Psychoneuroimmunologie

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Psychoneuroimmunologie
Dipl.-Psych. Silja Bellingrath
Gliederung
• Psychoneuroimmunologie:
– Begriffsbestimmung
• Grundlage: Basiswissen aus der Immunologie
• Stress und Immunsystem:
– Evolution: Fight/Flight-Situationen
– Metaanalyse
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
Psychoneuroimmunologie- Begriffsbestimmung I
Bakterien
Als Immunsystem werden Organe,
Zellen und Eiweißkörper
zusammengefasst, deren zentrale
Funktion im Schutz des Organismus
vor eindringenden Mikroorganismen
(Viren, Bakterien, Pilzen, Parasiten)
und entarteten Zellen besteht.
Würmer
Viren
Parasiten
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
Psychoneuroimmunologie- Begriffbestimmung I
•
Erforschung der funktionellen Zusammenhänge zwischen
Psyche, Nerven-, Hormon- und Immunsystem
•
Zentrale Fragestellungen:
– physiologische und pathobiologische Interaktionen zwischen dem
ZNS und dem Immunsystem
– Zusammenhang zwischen psychologischen Einflussfaktoren und
Erkrankungen („Stress macht krank“)
•
Interdisziplinäres Forschungsgebiet:
Zusammenarbeit von Endokrinologen, Immunologen, Biologen,
Psychologen, Pharmakologen, Anatomen...
oft in enger Kooperation mit klinischen Fächern (z.B. Onkologie,
Psychiatrie, Psychosomatik)
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
Psychoneuroimmunologie- Begriffbestimmung II
Wissen um Wechselbeziehungen
zwischen den einzelnen Systemen
als Grundlage für die Erforschung
von Verhaltenseffekten auf das
Immunsystem bzw. von
Auswirkungen immunologischer
Prozesse auf das Verhalten
Æ Das Immunsystem reagiert auf
neurochemische Signale des
Nerven- und Hormonsystems
Æ Funktionen des Nerven- und
Hormonsystems werden von
Produkten des aktivierten
Immunsystems beeinflusst
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
Grundlagen: Immunsystem
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
immunis (lat.) = frei, unberührt
Wissenschaft vom Abwehrsystem von
Lebewesen gegen fremde Substanzen
und Krankheitserreger
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Historisches
Louis Pasteur (1822-1895):
Entwicklete Impfstoffe gegen Hühnercholera, Milzbrand und Tollwut
Emil von Behring (1854-1917):
passive Immunisierung gegen Diphterie (Anti-Toxin)
1. Nobelpreis für Physiologie oder Medizin 1901
Robert Koch (1843-1910) :
erkannte erstmals Bakterien als Verursacher einer Infektion
1905 Nobelpreis für Physiologie oder Medizin für seine Arbeiten über
Tuberkolose
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
Historisches
Elias Metchnikoff (1845-1916):
Phagocytenlehre
Paul Ehrlich (1854-1915):
Seitenkettentheorie
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
Erhielten 1908 gemeinsam
den Nobelpreis für Physiologie
oder Medizin für die
Begründung der Immunologie
Funktion & Bestandteile des Immunsystems
Ein erste Verteidigungslinie gegen pathogene Mechanismen
ist der mechanische Schutz der Körperoberfläche.
Wenn dieser Schutz durchbrochen ist, reagiert zuerst das
angeborene Immunsystem.
Eine Art Grenzpolizei in Form von lymphoiden Zellen sorgt
dafür, dass Pathogene zumindest nicht unerkannt eindringen
können. Pathogene werden als „körperfremd“ identifiziert,
verfolgt und eliminiert, z.B. durch Fresszellen verdaut.
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
Funktion & Bestandteile des Immunsystems
Eine zweite, spezifischere Abwehr gegen Mikroorgansimen wird
erst etwas verzögert eingesetzt und daher auch erworbene
oder adaptive Immunität genannt.
Die erworbene Abwehr besteht
a) aus B-Zellen und deren Produktion und Abgabe von
spezifischen Antikörpern, die bestimmte Komponenten
der eingedrungenen Mikroben erkennen und binden,
b) aus cytotoxischen Zellen, die Körperzellen erkennen
und abtöten, in die Viren oder Bakterien eingedrungen sind
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
Zusammensetzung des Blutes
Blutplasma: ca. 54%
Blutzellen: ca. 46%
1. Erythrozyten (rote
Blutkörperchen: 45%)
2. Thrombozyten
(Blutplättchen)
3. Leukozyten (weiße
Blutkörperchen)
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Erythrozyten
Thrombozyten
Leukozyten
Natürliche Killerzellen
T-Zellen
T-Helferzellen
Th1
Granulozyten
Lymphozyten
Monozyten/
Makrophagen
Th2
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B-Zellen
Zytotoxische T-Zellen
Neutrophile
Basophile
Eosinophile
Zellen der beiden Arten der Immunität
Angeborene Immunität
G
M
Erworbene Immunität
Th
Tc
Makrophagen + Granulozyten
natürliche Killerzellen (NK)
B
Zytokine
Komplement
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T und B Lymphozyten
angeborene Immunität
• Früh einsetzende Immunantwort (Minuten-Stunden)
• „erste Verteidigungslinie“ gegen Infektionen:
schnelle Beseitigung eingedrungener Erreger
(Antigene)
• Stets gleichartig ablaufende Reaktionen, unabhängig
von vorherigem Kontakt mit Erreger (Æ keine
Spezialisierung der involvierten Zellen auf bestimmte
Antigene)
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
Funktion & Bestandteile des Immunsystems
Das Komplement System
„Eindringlinge“ wie Bakterien werden in erster Instanz von einer Gruppe
von Serumproteinen, den Komplement- Proteinen abgefangen.
Diese befinden sich im Blutkreislauf und können so schnell zum Ort der
Verletzung gelangen.
Dort reagieren sie unmittelbar mit Antigenen – Molekülen, die der Körper
als fremde Substanzen erkennt.
Nach ihrer Aktivierung können Komplement-Proteine
Entzündungsprozesse auslösen, Fresszellen aktivieren, die
Bakterien zersetzen sowie Bakterien ummanteln, so dass diese
eher von Fresszellen erkannt werden.
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Drei Begriffe, die häufig in der Immunologie auftauchen
Phagozytose:
Aufnahme und Zersetzung von Bakterien, Pilzen, Viren und
beschädigtem Gewebe in Vesikeln (= Phagosom)
Lyse:
Auflösung von Zellen (z.B. Bakterien, Viren) nach
Zerstörung der Zellmembran durch Ausschüttung
zytotoxischer Substanzen (Lysine, z.B. Antikörper)
Opsonisierung:
Anlagerung an körperfremdes Material z.B. durch
Antikörper Æ Begünstigung der Phagozytose
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Komponenten der angeborenen Immunität
Granulozyten
Makrophagen
natürliche Killerzellen (NK)
Zytokine
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Granulozyten
Häufigster Typ der
Leukozyten (55-70%):
Aufnahme und Tötung
extrazellulärer
Pathogene
(Phagozytose)
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<1% der Leukozyten:
2-5% der Leukozyten:
Mitwirkung bei der
schnellen Immunreaktion gegen
Antigene bei Asthma,
Heuschnupfen usw.
bei allergischen
Reaktionen und bei der
Bekämpfung von
Parasiten von
Bedeutung
Makrophagen
• Entstehung durch Differenzierung von
Monozyten
• Ansammlung am Ort der Verletzung/Infektion
• Phagozytierende Zellen
• Antigenpräsentation, Lymphozytenaktivierung
• Ausschüttung von Zytokinen (Botenstoffen des
Immunsystems), denen eine Aufgabe u.a. bei
Fieber, Entzündungen und Wundheilung
zukommt
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Zytokinsekretion durch Makrophagen
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
NK-Zellen
• Eindämmung viraler
Infektionen vor Einsetzen
der spezifischen
Immunabwehr
• Lyse (Zellauflösung z.B.
von Bakterien und Viren
nach Zerstörung der
Zellmembran) durch
Ausschüttung
zytotoxischer Substanzen
• Vernichtung maligner
Körperzellen
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adaptive/erworbene Immunität
• Nicht angeboren
• Langsam einsetzende Immunantwort (Tage bis Wochen)
• Tritt ein, wenn die unspezifische Abwehr „durchbrochen“
ist (Aufgabe: massive Erhöhung der Wirksamkeit der
unspezifischen Abwehr)
• Hoch spezialisiert (Rezeptoren auf Zelloberfläche der
Lymphozyten nur jeweils für ein Antigen zuständig)
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Komponenten der adaptiven Immunität
B
B-Zellen
Antigen-spezifische Zellen:
Zellteilung bei Aktivierung,
Tc
Zytotoxische TZellen
somit Bildung einer
Zellpopulation mit derselben
Spezifität (= Proliferation)
Th
T-Helferzellen:
Th1- und Th2-Zellen
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B-Zellen:
Antikörper produzierende Zellen des
Immunsystems
membrangebundener
Antikörper
= B-Zell-Rezeptor
B-Zelle
Aktivierung durch
Antigen und T-Zelle
+
Differenzierung
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Antikörper
(5 Klassen)
Aufgaben:
Neutralisieren,
Opsonisieren,
Komplementaktivierung
Spezifität
B Zelle
eine B-Zelle
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Antigen
=
ein Antikörper
Variabilität der B-Lymphozyten
Ca. 10 Million B Lymphozyten mit
voneinander verschiedenen Rezeptor
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
T-Zellen: Zytotoxische T-Zellen
Zytotoxische T-Zellen
Attackierung veränderter körpereigener Zellen (z.B. Tumorzellen)
und durch Virus infizierte Zellen Æ Lyse
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
T-Zellen: T-Helfer-Zellen
T-Helferzellen:
•
Die hauptsächliche Antriebskraft und Regulator der Immunabwehr
•
Hauptaufgabe: Die Aktivierung von B-Zellen und zytotoxische T-Zellen
•
In einem ersten Schritt müssen jedoch die T-Helferzellen selbst aktiviert
werden:
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T-Helferzellen :
Unterscheidung zwischen Th1 und Th2
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T-Helferzellen
T-Zellen
T-Helferzellen
Th1
Zytotoxische T-Zellen
Th2
Th1 und Th2-Zellen:
keine morphologische Differenzierung möglich
Unterscheidung aufgrund ihrer Funktion
Th1:
unterstützen zelluläre Immunfunktionen
Th2:
unterstützen humorale Immunfunktione
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
T-Helferzellen
Th1:
unterstützen zelluläre Immunfunktionen
Th2:
unterstützen humorale Immunfunktionen
Wodurch machen die Th-Zellen das?
Produktion von unterschiedlichen Cytokinen
Cytokine: Botenstoffen, die von (Immun)zellen nach
Aktivierung produziert und ausgeschüttet werden.
Diese Signale werden von anderen Immunzellen
über Rezeptoren empfangen und führen zu
Veränderungen der Zellfunktionen
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
Differenzierung naiver Th0-Zellen in Th1 oder Th2
Viren, Bakterien, Pilze
z.B. Makrophagen
APC
Th0
IL-12
TNF-α
Th1
-
-
Th2
IFN-γ
IL-2
IL-4
IL-10
zelluläre
Immunität
humorale
Immunität
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
IL-4
IL-10
Das Th1/Th2-Paradigma: Th1
Th1 (pro-inflammatorische) Zytokine:
IL-12:
• Induziert Differenzierung von Th0
in Th1
• Aktivierung von NK-Zellen
IFN-γ:
• Makrophagen-Aktivierung
• Aktivierung von NK-Zellen
• Hemmung von Th2-Zellwachstum
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
Das Th1/Th2-Paradigma: Th2
Th2 (anti-inflammatorische) Zytokine:
IL-4:
• Aktivierung von B-Zellen
• Hemmung der
Makrophagenaktivierung
IL-10:
• Hemmung der Zytokinproduktion
durch Th1-Zellen und Makrophagen
• Hemmung der NK-Tätigkeit
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
Angeborene vs. adaptive Immunität
Angeborene Immunität
Adaptive Immunität
immer vorhanden
muss ausgelöst werden
schnell
langsam (Tage)
unspezifisch
hoch spezifisch
kein Gedächtnis
Gedächtnis
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
Lymphozyten-Proliferationsassay
• In vitro:
unspezifische Stimulation der Lymphozyten durch
Mitogene
• Mitogene:
Substanzen, die Mitosen und damit die Proliferation von
Zellen anregen (v.a. T- u. B-Lymphozyten)
Phytohämagglutinin (PHA),
Concanavalin A (ConA),
Pokeweed-Mitogen (PWM)
• Zugabe radioaktiven 3H-Thymidins
• Messung der proliferativen Aktivität anhand eines
Counters (counts/min)
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NK-Zytotoxizitätstest
Messung der Fähigkeit von NK-Zellen, eine
sensitive Zielzelllinie zu lysieren
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Stress und Immunsystem
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
Evolution:
Entwicklung adaptiver physiologischer
Mechanismen
• die Fähigkeit, angemessen auf Bedrohungen wie
Umweltkatastrophen, Raubtierangriffe u.ä. zu reagieren,
erhöhte die Überlebens- und die Reproduktionswahrscheinlichkeit
Æ physiologische Reaktionen, die Überlebenschancen
verbesserten, waren von Vorteil
Beispiel:
Säugetiere besitzen die Fähigkeit, anhand vermehrter
Glucocorticoidfreisetzung (physiologische Reaktion auf Stress)
eine gesteigerte Glucosezufuhr zur Muskulatur zu bewirken
Æ Physiologische Unterstützung für adaptives Verhalten
in „Fight or Flight“-Situationen
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
Stress und Immunsystem:
Immunreaktion als adaptiver Mechanismus
Annahme:
Immunologische Reaktionen in
Stresssituationen erscheinen ebenfalls
als adaptiv, da Flucht- oder
Kampfsituationen ein erhöhtes Risiko
an Verletzungen und als Konsequenz
an das Eindringen infektiöser Erreger in
Blutstrom/Haut mit sich bringen
Æ Stress-induzierte immunologische Veränderungen, welche die
Wundheilung beschleunigen und das Auftreten von Infektionen
vermeiden helfen, waren adaptiv und neben weiteren
physiologischen Merkmalen ein wichtiger Aspekt bei der
natürlichen Selektion
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
Stress und Immunsystem heute:
Beibehaltung der einst adaptiven Immunreaktion
•
viele Stressoren von damals
(Raubtierangriffe, fehlender Schutz vor
schlechtem Wetter...) existieren in der
modernen Gesellschaft nicht mehr
•
aber:
die physiologischen Reaktionen
reflektieren nach wie vor frühere
Anforderungen
Æ „Bedrohungen“, bei denen eine physiologische Reaktion in dem
Sinne nicht erforderlich ist (z.B. Examensprüfung), können
physiologische Veränderungen bewirken, einschließlich veränderter
Immunfunktionen
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
Stress und Immunsystem: Metaanalyse
Psychological Stress and the Human Immune System:
A Meta-Analytic Study of 30 Years of Inquiry
Suzanne C. Segerstrom, Gregory E. Miller
Psychological Bulletin, 2004, Vol. 130, No. 4, 601-630
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
Metaanalyse: Literaturrecherche
•
Datenbanken: MEDLINE und PsychINFO
•
Zeitrahmen: Publikationen aus den Jahren 1960-2001
•
Eingegebene Begriffe:
„stress“, „hassles“, „life events“ in Kombination mit dem Begriff
„immune“
•
Einschlusskriterien für Studien in die Analyse:
– Einsatz eines Stressmaßes
– ausschließlich psychosoziale Stressoren
– Erhebung zumindest eines immunologischen Parameters
– Herleitung der Effektgröße muss möglich sein
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
Metaanalyse: Vorgehensweise
Schritt 1:
Bestimmung der Effektgröße für die einzelnen Studien
(Effektgröße: gibt Ausmaß des Zusammenhangs zwischen
zwei Variablen unabhängig von der Stichprobengröße an)
Schritt 2:
Kombinieren der Effektgrößen einzelner Studien mit dem
Ziel, eine aggregierte Effektgröße für jeden
immunologischen Parameter von Interesse zu erhalten
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
Metaanalyse: Studien
•
Zahl der berücksichtigten Studien: 293
•
Gesamtstichprobengröße: 18.941
•
Alter: 34.8 (SD: 15.9, Range: 5-78 Jahre)
•
Geschlecht: 42.8% Frauen
•
Versuchspersonen: 84.8% medizinisch gesund
•
Am häufigsten verwendete quantitative Immunmessungen: THelferzellen, zytotoxische T-Zellen, natürliche Killerzellen (NKZellen), Gesamtlymphozytenzahl
•
Am häufigsten verwendete immunologische Funktionstests: NKZytotoxizitätstest, Lymphozyten-Proliferationstest
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5 Stresskategorien (nach Elliot & Eisendorfer, 1982)
1. Akuter, kurzzeitiger Stressor
Laborstresstests, z.B. Trier Sozial Stress Test (TSST)
2. Natürlich vorkommender, zeitlich begrenzter Stressor
kurzzeitige Belastungen, z.B. Examensprüfung
3. „Stressful Event Sequences“
ein zentrales Ereignis bringt weitere Stressoren mit sich, z.B.
Tod des Lebensgefährten; Stress auch hier zeitlich begrenzt,
auch wenn unklar für den Betroffenen, wann in der Zukunft der
Stress aufhört
4. Chronischer Stress
Stress durchdringt dauerhaft das Leben des Betroffenen,
Stressor zeitlich stabil, z.B. Flucht aus Heimatland,
körperliches Trauma mit Lähmungserscheinungen...
5. (Weit zurückliegende Stressoren
anhaltende emotionale und kognitive Auswirkungen, z.B.
sexueller Missbrauch in der Kindheit)
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Ergebnis I: akuter Stressor (z.B. TSST)
• Angeborene Immunität:
– ↑ NK-Zellen
– ↑ Granulozyten
• Adaptive Immunität:
– (↑ zytotoxische T-Zellen)
– ↓ Lymphozytenproliferation
• außerdem:
– ↑ IL-6, IFN-γ (regulieren Makrophagen, NK-Zellen und TZellen hoch)
Æ Hochregulation der angeborenen Immunität
Æ Downregulation der adaptiven Immunität
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Ergebnis II: zeitlich begrenzter Stressor
(z.B. Examen)
• Kaum Effekte auf quantitative Messungen
• Funktionstests:
Verlagerung von zellulärer (Th1) auf humorale (Th2)
Immunität, erkennbar an veränderten Zytokinprofilen:
– ↓ IFN-γ (stimuliert angeborene und zelluläre Immunität)
– ↑ IL-6 (stimuliert angeborene und humorale Immunität)
– ↑ IL-10 (inhibiert Th1-Zytokinproduktion)
außerdem:
– ↓ T-Zell-Proliferationsrate
– ↓ NK-Zytotoxizität
– ↑ AK-Produktion gegen latente Viren (v.a: Epstein-Barr)
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Ergebnis III: Stressful Event Sequences
(Verlust, Katastrophe)
•
Als Ganzes betrachtet kein einheitliches Muster mit Ausnahme
erhöhter NK-Zellen
•
Verlust des Ehepartners:
↓ NK-Zytotoxizität
•
Katastrophen:
(↑ NK-Zytotoxizität und Lymphozytenproliferation)
(↓ T-Helferzellen, zytotoxische T-Zellen)
Æ Hinweise auf verminderte angeborene Immunität bei Verlust,
(nicht signifikante) Veränderungen in angeborener und
adaptiver Immunität nach Katastrophen
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Ergebnis IV: Chronischer Stress
(Pflege Demenzkranker, Behinderung, Arbeitslosigkeit)
• Keine systematischen quantitativen Veränderungen
• Negative Auswirkungen auf so ziemlich alle
Funktionsmessungen der angeborenen und adaptiven
Immunität:
– z.B. Th1-Immunität (T-Zell-Proliferation)
– z.B. Th2-Immunität (Antikörperbildung bei Influenza)
Æ Anders als bei akutem Stress, der sich aktivierend auf
die angeborene Immunität, hemmend auf die adaptive
Immunität auswirkt, scheint bei chronischem Stress die
Funktionalität aus beiden Bereichen geschwächt zu sein
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
Zusammenfassung der Ergebnisse
akut
↑ angeborene Immunität
↓ adaptive Immunität
↓ zelluläre Immunität
↑ humorale Immunität
chronisch
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
↓ angeborene Immunität
↓ zelluläre Immunität
↓ humorale Immunität
Akute, zeitlich begrenzte Stressoren
•
Entsprechen Zeitrahmen einer Fight/Flight-Situation
Æ Adaptive Umverteilung der Zellen, Vorbereitung der angeborenen
Immunität auf eine mögliche Infektion und/oder Verletzung
•
Hypothese: Selektion Stress-bezogener immunologischer
Veränderungen, die hoch effektiv waren und nicht unnötig viel
Energie verbrauchten (notwendig für Fight/Flight-Reaktion)
Æ dazu passt Hochregulation der angeborenen Immunität: zeit- und
energiearm, gleichzeitig Hemmung energiereicher Prozesse in Form
der adaptiven Immunität (zeigt sich in verminderter
Proliferationsrate)
Æ Ähnliches wird für andere „zukunftsgerichtete“ Körperfunktionen
beobachtet: wenig Energieaufwand für Verdauung und
Reproduktion in Fight/Flight-Situationen
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
Chronische Stressoren
•
Je länger der Stressor, desto weniger adaptiv die Immunantwort
und desto globaler die Immunsuppression
Æ Verlagerung von potenziell adaptiven Immunveränderungen zu
potenziell schädlichen, zunächst im Hinblick auf die zelluläre
Immunität (z.B. beim Examen), dann mit zunehmender Dauer
immer weitläufiger
•
Nochmal zur Erinnerung:
adaptive Immunität erst nach Tagen effektiv „ausgebildet“,
angeborene Immunität kann nach wenigen Minuten einsetzen
Æ adaptive Immunität evtl. nur ausgelöst bei anhaltendem Stress
•
Funktionale Veränderungen nehmen auch mehr Zeit in Anspruch
als quantitative
Æ passt dazu, dass akuter Stress vornehmlich Zellzahl beeinflusst,
chronischer hingegen Zellfunktionen
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Zukünftige Fragestellungen
•
Implikationen der Stress bedingten Immunveränderungen für die
Krankheitsanfälligkeit bei ansonsten gesunden Personen?
Æ Beispiel Influenzaimpfung: weniger effektiv bei chronisch
gestressten Menschen?
•
Leukozyten sind in der Lage, bei chronisch erhöhten
Cortisolspiegeln den Glucocorticoid-Rezeptor herunter zu
regulieren
Æ verminderte Reaktion auf anti-inflammatorische Signale,
Entstehung Zytokin-vermittelter Entzündungsreaktionen
(Miller, Cohen & Ritchey, 2002)
Æ Stress könnte zum Krankheitsverlauf beitragen, Relevanz bei
Entzündungsreaktionen, die z.B. bei Multipler Sklerose,
rheumatischer Arthritis und koronaren Herzerkrankungen eine
wichtige Rolle spielen
Biopsychologie Vertiefung WS 07/08
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