Enzyme und Organismus - Bayerischer Rundfunk

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Enzyme und Organismus
Film und Beitrag: Anita Bach
Inhalt
Wer Brot längere Zeit kaut, bemerkt, dass es allmählich einen süßen Geschmack annimmt. Der
Speichel im Mund enthält Ptyalin, ein Enzym,
das die Stärke im Brot in Zuckermoleküle aufspaltet. Enzyme sind Stoffe, die wir brauchen,
damit bestimmte chemische Reaktionen des
Stoffwechsels bei Körpertemperatur in Gang
kommen. Sie werden deshalb auch als „Biokatalysatoren“ bezeichnet, sie beschleunigen die chemischen Reaktionen im Körper, indem sie die
dazu nötige Aktivierungsenergie herabsetzen.
Besonders viele Enzyme befinden sich z.B. in
Kartoffel- und in Leberzellen.
Bei Zugabe von roher
Leber zu einer Wasserstoffperoxidlösung
setzt sofort eine heftige Reaktion ein. Ein
Gas entwickelt sich –
doch welches? Die so
genannte Glimmspanprobe gibt Auskunft. Der Span flammt auf, das
Gas kann nur Sauerstoff sein.
Alle Enzyme sind
Proteine. Fast immer sind sie kugelförmige
Moleküle
mit einer Einbuchtung, dem sog. aktiven Zentrum. Hier
wirkt das Enzym auf
ein Substrat ein, ein
zu ihm passendes Molekül. Ein Enzym kann immer nur dann wirksam werden, wenn das Enzym
und das Substrat zueinander passen – wie ein
Schlüssel zu einem Schloss.
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Wenn wir z. B. Semmeln essen, werden
nur die Enzyme wirksam, die auch zu den
Inhaltsstoffen
der
Semmeln, der Stärke, passen. Das Enzym Amylase oder
Ptyalin, spaltet die Moleküle in Maltose, einen
Doppelzucker, dann greift die Maltase an. Schritt
für Schritt werden die Stärkemoleküle zerkleinert, übrig bleiben Einfachzucker.
Die Bestandteile von Käse und Ei dagegen gelangen zunächst unverändert bis in den Magen.
Die Magenwand fügt nun das Enzym Pepsin
dazu, das spaltet die Proteine in kleinere Bruchstücke, bevor sie dann im Darm in Aminosäuren
zerlegt werden.
Enzyme lassen sich einteilen nach ihrer Funktion
und den Substraten, auf die sie einwirken. Verdauungsenzyme sind zuständig für die Aufspaltung von Proteinen, Fetten oder Kohlenhydraten
– daher haben sie auch ihre Namen.
Enzyme, die Proteine
in Fisch, Fleisch oder
Eier spalten, heißen
Proteasen; Enzyme,
die Fette wie Schmalz,
Butter und Öl zerschneiden, nennt man
Lipasen. Bei der Verdauung von stärkehaltigen Nudeln, Reis oder
Brot sind Amylase und Maltase aktiv.
Enzyme haben viele Aufgaben. Die Medizin setzt
sie ein bei Verdauungs- und Stoffwechselstörungen, auch beim Waschen leisten Enzyme gute
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Dienste. In Waschmitteln helfen sie mit beim
Entfernen von Fett- und Eiweißflecken. Solche
Waschpulver sind aber nicht geeignet für Kochwäsche, weil die Enzyme bei etwa 60 Grad ihre
Wirksamkeit verlieren. Vor allem Fleckenentferner und Spezialwaschmittel enthalten Enzyme.
Ein altbewährtes und wirksames Mittel gegen
Flecken ist Gallseife. Enzyme werden auch beim
Gerben von Leder eingesetzt, sie werden der
Beize in der Trommel zugegeben. Es sind vor allem Proteasen, die hier ihre Aufgabe beim Enthaaren der Felle und Häute erfüllen. Die Enzyme
sorgen dafür, dass das Leder weich und geschmeidig wird.
Bewährt haben sich Enzyme auch in der Käserei.
Der Milch wird Lab zugesetzt, das enthält Chymosin. Das Enzym lässt die Milch gerinnen,
ohne dass sie sauer wird. Früher wurde das Lab
aus Kälbermägen gewonnen, heute wird es biotechnisch hergestellt. Der eingedickte Käsebruch
kann von der Molke abgeschöpft werden. Im Keller reift der Käse dann unter Einwirkung weiterer
fett- und eiweißspaltender Enzyme heran und
entwickelt seinen typischen Geschmack.
Auch beim Bierbrauen sind Enzyme im Einsatz,
sie werden beim Maischen im Malz aktiv. Die
Brauer verwenden hierzulande meist Gerstenoder Weizenmalz. Das enthält Enzyme – es sind
Amylasen –, die spalten die Stärke im Korn auf
und machen daraus vergärbaren Zucker, Maltose. Erst dann kann die Bierhefe mit Unterstützung ihrer zelleigenen Enzyme diesen Zucker zu
Alkohol vergären.
Den Bäckern
helfen Enzyme bei der
Zubereitung
von
Hefeteig. Vielfach
werden Enzyme
den
Backmi schungen
zugegeben.
Sie sind auch im Stoffwechsel der Hefezellen aktiv. Sie „verdauen“ die Stärke vor und erleichtern
der Hefe die Arbeit. Die Hefe leistet mehr und
das Volumen des Gebäcks dehnt sich aus, der
Teig „geht auf “.
Enzyme lassen auch zähes Fleisch zart werden.
Die Tropenfrucht Papaya enthält Papain, ein Enzym, das die proteinhaltigen Fleischfasern mürbe
macht.
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Fakten
Enzyme und ihre Wirkung
Enzyme (Fermente) sind Katalysatoren, die die
chemischen Reaktionen im Organismus steuern.
Nur unter der Wirkung dieser „Biokatalysatoren“
sind die chemischen Umsetzungen, der Stoffwechsel im Organismus, bei Körpertemperatur
überhaupt möglich, denn die meisten am Stoffwechsel beteiligten chemischen Verbindungen
sind zu reaktionsträge, um bei dieser Temperatur
genügend rasch reagieren zu können.
Die Wirkung der Enzyme besteht darin, dass sie
die erforderliche Aktivierungsenergie erniedrigen
und dadurch die Reaktionsgeschwindigkeit erhöhen.
Die meisten Enzyme beeinflussen nur ganz bestimmte Reaktionen, d.h. sie sind „wirkungsspezifisch“. Sie können von verschiedenen
möglichen Umsetzungen einer bestimmten Substanz nur eine einzige auswählen und nur die Aktivierungsenergie gerade dieser Reaktion herabsetzen.
Enzyme sind von ihrer Zusammensetzung her
entweder Proteine oder Proteide. In den Proteiden ist eine sog. Wirkgruppe mit dem Protein,
dem Trägermolekül, verbunden. Gewisse Wirkgruppen können vom Körper nicht selbst aufgebaut werden und müssen darum mit der Nahrung
zugeführt werden, man bezeichnet die entsprechenden Substanzen als Vitamine.
Enzyme
sind
„stoffspezifisch“,
d.h. sie passen jeweils nur zu einer
bestimmten Substanz, deren Umsetzung sie katalysieren
(Schlüssel-Schloss-Prinzip). Diese Spezifität beruht auf der Komplementarität der Raumstruktur und der oberflächlich
möglichen Wechselwirkungen zwischen Enzym
und Substrat. Es kommt zur Bildung eines Enzym-Substrat-Komplexes.
So vermag beispielsweise das Enzym Amylase
nur Amylose zu Glucose abzubauen, nicht aber
die Cellulose, die ebenfalls aus Glucose besteht.
Beim Erwärmen auf Temperaturen über 60 Grad
wird die Struktur der Enzyme zerstört, sie verlie2
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ren ihre Wirkung. Auch stärkere ph-Veränderungen führen zur Inaktivierung der Enzymproteine.
Aus diesem Grund ist eine Pufferung der Körperflüssigkeiten unbedingt notwendig.
Fehler in Enzymen können fatale Folgen haben.
Durch solche Enzymdefekte ist die Aktivität eines Enzyms vermindert oder gar nicht mehr vorhanden. Manche Enzymdefekte werden genetisch vererbt, d. h. das Gen, das die Aminosäuresequenz des entsprechenden Enzyms kodiert,
enthält eine oder mehrere Mutationen oder fehlt
ganz. Beispiele für vererbbare Enzymdefekte
sind die Phenylketonurie und Galaktosämie.
Verwendung der Enzyme
Enzyme sind wertvolle Werkzeuge der
Biotechnologie. Ihre
Einsatzmöglichkeiten
reichen von der Käseherstellung (Labferment) über die Enzymatik bis hin zur
Gentechnik. Enzyme
werden unter anderem in der Industrie benötigt.
Waschmitteln fügt man Lipasen (Fett spaltende
Enzyme), Proteasen (Eiweiß spaltende Enzyme)
und Amylasen (Stärke spaltende Enzyme) zur
Erhöhung der Reinigungsleistung hinzu, weil diese Enzyme die entsprechenden Flecken zersetzen. Enzyme werden auch zur Herstellung einiger Medikamente und Insektenschutzmittel verwendet. Bei der Käseherstellung wirkt das Labferment mit, ein Enzym, das früher aus Kälbermägen gewonnen wurde. Viele Enzyme können
heute mit Hilfe von gentechnisch veränderten
Mikroorganismen hergestellt werden. Für be-
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stimmte Anwendungen entwickeln Wissenschaftler heute gezielt leistungsfähigere Enzyme durch
Protein-Engineering.
In der Medizin spielen Enzyme eine wichtige Rolle. Viele Arzneimittel hemmen Enzyme oder verstärken ihre Wirkung, um eine Krankheit zu heilen. Prominentester Vertreter solcher Arzneistoffe ist wohl die Acetylsalicylsäure, die das Enzym
Cyclooxygenase hemmt und somit unter anderem schmerzlindernd wirkt. Die medizinische
Diagnostik verwendet Enzyme, um Krankheiten
zu entdecken. In den Teststreifen für Diabetiker
befindet sich zum Beispiel ein Enzymsystem,
das unter Einwirkung von Blutzucker einen Stoff
produziert, dessen Gehalt gemessen werden
kann. So wird indirekt der Blutzuckerspiegel gemessen. Man nennt diese Vorgehensweise eine
„enzymatische Messung“. Sie wird auch in medizinischen Laboratorien angewandt, z. B. zur Bestimmung von Glucose (Blutzucker) oder Alkohol. Man macht sich dabei die Substratspezifität
von Enzymen zu Nutze. Es wird also der zu analysierenden Körperflüssigkeit ein Enzym zugesetzt, das das zu messende Substrat spezifisch
umsetzen kann. An der entstandenen Menge von
Reaktionsprodukten kann man dann ablesen, wie
viel des Substrats in der Körperflüssigkeit vorhanden war.
Im menschlichen Blut sind auch eine Reihe von
Enzymen anhand ihrer Aktivität direkt messbar.
Die im Blut zirkulierenden Enzyme entstammen
teilweise spezifischen Organen. Es können daher
anhand der Erniedrigung oder Erhöhung von Enzymaktivitäten im Blut Rückschlüsse auf Schädigungen bestimmter Organe gezogen werden. So
kann z. B. eine Bauchspeicheldrüsenentzündung
durch die stark erhöhte Aktivität der Lipase und
der Pankreas-Amylase im Blut erkannt werden.
Didaktische Hinweise
Lehrplanbezüge für bayerische Schulen:
Realschule: Chemie, 10. Jahrgangsstufe
10.6 Chemie der Biomoleküle
Die Schüler setzen sich mit Verbindungen auseinander, die Lebensvorgängen zugrunde liegen. Sie
lernen Bauprinzipien, Eigenschaften und Reaktionsweisen kennen und können somit
Lebensvorgänge, die aus dem Biologieunterricht bereits bekannt sind, besser verstehen. Die Schüler
wenden ihre bereits erworbenen Kenntnisse über den Einfluss funktioneller Gruppen an. Zugleich wird
ihnen bewusst, dass die große Vielfalt der Naturstoffe auf wenige Einzelbausteine und die
vielfältigen Möglichkeiten ihrer Verknüpfung zurückzuführen ist.
• Fette oder Kohlenhydrate: Struktur und Funktion, weitere Aspekte im Überblick
• Aminosäuren, Proteine ; Enzyme
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Gymnasium: Biologie 10. Jahrgangsstufe
10.1 Stoffwechsel des Menschen
Durch die Betrachtung grundlegender Vorgänge vor allem auf zellulärer und molekularer Ebene
erweitern und vertiefen die Schüler ihre Kenntnisse über den Stoff- und Energieumsatz in
Organismen. Sie erarbeiten sich eine erste Modellvorstellung von der Wirkungsweise der Proteine als
Biokatalysatoren und des Adenosintriphosphats als eines mobilen Energieträgers für zelluläre
Prozesse. Bei der Behandlung von Transportvorgängen und -mechanismen lernen sie eine weitere
Funktion von Proteinen kennen. Mit dem Bau der inneren Organe setzen sie sich in diesem
Zusammenhang nur insoweit auseinander, als es zum Verständnis der physiologischen Prozesse
erforderlich ist.
Ernährung und Verdauung
• Ernährung: Versorgung des Körpers mit den Hauptnährstoffen als Grundlage des Energie- und
Baustoffwechsels sowie mit weiteren essentiellen Nahrungsbestandteilen
• Enzyme als Biokatalysatoren mit spezifischer Wirkung
• Verdauungsorgane als Funktionsräume für enzymatische Vorgänge, Abbau größerer Moleküle
• Resorption: Bedeutung der Oberflächenvergrößerung, aktive Transportmechanismen
Lernziele
Die Schülerinnen und Schüler sollen
•
•
•
•
•
die Bedeutung der Enzyme als Biokatalysatoren erläutern,
die Bauprinzipien der Enzyme verstehen,
die Wirkungsweise der Enzyme bei der Verdauung erklären können,
das Schlüssel-Schloss-Prinzip auf die Wirkungsweise der Enzyme übertragen können,
Anwendungsbeispiele von Enzymen im Alltag und der Technik nennen können.
Anregungen zur Unterrichtsgestaltung
Der Film verschafft den Schülern einen Überblick der Enzyme und ihrer Wirkung bei der Verdauung.
Er könnte sowohl im Biologieunterricht als auch im Chemieunterricht eingesetzt werden. Er ist klar
gegliedert und kann problemlos auch in Teilen im Unterricht vorgeführt werden.
Der Film spielt auf drei Ebenen: zum einen werden Realszenen, z.B. in der großen Pause auf dem
Schulhof, aufgegriffen und verschiedene Einsatzmöglichkeiten der Enzyme gezeigt, z. B. in der Käserei, Gerberei, Brauerei. Schüler der 9. Klasse einer Realschule führen Experimente mit Enzymen
im Chemiesaal vor. Drittens erklären anschauliche Trickfilmsequenzen die chemische Wirkung der
Enzyme.
Wird der Film als Zusammenfassung einer Unterrichtseinheit über die Enzyme im Organismus einge setzt, sollten an die Schüler gezielt Beobachtungsaufgaben ausgegeben werden.
Beobachtungsaufgaben zum Film
1. Gruppe: Enzyme für die Verdauung
Welches Enzym enthält Spucke?
Welche Enzyme helfen mit bei der Verdauung von Brot?
Welche Enzyme helfen mit bei der Verdauung von Eiweiß?
Welche Enzyme brauchen wir für die Verdauung von Fetten?
In welchen Organen reagieren die jeweiligen Enzyme mit den Nährstoffen?
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2. Gruppe: Chemie der Enzyme
In welche chemische Stoffgruppe werden Enzyme eingeordnet?
Wie beeinflussen Enzyme die Aktivierungsenergie chemischer Reaktionen im Körper?
Warum werden Enzyme auch als Biokatalysatoren bezeichnet?
Wie kommt ein Enzym-Substrat-Komplex zustande?
Was passiert mit dem Enzym nach der Reaktion?
3. Gruppe: Enzyme im Alltag
Wo werden die Enzyme verwendet?
Wofür werden die Enzyme verwendet?
Wie wirken bei den gezeigten Beispielen die Enzyme chemisch betrachtet?
Kennst Du noch andere Anwendungsbeispiele für Enzyme?
Literatur
Miller, Winfried: Quelle des Lebens: Enzyme, 2007, W. Zuckschwerdt Verlag GmbH, Germering,
ISBN 978-3-88603-913-5
Jaenicke, Joachim; Paul, Andreas: Biologie heute entdecken SII, ISBN 3-507-10560-8
Natura, Biologie für Gymnasien, Oberstufe , Klett Verlag, ISBN 3-12-045300-5
Häusler, K.; Rampf H.: 270 chemische Schulversuche, ISBN 3-486-03841-9
Internettipps
http://www.pausenhof.de/referat/biologie/enzyme-in-biotechnologie-waschmitteln-lebensmitteln-undmedizin/12533
http://www.klassenarbeiten.de/oberstufe/leistungskurs/biologie/proteineenzyme/proteineenzyme.htm
http://www.biokurs.de/skripten/bs11.htm
http://www.bioclips.de/content/02_enzyme/grundlagen.html
http://www.zum.de/Faecher/Materialien/beck/bs11-11.htm
http://www1.tu-darmstadt.de/fb/ch/Fachgebiete/OC/AKSchmidt/Avimec/AB/Koerper/Verdauung.pdf
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