitsdimension Conscientiousness (Gewissenhaftigkeit).
• Insgesamt schwächere Befundlage (zusammenfassend Fisher &
Greenberg, 1977).
Psychoanalyse alltäglicher Handlungen
Verhalten
Unbewusster
Wunsch
Versprecher: May I
Beleidigen
insort (instead of
(insult)
escort) you?
Versprecher:
Das Meeting zu
Gentlemen, I declare a beenden
quorum present and
herewith declare the
session closed
Vermengung:
insult + escort=
insort)
Assoziation von
Gegensätzen
(open-closed)
Traum von der
Enttäuschung der
Qualität von Theater
Tickets als Ergebnis
eines zu voreiligen
Kaufs
Davon zu träumen,
sich den Arm zu
brechen
Ich habe zu
schnell
geheiratet. Ich
hätte einen
besseren
Ehepartner
finden können.
Wunsch das
Eheversprechen
zu brechen
Symbol (Karten zu
schnell gekauft
haben= zu
schnell geheiratet
zu haben)
Konvertierung in
visuelle Bilder
(Eheversprechen
brechen= Arm
brechen)
02 Psychoanalytische Theorie: Carl Gustav Jung
Biographisches: C.G. Jung
• 1876 Geboren in Kesswil, Schweiz
• Studium der Medizin
• 1900 Assistent (Habil. 1905) und Mitarbeiter Bleulers
• 1909 Aufgabe der Arbeit im Krankenhaus
• 1913 Aufgabe der Lehrtätigkeit
• 1944 Lehrstuhl für medizinische Psychologie der Universität Basel (für ein
Jahr)
• 1961 Tod in Küssnacht bei Zürich
Was war zwischen 1913 und 1944?
• Theorie entwickelt und ausgearbeitet
• Streit mit Freund: Streitpunkt „Libido“
• Kulturanthropologische Studien
• Selbstanalyse
• Privatpatienten betreut
Dynamik der Person
• Libido:
„kreative Lebenskraft“, die für das beständige Wachstum der Person
eingesetzt werden kann.
(Bei Freud Energie der sexuellen Triebe bei Jung weniger sexuell)
•
Equivalenzprinzip:
Psychische „Energie“ ist begrenzt. Wird viel Energie auf eine Komponente
der Psyche gerichtet, geht dies zu Lasten anderer Komponenten.
(Jung beruft sich auf die Thermodynamik)
•
Entropieprinzip:
Es gibt die Tendenz aller Komponenten der Psyche, den gleichen Anteil
der Energie „auf sich zu ziehen“
•
Psychische Werte: Besondere Bedeutung
Energie, mit dem ein Element der Psyche ausgestattet wird
Prinzip der Gegensätze
Jedem Konzept in Jungs Theorie steht ein entgegengesetztes Konzept
gegenüber
•
Struktur der Person
• Ich (ähnelt stark dem Ich von Freud)
Alles, was uns bewusst ist
Denken, Fühlen, Erinnern, Wahrnehmen
•
Persönliches Unbewusste (entspricht dem Es)
Vergessenes, Verdrängtes, nicht bewusst Wahrgenommenes
Komplexe  neue Komponente
•
Kollektives Unbewusste/Kulturelles Unbewusste (einzigartig in
Jungs Theorie)
Kollektive Erfahrungen der Menschheit, die diese im Prozess der Evolution
gemacht haben. (bei allen Menschen gleich)
Archetypen: angeborene Tendenz auf bestimmte Aspekte der Umwelt zu
reagieren, aber keine spezifischen Reaktionen
Komplexe
• Definition:
Eine organisierte (geordnete) Gruppe oder Konstellation von Gefühlen,
Gedanken, Wahrnehmungen und Erinnerungen, die um ein Kernelement
gruppiert sind, das wie eine Art von Magnet wirkt, indem es
verschiedenartige Erfahrungen anzieht oder konstelliert (und mit viel
Energie ausgestattet ist)
–
Beispiel: Mutterkomplex
Eigene Mutter = Kernelement und mit hoher Energie belastet
Alle anderen Frauen werden mit der Mutter verglichen;
Meinungen, Gedanken der Mutter werden stets berücksichtigt:“Was
würde Mutti tun/denken/dazu sagen?“
•
•
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•
•
Kognitive und emotionale Anordnung
leicht aktivierbar durch leichte Hinweisreize
viele zusätzliche Erlebungsinhalte
Anzahl der Komplexe nicht begrenzt
Individuelle Konstellationen
Komplexe: Wortassoziationstests
Komplexe: Indikatoren
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Länger als die durchschnittliche Reaktionszeit
Wiederholungen des Stimuluswortes, als ob die Person es nicht gehört
hätte
Missverstehen des Stimuluswortes
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•
•
•
•
•
•
Expressive körperliche Bewegungen, wie lachen, zucken
Reaktion umfasst mehr als ein Wort
Sehr oberflächliche Reaktion auf den Stimulus, wie reimen
Bedeutlungslose Reaktion, wie zusammengesetzte Wörter
Ausbleiben der Antwort
Perseveration der Antwort: Fortsetzten der Antwort zu dem
vorangegangenen Wort, obwohl das nächste präsentiert wurde.
Fehlerhafte Reproduktion: drastisch veränderte Antwort, wenn die Liste
das zweite Mal präsentiert wird
Versprecher: Stammeln
Komplexe: Fallbeispiel
Patientin Jungs: Frau mit dramatischer Liebesgeschichte: Sie war in einen
schönen, armen Mann verliebt, aber heiratete einen reichen, ungeliebten
Mann. Sie war jedoch zu der Zeit schon schwanger von dem anderen, geliebten
Mann. Das Kind erkrankte und starb nachdem es an einem Spüllappen
gelutscht hatte.
Exkurs: Implizite Verfahren- Moderne Varianten des Assoziationstest
• Zunächst zur Erfassung von sozialen Einstellungen (z.B. gegenüber
Minoritätengruppen)
• Bei unzureichender Motiviertheit oder verringerten kognitiven Ressourcen
werden relevante Einstellungen automatisch aktiviert.
Strack und Deutsch (2004) postulieren, dass Verhalten durch zwei
Systeme beeinflusst werden kann:
• Reflektives System: bewusste Informationsverarbeitung; erfordert
hinlängliche
kognitive Ressourcen  bedeutsam bei Überlegungen
• Impulsives System: unbewusste Informationsverarbeitung;
automatische Aktivierung (bei Zeitdruck, Stress, Anspannung);
kognitive Ressourcen durch andere Dinge begrenzt
• Mit Hilfe der exakten Erfassung von Reaktionszeiten sollen automatische
Reaktionen erfasst werden.
• Eines der am häufigsten verwendeten Verfahren: Implizite
Assoziationstest (implicit association test, IAT, nach Greenberg)
Beispiel. IAT Übersicht
Allgemein: Ergänzung
Es geht nicht um Bewertung, sondern nur um Assoziationen!
Implizite (Selbstkomplex-)Maße: z.B. Ängstlichkeit in sozialen Situationen,
gemessen mit physiologischen Daten kann besser durch implizite Maße
vorhergesagt werden.
Verhalten kann gut vorhergesagt werden.
Große Relevanz für den Alltag: Menschen zeigen „schlechte“ Handlungen
z.B. diskriminatives Verhalten, ohne dass sie sich darüber bewusst sind.
Prozesse, die nicht bewusst berichtet werden können, werden mit dem
IAT gemessen.
Archetypen (interpretatives Konzept)
• Definition: angeborene Tendenz, auf bestimmte Aspekte der Welt zu
reagieren, aber keine spezifischen Reaktionen
•
•
•
Jung: starke Betonung, dass Individuen Ergebnis einer langen
Evolutionsgeschichte sind. Ereignisse, Entwicklungen, Prozesse aus der
Vergangenheit sind im Individuum enthalten (bestimmte Reaktionen z.B.
unter Stress); vergleichbar mit tierischen Reaktionen
Jung beruft sich auf Lamarck: Erfahrungen schlagen sich im Erbgut nieder
tatsächlich nicht so: Schwachpunkt in Jungs Theorie: Moderne
Evolutionstheorie zu Jungs Zeiten noch in den Anfängen
Adaptation: Adaptationen nicht erfahrungsbedingt, sondern fest
programmiert (im Erbgut enthalten). Bei Jung keine Adaptation , sondern
mythologische Bilder: Mythen verschiedener Kulturen Entdeckung
gemeinsamer Themen
Beispiel zu den unspezifischen Reaktionen (siehe Definition):
Der Mechanismus der Eifersucht: Vielfältige Reaktionsweisen, die aus
dem Gefühl der Eifersucht resultieren (sich zurückziehen, aggressiv
•
•
werden etc.) Interindividuelle Differenzen
Vorstellung, dass Archetypen erst im Laufe der Entwicklung an
Bedeutung gewinnen;
Funktion: Hilfe in Krisenzeiten
Eine Erfahrung, die -wie kaum eine andere- alle Menschen gemeinsam
machen ist der scheinbare physische Lauf der Sonne im Laufe eines
Tages. Diese schlägt sich nach Jung jedoch nicht im kollektiven
Unbewussten nieder.
Der Archetyp: Art Bereitschaft, immer wieder dieselben oder ähnliche
mythische Ideen hervorzubringen. Im Unbewussten scheinen nur die
Fantasien eingeprägt zu sein, die durch den physischen Prozess angeregt
werden. (Große Abstraktionsebene).
Beispiele für Archetypen:
• Persona: Maske um eine Person darzustellen
• Anima: Bild der Frau: Grundvorstellung von Männern über Frauen
nicht durch
• Animus: Bild des Mannes: Grundvorstellung von Frauen über Männer
individuelle
• Schatten: Animalische, unbegrenzte, triebhafte Struktur
Erfahrungen
• Selbst
gewonnen;
• Mutter : Kann aus dem Unbewussten durch Mutterfiguren
„Urvorstellungen“
(auch bildlich: Ehefrau ,“Mutter Gottes“, alma mater,
„Mutter Kirche“, Mutterhaus) aktiviert werden.
Es gibt positive und negative Mutterarchetypen:
„Stiefmutter“, „Hexe“, „Drachen“ vs. positive Mutterbilder
(Aufopferung,
Fürsorge)
Jungs Typenlehre
Funktionen
Rational
EinstellungDenken
Fühlen
Irrational
Empfinden
Intuieren
Extravertier Extravertiert Extrav. Fühltyp Extrav.
Extrav.
t
er Denktyp
Empfindungsty Intuierer
p
Introvertiert Introvertierte Introv. Fühltyp Introv.
Introv.
r Denktyp
Empfindungsty Intuierer
p
2 Einstellungstypen: Libido-Orientierungen
• Extravertiert: Libido nach außen gerichtet
• Introvertiert: Libido nach innen gerichtet
4 Funktionen: Beschreiben, wie wir unsere Umwelt wahrnehmen und mit ihr
umgehen;
•
•
Ansätze der Informationsverarbeitung
Rational: Denken
Fühlen: nicht Gefühl, sondern Bewerten auf rationale Weise
Irrational: Empfinden: ungefiltertes Auf-sich-wirken-lassen von
Informationen
Intuieren: starke Richtung in die Zukunft: Aufgrund des
Gegebenen das
Zukünftige antizipieren
(z.B.: Simultandolmetschen: Intuierer zeitlich besser
bewappnet
Für schnelle Übersetzungen Satzumbau wichtig)
8 Persönlichkeitstypen:
• Extravertierter Denktyp
Introvertierter Denktyp
• Extravertierter Fühltyp
Introvertierter Fühltyp
• Extravertierter Empfindungstyp
Introvertierter
Empfindungstyp
• Extravertierter Intuierer
Introvertierter Intuierer
• Extravertierter Denktyp:
Lebt nach festen Regeln, objektiv, kalt; positiv und dogmatisch in seinem
Denken. Fühlen ist unterdrückt.
• Extravertierter Fühltyp:
Sehr emotional, Respekt vor Autorität und Tradition. Gesellige Person, die
die Harmonie mit der Welt sucht. Denken ist unterdrückt.
• Extravertierter Empfindungstyp:
Sucht Vergnügen, fröhlich, sozial angepasst. Sucht ständig neue
sensorische Erfahrungen/Stimulierung. Interessiert an gutem Essen und
Kunst. Sehr realistisch. Intuition ist unterdrückt.
• Extravertierter Intuierer:
Entscheidungen werden eher durch Ahnungen als durch Fakten
bestimmt. Wechselhaft und kreativ. Geringe Persistenz. Weiß viel über
das Unbewusste anderer. Fühlen ist unterdrückt.
• Introvertierter Denktyp:
Intensives Bedürfnis nach Privatheit. Sozial gehemmt, geringes
praktisches Urteilsvermögen. Intellektueller, der die praktischen
Probleme des Alltags ignoriert.
• Introvertierter Fühltyp:
Ruhig, gedankenvoll und überempfindlich. Kindisch, rätselhaft und
indifferent den Gefühlen und Meinungen anderer gegenüber. Sehr
geringer Ausdruck von Emotionen.
• Introvertierter Empfindungstyp:
Sein Leben wird durch das bestimmt, was gerade passiert. Künstlerisch,
passiv und ruhig. Kein tieferes Interesse an menschlichen/sozialen
Problemen, da mit dem gegenwärtigen Geschehen beschäftigt.
• Introvertierter Intuierer:
Der eigentümliche, exzentrische Tagträumer der neue aber
•
„befremdliche“ Ideen produziert. Selten von anderen verstanden, was ihn
aber nicht sonderlich beunruhigt. Das Leben wird durch innere
Erfahrungen geleitet, nicht durch äußere.
Bedeutsame Rolle der Typen in der psychologischen Diagnostik.
Typen:
• Werden heute erfasst durch einen Fragebogen
Myers Briggs Type Indikator(MBTI)  in den USA am meisten eingesetzt
zur Personalselektion  Einsatz laut Riemann nicht gerechtfertigt, da
„Kaffeesatzlesen“
Neuere Version: Golden Profiler of Personality (2002)
• Anknüpfungspunkte ohne Bezug auf die analytische Theorie für Guilford
(Fragebogenentwicklung): wesentliche Beiträge in den 30er-Jahren
und Eysenck (Extraversionskonzeption): bezieht sich explizit auf Jungs
Theorie
Zusammenfassend:
• Viele Konzepte, die uns im Alltag begegnen gehen auf psychoanalytische
Theorien zurück
• Spekulative Elemente
• In ihrer Ganzheit sind die Theorien empirisch nicht überprüfbar
• Allerdings werden einzelne Aspekte immer wieder aufgegriffen und
weiter erforscht
03 George Kelly – phänomenologisch orientierter Persönlichkeitsforscher
Biographie
• Geboren am 28.4.1905 : Bauernhof in Kansas
• Bachelor in Physik u. Mathematik, Master in Soziologie
• Er lehrte an verschiedenen Hochschulen
• 1929 Hochschulabschluss in Psychologie an der University of Edinburgh
in Schottland
• Vor dem 2.WK: Kelly arbeitet als Schulpsychologe
• Während des 2.WK: Psychologe bei der Luftwaffe
• Professor in Klinischer Psychologie an der Ohio State University
• 1955: „Die Psychologie der persönlichen Konstrukte“ Hauptwerk
Veröffentlichung des Werks internationale Anerkennung
• Kelly starb 1967
Sein Hauptwerk hat nur wenige Literaturangaben; spezielle Art der
Darstellung Theorie wurde nie sehr systematisch mit anderen Theorien
verknüpft Isolation
Philosophische Grundannahmen (axiomatisches Vorgehen)
Annahme Kellys: Der Mensch ist eine Form von Bewegung. Die zu
beantwortende Frage muss lauten wohin bewegt sich der Mensch? und nicht
warum?!
• Das Universum:
13.
real (grenzt sich ab von konstruktivistischen Sichtweisen)
14.
kann nur in einer Zeitperspektive verstanden werden
15.
Integral, alle Ereignisse stehen zueinander in Beziehung
(allerdings begrenzte Anzahl von Relationen, die wir wahrnehmen)
• Konstruktiver Alternativismus:
• Konstruktivismus = philosophische Strömung; Universum ist nicht real
18.
Eine allgemeingültige, absolute Konstruktion des Universums ist
unmöglich. Alle gegenwärtigen Konstruktionen können revidiert und
ersetzt werden.
Unterschiedliche Sichtweisen existieren nebeneinander, man
weiß nicht genau was richtig und falsch ist
19.
Menschen geben Ereignissen eine Bedeutung. Alternative
Konstruktionen sind möglich.
Handeln wird dadurch bestimmt welche Bedeutungen wir
Ereignissen geben
• Methapher des Menschen als Wissenschaftler:
21.
Konstruktion von Realität
22.
Parallelen zwischen wissenschaftlichem u. alltäglichem
Vorgehen;
Menschen entwickeln und verknüpfen Konstrukte und handeln
danach
23.
Menschen bemühen sich - wie Wissenschaftler - sich ihre Umwelt
anzueignen
„Fundamental Postulate“ (Fundamentales Postulat)
Definition:
„Die Prozesse einer Person werden psychologisch gelenkt durch die Art, in
welcher die Person Ereignisse antizipiert.“ (KELLY, 1955, S.46) Antizipieren wird
im Sinne eines Vorentwurfs von zukünftigen Ereignissen verstanden.
• Prozesse stehen im Vordergrund
•
•
•
Gedanke: Wie werden Prozesse einer Person gelenkt? Nicht: Wie werden
sie angestoßen?
Erwartungen sind von zentraler Bedeutung
Antizipieren: Vorentwurf zukünftiger Ereignisse  in die Zukunft gerichtet
Erwartungen immer nur möglich auf dem gegenwärtigen
Erfahrungsstand
Hilfssätze
• Construction corollary
• Individuality corollary
• Organisation corollary
• Dichotomy corollary
• Choice corollary
• Range corollary
• Experience corollary
• Modulation corollary
• Fragmentation corollary
• Commonality corollary
• Sociality corollary
1) Construction corollary/ Konstruktions-Hilfssatz:
• „Eine Person antizipiert Ereignisse, indem sie eine Kopie von ihnen
entwirft“ (KELLY, 1955, S.50)
Aus zwei Faktoren werden die Vorhersagen für ein Ereignis gewonnen:
a) die Anzahl der bereits beobachteten Wiederholungen eines Ereignisses (je
häufiger die Beobachtungen, desto genauer die Vorhersage)
b) der Betrag an Ähnlichkeit des vorherzusagenden Ereignisses, der durch
Abstraktion von den Wiederholungen gewonnen wird
- Ein Individuum, das über keine Konstrukte verfügt hat Defizite in der
Wahrnehmung, in der Einordnung von Dingen und im Denken
- Beispiel: Direkt nach der Geburt verfügt das Baby noch über keine Konstrukte.
Zusammenhänge müssen erst gelernt werden. Bestimmte Ereignisse treten
wiederholt auf. Es kommt zu einem schematischen Erkennen (z.B. Augen,
Mund). Schließlich entsteht das Konstrukt (z.B. „Person“).
- Wir entwickeln Konstrukte, indem wir eine Kopie von Dingen in unserem
Gedächtnis speichern. Es wird eine Abgrenzung von anderen Wahrnehmungen
vorgenommen. Je ähnlicher Ereignisse, desto bessere und präzisere
Vorhersagen können gemacht werden.
2)Individuality corollary/ Individualitäts-Hilfssatz:
• „Personen unterscheiden sich voneinander in ihrer Konstruktion von
Ereignissen“ (KELLY, 1955, S.55).  ideographische Seite der
Persönlichkeit
Dieses Postulat ist ganz im Sinne einer Psychologie der individuellen
Unterschiede. Gleiche Ereignisse werden von Personen unterschiedlich
antizipiert, auch bestehen individuelle Unterschiede in der Auswahl von
Ereignissen, die antizipiert werden sollen.
Untersuchungen, die J.C.J. BONARIUS(1965) anführt, erbrachten, dass Personen
bei ihrer eigenen Beurteilung und der anderer Personen ihre persönlichen
Konstrukte vorgegebenen Messskalen vorziehen.
Es gibt allgemeine Prinzipien der Konstruktion (bei allen Menschen
gleich);
ABER: auch Unterschiede in der individuellen Konstruktion;
WICHTIG: Inhalt der Konstruktion: Wie konstruiert eine Person genau?
Es ist nicht automatisch vorgegeben, womit man sich differenzierter
auseinandersetzen möchte. Es gibt sehr unterschiedliche Ereignisse, die
wiederum sehr unterschiedlich von Personen angewendet werden.
3)Organisation corollary/ Organisations-Hilfssatz:
• „Jede Person entwickelt ein Konstruktionssystem, welches eine Ordnung
oder Stufenfolge zwischen den einzelnen Konstrukten umfasst, um
Ereignisse angemessen zu antizipieren. Innerhalb des Systems besteht
ein Minimum an Gegensätzlichkeit und Unbeständigkeit“ (KELLY,1955,
S.56).
Die Konstrukte bilden eine Hierarchie, indem jedes entweder anderen
übergeordnet oder einem höheren als sein Element untergeordnet ist.
• Menschen entwickeln ein bestimmtes System von Konstrukten
Zusammenhänge zwischen Konstrukten
• Konstrukte bilden eine Hierarchie/sind in Hierarchien angeordnet
Beispiel
gut - böse
Warum findest du XY gut?  weil XY
kooperativ ist
kooperativ - destruktiv
Warum kooperativ?  weil XY tut
was ich sage
tut was ich sage
gut
kooperativ
konstruktiv
tut was ich sage tut was ich denke
• Hierarchien können persönlich sein.
• Konsequenz: Hierarchien werden häufig benötigt um zu verstehen was
eine Person mit einem Konstrukt meint
4) Dichotomy corollary/ Dichotomer- Hilfssatz:
• „Das Konstrukt-System einer Person besteht aus einer begrenzten Anzahl
dichotomer Konstrukte“ (KELLY, 1955, S.59).
Ein dichotomes Konstrukt besteht aus mindestens drei Elementen, von denen
festgestellt werden muss, inwieweit zwei Elemente einander ähneln und
zugleich von einem dritten verschieden sind.  Minimaler Kontext
Zusatzuntersuchungen, ebenfalls von BONARIUS erwähnt, unterstützen KELLYS
Auffassung von der Bipolarität persönlicher Konstrukte. Aber sie stellen es als
problematisch dar, ob Bipolarität notwendigerweise Dichotomisierung
impliziert.
• Menge von Ereignissen, die in die Aufmerksamkeit einer Person gelangen
• Einige sind sich ähnlich – andere sind sich unähnlich
Beispiel 1: Die beiden Sterne sind sich ähnlich und
verschieden von dem Rest der Symbole
•
Beispiel2: Schwarz – weiß verschachtelte Konstrukteeine Dimension
schwarz
tiefschwarz
normalschwarz
schwarz dunkelgrau
• Mehrgliedriges Konstrukt: nicht nur dichotom, z.B. Unterscheidungen von
3 oder mehr Farben; bezieht sich auf Dinge der physikalischen Welt z.B.
Konstrukt Tisch, Stuhl, Schrank
• Bei der Beschreibung vonPersonen häufig Dichotomien/ Bipolarität
5) Choice corollary/Wahl-Hilfssatz:
• „Eine Person wählt für sich die Alternative eines dichotomen Konstruktes,
durch die sie eine bessere Möglichkeit der Erweiterung und Präzisierung
des Systems erzielt“ (KELLY, 1955, S.64).
Das Prinzip einer sorgfältigen Wahl ist die Tendenz, die Alternative zu wählen,
die das System genauer und klarer macht.
• Empirisch kaum überprüfbar
• Scheer (2003): Wahlhilfssatz hat viel mit Motivation zu tun
Nach Kelly: Nicht die Frage nach dem „Warum“, sondern nach dem
„Wohin“
Welche Handlungen werden gewählt?
Beispiel: Laut Kelly: Faules Kind Faul bedeutet nicht, dass das Kind
nichts tut, sondern dass das Kind etwas anderes tut, was nicht gewollt
und erwartet wird (z.B. Reden mit dem Nachbarn im Unterricht)
Wahlhilfssatz: Zwischen unterschiedlichen Handlungsalternativen wird
gewählt;
Vorstellungen über die Konsequenzen der Handlungen werden gebildet;
dieses geschieht sehr schnell, ist häufig unartikuliert und präverbal
• Es besteht nicht immer nur die Wahl zwischen Gutem und Schlechtem
mehrere attraktive Alternativen: Entscheidung so, wie es den eigenen
Konstrukten entspricht.
6) Range corollary/ Bereichs-Hilfssatz:
• „Ein Konstrukt ist nur für die Antizipation eines endlichen Bereichs von
Ereignissen geeignet“ (KELLY,1955, S.64).
Jedes Konstrukt hat seinen Geltungsbereich und Schwerpunkt für ähnliche
und gegensätzliche Ereignisse. Es existieren auch Ereignisse, die außerhalb
des Geltungsbereichs fallen.
Konstrukte sind immer an eine Menge von Ereignissen gebunden, für die sie
geeignet sind. Für manche Bereiche sind sie gut, für manche weniger gut
geeignet.
7) Experience corollary/ Erfahrungs-Hilfssatz:
• „Das Konstruktsystem ändert sich mit dem fortlaufenden Entwerfen der
Wiederholungen von Ereignissen“ (KELLY, 1955, S.72).
Die auftretenden Ereignisse unterwerfen das System einer Überprüfung
seiner Gültigkeit.
Das Konstruieren und Rekonstruieren von Ereignissen macht die Erfahrung
der Person aus.
Für KELLY ist in allen psychischen Vorgängen ein Lernvorgang enthalten.
Dieser Vorgang wird nicht als Festsetzung auf verstärkte bzw. ausgelöschte
Verhaltensweisen verstanden, sondern er beinhaltet die erzielte Gültigkeit
von Vorhersagen, die Formulierung von Erfahrung und die Festlegung auf
Handlungen.
• Konstrukte sind einer fortlaufenden Veränderung unterworfen
• Biologisches spielt keine Rolle
• Alle Konstrukte werden durch Erfahrungen gebildet
• Konstrukte werden zunehmend verfeinert/ausdifferenziert im Laufe der
Entwicklung;
• Blickwinkel verfeinert sich durch geschulte und häufigere Beobachtung
von Konstrukten
•
•
•
•
Prüfung der Konstrukte: Ereignis so eingetroffen wie antizipiert? ;
Menschen sind auf ihre eigenen Urteile angewiesen/beschränkt (Gefahr
sich selbst etwas vorzumachen)
Erfahrung wird gesammelt: Laut Kelly kann aber nicht nur durch
Beobachtung und Auf-sich-wirken-lassen Erfahrung gesammelt werden.
Wichtige Voraussetzung ist AKTIV zu werden, d.h. Dinge vorherzusagen
und aktiv zu schauen/zu überprüfen, ob diese auch tatsächlich eintreffen.
 Konstruieren und Rekonstruieren
Wenn nur Vorhersagen getroffen werden ohne die Ergebnisse zu
berücksichtigen, dann werden sich Konstruktionssysteme nicht ändern
Konsequenz: keine Erfahrung wird gemacht
Untersuchungen (in BONARIUS, 1965) über den Wechsel von Konstrukten
ergaben, dass nach einem Minimum an sozialer Interaktion die Personen
dazu neigen, einen Partner ihnen ähnlich zu konstruieren.
• Dauert die Interaktion an, wird die Konvergenz der Konstruktion von einer
Divergenz abgelöst. Die Personen üben selbst die Kontrolle über
Konvergenz und Divergenz aus, indem sie entweder ihre Aufmerksamkeit
hauptsächlich auf sich oder den Partner richten.
8) Modulation corollary/ Modulations-Hilfssatz:
• „Die Veränderbarkeit eines Konstruktsystems wird durch die
Durchlässigkeit der Konstrukte, innerhalb derer der Gültigkeitsbereich der
Abweichung liegt, begrenzt“ (KELLY, 1955, S.77).
Ein Konstrukt ist durchlässig, wenn es neue Elemente aufnimmt, die noch
nicht innerhalb seines Gefüges vorhanden sind.
• Veränderungen sind begrenzt
• Durchlässigkeit = Gültigkeitsbereich oder Konstruktion von Konstrukten
wird verändert
• Manche Konstruktionen sind sehr undurchlässig Undurchlässigkeit
behindert Veränderung des Konstruktsystems
z.B. Trotz wiederholter schlechter Erfahrungen mit einem Partner keine
Konstruktänderung  manche Frauen fallen immer wieder auf den
gleichen Typ Mann herein
9) Fragmentation corollary/ Fragmentations-Hilfssatz:
• „Eine Person kann fortlaufend unterschiedliche Konstruktsysteme
benutzten, die unvereinbar miteinander sind“ (KELLY, 1955, S.83).
Innerhalb größerer Systeme findet eine Änderung statt, wenn neue Konstrukte
auf alte treffen.
Die Toleranz einer Person für Unvereinbarkeit beim täglichen Konstruieren von
Ereignissen wird begrenzt durch die Genauigkeit der herrschenden Konstrukte,
von deren Durchlässigkeit es abhängt, welche umfassende Bedeutung die
Person dem Leben beilegt.
• Unterschiedliche Konstruktionen existieren nebeneinander; bei zu
großem Widerspruch: Konstruktionsänderung
• Z.B. bei Personen, die einem lieb sind, fallen negative Dinge nicht so sehr
ins Gewicht
Umgang Mutter- Kind: Kind will unbedingt Süßes und schreit herum,
verhält sich unmöglich Mutter ist sauer und genervt, aber kurze Zeit
später wird das Muttersystem wieder aktiviert und Mutter zeigt
womöglich Verständnis etc. und gibt nach
10) Commonality corollary/ Kommunalitäts-Hilfssatz:
•
„In dem Maße, in dem eine Person eine Konstruktion von Erfahrungen
benutzt, die der einer anderen Person ähnlich ist, sind ihre psychischen
Prozesse gleich“ (KELLY, 1955, S.90).
Die Konvergenz in dem Vorentwurf von Ereignissen bildet die Grundlage für
ähnliche Handlungen und nicht die Konvergenz der Ereignisse selbst.
KELLY versteht kulturelle Ähnlichkeit in dem Sinne, was die Person vermutet,
was andere tun werden, und was sie selbst meint, was die andern von ihr zu
tun erwarten.
BONARIUS meint, dass Ähnlichkeit in der Erfahrung eine günstigere Basis für
Kommunikation bildet. Ähnlichkeit der Konstrukte möchte er verstanden wissen
als Ähnlichkeit der Dimensionen von Konstrukten und nicht als
Übereinstimmung in der Beurteilung von Ereignissen.
• Menschen sind sich ähnlich, wenn sie Ereignisse sehr ähnlich
konstruieren
• Menschen sind sich unähnlich, wenn sie Ereignisse unähnlich
konstruieren
• Hat nichts mit Kommunikation zu tun!
11) Sociality corollary/ Sozialitäts-Hilfssatz:
– „In dem Ausmaße, in dem eine Person die Konstruktionsprozesse einer
anderen entwickelt, kann sie eine Rolle in deren sozialen Prozessen
spielen“ (KELLY, 1955, S.95).
Um andere Personen zu verstehen, ist es notwendig, ein Bild von ihnen zu
haben und ihre Art, die Welt zu betrachten, zu kennen.
• Häufige Klausurfrage: Wie ist soziales Leben möglich, wenn doch jeder
individuelle Konstrukte hat?
Kommunikation ist ein aktiver Prozess und funktioniert dadurch, dass
Konstrukte entwickelt werden, die helfen die Konstruktion anderer
Menschen zu verstehenPerspektivenübernahme
Z.B. Aufgabe eines Klinischen Psychologen ist es eine Rolle in den
sozialen Prozessen seiner Klienten zu spielen.
•
Wie können Konstrukte anderer verstanden werden?  Die Erfassung
persönlicher Konstrukte
• List Form des Role Construct Repertory Test
• Grid Form des Role Construct Repertory Test
• Charakterskizze
Role Construct: Konstruktion für die Bedeutung anderer wichtiger Menschen
Charakterskizze: Basis sind Gespräche (für die Erfassung persönlicher
Konstrukte); freie Personenbeschreibung, z.B.: Was ist Ihnen wichtig an Hans
Müller? Antwort: Sein Aussehen  weiterführende Frage (bezieht sich auf
die Antwort der Person): Achten Sie generell bei Menschen häufig auf das
Äußere?
Gridtest – Gittertest
Mutt Vater Brud Schwes Partn Anerkan Gemeinsa
Kontras
er
er
ter
er
nter
mkeit
t
Lehrer
z.B.
Geschlecht
,
Alter
Unterstütz
ung durch
Mutter und
Lehrer
•
•
•
•
Konkurr
enz mit
Bruder
Drei Kreise pro Zeile
Vergleich aller Personen miteinander
Angabe, ob Gemeinsamkeit oder Kontrast
Vorteil des Gitters gegenüber der Listform:
Manchmal ist die Bedeutung von Begriffen nicht klar und eindeutig
(z.B. makame versus dudadi)
Frage: Wie gebraucht die Person die Begriffe?  Gebrauch über mehrere
Personen hinweg kann beobachtet werden.
Es kommt darauf an welche Bedeutung Begriffen zugeordnet wird und in
welchem Kontext Begriffe gebraucht werden.
Repräsentation der Elemente und Konstrukte mit Hilfe der
Hauptkomponentenanalyse
Zero-Aquaintance Studie (Ute Klein)
Proband(inn)en: 47 Frauen und 16 Männer (Alter 25.5 Jahre, SD=7.0)
Beurteiler(innen): 4 weibliche, 2 männliche Studierrende der Psychologie
höheren Semesters (9.-11.) zwischen 24 und 26 Jahre alt
• Vorgehensweise: Probandinnen bearbeiten einen Gridtest und die
deutsche Fassung des NEO-FFI (Borkenau und Ostendorf, 1993)
Der Gridtest wurde den Beurteilerinnen in standardisierter Form
vorgelegt.
Sie sollten sich in Ruhe den vorliegenden Gridtest anschauen und
versuchen, sich in die Person hineinzuversetzen, die diesen Gridtest
ausgefüllt hat. Wenn sie sich ein Bild von der Person gemacht hatten,
sollten sie den NEO-FFI so ausfüllen, wie sie glaubten, dass die Person ihn
selbst ausgefüllt hätte.
Die 6 Beurteilerinnen nahmen Fremdeinschätzungen für alle 63
Probandinnen vor.
• Resultate: Die Beurteilerübereinstimmung war gut und schwankte
zwischen .43 für die Skala Verträglichkeit und .70 für die Skala Offenheit
für Erfahrung.
• ACHTUNG: Beurteilerübereinstimmung muss nicht automatisch eine
richtige Beurteilung der Person bedeuten false consensus effect
•
•
•
Andere Studie zu Fremd- vs. Selbsteinschätzung: ca.100 Personen, die
Wettervorhersagen vorlesen mussten wurden auf Videoband
aufgenommen; danach: Einschätzung dieser Personen von unabhängigen
Personen, die die aufgenommen Leute nicht kannten (unterschiedliche
Bedingungen: Video mit/ohne Ton/nur Standbild) Ergebnis: Durchaus
valide Persönlichkeitseindrücke entstanden: Korrelation zwischen Selbstund Fremdeinschätzung relativ hoch.
•
•
Reize liefert der Grid-Test
Die Zusammenhänge zwischen den Reizen müssen von Fremdbeurteilern
valide/richtig erkannt werden
•
1.Tabelle: signifikante Übereinstimmung hohe Korrelation zwischen
Selbst- und Fremdbeurteilung bei 4 von 5 Persönlichkeitseigenschaften:
Neurotizismus, Extraversion, Offenheit und Verträglichkeit
NEO-FFI ist also nicht perfekt reliabel, aber der Grid Test liefert insgesamt
valide Aussagen über die Person!
•
04 Carl Rogers
Biographisches:
• 1902 in einem Vorort von Chicago
• 1919 begann er sein Studium in Wisconsin (Landwirtschaft)
• Er wechselte zur Theologie über und wollte Geistlicher werden
• Er wechselte erneut das Studium: Bachelor in Geschichte
• Graduiertenstudium in Klinischer und Pädagogischer Psychologie an der
Columbia Universität
• 1931 promovierte er über eine Testentwicklung zur Messung der
Persönlichkeitsanpassung bei Kindern
• 1951 Gründung der klientenzentrierten Therapie
• 1946 – 1947 war Rogers Präsident der American Psychological
Association
• Er erhielt viele Auszeichnungen, er ist Begründer der
Gesprächspsychotherapie und der Selbsterfahrungsgruppenbewegung
• 1987 starb Rogers
Rogers Reflektionen über seine Arbeit:
Zentrale Annahme: Personen verfügen über Ressourcen, die sie in einem
positiven Klima nutzen.
Climate of growth:/Klima des Wachstums: Atmosphäre, in der Gefühle
ausgedrückt werden können, völlig akzeptiert und frei. Konfrontation der
Gefühle mit der Realität. Betonung der potenziellen Freiheit einer Person.
Humanistische Orientierung.
Freedom of human choice: Menschen können sich frei entscheiden und
verfügen über einen „Freien Willen“. Der Mensch als Architekt der eigenen
Persönlichkeit.
Rogers Persönlichkeitskonzeption:
Strukturelle Merkmale: Aus welchen Instanzen setzt sich eine Person
zusammen?
• Organismus
• Erfahrung und Erlebnis (Experience)
• Bewusstsein
• Inneres Bezugssystem
• Selbst (Selbstkonzept, Selbststruktur) und Idealselbst
Der Organismus
„Organismus“ bezeichnet die gesamte lebendige Person, einschließlich allem
Biologischem und Physiologischem.
Besondere Funktion des Organismus: Organismische Bewertungstendenz
(informationsverarbeitende Funktion)
Erfahrung und Erlebnis (experience)
Erfahrung schließt alles ein, „was sich innerhalb eines Organismus zu einem
bestimmten Moment ereignet und potentiell dem Bewusstsein zugänglich ist.
Sie umfasst alle unbewussten Ereignisse sowie alle Phänomene, die im
Bewusstsein sind“.
„Potentiell“ vorbewusst (psychoanalytisch zu verstehen) Es gibt jedoch kein
ES wie bei Freud
Bewusstsein
(synonym: Symbolisierung, Gewahrwerden) ist die symbolische Repräsentation
(in Worten, Bildern oder der Form eines dumpfen Gewahrseins) der Erfahrung
oder eines Teils der Erfahrung.  Teilmenge der Erfahrung, die symbolisch
repräsentiert ist
Inneres Bezugssystem (entspricht dem Bewusstsein+ dem Vorbewussten bei
Freud)
(auch phänomenologisches Feld oder Erfahrungsfeld) umfasst alle Erfahrungen,
die dem Bewusstsein einer Person zu einem gegebenen Zeitpunkt prinzipiell
zur Verfügung stehen und die akzeptabel sind.
Es umfasst den gesamten Bereich von Empfindungen, Wahrnehmungen und
Erinnerungen, die im Bewusstsein präsent sind oder ohne Schwierigkeiten ins
Bewusstsein gerufen werden können. Abgewehrte, nicht bewusste Erfahrungen
werden nicht zum inneren Bezugsfeld der Person gezählt.
Selbst (Selbstkonzept, Selbststruktur) und Idealselbst
Es umfasst einen Teil des inneren Bezugssystems, nämlich die auf die Person
selbst bezogenen Erfahrungen oder Bewertungen. Es beinhaltet zum einen alle
Vorstellungen über die eigene Person („wer bin ich“), Vorstellungen über das
eigene Können und Funktionieren, das subjektive Wissen der Beziehung der
Person zu anderen Personen und zur Außenwelt, sowie die Bewertung dieser
Aspekte.  Selbst ist keine dynamische Struktur; keine Instanz, die etwas tut,
sondern „Wissen“ über uns selbst
Als Idealselbst bezeichnet ROGERS das Selbstkonzept (hier sollte eher von
Vorstellung eines Selbstkonzepts gesprochen werden), das eine Person am
liebsten haben würde, das es für sich selbst am höchsten bewertet.
Vergleichbar: Ich-Ideal: Wie möchte ich sein?
Zwischen Idealselbst und Realselbst können Diskrepanzen
entstehenInkongruenz Diskrepanzen zwischen Erfahrung und Bewusstsein
sind schwerwiegender.
Empirische Erfassung leichter bei Inkongruenz
zwischen Idealselbst und Realselbst.
Motivationale Merkmale:
• Aktualisierungstendenz
• Selbstaktualisierungstendenz
• Organismische Bewertungstendenz
• Kongruenz und Inkongruenz
• Bedürfnisse nach positiver Wertschätzung und Selbstachtung
• Abwehrprozesse
1.) Die Aktualisierungstendenz (ähnlich „Libido“ bei Jung; Übereinstimmung
mit Maslow)
Eine dem Organismus innewohnende Tendenz alle seine Möglichkeiten in einer
Weise zu entwickeln (auszudrücken und zu aktivieren), die dazu beiträgt, die
Person zu erhalten und zu fördern.  generell positiv fördernde „Kraft in uns“
Die Aktualisierungstendenz kann nicht als Motiv im üblichen Sinne bezeichnet
werden. Sie ist nicht auf bestimmte Verhaltensweisen gerichtet (oder wird als
Ursache für bestimmte Verhaltensweisen angesehen), sie wird nicht befriedigt,
d.h. sie ist keine „innere“ Spannung, die reduziert werden muss. kein
Bedürfnis
Konsequenz: Uns allen wohnt eine Aktualisierungstendenz inne; für die
persönliche Entwicklung bedeutsam. Wenn wir in einer positiven Umgebung
sind, werden wir uns auch positiv entwickeln positive Entwicklungstendenz
Beispielgeschichte von Rogers: Am Strand (Westküste USA) ist hoher
Wellengang. Wenn man sich an eine Klippe stellt und einen Felsen mit einer
Alge betrachtet, dann fragt man sich, wie lange die Alge den Wellen noch
standhalten wird. Überraschenderweise wird die Alge nicht weggeschwemmt,
sondern blüht, wächst und gedeiht!
2.) Die Selbstaktualisierungstendenz
Die Aktualisierungstendenz kommt auch in der Aktualisierung jenes Teils der
Erfahrungen zum Ausdruck, die sich auf die eigene Person beziehen (Selbst).
Die Selbstaktualisierungstendenz wird als ein spezieller Aspekt der
Aktualisierungstendenz angesehen.
Wenn das Selbst und die gesamte Erfahrung des Organismus in Einklang
stehen (kongruent sind), dann bleibt die Aktualisierungstendenz relativ
einheitlich, stehen diese Erfahrungen jedoch nicht im Einklang, dann kann die
Selbstaktualisierungstendenz der auf den gesamten Organismus bezogenen
Aktualisierungstendenz entgegenwirken.
Erfassung der Selbstaktualisierung:
Typische Beispiele der Testaufgaben aus dem Fragebogen zur
Selbstaktualisierung (Jones & Crandall, 1996)
• Andere müssen immer bestätigen und gutheißen, was ich tue.
• Ich werde von Ängsten geplagt, dass ich unzulänglich bin.
• Ich schäme mich keines meiner Gefühle (r)
• Ich glaube, dass Menschen im Wesentlichen gut sind und dass man ihnen
vertrauen kann. (r)
Merkmale der Selbstaktualisierung:
• unabhängig von Bestätigung und Bewertung anderer sein
• nicht für Gefühle schämen
• Bewusstsein darüber, dass Menschen unterschiedliche Facetten haben
3.) Die organismische Bewertungstendenz
Alle Erfahrungen werden einem beständigen Bewertungsprozess ausgesetzt.
„Der Organismus erfährt Befriedigung in denjenigen Reizen oder
Verhaltensweisen, die den Organismus und das Selbst erhalten und fördern,
sowohl in der unmittelbaren Gegenwart, als auch auf lange Sicht.“ 
Informationsverarbeitung der unspezifischen Instanz „Organismus“
Die Aktualisierungstendenz dient gleichsam als Kriterium für die Bewertung
aller Erfahrungen. (Z.B. ob etwas förderlich oder dienlich ist)
Im Rahmen von Rogers Theorie: Jeder Mensch weiß was gut oder schlecht für
ihn ist oder findet es selber heraus.
4.) Kongruenz und Inkongruenz
Der Begriff Kongruenz steht für die Übereinstimmung zwischen Erfahrung und
Bewusstheit. Diese Übereinstimmung können wir im Umgang mit anderen
Menschen intuitiv erspüren.
Starke Inkongruenz: Person ist eine „flache“ Persönlichkeit; ist nicht mit sich
selbst im Reinen, nicht authentisch
5.) Bedürfnisse nach positiver Wertschätzung und Selbstachtung
Das Bedürfnis nach positiver Wertschätzung steht für Wünsche nach
Beachtung, Anerkennung, Respekt, Zuwendung und Angenommenwerden.
Dieses Motiv entspricht den Erfahrungen positiven Angenommenseins, wie es
ein Säugling bei der Mutter erfahren haben mag.
Das Erleben von Wertschätzung durch andere Personen führt zu einer positiven
Einstellung der Person gegenüber sich selbst, die dann nicht mehr von der
Einstellung anderer Personen abhängig ist.
Positive Wertschätzung von außen Internalisierung „Wir sind etwas wert“
Unabhängigkeit
Die Person kann sich quasi selbst als „bedeutsamer Anderer“ gegenübertreten
und z.B. Stolz und Wertschätzung für eigenes Handeln empfinden.
Jede Person habe das Bedürfnis, sich selbst zu achten, d.h. auf das Selbst
bezogene Erfahrungen als befriedigend anzusehen.
Jeder Mensch hat das Bedürfnis um seiner selbst willen geliebt und geschätzt
zu werden. Wertschätzung wird oft an Bedingungen geknüpft diese
entsprechen oft nicht dem, was dem eigenen Willen entspricht Entstehung
von Diskrepanzen:
z.B.: Kind: „Ich bin wertgeschätzt, weil ich fleißig und freundlich bin.“ im
Selbst symbolisiert entspricht nicht der Erfahrung: „Ich kann nicht immer
fleißig, nett und ausgeglichen sein.“  Inkongruenz Ich erkenne, dass ich
auch aggressive Impulse habeZustand der Bedrohung: Erfahrung inkongruent
mit dem Selbst
6.) Abwehrprozesse (Verzerrung im Bewusstsein, Verleugnung)
Ein Organismus reagiert auf Bedrohung mit einer Wahrnehmungsabwehr. Der
Zustand der Bedrohung tritt dann ein, wenn ein Organismus eine Erfahrung als
inkongruent mit dem Selbst wahrnimmt oder eine solche Inkongruenz
vorhersieht.
Der Organismus hat nun zwei Möglichkeiten auf eine Erfahrung zu reagieren,
die die Bedrohung auslöst:
11.
die Erfahrung kann so verändert werden, dass die Inkongruenz
zwischen Selbst und Erfahrung verringert wird (Verzerrung)
12.
der Zugang dieser Erfahrung zum Bewusstsein kann ganz
verhindert werden (Verleugnung)
Beispiele: Verzerrung:
„Ich war doch nur so unfreundlich, weil ich die Person persönlich weiterbringen
wollte/ ihr etwas Gutes tun wollte“
Beim Nicht-Bestehen einer Klausur zu behaupten, die Fragen wären absurd
gewesen und blöd gestellt worden
Verleugnung:
Nicht bemerken/verdrängen, dass man die Klausur nicht bestanden hat.
Merkmale der voll funktionsfähigen (fully functioning) Person
• Offenheit für Erfahrungen  unverzerrt und ohne Verleugnung die
Umwelt wahrnehmen; Verstehen der sozialen Welt
• Existentielles Lebensgefühl  im „Hier und Jetzt“ leben
• Wachsendes Vertrauen zum eigenen Organismus
Kennzeichen humanistischer Auffassungen:
Jeder Mensch hat ein positives Entwicklungspotenzial. Unglückliche
Umweltumstände können behoben werden.
Auf organismische Bewertungstendenz hören Orientierung beeinflusst
Entscheidungen Entwicklung der persönlichen Aktualisierungstendenz
entsprechend
Rogers: Therapie bei psychisch kranken Menschen gleiches Prinzip
Keine Patienten, sondern Klienten: Ablehnung des medizinischen
Krankheitsbildes
Wichtig bei der Therapie:
• Wärme (Therapeut warm und dem Klienten zugewandt)
• Verbalisierung emotionaler Erlebnisinhalte Rolle des Therapeuten:
„Spiegeln“ emotionaler Inhalte (keine Therapie an sich)
• Kongruenz  Therapeut muss kongruent sein (Selbsterfahrung)
Thesen zur Theorie von Rogers:
Rogers hat selbst seine Sicht der Persönlichkeit in kurzen Thesen
zusammengefasst (Rogers, 1951, deutsch 1973).
These I: Jedes Individuum existiert in einer ständig sich ändernden Welt der
Erfahrung, deren Mittelpunkt es ist.
These II: Der Organismus reagiert auf das Feld, wie es erfahren und
wahrgenommen wird. Dieses Wahrnehmungsfeld ist für das Individuum die
Realität.
These III: Der Organismus reagiert auf das Wahrnehmungsfeld als ein
organisiertes Ganzes.
These IV: Der Organismus hat eine grundlegende Tendenz, den Erfahrungen
machenden Organismus zu aktualisieren, zu erhalten und zu entwickeln.
These V: Verhalten ist grundsätzlich der zielgerichtete Versuch des
Organismus seine Bedürfnisse, wie sie in dem so wahrgenommenen Feld
erfahren werden, zu befriedigen.
These VI: Diese zielgerichtete Verhalten wird begleitet und im allgemeinen
gefördert durch Emotionen. Diese Emotionen stehen in Beziehung zu allen
Vollzugsaspekten des Verhaltens, und die Intensität der Emotionen steht in
Beziehung zu der wahrgenommenen Bedeutung des Verhaltens für die
Erhaltung und Förderung des Organismus.
These VII: Der beste Ausgangspunkt zum Verständnis des Verhaltens ist das
innere Bezugssystem des Individuums selbst.
These VIII: Ein Teil des gesamten Wahrnehmungsfeldes entwickelt sich nach
und nach zum Selbst.
These IX: Als Resultat der Interaktionen mit der Umwelt und
wertebestimmender Interaktionen mit anderen Personen wird die Struktur des
Selbst geformt. Die Selbststruktur stellt eine organisierte, fließende, aber
durchweg begriffliche Struktur von Wahrnehmung, von Charakteristika und
Beziehungen des Selbst dar.
These X: Die den Erfahrungen zugehörigen Werte und die Werte, die ein Teil
der Selbststruktur sind, können Werte sein, die vom Organismus direkt erfahren
werden, aber auch Werte, die von anderen übernommen, aber so verzerrt
wahrgenommen werden, als wären sie direkt erfahren.
These XI: Wenn Erfahrungen im Leben des Individuums auftreten, werden sie
entweder: a) symbolisiert, wahrgenommen und in eine Beziehung zum Selbst
organisiert, b) ignoriert, weil es keine wahrgenommene Beziehung zur SelbstStruktur gibt, oder c) geleugnet oder verzerrt symbolisiert, weil die Erfahrung
mit der Struktur des Selbst nicht übereinstimmt.
These XII: Die vom Organismus angenommenen Verhaltensweisen sind
meistens die, die mit dem Konzept vom Selbst übereinstimmen.
These XIII: Verhalten kann in manchen Fällen durch organische Bedürfnisse
verursacht werden, die nicht symbolisiert wurden. Solches Verhalten kann im
Widerspruch zur Struktur des Selbst stehen, aber in diesen Fällen ist das
Verhalten dem Individuum nicht zu ‚eigen‘.
These XIV: Psychische Fehlanpassung liegt vor, wenn der Organismus dem
Bewusstsein wichtige Körper- und Sinneserfahrungen leugnet, die demzufolge
nicht symbolisiert und in die Gestalt der Selbst-Struktur organisiert werden.
Tritt dieser Fall ein, so geht dies einher mit einer grundlegenden oder
potentiellen psychischen Spannung.
These XV: Psychische Anpassung besteht, wenn das Selbst-Konzept so geartet
ist, dass alle Körper- und Sinneserfahrungen des Organismus auf einer
symbolischen Ebene in eine übereinstimmende Beziehung mit dem SelbstKonzept gebracht werden können.
These XVI: Jede Erfahrung, die nicht mit der Organisation oder der Struktur
des Selbst übereinstimmt, kann als Bedrohung wahrgenommen werden, und je
häufiger diese Wahrnehmungen sind, desto starrer wird die Selbststruktur
organisiert, um sich zu erhalten.
These XVII: Unter bestimmten Bedingungen, zu denen besonders das völlige
Fehlen von Bedrohung der Selbststruktur gehört, können Erfahrungen, die nicht
mit ihr übereinstimmen, wahrgenommen und überprüft und die Struktur des
Selbst revidiert werden, um derartige Erfahrungen mit einzuschließen.
These XIII: Wenn das Individuum all seine Körper- und Sinneserfahrungen
wahrnimmt und in ein konsistentes integriertes System aufnimmt, dann hat es
daraus folgend mehr Verständnis für andere Personen und verhält sich diesen
gegenüber akzeptierender.
These XIX: Wenn das Individuum mehr von seinen Erfahrungen in seiner
Selbststruktur wahrnimmt und akzeptiert, merkt es, dass es sein
gegenwärtiges Wertsystem, das weitgehend auf verzerrt symbolisierten
Introjektionen beruhte, durch einen fortlaufend-organische Bewertungsprozess
ersetzt.
05 Interaktionistische Persönlichkeitskonzeptionen
Hauptvertreter: Julian Rotter und Walter Mischel
Biographisches Julian Rotter
• 1916 in Brooklyn geboren
• Studierte Chemie und Psychologie am Brooklyn College
• 1941 Doktor (Ph.D.) in klinischer Psychologie
• 1945 Ohio State University dort (Mischel wurde sein Schüler)
• Einflüsse von Adler, Hull, Skinner, Kelly
• 1954 Soziale Lerntheorie
• 1963 wechselte Rotter an die Universität von Connecticut
• 1966 Veröffentlichung der I-E Skala zur Messung des Locus of control
Biographisches Walter Mischel
• Geboren 1930 in Wien
• 1939: Immigration der Familie nach New York
• Studium in New York am City College
• Nach anfänglichen Interesses an Freuds Theorien
lässt sein Interesse an Freud nach
• Beschäftigung mit psychischen Mechanismen der
Belohnungsverzögerung
• Einfluss durch George Kelly und Julian Rotter
• 1958-83: Professur an der Standford University
• Beteiligung an einem Beurteilungsprojekt des Friedenskorps
à Zweifel an traditionellen Theorien, die von stabilen
Persönlichkeitsmerkmalen ausgehen
• 1978: Auszeichnung für hervorragende wissenschaftliche Leistungen von
der Sektion Klinische Psychologie der American Psychological Association
• Seit 1984: Professur an der Columbia University
„Wäre es möglich, dass diese situationsbezogenen Variationen bedeutungsvolle
stabile Muster sind, welche die Person dauerhaft charakterisieren… Wenn ja,
wie könnte man sie verstehen und was spiegeln sie wider? … Diese Fragen
begannen in mir zu bohren, und der Versuch, sie zu beantworten, wurde für
den Rest meines Lebens zu einem wesentlichen Ziel.“(Mischel, zit. nach Pervin,
1996, 76)
Verdienst von Mischel: Europäische Persönlichkeitstheorie auf Augenhöhe mit
der amerikanischen
Interaktionistische Persönlichkeitskonzeptionen
Hintergrund:
• „Person und/oder Situation“ – Debatte
• Lerntheoretische Konzeptionen von Persönlichkeit
• Empirische Tradition
Grundannahmen der Lerntheorien
• Pawlow: Typen des Nervensystems; Klassische Konditionierung
Wo ist Persönlichkeit angesiedelt?  Interindividuelle Differenzen
beziehen sich auf die Unterschiede in der
Geschwindigkeit/Dauerhaftigkeit der Konditionierung; Typologie des
Nervensystems: Menschen, die leicht/ schwer konditionierbar sind;
unterschiedliche Verhaltensweisen lassen sich schnell/langsam wieder
löschen
•
•
•
Skinner: Persönlichkeit als Epiphänomen (scheint zu existieren, gibt es
aber in Wirklichkeit nicht); Funktionale Verhaltensanalyse; Operantes
Konditionieren
„Universeller Lerner“; Individuelle Unterschiede werden nicht
berücksichtigt; alles wird auf das Lernen zurückgeführt;
Verstärkung(Belohnung) und Bestrafung; Persönlichkeit hat keine
BedeutungInterindividuelle Unterschiede sind auf unterschiedliche
Lerngeschichten zurückzuführen; Beschränkung auf funktionale
Verhaltensweisen z.B. überdurchschnittliche Ängstlichkeit: Bedingungen
unter denen Angst entsteht (auslösende Stimuli)Lernprogramm starten,
das die Verbindung auflöst; Betrachtung der Person ist gegenstandslos
Hull/Miller und Dollard: Trieb (drive), cue, response, reinforcement, habit
hierarchy Gradienten und Konflikte eher in Richtung Persönlichkeit,
aber empirisch nicht sehr tragfähig
Bandura: Soziale Lerntheorie; Unterscheidung von Erwerb und
Ausführung von Verhaltensweisen kein Raum für Persönlichkeit;
Verhalten wird erworben durch Modelllernen/Beobachtung
Interaktion von Person und Situation (4 Auffassungen)
• 1. Einsinnig gerichtete Interaktion
•
V=f(S,P)  Person und Situation sind beteiligt, aber keine
Interaktion!
• 2. Nichtseparierbarkeit von Situation
•
V=f(P(in der Situation)) Personenanteil und Situationsanteil
können nicht
voneinander getrennt werden
• 3. Dynamische Interaktion
•
Wechselseitige Beeinflussung von Person und Situation
theoretisch am bedeutsamsten; allerdings schwierig zu
untersuchen
zeitliche Perspektive
• 4. Statistische Interaktion
•
V=(P,S,S*P)  Person, Situation und Interaktion beider
Ende der 50er Jahre: überwiegend folgende Vorstellungen:
S
R Stimulus-Response-Lernen
Außerhalb der Person
P/O
R Organismus löst Verhalten aus
Person ist gesteuert aus sich selbst heraus (klinisch orientiert; Freud, Kelly,
Rogers)
Eigenschaftsindikatoren als Vorhersage für Verhalten
Vorhersagen über Selbstberichtverfahren, Fremdbeurteilung etc.  Korrelation
nicht höher als .30  gering!! Schlechte Vorhersagen
Untersuchungen zum Thema Angst
S-R- Fragebogen
Darstellung verschiedener Situationen/Stimuli, die Angst auslösen können:
• Allein im Boot
• Beim Zahnarzt
• Referat halten
• Mündliche Prüfung
• Vorlesung (neutraler Stimulus)
• Kaufhaus (neutraler Stimulus)
Zu jeder Situation werden verschiedene Fragen gestellt (zur Angst)
Frage: was ist bedeutsamer? Person oder Situation Was ist der stärkere
Auslöser?
 Statistische Interaktion: Signifikanter Interaktionsterm im Sinne der
Varianzanalyse
 Ergebnisse:
• Effekt der Situation: 25 %
119.
Effekt der Person: 25 %
120.
Effekt der Interaktion (einschließlich Messfehler): 50 %
Wie wirken Personen und Situationen über die Zeit?
Situationen werden allgemeiner formuliert
Z.B.: Forschung zu abweichendem Verhalten
Temperamentsmerkmale stehen mit abweichenden Verhaltensweisen in
Verbindung:
Negative Emotionalität/ Aggressivität: aggressive Kinder erfahren häufig
Ablehnung durch andere Kinder in der Schulklasse Verhalten der Person führt
zur Veränderung der Situation Ausgegrenztes Kind fühlt sich vernachlässigt,
sucht sich wahrscheinlich andere ausgegrenzte Kinder  Aktiver Umgang mit
der Situation Freunde suchen, die einen akzeptieren und so ähnlich sind, wie
man selbst Verstärkung der aggressiven Tendenzen
 Wechselseitige, dynamische Beeinflussung durch Person und
Situation
Welche Personenmerkmale stehen mit Situationsmerkmalen in Verbindung? 
Inhaltliche Beschreibung Geschichte des Zusammenhangs
Eigenschaften und Konsistenz
• Absolute Konsistenz des Verhaltens
• Eine Person zeigt Verhaltens- oder Erlebensausprägung im gleichen
Ausmaß über Situationen oder Zeitpunkte hinweg. (unrealistische
Annahme; z.B. Tick; über mehrere Zeitpunkte und Situationen hinweg
immer ängstlich etc.)
• Relative Konsistenz
• Die Rangreihe der Ausprägungen ist über Situationen oder Zeitpunkte
stabil (→ Korrelation).
• Kohärenz
• Verhalten ist gesetzmäßig und vorhersagbar, ohne absolute oder relative
Stabilität aufzuweisen (Stabilität von Profilen über Situationen). (z.B. Eine
bestimmte Person ist immer ängstlich in selbstwertbedrohenden
SituationenMuster)
Veränderung von Verhaltensausprägungen über zwei Situationen (A-H
Personen)
3
2,5
2
A
Ausprägung
1,5
B
C
1
D
0,5
E
F
0
­0,5
Situation 1
Situation 2
H
Mittel
­1
­1,5
­2
Situationen
•
•
G
Rangreihe bleibt gleich
Mittelwerte verändern sich
V
3
2,5
2
A
Ausprägung
1,5
B
C
1
D
0,5
E
F
0
­0,5
Situation 1
Situation 2
G
H
Mittel
­1
­1,5
­2
Situationen
Veränderung von Verhaltensausprägungen über zwei Situationen (A-H
Personen)
• D ist ein Ausreißer; Rangreihe verändert sich
• G zeigt über die beiden Situationen das gleiche Verhalten
Personen in Situationen: Person-Situation-Profile
Ängstlichkeitswerte 4 Personen in unterschiedlichen Situationen Deutliche Interaktion (Situationseffekte eleminiert)
2
1
A
0,5
Kakerlake
Spinne
Feuer
Gewitter
­1,5
Referat
­1
Prüfung
­0,5
B
Operation
0
Zahnarzt
Ängstlichkeit
1,5
C
D
­2
•
•
•
•
A und B sind sehr ähnlich im Verlauf, aber haben unterschiedliche
Mittelwerte
C stellt einen Kontrast zu A und B dar; entgegengesetzter Verlauf
Immer wenn sich die Linien kreuzen: deutliche Interaktionseffekte
Ängstlichkeit wird angegeben in z-transformierten Werten
Rotter: Definition Verhaltenspotential
VPx,s1va = f (Ex,vas1 * VWa,s1)
Das Verhaltenspotential VPx,s1va beschreibt die Wahrscheinlichkeit dafür, dass
die Verhaltensweise x in der Situation s1 mit Aussicht auf eine Verstärkung va
auftritt.
Dieses Verhaltenspotential ist nun nach der Theorie eine Funktion f der
• Erwartung Ex,vas1, dass die Verhaltensweise x in der Situation s1 zur
Verstärkung va führt,
• als auch des Verstärkungswertes VWa,s1, den die Verstärkung va in der
Situation s1 für das Individuum besitzt.
VPx,s1va = f (Ex,vas1 * VWa,s1)
In einer Situation s1, in der das Ziel verfolgt wird, verschiedene Verstärkungen
va zu erreichen, wird demnach jene Verhaltensweise x das größte
Verhaltenspotential und damit die größte Auftretenswahrscheinlichkeit haben,
für die die Erwartung, mit x va zu erreichen und auch der Wert von va am
größten sind.
Jene Verhaltensweise x, von der ein Individuum erwartet, dass damit va nicht
erreichbar ist, wird dementsprechend wenig wahrscheinlich sein.
Ebenso wird x kaum auftreten, wenn damit zwar va erreicht werden könnte, va
für das Individuum aber keinen Wert hat.
Beispiele:
1) Kuchenbuffet: Man muss sich für einen Kuchen entscheiden; Geschmack der
unterschiedlichen Kuchen dient als Verstärker; Wahl des Kuchens ist abhängig
von Erwartung-mal-Wert; zum Beispiel spezifische Erwartung, dass die
Himbeertorte hervorragend schmeckt, Himbeertorte erhält größeren Wert, wird
verstärkt!
2) Soziale Situation: jemanden kritisieren; Erwartung, dass
Verhaltensweise(Kritik) zu bestimmten Konsequenzen führt: Ich kritisiere und
erwarte, dass sich die betreffende Person in anderer Art und Weise verhält (z.B.
aufhört zu viel zu reden); verschiedene Verhaltensweisen(z.B. loben, ignorieren
etc.) können zu unterschiedlichen Konsequenzen führen Bewertung des
Ergebnisses
Erwartung und Verstärkerwert sind situationsabhängig!
Rotter: Generalisierte Erwartungen und Kontrollüberzeugungen
Erlebt ein Individuum eine Bekräftigung, die auf eine Handlung folgt, als nicht
völlig abhängig von dieser Handlung, dann wird diese Bekräftigung in unserem
Kulturbereich gewöhnlich als Ergebnis von Glück, Zufall oder Schicksal erlebt.
Es kann auch sein, dass diese Bekräftigung als Ereignis betrachtet wird, das
unter der Kontrolle einflussreicher anderer Personen steht bzw. wegen der
Komplexität der Umweltbedingungen nicht vorhersagbar ist.
Wenn ein Individuum ein bekräftigendes Ereignis in der genannten Weise
interpretiert, bezeichnen wir dies als è externe Kontrollüberzeugung.
Wenn eine Person ein bekräftigendes Ereignis in Abhängigkeit von seinem
eigenem Verhalten oder seiner eigenen relativ überdauernden Eigenschaften
erlebt, bezeichnen wir dies als eine è internale Kontrollüberzeugung.
Ergänzung: Generalisierte Erwartung Erwartungen in anderen ähnlichen
Situationen mit anderen Personen; immer dann, wenn zu wenig Info vorhanden
ist ; wichtig für zukünftiges Verhalten
Messung der Kontrollüberzeugungen mit Hilfe einer I-E Skala oder mit IPC:
Externale Kontrollüberzeugung: Anstrengungskalkulation: Wie viel soll ich
investieren?  wenig, da das Ereignis als unabhängig von der Anstrengung
wahrgenommen wird
Internale Kontrollüberzeugung: viel investieren, da eigene Anstrengung eng
mit dem Ergebnis (z.B. Erfolg) verbunden ist
Prozesskomponenten beim Erlernen von Verhaltensweisen durch
Beobachten
(nach Bandura,1976)
Personenvariablen bei Mischel (1973) “Meta-Theorie“ (ursprüngliche
Variablensicht)
Was ist für die Erklärung von Verhalten von Bedeutung?  5 Variablenbereiche
Starke Betonung lerntheoretischer Prinzipien
• Kognitive- und Verhaltenskompetenz (construction competencies)
• Kodierungsstrategien und persönliche Konstrukte (encoding
strategies and personal constructs)
• Erwartungen bezüglich Verhaltens- und Stimuluskonsequenzen
(behavior-outcome and stimulus-outcome expectancies) in
bestimmten Situationen
• Subjektive Wertungen (subjective stimulus values)
• Selbstregulationssysteme und Pläne (self regulatory systems and
plans)
Ad 1. Kognitive- und Verhaltenskompetenz (construction
competencies):
• Fähigkeit, Kognitionen und Verhaltensweisen zu generieren.
• Sie wird in Beziehung gesehen zu IQ-Maßen, geistiger kognitiver Reife
und Kompetenz, Ich-Entwicklung, sozial-intellektuellen Leistungen und
Fähigkeiten.
• Bezieht sich darauf, was die Person weiß und tun kann.
Ad 2. Kodierungsstrategien und persönliche Konstrukte (encoding
strategies and personal constructs): (Nähe zur Theorie Kellys)
– Einheiten zur Kategorisierung von Ereignissen und von
Selbstbeschreibungen nicht nur Inhalte der Konstrukte, sondern auch
Strategien (Kognitive Flexibilität) sind von Bedeutung
Ad 3. Erwartungen bezüglich Verhaltens- und Stimuluskonsequenzen
(behavior-outcome and stimulus-outcome expectancies) in bestimmten
Situationen.
• vgl. Rotter
• Kontingenzen in der Umwelt
• stimulus-outcome expectancies: „Signalreiz“ Bsp.: Ampel: Bei ROT
Erwartung, dass die Menschen stehen bleiben
Ad 4. Subjektive Wertungen (subjective stimulus values):
• motivierende und anregende Stimuli, Anreize, Aversionen (Vermeidung)
Ad 5. Selbstregulationssysteme und Pläne
(self regulatory
systems and plans):
• Regeln und eigene Reaktionen bezüglich Durchführung und Organisation
komplexer Verhaltenssequenzen.
• Selbstregulationssysteme: „Ich-Stärke“ Beziehung zu Freud: Ich stelle mir
Regeln auf, die mir vorzeigen wann ich welches Verhalten zeige.
Belohnungsaufschub (nach Mischel)
Lernen auf ein gewünschtes Objekt zu warten, sich gemäß antizipierten
Konsequenzen zu verhalten. Wird als Kern der meisten Konzeptionen von
Willensstärke und Ich-Stärke gesehen; Belohnung wird aufgeschoben um
hinterher umso mehr Belohnung zu erlangen
Notwendig für:
Erfolgreiche Leistung auf lange Sicht Entfernte Ziele zu erreichen
Korrelationen bestehen zu
Schulerfolg
- Impulskontrolle im Erwachsenenalter (nach 23 Jahren
Wiederholungsuntersuchungen; erstaunlicherweise hohe Übereinstimmung) 
generalisiert über verschiedene Situationen hinweg
Erhebung:
• „Marshmellow Test“: 500 Vorschulkinder wurden untersucht
• Die Kinder bekamen einen Marshmellow vorgesetzt und durften ihn sofort
essen oder 15 Minuten warten, um einen weiteren zu bekommen.
• Ergebnis: einige Kinder richteten ihre Aufmerksamkeit auf andere Dinge
(sangen, schlossen die Augen/ schoben den Marshmellow beiseite)
→ wichtig für effektiven Belohnungsaufschub
Frage: Soll ich mich überhaupt dem frustrierenden Aufschub aussetzen?
• Erwartungen über die möglichen Konsequenzen der Entscheidung
Frage: Wie gut kann ich warten?
• Kognitive oder offene Selbstablenkung besonders effektiv: Situation
wird umgedeutet
• Reduzierung des aversiven Charakters der Wartesituation Ablenkung;
Beschäftigung mit anderen Dingen
Personenvariablen bei Mischel und Shoda (1995) Überarbeitete
Version
• Enkodierungen: Kategorien zur Beschreibung der eigenen Person,
anderer Personen, Ereignissen und Situationen (internale und externale
Erfahrungen).
• Erwartungen und Überzeugungen: über die soziale Welt, über Ergebnisse
von Handlungen in bestimmten Situationen, über Selbstwirksamkeit und
die eigene Person.
• Affekte: Emotionen, Gefühle und affektive Reaktionen (einschließlich
physiologischer Reaktionen) neuer Bereich, der mit aufgenommen
wurde
• Ziele und Werte: Wünschenswerte / Aversive Ergebnisse (z.B. von
Handlungen) und affektive Zustände, Ziele, Werte und Lebensprojekte
(langfristige Zielorientierung)
•
•
Kompetenzen und selbstregulatorische Pläne: Verhaltensrepertoire, Pläne
und Strategien, um Handlungen zu organisieren, und
Handlungsergebnisse zu erzielen sowie eigenes Handeln und eigene
internale Zustände zu beeinflussen.
Breitere motivationale Konstrukte
CAPS-Modell:
Situationsmerkmale Knoten (Merkmale der Situation werden verarbeitet)
 Verhaltensreaktionen
Verschiedene Knoten: Zirkel- und Kettenverknüpfungen; Knoten sind mit
Handlungen verknüpft; „Hot-spots“ sehr impulsive, schnelle Verhaltensweisen
(ohne Überlegung)
Spreading- activation- model
Kontingenz zwischen Situation und Verhalten drückt sich aus in individuellen
„Wenn-Dann“-Situations-Verhalten-Profilen
06 Motivationale Theorien der Persönlichkeit:
Abraham Maslow
Biographisches:
• Maslow ist im April 1908 in Brooklyn geboren
• Er gilt als der wichtigste Gründervater der Humanistischen Psychologie, die eine
Psychologie seelischer Gesundheit anstrebte und die menschliche
Selbstverwirklichung untersuchte.
• Maslow studierte an der University of Wisconsin-Madison, wo er 1930 den Grad
des
B.A. und 1931 den des M.A. erhielt und
• 1934 promovierte er in Psychologie.
• 1937 erhielt er eine Professur am Brooklyn College der Columbia University
• 1951 wechselte er nach Boston zur Brandeis University.
• 1967 wurde Maslow als „Humanist des Jahres“ geehrt.
• Maslow starb am 8. Juni 1970 an einem Herzinfarkt.
Maslows Persönlichkeitskonzeption:
Für Maslows Konzeptionen der humanistischen Psychologie sind vor allem die
folgenden
fünf Gesichtspunkte wichtig:
1. Das Individuum ist stets ein integriertes Ganzes. Das Individuum muss als
integriertes, einzigartiges organisiertes Ganzes studiert werden. àAblehnung zu
enger Forschung
2. Tierforschung ist irrelevant für das Verstehen menschlichen Verhaltens.
àBiologische Fundierung menschlichen Verhaltens und Evolutionspsychologische
Erklärungen werden nicht oder kaum berücksichtigt.
3. Die innere Natur des Menschen ist gut, zumindest neutral. àsiehe Rogers;
Kontrast
zu Freud(Triebe)
4. Der Mensch besitzt kreatives Potential. àbei Jung: Schöpferisches Selbst
à Menschliches Verhalten ist nicht allein determiniert durch die Umwelt; freie
Entscheidungen sind möglich
5. Die Betonung der psychologischen Gesundheit. àAbgrenzung zur
Psychoanalyse:
Nicht nur Beschäftigung mit negativen Emotionen und psychischer Krankheit,
sondern auch Betrachtung positiver Emotionen
Vor Maslow: nur 2 Säulen/ 2 Theorierichtungen
1) Klinische Psychologie: Psychodynamische Ansätze
2) Lerntheoretische Ansätze
Maslows Bedürfnishierarchie:
Beschäftigung mit menschlicher Motivationà basiert auf unterschiedlichen
Bedürfnissen,
die hierarchisch geordnet sind. Zunächst ist eine Bedürfnisbefriedigung der
unteren Ebenen
notwendig um die höheren Ebenen zu erreichen. (Eine Ebene muss mindestens zu
2/3
befriedigt sein.) Nur 1% der Menschen erreicht laut Maslow die höchste Kategorie
der
Selbstaktualisierung.
Physiologische Bedürfnisse: Unterste Ebene: Luft, Wasser, Essen, Schutz,
Schlaf, Sexualität
Sicherheits- und Schutzbedürfnisse: sichere Heimat; Zuhause bietet
Sicherheit, Wärme und
Schutz; Interesse Versicherungen abzuschließen; Geld sparen
Zugehörigkeits- und Liebesbedürfnisse: soziale Bedürfnisse sind
ausgesprochen wichtig
Wertschätzungsbedürfnisse: Der Mensch will als Person eine bedeutsame Rolle
spielen
Selbstaktualisierungsbedürfnisse: Übergeordnetes Bedürfnis: Vitalität,
Lebendigkeit;
Kreativität; Selbstgenügsamkeit; Handeln nach eigenen Vorstellungen ausrichten;
Authentizität; Humor; Bedeutsamkeit
Murray Maslows Bedürfnishierarchie Rogers
Selbstaktualisierungsbedürfnisse
Selbstaktualisierungstendenz
Wertschätzungsbedürfnisse
Bedürfnis
nach
n affiliation
Zugehörigkeits- und
Liebesbedürfnisse
positiver
Wertschätzung
h harmavoidance
Sicherheits- und Schutzbed ürfnisse
Defizit- und Wachstumsbedürfnis:
Defitzitbedürfnis:
• Bedürfnis, welches aufgrund eines Mangelzustandes in Erscheinung tritt
• es nimmt in der Stärke ab, in der es befriedigt wird
• Defizitbedürfnisse sind alle Bedürfnisklassen mit Ausnahme der
Selbstaktualisierung.
Wachstumsbedürfnis:
• Je stärker man sie befriedigt, desto stärker werden sie
• Selbstaktualisierung (à wird nicht befriedigt: Drang/ Bedürfnis nach
Selbstaktualisierung steigt immer mehr an)
Defizitbedürfnisse:
Defizitmotive zeichnen sich durch fünf Kriterien aus:
• Ihre Abwesenheit produziert Krankheit.
(Wenn ein hungriger Mensch nicht isst, wird er krank).
• Ihre Anwesenheit beugt Krankheiten vor
(Wenn der Mensch richtig wohnt, bleibt er gesund).
• Ihre Wiederherstellung kuriert die Krankheit.
(Wenn ein unterernäherter Mensch wieder isst, wird er gesund)
• In Wahlsituationen wird die Befriedigung dieses Bedürfnisses vorgezogen
(Ein hungriger Mensch will essen und nicht „philosophieren“).
à Widerspruch z.B. Entwicklung der Kultur nach dem 2.WK: sehr früh wieder
Kultur(Theater und Konzerte); „Bezahlung“: Brennstoff und Nahrungà Verzicht auf
physiologische Bedürfnisse zugunsten der Selbstaktualisierung
• Bei gesunden Personen sind die Bedürfnisse eher inaktiv
(Gesunde Personen sind nicht konstant dominiert durch diese primären
Bedürfnisse).
Das Bedeutsame an der Bedürfnishierarchie:
Herausragende Bedeutung in der Arbeits- und Organisationspsychologieà
historische
Erklärung
Lange Zeit herrschte die Vorstellung, dass Menschen motiviert sind durch Arbeit
die
niedrigen Ebenen zu befriedigen (Physiologische und Sicherheits- und
Schutzbedürfnisse)à
Geld verdienen um das Überleben zu sichern
Maslow: Menschen möchten dazugehörenà Wichtiges Motiv von Arbeit: sozialen
Kontakt
und Wertschätzung zu erlangen; gelegentlich auch Selbstverwirklichung
à Eine Art Revolution in den 50er Jahren in der A&O-Psychologie
Zur Hierarchischen Anordnung der Bedürfnisse: Metaanalysen ergaben, dass eine
strikte
Einteilung der Bedürfnisse eigentlich nicht möglich sei.
Merkmale einer psychologisch gesunden, selbstaktualisierten Person:
vgl. auch Maslow, 1977, S.221ff. und Schneewind, 1984, S. 29ff.):
1. Eine effiziente Realitätswahrnehmung
2. Akzeptanz des Selbst, der anderen und der Natur
3. Spontaneität, Einfachheit und Natürlichkeit
4. Problemzentriertheit
5. Objektivität und das Bedürfnis nach Privatheit
6. Autonomie im Sinne von Unabhängigkeit von Kultur und Milieu
7. Kontinuierliche Frische in den Einschätzungen von Ereignissen
8. Grenzerfahrungen und mystische Erfahrungen (Peak Experiences)
9. Gemeinschaftsgefühl oder soziales Interesse
10. Interpersonelle Beziehungen Gemeinschaftsgefühl oder soziales
Interesse
11. Demokratische Charakterstruktur (im Gegensatz zur Autoritären
Charakterstruktur)
12. Unterscheidung zwischen Mittel und Zweck, gut und böse
13. Sinn für philosophischen Humor
14. Kreativität
15. Widerstand gegen gesellschaftliche Anpassung
Immer wieder betont Maslow, dass selbstaktualisierende Personen keine
Supermänner oder Superfrauen sind.
Sie sind auch empfänglich für nichtkonstruktive Verhaltensweisen.
Sie sind nicht frei von Schuldgefühlen, Ängstlichkeit, Traurigkeit und Selbstzweifel.
àAuch selbstaktualisierte Personen haben Fehler
Es wurden bekannte Persönlichkeiten analysiertà Empirische Untersuchungen
Betrachtung von Biographien herausragender Persönlichkeiten wie Einstein und
Goethe
Kritikà Willkürliche, gefilterte Auswahl; Idealbild; auch sehr stark kulturell und
zeitlich
geprägt
07 Motivationale Theorien der Persönlichkeit:
Henry Murray
Biographisches:
• Henry A. Murray wurde im Mai 1893 in New York City geboren
• Er war ein US-amerikanischer Psychologe, der über 30 Jahre lang an der
Harvard University lehrte.
• Seine 1938 veröffentlichte Persönlichkeitstheorie, war der Beginn der
Erforschung der Leistungsmotivation. (deutlich früher als Kelly, Maslow,
Rogers)
• Ein weiterer entscheidender Beitrag zur Motivationsforschung, den
Murray leistete, war die Entwicklung des TAT (Thematischer
Apperzeptionstest-Projektives Testverfahren), der später von McClelland
weiter entwickelt wurde. (TAT zur Erfassung von Leistungsmotivation)
• Im Juni 1988 Starb Murray in Cambridge.
Motive:
• Eine Reihe von Theoretikern nehmen an, dass Bedürfnisse durch Motive
wirksam werden.
• McClelland: Motive sind Gruppierungen von „Kognitionen mit affektiven
Anklängen, die um bevorzugte Erfahrungen und Ziele herum organisiert
sind“. (klare, meist bewertende Affekte)
• Motive drücken sich in unseren Gedanken und Hauptbeschäftigungen
aus.
• Die Gedanken sind auf Ziele bezogen (→ positive/ negative Zustände).
• Motive schlagen sich eventuell in Handlungen nieder. (jedoch nicht
zwangsläufig)
Motivstärke nach Henry Murray:
Die Motivstärke nimmt im Laufe eines Tages ab und zu. Sie ist nicht konstant,
sondern variiert. Bedürfnisse unterliegen Schwankungen über die Zeit.
Bsp.: Zu bestimmten Tageszeiten, i.d.R. morgens, mittags und abends verspürt
man Hunger. Wenn dieser befriedigt wird durch Nahrungsaufnahme, dann sinkt
die Motivstärke etwas zu essen. Ist die letzte Nahrungsaufnahme schon länger
her, nimmt die Motivstärke etwas zu essen wieder zu.
Das Bedürfnis nach Geselligkeit schwankt ebenfalls über die Zeit. Mal möchte
man lieber alleine sein und nach gewisser Zeit sucht man wieder sozialen
Kontakt auf.
Zusammenwirken internaler und externaler Faktoren:
Motive ergeben sich aus Bedürfnissen (needs) und Umweltvariablen (presses).
Motive beeinflussen das Verhalten, indem sie die Wahrscheinlichkeit für
spezifische Handlungen erhöhen. (Motive bringen Verhaltensweisen hervor.)
Internale Bedürfnisse (Zustände) und externale Einflüsse (Situation, press)
können Motive beeinflussen, bestimmte Handlungen auszuführen, die dann
wiederum in beobachtbaren Handlungen ihren Ausdruck finden.
Bsp.: Hunger(internales Bedürfnis) oder plötzlich Appetit durch Vorbeigehen an
einer Dönerbude oder durch eine Verabredung zum Essen(externale Einflüsse)
Needs:
Definition:
„A need is a construct (a convenient fiction or hypothetical concept) which
stands for a force (the physico-chemical nature of which is unknown in the
brain region, a force which organizes perception, apperception, intellection,
conation and action in such a way as to transform in a certain direction an
existing, unsatisfying situation.”
 Bedürfnisse beeinflussen vielfältig psychologische Verhaltensweisen
 Beeinflussung ist zielgerichtet: Erreichung eines befriedigenden
Zustandes
Z.B.: Hunger Wahrnehmung wird eher auf Essbares gerichtet
unbefriedigende Situation soll behoben werden Ziel: Befriedigung des
Bedürfnisses Hunger durch Essen
Press:
Definition:
„The press of an object is what it can do to the subject or for the subject – the
power that it has to affect the wellbeing of the subject in one way or another.“
 Möglichkeit externer Einflüsse das Wohlbefinden einer Person zu
beeinflussen
Murray betont, dass man zwischen subjektiver Sicht eines press (beta press)
und objektiver Sicht eines press (alpha press) unterscheiden müsse.
èWahrgenommene und erfahrene press sind für das Verhalten entscheidender
als objektiv bestimmbare press-Bedingungen.
Klassen von Bedürfnissen:
Bedürfnisse (needs) werden unterschieden in:
­ viszerogen vs. psychogen
körperlich
aus der Psyche entstehend
­ proaktiv vs. reaktiv
Bedürfnisse entstehen, wenn etwas in der
Umwelt passiert:
Press vorhanden Bedürfnis wird ausgelöst
Bedürfnisse entstehen aus uns selbst heraus, ohne externale Einflüsse
­ offen (overt) vs. verdeckt (covert)
unterliegen gesellschaftl.
Restriktionen;
Bedürfnis nicht immer bewusst (z.B.
Homosexualität)
offener Ausdruck möglich; sozial akzeptiert; z.B.: Bedürfnis nach Leistung
­ effect needs vs. modal needs
Der Weg ist das Ziel (nicht
Endzustand);z.B. n play
Es kommt nicht auf den Weg, sondern auf den Endzustand an
Klassen von Bedürfnissen: Viszerogene needs
Klassen von Bedürfnissen: Psychogene needs (nach Murray, 1962)
Ehrgeiz
n Leistung
Hindernisse überwinden
(ambition)
n Anerkennung
Eigene Fertigkeiten beschreiben
n Exhibition
Versuch, andere zu schocken oder
mitzureißen
n Errungenschaft Dinge erhalten
n
Besitztümer reparieren
Aufrechterhaltung
(conservance)
n Ordnung
Sachen sauber und ordentlich
halten
n Zurückhalten
Dinge horten
n Konstruktion
Etwas herstellen
Statusverteidigu n Unverletzlichkeit
ng
(Inviolacy)
n Infavoidance
n Verteidigung
n Gegenwirkung
Psychologische Distanz
wahren
Ein Handicap verbergen;
Schwächen nicht erkennen
lassen
Erklärung abgeben oder
sich entschuldigen (um
Status aufrecht zu
erhalten)
Vergeltung üben für etwas
Reaktion auf
n Dominanz
menschliche Macht
n Selbstzurückstellung
Mit anderen kooperieren oder
ihnen gehorchen
n Similance
n Autonomie
Andere imitieren
Sich Autoritäten gegenüber
behaupten
Oppositionales Verhalten
n Nonkonformismus
n Aggressivität
n Selbsterniedrigung
n Vermeidung von Schuld
Zuneigung
n Geselligkeit
zwischen Menschen
Austausch von
Information
Verhalten anderer dirigieren;
selber Macht haben
Andere angreifen oder
heruntermachen
Sich entschuldigen, sich zu
etwas bekennen
Tadelnswerte Impulse
unterdrücken
Zeit mit anderen verbringen
n Zurückweisung
Jemanden vor den Kopf stoßen
n Hilfsbereitschaft
Anderen gegenüber hilfsbereit
sein
n Beistand
Zuwendung oder Hilfe von
anderen bekommen
n Spiel
Ablenkung durch andere
suchen
n Kenntnis /
Cognition
n Erklärung
Anderen Fragen stellen; seinen
Kenntnisstand insgesamt
erhöhen
Anderen Informationen zuteil
werden lassen
Klassen von Bedürfnisinteraktion:
Was passiert, wenn mehrere Bedürfnisse gleichzeitig aktiviert werden?
• Prepotency, Vorherschaft (meist der viszerogenen needs)
• Fusion, mehrere Bedürfnisse werden in einer Handlung ausgedrückt (z.B.
mit anderen essen gehen
• Subsidiation, Unterstützung (Ordnung, Leistungsmotiv): Ordnung
unterstützt Leistung positiv z.B. geordnetes Lernmaterial
• Conflict, Konflikt (z.B.: Leistungsmotiv für Klausur lernen vs. Bedürfnis
nach Geselligkeit Treffen mit Freunden; die Bedürfnisse lassen sich
nicht miteinander vereinbaren: Entscheidung ist erforderlich)
Breitere Möglichkeit der Interaktion von Bedürfnissen in Murrays Theorie
realitätsnah
Maslow im Vergleich: Bedürfnishierarchie: Abfolge ist bestimmt; wenn
verschiedene Bedürfnisse aktiviert werden, müssen zunächst die niedrigen
Ebenen befriedigt werden, um die höheren Ebenen aktivieren zu können. 
sehr enge Definition
Kriterien für die Beobachtung von Bedürfnissen nach Murray (1938)
1. Konsequenzen der Handlung, Handlungsergebnis  Bedürfnis wurde
erfolgreich befriedigt
2. Handlungsmuster vor Erreichung des Handlungsziels.  Frage: Wie geht
jemand an die Erreichung eines Ziels heran? Z.B.Planung
3. Selektive Wahrnehmung und Reaktion auf eine bestimmte Gruppe von
Stimulusobjekten.  z.B. Hunger: Man geht mit Hunger durch die Stadt:
Wahrnehmung von Pommesbude anders als Wahrnehmung von
Schuhgeschäft
4. Ausdruck charakteristischer Emotionen oder Gefühle. (im Laufe des
Geschehens; vor und nach Erreichung eines Ziels)
5. Manifestation von Befriedigung beim Erreichen eines Effekts,
Enttäuschung beim Nichterreichen.
Alle 5 Punkte sind wichtig!
Thema nach Murray:
Das Thema
– verbindet Bedürfnisse mit „Press“-Bedingungen.
– bezieht sich auf die Interaktion zwischen „press“ und „need“, die zu
einer spezifischen Verhaltensepisode führt.
z.B.: Man geht mit Hunger durch die Stadt: Wahrnehmung einer
Pizzeria, keine Lust auf Pizza Reaktion: weitergehen;
Wahrnehmung eines Fischlädchens, Hunger auf Fischbrötchen
Reaktion: reingehen und Fischbrötchen kaufen
Unterscheidung zwischen Serial Thema und Unity Thema
Serial Thema:
• bezeichnet mehr als ein einzelnes Thema.
• repräsentiert eine Kombination von einfachen Themen, die dem
Verhalten von Personen unterliegt.
Verschiedene Themen im Leben; Themen auf einer höheren Abstraktionsebene:
best. Dinge, die immer wiederkehren
Bsp.: Frauen haben immer wieder Pech in Beziehungen; Gründe: Auswahl des
falschen Typ Mannes; trotzdem immer wieder verliebt in die gleichen Typen, die
sie auf die Dauer unglücklich machen
Serial Thema ist „kleiner“ als das Unity Thema: bezieht sich nicht auf das
ganze Leben!
Unity Thema:
• bezeichnet das für jede Person einzigartige Muster von need und press
Interaktionen.
• Wird als ein Verhalten beeinflussendes Reaktionssystem angesehen, dass
im Wesentlichen unbewusst ist und durch Erfahrungen (need-press
Interaktionen) in der frühen Kindheit erworben wird.
Frage: Gibt es im Leben einer Person ein Thema, das das ganze Leben
zusammenfasst?
Bsp.: Leben geprägt durch das Bedürfnis nach Erfolg im Beruf; Bewältigung des
Bedürfnisses Ruhm und Erfolg; bei Nichtbefriedigung: Lebensziel verfehlt
Negativvariante: immer wieder verlieren, in die Opferrolle fallen
Kategorisierung von Umwelt-Ereignissen:
Auswahl einiger press-Kategorien relevant für Kindheitserfahrungen:
1. p familiäre Schwierigkeiten
2. p Gefahr oder Unglück
3. p Verlust oder Fehlen bestimmter notwendiger Dinge
4. p Verweigerung
5. p Zurückweisung, Interesselosigkeit, Zorn
6. p Rivalität, Konkurrenz
7. p Geburt eines Geschwisters
8. p Aggression
9. p Dominanz, Zwang, Verbote
10.
p Pflegebedürfnis, Nachgiebigkeit
11.
p Unterstützung, Bitten um Zärtlichkeit
12.
p Respekt, Lob, Anerkennung
13.
p Bindung, Freundschaft
14.
p Sexualität
15.
p Täuschung oder Betrug
16.
p Unterlegenheit
Ad 1. p familiäre Schwierigkeiten
a) kulturelle Zwistigkeiten
b) Uneinigkeit innerhalb der Familie
c) inkonsequente Erziehungsmaßnahmen
d) Trennung der Eltern
e) Abwesenheit eines Elternteils
f) Krankheit eines Elterteils
g) Tod eines Elternteils
h) unterlegener Elternteil
i) ungleiche Eltern
j) Armut
k) kein festes Zuhause
Ad 2. p Gefahr oder Unglück
a) physische Unattraktivität
b) Überschwemmung
c) Alleinsein, Dunkelheit
d) raues Wetter, Gewitter
e) Feuer
f) Unfall
g) Wilde Tiere
Ad 3. p Verlust oder Fehlen bestimmter notwendiger Dinge
a) von Nahrung
b) von Besitz
c) von Freunden
d) von Auswahlmöglichkeiten
Ad 8. p Aggression
a) schlechte Behandlung von Seiten eines Älteren
b) schlechte Behandlung von Seiten eines Gleichaltrigen
c) Streitsuchende andere
Ad 9. p Dominanz, Zwang, Verbote
a) Disziplin
b) religiöse Ausbildung
Ad 16. p Unterlegenheit
a) physisch
b) sozial
c) intellektuell
Thematischer Apperzeptions Test (TAT) -->Themen: needs und presses
und deren Zusammenwirken soll überprüft werden
Aufgabe der Probanden ist es, zu den Bildern eine Geschichte zu erzählen.
Diese Geschichte sollte beschreiben:
– was auf dem Bild passiert
– Gedanken und Gefühle der handelnden Personen
– was zu der Situation geführt hat
– das Ergebnis der Szene
Projektives Verfahren: Bilder sind mehrdeutig Unterschiedliche
Interpretationen werden ermöglicht. Eigene
Motive/Wahrnehmungen/Ängste/Befürchtungen/Gedanken können auf die
Personen in den Bildern übertragen werden. Die von den Probanden erzählten
Geschichten werden von einem geschulten Psychologen aufgeschrieben.
Bsp.:
TAT: Durchführung und Auswertung
• 2 einstündige Sitzungen à 10 Tafeln (Bearbeitung einer Tafel ca.5 min)
• Testleiter/in protokolliert die Antworten und erinnert bei Bedarf an die
Instruktion
• Auswertung: Satz für Satz. Needs und presses
• Weitere Analysemethoden wurden entwickelt
Später: TAT entwickelt zur Leistungsmotivation + TAT für Kinder
Zusammenfassung
Murrays postuliert in seiner Persönlichkeitstheorie Motive, press und needs, die
in verschiedene Klassen/ Kategorien eingeordnet werden können.
Ferner können die needs auf unterschiedliche Weise interagieren.
Das Thema verbindet needs und press-Bedingungen, und führt zu einer
spezifischen Verhaltensepisode.
Die Motive und press-Bedingungen können mit Hilfe des TAT gemessen werden.
08 Anlage und Umwelt
Konzept der Erblichkeit, Untersuchungsdesigns, Verhaltensgenetische
Untersuchungen zur Intelligenz
Verhaltensgenetische Forschung
Ziel: Erklärung interindividueller Unterschiede in psychischen Merkmalen
WARUM unterscheiden sich Menschen?
3 Säulen der Forschung:
- Tierforschung: Selektive Züchtung, Tiermodelle (z.B. für Ängstlichkeit: Versuch,
Gene zu identifizieren, die mit Angst zusammenhängen; Diskussion: Angst des
Tieres vergleichbar mit der Angst des Menschen?)
- Quantitative Verhaltensgenetik: Wie stark beeinflussen Gene oder/und Umwelt
das Verhalten? Welche Art von Umwelt ist bedeutsam? Gesamte Merkmalsvariation
wird betrachtet.
- Molekulare Verhaltensgenetik: Wirkung spezifisch identifizierter Gene für ein
bestimmtes Verhaltensmerkmal z.B. Gen für Angst/Depression?!
Erblichkeit (Heritabilität)
Erblichkeit = 1, wenn die gesamte Merkmalsvariation auf genetische Faktoren
zurückzuführen ist.
Erblichkeit = 0, wenn die gesamte Merkmalsvariation nicht auf genetische
Faktoren zurückzuführen ist.
Erblichkeit kann niemals negativ werden.
Bestimmung der Varianzen: VP: Messung (z.B. der Körpergröße) VG: Genome
bestimmen (Buchstabensequenzen geben allerdings noch keinen Aufschluss
über die Varianz): Genetische Variation kann nicht exakt bestimmt werden.
Erblichkeit: Allgemeinüberlegungen  wichtig bei der Interpretation von Erblichkeit
• Erblichkeit im Sinne dieser Definition ist eine Populationsstatistik. Sie hat keine
Bedeutung für den Einzelfall.
• Bei h2 handelt es sich nicht um Naturkonstanten. Je größer die Variabilität der
Umwelten in einer Kultur, umso geringer die Erblichkeit.
• Aus dem Befund hoher Erblichkeit innerhalb zweier Gruppen –etwa ethnischer
Gruppen- kann nicht auf die genetische Bedingtheit von Unterschieden zwischen
den Gruppen geschlossen werden.
• Erblichkeit ist nicht mit genetischer Bedingtheit im Sinne der Evolutionstheorie
gleich zusetzten.
• Aus hohen oder niedrigen Erblichkeitskoeffizienten folgen keine
gesellschaftlichen oder politischen Handlungsanweisungen. Diese setzen
Wertentscheidungen voraus.
Z.B. hohe Erblichkeit der Intelligenz: Unterschiede in der kognitiven
Leistungsfähigkeit Vorschlag eines mehrgliedrigen Schulsystems: problematisch
Anstrengung müsste dahin gehen, weniger intelligente Lerner zu fördern
Schulsystem danach ausrichten
Beispiele für die Frage nach Anlage und Umwelt:
1) Wie stark ist die Ausrichtung von Pflanzen zum Fenster bedingt? Pflanze wächst
zum Licht: Genetisch oder umweltbedingt? Vorschlag: Anlage sich zum Licht zu
wenden (genetisch); Umwelt: durch die Platzierung der Pflanze am Fenster (dort,
wo am meisten Licht ist) Wachstum in diese Richtung Prozess, der festlegt, dass
ein Organismus sich in bestimmten Umweltbedingungen in gewisser Art und Weise
verhält
2) Viele Pflanzen (z.B. Grassamen) auf einem homogenen Substrat: konstante
Umweltbedingungen Größenunterschiede der Pflanzen nach 10 Tagen könnte
man auf genetische Faktoren zurückführen
3) Eifersucht in bestimmten Situationen zu zeigen: in der Evolution entstanden,
aber: unterschiedliche Ausprägungen von Eifersucht: nicht unbedingt auf
genetische Faktoren zurückzuführen
Erblichkeitsschätzungen
Die beobachtete Varianz eines Merkmals (IQ, Persönlichkeitseigenschaft) wird
gegliedert in:
VP = Erbanteil + Umweltanteil + Fehler
Erbanteil = Genetische oder additive Varianz
- Varianz aufgrund selektiver Partnerwahl
- Varianz aufgrund von Dominanzabweichung
- Varianz aufgrund von Epistase
Umweltanteil = Umweltvarianz
- 2* Kovarianz von Erbe und Umwelt
- Interaktion zwischen genetischen und Umweltfaktoren
Erbe-Umwelt-Kovariation:
- Passiver
- Reaktiver
- Aktiver Typ
Erläuterungen:
Varianz aufgrund selektiver Partnerwahl: Menschen finden nicht zufällig
zusammen; für eine Reihe von Merkmalen gibt es eine relativ hohe Korrelationen
zwischen Partnern; z.B.: Körpergröße, Politische Einstellung r=.5, Intelligenz r=.3,
Persönlichkeitsmerkmale r=.1 bis .15 geringe Korrelation
Selektive Partnerwahl: Genetische Konsequenzen: „Züchtung“; Extreme werden
häufiger; Variation einer Gruppe nimmt über die Generationen hinweg zu
Varianz aufgrund von Dominanzabweichung: Interaktionen von Genen an einem
Ort (Ein Genlocus, 2 Allele: dominantes Allel, rezessives Allelunterschiedliche
Genausprägungen an einem Ort)
Varianz aufgrund von Epistase: Merkmalsausprägung hängt von zwei
verschiedenen Genloci ab Interaktion von Genen an verschiedenen Orten
Additive Genwirkung
- Gene wirken additiv zusammen
- Genotypischer Wert (Stärke der Veranlagung von Merkmalausprägungen ohne
Umweltbedingungen): aa = 0; Aa = a (mittlerer genotypischer Wert); AA = 2a
(Größenausprägung ist maximal)
- Lineare Beziehung zwischen Gendosis und Genotypischem Wert
- Beispiel: Merkmal Fellfarbe bei Hunden aa: weiß; Aa: grau; AA: schwarz
- Additive Genwirkung im Alltag: Ausprägung der Kinder entspricht etwa der
mittleren Ausprägung der Eltern
Nicht additive Genwirkung ( Dominanzabweichung: Charakteristische
Unterschiede)
- Merkmalsausprägungen sind nicht linear miteinander verknüpft
- Allerdings: eine Art Regressionsgerade erkennbar
- Beispiel Fellfarbe: aa: weiß; Aa: schwarz; AA: schwarz
Umweltanteil = Umweltvarianz
- 2 × Kovarianz von Erbe und Umwelt  stellt Umweltanteil dar, obwohl genetische
Aspekte mit drin sind
- Erbe-Umwelt-Kovariation:
Passiver Typ: Kind wird in die Umwelt hineingeboren mit seinen
Merkmalausprägungen (z.B. ein genetisch musikalisches Kind kommt zur Welt
Chancen sind groß, dass die Familie auch musikalisch ist)
Reaktiver Typ: Reaktion der Umwelt auf genetisch bedingte Merkmale (Das
musikalisch begabte Kind fällt auf Chor, Orchesterbeitritt
Aktiver Typ: Begabte Personen suchen sich Umgebungen aus, die ihre Entwicklung
fördern (z.B. lesen Personen mit einem hohen IQ eher anspruchsvolle
Lektüren/Zeitungen, was wiederum die kognitive Entwicklung fördert bzw. positiv
beeinflusst)
Anlage×Umwelt Interaktion
Fehlerraten für hoch vs. niedrig „intelligente“ Stämme von Ratten bei einer
Labyrinthaufgabe. Exemplare beider Stämme wuchsen jeweils in einer von drei
möglichen Umwelten auf.
3 unterschiedliche Entwicklungsumgebungen:
- Restringierte Umwelt: Verarmung der Umwelt
- Normale Umwelt: Labor-Käfig-Situation
- Angereicherte Umwelt: Käfighaltung mit Holz, Spielzeug, Versteckmöglichkeiten
etc.
Ergebnisse:
Restringierte Umwelt: Wenn die Ratten keine Möglichkeit haben geeignete
Umwelterfahrungen zu sammeln, findet trotz hoher Intelligenz eine mangelnde
kognitive Entwicklung statt. Die Anzahl der Fehler im Labyrinth unterscheidet sich
nicht zwischen den hoch und niedrig „intelligenten“ Rattenstämmen.
Normale Umwelt: Wenn die Ratten in der normalen Umgebung aufwachsen,
machen die intelligenteren Ratten deutlich weniger Fehler als die weniger
intelligenten Ratten.
Angereicherte Umwelt: Wachsen die Ratten in einer angereicherten Umwelt auf,
machen die weniger intelligenten Ratten etwa genauso viele Fehler im Labyrinth
wie die hoch intelligenten Ratten. Die Fehleranzahl ist mit Abstand am geringsten
in beiden Gruppen!!
Beispiel: Anlage×Umwelt Interaktion
Varianzquellen verhaltensgenetischer Untersuchungen
a2 = Additive genetische Effekte (Erblichkeit im engeren Sinne)
d2 = Effekte aufgrund von nicht-additiven Genwirkungen an einem
Genlocus (Gendominanz)
c2 = Effekte der von Geschwistern geteilten Umwelt
e2 = Effekte der für jedes Individuum spezifischen Umwelt.
Bei Schätzungen von e2 sind häufig Effekte der spezifischen
Umwelt und Messfehler konfundiert.
Bei der Annahme, dass die Persönlichkeitsentwicklung durch die Eltern bestimmt
wird, spielt die geteilte Umwelt eine große Rolle.
ABER: Einschneidende Lebensereignisse, wie z.B. die Scheidung der Eltern, können
ganz unterschiedliche Einflüsse auf die Kinder(Geschwister) haben: Effekte
unterschiedliches Alter bei der Trennung; Beziehung der Kinder zu den Eltern
verschieden(z.B. eher Mama- oder Papa-Kind). Ein Umweltereignis, dass sich sehr
unterschiedlich auf die Geschwister auswirkt e²: Umwelt, die die Geschwister
„unterschiedlich macht“ Gene werden geteilt bei eineiigen Zwillingen:
Unterschiede zwischen den beiden sind auf e² zurückzuführen.
Wie können wir Erblichkeit bestimmen?  Verwandtschaftsbeziehungen angucken
Ähnlichkeiten zwischen Verwandten
Wie ähnlich sind sich bestimmte Familienkonstellationen? Abschätzung des
Verhältnisses von Anlage und Umwelt
Beispiel:
r (BM= Biologische Mütter ; AK= Adoptivkinder) = .30  Wie hoch ist die
Erblichkeit? Antwort: r = .60  Korrelation muss verdoppelt werden
ZEZ (Zusammen aufgewachsene EZ): Gruppe mit größter Ähnlichkeit GEZ
(Getrennt aufgewachsene EZ): der einzige Unterschied: c² 0-Korrelation, d.h. GEZ
haben keine geteilte Umwelt
Forschungsstrategien zur Bestimmung von Anlage- und
Umwelteinflüssen
1. Getrennt aufgewachsene eineiige Zwillinge (keine geteilte Umwelt)
EZ teilen alle genetischen Effekte. Selektive Partnerwahl hat jedoch keinen Einfluss
auf die (perfekte) genetische Ähnlichkeit von EZ. Getrennt aufgewachsene EZ
teilen prä- und perinatale Umwelt (daher Überschätzung der genetischen
Effekte). Wenn die Umwelten der EZ unkorreliert sind (frühe Trennung, keine
selektive Plazierung), dann ist die Korrelation zwischen ihnen eine Schätzung der
Erblichkeit (im weiteren Sinne).
2. Vergleich gemeinsam aufgewachsener EZ und ZZ
ZZ teilen genetische Effekte in demselben Ausmaß wie Geschwister. Selektive
Partnerwahl erhöht die genetische Ähnlichkeit von ZZ. Wichtig: Equal
Environments Assumption. Annahme, dass die Umwelten von EZ und ZZ, die
gemeinsam aufwachsen „gleich“ ähnlich sind: ALLERDINGS sind die Umwelten von
EZ oft ähnlicher als die von ZZ (gleiche Kleidung etc.)
Effekte der geteilten Umwelt und nicht additive genetische Effekte können nur in
der Summe geschätzt werden.
Erblichkeitsschätzungen können nach der Falconer Formel vorgenommen werden:
a2 = 2 (rEZ – rZZ ) zu berücksichtigen: r(EZ): a²+c²; r(ZZ): 0,5a²+c²
c2 = 2rZZ – rEZ  a²: genetische Effekte ; c²: Effekte der geteilten Umwelt
e2 = 1 – rEZ = 1- a2 - c2  e²: Effekte der spezifischen Umwelt: Umwelteffekte, die
EZ einander unterschiedlich machen DIFFERENCES IN TWINS
VVa
Varianz ist größer: statistisch signifikante Unterschiede
Verhaltensweisen der Eltern wurden systematisch unterteilt: Varianzen
unterschieden sich nicht mehr so stark Unterschiede im Verhalten der Eltern=
Reaktion auf das Verhalten der Kinder ähnlichere Kinder (EZ/MZ) evozieren
ähnlicheres Verhalten
3. Adoptionsstudien
Kinder in A.-familien sind mit ihren A.-Geschwistern und ihren A.Eltern genetisch
nicht korreliert, so dass Ähnlichkeiten zwischen A.Verwandten auf geteilte
Umwelteffekte zurückzuführen sind. Bei früher Trennung und zufälliger Plazierung
sind Ähnlichkeiten zwischen A.Kindern und ihren biologischen Verwandten auf
genetische Wirkungen zurückzuführen.
z.B.: r (AM, AK) = .30  geteilte Umwelt von Bedeutung: Unmittelbare Schätzung
für den Effekt der geteilten Umwelt ist .30
Annahmen: Umwelten von leiblichen Eltern und ihren zur Adoption freigegeben
Kindern sind unkorreliert (frühe Trennung, keine selektive Platzierung) oder das
Ausmaß der Korrelation ist bekannt.
Im günstigsten Fall liegen folgende Daten vor:
• Merkmale der Adoptivkinder,
• Merkmale beider leiblicher Eltern,
• Merkmale der Adoptiveltern.
• Merkmale leiblicher Kinder der Adoptiveltern, die mit den Adoptivkindern
gemeinsam aufwachsen, mit diesen aber genetisch nicht verwandt sind.
Befunde zur Intelligenz (allgemeine kognitive Fähigkeit)
Nächste Abbildung: Metaanalyse von Bouchard, T.J.Jr. & McGue, M. (1981), Familial
studies of Intelligence: A review. Science, 212,1055-1059.
Metaanalyse: Jeder Punkt steht für eine Studie und jeder Keil steht für genetische
Ähnlichkeit A²
Graphische Darstellung der Daten von Bouchard und McGue (Auswahl)
y-Achse: Korrelationen zwischen den Paarungen
- EZ(zus.): r= .85 EZ(getr.): r= .72 deutlicher Effekt der Gene Unterschied
zwischen beiden ist auf die (nicht) geteilte Umwelt zurückzuführen
- EZ(zus.): r= .85 ZZ(zus.): r= .60 Erblichkeitsschätzung h²= 2*(.85*.06)= .50
- Verwandte, die keine Gene teilen weisen trotzdem eine Ähnlichkeit von .20 auf
c² bedeutsam
- WICHTIG: Alter der Vpn sehr unterschiedlich
Korrelationen zwischen zusammen aufgewachsenen Zwilligen nach Alter:
- Die Ähnlichkeit der EZ bezüglich der Intelligenz ist über die Lebensspanne stabil
- Die Ähnlichkeit der ZZ nimmt im Laufe des Lebens ab
- Effekt der geteilten Umwelt ist im Kindesalter größer
- Effekt der Erblichkeit wird im Erwachsenenalter größer
Korrelationen der Intelligenz für gemeinsam aufgewachsene, biologisch
nicht verwandte Geschwister („Adoptivgeschwister“)
Auch hier zeigt sich die Abnahme des Einflusses der geteilten Umwelt im Laufe der
Entwicklung
Metaanalyse: Jedes Kästchen entspricht einer Studie
Zusammenfassung der Befunde zur Intelligenz
WICHTIG: Unterscheidung zwischen KINDHEIT und ERWACHSENENALTER
- A²= Erblichkeit: Einfluss in der Kindheit geringer ca.40 %, Erwachsenenalter
ca.60%
- C²= geteilte Umwelteffekte: Kindheit 25 %; Erwachsenenalter: c²
verschwindet!
- E²= spezifische Umwelteinflüsse: Kindheit 25%; Erwachsenenalter 35%
- Messfehler: Kindheit 10%; Erwachsenenalter 5%
Warum nimmt die Wirkung der Gene im Laufe des Lebens zu?
- Manche Genwirkungen entwickeln sich erst im Laufe der Zeit zu
unterschiedlichen Phasen des Lebens sind sie unterschiedlich ausgeprägt z.B.:
Veranlagung zur Glatze bei Männern oder Stärke des Bartwuchses; Demenz:
unterliegt genetischer Beeinflussung der Gene und tritt erst im hohen Alter auf
- Umwelteinwirkungen werden schwächer Kindheit und Intelligenzentwicklung
hängt stark mit der Schule zusammen: spezielle Förderung führt zu Erfolg Förderoder Hinderungsmaßnahmen verlieren an Bedeutung mit der Zeit: Einfluss der
Eltern wird geringer; Lenkung nimmt ab Menschen gehen ihren eigenen Weg:
suchen Situationen, die ihren Fähigkeiten entsprechen und diese fördern
Genetische Effekte gewinnen an Bedeutung (allerdings Intelligenz ≠ Berufserfolg)
09 Persönlichkeitsmerkmale
Deutlich weniger verhaltensgenetische Forschungsarbeit als zur Intelligenz
Minnesota
Zwillingskorrelationen (aus Borkenau, 1993)
Personality
Questionnaire:
Mittelwertsvergleich über alle Skalen (letzte Zeile):
EZ(getrennt): r = .49  Persönlichkeitsmerkmale sind ca. zu 50% genetisch
bedingt
Erwartete Korrelation für ZZ(getrennt): r = .25  tatsächlich r = .
18
EZ(getrennt): r = .49 EZ(zusammen): r = .54  Differenz 0.05: statistisch
nicht bedeutsam sehr geringer Effekt der geteilten Umwelt
Erblichkeitsschätzung h² = 2×(rEZ(zus.) - rZZ(zus.))= 2×(.54-.23) = .62
Effekte der geteilten Umwelt c² = 2× rZZ – rEZ = .46-.54  0.0 (ungefähr)
Kein Effekt der geteilten Umwelt
Adoptionsstudien zu Persönlichkeitsmerkmalen (aus Borkenau, 1993)
MMPI: Misst psychische Störungen
• Korrelationen zwischen Adoptiveltern und Kindern sind nahe 0
• Korrelationen zwischen den Kindern und ihren biologischen Müttern sind
durchschnittlich bei r = .18  Ergebnisse sprechen für Einfluss der
Erblichkeit
5 Persönlichkeitsdimensionen:
Emotionale Stabilität/ Neurotizismus: Ängstlichkeit; Depression;
starke Gefühlsschwankungen; mangelnde
Selbstsicherheit
Extraversion: Geselligkeit; Aktivität; Durchsetzungsfähigkeit
Offenheit für neue Erfahrungen: Liberalismus; Orientierung gegenüber Neuem
Verträglichkeit: sozialer Umgang; Kooperation mit anderen
Gewissenhaftigkeit: Leistungsstreben; Ordnungsliebend; Pünktlichkeit
Zwillingsstudien: N
Neuere Zwillingsstudien: N
Kritik: Bisher nur Verwendung einer einzigen Methode:
„Selbstberichtsverfahren“. Aufgrund dessen berücksichtigten Riemann et al.
(1997) eine zusätzliche Fremdeinschätzung durch Bekannte. Begründung: EZ
entwickeln evtl. eine bestimmte gemeinsame „Identität“ (machen alles
zusammen, wurden schon immer von ihren Eltern gleich angezogen und
behandelt etc.) Hingegen könnten bei ZZ bestimmte „Kontrasteffekte“
auftreten, da sie sich deutlicher voneinander abgrenzen wollen (sie sehen sich
sowieso nicht ähnlich; betrachten sich vielleicht als „normale“ Geschwister.
Allerdings konnten auch in dieser Bedingung keine signifikanten Effekte der
geteilten Umwelt gefunden werden.
Zusammenfassung: N, E, O, G, V
Frage zur Persönlichkeitsentwicklung: Was ist mit schwerwiegenden
Erfahrungen in der Kindheit, wie z.B. Scheidung der Eltern? Spielt hier geteilte
Umwelt eine Rolle?
Unterschiedlicher Umgang mit schwierigen Situationen: Kinder in der
gleichen Familie .verarbeiten Scheidung ganz unterschiedlich; wichtige
Faktoren sind die Bindung zu den jeweiligen Elternteilen, Rückhalt in anderen
Beziehungen, ob ein Wechsel des sozialen Umfeldes z.B. als Folge eines
Umzugs stattfindet etc.  Es gibt also keinen Effekt der geteilten Umwelt( von
Familienmitgliedern geteilte Erfahrungen), zumindest sind diese nicht
nachweisbar in Studien. (Es handelt sich vielmehr um Effekte spezifischer
Umwelt.)
Zusammenfassung: N, E, O, G, V
• Deutliche genetische Effekte
• Deutliche Umwelteffekte
• Nicht geteilte Umwelt bedeutsam, Effekte der geteilten Umwelt sind sehr
gering und lassen sich häufig gar nicht finden
• Nur geringe Unterschiede in der Erblichkeit unterschiedlicher
Dimensionen
• Befundmuster relativ stabil über verschiedene Methoden der
Persönlichkeitsmessung (Selbstbericht, Bekanntenbeurteilung und
Einschätzungen von Beobachtern).
OGOD:
„One Gene One Disease“- Hypothese
die Vermutung, dass ein einzelner Genlokus eine notwendige Bedingung für das
Auftreten eines Merkmals (einer Krankheit) ist
Z.B.: Vorstellung des Brustkrebs-Gens: Schluss Wer das Gen hat, der
bekommt die Krankheit auf jeden Fall.
QTL:
„Quantitive Trait Locus“-Hypothese
die Vermutung, dass viele Genloci an der Ausprägung eines Merkmals beteiligt
sind. Die Wirkungen einzelner dieser Gene sind so groß, dass sie empirisch
nachgewiesen werden können.
Vorstellung: Ein Gen erhöht die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten eines
Merkmals.
Neurotizismus und Polymorphismus in der Promotorregion des
Serotonintransportergens (5-HTT LPR)
Fig. 3. Distribution of NEO-PI-R Neuroticism scores (separated into eight
groups with
the indicated median T scores) and percentages of subjects from the L (n =
163) and S (n = 342) groups in each of the eight T-score groups.
Zur Veranschaulichung: Bestimmte Gene werden mit Persönlichkeitsmerkmalen
in Verbindung gesetzt. Serotonin hängt zum Beispiel mit Emotionen zusammen.
Der S-Typ (kurzes Allel) kann als Neurotizismus-Gen angesehen werden, da die
Verteilung etwas in Richtung N verschoben ist.
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