Hefe-basierte Produktion von Antikörpern mit verbesserten Eigenschaften Bakkalaureatsarbeit Verfasst von: Michaela Bogner (0100978) im Juli und August 2010 Betreuer: Ao. Univ. Prof. DI. Dr. Lukas Mach Department für angewandte Genetik und Zellbiologie (DAGZ) Universität für Bodenkultur Wien Bakkalaureatsarbeit Juli & August 2010 Inhaltsverzeichnis Zusammenfassung ................................................................................................................................... 2 Zielsetzung .............................................................................................................................................. 2 Einleitung ................................................................................................................................................ 3 Kapitel 1 .................................................................................................................................................. 4 1.1 Die Proteinsynthese ...................................................................................................................................... 4 1.1.2 Der sekretorische Pfad ........................................................................................................................... 4 1.1.2.1 Glykoproteine ................................................................................................................................ 5 1.1.2.2 Glykosylierungsreaktionen des sekretorischen Pfades ................................................................... 5 1.1.3 Der Golgi-Glykosylierungspfad des Säugers bzw. Menschen .............................................................. 6 1.1.4 Der Golgi-Glykosylierungspfad der Hefe ............................................................................................. 7 1.2 Als Expressionssystme häufig verwendete Hefen ........................................................................................ 7 1.3 Die Humanisierung des N-Glykosylierungspfades der Hefe ........................................................................ 8 1.3.1 Ausschaltung des endogenen Glykosylierungspfades der Hefe ............................................................ 8 1.3.2 Einbringen Säuger-spezifischer Enzyme in die Hefe ............................................................................ 8 Kapitel 2 ................................................................................................................................................ 12 2.1 Das Immunsystem im Überblick .................................................................................................................12 2.1.1 Die angeborene Immunität ...................................................................................................................12 2.1.2 Die adaptive Immunität ........................................................................................................................13 2.2 Antikörper ....................................................................................................................................................13 2.2.1 Struktur und Wirkungsweise der Antikörper ........................................................................................13 2.2.2 Antikörperklassen (Immunglobulinisotypen) .......................................................................................15 2.2.3 Monoklonale Antikörper ......................................................................................................................15 2.2.3.2 Der monoklonale Antikörper Rituximab .......................................................................................16 2.3 Herstellung monoklonaler Antikörper mit verbesserten Eigenschaften anhand des Beispiels Rituximab ..17 2.3.1 Modifikation der Bindung des Antikörpers an verschiedene Fc-Rezeptoren .......................................17 2.3.1.1 Fc-Rezeptoren ...............................................................................................................................18 2.3.1.2 An der Vermittlung der ADCC ist ein an den Antikörper gebundenes Kohlenhydrat beteiligt ....18 2.3.2 Herstellung verschiedener Glykovarianten des Antikörpers Rituximab...............................................19 2.3.3 Vergleich der generierten Glykoformen mit RITUXAN® .......................................................................20 2.4 Schlussfolgerungen und Ausblick ...............................................................................................................21 3. Literaturverzeichnis ........................................................................................................................... 22 MICHAELA BOGNER 0100978 1 Bakkalaureatsarbeit Juli & August 2010 Zusammenfassung Industriell und vor allem therapeutisch wichtige Proteine konnten lange Zeit nur mit Hilfe der verhältnismäßig aufwändigen und daher teuren Säugerzellkultur produziert werden, da andere Expressionssysteme wie u.a. Hefen viele wichtige posttranslationelle Proteinmodifikationen nicht korrekt durchführen können. Da die Proteinproduktion mittels Hefen im Vergleich zur Säugerzellkultur aber deutlich effizienter und daher kostengünstiger verläuft, wurde daran gearbeitet, die Hefe derart zu modifizieren, dass sie die für Säuger- bzw. menschliche Zellen typischen posttranslationellen Modifikationen vornehmen kann. Zu diesem Zweck schaltete man zunächst den endogenen Glykosylierungspfad der Hefe aus und führte dann die im Glykosylierungspfad der Säugerzelle auftretenden Enzyme in die Hefe ein. So generierte man Hefestämme, die Proteine auf humane Art glykosylieren können und die darüber hinaus im Gegensatz zur Säugerzellkultur, die stets eine Mischung mehrerer Glykosylierungsvarianten produziert, jeweils nur eine definierte Glykosylierungsvariante herstellen. Diese Hefestämme vereinfachen und verbilligen nicht nur die Proteinproduktion an sich, sondern spielen auch in der Forschung eine große Rolle. Dank ihrer Hilfe muss man sich im Rahmen der Optimierung verschiedener Glykoproteine nicht mehr wie früher auf die Verbesserung der Peptidsequenz beschränken, sondern kann sich auch auf die Optimierung des Kohlenhydratanteils des Glykoproteins konzentrieren. Die vorliegende Arbeit zeigt, wie man mit Hilfe dieser modifizierten Hefestämme ein für die Bindung an Effektorzellen wichtiges Kohlenhydrat des in der Krebstherapie eingesetzten monoklonalen Antikörpers Rituximab optimieren und so einen Antikörper mit verbesserten Eigenschaften herstellen kann. Zielsetzung Die vorliegende Arbeit erklärt zunächst Grundlegendes über Proteinsynthese, Glykosylierungsmechanismen und Immunsystem bzw. Antikörper und liefert so das nötige Basiswissen, anhand dessen die Herstellung von Antikörpern mit verbesserten Eigenschaften mittels Hefe erläutert werden kann. Im ersten Kapitel der Arbeit werden zunächst die Proteinsynthese allgemein, dann im Speziellen die Glykosylierungspfade der Hefe und der Säugerzelle erklärt und verglichen. Darauf aufbauend wird die Humanisierung des Glykosylierungspfades der Hefe erläutert. Im zweiten Kapitel wird die Arbeit zunächst einen Überblick über das menschliche Immunsystem geben und die Bedeutung, Funktion und Struktur der Antikörper im Speziellen erklären. Darauf aufbauend wird dann am Beispiel des monoklonalen Antikörpers Rituximab erläutert, wie man sich diese modifizierten Hefestämme im Rahmen der Verbesserung dieses Antikörpers zunutze machen kann. MICHAELA BOGNER 0100978 2 Bakkalaureatsarbeit Juli & August 2010 Einleitung Zahlreiche industriell und therapeutisch wichtige Proteine werden mittlerweile mit Hilfe von verschiedenen Expressionssystemen hergestellt. Einige weniger komplexe Proteine (z.B. Insulin) können in prokaryontischen Systemen wie dem Bakterium Escherichia coli hergestellt werden. Um ihre volle biologische Funktion entfalten zu können, müssen viele Proteine aber komplexeren posttranslationellen Modifikationen unterzogen werden, die Prokaryonten nicht durchführen können. Diese Modifikationen können je nach Komplexität zum Teil von Hefen und filamentösen Pilzen, zum Teil aber nur von Säugerzellen durchgeführt werden. Da Hefen Proteine auf andere Art und Weise glykosylieren als Säugerzellen, konnte die Produktion von vor allem für den therapeutischen Einsatz im Menschen gedachter Proteine lange Zeit nur mit Hilfe der Säugerzellkultur durchgeführt werden [1]. Proteine, die Saccharide nichthumaner Struktur tragen, würden im menschlichen Körper eine kurze Halbwertszeit aufweisen, würden dort nicht in ihr Zielgewebe transportiert werden und könnten überdies eine immunogene Reaktion hervorrufen. Aus diesen Gründen haben sich Säugerzellen, vor allem die Chinese Hamster Ovary (CHO) cells, zum meist verwendeten Expressionssystem für die Produktion humaner Glykoproteine entwickelt [2]. Diese Zellen können Proteine mit Glykosylierungsmustern herstellen, die den menschlichen zwar stark ähneln, ihnen aber nicht zu 100% entsprechen. Um für den therapeutischen Einsatz verwendet werden zu können, müssen sie daher nachträglich noch aufwändig gereinigt und modifiziert werden. Die Säugerzellkultur bedingt darüber hinaus vergleichsweise lange Fermentationszeiten, Säugerzellen sind außerdem verhältnismäßig empfindlich und benötigen vergleichsweise komplexe Medien. Die Proteinexpression auf Basis von Säugerzellkulturen ist daher verhältnismäßig teuer. Hefen hingegen sind robuster als Säugerzellen, können in chemisch definierten Medien leben und bei vergleichsweise kurzen Fermentationszeiten große Mengen des gewünschten Proteins bei hohen Proteintitern segregieren, wodurch Fermentationsprozesse mit Hefen vergleichsweise kostengünstig sind [3]. Aus diesem Grund wurde vielfach daran gearbeitet, die Hefe dahingehend genetisch zu verändern, dass sie Glykoproteine auf die exakt gleiche Art wie Säuger- bzw. menschliche Zellen modifizieren kann. Neben geringeren Kosten liegt der größte Vorteil der Verwendung solcherart humanisierter Hefen darin, dass man dadurch eine im Vergleich zu den Säugerzellen viel größere Kontrolle über die Glykosylierung des Endproduktes erlangt und so die therapeutischen Funktionen des Glykoproteins modulieren, verbessern und bestimmte unerwünschte Funktionen eliminieren kann [1]. MICHAELA BOGNER 0100978 3 Bakkalaureatsarbeit Juli & August 2010 Kapitel 1 1.1 Die Proteinsynthese Da sich die vorliegende Arbeit auf die Verwendung der Hefe als Expressionssystem konzentriert, wird im folgenden die Proteinsynthese in der Eukaryontenzelle im Überblick beschrieben. Im Rahmen der Transkription wird die in der Abfolge der Nukleotide der Desoxyribonukleinsäure (DNS) gespeicherte genetische Information zur Synthese einer messenger-Ribonukleinsäure (m-RNS) herangezogen. Nachdem die m-RNS auf verschiedene Art modifiziert worden ist („Reifung“), verlässt sie den Zellkern und wird für die eigentliche Proteinsynthese, die Translation, verwendet, an der neben der t-RNS (transfer-RNS) die Abb.1: Schema zum Ablauf der Transkription und der Translation in der Eukaryontenzelle Ribosomen beteiligt sind, die ihrerseits aus Proteinen und einem bestimmten RNS-Typ bestehen. Mit Hilfe dieser Komponenten wird die in der Sequenz der m-RNS enthaltene Information in die Aminosäuresequenz des gewünschten Peptids bzw. Proteins übersetzt. Die Synthese beginnt stets an sich frei im Cytosol befindenden Ribosomen. Der zu Beginn der Translation entstehende N-Terminus des Proteins kann ein bestimmtes Signalpepetid tragen, das von einem Signalerkennungspartikel erkannt wird. Auf diese Art wird der Komplex aus Ribosom, m-RNS und dem bereits teilweise synthetisierten Polypeptid zum Endoplasmatischen Retikulum (ER) dirigiert. Dort wird das restliche Polypeptid hergestellt. Dann zerfällt der Komplex aus m-RNS, Ribosom und fertigem Protein. Derart hergestellte Proteine beschreiten danach den sekretorischen Pfad (siehe Kapitel 1.1.2). Die Translation von Proteinen, die die erwähnte Signalsequenz nicht tragen, findet gänzlich an freien Ribosomen statt. Diese Proteine bleiben nach abgeschlossener Synthese entweder im Cytosol oder werden, sofern sie entsprechende Signalsequenzen tragen, in den Zellkern oder die Mitochondrien bzw. in im Falle der Pflanzenzelle vorhandene Chloroplasten transportiert [4]. 1.1.2 Der sekretorische Pfad Wie erwähnt, beschreiten am rauen ER hergestellte Proteine nach beendeter Synthese den sekretorischen Pfad. Das bedeutet, dass sie mittels vesikulärem Transport vom ER zum GolgiApparat transportiert werden, wo sie dann sortiert und je nach Bestimmungszweck bzw. -ort innerhalb der Zelle weiterverschickt werden. Die Proteine werden im Laufe des MICHAELA BOGNER 0100978 4 Bakkalaureatsarbeit Juli & August 2010 sekretorischen Weges auf verschiedene Art modifiziert, bevor sie ihre endgültige Gestalt annehmen bzw. Funktion übernehmen können. Im ER und den Subkompartimenten des Golgisystems befindet sich ein jeweils spezifischer Satz von Glykosylierungsenzymen, die verschiedene Mono- und Oligosaccharide an das Protein heften bzw. letztere mittels Synthese- und Abbauschritten in ihre endgültige Form bringen [4]. Bevor diese Vorgänge im Detail besprochen werden (siehe Kapitel 1.1.2.2), soll im folgenden Kapitel aber noch erläutert werden, welche Arten der Glykosylierung es gibt und welche biologische Bedeutung dem Kohlenhydratanteil der Glykoproteine zukommt. 1.1.2.1 Glykoproteine Glykoproteine sind Proteine, die kovalent gebundene Zucker, meist Oligosaccharide tragen. Die Proteinglykosylierung beeinflusst die physikalischen Eigenschaften wie die Ladung und die Löslichkeit des Proteins und wirkt entscheidend auf die Proteinfaltung ein. Darüber hinaus spielt der Kohlenhydratanteil eines Proteins eine tragende Rolle im Rahmen der Zell-ZellErkennung, körperfremde Glykoproteine können eine immunogene Reaktion auslösen. Glykoproteine entstehen, indem verschiedene Zucker enzymatisch an das Protein geknüpft werden. Der Kohlenhydratanteil kann an die Amidgruppe von Asparagin-Seitenketten des Proteins gebunden sein, worduch eine N-glykosidische Bindung bzw. ein N-Glykan entsteht. Sind die Zucker an die Hydroxylgruppe von Serin- oder Threoninresten gebunden, spricht man von einer O-glykosidischen Bindung bzw. einem O-Glykan. Potentielle NGlykosylierungsstellen kann man aus der Primärstruktur des Proteins vorhersagen, sie weisen die Sequenz –Asn-X-Thr- auf, wobei X nicht Prolin sein darf. O-Glykosylierungsstellen kann man (noch) nicht vorhersagen, über diesen Glykosyllierungstyp ist allgemein noch sehr wenig bekannt. Aus diesem Grund konzentriert sich der vorliegende Text auf die N-Glykosylierung. Wie mehrfach angedeutet, finden diese Glykosylierungsreaktionen, wie im folgenden detailliert beschrieben, im Laufe des sekretorischen Pfades statt [4]. 1.1.2.2 Glykosylierungsreaktionen des sekretorischen Pfades Wie erwähnt, wird im Falle von Proteinen, die den sekretorischen Pfad beschreiten sollen, das wachsende Polypeptid gleich während der Translation ins ER-Lumen verschoben. Schon währenddessen wird das Protein im Inneren des rauen ER N-glykosyliert. Dabei wird ein zuvor synthetisiertes (Glc3Man9GlcNAc2), Mannose-reiches das sogenannte Saccharid bestehend Kern-Oligosaccharid, aus 14 mit Zuckerresten Hilfe einer Glykosyltransferase auf Asparagin-Reste des entstehenden Proteins übertragen. Anschließend wird das Kern-Oligosaccharid von im ER ansässigen Enzymen modifiziert [4]. Die Enzyme MICHAELA BOGNER 0100978 5 Bakkalaureatsarbeit Juli & August 2010 Glucosidase I und Glucosidase II spalten alle drei Glucosereste des Saccharides ab, danach wird von der α-1,2-Mannosidase ein terminaler α-1,2-Mannoserest abgespalten, so dass das Saccharid insgesamt auf Man8GlcNAc2 zurückgeschnitten wird. Manchen Hefen wie Schizosaccharomyces pombe und Kluyveromyces lactis fehlt anscheinend die Aktivität der ER-spezifischen α-1,2-Mannosidase. In ihrem Fall werden daher Glykoproteine mit der Saccharidstruktur Man9GlcNAc2 als Endprodukt des Glykosylierungsweges im ER hergestellt. Anschließend faltet sich das Protein, bildet seine Disulfidbrücken aus und wird wie erläutert über vesikulären Transport zum Golgi transportiert. Bis zu diesem Punkt läuft die NGlykosylierung bei Säugern bzw. Menschen und Hefen gleich ab. Kohlenhydratanteil Im Golgi des wird Glykoproteins der weiter verändert, ab diesem Punkt laufen bei Säugern bzw. Menschen und Hefen unterschiedliche Reaktionen ab (siehe Abbildung 2) [3]. 1.1.3 Der Golgi-Glykosylierungspfad des Säugers bzw. Menschen Nach der Ankunft des Proteins im Golgi-Apparat werden von einer α-1,2-Mannosidase drei terminale α-1,2-Mannosereste Man5GlcNAc2 abgespalten, entsteht (siehe linker so Teil dass der Abbildung 2; in dieser Abbildung steht statt Abb.2: Glykosylierungspfade von Mensch und Hefe bzw. P.pastoris (Mns: α-1,2Mannosidase; GnTI: β-1,2-NAcetylglucosamintransferase I; MnsII: Mannosidase II; GnTII: β-1,2-NAcetylglucosamintransferase II; GalT: β-1,4Galactosyltransferase; ST: Sialyltransferase; 1,6 MnT: α-1,6-Mannosyltransferase; 1,2 MnT: α-1,2-Mannosyltransferase). Man5GlcNAc2 nur Man5, da der Einfachheit halber im kompletten Schema Kohlenhydrate bei jeweils der die Beschriftung Endung der „GlcNAc2“ weggelassen wurde). Dann heftet die β-1,2-NAcetylglucosamintransferase I einen einzelnen β-1,2- N-Acetylglucosaminrest (GlcNAc) an die terminale α-1,3-Mannose, es liegt nun GlcNAcMan5GlcNAc2 vor. Anschließend spaltet die Mannosidase II die terminalen Zucker α1,6-Mannose und α-1,3-Mannose ab, so dass GlcNAcMan3GlcNAc2 entsteht. Danach überträgt die β-1,2-N-Acetylglucosamintransferase II eine weitere Einheit β-1,2-GlcNAc auf das Saccharid, anschließend hängt die β-1,4-Galactosyltransferase zwei β-1,4-Galactosereste an. Letztendlich heftet das Enzym Sialyltransferase α-2,3-N-Acetylneuraminsäure (NANA, MICHAELA BOGNER 0100978 6 Bakkalaureatsarbeit Juli & August 2010 von engl. N-acetylneuraminic acid) an einen der beiden Zweige bzw. „Antennen“ des Saccharids und α-2,6-NANA an den anderen Zweig. Am Ende des N-Glykosylierungspfades liegen beim Menschen daher Glykproteine mit der Saccharidstruktur NANA2Gal2GlcNAc2Man3GlcNAc2 vor (komplexer Typ). Diese Strukturen werden mittels verschiedener Glykosyltransferasen (z.B. Fucosyltransferasen, GalNAc-Transferasen und GlcNAc-Phosphotransferasen) noch weiter abgeändert, so dass eine sehr große Vielfalt verschiedener Glykoproteine entsteht [3]. 1.1.4 Der Golgi-Glykosylierungspfad der Hefe In der Hefe wirken auf den Kohlenhydratanteil der Glykoproteine nach deren Ankunft im Golgi mehrere Mannosyltransferasen ein (siehe rechter Teil der Abb.2). Der erste α-1,6Mannoserest wird von einer vom Gen och1p codierten α-1,6-Mannosyltransferase an das Saccharid geheftet. Anschließend hängen weitere α-1,6-Mannosyltransferasen weitere α-1,6Mannosereste an diesen ersten α-1,6-Mannoserest, so dass eine α-1,6-Mannose-Kette entsteht. An die Mannosereste dieser Kette werden dann durch die Aktivität der im medial- bzw. transGolgi befindlichen α-1,2-Mannosyltransferasen und Phosphomannosyltransferasen α-1,2Mannosereste angehängt. Dieser Vorgang heißt Hypermannosylierung und findet im Falle der Hefe Pichia pastoris in geringerem Ausmaß statt als im Falle der Hefe Saccharomyces cerevisiae. Außerdem werden bei letzterer durch die Aktivität einer α-1,3- Mannosyltransferase zusätzlich zwei α-1,3-Mannosereste an das Saccharid angeheftet. P.pastoris besitzt keine α-1,3-Mannosyltransferase, daher muss bei P.pastoris im Rahmen der in Kapitel 1.3.1 beschriebenen Ausschaltung des endogenen Glykosylierungspfades nur die α1,6-Mannosyltransferase und nicht wie bei S.cerevisiae zusätzlich die α-1,3- Mannosyltransferase ausgeschaltet werden. Insgesamt führen die beschriebenen Reaktionen dazu, dass am Ende des N-Glykosylierungspfades der Hefe je nach Spezies Glykoproteine mit bis zu 100 Mannoseeinheiten vorliegen (Man9-~100GlcNAc2). Im Falle von P.pastoris liegt, wie in Abbildung 2 ersichtlich, am Ende Man9-14GlcNAc2 vor. Aufgrund der vielen Mannosereste spricht man hier vom High-Mannose-Typ [3]. 1.2 Als Expressionssystme häufig verwendete Hefen Die Bäckerhefe Saccharomyces cerevisiae und die methylotrophe Hefe Pichia pastoris zählen neben Kluyveromyces lactis und Hansenula Polymorpha zu den wichtigsten der als Expressionsysteme rekombinanter Proteine verwendeten Hefen. Einige wichtige rekombinant hergestellte Glykoproteine sind beispielsweise Interferon-β (multiple Sklerose) und Erythropoietin (Anämie), aber auch rekombinante Antikörper wie Herceptin (Brustkrebs) und MICHAELA BOGNER 0100978 7 Bakkalaureatsarbeit Juli & August 2010 der in Kapitel 2 der vorliegenden Arbeit behandelte Antikörper Rituximab (Non-Hodgkin`s Lymphoma). Im Rahmen der im nächsten Kapitel beschriebenen Forschung an der Humanisierung des Glykosylierungspfades der Hefe wurde zunächst vor allem mit S.cerevisiae, da sie zu den gut untersuchten Modellorganismen zählt, aber auch mit P.pastoris gearbeitet [3]. 1.3 Die Humanisierung des N-Glykosylierungspfades der Hefe Ziel der Forschungen war, zunächst den endogenen Glykosylierungspfad der Hefe auszuschalten und dann die im säugerspezifischen Pfad auftretenden Enzyme in die Hefe einzubringen. Wesentlich beim N-Glykosylierungspfad ist, dass die Enzyme in der richtigen Reihenfolge auf das Glykoprotein einwirken können. Beim Nachbau des menschlichen Glykosylierungspfades in der Hefe muss daher nicht nur dafür gesorgt werden, dass die gewünschten Enzyme vorhanden und aktiv sind, sondern auch dafür, dass sie sich in der Zelle im richtigen Kompartiment befinden. Neben den Enzymen müssen auch Zuckernukleotiddonor samt Transportern in den richtigen Organellen lokalisiert sein [1]. 1.3.1 Ausschaltung des endogenen Glykosylierungspfades der Hefe Wie erläutert, konzentrierte man sich zunächst darauf, die für die Hefe spezifischen Glykosylierungsreaktionen bzw. die dafür verantwortlichen Enzyme im Golgi auszuschalten. Jigami et al schalteten daher in S.cerevisiae neben dem Gen och1p, das wie erwähnt die gleich zu Beginn eingreifende α-1,6-Mannosyltransferase codiert, auch das die α-1,3- Mannosyltransferase codierende Gen mnn1 aus. Dieser Mutant stellte dann am Ende des Prozessierungsweges im Golgi nicht mehr Man9-~100GlcNAc2, sondern hauptsächlich Oligosaccharide der Struktur Man8GlcNAc2 her. Dieses Saccharid stellt gleichzeitig den Ausgangspunkt des für Säuger spezifischen Glykosylierungspfades im Golgi dar [3]. 1.3.2 Einbringen Säuger-spezifischer Enzyme in die Hefe Der nächste entscheidende Schritt bestand nun darin, die Hefe dazu zu bringen, die Glykane auf für Säuger spezifische Art weiter zu modifizieren. Um dies zu gewährleisten, müssen sich die entsprechenden Enzyme in der Zelle an den richtigen Orten bzw. Organellen befinden. Dass Proteine im Laufe des sekretorischen Pfades in das vorgesehene Organell eingeschleust werden, wird durch Signalsequenzen sichergestellt. Wie erwähnt, tragen viele Proteine ihre Signalsequenzen am N-Terminus, beispielsweise die wichtigen Typ-II-Membranproteine in ER und Golgi, zu denen die meisten Glykosyltransferasen und Mannosidasen (z.B. die α-1,2Mannosidase, die Mannosidase II und die GlcNAc-Transferase I) gehören. Diese Proteine MICHAELA BOGNER 0100978 8 Bakkalaureatsarbeit Juli & August 2010 besitzen die in Abbildung 3 gezeigte Struktur. Sie bestehen aus einem kurzen cytoplasmatischen Schwanz am N-Terminus, einer hydrophoben Transmembrandomäne und einer luminalen Stammregion, an die die C-termianle katalytische Domäne gebunden ist. Der N-Terminus und die Transmembranregion tragen die Information, die dafür sorgt, dass diese Proteine zum ER transportiert werden. Man versuchte Signalsequenzen zunächst, bei Glykosylierungspfades Experimente das der der scheiterten Hefe aber Wissen über diese Humanisierung des auszunützen. Diese daran, dass diese Abb.3: Struktur Membranproteine der Typ-II- Signalsequenzen zwischen verschiedenen Spezies nicht einfach ausgetauscht werden können. Um dieses Problem zu lösen, stellte man, wie im folgenden beschrieben, Genbibliotheken her [3]. Schritt 1: α-1,2-Mannosidase Eine der Bibliotheken bestand aus den C-terminalen katalytischen Domänen mehrerer α-1,2Mannosidasen von Homo sapiens, Mus musculus, Aspergillus nidulans, Caenorhabditis elegans, Drosophila melanogaster und Penicillium citrinum. Die endogene N-terminale Leadersequenz fehlte diesen Mannosidasen. Die andere Bibliothek enthielt die N-terminalen Fragmente, also die Leadersequenzen verschiedener Typ-II-Membranproteine, die in ER und Golgi von S.cerevisiae und P.pastoris vorkommen. Man kombinierte die beiden Bibliotheken und erhielt so chimäre Fusionsproteine, die jeweils aus einer Hefe-spezifischen Leadersequenz und einer aus einem der Eukaryonten stammenden katalytischen Domäne bestanden. Diese Fusionsproteine wurden daher in der Hefe ins jeweils richtige Kompartiment (ER, trans-,medial- oder cis-Golgi) transportiert, katalysierten dort aber die Reaktion des jeweiligen eukaryontischen Enzyms. Einige wenige der über 600 hergestellten chimären Fusionsproteine konnten die gewünschte Reaktion, Man8GlcNAc2 auf Man5GlcNAc2 zu kürzen, effizient durchführen. Somit konnte die Hefe schon den ersten Schritt des humanspezifischen Glykosylierungspfades (vgl. Abb.2 auf Seite 5) durchführen [3]. Schritt 2: β-1,2-N-Acetylglucosamintransferase I Für die Bewältigung des nächsten Schritts, also die Umwandlung von Man5GlcNAc2 in GlcNAcMan5GlcNAc2, müssen im Golgi der Hefe die β-1,2-N-Acetylglucosamintransferase I und der energiereiche Zuckernukleotiddonor UDP-GlcNAc vorhanden sein. Man stellte daher MICHAELA BOGNER 0100978 9 Bakkalaureatsarbeit Juli & August 2010 analog zu Schritt 1 wieder Bibliotheken und dann chimäre Fusionsproteine her, die am NTerminus eine passende Leadersequenz und am C-Terminus die katalytische Domäne der β1,2-N-Acetylglucosamintransferase I trugen. Man ging davon aus, dass Hefen über einen endogenen UDP-GlcNAc-Pool im Cytosol verfügen und stellte daher Stämme her, die neben dem erläuterten Fusionprotein den aus K.lactis gewonnenen UDP-GlcNAc-Transporter exprimieren konnten, der UDP-GlcNAc aus dem Cytosol in den Golgi transportiert, wo die β1,2-N-Acetylglucosamintransferase I dann GlcNAc auf Man5GlcNAc2 überträgt [3]. Schritt 3: Mannosidase II und β-1,2-N-Acetylglucosamintransferase II Die Umwandlung von GlcNAcMan5GlcNAc2 zu GlcNAcMan3GlcNAc2 erfolgt in der Säugerzelle, indem die Mannosidase II eine terminale α-1,3-Mannose und eine terminale α1,6-Mannose abspaltet. Hier gab es zwei Ansätze: Einerseits schaltete man in der Hefe bestimmte Gene aus, so dass die ganz zu Beginn des Glykosylierungspfades im ER stehende Zusammenlagerung des Kern-Oligosaccharids derart verändert wurde, dass die Addition dieser beiden Mannosereste an das Saccharid von vornherein gar nicht stattfinden konnte. So ersparte man sich, die Mannosidase II überhaupt in die Hefe einführen zu müssen. Im zweiten Ansatz führte man die Mannnosidase II in Form eines chimären Fusionsproteins in die Hefe ein. Ebenso verfuhr man mit der β-1,2-N-Acetylglucosamintransferase II, die GlcNAcMan3GlcNAc2 in GlcNAc2Man3GlcNAc2 umwandelt [3]. Schritt 4: β-1,4-Galactosyltransferase Damit die β-1,4-Galactosyltransferase einen Galactoserest an die terminalen GlcNAc-Reste heften kann, muss neben dem Enzym der Zuckernukleotiddonor UDP-Galactose im Golgi vorhanden sein. Man veranlasste daher die Hefe ein aus S.pombe gewonnenes Gen in ihrem Cytosol zu exprimieren, das eine UDP-Galactose-4-Epimerase codiert, die die ausreichend im Cytosol vorhandene UDP-Glucose in UDP-Galactose umwandelt. Somit lag im Cytosol der Hefe ausreichend UDP-Galactose vor, die dann mit Hilfe eines UDP-Galactose-Tansporters aus D.melanogaster in den Golgi der Hefe eingeschleust werden konnte. Nach der Einführung der Galactosyltransferase mittels Genbibliotheken bzw. chimärer Fusionsproteine hatte man schließlich Stämme der Hefe P.pastoris entwickelt, die komplexe Glykane mit zwei Antennen der gewünschten Struktur Gal2GlcNAc2Man3GlcNAc2 herstellen konnten. MICHAELA BOGNER 0100978 10 Bakkalaureatsarbeit Juli & August 2010 Schritt 5: N-Acetylneuraminsäure (= Sialinsäure) Nun fehlte nur noch die Aktivität der Sialyltransferase, die N-Acetylneuraminsäure (= Sialinsäure, siehe Abbildung 4) an die Galactosereste des Saccharids heftet. Dafür müssen neben dem passenden Substrat eine aktive Sialyltransferase und CMP-N-Acetylneuraminsäure als Donormolekül Abb.4: Struktur der NAcetylneuraminsäure (Sialinsäure) vorhanden sein. Wieder stellte man chimäre Fusionsproteine mit Hefe-spezifischen Leadersequenzen und einer aus Eukaryonten gewonnen katalytischen Domäne, in diesem Fall also Sialyltransferase, her und führte diese Proteine dann in die Hefe ein. Daneben etablierte man in der Hefe einen Pfad zur Produktion von der in Hefen natürlicherweise nicht vorkommenden CMP-N-Acetylneuraminsäure und einen passenden Transporter, um die CMP-N-Acetylneuraminsäure in den Golgi-Apparat einschleusen zu können [3]. Die derart modifizierten Hefen stellen im Gegensatz zur Säugerzellkultur homogene Glykoformen her. Glykosyltransferasen Beim Menschen kommen (z.B. Fucosyltransferasen, hingegen zusätzlich GalNAc-Transferasen verschiedene und GlcNAc- Phospotransferasen) vor, die die Struktur am Ende des Glykosylierungspfades weiter modifizieren, wodurch eine große Vielfalt verschiedener Glykoproteine entsteht. Indem man je eine dieser zusätzlichen Glykosyltransferasen in die Hefestämme einbringt, erhält man einen Stamm, der nur eine definierte, bestimmte Struktur anstatt eines heterogenen Pools verschiedener Strukturen herstellt. Dies ist zwar aufwändig, weil es die Herstellung vieler verschiedener Stämme bedingt, kann aber für Forschungszwecke verwendet werden, um die Beziehung zwischen N-Glykosylierung und Proteinfunktion besser zu verstehen. Das wäre aufgrund der Heterogenität des Pools an Glykoformen, die Säugerzellen herstellen, nicht möglich [1]. MICHAELA BOGNER 0100978 11 Bakkalaureatsarbeit Juli & August 2010 Kapitel 2 2.1 Das Immunsystem im Überblick Das Immunsystems schützt den Organismus vor Pathogenen wie Viren, Bakterien und Parasiten. Es ist daher von essentieller Bedeutung, dass das Immunsystem zwischen „eigen“ und „fremd“ unterscheiden kann. Es erkennt und zerstört aber nicht nur „Fremdmaterial“, sondern auch fehlerhafte bzw. entartete körpereigene Zellen. Das Immunsystem ist ein komplexes Verbundsystem und besteht aus verschiedenen Zelltypen und Molekülen. Man unterscheidet zwischen der angeborenen und der adaptiven Immunität, weiters zwischen zellulären und humoralen Bestandteilen des Immunsystems. Zu den humoralen Bestandteilen des Immunsystem (humor, lat. Flüssigkeit) zählen verschiedene Plasmaproteine, die im Blut und in der Lymphflüssigkeit zirkulieren. 2.1.1 Die angeborene Immunität Mit Hilfe der angeborenen Immunität können Pathogene erkannt werden, ohne dass der Organismmus zuvor Kontakt mit diesen Erregern gehabt hat. Sie umfasst physikalische Barrieren wie beispielsweise eine mechanisch resistente Hautstruktur, Flimmerepithelien in der Lunge wie auch den stark sauren Magensaft, die allesamt das Eindrigen pathogener Agenzien in den Körper verhindern sollen. Können letztere den Körper dennoch betreten, werden sie vom Immunsysstem anhand pathogen-typischer Strukturen (z.B. Lipopolysaccharide) spontan erkannt und Abwehrreaktionen eingeleitet. Zu letzteren gehören das Komplementsystem, das die die Oberfläche des Pathogens mit Hilfe verschiedener Komplementproteine lysieren kann, und die von Phagozyten (Fresszellen) wie den Makrophagen und den dendritischen Zellen vermittelten Phagozytose. Die Bestandteile des phagozytierten Erregers werden anschließend an die Zelloberfläche der Phagozyten transportiert und dort mit Hilfe des Hauptgewebeverträglichkeitskomplexes II (engl. Major Histocompatibility Complex II, kurz MHC-II) an deren Oberfläche verbunden (antigenpräsentierende Zellen), wo sie von den Lymphozyten des adaptiven Immunsystems erkannt werden und weitere Schritte eingeleitet werden (siehe Kapitel 2.1.2). Die Unterscheidung zwischen körpereigenen, gesunden Zellen und körperfremden oder erkrankten Zellen erfolgt hingegen mit Hilfe des Hauptgewebeverträglichkeitskomplexes I (MHC I), der sich auf der Oberfläche gesunder körpereigener Zellen befindet. Fehlt dieser Komplex, wird eine Abwehrreaktion eingeleitet, die betroffene Zelle wird von Natürlichen Killerzellen vernichtet [4]. MICHAELA BOGNER 0100978 12 Bakkalaureatsarbeit Juli & August 2010 2.1.2 Die adaptive Immunität Hat das angeborene Immunsystem körperfremde Stoffe erkannt, werden die B- und TLymphozyten des adaptiven Immunsystems zur spezifischen humoralen und zellulären Antwort angeregt. Die B- und T-Lymphozyten tragen an ihrer Oberfläche Rezeptoren, mit deren Hilfe sie spezifische Moleküle (Antigene) erkennen können, die ihnen von antigenpräsentierenden Zellen auf MHC-II-Komplexen präsentiert werden. Die BLymphozyten sezernieren dann hochspezifische Antikörper (siehe Kapitel 2.2), während die T-Helferzellen Botenstoffe ausschütten, die die B-Lymphozyten zur Produktion der Antikörper stimulieren. Zytotoxische T-Zellen erkennen hingegen Antigene, die ihnen von den MHC-I-Komplexen präsentiert werden. Sie heften sich dann mit Hilfe ihrer Rezeptoren an die betroffenen Zellen und schütten Substanzen aus, um diese Zellen zu töten. Nach dem ersten Kontakt mit einem Pathogen bleiben spezifische Antikörper und Gedächtniszellen erhalten, um bei wiederholtem Kontakt schneller auf das Pathogen reagieren zu können [4]. 2.2 Antikörper Antikörper (oder Immunglobuline, Ig) sind Glykoproteine, die ein tierisches Lebewesen als Antwort auf die Gegenwart einer körperfremden Substanz bildet und gehören als lösliche Proteine zur humoralen Immunantwort. Jeder Antikörper besitzt spezifische Affinität zu dem fremden Material, das seine Synthese auslöst. Ein fremdes Molekül, das die Bildung von Antikörpern hervorrufen kann, heißt Antigen. Antikörper werden, wie bereits angesprochen, von Plasmazellen sezerniert, die von den zu den weißen Blutkörperchen (Leukozyten) gehörenden B-Lymphozyten (B-Zellen) abstammen. Jede B-Zelle des adaptiven Immunsystems präsentiert auf ihrer Oberfläche einen bestimmten Antikörper, der nur ein zu ihm passendes Antigen bindet. Die Festlegung auf einen speziellen Antikörper erfolgt, bevor die Zelle jemals Kontakt mit einem Antigen hat. Bindet nun ein passendes Antigen an eine der antikörperpräsentierenden Zellen, erfährt diese einen Wachstumsstimulus und beginnt sich zu teilen. Die Expansion dieser Zelle zu einem Klon hat begonnen. Die klonal vermehrten B-Zellen differenzeren zu antikörpersezernierenden Plasmazellen. Antigene stimulieren meist viele B-Zellen, die Immunantwort ist daher polyklonal [5]. 2.2.1 Struktur und Wirkungsweise der Antikörper Ein typischer Antikörper besteht aus zwei schweren Ketten (Heavy- oder H-chains) und zwei leichten Ketten (Light oder L-chains), die über Disulfidbrücken derart kovalent quervernetzt sind, dass der Antikörper in seiner Form einem Y gleicht. Leichte Antikörperketten bestehen aus einer variablen (V-) und einer konstanten (C-) Region, schwere Ketten aus einer variablen MICHAELA BOGNER 0100978 13 Bakkalaureatsarbeit Juli & August 2010 und drei konstanten Regionen. Innerhalb der variablen Regionen besitzen beide Ketten Segmente, die eine besonders große Variablität aufweisen. Diese hypervaribalen Regionen bilden die Antigenbindungstellen. Sie liegen an den N-terminalen Enden der „Äste“ der Yförmigen Struktur des Antikörpers und werden Fab (F für „Fragment“ und ab für „antigenbindend“) genannt (siehe Abbildung 5). Jedes Fab enthält eine Bindungsstelle für ein Antigen. Da sie die Antikörperspezifität bestimmen, werden sie auch als komplementaritätsbestimmende complementarity determining Regionen region, (engl. kurz CDR) bezeichnet. Diese Bindungsstellen sind diejenigen Bereiche der Antikörper, Rekombinationsvorgänge welche während aufgrund der der klonalen Entstehung der B-Zellen modulartig zusammengesetzt werden. Die Vielfalt der Antikörper ist genetisch Abb.5: Antikörperstruktur zunächst nicht genau festgelegt, da die Zahl der Gene für die variablen Regionen des Antikörpers einfach zu gering ist, um die einzige Quelle der Antikörpervielfalt zu sein. Während der initialen Vermehrung der Vorläufer der B-Zellen kommt es mittels eines spezialisierten Rekombinationsmechanismus zur Kombination verschiedener Genabschnitte bzw. Exons, die die variablen Regionen kodieren. Alternatives Spleißen und Einfügen zusätzlicher Basen sowie die somatische Hypermutation der hypervariablen Regionen tragen zusätzlich zur Vielfalt der Antikörper bei. Die beschriebenen Prozesse ergeben über 10 Milliarden verschiedene B-Zell-Vorläufer [4]. Das unverzweigte C-terminale Ende des Antikörpers heißt Fc (F für „Fragment“ und c für „cristallisable“), weil es gut kristallisiert. Fc vermittelt Effektorfunktionen wie Komplementaktivierung und Phagozytose. Wenn ein Antikörper sein passendes Antigen auf beispielsweise der Oberfläche eines Bakteriums entdeckt, bindet er dieses mit Hilfe seiner Fabs, während der Fc-Teil nach außen weist. Antikörper markieren daher jene Zellen, die Antigene an ihren Oberflächen tragen (Opsonierung). Fc wird dann von den Fc-Rezeptoren der Phagozyten erkannt, die dann das Bakterium abtöten. An körpereigene Zellen gebundene Antikörper können so NK-Zellen aktivieren, die die betroffenen Zellen dann zerstören. Diesen Mechanismus nennt man Antikörper-abhängige Zellzytotoxität (engl. antibody-dependent cell cytotoxicity, kurz ADCC). Wie angesprochen, ermöglicht die Opsonierung daneben die Aktivierung der Komplementkaskade. Eine weitere Möglichkeit, wie ein Antikörper wirken MICHAELA BOGNER 0100978 14 Bakkalaureatsarbeit Juli & August 2010 kann, ist, dass er durch die Bindung an ein Antigen dieses neutralisiert und dadurch blockiert, so dass es seine schädliche Wirkung im Körper nicht mehr erfüllen kann [4]. 2.2.2 Antikörperklassen (Immunglobulinisotypen) In Säugern kommen fünf verschiedene Antikörperklassen (Immunglobulinisotypen) mit spezialisierten Funktionen, unterschiedlicher Glykosylierung und zum Teil unterschiedlicher Quartärstruktur vor (IgA, IgD, IgE, IgG und IgM). Diese Klassen gliedern sich zum Teil noch in Subklassen auf, beispielsweise gibt es IgG1, IgG2, IgG3 und IgG4. Das von reifen Plasmazellen hergestellte IgG stellt die Hauptmenge der Immunglobuline im Blut dar. Jede Klasse ist durch eine eigene schwere Kette charakterisiert (α-, δ-, ε-, γ- oder μ-Kette). Zwei verschiedene leichte Ketten (κ und λ) kommen in allen Klassen vor. Schwere und leichte Ketten der Antikörper sind mehrfach glykosyliert. Die Glykoslierung schützt den im Blut zirkulierenden Antikörper gegen proteolytischen Abbau, verbessert seine Löslichkeit und vermittelt, wie im folgenden Kapitel besprochen, u.a. Wechselwirkungen mit den Rezeptoren der Effektorzellen. Jede Antikörperklasse zeichnet sich durch ein eigenes Muster der Positionen und Strukturen der angehefteten Oligosaccharide aus [4]. 2.2.3 Monoklonale Antikörper Dringt ein Pathogen in den Körper ein, so erfolgt die Antwort des Immunsystems wie erwähnt natürlicherweise polyklonal. Das bedeutet, dass die gebildeten Antikörper heterogen sind, weil sie von verschiedenen antikörperproduzierenden Zellen erzeugt werden. Diese Heterogenität stellt beispielsweise bei der Aufklärung der molekularen Grundlage eines biologischen Prozesses ein großes Problem dar. Diese Schwierigkeit wurde durch die Herstellung monoklonaler Antikörper mit Hilfe sogenannter Hybridomzellen überwunden. Diese Zellen werden hergestellt, indem man eine Antikörper produzierende B-Zelle mit einer Myelomzelle fusioniert. Hybridomzellen verfügen einerseits über die auf die B-Zelle zurückgehende Fähigkeit, einen bestimmten Antikörper herzustellen und die auf die Myelomzelle zurückzuführende Fähigkeit, sich unbegrenzt zu teilen. Hybridomzellen können daher unbegrenzte Mengen eines Antikörpers mit bestimmter Spezifität produzieren. Man stellt monoklonale Antikörper gegen ein bestimmtes Antigen her, indem man zunächst einer Maus dieses Antigen injiziert (siehe Abbildung 6, Seite 15). Im Zuge der Immunantwort der Maus bilden sich B-Lymphozyten, die gegen das Antigen gerichtete Antikörper sezernieren und sich in der Milz anreichern. Die B-Lymphozyten werden dann aus der Milz isoliert und mit einer aus einem Myelom gewonnenen Zelllinie verschmolzen. Die Selektion der MICHAELA BOGNER 0100978 15 Bakkalaureatsarbeit Juli & August 2010 Hybridzellen erfolgt auf dem HAT-Medium, das ist ein Mangelmedium, auf dem nicht fusionierte Zellen Hybridomzellen absterben wachsen und können. die Die Hybridomzellen, die einen geeigneten gegen das jeweilige Antigen gerichteten Antikörper produzieren, werden dann kultiviert. Man nennt die mit Hilfe dieser Technik gewonnenen Antikörper monoklonal, da sie alle von der gleichen B-Zelle abstammen und daher alle vollkommen identisch sind. Monoklonale Antikörper sind in der Forschung, Diagnostik und Therapie nicht mehr wegzudenken. In der Medizin sind sie unter anderem zur Behandlung von Autoimmunerkrankungen wie Multipler Sklerose, aber auch im Rahmen der Hämatologie zur Abb.6: Hybridomtechnik Behandlung von Anämie und allen voran zur Behandlung von Krebs im therapeutischen Einsatz [5]. 2.2.3.2 Der monoklonale Antikörper Rituximab Je nach Ähnlichkeit zu den menschlichen Antikörpern unterschiedet man verschiedene therapeutische monoklonale Antikörper, sie tragen jeweils unterschiedliche Suffixe. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem chimären Antikörper Rituximab. Die Endung „ximab“ bedeutet, dass der variable Teil des Antikörpers Mausprotein ist, der Rest ist human, „mab“ steht allgemein für „monoclonal antibody“ [6]. Die Zielstruktur von Rituximab ist das CD20-Antigen auf B-Lymphozyten [7]. Die Abkürzung „CD“ steht für „Cluster of Differentiation“ („Unterscheidungsgruppen“). Sie beschreibt Gruppen spezieller Oberflächenmerkmale auf Zellen, meist membrangebundene Glykoproteine, die teilweise zellspezifisch exprimiert werden und verschiedenste Funktionen, z.B. Rezeptorfunktionen haben [5]. Rituximab wird zur Behandlung von Non-Hodgkin`s-Lymphomen eingesetzt [7]. Non-Hodgkin`s-Lymphome sind bösartige Erkrankungen des lymphatischen Systems, bei denen es zur unkontrollierten Teilung von Lymphozyten kommt. Je nachdem, ob die Erkrankung von B- oder T-Lymphozyten ausgeht, unterscheidet man zwischen der deutlich häufiger auftretenden B- und der T-Klasse [8]. Rituximab wirkt, indem es sowohl an gesunde als auch an maligne B-Lymphozyten bindet, die CD20 an ihrer Oberfläche tragen. Dadurch MICHAELA BOGNER 0100978 16 Bakkalaureatsarbeit Juli & August 2010 werden die im Körper vorhandenen B-Zellen zur Zerstörung markiert und eine neue Popoulation gesunder B-Zellen kann sich aus den lymphoiden Stammzellen neu entwickeln [7]. 2.3 Herstellung monoklonaler Antikörper mit verbesserten Eigenschaften anhand des Beispiels Rituximab Wie in Kapitel 1 ausführlich beschrieben, können menschliche Glykoproteine mittlerweile mit Hilfe von Hefestämmen mit humanisiertem N-Glykosylierungspfad produziert werden. Jeder dieser Stämme kann eine definierte, bestimmte Glykanstruktur herstellen. Im Rahmen der Proteinoptimierung muss man sich daher nicht mehr wie früher vorwiegend auf die Modifikation der Polypeptidsequenz des Glykans konzentrieren, sondern kann mit Hilfe dieser Hefestämme auch Struktur und Zusammensetzung des Kohlenhydratanteils optimieren. Dadurch lassen sich eine Verbesserung der Eigenschaften und somit der therapeutischen Effizienz des Glykoproteins erreichen. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Verbesserung der therapeutischen Wirkung des chimären monoklonalen anti-CD20 Antikörpers Rituximab. Dieser Antikörper wird kommerziell mit Hilfe von Säugerzellkulturen gewonnen und in den USA von der Fa. Biogen Idec/Genentech unter dem Namen RITUXAN® verkauft. Da Säugerzellen, wie mehrfach erwähnt, immer einen Pool unterschiedlicher Glykoformen produzieren, werden unter RITUXAN® mehrere verschiedene Glykovarianten des Antikörpers Rituximab zusammengefasst. Mit Hilfe von Hefe-Stämmen mit humanisiertem N-Glykosylierungspfad kann man nun aber je Hefe-Stamm je eine definierte Glykosylierungsvariante des Antikörpers herstellen, deren Eigenschaften untersuchen und so herausfinden, welche dieser Varianten therapeutisch am effektivsten wirkt [9]. 2.3.1 Modifikation der Bindung des Antikörpers an verschiedene Fc-Rezeptoren Antikörper erreichen wie erläutert ihre Wirkung u.a. dadurch, dass ihr Fab-Teil ein spezifisches Antigen auf der Zielzelle bindet, während ihr Fc-Teil als Bindungsstelle für die Fc-Rezeptoren verschiedener Zelltypen des Immunsystems, wie beispielsweise für die FcRezeptoren der Natürlichen Killerzellen (NK-Zellen) dient. Die NK-Zellen zerstören dann die vom Antikörper markierte Zelle (antibody-dependent cell cytotoxicity, ADCC, siehe Abbildung 7, Seite 17). Die vorliegende Arbeit beschreibt eine Studie, in der es darum geht, die Bindungsaffinität des Fc-Teils des Antikörpers Rituximab zum Fc-Rezeptor der NKZellen zu verstärken und so die Potenz dieses Antikörpers zu erhöhen. MICHAELA BOGNER 0100978 17 Bakkalaureatsarbeit Juli & August 2010 Abb.7: Schema zur Antikörper-abhängigen Zellzytotoxität (engl. antibody-dependent cell cytotoxicity, kurz ADCC) 2.3.1.1 Fc-Rezeptoren Fc-Rezeptoren befinden sich auf der Oberfläche verschiedener Zelltypen des Immunsystems und binden verschiedene Immunglobulinisotypen. Die Fc-Rezeptoren, die das Fc-Fragment von IgG binden, heißen Fcγ-Rezeptoren. Sie befinden sich u.a. auf der Oberfläche von Makrophagen und NK-Zellen. Es gibt verschiedene Typen des Fcγ-Rezeptors. Die Variante FcγRIIIa tritt auf der Oberfläche der NK-Zellen auf, FcγRIIb kommt hingegen auf der Oberfläche anderer Zelltypen vor. Die Bindung des Fc-Teil des Antikörpers an FcγRIIIa aktiviert die ADCC, die Bindung an FcγRIIb hingegen hemmt die ADCC und wirkt daher regulierend auf dieselbe ein [10,11]. Im Rahmen der Verbesserung der therapeutischen Wirkung von Rituximab ist es daher wichtig, die Bindung des Antikörpers an FcγRIIIa zu stärken und seine Affinität gegenüber FcγRIIb zu schwächen. Wichtig ist außerdem, dass beim Menschen polymorphe Varianten des FcγRIIIa-Rezeptors auftreten. Es gibt eine bestimmte Untergruppe von FcγRIIIa, die entweder Valin (V158) oder Phenylalanin (F158) am Aminosäurerest 158 trägt, wobei die V158-Varinate eine signifikant höhere Bindungsaffinität zum Fc-Fragment des Antikörpers aufweist als die F158-Variante [9]. 2.3.1.2 An der Vermittlung der ADCC ist ein an den Antikörper gebundenes Kohlenhydrat beteiligt Man hat sich den Vorgang der Bindung des Fc-Teils des Antikörpers IgG an beide Varianten des Fc-Rezeptors FcγRIIIa auf der Oberfläche der NK-Zellen genauer angesehen. Es hat sich gezeigt, dass an den Rest Asn297 des Fc-Teils der schweren Kette des Antikörpers IgG1 ein bestimmtes N-gebundenes Kohlenhydrat geheftet ist, das an der ADCC entscheidend beteiligt ist. IgG1 ist der beim Menschen am häufigsten vorkommende Subtyp innerhalb der Gruppe der IgGs. Fehlt das an Asn297 gebundene Kohlenhydrat, kann der Antikörper sein Antigen MICHAELA BOGNER 0100978 18 Bakkalaureatsarbeit Juli & August 2010 zwar binden, aber die Affinität seines Fc-Teils für den Fc-Rezeptor FcγRIIIa der NK-Zellen ist dann so stark verringert, dass die ADCC nicht mehr effizient vermittelt wird. Auch die Zusammensetzung dieses Kohlenhydrats beeinflusst die ADCC. Beispielsweise beeinflusst die Anwesenheit von N-Acetylglucosamin die im Rahmen der ADCC vermittelte Zelltötung positiv, die Anwesenheit von Fukose beeinflusst die Zelltötung negativ. Der Ansatz zur Verbesserung der Wirkungskraft von Rituximab war daher der, durch Abänderung des an Asn297 gebundenen Kohlenhydrats die Wechselwirkungen zwischen dem Fc-Fragment des Antikörpers und FcγRIIIa zu verstärken und gleichzeitig die Interaktionen zwischen dem FcFragment und FcγRIIb zu verringern [9]. 2.3.2 Herstellung verschiedener Glykovarianten des Antikörpers Rituximab Zu diesem Zweck stellte man verschiedene Varianten des Antikörpers Rituximab her, die über ein identes Polypeptidrückgrat, aber unterschiedliche Glykosylierungsstrukturen am Rest Asn297 verfügten. Unterschiedliche Funktionen wurden daher von der Zusammensetzung des an Asn297 gehefteten Kohlenhydrats vermittelt und nicht von der Aminosäuresequenz. Diese Varianten des Antikörpers ließ man von verschiedenen Zelllinien der Hefe P.pastoris mit humanisiertem N-Glykosylierungspfad sowie von einem Wildtyp-Stamm dieser Hefe produzieren. Jede dieser Linien stellte eine ganz bestimmte Variante des Kohlenhydratanteils des Antikörpers her, wobei man zusätzliche Glykoformen durch enzymatische Behandlung der aufgereinigten Antikörper mit α-1,2-Mannosidase, β-N-Acetylglucosaminidase und β-1,4Galactosyltransferase gewann. Insgesamt wurden so sieben definierte verschiedene Glykoformen von Rituximab hergestellt. Der Wildtyp-Hefestamm produzierte die für Hefen typischen Mannose-reichen Glykosylierungmuster, vorwiegend Man9-12GlcNAc2. Die restlichen sechs Formen wurden von den P.pastoris-Stämmen mit humanisiertem N-Glykosylierungspfad produziert. Darunter waren die am Ende des Glykosylierungsweges im ER bei Mensch und Hefe auftretende Glykosylierungsform Glykosylierungsweges Man8GlcNAc2 im Golgi und beim vier Strukturen, Menschen die auftreten im Laufe des (Man5GlcNAc2, GlcNAcMan5GlcNAc2, GlcNAc2Man3GlcNAc2 und Gal2GlcNAc2Man3GlcNAc2, wobei man die letzten beiden schon dem „komplexen Glykantyp“ zurechnet, vgl. Abb.2 auf Seite 5). Die GlcNAc2Man3GlcNAc2- und die Gal2GlcNAc2Man3GlcNAc2-Variante gehören zu den vielen verschiedenen Glykanvarianten, die beim kommerziellen aus Säugerzellkulturen gewonnenen Rituximab (=RITUXAN®) ohnehin vorkommen, allerdings machen sie dort weniger als 5% aus. Außerdem lag eine Struktur vor, die lediglich aus der Kernstruktur Man3GlcNAc2 bestand MICHAELA BOGNER 0100978 19 Bakkalaureatsarbeit Juli & August 2010 (Abbildung 8 zeigt alle Glykosylierungsstrukturen im Überblick). Wie erwartet, zeigten die unterschiedlichen Varianten alle eine gleich hohe Affinität zu ihrem Antigen, sehr wohl aber unterschiedliche Affinitäten gegenüber den verschiedenen Fcγ-Rezeptoren [9]. Abb.8: Analyse der Glykosylierungsmuster der verschiedenen Glykovarianten des Antikörpers Rituximab (mittels MALDI-TOF-Massenspektrometrie); a) zeigt die verschiedenen Glykosylierungsvarianten von mittels Säugerzellen gewonnenem kommerziellem Rituximab (=Rituxan), b) zeigt die Kohlenhydratstruktur, die sich bei Rituximab`s Expression in einem Wildtyp-Stamm der Hefe P.pastoris ergab, c) bis h) zeigen die Kohlenhydratstrukturen, die von den modifizierten P.pastoris-Stämmen erzeugt wurden 2.3.3 Vergleich der generierten Glykoformen mit RITUXAN® Die sieben Glykoformen wurden nun mit RITUXAN® verglichen. In Rezeptorbindungs-Assays ermittelte man, wie hoch die Affinitäten der Fc-Fragmente der unterschiedlichen Antikörpervarianten gegenüber FcγRIIIa-V158, FcγRIIIa-F158, FcγRIIb und einigen weiteren Fcγ-Rezeptoren waren. Es zeigte sich, dass alle sieben generierten Glykoformen an FcγRIIIaV158 je nach Glykosylierungsmuster mindestens zehnmal und an FcγRIIIa-F158 sogar über hundert Mal fester banden als RITUXAN® bzw. die vielen verschiedenen Glykovarianten, die unter RITUXAN® zusammengefasst werden. Die Bindungsaffinitäten der generierten Antikörper gegenüber FcγRIIb allerdings waren wie gewünscht niedriger als die Bindungsaffinitäten von RITUXAN® gegenüber diesem Rezeptortyp. Anschließend verglich man die Glykosylierungsvarianten, die GlcNAc2Man3GlcNAc2 und Gal2GlcNAc2Man3GlcNAc2 trugen, also dem komplexen Glykantyp entsprachen, mit der mittels Wildtyp-Hefestamm generierten Variante und mit RITUXAN® in einem weiteren Test. In diesem Test untersuchte man, wie effizient die jeweilige Antikörpervariante die Tötung der MICHAELA BOGNER 0100978 20 Bakkalaureatsarbeit Juli & August 2010 B-Zellen, die ja der therapeutischen Aufgabe von Rituximab im Patientenkörper entspricht, vermitteln konnte. Die Varianten, die GlcNAc2Man3GlcNAc2 und Gal2GlcNAc2Man3GlcNAc2 trugen, vermittelten die Zelltötung effizienter als RITUXAN®. Eine Blood Matrix Assay zeigte dieselben Ergebnisse. Die Wildtyp-Glykosylierungsvariante band ebenfalls stärker an FcγRIIIa und schwächer an FcγRIIb als RITUXAN®, zeigte aber keine messbare B-Zell-Tötung. Letzteres Ergebnis liegt wahrscheinlich daran, dass im menschlichen Blut Makrophagen vorkommen, die Mannoserezeptoren tragen, die HighMannose-Glykane binden und so die Wirkungskraft des von der Wildtyp-Hefe hergestellten Antikörpers aufheben [9]. In der beschriebenen Studie zur Verbesserung der therapeutischen Wirkung des monoklonalen Antikörpers Rituximab wurden daher alle Ziele erreicht: Die generierten Glykoformen des Antikörpers banden fester an NK-Zellen und schwächer an andere Zelltypen und konnten daher die ADCC effizienter vermitteln als RITUXAN®. 2.4 Schlussfolgerungen und Ausblick Zusammenfassend kann man daher sagen, dass Hefestämme mit humanisiertem NGlykosylierungspfad durch ihre Fähigkeit, Glykane mit Kohlenhydratanteilen spezifischer Struktur und Zusammensetzung herzustellen, die Möglichkeit eröffnen, die therapeutische Wirkung monoklonaler Antikörper zu verbessern. Die in der vorliegenden Arbeit beschriebene Studie konzentrierte sich vorerst nur auf die Optimierung der Antikörperbindung an Fcγ-Rezeptoren. Es ist jedoch durchaus damit zu rechnen, dass andere von der Glykosylierung abhängige Eigenschaften monoklonaler Antikörper wie Löslichkeit, in vivo - Halbwertszeit, Gewebsverteilung und die Wechselwirkungen mit Komplementproteinen mit Hilfe dieser modifizierten Hefestämmen in Zukunft verbessert werden können [9]. MICHAELA BOGNER 0100978 21 Bakkalaureatsarbeit Juli & August 2010 3. 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Auflage Abb.2 Gerngross Tillman U, (2004) Advances in the production of human therapeutic proteins in yeasts and filamentous fungi Nature Biotechnology, 22, 1409-1414 Abb.3 Wildt Stefan, Gerngross Tillman U, (2005) The humanization of N-glycosylation pathways in yeast Nature Reviews in Microbiology, 3, 119-128 Abb.4 Fox Marye Anne, Whitesell James K, (1995) Organische Chemie Spektrum Akademischer Verlag GmbH Heidelberg-Berlin-Oxford, 1. Auflage Abb.5 Nelson David L, Cox Michael M, (2001) Lehninger Biochemie Springerverlag Berlin-Heidelberg, 3. Auflage MICHAELA BOGNER 0100978 23 Bakkalaureatsarbeit Juli & August 2010 Abb.6 Campbell Neil A, (2000) Biologie Spektrum Akademischer Verlag GmbH Heidelberg-Berlin-Oxford, 2. Auflage Abb.7 Janeway Charles A, Travers Paul, Walport Mark, Shlomchik Mark J, (2001) Immunobiology: The Immune System in Health and Disease Garland Science – New York, 5. Auflage Abb.8 Li Huijuan, Sethuraman Natarajan, Stadheim Terrance A, Zha Dongxing, Prinz Bianka, Ballew Nicole, Bobrowicz Piotr, Choi Byung-Kwon, Cook W James, Cukan Michael, Houston-Cummings Nga Rewa, Davidson Robert, Gong Bing, Hamilton Stephen R, Hoopes Jack P, Jiang Youwei, Kim Nam, Mansfield Renee, Hett Juergen H, Rios Sandra, Strawbridge Rendall, Wildt Stefan, Gerngross Tillman U, (2006) Optimization of humanized IgGs in glycoengineered Pichia pastoris Nature Biotechnology, 24, 210-215 MICHAELA BOGNER 0100978 24