Hauptgruppenmetalle 1 Be B C N O F Ne Na Mg Al Si P S Cl Ar As Se Br Kr Li K Ga Ge Ca Rb Sr Übergangs In metalle Sn Sb Te I Xe Cs Ba Tl Pb Bi Po At Rn Fr Ra χspec > 2.2 χspec < 1.9 Änderung von χspec innerhalb der Gruppen An Hand der Elektronegativität lässt sich das Periodensystem grob unterteilen in: a) Metalle (χspec < 1.9), b) Halbmetalle (1.9 < χspec < 2.2) und c) Nichtmetalle (χspec > 2.2) Metallstrukturen 2 • Metalle: typische Elektronenmangelverbindungen (Valenzelektronen < Valenzorbitale). • Atome in Metallkristallen werden durch Mehrzentrenbindungen zusammengehalten. • Bindungen zwischen Metallatomen sind kovalent aber schwacher lokalisiert. • Keine lokal vorherrschenden Kräfte, die eine bestimmte Struktur verursachen. • Die Anordnung von Metallatomen in einem Kristall lässt sich durch Kugelpackungen beschreiben. Optimale Raumausnutzung dichtetste Kugelpackungen. Experimentell findet man folgende Kugelpackungen sehr häufig: a) kubisch-dichteste Kugelpackung (der Kupfer-Typ): 74.05% Raumerfüllung b) hexagonal-dichteste Kugelpackung (der Magnesium-Typ): 74.05% Raumerfüllung c) kubisch-innenzentrierte Kugelpackung: 68.02% Raumerfüllung Einige Metalle kristallisieren in einem individuellen Strukturtyp (Ga, Sn, Bi, Po, Mn, Pa, U, Np, Pu) Häufige Kugelpackungen: a) kubisch-dichteste Kugelpackung (Kupfer-Typ): 74.05% Raumerfüllung b) hexagonal-dichteste Kugelpackung (Magnesium-Typ): 74.05% Raumerfüllung c) kubisch-innenzentrierte Kugelpackung: 68.02% Raumerfüllung Individuelle Strukturtypen: Ga, Sn, Bi, Po, Mn, Pa, U, Np, Pu Dichteste Kugelpackungen 3 2 1 4 0 6 3 5 Dichteste Packung von Objekten in einer Ebene: die hexagonale Schicht. Baumwollballen nach der Ernte Hexagonal dichteste Packung B B B B B B A A B A B A B A B A B A B B A A A A B 4 A A A B B B B B B B Schichtenabfolge ..B,A,B,A,B..: hexagonal dichteste Packung Kubisch dichteste Packung 5 A C C C C A C C C C C C B A C B B A C C B B A C A C B B A A A A A C B B B B B B B B A A C A A Schichtenabfolge ..A,B,C,A,B,C..: kubische dichteste Packung Elementarzellen Die Anordnung der Kugeln in der kubisch-dichtesten Packung ist kubisch flächenzentriert Elementarzelle: kleines Parallelepiped dessen dreidimensionale lückenlose Aneinanderreihung das Kristallgitter ergibt. 6 Elementarzellen Stapelrichtung in hexagonal-dichter Packung verläuft entlang der Raumdiagonalen der Elementarzelle Zusammenhang zwischen dem kubisch-flächenzentrierten Gitter 7 und der kubisch dichtesten Packung (kdP) 1. kubisch-flächenzentriertes Gitter auf die Ecke stellen. 2. Kugeln der Schnitte senkrecht zur Raumdiagonalen a 3 unterschiedlich einfärben kubisch-dichteste Kugelpackung wird heraus projiziert. a Elementarzelle der kubisch dichtesten Kugelpackung (kdP) = kubisch-flächenzentriertes Gitter A B Darstellung der flächenzentrierten Elementarzelle der kdP durch raumerfüllende Kugeln C A a 3 Koordinationszahlen kubisch-dichteste Packung (kdp) Drehung einer Dreiecksfläche um 30° 8 hexagonal-dichteste Packung (hdp) Koordinationszahl (K.Z.): Anzahl der nächsten Nachbaratome (unabhängig vom Bindungstyp). Koordinationspolyeder: Die topographische Verknüpfung des Zentralatoms mit seinen Nachbarn In kdp und hdp K.Z. = 12 Die Raumausfüllung beträgt 74.05% Kuboktaeder Antikuboktaeder Varianten 9 Die Abfolgen der hexagonalen Schichten AB,AB,AB,AB... in der hexagonal-dichtesten Packung (hdp) und ABC,ABC,ABC…in der kubisch-dichtesten Packung (kdp) sind nur zwei Grenzfälle von unendlich vielen Stapelvarianten. Jede nutzt 74.05% des Raumes. Diese statistischen Abfolgen nennt man Fehlordnung. Hier handelt es sich um eine eindimensionale Fehlordnung. Die dadurch erzeugten Stapelvarianten nennt man Polytypen. Kubisch innenzentrierte Packung Raumerfüllung (68.02%) kubisch innenzentrierte Packung < kdP, hdP Struktur seltener wenn alle Elemente (inklusive der Übergangsmetalle) berücksichtigt werden. Häufig bei den Hauptgruppenmetallen (z. B. alle Alkalimetalle). Die Koordinationszahl kann als [8+6] beschrieben werden. 10 11 Strukturtypen der Metalle i Li Be i c Na Mg i K Ca Sc Ti i Rb Sr i Al i i i i c c * Cu V Cr Mn Fe Co Ni Zn Ga i i c c c i i c c c i* * Ag Cd In Sn Y Zr Nb Mo Tc Ru Rh Pd c Cs Ba La Hf Ta W Re Os Ir Pt Au Hg Tl Pb i Ra c = kubisch-flächenzentriert = hexagonal i = kubisch-innenzentriert * = leicht verzerrt = besonderer Strukturtyp Inhalt der Elementarzelle (kdP) Der Inhalt der Elementarzelle der kdP berechnet sich wie folgt: Jede Kugel auf einer Ecke zählt zu 1/8, jede Kugel auf einer Flächenmitte zu 1/2 zur Elementarzelle: 1 1 2 8 (8 × 1 ) 1 ) + (6 × =4 8 2 Zwischengitterplätze: Oktaederlücken Eine Oktaederlücke im kubisch-flächenzentrierten Gitter ist im Zentrum der Elementarzelle leicht zu erkennen. Diese Kugel gehört vollständig zum Inhalt der Elementarzelle. Zwischengitterplätze: Oktaederlücken Weitere Oktaederlücken liegen auf den Kantenmitten der kdP-Elementarzelle. Diese gehören zu ¼ zum Inhalt der Zelle. Ein Würfel hat zwölf Kanten. Zahl der Oktaederlücken: ( 1 × 1 ) + (12 × 1 ) = 4 1 4 Eine kubisch dichteste Packung aus n Kugeln enthält n Oktaederlücken Zwischengitterplätze: Tetraederlücken Tetraederlücke 1 2 1 8 Die Tetraederlücken werden deutlich wenn man das kubisch-flächenzentrierte Gitter als allseitig flächen-überkapptes Oktaeder beschreibt: 8 Flächen = 8 Tetraederlücken. Alle 8 Tetraederlücken zählen ganz zum Inhalt der Elementarzelle. Eine kubisch dichteste Packung aus n Kugeln hat 2n Tetraederlücken. (Gilt ebenfalls für die hexagonal dichteste Packung, hdP). kubisch-dichteste Packung; die Besetzung nur einer Tetraederlücke (jeweils gebildet aus drei grauen und einer roten Kugel) ist aus Gründen der Übersichtlichkeit gezeigt. Zwischengitterplätze Strukturen von anorganischen Verbindungen lassen sich oft aus dichtesten Kugelpackungen ableiten, in denen die Tetraeder- und Oktaederlücken teilweise oder ganz besetzt sind. Die Besetzung der Zwischengitterplätze mit gleichnamigen Atomen/ Ionen führt zu einer Aufweitung des Gitters. Besetzung der Zwischengitterplätze in heteronuklearen Verbindungen günstig, wenn die Atom/Ionen/Molekül Radien genügend unterschiedlich sind. Grosse Bausteine A bilden eine dichte Kugelpackung, kleine Bausteine M besetzen Tetraederlücken (rM sehr klein) oder Oktaederlücken (rM+/rA− ≈ 0.41). Legierungen und intermetallische Verbindungen • Verbindungen von zwei oder mehr Metallen • Verbindung von einem oder mehr Metall(en) mit anderen Elementen • Feste Lösungen (z.B. ein Metall in einem anderen gelöst) Substitutionslegierung: einzelne Atome von Metall 1 werden statistisch durch Atome von Metall 2 ersetzt • rMetall 1 ≈ rMetall 2 • KoordinationszahlMetall 1 auch realisierbar für Metall 2 Beispiel: = Metall 1 = Metall 2 Legierungen und intermetallische Verbindungen Einlagerungsverbindungen: Zwischengitterplätze des Metalls werden durch Atome eines anderen Elements besetzt • rElement ≤ 0.23 ∙ rMetall (Tetraederlücken) • rElement ≤ 0.41 ∙ rMetall (Oktaederlücken) Beispiel für Besetzung einer Oktaederlücke: = Metall = Element Intermetallische Verbindungen • können Metallgittertypen aufweisen, die nicht jenen der reinen Metalle entsprechen • Zeigen eindeutige Stöchiometrien (z.B. A5B8, A2B5, etc.) Legierungen und intermetallische Verbindungen Beispiele Zinn-Bronze (“Bronze“) • Legierung aus Kupfer und Zinn • härter als Kupfer (und als Zinn) • niedrigerer Schmelzpunkt als Kupfer (leichter zu verarbeiten) (Kohlenstoff-)Stahl • Einlagerungsverbindung aus Eisen und Kohlenstoff • C-Atome besetzen Oktaederlücken in der Fe-Struktur • z.B. kohlenstoffarmer Stahl C-Gehalt von 0.03-0.25%: Stahlbleche Eigenschaften: gut formbar, gut auswalzbar (und damit leicht) Legierungen und intermetallische Verbindungen Beispiele Edelstahl • Verbindung aus Eisen und Kohlenstoff und mindestens einem weiteren Übergangsmetall M • C besetzt Oktaederlücken in Fe-Struktur • M-Atome ersetzen einzelne Fe-Atome • M = Cr: nichtrostender Edelstahl (stainless steel) Kalium-Natrium-Legierung • Legierung aus Na und K • flüssig bei Raumtemperatur bei K-Gehalten von 40-90% • Verwendung: z. B. Entfernung von Wasserresten aus organischen Lösungsmitteln Na K + NaK-Legierung Ionische Bindung and ionische Verbindungen Eigenschaften: • geringe elektronische Leitfähigkeit • gute Ionenleitung (Lösung & Schmelze) • im Kristall kann die elektrische Leitfähigkeit gut sein Ionenleitung • hohe Schmelz- und Siedepunkte (starke Bindung) • hohe Koordinationszahlen der Ionen ungerichtete Bindungen • hart und spröde • oft farblos aber immer transparent • löslich in polaren Lösungsmitteln (Dielektrizitätskonstante gross) 1 Ionische Bindung and ionische Verbindungen Ionische Verbindungen entstehen: ● Ionisierungsenergie des Kation-bildenden Elements klein (Alkali/Erdalkalielemente). (grosse Hauptquantenzahl, kleine Gruppennummer). Cs+ n = 6, Gruppe 1 ●Elektronenaffinität des Anion-bildenden Elements gross. (kleine Hauptquantenzahl, grosse Gruppennummer). F- n = 2, Gruppe 17 Ionische Verbindungen: Allgemeines 2 • Keine systematische Nomenklatur; Angabe eines Strukturtyps. • Kristallstruktur wird durch Kristallgitter beschrieben = periodische Anordnung einer Atomsorte in drei Raumrichtungen. • Gitterpunkte sind gleichartig und haben gleiche Umgebung. • Kristallgitter besteht aus Elementarzellen. • Elementarzelle wird durch Basisvektoren a, b und c und Winkel α, β und γ definiert. • Elementarzellen enthalten immer eine ganzzahlige Anzahl von Atomen. kubisch-primitives Kristallgitter primitive Elementarzelle: a = b = c; α = β = γ = 90° Durch die Kombination unterschiedlicher Gitterparameter (z.B. a ≠ b ≠ c, a = g = 90° b ≠ 90° (monoklin); a ≠ b ≠ c, a ≠ b ≠ g ≠ 90° (triklin), a ≠ b ≠ c, a = b = g = 90° (orthorombisch), etc.) lassen sich insgesamt 14 verschiedene Kristallgitter (Bravais-Gitter) erzeugen. Ionische Verbindungen: Allgemeines Lokale Koordinationssphäre wird durch Koordinationspolyeder beschrieben. Wichtige Koordinationspolyeder und ihre Symbole l: collinear (coplanar) n: nicht collinear (coplanar) y: pyramidal by: bipyramidal t: tetraedrisch s: quadratisch o: oktaedrisch p: prismatisch cb: kubisch do: dodekaedrisch co: kuboktaedrisch i: ikosadrisch c: überkappt a: anti- Einfache Kristallgitter & Strukturtypen CsCl-Struktur Kubisch-primitiv* Koordinationszahl (K.Z.) = 8 [8cb] für beide Ionen *Nicht kubisch-raumzentriert da Atome auf den Ecken ≠ Atom im Zentrum! 4 Einfache Kristallgitter & Strukturtypen NaCl-Struktur Kubisch-flächenzentriert K.Z. = 6 [6o] für beide Ionen sehr häufige Struktur für binäre A+B− Verbindungen Einfache Kristallgitter & Strukturtypen kubische ZnS-Struktur (Zinkblende) (hexagonale Modifikation: Wurzit) Kubisch-flächenzentriert K.Z. = 4 [4t] für beide Ionen sehr häufige Struktur für binäre A2+B2− Verbindungen Einfache Kristallgitter & Strukturtypen A B Fluorit-Struktur (CaF2) kubisch K.Z.(A+) = 8; Ca im CaF2 K.Z.(B−) = 4; F im CaF2 Häufig für Difluoride; Dioxide Antifluorit-Struktur die Plätze und K.Z. von A+ und B− werden vertauscht Häufig für M2O und M2S (M = Li – Rb) Einfache Kristallgitter & Strukturtypen B A Rutil-Struktur (TiO2) tetragonal K.Z.(A+) = 6; Ti im TiO2 K.Z.(B−) = 3; O im TiO2 Häufig für Übergangsmetalldioxide Einfache Kristallgitter & Strukturtypen 6 Strukturen mit komplexen (mehratomigen) Ionen können oft aus einfachen Ionenstrukturen abgeleitet werden. Bei Ersatz des (näherungsweise) kugelförmigen Ions (meist Anion) tritt in der Regel eine Verzerrung der einfachen Struktur auf. In CaC2 oder NaCN sind die stäbchenförmigen C22− bzw. CN− Ionen parallel zueinander und zur c-Achse ausgerichtet und besetzten die Cl− Plätze des NaCl-Gitters ( tetragonale Verzerrung). CaC2 Im NaN3 richtet sich die N3− Ionen entlang der Raumdiagonalen aus ( rhomboedrische Verzerrung). Weitere Bespiele: KO2, RbO2, CsO2, BaO2 CsCN NaN3 Einfache Kristallgitter & Strukturtypen CaCO3–Typ (Calcit, Kalkspat): abgeleitet aus NaCl-Typ Verzerrung entlang Flächendiagonalen siehe auch Borate (z.b. AlBO3) und Nitrate (z.B. NaNO3). CaCO3* *Es ist nicht die Elementarzelle gezeigt - erkennbar an der unterschiedlichen Anordnung der sich gegenüberliegenden CO32− Ionen Einfache Kristallgitter & Strukturtypen K2(PtCl6)-Typ: abgeleitet aus CaF2-Typ (PtCl6)2− Ionen auf Ca2+ K+-Ionen auf F−. K+-Ionen über Flächenmitten von vier (PtCl6)-Oktaedern K.Z. = 12 (Kuboktaeder). K2(PtCl6) Gitterenergie Definition Die Gitterenergie ist diejenige Energie, die frei wird, wenn sich die Bausteine eines Mols einer kristallinen Verbindung bei T = 0 K aus unendlicher Entfernung auf den Gleichgewichtsabstand im Kristall nähern. Die Gitterenergie U [kJ mol−1] ist daher eine negative Grösse. die Bausteine von Kristallen sind: a) bei Molekülkristallen die Moleküle (z.B. H2, Fullerene, N2, O2, P4, S8 etc.) a) bei Metallen die Atome a) bei Ionenverbindungen die Ionen a) bei reinen Elementen, die nicht aus Molekülen aufgebaut sind, die Atome. Gitterenergie von molekularen Verbindungen Die Gitterenergie setzt sich aus folgenden Energien zusammen: a) Der anziehenden elektrostatischen Wechselwirkung EC (Coulomb-Energie) zwischen permanenten Dipolen b) Der anziehenden Dispersionsenergie (London‘sche Energie), ED c) Der repulsiven Wechselwirkung ER zwischen den Elektronenhüllen benachbarter Atome d) Der quantenmechanisch definierten Nullpunktsenergie, E0 U = EC + ED + ER + E0 Wesentliche Beiträge in: EC, ER: polaren Verbindungen. ED: unpolare Moleküle (z.B. Kohlenwasserstoffe). E0 : Moleküle geringer Masse (z.B. H2); Wasserstoffbrücken 9 Für Molekülkristalle gilt allgemein : Gitterenergie eines Molekülkristalls ist umso grösser •je grösser die Moleküle, •je schwerer die Atome •je polarer die Bindungen sind. Die Gitterenergie von Molekülkristallen kann nur mit erheblichem Aufwand numerisch berechnet werden. Coulomb- (EC) und Abstossungsenergie (ER) für ein Ionenpaar A+B− Abstossung ER verhindert, dass die Ionen auf einen Punkt fallen. Beim Gleichgewichtsabstand d0 zwischen den Ionen ist ER ≈ EC. E /kJ mol−1 ER = B dn B = stoffspezifische Konstante n = 5 – 12 (Born-Exponent) ER d/m E = ER+EC EC ZKZAe2 1 × EC = 4πe0 d dU =0 dd ZK = + Ladung des Kations ZA = − Ladung des Anions da ZA eine negative Grösse ist kann man schreiben: d0 ab e2 1 EC = − × 4πe0 d wobei die Ladungen der Ionen als positive Vielfache a,b der Elementarladung e = 1.9 10−19 C angeben werden. Gitterenergie von Ionenverbindungen Ca. 90% der Gitterenergie von Ionenkristallen besteht aus der Coulomb-Energie EC: U = EC + ED + ER + E0 1 ab e2 EC = − × 4πe0 d Formel für EC (Coulombsches Gesetz) gilt nur für Ionenpaar. Gitterenergie ergibt sich aus der dreidimensionalen Anordnung: Ionenkristall Beispiel: Berechnung NaCl-Gitterenergie Für diesen einfachen Fall genügt es, die elektrostatischen Wechselwirkungen für eines der beiden Ionen (Na+ oder Cl−) zu berechnen, da Umgebung identisch. e2 Für a = b = 1 folgt: EC = − 4πe0 d0 Na+ Im Abstand d0 wird ein Ion von sechs Cl- Ionen umgeben. Im Abstand d0 2 wird ein Na+ Ion von 12 Na+ Ionen umgeben. Im Abstand d0 3 wird ein Na+ Ion von 8 Cl− Ionen umgeben. Beitrag zu EC e2 E‘C = − 6 4πe0 d0 E‘‘C = + E‘‘‘C = − e2 2 4πe0 d0 12 e2 3 4πe0 d0 8 Beispiel: Berechnung des Coulomb-Beitrags zur NaCl-Gitterenergie Mit zunehmender Entfernung nimmt auch Stärke der Wechselwirkung ab. gesamte Coulombenergie: EC = E‘+ E‘‘+ E‘‘‘+…E∞. Ausklammern von −e2/4πe0d : EC = − A= ( 6− ( 6− 12 2 12 2 + 8 + 6 − 3 8 3 + e2 −… 4πe0 d0 5 24 4 − 6 4 + 24 ) ) −… 5 = Madelung Konstante. Sie gibt an um wieviel Mal ein isoliertes Ionenpaar AB im Kristallgitter stabilisiert wird. Multiplikation mit Avogardo-Zahl NA (6.022 × 1023 mol−1) ergibt die Coulombenergie EC für ein Mol eines NaCl-Kristalls: EC = − NAe2 A 4πe0 d0 Beachte: EC hängt nur vom Gleichgewichtsabstand d0 ab. 13 Gitterenergien • Wenn Kationen und Anionen unterschiedlich koordiniert sind, so muss A für jede Ionensorte berechnet werden. • Jeder Strukturtyp hat eine Madelung-Konstante A, der unabhängig von der chemischen Zusammensetzung eines Kristalls ist. Madelungkonstanten für einige Gittertypen Strukturtyp A Strukturtyp A CsCl 1.76267 CaF2 2.51939 NaCl 1.74756 TiO2 (Rutil) 2.408 ZnS (Sphalerit) 1.63805 Mit ANaCl = 1.748 ergibt sich für 1 Mol NaCl eine Coulombenergie von EC = −867 kJ mol−1. Nach U = EC + ER + ED + E0 berechnet sich die Gitterenergie U = −787 kJ mol−1. (ER = 92 kJ mol−1, ED = −18 kJ mol−1, E0 = 6 kJ mol−1) Thermochemische Bestimmung von Gitterenergien (Born-Haber-Kreisprozesse) + e− + Na+(g) Cl (g) EACl IvNa Na+(g) Na(g) + + Cl (g) AECl Na(g) ½ Cl2(g) + UIonenpaarNaCl AENa AENa, AECl: Atomisierungsenergien Iv: Ionisationsenergie EA: Elektronenaffinität UIonenpaar: Bildungsenergie eines isolierten Ionenpaars U‘Gitter: Gitterenergie aus Ionenpaaren U = UIonenpaar + U‘Gitter: Standardgitter energie ∆fH°: Standardbildungsenthalpie Na+Cl− (g) + Na(s) Cl− (g) ½ Cl2(g) U‘GitterNaCl ∆fH°NaCl Na+Cl− (s) Thermochemische Bestimmung von Gitterenergien (Born-Haber-Kreisprozesse) Born-Haber-Kreisprozesse: • Zugang zu experimentell schwer zugänglichen Grössen. • (Nicht)/Existenz neuer Ionenverbindungen durch Abschätzung von ∆Hf • Berechnung mit tabellierten Daten (Atomisierungsenergien, Ionisationsenergien, Elektronenaffinitäten). Abschätzung der Gitterenergie einer stark ionischen Verbindung unter Annahme eines Gittertyps, der Madelungkonstante und mit Hilfe von Ionenradien möglich. Beispiel: Wäre Na2+(Cl−)2 stabil? Annahme: NaCl2 kristallisiert im CaF2(Fluorit)-Gitter A = 2.52, d0 = 2.81×10−10 m. Damit ergibt sich: U = −2180 kJ mol−1 AENa = +108 kJ mol−1 2 AECl = +242 kJ mol−1 1. IvNa = +496 kJ mol−1 2. IvNa = +4562 kJ mol−1 2 EACl = −698 kJ mol−1 ∆fH° = +2530 kJ mol−1 NaCl2 ist eine stark endotherme Verbindung und kann nicht existieren! Ionenradien 17 Ionenradien: Experimentell aus hochgenauen Elektronendichtebestimmungen (Röntgenstrahl-Beugungsexperimente). Der Abstand zwischen den Kernorten des Kations bzw. Anions zum Minimum der Elektronendichte auf der M+A− Verbindungslinie gibt den Kationenradius, rM+ , bzw. Anionenradius, rA− , an. Zweidimenisonaler Schnitt durch die Elektronendichteverteilung (e/Å3) entlang der M+A− Verbindungslinie. Elektronendichte zeigt lokale Maxima an den Kernorten. rM+ rA− e/Å3 d M+ d0 A− Ionenradien r hängen von der Koordinationszahl und Ladung ab. Allgemein gilt: Hohe Koordinationszahl grosser Radius Hohe positive Kationenladung kleiner Radius Hohe negative Anionenladung grosser Radius Ionenradien 18 Ionenradien für Hauptgruppenelemente [pm] basierend auf r(O2−) = 140 pm. Zahlen mit Vorzeichen: formale Oxidationszahlen. Alle Werte für die Koordinationszahl (K.Z.) 6 (Ausnahme N3−, dort K.Z. 4) Bemerkungen Kationenradien nehmen innerhalb einer Periode stark ab (Radienkontraktion der Atome & Zunahme der +Ladung). Die Radien der Dianionen der Gruppe 16 nur wenig von den Monoanionen der Gruppe 17. Innerhalb einer Gruppe nehmen die Radien zu. Starke Unterschiede zwischen formal positiven und negativen Oxidationszahlen: z.B. S6+ (29 pm) und S2− (184 pm). Bestimmung der Radien von mehratomigen Ionen (NH4+, CO32−, SO42−) ist schwierig. Ionenradienquotienten Madelung-Konstante A bestimmt nicht allein Struktur (Alle AB Verbindungen müssten im CsCl-Typ und alle AB2 Verbindungen im CaF2-Typ kristallisieren). Das Verhältnis der Radien rM+/rA− muss in Betracht gezogen werden. rA − Beachte: Das grössere beider Ionen bildet häufig eine dichteste Kugelpackung in der das kleinere entweder einen Teil der n Oktaederlücken oder 2n Tetraederlücken besetzt rM+ Unterhalb eines bestimmten Quotienten rM+/rA− ist das Kation nicht mehr in Kontakt mit den Anionen. Die Anionen können nicht dichter gepackt werden (repulsive Wechselwirkungen), d.h. bestes d0 kann nicht erreicht werden. Eine Struktur mit einer niedrigeren K.Z. des Kations wird günstiger, da kurzer Abstand d0 erreicht wird, obwohl die Madelung-Konstante für diesen Strukturtyp kleiner ist. Berechnung der Grenzradienquotienten CsCl-Typ NaCl-Typ ZnS-(Sphalerit)Typ Radienquotienten (untere Grenzwerte): Fläche der Elementarzelle rM+/rA− > 0.732 CsCl-Typ 0.732 > rM+/rA− > 0.414 NaCl-Typ ½ a = rA− rM+ + rA− = ½ a 3 a = 2rA− rM+/rA− = 3 − 1 = 0.732 rM+ + rA− = ½ a 4 rA− = a 2 4 rA− a= 2 rM+/rA− = 2 −1 2 = 0.414 0.414 > rM+/rA− > 0.225 ZnS-Typ. rM+ + rA− = ¼ a 3 2 rA− = ½ a 2 a= 4 rA− 2 3 −1 rM+/rA− = 2 = 0.225 Grenzradienquotienten und Gittertypen 21 Stabilität Gesamtenergie E eines Gitters aus dicht gepackten Anionen als Funktion von rM+/rA− bei konstantem rA−. E K.Z. 8 K.Z. 6 (Besetzung der Oktaederlücken in einer dichten Kugelpackung) K.Z. 4 (Besetzung der Tetraederlücken in einer dichten Kugelpackung) rM+/rA− • Stabilität des Gitters nimmt mit Koordinationszahl zu (K.Z. 8 > K.Z. 6 > K.Z. 4). • CsCl-Typ und NaCl-Typ unterscheiden sich nur wenig (≈1%). • Abnehmender Kationradius Stabilität nimmt zu bis zum Unterschreiten des Grenzradienquotienten. Wechsel zu Gittertyp mit niedrigerer K.Z. • Vorhersage von Strukturentypen mit Hilfe der Radienquotienten versagt, wenn erhebliche kovalente Bindungsanteile zwischen K+ und A− vorliegen. (z.B in ZnS mit rM+/rA− = 0.52 NaCl-Struktur). * Für rM+/rA− ≈ 1 wäre auch die K.Z. 12 möglich. Allerdings ist in dieser Geometrie keine wechselseitige Anordnung von Kationen und Anionen möglich, so dass ER einen grossen destabilisierenden Beitrag leistet.