Immunologievorlesung Antikörper, B-Zellen Referenzliteratur für die Vorlesung: 1. Janeway/Travers: Immunologie, Spektrum Verlag Heidelberg 2. Roitt/Brostoff/Male: Kurzes Lehrbuch der Immunologie, Thieme Verlag Stuttgart 1. Antikörper: Funktion - Antikörper von B-Zellen produziert, membranständig auf B-Zellen (Antigenrezeptor) oder löslich, Teil der humoralen Immunantwort. - variables Ende, Bindung von Fremdmolekülen, konstantes Ende: Erkennungsstelle für Zellen oder Moleküle, die Pathogen zerstören: Adapter zwischen Antigenen und Effektormechanismen des Immunsystems. - 5 Isotypen von Antikörpern mit unterschiedlichen konstanten Bereichen. - Hauptaufgaben: Neutralisierung v. Toxinen, Immobilisierung v. Mikroorganismen, Opsonisierung, Komplementaktivierung. 2. Antikörper: Struktur - Aufbau: 4 Ketten, 2 x schwere/leichte Kette, Disulfidbrücken. - Domänen von ca. 110 Aminosäuren, aus Urdomäne durch Duplikation entstanden. - leichte Ketten MW 25000, schwere Ketten MW 50-77000. - N-terminal V-Region, Rest konstant: C-Region (V L, VH, C L, C H). - Gelenksregion für Flexibilität, bivalente Bindung, Antigenvernetzung. -Anordnung durch Pepsin/Papainspaltung festgelegt. Fab (antigen-binding)/Fc (crystallizable). - Variable Region für die Antigenerkennung, Variabilität konzentriert auf hypervariable Bereiche (CDR). - Antikörperbindung über nichtkovalente Wechselwirkungen. 3. Antikörper: Isotypen - leichte Kette: κ und λ, funktionell gleichwertig, keine Isotyp-Unterscheidung. - schwere Kette: Isotypen µ, γ, δ, α, ε bestimmen Eigenschaften, binden an verschiedene Fc-Rezeptoren, initiieren Isotyp-spezifische Antworten. Entsprechende Antikörpereinteilung in IgM, G, D, A, E. Unterklassen IgG1-4, IgA1-2. IgG: Hauptimmunglobulin, ca. 70-75% des gesamten Immunglobulinpools, wichtigster Antikörper der sekundären Antwort, opsoniert. IgM: Pentamer, früher Antikörper 10%, J-Kette, Komplementaktivator (5 Antigenbindestellen!), keine Gelenksregion. IgA: Dimer, 15-20%, J-Kette, durch sekretorische Komponente vor Proteolyse geschützt, Transzytose. An Körperoberflächen, wo Komplement nicht hinkommt, seromuköses Sekret (Speichel, Tränendrüsen, Muttermilch, Bronchialsekret, Kolostrum, Milz, urogenitale Sekrete). Schutz fürs Neugeborene. IgD: <1%, auf Membran zirkulierender B-Lymphozyten, Funktion unbekannt (Regulation der B-Zellaktivierung?), nie sezerniert, gemeinsam mit IgM auf der Zelloberfläche möglich (Ausnahme! Normalerweise B-Zellen nur mit einer einzigen Antikörperspezifität und –isotyp). IgE: nur in Spuren nachweisbar, keine Gelenksregion, ähnlich IgM, Basophile, Mastzellen, allergische Reaktionen, Husten, Niesreiz: infektiöse Agentien werden ausgestoßen. Fc-Rezeptoren auf Immunzellen: spezifische Fc-Rezeptoren für jeden Isotyp, vermitteln Signale in spezifische Effektorzellen, dadurch Isotyp-spezifische Immunantworten. 4. Antikörper: Entstehung der Vielfalt - Instruktionshypothese (historisch, aber falsch): Kontakt mit Antigen "formt" Antikörper. - Selektionshypothese (richtig): Antikörper zufällig gebildet, passende nach Antigenkontakt in Massen produziert. - Keimbahntheorie (historisch, aber falsch): jeder Antikörper wird von einem eigenen Gen codiert. Mensch nur 3x 109 bp DNA, reicht nicht, Mensch kann 1011 Antikörper bilden. - Vielfalt über somatische Rearrangements, Einbau zufälliger Nukleotide, unpräzise Verknüpfung - jede reife Kette (L oder H) besteht aus einem Gen, bei leichter Kette aus VSegment, J-Segment, C-Region zusammengesetzt; bei schwerer Kette VDJC. - Molekulare Analysen: unexprimierte Gene in Keimbahnananordnung: multiple VJ/V-D-J Segmente im Gen hintereinander, exprimierte Gene: somatisch umarrangiert. - Kombination zufällig gewählter V-J/V-D-J Elemente: jeweils ein Element auf DNA-Ebene zusammengefügt, irreversibel. - C-Region auf RNA-Ebene zugespleisst. -Antikörpervielfalt am Beispiel der Maus: Zahl leichte Kette: κ 250V x 4J=1000, HKetten Zahl V-Segmente unbekannt, geschätzt 400-60000 Kombinationen VDJ, Mittelwert 24000. - Kombination leichte/schwere Kette: hypervariable Regionen durch VL-JL + VHDH-JH 1000x24000=2x107 Kombinationen. - Einbau zusätzlicher Nukleotide durch terminale Desoxynucleotidyltransferase (TdT) an Bruchpunkten: weitere Diversität, nur bei schweren Ketten, L-Ketten durch unpräzise Verknüpfung von V-J in Vielfalt gesteigert. - Insgesamt nochmals mindestens 104 neue Kombinationen: Repertoire von 1011 Antikörperspezifitäten erreicht. 5. Wichtige Fachbegriffe - B-Zellen nur 1 Antikörperspezifität: Allelic Exclusion: nur 1 produktives Allel setzt sich durch, das andere unterdrückt oder unproduktiv (durch Leserasterfehler, 45% der Fälle, dann wird 2. Allel rekombiniert). - Class-switching/Isotypwechsel: selbe fertige VDJ-Region der H-Kette wird an neue C-Domäne rekombiniert (Deletion der dazwischenliegenden Sequenzen, irreversibel). Ausnahme: IgM zu IgD durch alternatives splicing auf RNAEbene. - Membranständige/sezernierte Form von Antikörpern durch alternatives splicing. - Somatische Hypermutation: nach Antigenkontakt spezifisch Erzeugung von Punktmutationen in variabler Region, einige der mutierten Antikörper passen dadurch präziser ans Antigen. Nachgeschaltet Affinitätsreifung: Selektion der fürs Antigen affinsten B-Zellen im Lymphknoten durch Kompetition ums präsentierte Antigen. - Immunisierung gegen Nicht-Protein-Antigene, Beispiel Tetanustoxoid: H. influenzae B-Polysaccharid an Tetanustoxoid-Protein gekoppelt. HIB Polysaccharid-spezifische B-Zellen von Tetanustoxoid-Protein-spezifischen TZellen aktiviert. Prinzip der T-Zellhilfe. 6. B-Zell Reifung - Reifung bei Vögeln in der Bursa Fabricius, daher „B-Zellen.“ - Mensch: B-Zellreifung: im Knochenmark, zunächst ohne Antigenkontakt: Pro(D H-JH), Prä- (intakte H-Ketten), unreife B-Zelle (IgM). Vorselektion auf Autoreaktivität im Knochenmark: Oberflächenautoantigen: Deletion der B-Zelle, lösliches Autoantigen: Anergie. Restliche, nicht-autoreaktive B-Zellen wandern aus dem Knochenmark aus. B-Zellen mit Autoreaktivität gegen Antigen, das nicht im Knochenmark vorhanden ist: in der Peripherie inaktiviert (fehlende Kostimulation führt zur Anergie). - Kein Kontakt mit Antigen in der Peripherie: Absterben innerhalb von ca. 2-3 Wochen. - Zur Aktivierung Prozessierung des Antigens/T-Helferzellen nötig. Proliferation der aktivierten B-Zellen in Follikeln des Lymphknotens. - Kontakt mit Antigen: Reifung zur Plasmazelle, Sezernierung von Antikörpern bzw. Umwandlung in Gedächtniszellen.