Molekulare und zelluläre Mechanismen synaptischer Entwicklung

Werbung
Sigrist, Stephan | Molekulare und zelluläre Mechanismen synaptischer ...
Tätigkeitsbericht 2004
Neurobiologie
Molekulare und zelluläre Mechanismen synaptischer Entwicklung und
Plastizität
Sigrist, Stephan
Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie, Göttingen
Selbständige Nachwuchsgruppe - Neuroplastizität (ENI)
E-Mail: [email protected]
Zusammenfassung
Nervenzellen "unterhalten sich" mithilfe von so genannten Synapsen, wobei Veränderungen dieser
Synapsen der langfristigen Informationsspeicherung im Nervensystem zu dienen scheinen. Die
Nachwuchsgruppe "Neuroplastizität" am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie beschäftigt
sich mit den zellulären und molekularen Mechanismen, die der Etablierung und der plastischen
Umgestaltung von Synapsen zu Grunde liegen. Als Modellsystem dienen die neuromuskulären Synapsen
der Fruchtfliege Drosophila, wobei die bekannten genetischen Ansätze mit elektrophysiologischen
Messungen kombiniert werden. Darüber hinaus haben die Wissenschaftler um Stephan Sigrist Protokolle
entwickelt, die es erlauben, identifizierte Synapsen über mehrere Tage im intakten Tier (in vivo)zu
verfolgen. Besonderes Interesse gilt hierbei den synaptischen Glutamatrezeptoren, die das von der
vorgeschalteten präsynaptischen Zelle kommende Signal übertragen. Es zeigt sich, dass sich neue
Glutamatrezeptor-Felder ausschließlich de novo ausbilden und dann innerhalb von etwa 24 Stunden zu
ihrer endgültigen Größe heranwachsen. Die Mobilität der Glutamatrezeptoren während der Ausbildung
einzelner Rezeptorfelder wurde in Bleichexperimenten und vermittels Photo-Aktivierung in vivo
vermessen. Während reife Rezeptorfelder aufgrund geringen Ein- und Austritts von Rezeptoren stabil
sind, kontrolliert der "Import"von Glutamatrezeptoren direkt das Wachstum der Rezeptorfelder. In
Übereinstimmung hiermit finden die Wissenschaftler, dass Glutamatrezeptoren - unabhängig von ihrer
Funktion als Ionenkanäle - direkt für den Aufbau der postsynaptischen Strukturen benötigt werden. Die
Interaktion zwischen prä- und postsynaptischer Seite während der synaptischen Etablierung wird zurzeit
durch In-vivo-Bildgebung untersucht. Überraschenderweise finden die Forscher hier, dass das
"Drosophila-Grip-Homologe", potenzieller Bindungspartner von Glutmatrezeptoren, auch den Prozess
der muskulären Wegfindung kontrolliert.
Abstract
Synapses are the places where neurons speak to each other, and changing synapses seemingly underlies
information storage in the nervous system. The Max Planck group "Neuroplasticity" focuses on the
cellular and molecular mechanisms of synapse assembly and plasticity, using neuromuscular synapses
of Drosophila as a model system. Apart from combining genetic approaches typical for Drosophila with
electrophysiological analysis we have developed protocols, which allow to follow identified synapses
over extended time periods in the intact animal. The team of Stephan Sigrist particularly concentrate on
the glutamate receptors which receive the acitivity signal from the presynaptic neuron. We find that new
glutamate receptor fields form exclusively de novo and usually grow to their characteristic mature size
within about 24 hours. The mobility of glutamate receptors at individual receptor fields was analyzed in
photo-bleaching and photo-activation experiments. While mature receptor fields are stable because both
glutamate receptor entry and exit are low, the entry of glutamate receptors directly controls receptor
© 2004 Max-Planck-Gesellschaft
www.mpg.de
1031
Tätigkeitsbericht 2004
Sigrist, Stephan | Molekulare und zelluläre Mechanismen synaptischer ...
field growth. Consistently, we find that glutamate receptors are directly needed for postsynaptic assembly
independent of their ionic conductance. The in vivo imaging is currently used to illuminate how pre- and
postsynaptic site interact within synapse assembly as well as to study the interplay of glutamate receptor
dynamics glutamate receptor binding partners and postsynaptic assembly. In this context, the working
group find that the Drosophila glutamate receptor binding protein homologue surprisingly controls
muscle cell guidance.
Die Erforschung unseres "Denkorgans", des Gehirns, ist und bleibt eine dominierende Aufgabe der
Biologen und Mediziner. Hierbei kommt den Orten der Kommunikation zwischen Nervenzellen, den
Synapsen, eine zentrale Bedeutung zu. An Synapsen werden Signalstoffe (Neurotransmitter) von einer
erregten Nervenzelle freigesetzt, um nach Diffusion durch den so genannten synaptischen Spalt
"postsynaptische" Rezeptoren in der nachgeschalteten Nervenzelle zu aktivieren. Hierdurch kommt es
schließlich zur Weiterleitung des elektrischen Signals. Die Aminosäure Glutamat ist der in unserem
Gehirn am weitesten verbreitete erregende Neurotransmitter ("glutamaterge Synapsen"), die
Glutamatrezeptoren sind demgemäß Gegenstand intensiver Forschung.
Besondere Muster in der elektrischen Aktivität von Nervenzellen können die synaptische
Signalübertragung zwischen Nervenzellen langfristig verändern. Diese "synaptische Plastizität" wird
allgemein als zelluläre Grundlage von Lern- und Gedächtnisprozessen angesehen. Sie umfasst zum einen
Veränderungen in der Funktion bereits existenter Synapsen ("funktionelle Plastizität"), welche an
glutamatergen Synapsen oft durch Umstellungen in der Menge der synaptisch lokalisierten
Glutamatrezeptoren vermittelt zu werden scheinen. Zum anderen kommt es aber auch zu Veränderungen
der synaptischen Struktur, insbesondere zur Ausbildung neuer Synapsen innerhalb des Nervennetzwerks
("strukturelle Plastizität").
Funktionelle und strukturelle Veränderungen an Synapsen sind zeitlich dynamisch und räumlich eng
verzahnt. Solche Prozesse lassen sich durch "statische Untersuchungen" (zum Beispiel biochemische
Analyse oder Immunfärbungen an fixiertem Material) nicht in allen Aspekten analysieren und verstehen.
Insbesondere lassen sich Übergangszustände (beispielsweise bei der Neuentstehung von Synapsen) nur
schwer auffinden und die zeitliche Reihenfolge und kausale Verknüpfung von Teilprozessen so nur
schwer abklären. Seit langer Zeit wurde daher der Bedarf formuliert, synaptische Ereignisse in lebenden
Tieren (in vivo) direkt zu beobachten. Bisher konnten jedoch nur wenige Präparationen studiert werden,
und das dann nur unter sehr großem experimentellen Aufwand. In letzter Zeit hat allerdings die
Entwicklung genetisch einsetzbarer Fluoreszenz-Sonden (insbesondere das "Green Fluorescent Protein
- GFP") neue Perspektiven für die In-vivo-Bildgebung aufgezeigt.
Die Arbeitsgruppe von Stephan Sigrist studiert die Synapsen, die zwischen den motorischen
Nervenzellen und den Muskelzellen der Fruchtfliege Drosophila gefunden werden (Abb. 1), um den
Prozess der Synapsenbildung in lebenden Tieren über ausgedehnte Zeiträume (Tage!) zu verfolgen. Diese
neuromuskulären Synapsen ähneln den Gehirn-Synapsen im molekularen und ultrastrukturellen
Feinaufbau, ihre Analyse profitiert aber davon, dass sie experimentell sehr gut zugänglich sind und
effiziente genetische Werkzeuge zur Verfügung stehen. Die neuromuskulären Synapsen von
Drosophila verwenden ebenfalls den Neurotransmitter Glutamat, den sie mithilfe von postsynaptischen
Glutamatrezeptoren wahrnehmen. Diese Glutamatrezeptoren sind denen des Menschen verwandt. Die
spezifischen Vorteile des gewählten Modellsystems (Larven sind optisch transparent, schnelle
Etablierung transgener Tiere, übersichtliche Organisation identifizierbarer Neurone und Synapsen)
haben es den Göttinger Forschern in der letzten Zeit erlaubt, individuelle synaptische GlutamatrezeptorFelder über Tage in intakten lebenden Drosophila-Larven (In-vivo-Ansatz) zu beobachten (Abb. 2).
2104
www.mpg.de
© 2004 Max-Planck-Gesellschaft
Sigrist, Stephan | Molekulare und zelluläre Mechanismen synaptischer ...
Tätigkeitsbericht 2004
Abb. 1 : Neuromuskuläre Synapsen von Drosophila als Modell zum Studium synaptischer Entwicklung und
Plastizität:
(A) Entwicklung des neuromuskulären Systems im Drosophila-Embryo. Die Muskeln bilden sich durch
Fusionsprozesse aus Muskelvorläuferzellen und senden zelluläre Fortläufer aus ("Wegfindung"), die sich mit der
Epidermis verbinden ("Anheftung"). Etwas später werden sie von den axonalen Ausläufern spezifischer
Motorneurone kontaktiert und eine neuromuskuläre Verknüpfung ("neuromuscular junction", NMJ) entsteht. Diese
NMJ wächst gemeinsam mit dem innervierten Muskel während der folgenden Larvenentwicklung stark aus. Die
morphologische Größe und Übertragungsstärke der NMJ kann sich durch eine Vermehrung der elektrischen
Aktivität der Motorneurone steigern ("nutzungsabhängige Plastizität") .
(B) Organisationsprinzip des neuromuskulären Systems. Eine individuelle NMJ (Schema oben) besteht aus
"Perlschnüren synaptischer Boutons" (bouton - Knopf, Knospe), die jeweils mehrere individuelle Synapsen ("blaue
Punkte" unten links) enthalten. Gezeigt ist auch ein elektronenmikrokopischer Querschnitt (unten rechts) durch
einen synaptischen Bouton, wobei mehrere individuelle Synapsen angeschnitten wurden (Ränder durch Pfeilspitzen
markiert).
Bild : Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie/Sigrist
-
© 2004 Max-Planck-Gesellschaft
www.mpg.de
1053
Tätigkeitsbericht 2004
Sigrist, Stephan | Molekulare und zelluläre Mechanismen synaptischer ...
Abb. 2 : Markierung synaptischer Glutamatrezeptoren mit dem selbstleuchtenden GFP-Protein erlaubt die
Langzeit-Darstellung synaptischer Rezeptorfelder in lebenden Drosophila-Larven.
(A) Elektrophysiologische Signale von Muskelzellen aus Drosophila-Larven, in denen die Leitfähigkeit von
Glutamatrezeptoren untersucht wird. Oben: die Leitfähigkeit, die an Synapsen mit normalen Glutamatrezeptoren
(DGluRIIA) gefunden wird. Unten: die normalen Glutamatrezeptoren wurden auf genetischem Wege gegen die mit
GFP markierten Rezeptoren (DGluRIIAGFP) ausgetauscht. Die Leitfähigkeit ist weiterhin normal. Das Experiment
beweist, dass der GFP-markierte Glutamatrezeptor seine Funktionsfähigkeit voll beibehalten hat.
(B) In Grün gezeigt sind GFP-markierte Glutamatrezeptoren (DGluRIIAGFP), die die Rezeptorfelder individueller
Synapsen markieren. In Rot dargestellt ist eine Aktivitätsmarkierung, die synaptische Neurotransmittervesikel auf
der präsynaptischen Seite anzeigt. Die individuellen "Rezeptorfelder" sind mit präsynaptischer NeurotransmitterFreisetzung assoziiert und daher Teil aktiver Synapsen.
(C) Wachstumsprozesse an individuellen Synapsen lebender Tiere. Individuelle Rezeptorfelder wurden in lebenden
Larven mithilfe GFP-markierter Glutamatrezeptoren (DGluRIIAGFP) visualisiert und während der Entwicklung
verfolgt. Konfokale Laser-Scan-Mikroskopie erlaubt die Darstellung individueller Synapsen in intakten lebenden
Larven, die während der Bildaufnahme für wenige Minuten betäubt werden. Die Zeitangaben (zum Beispiel 12 h)
stehen für Stunden nach Beginn des Experiments. Die meisten Synapsen können aufgrund ihrer individuellen Lage
und Form über Tage hin verfolgt werden (weiße Pfeilspitzen). Viele neue Synapsen bilden sich durch das
Auswachsen kleiner Vorstufen (weiße Pfeile). Etablierte Synapsen können entweder wachsen (gelbe Pfeilspitze)
oder auch schrumpfen (blaue Pfeilspitze). Die Kreise markieren Bereiche, in denen Synapsen entweder zu Beginn
des Experiments hohe Dichte aufweisen (weißer Kreis) beziehungsweise hohe Dichte (blauer Kreis) entwickeln.
Auch in diesen Bereichen tritt keine Teilung von Synapsen auf. Der Maßstabsbalken entspricht 2 Mikrometer.
Bild : Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie/Sigrist
Die Versuche zeigen, dass sich zusätzliche Synapsen in diesem System stets neu ausbilden und nicht wie
zuvor vermutet aus der Teilung bereits existenter Synapsen hervorgehen. Diese synaptischen
Rezeptorfelder wachsen innerhalb von etwa einem Tag zu "reifen" Rezeptorfeldern heran, wobei ihre
finale Größe eine spezifische Eigenschaft der jeweiligen Synapse darstellt. Dieser experimentelle Ansatz
hat es den Wissenschaftlern um Stephan Sigrist erlaubt, die In-vivo-Mobilität von Glutamatrezeptoren
4106
www.mpg.de
© 2004 Max-Planck-Gesellschaft
Sigrist, Stephan | Molekulare und zelluläre Mechanismen synaptischer ...
Tätigkeitsbericht 2004
direkt auf der Ebene einzelner Synapsen zu untersuchen (Abb. 3). Sie konnten zeigen, dass das Wachstum
von Rezeptorfeldern direkt durch den "Import" neuer Rezeptoren kontrolliert wird. Die endgültige
Stabilisierung von Rezeptorfeldern erklärt sich durch ein Abfallen des Imports bei sehr schwachem
"Export" von Glutamatrezeptoren.
Abb. 3 : Molekulare Dynamik während der Entwicklung individueller Synapsen:
Die beiden vorgestellten Experimente zeigen, dass spezifischer Import von Glutamatrezeptoren postsynaptische
Rezeptorfelder wachsen lässt, bevor diese stabil werden und eine fixierte Population von Glutamatrezeptoren
besitzen.
(A) Grün- (DGluRIIAGFP, links) und rot- (DGluRIIAmRFP, Mitte) fluoreszierende Glutamatrezeptoren wurden
gemeinsam in denselben Synapsen exprimiert, das rechte Bild zeigt beide Kanäle überlagert. 24 Stunden vor Beginn
des Experiments wurde das rote Fluoreszenzsignal vermittels Laserlichts gebleicht, weshalb der rote Kanal
spezifisch die seitdem in die Synapsen hineintransportierten Rezeptoren anzeigt ("fluorescence recovery after
photobleaching"). Während des Experiments neu entstandene Synapsen (Pfeile) zeigen einen hohen Anteil neu
importierter Rezeptoren, während stabile Synapsen (Pfeilspitzen) durch schwachen Rezeptorexport charakterisiert
sind.
(B) Die postsynaptischen Glutamatrezeptoren wurden vermittels Photoaktivierung zu Beginn des Experiments in
lebenden Larven (t= 0 Stunden) markiert. Einen Tag später (t= 24 h) ist weiterhin ein starkes Signal in den
Rezeptorfeldern zu beobachten, was anzeigt, dass der Export der Rezeptoren aus den Rezeptorfeldern allenfalls
schwach sein kann. Nach einer weiteren Runde von Photoaktivierung (rechtes Bild) hingegen werden die neu in
die Synapsen eingetretenen Rezeptoren sichtbar, die sich an neu entstandenen (weiße Pfeile) beziehungsweise stark
ausgewachsenen Synapsen (gelbe Pfeile) befinden.
Bild : Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie/Sigrist
Für die Funktion der neuromuskulären Synapsen sind die Glutamatrezeptoren unverzichtbar. Es war
allerdings unklar, ob die Rezeptoren auch am Aufbau der eigentlichen synaptischen Struktur teilnehmen.
© 2004 Max-Planck-Gesellschaft
www.mpg.de
1075
Tätigkeitsbericht 2004
Sigrist, Stephan | Molekulare und zelluläre Mechanismen synaptischer ...
Die genetische Analyse zeigt, dass die Ausbildung präsynaptischer Strukturen und die präsynaptische
Neurotransmitterfreisetzung vom Vorhandensein der postsynaptischen Glutamatrezeptoren weitgehend
unabhängig sind. Die elektronenmikroskopische Analyse zeigt hingegen, dass der Aufbau der
postsynaptischen Struktur von der Anwesenheit der Glutamatrezeptoren zwingend abhängig ist. So
kommt es in Abwesenheit der Rezeptoren nur zu einem sehr lockeren Kontakt der prä- und
postsynaptischen Membran.
Besonderes Interesse gilt auch den molekularen Mechanismen, die die zelluläre Dynamik von
Glutamatrezeptoren steuern und die Ausbildung von Synapsen in die Entwicklung des neuromuskulären
Systems zeitlich-räumlich integrieren. Wir haben das Drosophila-Homologe des GlutamatrezeptorBindeproteins (Grip) als potenziellen Bindungspartner eines neuromuskulären Glutamatrezeptors
identifiziert. Grip verfügt über sieben so genannte PDZ-Domänen, " strukturelle Module" für die
spezifische Protein-Protein-Erkennung. Diesen wird eine zentrale Rolle für die Etablierung zellulärer
Signalkomplexe zugeschrieben. Die mechanistische Basis der Funktion solcher Proteine ist allerdings
bisher kaum verstanden. Die genetische Analyse im Labor von Stephan Sigrist hat ergeben, dass Grip
unerwarteterweise für die frühe (das heißt noch vor der Ausbildung der Synapsen!) Wegfindung der
Muskelzellen im Drosophila-Embryo (Abb. 1) wichtig ist (Abb. 4, A und B). Die Arbeitsgruppe prüft
zurzeit eine Hypothese, nach der das Grip- Molekül als "intelligenter Transporter" für Signal-gebende
Proteine fungiert und somit verschiedene Teilschritte während der neuromuskulären Entwicklung
verzahnt. In diesem Zusammenhang könnte Grip auch an der Regulation der präsynaptischen Freisetzung
der Neurotransmittervesikel beteiligt sein, wie die elektronenmikroskopische (Abb. 4, C) und die
elektrophysiologische Analyse neuromuskulärer Endigungen andeuten.
In weiteren Arbeiten wollen die Forscher die In- vivo-Mikroskopie weiter nutzen, um ein "integriertes
Bild" synaptischer Entwicklung und Plastizität zu gewinnen. Insbesondere interessiert Stephan Sigrist,
inwiefern neuronale Aktivität die Ausbildung von Synapsen auch lokal beeinflussen kann. Die
spezifischen Vorteile des beschriebenen synaptischen Modells sollten hierbei zum Tragen kommen.
6108
www.mpg.de
© 2004 Max-Planck-Gesellschaft
Sigrist, Stephan | Molekulare und zelluläre Mechanismen synaptischer ...
Tätigkeitsbericht 2004
Abb. 4 : "Drosophila Grip" steuert die Wegfindung embryonaler Muskelzellen:
(A) Die Anheftung embryonaler Muskelzellen an die Epidermis im Wildtyp (+/+) und in Embryonen ohne GripExpression (grip). Im Wildtyp senden die Muskelzellen Fortsätze aus (obere Reihe, Pfeil), die sich nach anterior
(links) bewegen (mittlere Reihe, +/+,Pfeil) und schließlich stabilen Kontakt zur kopfständigen ("anterioren")
Segmentgrenze etablieren (untere Reihe, +/+, Pfeil). Muskelfasern, die kein Grip besitzen (grip), bilden Fortsätze,
die in falsche Richtung auswachsen (obere und mittlere Reihe, grip, Pfeilspitzen) und mehrheitlich keinen Kontakt
zur anterioren Segmentgrenze ausbilden (untere Reihe, grip, Pfeilspitze).
(B) Als Konsequenz ihrer defekten Wegfindung runden sich die ventro-longitudinalen Muskeln von Grip-mutanten
Embryonen ab (grip, Pfeil), statt sich wie im Wildtyp (+/+) stabil an beiden Segmentgrenzen zu verankern. Die
embryonale Muskulatur ist durch eine Färbung gegen muskuläres Myosin dargestellt.
(C) Elektronenmikrokopische Aufnahme von neuromuskulären Synapsen in grip-mutanter Larve. Die Pfeile
markieren untypische Vesikel von etwa 200 Nanometer Größe, die auf Störungen im endozytotischen
Membranhaushalt der präsynaptischen Motorneuron-Endigungen hinweisen könnten.
Bild : Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie/Sigrist
© 2004 Max-Planck-Gesellschaft
www.mpg.de
1097
Herunterladen