Molekulare Mechanismen der Pathogenese bei Infektionskrankheiten Angeborene und erworbene Immunantwort Hans-Georg Kräusslich Abteilung Virologie, Hygiene Institut INF 324, 4.OG http://www.virology-heidelberg.de Themen: ¾ Komponenten des Immunsystems ¾ Angeborene Immunantwort ¾ Erworbene Immunantwort ¾ Rolle des Immunsystems bei Virusinfektion Verlauf einer typischen akuten Infektion Induktion der Erworbenen Angeborene Immunantwort Immunantwort Erworbene Immunantwort Immungedächtnis Virustiter Schwellenwert Janeway et al., Immunobiology 2001 Abstammung der Zellen des Immunsystems von hämatopoetischen Stammzellen Janeway et al., Immunobiology 2001 Angeborene Immunantwort Kontinuierlich in Bereitschaft Einzige Verteidigung des Organismus in den ersten Tagen nach Infektion Antigen-unspezifisch, aber unterscheidet zwischen Infektionen durch Viren, Bakterien, Pilze und Parasiten („pattern recognition receptors“) Kontrolliert die Infektion, aber eliminiert das Virus nicht – bei Erreichen eines Schwellenwertes: Mobilisierung der erworbenen Immunantwort Komponenten der angeborenen Immunantwort: Komplementsystem (Serumkomponenten) Lokale Abwehrzellen: Makrophagen, Dendritische Zellen Zytokine (lösliche Botenstoffe) Natürliche Killerzellen (Zytotoxische Lymphozyten) Das Komplementsystem Komplexe Kaskade von Plasmaproteinen, die mit Pathogenen interagieren, und deren Zerstörung vermitteln Antigen-Antikörper-Komplexe Klassischer Reaktionsweg Lektin gebunden an Bakterienoberfläche Oberfläche von Pathogenen MB-Lectin Reaktionsweg Alternativer Reaktionsweg Komplement-Aktivierung (Bildung der C3-Konvertase) Rekrutierung inflammatorischer Zellen Opsonisierung von Pathogenen Lyse von Pathogenen Faktoren des Komplementsystems Die mehr als 30 Proteine des menschlichen Komplementsystems sind im Blutplasma gelöst oder zellgebunden und dienen der Abwehr von Mikroorganismen (Bakterien, Pilze, Parasiten, Viren), haben jedoch auch stark zellzerstörende Eigenschaften und können, wenn sie unreguliert wirken, im Verlauf vieler Krankheiten für Gewebsschäden verantwortlich sein. Bestandteile des Komplementsystems: Komplementfaktoren: C1, C2, C3, C4, C5, C6, C7, C8, C9, Mannosebindendes Lektin (MBL), MASP-1 und MASP-2 (engl. MBL-associated serine proteases) C3-Konvertasen, aktiviert in einem der 3 Wege, spalten mit hoher Aktivität C3 in C3b und C3a (Anaphylatoxin). Die entstehenden C3b-Moleküle können entweder über positives Feedback die Kaskade weiter aktivieren oder über C5-Spaltung den Membranangriffskomplex bilden C5b-C9 = Membranangriffskomplex (Membrane Attack Complex (MAC)) Komplementsystem: klassischer Reaktionsweg Flint et al., Principles of Virology 2004 Komplementsystem: alternativer Reaktionsweg Flint et al., Principles of Virology 2004 Funktionen des Komplementsystems Zell-Lyse Komplementproteine bilden Poren auf der Oberfläche von ‚fremden‘ Zellen oder umhüllten Viren; osmotische Lyse Stimulation von Entzündungen Komplementpeptide binden an Endothelzellen und Lymphozyten; Stimulation von Entzündung und Immunreaktion Opsonisierung Komplementpeptide binden an Pathogene und markieren diese für Phagozytose Bildung löslicher Immunkomplexe Erleichtert den Abbau von Antigen-Antikörper-Komplexen Lokale Abwehrzellen („sentinel“) Phagozytose und Signalübermittlung Neutrophile Granulozyten Schnelle Phagozytose (bakterieller) Pathogene, Kurzzeitantwort Makrophagen Dauerhaft phagozytotische Aktivität z.B. gegen apoptotische Zellen, Zelltrümmer etc. Zellen des Immunsystems Myeloide Zellen Lymphoide Zellen Lymphozyten Janeway et al., Immunobiology 2001 Pattern recognition receptors ¾ Das angeborene Immunsystem erkennt ein breites Spektrum von Erregern ohne vorherige Exposition ¾ Hauptsächlich verantwortlich sind phagozytierende Zellen (Makrophagen, neutrophile Granulozyten) ¾ Nach Phagozytose induzieren sie die die unspezifische Abwehr, die Entzündungsantwort sowie die erworbene Immunität ¾ Pattern recognition receptors (PRR) erkennen bestimmte Komponenten von Mikroorganismen und induzieren anschließend Signalwege ¾ Die Familie der Toll-like receptors (TLR) wurde in Drosophila entdeckt und umfasst derzeit 11 Mitglieder, die als PRR für verschiedene mikrobielle Komponenten fungieren Einige Toll-like Rezeptoren und ihre Liganden TLR erkennen molekulare Muster von Pathogenen und induzieren Signale Adapted from Akira, Nat. Immunol. 2001 TLR signaling pathways Adapted from Boehme, JV 2004 Aktivierte Makrophagen sezernieren Zytokine Janeway et al., Immunobiology 2001 Funktion pro- und anti-inflammatorischer Zytokine Tumornekrosefaktor α (TNFα): aktiviert Neutrophile, induziert proinflammatorische Antwort, induziert Adhäsionsmoleküle, verstärkt Lyse inf. Zellen Interleukin 1 (IL-1): Kostimulator von T-Zellen, induziert proinflammatorische Antwort, induziert akute Phase Proteine Interleukin 6 (IL-6): wird durch IL-1 und TNFα induziert, stimuliert B-Zellen, Kostimulator von T-Zellen Systemische Wirkung von Zytokinen bei Infektion Fieber, Erschöpfung Mobilisierung und Neubildung von Lymphozyten Freisetzung von akute-PhaseProteinen (CRP) aus der Leber Flint et al., Principles of Virology 2004 Interferone 1957 Issacs und Lindemann: Entdeckung von TypI IFN Influenza Virus inaktiviertes Influenza Virus Kultur überstand Hühnerzellen 2 Klassen: keine Virusvermehrung Hühnerzellen Typ I (IFN-alpha und beta); Leukozyten, Fibroblasten Typ II (IFN-gamma = Immuninterferon); T-Zellen, NK-Zellen Induktion: Typ I durch Virusinfektion, ds RNA Typ II durch Antigene, andere Zytokine Effekt: Induktion von Genen => antiviraler Status der Zelle nicht spezifisch für Virus Induktion der Interferonsynthese IFN-α IFN-α TLR3 IFN-α IFN-β IFN-α ds RNA ds RNA VAK VAK IRF-3 IRF-3 IRF-3 IRF-7 IRF-7 Jak/stat IRF-7 Antiviraler Status IRF-7 IRF-3 IRF-7 IFN-α IFN-α IFN-α 14x IFN-α IFN-β NUCLEUS ISRE ISRE ISRE Interferon stimulated regulatory element IFN-α induzierter antiviraler Status Stat = signal transducer and activator of transcription Tyk = tyrosine kinase JAK = janus kinase Interferon stimulated regulatory element Durch IFN regulierte Genprodukte dsRNA-aktivierte Proteinkinase (Pkr): Phosphoryliert eIF2a, Inhibition der Proteinsynthese RNaseL, 2‘-5‘oligo(A)Synthetase (IFN+dsRNA): Abbau von mRNA Mx-Proteine: GTPasen, inhibieren Influenza-, Masern- Vesikular Stomatitisund Parainfluenzavirus P200-Proteine: Inhibition von Zellzyklus-regulierenden Proteinen, Inhibition von rRNA-Synthese,... NO-Synthetase: Antiviraler Effekt (NK-Zellen) Pml: Bindung fremder DNA in nuclear bodies, Transkriptionshemmung Ubiquitin-Stoffwechsel: Abbau viraler Proteine durch das Proteasom Und andere Natürliche Killer-Zellen erkennen MHC-I Moleküle auf Zielzellen uninfizierte Zelle ¾Inhibitorischer Rezeptor bindet an MHC-I Virusinfizierte Zelle ¾Keine Erkennung des veränderten MHC-I Moleküls ¾Antwort des aktivierenden Rezeptors wird blockiert ¾Antwort des aktivierenden Rezeptors wird nicht blockiert ¾Töten der Zielzelle (Apoptose, Lyse) ¾Ausschüttung von IFNγ Flint et al., Principles of Virology 2004 Natürliche Killerzellen sind frühe Komponenten der Virusabwehr ZytokinProduktion NK Zellen Adaptive Immunantwort NK-Zellen kontrollieren die frühe Phase der Virusinfektion, aber eliminieren den Erreger nicht In Abwesenheit von NKZellen können Virustiter lethale Höhen erreichen Janeway et al., Immunobiology 2001 Dendritische Zellen Bindung von Zytokinen oder Pathogen-Produkten > Reifung In der Peripherie Phagozytose und Speicherung extrazellulärer Proteine Tragen Zytokin-Rezeptoren und Tolllike Rezeptoren O.Schwartz Wandern zum Lymphknoten Prozessierung der aufgenommenen Antigene MHC-II Präsentation, Aktivation naiver T-Zellen Sekretion von Zytokinen Konsekutiv wirksame Abwehrstrategien gegen Infektionserreger Adhärenz des Erregers Lokale Flora Mechanische Barriere Lokale Infektion des Epithels Lokale Infektion des Gewebes Phagozytose Komplement Aktivierung von Makrophagen Dendritische Zellen NK-Zellen Zytokine Lymphatische Ausbreitung Kompartimentalisierung Induktion adaptive Immunität durch dendr. Zellen Erworbene Immunantwort Infektionskontrolle durch: Spez. Antikörper Aktivierte Makrophagen Zytotoxische T-Zellen Janeway et al., Immunobiology 2001 Zusammenspiel von angeborener und erworbener Immunantwort Angeborene Immunantwort Makrophagen Dendritische Zellen, NK-Zellen Keine Erkennung Cytokine, Komplement Erkennung des Pathogens Erworbene Immunantwort Klonale Expansion von Lymphozyten Immunologisches Gedächtnis