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Eck.Punkt
Kundenjournal des Landesbetriebs Liegenschaftsund Baubetreuung Rheinland-Pfalz Dezember | 2012 | 7. Jahrgang
TO P T H E M E N
Jahresrückblick | Kadettenbad |
Lebenszykluskostenplanung | Energiecontrolling
Eck.Punkt Dez | 2012
Sehr verehrte Leserinnen und Leser,
ein interessantes, aber schwieriges Jahr geht zu Ende.
Im Lande wird eingespart. Es werden Planungen gekippt,
zurückgefahren oder verändert, es wird gezögert, geprüft
und abgewogen. Das macht nicht nur den Nutzern, sondern auch dem Landesbetrieb LBB zu schaffen, zumal wir
mit dem Konjunkturprogramm in den beiden Vorjahren
auf ein Höchstmaß beim Durchsatz von Projekten eingestellt waren. Jetzt ist die Rolle rückwärts von uns gefordert, d. h. wir werden in unseren Ressourcen ganz anders
beansprucht. Vieles, was zu tun ist, bedeutet zwar ebenfalls viel Aufwand, aber nicht unbedingt honorarrelevanten
Aufwand: Mit Prüfen, Überarbeiten, Streichen, Neuaufstellen lässt sich schlecht Geld verdienen. Natürlich müssen auch Kapazitäten zurückgefahren, umdisponiert und
anders ausgelastet werden. Das war der Grundtenor
dieses Jahres 2012, und daran wird sich wohl in näherer
Zukunft wenig ändern.
Dennoch gibt es auch gute Nachrichten, wir haben Innovatives und Positives zu berichten. Neben einer Auswahl
an interessanten abgeschlossenen Architekturprojekten –
Kadettenbad in Diez, Kommunikationszentrum auf dem
Umwelt-Campus Birkenfeld, Medical Clinic auf der Airbase
Spangdahlem – berichten wir über den Sanierungsbeginn
an der fast zweitausendjährigen Porta Nigra in Trier.
Auch gibt es einige interne Themen, von denen wir Sie
als Kunden, Partner und Politiker in Kenntnis setzen
Editorial
LBB intern
Jahresrückblick: Landesbetrieb LBB erfolgreich
trotz schwierigem Fahrwasser
Rundreise Dr. Barbaro: Vom einundzwanzigsten
ins vierzehnte Jahrhundert und zurück
Organisation:
Neuer Beirat seit Herbst dieses Jahres
Vergabe unterhalb EU-Schwellenwert:
Spielraum für einheimische
Architekten nutzen
Referendare:
Ausbildung künftiger Führungskräfte
Immobilienverkäufe: Eurokrise kurbelt
LBB-Immobilienmarkt an
Mietberechnungsparameter: Risiken und
Nebenwirkungen des Vermietergeschäfts
Fortsetzungsreihe: Wie kommt
Architektur vom Kopf aufs Papier?
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wollen, z. B. Grundsatzfragen, die im Zusammenhang
mit unserer Mieterermittlung diskutiert werden, welche
Erkenntnisse Lebenszykluskostenbetrachtungen liefern
oder welche Schritte im Energiemanagement derzeit mit
fernauslesbaren Verbrauchsmess-Systemen unternommen
werden. Außerdem gibt es als Special die Fortsetzung in
der Reihe „Wie kommt Architektur vom Kopf aufs Papier?“
So wie wir dieses Jahr in partnerschaftlicher Zusammenarbeit gemeistert haben, möchten wir auch ins nächste
Jahr gemeinsam mit Ihnen starten. Zunächst aber wünschen wir Ihnen alle Voraussetzungen für eine festliche
Advents- und Weihnachtszeit und eine erholsame
Zwischen-den-Jahren-Zeit.
Holger Basten
Dr. Petra Wriedt
Geschäftsführer des Landesbetriebs LBB
Stellvertretende Geschäftsführerin
des Landesbetriebs LBB
Baukultur
Hospital Spangdahlem:
Alles unter einem grünen Dach
Kommunikationszentrum
Umwelt-Campus Birkenfeld: Um eine
Erfahrung mit Passivhäusern reicher
Kadettenbad Diez:
„Hoch lebe das edle Handwerk“
Porta Nigra:
Zweitausend Jahre unter der Lupe
Wirtschaftlichkeit
Wirtschaftlichkeitsberechnungen:
Lebenszykluskostenplanung im Trend
Bauen, Energie, Umwelt
Energiecontrolling:
Nur was man weiß, kann man ändern
Emissionsarmes Bauen:
Eine Patentlösung gibt es nie
Impressum
Titelfoto: Kadettenbad, Schloss Oranienstein Diez. Blick in den Dachstuhl des rechten Seitenturmes Foto: Horst Goebel, Hünstetten-Görsroth
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LBB intern
Eck.Punkt Dez/2012
Landesbetrieb LBB
erfolgreich trotz
schwierigem Fahrwasser
Rückblick auf das Geschäftsjahr 2012 und Ausblick auf 2013
Die Zeit der vielen großen Projekte und imageträchtigen Fertigstellungen scheint im Landesbetrieb LBB vorerst vorüber zu sein.
Trotz eines positiven Jahresergebnisses 2011, das mit einem Plus von 7,6 Mio. Euro die Prognosen fast punktgenau erfüllte, sind
darin auch schon die ersten Anzeichen einer Strukturanpassung zu erkennen, die durch die Schuldenbremse erforderlich wird.
Während vor allem das Baumanagement der Niederlassungen betroffen ist, bleibt das Vermietungsgeschäft weitgehend stabil.
Fortschritte gab es bei einer Reihe interner Organisationsprojekte. Auch konnten erfolgreich Altlasten abgebaut werden. Man ist
zuversichtlich, noch 2012 jahrelange Rechtsstreitigkeiten beenden zu können. Hierfür müssen gebildete Rücklagen voraussichtlich nicht in voller Höhe in Anspruch genommen werden. Gut aufgestellt sind wir für die anstehenden großen Aufgaben im USBau, die bisher zügig vorangingen und somit effektiv bearbeitet werden konnten. Allerdings treten vermehrt extern verursachte
Verzögerungen auf. Dennoch werden das US-Projekt in Weilerbach und das US-Schulbauprogramm ein struktursicheres
Auftragspolster für die nächsten Jahre sein. Eine der Auswirkungen der Sparpolitik im Landesbereich und in Teilen des Bundesbaus
wird nach Einschätzung der Geschäftsführung ein steigender Verwaltungs- und Prüfaufwand sein, während die honorarrelevanten Aufgaben zurückgehen. Die Erfahrung zeigt, dass – gerade bei engeren Haushalten – längere Planungs- und Genehmigungzeiten, wiederholte Überplanungen und Detailklärungen gefordert werden, bevor Projekte freigegeben werden.
Diskutiert wird im Kontext mit einer Prüfung des Landesrechnungshofes die zukünftige Gestaltung der Verwaltungs- und Prüfverfahren im Umfeld des Landesbetriebs LBB. Auf Grundlage seiner Erfahrungen mit Projektverläufen, Projektrisiken und wegen
des teilweise hohen Aufwandes unterstützt der Landesbetrieb LBB alle Vorschläge, die transparente, mit klaren Zuständigkeiten
versehene, effektive und auch zeitgemäße Verwaltungsverfahren zum Ziel haben.
LBB-intern werden zurzeit gezielt Effizienzverbesserungen in den Unterstützungsbereichen angegangen, nachdem in den
vergangenen Jahren hauptsächlich die operativen Bereiche des Baumanagements reorganisiert wurden.
Lesen Sie hierzu unser Interview vom
15. Oktober 2012 mit Holger Basten (LBBGeschäftsführer) und Dr. Petra Wriedt
(stellvertretende LBB-Geschäftsführerin).
Die Fragen stellte Sibylla Hege-Bettac
(Eck.Punkt-Redakteurin).
Eck.Punkt: 2011 war das Jahr der Fertigstellungen des Konjunkturprogramms. Ist
2012 das Jahr der Schuldenbremse?
Holger Basten: Ich würde es mal anders
formulieren: Wir sind mitten in den Umstellungen, viele Maßnahmen haben ihre
Anlaufschwierigkeiten, im Landesbereich
sind viele Projekte noch mal auf dem
Prüfstand. Die US-Projekte laufen erst an.
Eck.Punkt: Wie betroffen sind wir von den
Auswirkungen der Schuldenbremse im
Landesbereich?
Holger Basten: Wir müssen uns, wie es
gerade stattfindet, in den Baubereichen
umsortieren, was uns personell viel Mühe
macht und auch die Ergebnisse der Niederlassungen nicht unbedingt besser aussehen lässt.
Eck.Punkt: Das heißt viel Arbeit, wenig
Brot?
Holger Basten: Wenn Maßnahmen länger
geprüft und überplant werden, dauert es
schlichtweg länger, bis etwas baureif ist.
Das ist nachteilig für das Honorar. Auch
gibt es weniger große Baumaßnahmen,
die sich rechnen würden. Altlastenaufarbeitungen und „Kleinkram“ sind für die
Niederlassungen keine Aufgabenmischung, die wirtschaftlich tragfähig ist, da
wir auf HOAI-Erlöse angewiesen sind, um
z. B. den Aufwand für die öffentlichen
Bauherrenaufgaben zu erwirtschaften.
Eck.Punkt: Wie gut sind wir darauf vorbereitet?
Holger Basten: In Verbindung mit der
Ertragslage im Immobilienmanagement,
die trotz zurückgehender Neuvermietungen weiterhin stabil ist, und möglichen
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Eck.Punkt Dez/2012
positiven Effekten aus der Beendigung von
Rechtsstreitigkeiten im Baumanagement
ist die wirtschaftliche Lage des Landesbetriebs LBB insgesamt weiterhin sehr
stabil. Auch haben wir die vorhersehbaren
erforderlichen Anpassungen in unserer
mittelfristigen Planung schon berücksichtigt.
Eck.Punkt: Wo war der Schwerpunkt der
Investitionen in diesem Jahr, wenn man
überhaupt davon sprechen kann?
Holger Basten: Wir haben einige Neubauten fertiggestellt, wie z. B. die Physikalische Chemie und das Institut für Molekulare Biologie (zweiter Bauabschnitt) an
der Johannes Gutenberg-Universität
Mainz oder das Kommunikationszentrum
für die Fachhochschule Trier auf dem
Umweltcampus Birkenfeld mit einem
Gesamtbauvolumen von rund 50 Mio.
Euro. Daneben lag ein Schwerpunkt bei
der Betreuung des Bestandes unserer
Liegenschaften, aber auch bei der Instandhaltung für Bund und Land. Die
geplante Instandhaltung hat auch an
Bedeutung gewonnen, da Grundinstandsetzungen kaum noch auftreten.
Eck.Punkt: Wie würden Sie das abgelaufene Jahr 2012 charakterisieren?
Holger Basten: Nach meinem Empfinden
haben wir uns viel mit Strukturen und
Abläufen beschäftigt. Dies haben im
Übrigen auch die externen Fachaufsichten
und Prüfinstanzen so gehalten. Das steht
im Gegensatz zum Vorjahr, in dem z. B.
Kon-junktur-II-Projekte
oder
die
Entwicklung großer US-Baumaßnahmen
im Vorder-grund standen.
Eck.Punkt: Wie sieht es denn genau mit
den US-Projekten Klinikum Weilerbach
und den Schulbauprojekten aus?
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LBB intern
Holger Basten: Da sind wir in den Aufbauphasen, die laufen nicht schlecht. Wir
sind gut vorbereitet, sauber strukturiert
und vorsichtig mit ungesicherten, voreiligen Zusagen. Wenn wir jetzt Stück für
Stück in die Verantwortung gehen, haben
wir sichergestellt, dass wir uns nur auf
machbare Termine und Kosten sowie qualitativ gute Planungsunterlagen einlassen.
Allerdings gibt es auch hier Verzögerungen, die wir nicht beeinflussen können,
beispielsweise durch Entscheidungen des
Bundes zur Offenlegung der Umweltverträglichkeitsprüfung im Zusammenhang
mit dem Klinikum in Weilerbach. Obwohl
wir mit der Einrichtung einer besonderen
Organisationsform für das Schulbauprogramm schnell bei der Sache waren und
fachlich gute Arbeit geleistet haben, müssen wir nunmehr auch dort Verzögerungen
kompensieren.
Eck.Punkt: Was kann das Immobilienmanagement berichten?
Dr. Petra Wriedt: Das Hauptthema im
Immobilienmanagement (IMA) war das
gleiche wie im Vorjahr, nämlich die
Umstrukturierung. Da geht es um die
Frage: „Wie sieht sich das IMA im Verhältnis zu seinen Nutzern, durch welches
Angebot kann ihnen zur Seite gestanden
werden?“ Dies geht über das Thema Reinigungsleistung und Übernahme der Wartungsverträge hinaus. Was die Technik anbelangt, bekommen wir immer anspruchsvollere Anlagen, worauf nicht alle
Nutzer personell eingerichtet sind. Deswegen gehen unsere Bestrebungen in die
Richtung, auch den Betrieb der Gebäude
zu übernehmen.
Eck.Punkt: Ist das monetär wirklich relevant für den Landesbetrieb LBB?
Dr. Petra Wriedt: Für uns ist es unterm
Strich erst einmal ein Verlustgeschäft, das
muss man klar sagen. Aber man kann
davon ausgehen, dass es sich langfristig
unterm Strich rechnen wird. Der Anfangsaufwand ist – angefangen von den Bestandsauf-nahmen bis zu den Ausschreibungen – enorm, aber es ist ein Plus, das
wir dem Nutzer anbieten können.
Auf der anderen Seite profitieren wir
davon, dass unsere Gebäude und Anlagen
sauber gewartet werden. Wenn der Betrieb
heute nicht ordentlich läuft, dann regelt
sich das alles über die Reparaturen – und
dafür ist ja der Landesbetrieb LBB zuständig.
Eck.Punkt: Wie weit sind wir mit dem
Masterplan Instandhaltung, der aufgelegt
wurde, um die im Land knapper werdenden Haushaltsmittel gerechter zu verteilen?
Dr. Petra Wriedt: Für den LBB-eigenen
Bau steht er weitestgehend. Für den
Hochschulbereich läuft er an. Es musste
dafür ein Datenverarbeitungsprogramm
generiert werden, weil es sich um eine
enorme Fülle von Einzeldaten handelt.
Jetzt sind alle Maßnahmen gebäudescharf
erfasst, mit einer Ampelbewertung versehen und mit den entsprechenden Budgets
über die Jahre hinterlegt.
Eck.Punkt: Wie kommen unsere betriebsinternen Effizienzprojekte voran?
Holger Basten: Wie immer ist es nicht nur
wichtig, wie Verbesserungsmaßnahmen in
der Theorie konzipiert sind: Viel wichtiger
ist, wie sie tatsächlich von den Kolleginnen und Kollegen umgesetzt werden. Im
Falle des von uns im Vergabebereich eingeführten Generalmusterprozesses, der
ein einheitliches verfahrenskonformes
Vorgehen in allen Niederlassungen vor-
LBB intern
sieht, wollen wir dieses abschließend noch
von der Innenrevision prüfen lassen.
Danach kommen die nächsten Entwicklungsstufen. Vieles läuft auf eine Spezialisierung der Aufgabenerledigung hinaus,
wie wir das z. B. in Teilbereichen umgesetzt haben – etwa bei Submissionen, den
VOF-Verfahren, aber auch dem dezentralen VOL-Verfahren in Trier. Auch durch das
verstärkt elektronisch ablaufende Vergabefahren sind Veränderungen vorprogrammiert, wie auch unser Reprocenter in
Idar-Oberstein berichten kann.
Veränderungen können deshalb nicht nur
die operativen Bereiche betreffen, sondern
machen auch vor den zentralen Diensten
nicht halt. Wir müssen sehen, dass wir
notwendige Organisationsentwicklungen
schrittweise und vor allem niederlassungsübergreifend umsetzen. Dieses
Thema wird im nächsten Jahr eine Schlüsselrolle spielen. Ähnliche Entwicklungen
wie in den Vergabebereichen wird es auch
in anderen Unterstützungsbereichen geben, etwa in der Datenverarbeitung oder
den Personal- und Organisationsbereichen. Ein einheitlicher Landesbetrieb LBB
wird auch landesweit einheitlich definieren, welche Aufgaben in unseren Unterstützungsbereichen absolute Priorität
haben und wo wir gegebenenfalls externe
Unterstützung benötigen.
Eck.Punkt: Wie bewerten Sie die Zusammenarbeit mit den Kunden und den
Ressorts?
Holger Basten: Die Zusammenarbeit ist
im Grundsatz mit allen stabil und gut. Sie
ist natürlich dadurch geprägt, dass eingespart wird. Und wir sind die an der Front,
die das Einsparen häufig vertreten müssen. Auch deshalb ist es wichtig, bei laufenden Projekten die jeweiligen Rollen und
Zuständigkeiten zu dokumentieren und
auch einzufordern. Es ist klar zu kommuni-
Eck.Punkt Dez/2012
zieren, was der Planungsbeitrag und Vorschlag des Landesbetriebs LBB ist und was
externe Vorgaben sind. Unabhängig davon
sind nach meiner Einschätzung die direkten Arbeitsbeziehungen der Beschäftigten
des Landesbetriebes LBB mit unseren
Kunden tragfähig und gut.
Eck.Punkt: Wie läuft die Zusammenarbeit
mit unseren Aufsichts- und anderen
Gremien?
Holger Basten: Auch die Zusammenarbeit
zwischen den Organen des Landesbetriebs
LBB ist traditionell gut, zielgerichtet und
vertrauensvoll. Mit dem neugeschaffenen
Beirat (s. Artikel Seite 7), der voraussichtlich zweimal im Jahr tagen wird, haben wir
die Chance, Wissen über die Geschäftsgrundlage und den Auftrag des Landesbetriebs LBB zu vermitteln. Zwischen der
Abteilung 5 des Ministeriums der Finanzen – Bauabteilung – und dem Landesbetrieb LBB stellen wir zum Teil fachliche
Auffassungsunterschiede fest. Mietangebote werden seit Längerem nur unter
Vorbehalt und mit Hinweis auf eine laufende Rechnungshofprüfung (s. Artikel
Seite 12) angenommen.
Eck.Punkt: Worauf muss sich der Landesbetrieb LBB gefasst machen?
Holger Basten: Es ist normal, dass verschiedene, an komplexen Planungs- und
Bauverfahren Beteiligte nicht nur unterschiedliche Interessen vertreten, sondern
häufig auch unterschiedlicher Auffassung
sind. Grundsätzlich stellt diese Diskussion,
so sie denn auf sachlich tragfähigem
Fundament steht, für den Landesbetrieb
LBB eine große Chance dar. Wir nutzen die
Gelegenheit, über die kaufmännischen
Regeln, über die in- und externen Abläufe,
aber auch über die im letzten Jahr bei uns
umgesetzten Maßnahmen zur weiteren
Effizienz- und Qualitätssteigerung zu informieren. In der vorgenannten Diskussion
weiterhin von Bedeutung wird unser
durchgängiges Berichtswesen über den
kompletten Verlauf der großen Baumaßnahmen (A-Projekte) sein, ebenso unsere
Aktivitäten im Energiemanagement zur
Senkung der Nebenkosten einschließlich
des laufenden Ausbaus der dazugehörigen
Monitoring-Systeme, unser Konzept für
die geplante mittelfristige Instandhaltung
sowie unser Einsatz beim schrittweisen
Ausbau der Betreiberleistung.
Eck.Punkt: Wie sieht Ihr Fazit für das
Geschäftsjahr 2012 aus?
Holger Basten: In der inzwischen 13-jährigen Entwicklung des Landesbetriebs LBB
war 2012 ein sehr erfolgreiches Geschäftsjahr mit einem wirtschaftlich
guten Ergebnis. Operativ war die Arbeit
erfolgreich, aber auf Grund der engeren
finanziellen Spielräume aufwändiger. Natürlich wäre es schöner gewesen, mehr
über das Planen, Bauen und das Managen
von Liegenschaften zu diskutieren als über
Verfahren und Zuständigkeiten. In vielen
Bereichen des infrastrukturellen und des
technischen Gebäudemanagements sind
wir gut vorangekommen. Bei unseren
Mietern und Kunden haben wir für
Konzepte geworben, die Einsparungsmöglichkeiten oder Qualitätsverbesserungen aufzeigen.
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Eck.Punkt Dez/2012
LBB intern
Vom einundzwanzigsten
ins vierzehnte Jahrhundert
und zurück
Dr. Salvatore Barbaro macht sich ein Bild von LBB-Baumaßnahmen
Am 9. August 2012 besuchte der
Finanzstaatssekretär und Verwaltungsratsvorsitzende des Landesbetriebs
LBB, Dr. Salvatore Barbaro, mehrere
Standorte im Norden von RheinlandPfalz, an denen der Landesbetrieb LBB
aktuell baut oder kürzlich Maßnahmen
abgeschlossen hat. Begleitet wurde er
von Rolf Stephan (Referatsgruppenleiter
Staatsbau im Ministerium der Finanzen)
und LBB-Geschäftsführer Holger Basten.
Vor Ort fanden sich daneben Vertreter
der Presse, der Kommunal- und Landespolitik sowie die Verantwortlichen der
beteiligten LBB-Niederlassungen ein.
Auch Thomas Metz von der Generaldirektion Kulturelles Erbe ließ es sich
nicht nehmen, die in sein Ressort fallenden Stationen zu begleiten. Das tagesfüllende Programm konnte bei bestem
Sommerwetter absolviert werden.
Besichtigung von Schloss Bürresheim in der Eifel. Personen von links; Rolf Stephan (Referatsgruppenleiter
Staatsbau im Ministerium der Finanzen, MdF), Stefan Schuh (Sachbearbeiter Referatsgruppe Staatsbau, MdF),
Holger Basten (Geschäftsführer des Landesbetriebs LBB), Christoph J. Schiewek (Projektmanager LBB-Niederlassung Koblenz), Dr. Adolf Weiland (MdL, CDU), Thomas Metz (Generaldirektor Kulturelles Erbe), Bernadette
Bubach-Dörr (LBB-Niederlassungsleiterin Koblenz, verdeckt), Dr. Salvatore Barbaro (Staatssekretär
im MdF und Verwaltungsratsvorsitzender des Landesbetriebs LBB)
Wenn es auch nicht das Motto der Tagesexkursion war, eine Zeitreise durch die
Jahrhunderte zu machen, so war die Tour
doch so aufgestellt, dass dem Staatssekretär das technische Spektrum vor Augen
geführt werden konnte, das der Landesbetrieb LBB mit seiner Tätigkeit abdeckt.
Auch musste sich alles in einem Kilometer-Radius abspielen, der sich zwischen
8 und 18 Uhr bewältigen ließ. Entsprechend dem Aufgabenprofil des Landesbetriebs LBB kamen sowohl sehr spezifische
Neubauten als auch denkmalgeschützte
Altbauten auf das Programm. Besichtigt
wurde zunächst ein Erweiterungsbau an
die Betriebszentrale der Fernleitungsbetriebsgesellschaft mbH („Pipeline“) in
Idar-Oberstein, ein daten- und kommuni-
kationstechnisch hoch vernetztes Verwaltungsgebäude (LBB-Niederlassung IdarOberstein). Es folgte die Besichtigung des
mit modernster Medizintechnik ausgestatteten Neubaus der Medical Clinic auf
der Airbase Spangdahlem (LBB-Niederlassung Trier). Von dort ging es zum Schloss
Bürresheim bei Mayen, das aus dem 14.
Jahrhundert stammt. Hier führt der
Landesbetrieb LBB aktuell eine Dachsanierung durch (LBB-Niederlassung Koblenz).
Vor Ort war Schwindelfreiheit gefordert,
denn der Weg führte über das in großer
Höhe angebrachte Gerüst. Das reizvolle, in
schöner Eifellandschaft gelegene Schloss
ist bauhistorisch von größter Bedeutung,
da es von Kriegen verschont geblieben
und in großen Teilen ursprünglich erhalten
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ist. Die nächste Station war das preußische Schloss Stolzenfels am Rhein bei
Koblenz, das ab 1840 aufgebaut wurde
und in das in den letzten Jahren Sanierungsgelder in Höhe von um die 18 Mio.
Euro geflossen sind. Es befindet sich jetzt
in der Vorbereitung zu einem dritten
Sanierungsabschnitt (LBB-Niederlassung
Koblenz). Die zuletzt besuchte Station war
das „Arp Museum“ von Richard Meier, das
als Neubau 2007 oberhalb des historischen Bahnhofs Rolandseck errichtet
wurde, mit dem es über einen Bergstollen
verbunden ist. Der Bahnhof stammt aus
dem Jahr 1865 und war bis 2004 als
Kulturgebäude saniert und hergerichtet
worden (LBB-Niederlassung Koblenz).
Geschäftsführer Holger Basten und die
LBB intern
Eck.Punkt Dez/2012
Neuer Beirat
seit Herbst
dieses Jahres
Landesbetrieb LBB nutzt Expertise von Mitgliedern
des rheinland-pfälzischen Landtags sowie seiner
Partner aus dem Bau- und Planungsbereich
beteiligten Niederlassungsleiter nahmen
die Gelegenheit gerne wahr, an diesem Tag
etwas vom Alltagsgeschäft des Landesbetriebs LBB zu präsentieren. Der Finanzstaatssekretär zeigte sich sehr beeindruckt
von der Vielfalt der Aufgaben und dem
großen fachlichen Spektrum, das im
Landesbetrieb LBB beherrscht wird. Er war
sich sicher: „Das Geld ist gut angelegt!“
/hbc
Seit Ende Oktober dieses Jahres berät ein neues, baufachliches Expertengremium
die Organe des Landesbetriebs LBB. Als fachkundiges Beratungsorgan soll sich der
zweimal jährlich tagende Beirat mit allgemeinen Themen der Bau-, Wohnungs- und
Immobilienwirtschaft befassen und sich der Themen Naturschutz, Landschaftsschutz und Wasserwirtschaft annehmen. Er ist nicht weisungsbefugt, kann aber
Empfehlungen aussprechen. An den Beiratssitzungen nimmt die LBB-Geschäftsleitung als Gast teil. „Bereits die erste konstituierende Sitzung war von konstruktivem,
fachlichem Informationsaustausch geprägt. Ich freue mich, zukünftig die Expertise
der Mitglieder des rheinland-pfälzischen Landtags sowie unserer Partner aus dem
Bau- und Planungsbereich nutzen zu können“, so LBB-Geschäftsführer Holger
Basten.
Unter Vorsitz des Ministers der Finanzen, Dr. Carsten Kühl, sind folgende Mitglieder
des rheinland-pfälzischen Landtags in dem Beirat vertreten: Christian Baldauf
(CDU), Daniel Köbler (Bündnis 90/Die Grünen), Frank Puchtler (SPD), Astrid
Schmitt (SPD), Gerd Schreiner (CDU), Thomas Wansch (SPD) sowie Dr. Adolf
Weiland (CDU). Weitere Vertreter sind Frank Dupré (Präsident des rheinland-pfälzischen Baugewerbeverbandes), Karl-Wilhelm Faber (Vorsitzender des Landesverbandes Bauindustrie), Ralf Hellrich (Hauptgeschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft
der Handwerkskammer), Wilhelmina Katzschmann (Vizepräsidentin der Ingenieurkammer), Rainer Richarts (Vorsitzender des Bauforums), Dr. Elena Wiezorek
(Hauptgeschäftsführerin der Architektenkammer des Landes) sowie Richard Patzke
(Hauptgeschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Industrie- und Handelskammer
Rheinhessen). /ra
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Eck.Punkt Dez/2012
LBB intern
Spielraum für einheimische
Architekten nutzen
Architektenwettbewerbe auch unterhalb des EU-Schwellenwertes
Ergebnis eines Fachgesprächs Anfang
September zwischen den Bauverantwortlichen des Landes (siehe Foto) ist
eine Vereinbarung, wonach der Landesbetrieb LBB kleinen Architekturbüros
und jungen Büros am Markt vermehrten
Zugang zu öffentlichen Aufträgen gewähren wird. Hierzu sollen beschränkte
Architektenwettbewerbe auch unterhalb
des EU-Schwellenwertes von 200.000
Euro Honorarsumme ausgelobt werden.
„Mit der Unterstützung des Finanzministeriums werden wir unsere Spielräume im
Sinne einer baukulturellen Vielfalt und der
Mittelstandsförderung nutzen“, sagt LBBGeschäftsführer Holger Basten. Im Falle
z. B. der Fachhochschul-Kita in Koblenz
(Planung: sander.hofrichter architekten,
Ludwigshafen, 2011) habe ein solcher
beschränkter Architektenwettbewerb zu
einem sehr schönen Ergebnis geführt.
Kleinere Bauaufgaben, die der Landesbetrieb LBB sonst freihändig vergeben
hätte, sollen künftig in geeigneten Fällen
in Anlehnung an die Richtlinien für
Planungswettbewerbe (RPW) ausgelobt
werden. Dazu sollen in Zukunft drei bis
fünf Teilnehmer zu einem Wettbewerb
aufgefordert werden.
Der Landesbetrieb LBB und die Architektenkammer diskutierten sowohl die
rechtssichere Abwicklung der Verfahren als
auch das Ziel, die Teilnahme an den
Verfahren einem möglichst großen – der
Bauaufgabe jedoch angemessenen – Bewerberkreis zu ermöglichen.
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Fachgespräch zur Vergabepraxis bei Architektenleistungen des Landesbetriebs LBB. Teilnehmende von links
nach rechts: Ernst Wolfgang Eichler (Vizepräsident der Architektenkammer), Gerold Reker (Präsident der
Architektenkammer), Finanzminister Dr. Carsten Kühl, Manfred Müller (Vizepräsident der Architektenkammer),
Dr. Elena Wiezorek (Hauptgeschäftsführerin der Architektenkammer), Dr. Salvatore Barbaro (Staatssekretär
im Ministerium der Finanzen und Verwaltungsratsvorsitzender des Landesbetriebs LBB), Holger Basten
(Geschäftsführer des Landesbetriebs LBB) Foto: Kristina Schäfer, Mainz; zur Verfügung gestellt durch die
Architektenkammer Mainz
Ein entsprechender Leitfaden, der Eignungskriterien neu formuliert und die Forderungen der Architektenkammer mit
dem für den Landesbetrieb LBB wichtigen
Aspekt der Rechtssicherheit verbindet,
wird jetzt zwischen den Institutionen erarbeitet.
Absolut wichtig für den Landesbetrieb LBB
sei u. a. die Einhaltung des jeweiligen Kostendeckels, sagt Basten. „Die Entwürfe
müssen so solide sein, dass sie die Einhaltung des vorgesehenen Maßnahmenbudgets sicherstellen können. Mehraufwendungen für schöne Architektur können wir
uns bedauerlicherweise nicht leisten“,
zeigt er die Grenzen des Vorhabens auf.
/hbc
Weitere Info: Deutsches Architektenblatt,
DAB regional Hessen/Rheinland-Pfalz/
Saarland, Ausgabe 10, 2012, „Vergabeverfahren im Fokus“, Seite 18
LBB intern
Eck.Punkt Dez/2012
Ausbildung künftiger
Führungskräfte:
Referendarabend in Mainz
Einblicke in Management- und Fachwissen
Ende Oktober dieses Jahres lud der
diesjährige Referendar-Abschlussjahrgang die Vertreter verschiedener rheinland-pfälzischer Bauverwaltungen
zum Referendarabend in die LBB-Niederlassung nach Mainz ein.
Veranstaltungsziel waren der fachliche
Austausch, der kollegiale Dank an alle,
die sich in der Ausbildung engagieren,
und nicht zuletzt die Möglichkeit für die
Referendare, sich selbst vor ihren potenziellen späteren Arbeitgebern zu präsentieren: Zum einen durch Vorträge auf
Basis einer Fachexkursion zu Architektur
und Städtebau mit dem Schwerpunkt
Stuttgart 21, zum anderen in persönlichen Gesprächen.
LBB-Geschäftsführer Holger Basten, seines Zeichens auch Leiter des Prüfungsausschusses Hochbau am Oberprüfungsamt für den höheren technischen Verwaltungsdienst in Bonn, freute sich darüber,
dass die Bedeutung der Referendarausbildung in den vergangenen Jahren wieder
gestiegen ist und fachlich gute Leute wieder gefragt sind – was sich an der steigenden Absolventenzahl sowie der Marktnachfrage zeige. Unter den rund 70
Gästen waren Vertreter des Ministeriums
der Finanzen, das auch die zuständige
Zulassungsbehörde ist, des Landesrechnungshofs, der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion, der Struktur- und Genehmigungsdirektion, verschiedener Stadtund Kreisverwaltungen sowie der LBBNiederlassungen. Ausbildungsleiter Jochen
Wecker dankte ihnen allen für ihr Engagement bei der Referendarausbildung:
„Der heutige Teilnehmerkreis zeigt einmal
Von links: LBB-Geschäftsführer Holger Basten, Ausbildungsleiter Jochen Wecker mit den Referendaren des
Ausbildungsjahrgangs 2010-2012: Matthias Bächle, Sandra Kock, Janine Färber, Antje Niebergall, Tassya Rauch
(nicht im Bild: Susanne Alt) Foto: Markus Ramp, Landesbetrieb LBB
mehr, wie umfassend und vielschichtig die
Ausbildung unserer Referendare ist. Der
Einsatz lohnt sich – schließlich geht es
darum, verantwortungsvolle Persönlichkeiten zu künftigen Führungskräften für
die Bauverwaltung zu qualifizieren“, so
Wecker.
Die zurzeit 15 in der Ausbildung befindlichen Referendare aus den drei Fachrichtungen Hochbau, Maschinen- und Elektrotechnik sowie Städtebau durchlaufen
während ihrer zweijährigen Ausbildungszeit rund zehn Stationen und vertiefen ihr
Fachwissen in zahlreichen Seminaren und
Lehrgängen. Referendarin Janine Färber,
die mit vier weiteren Kolleginnen und
einem Kollegen den Abend organisierte,
bestätigt dies: „Die Ausbildung bietet viele
unterschiedliche Einblicke in Verwaltungsstrukturen und deren Abläufe, darunter
auch viele Spezialthemen. Diese reichen
von baurechtlichem Fachwissen und
Managementmethoden über die Abwicklung von Großprojekten oder Detaillösungen einer Fassadengestaltung bis hin
zum Aufstieg auf eine rund 20 Meter hohe
Feuerwehrdrehleiter.“ Ein gemütlicher
Ausklang mit vielen Gesprächen zwischen
Referendaren und Gästen rundete den
gelungenen Abend ab. / ra
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Eck.Punkt Dez/2012
LBB intern
Eurokrise kurbelt
LBB-Immobilienmarkt an
Immobilienmanagement mit Verkäufen erfolgreich
Vom steigenden Interesse an einer sicheren Geldanlage in Immobilien profitiert
auch der Landesbetrieb LBB. Die Immobilienverkäufe laufen in diesem Jahr
besser als im Vorjahr.
Das für 2012 anvisierte Ziel, eine Verkaufssumme von 6 Mio. Euro umzusetzen, wird wahrscheinlich erreicht werden. Zum Stichtag 30.09.2012 waren
Grundstücke und Gebäude im Wert von
3,5 Mio. Euro verkauft. Dem Verkaufserlös stehen Buchwerte von 2,3 Mio.
Euro gegenüber, sodass der Bilanzgewinn bei derzeit 1,2 Mio. Euro liegt.
Es bedarf nur noch einiger Abstimmungen,
die Verkaufserlöse bis Jahresende zu realisieren – so etwa im Fall der Liegenschaften in Bad Kreuznach, wo zwar bereits
Gebote vorliegen, die Bieterverfahren aber
noch nicht abgeschlossen sind (Stand
Oktober 2012). „Während wir 2012 im
ganzen Jahr 11 Immobilien verkauft
haben, konnten wir in diesem Jahr schon
16 Immobilienverkäufe abschließen mit
einem Einnahmevolumen von 3,5 Mio.
Euro“, resümiert Stefan Gärtner, Spartenleiter Immobilien in der LBB-Zentrale. Die
Verkaufspreise bewegen sich dabei zwischen 1.000 und 1 Million Euro. Es handele sich dabei um so unterschiedliche
Immobilien wie kleine Restgrundstücke
von wenigen Quadratmetern, die aus
Gründen der Flurbereinigung verkauft
werden, über das große Tankstellengrundstück, das sich für Geschosswohnungsbau eignet, bis hin zu anderen
Objekten, die unter ökonomischen Aspekten richtig interessant seien.
Auch Liegenschaften, für die es in den ver-
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Ansprechpartner für Immobilienverkäufe
im Landesbetrieb LBB
LBB-Zentrale, Mainz:
Erwin Dillmann, E-Mail: [email protected]
Heinz-Günter Sowart, E-Mail: [email protected]
Beatrice Kahe, E-Mail: [email protected]
gangenen Jahren keine Kaufinteressenten
gab, gingen jetzt über den Tisch – beispielsweise das erwähnte Tankstellengelände in Mainz-Gonsenheim. Von Ackerbauflächen bis zu denkmalgeschützten
Gebäuden hat der Landesbetrieb LBB
ziemlich unterschiedliche Objekte im
Angebot.
Verkauft werden nur
„übrige“ Grundstücke
Schnell ist vom „Ausverkauf des Tafelsilbers“ die Rede. Der Landesbetrieb LBB verkauft jedoch nur solche Immobilien, die
von der Landesverwaltung auch künftig
nicht mehr benötigt werden. Mit 6 Mio.
Euro bewegt sich das Verkaufsportfolio im
Verhältnis zu den Neuinvestitionen im
einstelligen Prozentbereich. Abgestoßen
werden ausschließlich Objekte, die für die
Landesverwaltung unzweckmäßig sind,
beispielsweise aufgegebene Forstämter,
bestimmte Denkmalobjekte, problematische Hanglagen o. ä. Außerdem werden
Liegenschaften veräußert, bei denen nach
gründlicher Standortanalyse feststeht,
dass sie weder jetzt noch zukünftig sinnvoll in ein Flächenmanagement eingebunden werden können. „Wenn absehbar ist,
LBB intern
Eck.Punkt Dez/2012
dass eine Liegenschaft aufgegeben wird,
wird zunächst geprüft, ob es Sinn macht,
eine andere Behörde dort unterzubringen.
Ist das nicht Fall, wird verkauft“, so die
stellvertretende Geschäftsführerin Dr.
Petra Wriedt. Durch die Strukturreformen
bei den Polizei-, Kataster- und Finanzbehörden hatten wir im Landesbetrieb
LBB alle Hände voll zu tun.
Leerstand ist auch teuer
Ein Gebäude zu behalten für den Fall, dass
es vielleicht irgendwann doch noch
genutzt werden kann, rechnet sich meist
nicht, denn auch der Leerstand muss
bewirtschaftet werden. Die Gebäude müssen bewacht, gegebenenfalls beheizt werden. Außen ist die Verkehrssicherung zu
gewährleisten, Grünanlagen und Bäume
sind zu pflegen, das Gebäude baulich
abzusichern. Die Leerstandskosten sind
manchmal so hoch, dass sich der Verkauf
des Gebäudes selbst dann lohnt, wenn
man es nur unter dem Verkehrswert veräußern kann.
LBB-eigenes Competence Center
macht Wertermittlungen
Der Landesbetrieb LBB ist nach der Landeshaushaltsordnung (LHO) gehalten,
mindestens zum Verkehrswert zu verkaufen. Die Verkehrswerte werden durch
unser Competence Center Wertermittlung
in der LBB-Niederlassung Mainz ermittelt.
„Das sind objektive Gutachten. Sie werden
nach der Wertermittlungsverordnung und
den einschlägigen Richtlinien erstellt“,
sagt Gärtner.
Veröffentlichung in Internet
und Fachpresse
Unsere Verkaufsobjekte stellen wir auf der
Website des Landesbetriebs LBB
(www.LBBnet.de) und – das ist neu – bei
Immoscout ein. Abhängig von der Bedeutung der Liegenschaft geben wir auch in
der überregionale Presse bzw. Fachpresse
(Immobilienzeitung) Anzeigen auf.
Es gibt Angebote, die sich eher an
Privatleute richten. Beispiele hierfür sind
etwa Baugrundstücke für Einfamilienhäuser, die wir in Dienheim verkaufen. Bei
gewichtigeren Verkäufen, z. B. von größeren Wohnkomplexen der Justizvollzugsanstalten, sind unsere Kunden eher institutionelle Anleger. /hbc
Oben: Büro- und Wohngebäude, Winzingerstraße in Neustadt/Weinstraße – verkauft –
Mitte: Beispiel für ein in Dienheim verkauftes Baugrundstück
Unten: Verkauftes Tankstellen-Gelände, Elbestraße in Mainz-Gonsenheim
11
Eck.Punkt Dez/2012
LBB intern
Risiken und
Nebenwirkungen des
Vermietungsgeschäfts
Mietberechnungsparameter in der Diskussion
In Zeiten der Schuldenbremse und
knapper Kassen werden die Verteilungskämpfe schärfer. Das bekommen auch
wir als Landesbetrieb LBB zu spüren,
wenn zunehmend unsere Methodik der
Mietpreisermittlung infrage gestellt
wird. Auch der Rechnungshof befasst
sich seit Längerem mit dem Mietberechnungsmodell, hat sich aber noch nicht
abschließend dazu geäußert. So lange
sind alle Mietabschlüsse vom Ministerium der Finanzen unter Vorbehalt gestellt. In dieser Situation hat das Immobilienmanagement, durchaus selbstkritisch, ein Gutachten mit dieser
Thematik in Auftrag gegeben.
Unabhängige Fachleute sollten sich mit
der Fragestellung befassen, ob die im
Landesbetrieb LBB praktizierte Berechnungsweise angemessen bzw. üblich ist.
Das Ergebnis liegt jetzt vor. Es bestätigt
im Wesentlichen die Vorgehensweise
des Landesbetriebs LBB. Weiterführend
schlagen die Gutachter vor, das Berechnungsmodell weiter zu differenzieren
und spezifischer auf Nutzungs- und
Gebäudearten auszurichten.
Der Landesbetrieb LBB praktiziert sein
Berechnungsmodell seit Einführung des
Mieter-Vermieter-Modells in RheinlandPfalz unverändert. In Abstimmung mit
dem Ministerium der Finanzen leitet sich
unsere Mietwertbestimmung aus den
Baukosten ab (Kostenmiete). Das Vermietungsgeschäft birgt vielerlei Risiken, die
der Landesbetrieb LBB zu tragen hat, wie
z. B. das Baukostenrisiko und das Zinsrisiko. Neubau, Instandhaltung und Bewirtschaftung der Gebäude müssen organi-
12
siert und finanziert werden. Daraus ermittelt der Landesbetrieb LBB nach den
Methoden der Investitionsrechnung eine
Miete. „Auf der Gegenseite, wo die nutzenden Ressorts, letzten Endes das
Ministerium der Finanzen, die Mietmittel
zur Verfügung stellt, gibt es naturgemäß
ein andere Sichtweise der Dinge“, fasst
Stefan Gärtner (Spartenleiter Immobilien
in der LBB-Zentrale) die Meinungsverschiedenheit zusammen. Und er ergänzt:
„Wir veranschlagen den Mietzins nach
den gültigen Regularien, wie das seit vielen Jahren festgelegt ist. Im Übrigen waren
die Zinssätze und die daraus resultierenden Mieten früher viel höher.“
Die Hauptparameter:
Nutzungsdauer, Instandhaltung,
Zinssatz
Der Landesbetrieb LBB kalkuliert über
einen Zeitraum von dreißig Jahren. Dabei
hinterlegen wir einen Zinssatz, der unseren eigenen Finanzierungskonditionen
entspricht, d. h. der Verzinsung unseres
Gesellschafterdarlehens vom Land und
unserer Bankdarlehen. Instandhaltungsaufwendungen, die für die Gebäude anfallen, leiten wir – bezogen auf das Gesamtportfolio – aus den tatsächlich entstehenden Instandhaltungskosten ab (Durchschnittswerte der letzten Jahre).
Dies sind die drei Hauptparameter: die
Nutzungsdauer, die Instandhaltung und
der Zinssatz. Die Inflationsrate und die
Mietsteigerungsrate sind eher nebensächlich. Damit wird, nach einem anerkannten
dynamischen Berechnungsmodell der
Finanzmathematik, eine Kapitalwert-
berechnung durchgeführt. Die jetzige
Diskussion dreht sich um die Frage, wie
objektiv diese Berechnungsmethoden sind
und ob sie an den realen Kosten ansetzen.
Warum keine Marktmieten?
Kostenmiete oder Marktmiete – das sind
zwei unterschiedliche Ansätze. Bei
Objekten, die auf dem Markt gängig sind,
die man dort platzieren kann, können
Vergleichsmieten auf dem Markt ermittelt
werden. „In unserem Portfolio allerdings
passen nur die wenigsten Objekte in diese
Kategorie“, so Christian Müller vom
Immobilienmanagement der LBB-Zentrale. Das Gros unserer Immobilien sind
Sonderimmobilien, die speziell für einen
Nutzerkreis gebaut oder hergerichtet werden. Polizeigebäude oder Justizvollzugsanstalten sind nicht marktgängig. „Das
Vehikel Kostenmiete ist deswegen die einzige Möglichkeit, zu einem Mietpreis zu
gelangen, wobei es natürlich große Ausstattungsunterschiede gibt“, so Müller
und weiter: „Die Erkenntnis ist relativ trivial, führt aber merkwürdigerweise immer
wieder zu Auseinandersetzungen.“
Ungeklärter Zustand –
unternehmerisches Risiko
Derzeit stehen alle Mietangebote der letzten eineinhalb Jahre des Landesbetriebs
LBB unter Vorbehalt, denn das Prüfungsergebnis des Rechnungshofes steht, wie
erwähnt, noch aus. In Bezug auf den
Jahresabschluss eine etwas missliche
Situation, zumal sich der Vorbehalt auf
eine Vielzahl von Immobilien und über
LBB intern
einen mehr als einjährigen Zeitraum
erstreckt. Gärtner erklärt dazu: „Jedes
Vermietungsgeschäft, das wir tätigen, ist
mit dem Risiko behaftet, im schlechtesten
Fall in Teilen nicht anerkannt zu werden.
Wir sind interessiert daran, dass bald eine
Klärung erfolgt und es wieder Handlungssicherheit gibt – sowohl für uns als auch
für unsere Mieter.“
Gutachter: Risiko ist
nicht überbewertet
Das von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte & Touche GmbH angefertigte Gutachten ist für den Laien nicht
einfach zu verstehen. „Es ist sehr fachspezifisch“, so Christian Müller. Die Quintessenz aber ist, dass das vom Landesbetrieb LBB angewendete Berechnungsmodell seine Berechtigung hat. Da es auch
bei anderen Investoren und Anlegern der
Branche Anwendung findet, gilt es als
marktüblich. Die Grundparameter wie der
Refinanzierungszeitraum von dreißig Jahren werden – bezogen auf unsere Immobilien und deren technische Ausstattung –
als völlig zeitgemäß bewertet. „Das ist
eine wichtige Erkenntnis“, meint Müller.
„Ein Punkt, der uns allerdings bekannt war,
ist besonders interessant“, fährt er fort:
„Von den Gutachtern wurde festgehalten,
dass das Thema ‚Risiko‘ in unserem
Mietberechnungsmodell nicht überrepräsentiert ist“. Gerade dahingehend lauteten die ja Vorwürfe gegen den Landesbetrieb LBB, die verwendeten Zinzsätze
seien so hoch, dass damit Risiken nicht
noch zusätzlich abgedeckt werden müssten. Deloitte & Touche sagen demgegenüber, dass Investoren über ganz andere
Stellschrauben verfügen, um Risiken abzupuffern.
Mietfestlegung weitgehend
ohne Berücksichtigung der
Baukostenentwicklung
Ein weiterer Punkt sind die Baukosten. Der
Landesbetrieb LBB erstellt das Mietangebot auf Basis der Kostenberechnung in
der HU – Bau –1. Wir fixieren also die
Miete zu einem Zeitpunkt, wo die
Baumaßnahme noch nicht erstellt ist,
geschweige denn die Gewerke beauftragt
oder Rechnungen bezahlt sind. Grund für
diese Vorgehensweise ist das Haushaltsrecht: Es schreibt vor, dass Baukosten
Eck.Punkt Dez/2012
nicht indexiert werden dürfen – sie müssen vorher festgeschrieben sein. Bekannt
ist aber auch, dass von der Projektierung
bis zur Fertigstellung ein langer Zeitraum
vergeht, gerade in der öffentlichen Verwaltung. Baukostensteigerungen ab dem
Zeitpunkt der Erstellung der HU – Bau –
bis zur Realisierung können bei uns nicht
mehr ausgesteuert oder an anderer Stelle
kompensiert werden, und das umso weniger, je größer die Bausummen sind. „In der
früheren Systematik, als es noch kein
Mieter-Vermieter-Modell gab, hatte diese
Festschreibung ihre Berechtigung. Für
unsere heutigen Gegebenheiten muss
man sie aber anzweifeln“, so Gärtner.
Der Risikofaktor, der uns von unseren
Kritikern in Form eines bestimmten
Zinssatzes zugemessen wird, steht in keiner Relation zur realen Baukostenentwicklung. „Deshalb ist diese Feststellung
von Deloitte so wichtig für uns. Die
Gutachter schlagen dem Land vor, hier
etwas nachzujustieren.“
Gutachten die bisherige Verfahrensweise.
Nun stellt sich die Frage, ob man die von
Deloitte vorgeschlagene Differenzierung
(nach Objekten, Nutzungsart, Standort
sowie nach der Art und Weise, wie
Instandhaltungsmittel abfließen) umsetzen sollte, ob sie im täglichen Geschäft
überhaupt umsetzbar ist. Gegenüber
unserem etwas einfacheren, aber pragmatischen Modell nach dem bewährten
Motto „keep it short and simple“ erscheint dieses Modell höchst aufwändig
und kompliziert. „Jeden Parameter, der
irgendwo angesetzt wird, kann man dann
für sich infrage stellen und diskutieren“,
äußert sich Gärtner skeptisch. „Auf die
weitere Diskussion des Mietberechnungsmodells und des Gutachtens von Deloitte
& Touche bin ich gespannt.“ /hbc
1 Haushaltsunterlage nach den Richtlinien
für die Durchführung von Bauaufgaben des
Landes Rheinland-Pfalz
Geschäftsrisiko
Sonderkündigungsrecht
Während gewerbliche Mietverträge i. d. R.
zehn Jahre Laufzeit haben und nicht kurzfristig kündbar sind, können Mieter des
Landesbetriebs LBB bei Verwaltungsumstrukturierungen ein Sonderkündigungsrecht in Anspruch nehmen. In Fällen, bei
denen es sich um große Liegenschaften
handelt, macht dies dem Landesbetrieb
LBB unter Umständen schwer zu schaffen,
weil die Refinanzierung über dreißig Jahre
geplant ist. Beispielsweise wurde – bedingt durch die Polizeireform – die
Bereitschaftspolizei Schifferstadt aufgegeben. „Das sind Gebäude, die sehr gut in
Schuss sind und in die in den vergangenen
Jahren viele Instandhaltungsmittel geflossen sind“, so Gärtner. „Die Kündigungsfristen sind zu kurz, als dass der Landesbetrieb LBB eine nahtlose Anschlussnutzung oder Vermarktung umsetzen könnte.“
Fazit des Landesbetriebs LBB
aus dem Gutachten
Das Immobilienmanagement des Landesbetriebs LBB sieht sich durch das DeloitteGutachten nicht unmittelbar veranlasst,
an seinem Mietberechnungsmodell etwas
zu ändern. Im Wesentlichen bestätigt das
13
Eck.Punkt Dez/2012
LBB intern
Wie kommt Architektur
vom Kopf aufs Papier?
Der Entwurf
In unserem letzten Eck.Punkt haben wir
uns der Frage gewidmet, wie Architektenpläne entstehen. Sie haben erfahren,
warum wir mit dem CAD-Programm
ARRIBA CA3D arbeiten und wie CADProgramme funktionieren. Es handelt
sich dabei um Rechenprogramme, die
mathematisch genaue 2D-Pläne oder
3D-Modelle von Gebäuden erzeugen
und die man durchaus auch kreativ einsetzen kann. Architekten und Bauzeichner arbeiten Hand in Hand. Von einem
Planungsstadium zum andern verdichtet
sich die dargestellte Information.
Um Änderungen im Planungsfortschritt
möglichst einfach einarbeiten zu können, werden die Informationen auf verschiedenen Zeichnungsebenen gespeichert, sogenannten Folien. Die Pläne
werden über ein datenbankgestütztes
Managementsystem (om/3) auf unseren Servern abgelegt.
So viel zum Rückblick auf die letzte
Ausgabe. Heute lassen wir Sie an einem
Gespräch über den Entwurfsprozess
teilnehmen. Erleben Sie selbst,wie aus
Quadratmeterzahlen und Raumbedarfsanforderungen eine Gebäudekonzeption
auf einem Grundstück entsteht.
Entwurf vor Ort ist besser als
Entwurf auf dem Papier
Liegt das zu bebauende Grundstück nicht
frei in der Landschaft, sondern in einem
Ortszusammenhang, liefert die umgebende Bebauung erste Anhaltspunkte für eine
mögliche Konzeption. Zunächst muss sich
die Aufmerksamkeit auf die „Massen“
richten, also auf die reinen Baukörper. So
14
Testentwurf auf einem Grundstück für die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD)
in Neustadt Zeichnung: Sven Nickerl, LBB-Niederlassung Landau
LBB intern
Eck.Punkt Juni/2011
sieht das Architekt Thomas Seyler von der
LBB-Niederlassung Landau, einer der
erfolgreichsten Entwerfer im Landesbetrieb LBB. Er empfiehlt, sich nachts an dem
Baugrundstück aufzuhalten: „Da ist es
ruhiger. Alles Unwichtige – Verkehr,
Werbetafeln, das Spiel von Sonne und
Schatten usw. – ist ausgeblendet.“ Das
„Sehen“ tritt gegenüber dem „Fühlen“
zurück. Fluchten und Räume, auch der
Leerraum, in dem gebaut werden soll, lassen sich so besser wahrnehmen. Im Kopf
hat Seyler dabei schon eine grobe Vorstellung, wie groß der Baukörper ungefähr
sein wird – „was wichtig ist, denn man
kommt auf diese Weise schon zu einer
relativ präzisen Aussage“, ist erstaunlicherweise seine Erfahrung. Er empfiehlt auch,
sich nicht nur der Baulücke zuzuwenden,
sondern – diese im Rücken – die
Aufmerksamkeit auf die umgebende Bebauung zu richten, denn seine Architektur
muss später genau darauf antworten bzw.
damit harmonieren. „Sie darf nicht dagegen arbeiten, sondern muss die vorhandene Situation ins Positive steigern. Damit
erzielt man die beste Wirkung“, sagt er.
„Die Situation umsetzen“, heißt dies in
seiner Sprache. „Es ist wie beim Segeln:
Man kann nicht ohne, nur mit dem Wind
fahren“, versucht er einen Vergleich.
Auch der sogenannte Funktionalismus ist
in der modernen Architektur eine häufig
angewandte Herangehensweise. Dabei
wird die Charakteristik eines Gebäudes
aus der Analyse der Aufgabe entwickelt.
„Wenn man den Sinn einer Aufgabe im
Kern erfasst und verstanden hat, kann
man auch so zu einem absolut ausdrucksstarken Gebäude kommen“, sagt Seyler im
15
Eck.Punkt Dez/2012
Hinblick auf die neuere Architekturgeschichte. „Aber auch dies gelingt nur im
Konsens mit dem Ort oder der Landschaft. Auch wenn ein Gebäude durchaus
einmal die Rolle eines Solisten im Orchester spielen kann, bleibt es im Endeffekt
aber immer Teil eines Konzertes, einer
Musik“, erklärt er.
Manchmal ist der Idealfall eines städtebaulichen Anlasses nicht gegeben. Man
befindet sich z. B. in einem wenig definierten Stadtrandbereich, wo eine Vielzahl
von „Anforderungen“ aufeinandertreffen
(Wohnen, Gewerbe, Brachland, breite
Straßen …). Sind auch großräumigere
Landschaftsbezüge nicht herzustellen,
kommt man – wie im Fall des Justizzentrums in Bad Kreuznach, das in einem aufgelassenen Kasernengelände gebaut werden soll – zu einer anderen Architekturaussage. Hier bietet sich mit einem nach
außen geschlossenen und zu einem intimen Innenhof geöffneten Gebäude sozusagen ein „Städtebau nach innen“ an.
Massenmodell zur
ersten Visualisierung
Auch wenn die allerersten Entwurfsideen
klassischerweise noch mit dem B6-Stift
als Handskizzen zu Papier gebracht werden, so ist doch irgendwann der Zeitpunkt
gekommen, wo man ein dreidimensionales Arbeitsmodell zu Hilfe nimmt. „Massenmodell“ nennen die Architekten
Modelle im Maßstab 1:1000 oder 1:500,
bei denen vorerst nur Bauvolumina, nicht
Gestaltungseinzelheiten eine Rolle spielen. Über Messzahlen aus den geforderten
Hauptnutz- und Verkehrsflächen können
diese Massen ungefähr berechnet werden.
„Da kommt es nicht auf den halben Meter
an. Bei 30, 40 Metern Gebäudelänge sieht
man den in diesem Maßstab nicht“, so
Bauzeichner Jonathan Valendzik. Diese
„maßstabsgerechten Bauklötzchen“ werden z. B. auf Katasterpläne montiert,
sodass ein umgebendes Stadtmodell entsteht. Der neue Baukörper wird so lange
hin und her versetzt, bis eine stimmige
Gesamtkonzeption erreicht ist bzw. bis
geeignete Konzeptionsvarianten entstanden sind. Jetzt kann man bereits von
einem Vorentwurf sprechen: Der Formungsprozess ist bereits sehr konkret
geworden.
16
LBB intern
Solche Animationen sind sehr aufwändig.
Sie werden heute jedoch erwartet und die
Ansprüche daran sind sehr hoch. Für die
Präsentation und das Gespräch mit
Kunden sind solche Darstellungen von
zunehmender Wichtigkeit. Eine andere
Möglichkeit sind Fotomontagen, bei
denen das geplante Gebäude dreidimensional dargestellt und in die Baulücke
moniert wird. Das Ergebnis kann man fast
mit der Wirklichkeit verwechseln. Für
Bauzeichner Sven Nickerl heißt „von Hand
zeichnen“ in diesem Zusammenhang,
etwas „mit der Computermaus zeichnen“,
anstatt eine Funktion einzugeben und es
das Programm rechnen zu lassen.
Das Entwurfsteam Jonathan Valendzik, Sven Nickerl,
Thomas Seyler in der LBB-Niederlassung Landau vor
einem Modell
Mit Bauklötzen am Bildschirm spielen
Das Gleiche kann man heute am Computer erreichen. Unser CAD-Programm
stellt dafür das Aufsatzmodul Diamo zur
Verfügung. Dafür nimmt Seyler schon
gerne Hilfe der jüngeren BauzeichnerKollegen in Anspruch. Mit dem CAD können dreidimensional aussehende Kubaturen erzeugt und auf dem Stadtgrundriss
oder dem Grundstückslageplan beliebig
verschoben oder im Raum gedreht werden. Auch Licht und Schatten können eingestellt werden. So kann der Architekt jede
Perspektive, die er am realen Modell einnehmen kann, am Bildschirm entsprechend einstellen und sie sogar „fotografieren“. Später werden die Elemente mit
Details bestückt wie Fenstern, Fassaden
usw. Minutenschnell sind auch Varianten
dazu erstellt.
Wenn später noch Personen, Autos und
Bäume einmontiert werden, entstehen
fast schon fotorealistische Schnappschüsse, die sich bereits für erste Darstellungen und die weitere Diskussion eignen.
Vor- und Nachteile des
Entwerfens mit CAD
CAD hat Vorteile, gerade wenn sehr viel
herumprobiert werden muss – oder wenn
z. B. im Falle einer Fassadenplanung sehr
viele verschiedene Entwürfe notwendig
sind, die eine große „Tiefenschärfe“ verlangen. „Mit Bleistift ist das Fleißarbeit.
Mit CAD kann man Strukturen, Größenordnungen, Achsmaße ganz schnell variieren. In dieser Perfektion kriegt man das
mit dem Bleistift gar nicht hin“, so Seyler.
Für den CAD-Zeichner ist es mehr oder
weniger nur „ein Knopfdruck“. „Auch
würde man sicher nicht die Fülle der
Varianten
hinbekommen“,
ergänzt
Valendzik. „Allerdings“, meint Seyler,
„zwingt das Medium CAD zu frühen
Festlegungen.“ Das System frage Details
ab, um deren Klärung man sich als
Entwerfer normalerweise meist erst später bemühen würde, z. B. Dimensionen,
Profilbreiten bei Fenstern oder Fassadenmaterialien, die man erst in Absprache mit
einem Fassadenbauer getroffen hätte.
„Mit CAD müssen Entscheidungen vorweg
fallen“, so der Architekt zum Thema
Entwerfen im CAD-Zeitalter. Außerdem
werde durch CAD das intuitive, „genialische“ in der Architektur – er verweist auf
Le Corbusier – zurückgedrängt. Möglicherweise werde das aber von jungen Leuten,
die mit dem Medium aufwachsen, anders
gesehen. Seiner Ansicht nach hat durch
die genauen Abbildungsmöglichkeiten die
„Oberfläche“ an Bedeutung gewonnen,
was an der aktuellen Architektur ablesbar
sei.
LBB intern
Eck.Punkt Dez/2012
Zwei Zeichner und ein Architekt zwischen Realität und Abbildung
Die Hüllfläche macht heute
die Architektur
Vom Massenmodell zum
richtigen Entwurf
Der Entwurf wird heute allerdings nicht
nur durch das Zeichnen mit CAD beeinflusst. Weitere wichtige neue Einflüsse
entstehen auch dadurch, dass immer
mehr Abschied genommen wird vom
handwerklichen Bauen, bei dem Stein auf
Stein gesetzt und mit Hammer und
Nägeln gearbeitet wurde. Heute schalt
man den Rohbau aus und hängt eine intelligente Fassade davor.
Während die Grundrisse immer allgemeiner werden, gewinnt das „Wrapping“ – die
Außenverpackung bzw. Verkleidung des
Gebäudes – immer mehr an Bedeutung.
Dies geschieht u. a. infolge der energetischen Anforderungen an die Hüllfläche.
Bauteile werden in großem Stil fabrikmäßig vorgefertigt, z. B. geschosshohe
Passivhaus-Wandteile. Eine weitere architektonische Konsequenz aus dem
Energieeffizienzdenken: Gebäude müssen
heute möglichst tief sein und dürfen
wenig Vor- und Rücksprünge aufweisen,
um das Volumen in ein günstiges
Verhältnis zur Umfassungsfläche zu bringen.
„Die Plastizität eines Gebäudes weicht der
Materialität der Fassade“, bringt Seyler
dies auf den Punkt. Er meint dies nicht
abschätzig, sondern sieht darin eine spannende neue Forderung an die Architekten.
Die glatten, kompakten, „abstrakten“ Baukörper nur mittels Rhythmisierung,
Gliederung und Materialauswahl interessant zu gestalten, ist in der Tat nicht einfach.
Ist die erste Vorentwurfsphase abgeschlossen, d. h. sind Modellvarianten festgelegt, müssen diese mit konkreten
Grundrissen „aufgefüllt“ werden. Jetzt
kommen die Bauzeichner richtig ins Spiel.
Durch das CAD haben sie neben dem
Architekten eine wichtige Funktion im
Landesbetrieb LBB: Sie zeichnen und plotten nicht nur, sondern verwalten auch die
gesamten Planungsdaten im Netz.
Dadurch werden sie zum Anlaufpunkt aller
Projektbeteiligten.
Es wird nun im Maßstab 1:200 und 1:100
gearbeitet, wobei gelegentlich in noch
größere Maßstäbe gezoomt wird – auch
ein Vorteil des CAD. „Meist definieren wir
ein Achsraster, z. B. wenn wir Büroräume
konstruieren. Auf diesem Achsraster planen wir dann, d. h. wir setzen das
Raumprogramm um“, so Valendzik. Dazu
müssen die Bauzeichner Funktion, Anzahl
und Größe berücksichtigen sowie die
Abhängigkeiten der Räume, die im
Raumprogramm beschrieben sind.
für die Entwicklung des Gebäudes nach
innen Freiheit. „Nur so können die Möglichkeiten und Chancen für das Gebäude
entdeckt werden.“ Im Dialog entstehen
mehr Ideen, da sind sie sich einig.
Außerdem gelänge es leichter, sich von
Entscheidungen wieder zu verabschieden,
die sich nach einer Kette von Vorentscheidungen und Annahmen als falsch
herausstellten oder zu Interessenkollisionen führten. „Sonst steht man da wie der
Affe mit der Apfelsine, die er mit der Hand
zwar packen, aber nicht durch die zu kleine
Öffnung zu sich ziehen kann“, fällt Seyler
wieder einer seiner bildhaften Vergleiche
ein. Für entwerferisch tätige Architekten
ist dies ein durchaus bekanntes Gefühl.
/hbc
Der Artikel entstand auf Grundlage
eines Redaktionsgesprächs vom 9.
Oktober 2012 mit Sven Nickerl (Bauzeichner), Thomas Seyler (Architekt) und
Jonathan Valendzik (Bauzeichner) – alle
LBB-Niederlassung Landau – und Sibylla
Hege-Bettac (Redakteurin)
Die Kommunikation macht‘s
Der Prozess gelingt nur mit intensiver
Kommunikation zwischen allen Beteiligten. Im Falle von Seyler, Valendzik und
Nickerl in der LBB-Niederlassung Landau
funktioniert das ziemlich gut. „Sie arbeiten sehr selbstständig“, sagt Seyler über
seine Kollegen. Er versucht seinerseits,
möglichst exakte, dafür aber wenige
Vorgaben zu machen. So legt er z. B. die
Baufluchten und Abstände fest, lässt aber
17
Eck.Punkt Dez/2012
Baukultur
Alles unter einem
grünen Dach
Weltklasseklinik auf der Airbase Spangdahlem nach
vier Jahren Bauzeit fertiggestellt
Am 7. September wurde die neue
Medical Clinic auf dem Flugplatz
Spangdahlem eingeweiht. Die amerikanischen Streitkräfte verfügen jetzt in
Spangdahlem über eine moderne Klinik,
in der alle Leistungen der ärztlichen
Erstversorgung sichergestellt sind.
In den 6.700 Quadratmeter großen
Neubau wurden 21 Mio. Euro investiert.
Mit einer „Ribbon Cutting Ceremony“
nahmen die amerikanischen Streitkräfte
den neuen Klinikkomplex in Besitz. „It's
truly a world-class clinic“, kommentierte
Col. David Julazadeh, 52nd Fighter Wing
Commander, bei der feierlichen Eröffnung
vor mehr als 250 geladenen Gästen.
Waren die Untersuchungsräume und ärztlichen Angebote bislang an zahlreichen
Orten in Bitburg und Spangdahlem verteilt, können die ärztlichen Leistungen
jetzt zentral in der neuen Klinik angeboten
werden.
Das Klinikgebäude verfügt über das erste
extensiv begrünte Dach der gesamten Airbase. Die Dachbegrünung ist ein wichtiger
Bestandteil der landespflegerischen Ausgleichsmaßnahme. Sie kompensiert die
Bodenversiegelung der Baumaßnahme
und dient der Wasserrückhaltung sowie
dem Artenschutz als Biotop.
Der Klinikneubau besteht aus einem zweiund dreigeschossigen Massivbau mit
begrüntem Flachdach sowie einem Pultdach über dem mittleren Verbindungstrakt. Das Gesamtprojekt ist in drei Gebäudekomplexe aufgeteilt.
18
Bei der feierlichen „Ribbon Cutting Ceremony“ (von links nach rechts): Manfred Förster (LBB-Niederlassungsleiter
Trier), Klaus Rodens (Bürgermeister Spangdahlem), Landrat Joachim Streit, Col. Pete Hemlinger (Commander
USACE Europe District), Col. David J. Julazadeh (Commander 52nd Fighter Wing Spangdahlem), Col. Robert
Bowersox (Commander 52nd Medical Group) Foto: Elvira Hommelsen, Landesbetrieb LBB
Folgende Funktionsbereiche sind hier angeordnet:
Allgemeinmedizin für Familien
Medizinische Betreuung für
Flugpersonal
Untersuchungsbereiche
Augenuntersuchungen
Gesundheitsvorsorge
Physiotherapie
Radiologie
Apotheke
Labore
Verwaltung
Logistikräume
Personalbereiche
Die LBB-Niederlassung Trier wurde von
den amerikanischen Streitkräften für die
exzellente Planung des Medical Centers
gewürdigt. Im Rahmen des Design-AwardProgamms 2010 wurde vom Headquarter
der amerikanischen Airforce in Europa der
Honor Award Concept Design verliehen.
Ausgezeichnete Planung im wahrsten
Sinne des Wortes. /gg
Baukultur
Eck.Punkt Dez/2012
Das zweigeschossige Gebäude bietet Platz
für verschiedene medizinische Abteilungen, von
Familiengesundheit bis Physiotherapie
Foto: Obermeyer, Wiesbaden
Ausgezeichnete Planung im wahrsten Sinne des
Wortes: Die LBB-Niederlassung Trier wurde für die
exzellente Planung des Projektes vom Headquarter der
amerikanischen Airforce in Europa ausgezeichnet
Foto: Deltef Wessel, Landesbetrieb LBB
Der Eingangsbereich der neuen Medical Clinic
Foto: Obermeyer, Wiesbaden
Bauherr/Auftraggeber
Oberfinanzdirektion Koblenz, Abteilung Bundesbau Mainz
US Army Corps of Engineers – Wiesbaden
Humphreys Engineer Center, Med. Facilities Center of Expertise,
Alexandria Health Facilities Division HQ USAF/SGMF,
Global-Medical-Facilities Customer, Leesburg Pike
Nutzer
HQ USAFE/SGSF, Ramstein und Spangdahlem, Regional Health Facilities
Officer 52nd MedGroup/SGSL Med. Logistics Bitburg Hospital,
Local Medical Facilities Customer Base Civil Engineer Office 52 CES/CEC
Spangdahlem
Planung/Organisation
Landesbetrieb Liegenschafts- und Baubetreuung, Niederlassung Trier
Fachingenieure: Faust Consult, Obermeyer (Wiesbaden/München)
Gebäudedaten
Planungsphase:
Januar 2007 bis April 2008
Bauphase:
November 2008 bis Juli 2012
Einrichtung und Inbetriebnahme
durch die US:
Juli bis September 2012
Bruttorauminhalt:
40.400 Kubikmeter
Nettogrundfläche:
6.700 Quadratmeter
Kosten:
circa 21 Mio. Euro
Ausführende Firma
Peter Gross Hoch- und Tiefbau GmbH & Co KG, Kaiserslautern
19
Eck.Punkt Dez/2012
Baukultur
Um eine Erfahrung mit
Passivhäusern reicher
Kommunikationszentrum auf dem Umwelt-Campus Birkenfeld in Betrieb
Mit dem neuen Kommunikationszentrum auf dem Umwelt-Campus Birkenfeld ist der Landesbetrieb LBB in seiner
Passivhaus-Strategie ein gutes Stück
vorangekommen: Er verfügt nun über
eines der wenigen realisierten Beispiele
eines Versammlungsgebäudes in Passivhausbauweise. Die Zertifizierung, ein
bauteilgenaues Prüf- und Nachrechnungsverfahren, soll jetzt folgen.
Beauftragt wird damit das Unternehmen
eza! (www.eza-energieberatung.de).
Städtebaulich definiert das Kommunikationszentrum den südlichen Abschluss
des Campus neu. Bisher prägten vorwiegend parallel ausgerichtete, kammartig angeordnete Baukörper die Anlage,
was von der ursprünglichen Nutzung
als Militärhospital herrührt. Das Kommunikationszentrum gibt dem Campus
einen sozialen Mittelpunkt, dem auch
das großzügige, doppelgeschossige
Foyer Rechnung trägt. Außerdem verbindet der Bau mit seinen zwei Geschossebenen zwei natürliche Geländeebenen.
Energetisch ist das Gebäude so konzipiert, dass – primärenergetisch gerechnet – die Energiemenge für Beheizung,
Kühlung, Beleuchtung und Verbrauchsstrom aus der Steckdose durch Fotovoltaik auf dem Dach kompensiert wird
(„Nullemissionshaus“).
Eine hochwärmegedämmte Hülle, die
Transmissionswärmeverluste mindert
oder verhindert, und eine kontrollierte
Lüftung mit Wärmerückgewinnung auf
der anderen Seite sind die Hauptkomponenten der Passivhaustechnik.
20
Prinzip 1:
Kluge und frühe Baustoffwahl
Sehr differenziert und planvoll ging man
an die Baustoff- und Bauteilauswahl
heran, immer die günstigste KostenNutzen-Relation im Auge behaltend.
„Beim Bemühen, es möglichst gut zu
machen, landet man beim Passivhaus
schnell in einer Kostenfalle“, sagt Architekt Stefan Reuther vom Büro planungsgruppeDrei PartG. Man muss „das Geld an
den richtigen Stellen ausgeben“, dies ist
gerade beim Passivhausbau eine der wichtigsten Strategien. Sein Büro verfügt inzwischen über diese Erfahrung.
Die Dämmstoffstärken betragen um die
30 Zentimeter in den Wänden und im
Boden (teils unter, teils über der Bodenplatte). Foamglas kam aus Kostengründen
bei der Bodenplatte nicht zum Einsatz,
stattdessen für entsprechende Verkehrslasten zugelassenes Styrodur. Durchschnittlich 40 Zentimeter, gefällebedingt
bis zu 50 Zentimeter Dämmung aus
Polystyrol-Hartschaum befinden sich im
Flachdach. Auch wurde das große Dach
(Ausdehnung 41 mal 29 Meter) in mehrere Bereiche aufgeteilt, um das Anwachsen
der Dämmstoffdicke zu den Seiten hin zu
verringern.
Die Fenster sind standardmäßig dreifachverglast. Aus Kostengründen kamen zwei
verschiedene Produkte zum Einsatz: hochdämmende Kunststofffenster in den
Nutzräumen und robustere Aluminiumkonstruktionen im Veranstaltungsbereich.
Durch die farbgleiche Folierung der Kunststoffprofile – innen und außen – fällt kein
Unterschied auf. Zugunsten großer Glas-
Baukultur
Eck.Punkt Dez/2012
Links: Auf dem Umwelt-Campus Birkenfeld wurde
ein neues Kommunikationszentrum in Passivhausbauweise errichtet
Unten: Das rund umlaufende weiße Fassadenband charakterisiert das Solitärgebäude (Süd-WestAnsicht). An seinem Standort vermittelt es zwischen
zwei Geländeebenen. Ein Aufzug im Foyer des
Gebäudes sorgt für eine barrierefreie Erschließung
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Eck.Punkt Dez/2012
Blick in das große Foyer mit Saalzugang, Aufzug und Treppenaufgang sowie Galerie. Der vor dem Foyer liegende Außenbereich soll
ebenfalls für Veranstaltungen hergerichtet werden. Das Foyer ist Teil der Magistrale, die den Campus erschließt
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Baukultur
Baukultur
Eck.Punkt Dez/2012
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Eck.Punkt Dez/2012
Baukultur
Der Multifunktionssaal, ebenerdig mit Bühne und Veranstaltungstechnik (Kino, Konzerte, Theater) fasst 420 Sitzplätze
flächen und besserer Lichtausbeute wurde
auf geringe Rahmenprofilstärken Wert
gelegt. Kostengünstiger als PfostenRiegel-Konstruktionen waren konventionelle Fensterkonstruktionen unter lastabtragenden Stürzen. „Wir haben uns genau
erkundigt, bis zu welcher Größe diese
gefertigt werden können, und dieses Maß
dann ausgereizt“, erklärt Reuther.
Es gehört zu einem guten Kostenmanagement dazu, möglichst vieles frühzeitig in
der Planung zu berücksichtigen.
Forderungen an die Fassade waren, dass
sie nicht nur in der Lage sein sollte, viel
Dämmstoff aufzunehmen, sondern dass
sie aus wiederverwendbaren Werkstoffen
bestehen und aus Nachhaltigkeitsgründen
zerlegbar sowie recyclingfähig sein sollte.
Die Wahl fiel auf wärmebrückenoptimierte Holzträger (TYI). Dabei handelt es sich
um doppel-T-förmige Träger, deren Stege
aus wenige Millimeter starkem Hartfaserplattenmaterial bestehen. Diese wurden
außen mit Holzweichfaserplatten beplankt. Die wetterseitige Außenschicht bilden hinterlüftete weißbeschichtete
Aluminiumbleche, wofür hier auch gestalterische Gründe den Ausschlag gaben.
„Nicht alle in Frage kommenden Fassadenmaterialien hätten in den von uns
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benötigten Rundungsradien hergestellt
werden können“, so Reuther. Die Wirkung,
die das umlaufende Fassadenband erzeugt, war für den Architekten sehr wichtig.
Prinzip 2:
Maßvolle Wärmetechnik,
kontrollierte Lüftung
Heizungstechnisch hat man das Vorhandensein eines Fernwärmenetzes auf dem
Campus genutzt. Alle Räume sind mit
Heizkörpern ausgestattet, was auch den
Vorteil einer individuellen Regelbarkeit
hat. Auf die zentrale Einbringung der
Restwärme über die Lüftungsanlage
wurde aus diesen Komfortgründen verzichtet. Im Foyer sieht man auf circa 100
Quadratmetern Fläche allerdings nur
einen Heizkörper. „Das Passivhaus benötigt ja nur eine Heizleistung von 10 bis 12
Watt pro Quadratmeter. Das bringen
meist alleine schon die Leuchtmittel oder
die aufgestellten PCs“, sagt Reuther und
weiter: „Fehlbedienungen sind bei den
geringen Heizlasten an den Heizkörpern
nicht wirklich möglich.“
Im Gebäude installiert ist eine konventionelle Lüftungsanlage mit 90-prozentiger
Blick in den Küchenbereich der Kita
Wärmerückgewinnung, besser gesagt eine
große und zwei kleinere, entsprechend
den vorhandenen Hauptnutzungsarten
Saal, Mehrzweckräume, Kita.
Prinzip 3:
Intelligente Kühlung
Innovativ und richtungsweisend ist die
Raumkühlung für den Veranstaltungssaal,
die nur indirekt mit dem Passivhaus zu tun
hat. Bei großen Veranstaltungsräumen mit
bis zu 450 Personen Fassungsvermögen ist
die Problematik des Wärmeeintrags bei
Events besonders krass. Der Mensch erzeugt als Energiequelle gesehen schon 70,
Baukultur
Eck.Punkt Dez/2012
Foyer, obere Eingangsebene
80 Watt pro Person. Bei voller Besetzung
wird ungefähr so viel Wärme erzeugt wie
von einer 40-Kilowatt-Gastherme – und
das auch im Sommer, wenn keine Raumheizung benötigt wird. „Kühlung ist teuer.
Man braucht mehr Energie, ein Gebäude
im Sommer zu kühlen, als es im Winter zu
heizen“, sagt Reuther. Die hier angewendete Technik nutzt das Prinzip, dass bei
Verdampfung von Wasser sogenannte
Verdunstungskälte entsteht. In einer
Klimakammer der Abluft – vor dem Wärmetauscher der Lüftungsanlage – wird die
Raumluft aus dem Saal „beregnet“: Das
Wasser verdampft, die Abluft kühlt merklich ab. Diese Kühle kann dann mittels
Wärmetauscher an die Zuluft abgegeben
werden und kühlt also den Saal während
einer Veranstaltung. /hbc
Weitere Info über das
Kommunikationszentrum: In den
Ausgaben des Eck.Punkt vom Dezember
2011 und vom März 2012
Daten und Fakten
Kommunikationszentrum Umwelt-Campus Birkenfeld
Auftrag: Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur
Bauherr: Landesbetrieb LBB
Projektmanagement Immobilien: Stefan Gärtner, Yann Christophe Tusel, LBB-Zentrale
Projektmanagement/Projektleitung Bau: Reinhard Pawletta (PM), Joachim Külzer
(PL), LBB-Niederlassung Idar-Oberstein
Planung und Fachbauleitung Hochbau: planungsgruppeDrei PartG,
Mühltal bei Darmstadt, Stefan Reuther
Tragwerksplanung: Ingenieurbüro Stefan Groß, Seeheim-Jugenheim
Fachplanung Heizung/Lüftung/Sanitär: Pfeil & Koch Ingenieurgesellschaft
GmbH & Co. KG, Stuttgart
Fachplanung Elektro: planungsgruppeDREI PartG, Sparte Elektro, Darmstadt
Vorbeugender Brandschutz: IfB Ingenieurgesellschaft für Brandschutz mbH,
Bad Kreuznach
Schallschutz: Ing.-Büro Paul Pies, Boppard-Buchholz
Bauvolumen: 897 Quadratmeter Hauptnutzfläche (HNF), 9.878 Kubikmeter
umbauter Raum (BRI)
Gesamtbaukosten einschließlich Baunebenkosten: 4,4 Mio. Euro (3,5 Mio. Euro
wurden über das Konjunkturprogramm II der Bundes- und Landesregierung finanziert).
Die geplanten Kosten konnten eingehalten werden.
Bauzeit: August 2010 bis Mai 2012
Kunst am Bau: Fassadenintegriertes Kunstwerk/Lichtinstallation, Julia Phillips, Mühltal
Alle Fotos: Jörg Heieck, Kaiserslautern
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Eck.Punkt Dez/2012
Das sanierte Kadettenbad beim Schloss Oranienstein in Diez, Haupteingang, Südseite
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Baukultur
Baukultur
Eck.Punkt Dez/2012
„Hoch lebe das edle
Handwerk“
Kadettenbad beim Schloss Oranienstein in Diez saniert
Der Anblick dieses charmanten
Gebäudes tut richtig gut. Es ist ein
großes Glück, dass es erhalten werden
konnte, nachdem Jahre zuvor Umnutzungs- sowie auch Abrisspläne gescheitert waren. Um 1900 für die Kadettenanstalt gebaut, war vor 30 Jahren die
Nutzung als Hallenbad aufgegeben
und damit auch der Bauunterhalt auf
Sparflamme zurückgedreht worden.
Nur noch als Lager genutzt, verfiel das
Gebäude zusehends. Die Feuchteschäden im Innern hatten bis vor zweieinhalb Jahren, als man mit der Sanierung
begann, ein bedenkliches Ausmaß
angenommen.
Wer heute das fein herausgeputzte,
dezent beleuchtete Innere betritt,
würde es anhand der Bilder aus der
Bestandsaufnahme kaum wiedererkennen, so himmelweit ist der Unterschied.
Das Kadettenbad ist wieder erstanden –
nicht als Bad, aber als Kulturstätte,
Seminar- und Veranstaltungshaus.
Mit viel Engagement einzelner Personen, baufachlichem und denkmalschützerischem Know-how sowie Geld aus
dem Konjunkturprogramm konnte
dieses historisch bedeutsame und einmalige Schmuckstück zurückgewonnen werden – für die Kaserne Schloss
Oranienstein und für die Allgemeinheit.
„Hoch lebe das edle Handwerk“, diese
Inschrift wurde auf einer Zinkfensterbank an den Dachgauben gefunden.
Das Kadettenbad ist für die
Öffentlichkeit im Zusammenhang mit
Schloss
und Museumsführungen zugänglich.
Historie Schloss Oranienstein
Das Schloss stammt aus dem 17. Jahrhundert und ist einer der vier
Stammsitze der niederländischen Monarchie. Es wird deswegen gern von
niederländischen Touristen besucht. Im 18. Jahrhundert wurde es zum
Barockschloss umgebaut. Seit dem letzten Drittel des 19. Jahrhunderts
befand sich im Schloss und in neu hinzukommenden weiteren Gebäuden
eine preußische Kadettenanstalt, die Jugendliche auf eine militärische
Laufbahn vorbereitete. 1962 wurde es von der Bundeswehr übernommen
und in großem Stil renoviert. 1994 wurden weitere umfassende
Renovierungsarbeiten durchgeführt. Heute beherbergt das Schloss das
Sanitätskommando II.
Architektonisch ein echtes Juwel
Im Ensemble mit dem schön restaurierten
königgelben Schloss und der einst durch
Friedrich Ludwig von Sckell gestalteten
Parkanlage sowie weiteren Gebäuden ist
das Kadettenbad eine wirkliche Bereicherung. Es ist überraschend maßstäblich,
was man bei dem Begriff Bad zunächst
nicht erwartet (Außenmaße 26,50 mal
17,80 Meter). Vor hundert Jahren hatte
man noch eine andere Vorstellung von
einer Schwimmhalle. Sie diente Nachwuchsoffizieren eher zum Schwimmenlernen als zum Ausdauersport – ein
Becken mit einer Größe von 13,50 mal
6,80 Metern wurde dafür als ausreichend
angesehen. Die Kandidaten, die mit 12, 13
Jahren oft noch sehr jung waren, wurden
mit der Angel an der Wasseroberfläche
gehalten, wie ein Foto aus den zwanziger
Jahren zeigt. Man errichtete im Stil der
Zeit nicht ein sporthallenmäßiges Zweckgebäude, sondern konzipierte richtig aufwändige Architektur: Ein symmetrisches,
sowohl längs als auch quer gegliedertes
Gebäude, schiefergedeckte geschwungene
Walmdächer, Natursteinmauern, Vor- und
Rücksprünge, Sandsteingewände und -gesimse, Sprossenfenster und viele weitere
hübsche Details wie z. B. die Blechrosetten an den Dachrinnen.
Insgesamt ist es eine fast sakral anmutende dreischiffige Anlage. Großzügige, an
den Jugendstil erinnernde, abgeflachte
Mauerbögen grenzen die beiden Seitenschiffe gegenüber dem Mittelschiff ab.
Darüber befinden sich belichtete Oberga-
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Eck.Punkt Dez/2012
Zentralperspektive der ehemaligen Schwimmhalle, die zum Konferen- und Veranstaltungssaal umgenutzt wurde
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Baukultur
Baukultur
Eck.Punkt Dez/2012
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Eck.Punkt Dez/2012
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Baukultur
Baukultur
Eck.Punkt Dez/2012
den in Form bogenförmiger Gauben. Sie
sind in die Gewölbedecke des Mittelschiffs
eingelassen. Den dominierenden Abschluss der Raumlängsachse bildet ein
großes, fünfteiliges Bogenfenster.
Engagement für die Baukunst der
Jahrhundertwende
Links: Restaurierte Spindeltreppe ins Dachgeschoss
Rechts oben: Kadettenbad, Westfassade
Kleines Bild: Untersicht in den Dachstuhl eines
Zwiebelturms
Fotos Seite 26-31: Horst Goebel, Hünstetten-Görsroth
Bezogen auf die Gebäudesymmetrie findet Projekbearbeiter Werner Roth respektvolle Worte für seine Vorgänger, die das
Gebäude um die Jahrhundertwende zum
20. Jahrhundert erstellt haben: „Da ist ein
Unterschied von ein, zwei Zentimeter
drin!“, kommentiert er die Exaktheit der
symmetrischen Ausführung. „Das waren
Baumeister in dieser Zeit!“, sagt auch Projektleiter Sieghardt Stendebach anerkennend über die alte Zunft. Den beiden
Projektverantwortlichen von der LBBNiederlassung Diez hat diese Baustelle
mit allem, was zu bedenken und zu koordinieren war, viel Arbeit, aber auch viel
Freude gemacht. „Der Umgang mit historischer Bausubstanz ist immer eine
Herausforderung. Ich freue mich, dass wir
zusammen mit dem Landesamt für
Denkmalpflege und dem Nutzer hier eine
nachhaltige, denkmalgerechte Sanierung
unter wirtschaftlich vertretbaren Kosten
realisieren konnten“, so der Projektmanager Bernd Schwaderlapp.
Allen, die an der Sanierung beteiligt
waren, ist diese besondere Passion anzumerken, mit der sie sich der Aufgabe widmeten. Neben den Mitarbeitern des
Landesbetriebs LBB war dies vor allem
Oberstabsfeldwebel Randolf Moser, der
sich für den Erhalt des Gebäudes eingesetzt hat. Sieben Jahre lang hat er für dessen Instandsetzung gekämpft und geworben und schließlich die entscheidenden
Personen an den Tisch gebracht. „Da war
Herzblut drin“, sagt Moser, der von Seiten
der Bundeswehr als Ansprechpartner des
Landesbetriebs LBB fungierte. Alles war
vorbereitet. Der Startschuss für die Sanierung kam aber erst mit dem Konjunkturprogramm. „Dann ging es relativ zügig. Es
war eine super Teamleistung. Alle haben
mitgezogen“, urteilt Moser über das
Sanierungsprojekt. Die Gesamtbauzeit
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Eck.Punkt Dez/2012
Baukultur
betrug 27 Monate. Ein schönes Geschenk
war für Moser, dass die Fertigstellung bis
Ende September gelang und er seine private Abschiedsfeier dort stattfinden lassen
konnte. Es war eine der ersten
Veranstaltungen im neuen Kadettenbad.
Gutachterliche Untersuchungen
vorangestellt
Kadettenbad vormaliger Zustand, Ostfassade
Grundlage für die Sanierung war eine
Schadenskartierung im Maßstab 1:50, die
mehrere Ordner Pläne umfasste und eine
Vielzahl an Schäden dokumentierte: am
Mauerwerk, an der Dacheindeckung, den
Dachstühlen, Dachgauben, am Außenund Innenputz sowie an den Fenstern und
Türen. Für das Gebäude war es höchste
Zeit. Erfahrungsgemäß ist Wassereintritt
der Anfang vom Ende. Im Kadettenbad
begannen schon Bäume zu sprießen. Auch
Algen und Flechten begannen sich auszubreiten. Nicht nur der Putz bröckelte, teilweise war der Dachstuhl kaputt und es
drohten Wände und Decken einzustürzen.
Das Gebäude war wegen Baufälligkeit gesperrt.
Sanierung von Grund auf
Blick in die alte Schwimmhalle. Das Schwimmbecken existiert noch unter dem neuverlegten Boden
Blick auf ein Seitenschiff. Moos und Flechten machen sich infolge Feuchtigkeitseinwirkungen breit
32
Zunächst wurde das ganze Gebäude freigegraben, isoliert und trockengelegt. Von
oben wurde das Dach instandgesetzt. Teile
vom Dachgebälk mussten ersetzt werden,
insbesondere an den flach geneigten Pultdächern der Seitenschiffe. Die Eisenkonstruktion, an der das Gewölbe über dem
Mittelschiff aufgehängt ist, war erstaunlicherweise noch voll funktionsfähig. Über
dem Gewölbe – nur ein Putz auf Putzträger – wurde eine dicke Schicht Isofloc als
Dämmung eingeblasen. Die Dacheindeckung in Moselschiefer wurde in deutscher Deckung komplett erneuert, wobei
dieses Dach mit den spitz zulaufenden
Turmdächern, Gauben, Kehlen und Graden
den regionalen Handwerkern einiges
Können abverlangte.
Der Fassadenputz wurde entfernt und als
Kalkputz neu aufgebracht. An einer Fläche
wurde beispielhaft der Originalputz belassen und von der Denkmalpflege aufwändig restauriert.
Auch Sandsteingesimse und -gewände
wurden restauriert. Das Eingangsportal
aus Holz wurde ebenso überholt wie die
winzigen Gaubenfenster im Dachgeschoss. Die übrigen bauzeitlichen Eisensprossenfenster wurden ausgebaut, herge-
Baukultur
Eck.Punkt Dez/2012
Daten und Fakten
Auftrag: Wehrbereichsverwaltung (WBV) West, Wiesbaden, Irmhild Metzdorf-Mastinu
OFD Koblenz, Abteilung Bundesbau, Mainz, Levent Özcan
Projektkoordination, Projektmanagement (PM), Projektleitung (PL):
LBB-Niederlassung Diez: Bernd Schwaderlapp (PM), Sieghard Stendebach (PL)
Landesamt für Denkmalpflege: Generaldirektion Kulturelles Erbe Mainz, Dr. Alexandra Fink
Kreisverwaltung Rhein-Lahn-Kreis, Abteilung Denkmalschutz, Katja Laupert
Projektkoordination für den Nutzer:
Randolf Moser, Jörg Geißel, Bundeswehrdienstleistungszentrum Koblenz
Planung, Ausschreibung, Bauleitung:
LBB-Niederlassung Diez: Werner Roth (Planung), Sieghard Stendebach (Projektleitung und Bauleitung Hochbau)
Martin Hertlein (Bauleitung Hochbau), Gerd Korn (Bauleitung Elektro), Hans Jörg Klee (Bauleitung Heizung/Lüftung/Sanitär)
Wolf Jess ( Bauleitung Tiefbau und Außenanlage)
Externe Fachplaner und Gutachter:
Stefan Klöckner, Restaurator, Biebergemünd-Kassel
Ing.-Büro Saxler, Alflen (Tragwerksplanung und Schadensanalyse)
Bruttorauminhalt: 3.972 Kubikmeter
Bruttogrundfläche: 1.171 Quadratmeter
Gesamtkosten: 2.240.000 Euro
Die Maßnahme wurde gewerkeweise ausgeschrieben. Es waren vorwiegend Firmen aus der Region beschäftigt.
richtet und wieder eingebaut. Um den
Wärmedurchgang hier zu minimieren, hat
man thermisch getrennte Stahlfenster mit
Isolierverglasung innen vorgesetzt. Eines
wurde von der Denkmalpflege beispielhaft
in situ restauriert. Desgleichen die eiserne
Wendeltreppe in den Dachraum: Sie
wurde ausgebaut, sandgestrahlt, gestrichen und wieder eingebaut.
Wenn neue Bauteile eingebracht wurden,
wie z. B. die Stahl-Brandschutztüren im
Entree, dann wurde sehr genau auf filigrane Profile geachtet. Auch sonst, wie etwa
beim Wandputz und bei den Wandanstrichen, wurde auf eine denkmalschutzverträgliche Weise vorgegangen, was einem
stimmigen Gesamteindruck sehr entgegen
kommt.
Weiterleben dank neuer Nutzung
Durch ein Sichtfenster im Erdgeschoss
kann man einen Blick in das alte gemauerte und geflieste Schwimmbecken werfen,
das an der tiefsten Seite drei Meter tief ist.
Es ist zugunsten einer besseren
Nutzbarkeit des Gebäudes zugedeckt worden. Durch die aufliegende Bodenplatte
hat sich ein Veranstaltungssaal von 162
Quadratmetern Größe ergeben. Dieser
Saal hat eine architektonische Qualität,
die man nicht alle Tage findet. Mit einem
schalldämpfenden Teppichboden, einer
schön ausgewählten Beleuchtung, Veranstaltungstechnik und sogar Internet ausgestattet, bietet er Raum für Vorträge,
Seminare und Festveranstaltungen. Bestuhlt umfasst er 180 Sitzplätze. In den
Seitenschiffen befinden sich neue sanitäre
Anlagen sowie kleinere und größere
Nebenräume, z. B. für Veranstaltungscatering. Die Nachfrage nach Buchungsterminen steigt seit Inbetriebnahme im
September 2012 kontinuierlich, was deutlich zeigt, dass hier die richtigen Entscheidungen getroffen wurden. /hbc
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Eck.Punkt Dez/2012
Baukultur
Zweitausend Jahre
Bestandsaufnahme für die Sanierung der Porta Nigra in Trier hat begonnen
Die Porta Nigra, Wahrzeichen der Stadt Trier, hat eine Restaurierung nötig, was
man auf den ersten Blick gar nicht vermutet. Da wackelt und bröckelt nichts,
weder ist die Farbe verblichen noch sind Maßnahmen nach Energieeinsparverordnung vorzunehmen. Wie ein Fels in der Brandung steht sie im tosenden Verkehr
und trotzt Wind und Wetter, den nicht enden wollenden Besucherströmen aus der
ganzen Welt und den sich wandelnden Zeiten. Seit 1986 ist die Porta Nigra ebenso
Teil des UNESCO-Welterbes Römische Baudenkmäler wie Dom und Liebfrauenkirche in Trier. Des Weiteren ist sie ein geschütztes Kulturgut nach der Haager
Konvention. Die Porta Nigra ist das besterhaltene römische Stadttor Deutschlands.
Doch die letzte Sanierung ist Jahrzehnte her und unaufhaltsam zeigen sich ernstzunehmende Spuren der wetter- und abgasbedingten Verwitterung.
Zweitausendjährige Geschichte
So majestätisch und eindrucksvoll wie
heute hat die Porta Nigra nicht immer
dagestanden. Im 11. Jahrhundert ließ sich
angeblich der heilige Simeon darin einmauern. Später wurde sie in eine zweigeschossige Kirche umgebaut und erst auf
Befehl Napoleons wieder freigestellt – den
Rückbau beendeten die Preußen um
1815. Da man bei Baumaßnahmen nicht
immer so pfleglich vorgegangen ist, haben
allerlei Menschen und Geräte ihre Spuren
auf den Steinen hinterlassen. Die ursprünglichen Klammern aus Metall wurden sogar gestohlen.
Restaurierung beschlossen
Was in den vergangenen Jahren noch zwischen den beteiligten Fachleuten besprochen wurde und als Projekt wenig greifbar
im Raume stand, nimmt jetzt seinen
(sichtbaren) Anfang. Das Vorhaben besitzt
eine so große Wichtigkeit und Dimension,
dass sogar die Leiterin der Bauabteilung
im Finanzministerium, Renate Kreckel, am
12. Juli 2012 den Beginn der Arbeiten zum
Anlass nahm, auf der Baustelle vorbeizusehen.
An Marion Basten, die in der LBB-Niederlassung Trier für die Maßnahme zuständig
ist, werden hohe Anforderungen gestellt:
Sie darf nichts und niemanden bei der
Koordination vergessen. Die Baustelle ist
ein prominenter Ort. Experten aus sehr
verschiedenen Fachrichtungen werden
eingeschaltet. Zwölf bis fünfzehn Jahre
wird es benötigen, ehe die „Porta“ in
neuem Glanz erstrahlt. Bis dahin muss viel
34
Baukultur
Eck.Punkt Dez/2012
unter der Lupe
Arbeit geleistet werden – welche genau,
das wissen wir zum Teil heute noch gar
nicht.
Millionenschweres
Sanierungsprogramm
Der im Radio gesendete, als Aprilscherz
gedachte Aufruf „putzt die Porta“ (eine
Wurzelbürsten- und Seifenlaugenaktion),
hatte vor Jahren in Trier einen Sturm der
Entrüstung entfesselt. Wir haben daraus
gelernt, dass es sehr ratsam ist, behutsam
an die Sache heranzugehen und der
Öffentlichkeit die Sorge zu nehmen, dass
die „Porta“ nunmehr ihr schwarzes
Gewand verliere.
Der prognostizierte Sanierungsablauf, für
den das Land viel Geld bereitstellen wird,
wurde in verschiedene Vorarbeiten und
Sanierungsabschnitte gegliedert, die überwiegend nacheinander abgearbeitet werden sollen.
Seite 34: Porta Nigra, Aufmaß und Zeichnung
durch den königlichen Kreisbauinspektor Trier, 1905
Oben: Die geodätische Bestandsaufnahme ist
Voraussetzung für ein Sanierungs- und Restaurierungskonzept. Hier wird vom Hubsteiger aus
fotografiert
35
Vorarbeiten, Bestandsaufnahme,
Restaurierungskonzept und
HU − Bau − bis 2015
Oben und Mitte: Mit modernster Aufnahme- und
Vermessungstechnik werden hochpräzise, maßstabsgetreue Bilder und Pläne erzeugt
Unten: Dr. Hartleitner reinigt ein Steinrelief
36
Vorhandene Taubenvergrämungseinrichtungen müssen demontiert
und an deren Stelle vorübergehende
Maßnahmen vorgedacht werden.
Kabel und weitere Installationen
sind zu entfernen.
Für die Dauer der Bestandsaufnahme und Sanierung muss eine
Beleuchtung installiert und eine
Besucherinformation geschaffen
werden, wobei diese ständig zu
aktualisieren und an die Gegebenheiten anzupassen ist.
Es müssen Abstimmungen mit der
Stadt und dem Theater der Stadt
getroffen werden. Die Führungen in
historischen Kostümen sollen möglichst ungestört weiterlaufen; außerdem ist das Wahrzeichen regelmäßig,
u. a. für die ADAC-Rallye, bei vielen
Veranstaltern fest eingeplant.
Es sind Abstimmungen mit der
Generaldirektion Kulturelles Erbe
zu treffen, die das UNESCO-Denkmal für die Touristen zugänglich
lassen will.
Im Gemäuer leben verschiedene
Fledermausarten. Sie dürfen weder
dauerhaft noch vorübergehend
gestört oder gar vertrieben werden.
Abstimmungen mit den Naturschutzbehörden sind erforderlich.
Es sind viele Fragen zu klären, beispielsweise: Welches Licht stört sie
nicht? In welchen Spalten wohnen
sie? Gibt es Kinderstuben, in denen
die Kleinen aufgezogen werden?
Im Mai 2012 wurde mit der geo-dätische Bestandsaufnahme von außen
und innen begonnen. Projek-tiert ist
diese bis ins Frühjahr 2013. Der
Auftrag wurde nach einem europaweiten Auswahlverfahren an eine
Bietergemeinschaft vergeben. Die
Arbeiten werden von Gerüsten und
von bis zu 45 Meter hohen Arbeitsbühnen gemacht. Mit Hilfe modernster elektronischer Vermessungsmethoden werden maßstabsgetreue
hochpräzise – farbige, steingerechte,
detailgenaue – Pläne und Bilder
erzeugt.
Ergänzend zu den Vermessungsarbeiten werden Bereiche mit besonderen Schmuckelementen in 3DScan-Technik aufgenommen. Dabei
liefern die durch einen Streifenlichtscanner erzeugten dreidimensionalen
Aufnahmen Abbildungen mit einer
Genauigkeit im Millimeterbereich.
Seit Juli 2012 bis Juli 2013 werden
außen an den Musterflächen der
Apsis Gerüste gestellt. Sie dienen
der Kartierung, der Auswertung von
Befunden und der Durchführung von
Arbeitsproben. Restauratoren werden
Bereiche in Augenschein nehmen,
die seit Jahrzehnten nicht einsehbar
waren. Erst danach wird bekannt sein,
wo und wie viele Schäden es überhaupt gibt. Diese werden klassifiziert
und den verschiedenen historischen
Bauphasen zugeordnet.
Seit Juni 2012 bis Herbst 2014
werden restauratorische Bestandsaufnahmen gemacht und Restaurierungskonzepte entwickelt. Die Bauforschung findet am Objekt und
im Archiv statt.
Baukultur
Eck.Punkt Dez/2012
Daten und Fakten
Extern Beteiligte (bisher feststehend):
Ministerium der Finanzen, Referat 4521, Mainz; Sabine Groß, Stefan Schuh
Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz (GDKE):
Festung Ehrenbreitstein, Koblenz; Generaldirektor Thomas Metz, Manfred Bullinger, Esther Klinkner
Direktion Landesdenkmalpflege, Mainz; Dr. Joachim Glatz, Dr. Eduard Sebald, Reinhold Elenz
Direktion Landesarchäologie, Außenstelle Trier, Rheinisches Landesmuseum; Dr. Joachim Hupe
Burgen, Schlösser, Altertümer, Koordination Trier; Ursula Geiben
Dr. Hermann Fuchsberger, Büro für Bauforschung, Salzburg
Bietergemeinschaft Messbildstelle GmbH – Gesellschaft für Photogrammetrie und Architekturvermessung
mbH, Dresden & ArcTron; Dr. Andreas Bruschke, Martin Schaich
Dr. Walter Hartleitner, Restaurator VDR, Planungsbüro für Naturstein und Denkmalpflege, Hofheim
Deutsches Archäologische Institut, DAI, Architekturreferat, Berlin; Dr. Ulrike Wulf-Rheidt mit
Kooperationspartner Hochschule Rhein-Main, Baugeschichte, Bauforschung, Wiesbaden
Institut für Steinkonservierung e. V., ifs, Mainz; Dr. Michael Auras
Landesbetrieb LBB, Projektmanagement, Projektleitung Niederlassung Trier: Klaus Marx (PM),
Marion Basten (PL)
Aufbauend auf der Bestandsaufnahme wird ein umfassendes Sanierungskonzept1 entwickelt und abgestimmt, das alle restauratorischen
und weitere Maßnahmen enthält.
Anschließend soll dieses in mehreren
Abschnitten umgesetzt werden, sodass die Porta Nigra nie komplett
eingerüstet sein wird.
Mit Unterstützung der Landesdenkmalpflege und weiteren Beteiligten
wird das Team der Restauratoren ein
Restaurierungskonzept entwickeln.
Darin wird es konkrete Lösungsvorschläge für zahlreiche verschiedene
Schadensbilder geben. Danach geht
es an die tatsächliche Restaurierung.
Ab 2015/2016 sind folgende Sanierungsabschnitte geplant: Sanierung
Torhaus, Sanierung Westturm, Sanierung Ostturm, Sanierung Apsis, Sanierung innen.
Ob statische Maßnahmen erforderlich
sind, weiß derzeit noch niemand. Wir hoffen es nicht.
Das Dach der Porta Nigra stammt aus den
1950er-Jahren und ist nicht mehr dicht. Es
muss erneuert werden. Hierbei sind gestalterische Fragen zu klären. Ein überzeugender Entwurf muss noch her, was
schwierig wird, denn man hat sich an das
grüne Dach der „Porta“ gewöhnt und kann
sich kaum etwas anderes vorstellen. Viele
Touristen glauben gar, es sei das römische.
Die Ergebnisse dieser aufwändigen Bestandserhebung werden nebenbei in ein
weiteres Projekt einfließen, mit dem sich
der Landesbetrieb LBB beschäftigt: Es handelt sich um „MonArch“ (das an der Uni
Passau entwickelte Monumenten-Archiv),
eine grafische Datenbank mit projektspezifischer Partonomie2 und diversen
Suchfunktionen. Abschließend soll nicht
unerwähnt bleiben, dass ein Arbeitsplatz
in luftiger Höhe nicht jedermanns Sache
ist und dass es im antiken Bauwerk auch
für den Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinator (SIGEKO) nicht immer
einfach sein wird, alle Regelwerke einzuhalten.
Das Interesse an der „Porta“ ist riesig und
man darf gespannt sein, wer sich noch
alles meldet: Anfragen von Unternehmen,
die das Geschehen mit ferngesteuerten
Filmdrohnen aus der Luft beobachten
wollen, bis hin zu solchen, die Ultraschallund Infrarotuntersuchungen für Forschung
und Lehre durchführen wollen, gibt es
bereits. /bc/mb
1 Ein Sanierungskonzept beinhaltet über
Restaurierungen hinausgehende Maßnahmen, z. B. die
Erneuerung der Beleuchtung
2 Der Baum einer Datenbank, mit dem die Inhalte nach
Anwendungserfordernis strukturiert werden
37
Eck.Punkt Dez/2012
Wirtschaftlichkeit
Lebenszykluskostenplanung
im Trend
Landesbetrieb LBB erweitert sein Know-how für
Wirtschaftlichkeitsberechnungen LCC
Früher sprach man vor allem über
die Erstellungskosten eines Gebäudes.
Heute ist das anders: Begrenzte Haushaltsmittel, steigende Preise, Nachhaltigkeitsforderungen zwingen zunehmend
dazu, die Kosten über den gesamten
Lebenszyklus eines Gebäudes in den
Blickpunkt zu nehmen (LCC, life-cyclecosting). Dazu zählen neben den Instandhaltungskosten vor allem die Baunutzungskosten, die zu einem erheblichen Teil vom Energiepreis abhängig
sind. Die Betriebsphase ist – auf die
Lebensdauer eines Gebäudes gesehen –
die längste Phase im Lebenszyklus eines
Gebäudes.
Im Hinblick auf diese Vollkosten können
höhere Anfangsinvestitionen durchaus
sinnvoll sein, um längerfristig Betriebsund Instandhaltungskosten einzusparen
– wobei es stets gilt, zwischen dem technischen und dem wirtschaftlichen
Optimum abzuwägen.
In der Literatur wird oft von einem
Verhältnis zwischen Herstellungs- und
Nutzungskosten von 20 zu 80 Prozent
ausgegangen, wobei man diese Zahlen
nicht verallgemeinern sollte, da eine
Lebenszykluskostenbetrachtung immer
sehr gebäudeindividuell und im Übrigen
abhängig von der gewählten Nutzungsdauer ist. Wichtig ist, dass die Interessensabwägung zwischen dem Landesbetrieb LBB als Gebäudeeigentümer und
Investor sowie dem Ressort als Nutzer
und Betreiber in einer Weise stattfindet,
die sicherstellt, dass im Endeffekt immer
die für das Land günstigste Variante
zum Tragen kommt.
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Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen
stehen am Anfang
Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen sind für
Einzelentscheidungen oder Gesamtplanungen immer schon erforderlich gewesen. Die öffentliche Hand ist durch den
Haushaltsgrundsatz von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (§ 7 BHO/LHO)1
dazu verpflichtet, die Bauverwaltung darüber hinaus durch die RBBau/RLBau2.
Der Vorteil einer Wirtschaftlichkeitsberechnung als Teil der Lebenszykluskostenplanung (Wirtschaftlichkeitsberechnung LCC) ist, dass in einem sehr frühen
Planungsstadium sehr viele Varianten
durchgeprüft und erste verlässliche Kostenaussagen gemacht werden können, die
dann über den Planungsprozess und den
Betrieb kontinuierlich weiter verfolgt werden. „Das erleichtert beispielsweise die
Entscheidung, was bei vorliegendem zusätzlichem Flächenbedarf einer Behörde
die bessere Option ist: ein Neu- bzw. Erweiterungsbau oder die Umnutzung und
Sanierung eines Leerstandsobjekts“, erläutert der Spezialist für Wirtschaftlichkeitsberechnungen Horst Kerth aus der LBBZentrale. Alle Kostenfaktoren, z. B. auch
solche, die beim Bauen im laufenden
Betrieb oder durch Auslagerung und
Zwischenanmietung entstehen, fließen in
die Lebenszykluskostenplanung ein. Natürlich gibt es bei der Entscheidung „Neubau oder Generalsanierung einer Bestandsliegenschaft“ neben den Kosten oft
auch weitere Aspekte, die in eine Entscheidung einfließen, etwa Standortfragen, städtebauliche, kulturelle und politi-
sche Aspekte. Diese müssen dann gegenüber dem Ergebnis der Kostenbetrachtung
gewichtet werden.
Wirtschaftlichkeitsberechnungen
durch Externe
Wenn Wirtschaftlichkeitsberechnungen
LCC gefordert waren, wie im Fall des
Landtaggebäudes in Mainz (im Eigentum
des Landes) oder der Polizeidirektion in
Landau (PD, LBB-eigenes Gebäude), hat
sie der Landesbetrieb LBB bisher bei externen Fachbüros in Auftrag gegeben (z. B.
Büro Prof. Rotermund, Höxter). Aus der
Wirtschaftlichkeitsberechnung für die
Unterbringung der PD ergab sich, auf 50
Jahre gerechnet, dass die Neubauvariante
die bessere Alternative ist.
Aufbau von eigenem Know-how
Demnächst verfügt der Landesbetrieb LBB
über eine Software, die es ihm erlaubt,
selbst Lebenszykluskostenberechnungen
anzufertigen. Auch entsprechendes Fachpersonal ist da. Dann gehen im Landesbetrieb LBB erste Pilotprojekte mit Lebenszykluskostenberechnungen an den
Start, z. B. für anstehende Maßnahmen an
den selbst genutzten eigenen LBB-Dienststellen.
Die vorliegenden Wirtschaftlichkeitsgutachten umfassen im Ergebnis zwar nur 20
bis 30 Seiten, „zu ihrer Erstellung werden
aber relativ große Datenmengen benötigt,
die eigentlich nur mittels Datenverarbeitung beherrscht werden können“, erklärt
Kerth.
Wirtschaftlichkeit
Prozentuale Aufteilung der Barwerte der
Lebenszykluskosten über einen Betrachtungszeitraum von 50 Jahren eines Mustergebäudes
(kein konkretes Projekt)
Eck.Punkt Dez/2012
Sinnvoll ist auch, die Lebenszykluskostenbetrachtung – vor allem wenn sie Teil
einer Nachhaltigkeitszertifizierung ist – im
Planungsfortschritt mit zunehmendem
Detaillierungsgrad fortzuführen. Schon
mit ersten feststehenden Berechnungsgrößen, wie man sie z B. für den Neubau
anwendet, können sehr früh Tendenzen
abgelesen werden. Und dies ist wichtig,
denn die Einflussmöglichkeiten auf die
Kosten bzw. Folgekosten sind naturgemäß
am Anfang einer Projektplanung am größten und verringern sich mit jeder getroffenen Entscheidung.
Betrachtungszeiträume machen
einen Unterschied
Herstellungskosten Kostengruppe 300 (Baukonstruktionen) 26,5 Prozent
Herstellungskosten Kostengruppe 400 (Technische Anlagen) 6,1 Prozent
Barwert unregelmäßige Instandsetzung Kostengruppe 300 17,6 Prozent
Barwert unregelmäßige Instandsetzung Kostengruppe 400 4,8 Prozent
Barwert regelmäßige Instandsetzung Kostengruppe 300 1,3 Prozent
Barwert regelmäßige Instandsetzung Kostengruppe 400 6,5 Prozent
Barwert Reinigung 23,2 Prozent
Barwert Energie 7,4 Prozent
Barwert Wasser und Abwasser 6,6 Prozent
Was den Betrachtungszeitraum angeht, ist
man in der Wahl relativ frei. So könnte der
Landesbetrieb LBB bei seiner Lebenszykluskostenberechnung z. B. analog dem
Refinanzierungszeitraum bei der Mietkostenberechnung auf einen Zeitraum von
dreißig Jahren abstellen. „Im Zuge der
Nachhaltigkeitszertifizierung, die jetzt im
Bundesbau schon umgesetzt wird, wird
eine Betrachtungsdauer von fünfzig
Jahren zugrunde gelegt. Es gibt aber auch
Lebenszyklusberechnungsmodelle, die
einen anderen Zeitraum vorsehen, etwa
von fünfundzwanzig oder dreißig Jahren
oder gar bis zu einhundert Jahren“, erklärt
Kerth dazu. Ein kurzer Betrachtungszeitraum hat den Vorteil, dass sich die
Annahmen, die für die Zukunft getroffen
werden, z. B. Energie- oder Baupreissteigerungen, besser einschätzen lassen. Der
Nachteil einer Kurzzeitbetrachtung ist,
dass sich der günstige Einfluss langlebige-
39
Eck.Punkt Dez/2012
Wirtschaftlichkeit
Kumulierte Darstellung der nach Kostengruppen gegliederten
Lebenszykluskosten über einen Betrachtungszeitraum von 50 Jahren
eines Mustergebäudes (kein konkretes Projekt)
40
Wirtschaftlichkeit
rer Bauteile, die nicht so häufig ausgetauscht werden müssen, weniger auswirkt.
Was macht eine
Wirtschaftlichkeitsberechnung aus?
Angefangen von grob geplanten Gebäudestrukturen, Raumprogrammen und vorgesehener Gebäude- und Anlagentechnik
kann sich die Wirtschaftlichkeitsberechnung über Details geplanter Bauteile,
Baukonstruktionen, deren Wartungsintensität und Lebens- bzw. Nutzungsdauer bis
in die Einzelheiten des laufenden Betriebs
erstrecken. Darüber hinaus gehen Kapitalzinssätze und andere Faktoren in die Berechnungen ein. Je nach geplantem
Genauigkeitsgrad kann die Berechnung
mit unendlich vielen und detaillierten
Grundparametern durchgeführt werden.
So kann z. B. bei den zu erwartenden
Preissteigerungen für Reinigungsleistungen differenziert werden zwischen den
Preisen für die Boden- und die Fensterreinigung, wie es beim Landtag der Fall war
und wo im Übrigen achtzehn unterschiedliche Parameter für den Gebäudebetrieb
angesetzt worden waren.
In unseren Berechnungen wird laut Kerth
für alle Energiearten im Mittel von vier
Prozent Kostensteigerung pro Jahr ausgegangen. Baukostensteigerungen werden
im Schnitt mit zwei Prozent angesetzt.
Eck.Punkt Dez/2012
Wirtschaftlichkeitsberechnung zugunsten
der Neubau- oder der Bestandsvariante
entschieden wird. Oder was geschieht,
wenn es z. B. um eine denkmalgeschützte
Immobilie geht, die unter funktionalen
Gesichtspunkten mit einem Neubau nicht
mithalten kann.
Da unser Portfolio hauptsächlich aus
Gebäuden den 1970er und 1980er Jahre
besteht, werden Entscheidungen über Ersatzbeschaffungen zunehmend das laufende Geschäft bestimmen. „Diese Entscheidungen werden wir auf Basis solcher
Lebenszykluskostenbetrachtungen treffen“, sagt Müller abschließend. /hbc
Ansprechpartner: Horst Kerth,
Telefon: 06131 20496-143,
[email protected]
1 Bundeshaushaltsordnung/Landeshaushaltsordnung
2 Richtlinie für die Durchführung von Bauaufgaben
des Bundes/Richtlinie für die Durchführung von
Bauaufgaben des Landes
Ausblick
„Für mich wird es interessant werden, wie
sich das in der Realität bei Projektentscheidungen, insbesondere angesichts der
derzeitigen Haushaltssituation, entwickeln wird“, darauf ist Christian Müller,
Portfoliomanager aus der LBB-Zentrale,
gespannt. Ob je nach Aussage einer
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Eck.Punkt Dez/2012
Bauen, Energie, Umwelt
Nur was man weiß,
kann man ändern
Aufbau automatisierter Energie- und Medienverbrauchsdatenerfassung
in LBB-Liegenschaften
Mit einem landesweiten Energiecontrolling will der Landesbetrieb LBB den
Energieverbrauch in seinen Liegenschaften drosseln. Nachdem bei den Hochschulen erste Fernauslesesysteme installiert wurden, startet jetzt der Aufbau
des Energiecontrollings in anderen Liegenschaften mit hohem Energieverbrauch – allen voran in einigen Justizvollzugsanstalten und in den großen
Polizeiliegenschaften. Nach der LBBinternen Energierichtlinie haben wir uns
insbesondere im energetischen Bereich
zum wirtschaftlichen Betrieb der Gebäude bzw. der gebäudetechnischen Anlagen verpflichtet. Liegen in einer
Liegenschaft die Energiekosten oberhalb
von 100.000 Euro pro Jahr, rechnet sich
in der Regel der Einsatz eines solchen
Energiecontrolling-Systems.
Die Datenaufzeichnungen fließen in die
zentrale Datenbank der Energiecontrolling-Software. In einem zweiten Schritt
werden die gewonnenen Erkenntnisse
zeitnah in operative Maßnahmen umgesetzt.
Allgemein gilt, dass durch kontinuierliches Beobachten des Verbrauchs bis zu
zehn Prozent Energie eingespart werden
können. Der Landesbetriebs LBB rechnet
hier mit vorsichtigen fünf Prozent pro
Jahr. Wenn im nächsten Jahr die Systeme
installiert werden und Daten zur Verfügung stehen, können ab 2014 neben
Monatsauswertungen auch die ersten
Jahresauswertungen durchgeführt werden. Sie sind nicht nur für uns, sondern
insbesondere auch für den Nutzer von
Interesse, da sie ihm aufzeigen, wo er
einsparen kann.
42
Automatische, fernauslesbare
Aufzeichnungen
Zählersystem erfordert Planung und
Ausschreibung
Der Unterschied zu einer Gebäudeautomationsanlage ist grundsätzlicher Natur:
Dort wird lediglich die Arbeitsweise einer
Anlage innerhalb einer Liegenschaft visualisiert, wozu die Gebäudeautomation
Daten nur kurzfristig vorhält und dann
wieder überschreibt. Im Gegensatz dazu
dokumentiert und sammelt das Energiecontrolling die Verbrauchsdaten in einer
Datenbank über mehrere Jahre hinweg.
Kontinuierlich werden die von den Zählern
gemessenen Verbrauchsdaten per Internet-Kommunikation (TCP/IP-Protokoll) an
ein zentrales System gemeldet, wobei der
Zugang zum Internet auf verschiedene
Weisen erfolgen kann. Sowohl der Nutzer
als auch der Landesbetrieb LBB kann die
Daten dann über einen Internetbrowser
und eine Zugriffsverwaltung abrufen.
Der Server für unser EnergiecontrollingSystem steht im Rechenzentrum der Uni
Mainz. Dort ist eine spezielle Software
installiert („Interwatt“), die in der Lage ist,
die notwendigen Auswertungen gebäudescharf und klimabereinigt durchzuführen
und Berichte zu liefern. Neben Standardauswertungen können auch selbst Auswertungen definiert werden. Zudem liefert das System Prognosen und bildet
energetische Kennwerte.
In den ausgewählten Liegenschaften werden derzeit die Zähler entsprechend nachgerüstet bzw. neu eingebaut und verkabelt. Das Fernauslesesystem basiert auf
dem Standard M-Bus. Sogenannte Datenlogger, die im Normalfall Bestandteil des
örtlichen Netzwerkes sind, lesen die
Energieverbräuche aus den Zählern aus
und senden sie über das Internet an den
Energiecontrolling-Server weiter. Die
jeweils gebäudespezifische Konzeption
erfolgt durch das Competence Center
Energiemanagement (CC EM) des Landesbetriebs LBB. Anschließend schreiben die
technischen Sparten des Landesbetriebs
LBB die notwendigen baulichen Leistungen aus, beauftragen sie und überwachen
auch die Bauausführung. „Inzwischen haben wir in den LBB-Niederlassungen einen
Stamm von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die mit dem Aufbau von ZählerFernauslesesystemen gut umgehen können“, erläutert Markus Hadamik, Leiter
des zentralen Competence Centers Energiemanagement in Koblenz, das die Maßnahmen in den LBB-Niederlassungen
steuert. „Wegen der Komplexität der ganzen Angelegenheit spielt das CC EM
jedoch eine deutlich stärkere Rolle als
sonst im Baumanagement“, berichtet
Hadamik. In seinem Team befassen sich
drei Mitarbeiter mit dem Projekt. Einer
von ihnen ist Arno Weiler, ein Spezialist für
Fernauslesesysteme mit vielen Jahren
Berufserfahrung, den er aus der freien
Wirtschaft gewonnen hat.
Sind die Zählersysteme installiert, wird die
Bauen, Energie, Umwelt
Eck.Punkt Dez/2012
Überblick Klimageräte (PI Oppau)
Polizeiinspektion (PI) Ludwigshafen-Oppau, Profil
Klimageräte. Die PI verfügt über Klimageräte in der
Wache und im EDV-Serverraum. Das Säulendiagramm
zeigt den elektrischen Verbrauch der drei Geräte im
Vergleich. Bei der Analyse hilft die Außentemperatur
(als Linie mit rechter Skala)
Das Energiecontrolling-Team des Landesbetriebs
LBB bei der Überprüfung von gesendeten Daten in
der Energiecontrolling Software, aufgenommen an
der Uni Koblenz-Landau, Standort Koblenz, in der
Wärmestation Gebäude M . Von links: Arno Weiler,
Patrick Hellwig, Dirk Bertels
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Eck.Punkt Dez/2012
Bauen, Energie, Umwelt
Liegenschaften, die in Kürze mit Fernauslesesystemen ausgerüstet werden:
Finanzamt Mainz Süd
Polizeipräsidium Mainz
Landtag Mainz
OFD Koblenz
JVA Koblenz
JVA Trier
JVA Frankenthal
JSA Schifferstadt
In Vorbereitung befinden sich die Bereitschaftspolizei (BePo) Mainz
und das Dienstleistungszentrum ländlicher Raum (DLR) Neustadt
Bauvolumen: 2012: 500.000 Euro
Software aktiviert und die Liegenschaft im
System abgebildet. Dazu müssen die
Stammdaten einer Liegenschaft (Liegenschafts- und Gebäudebezeichnungen o. ä.)
eingegeben und die Zugangsberechtigung
des Nutzers eingerichtet werden. Diese
Dienstleistung erbringt der Landesbetrieb
LBB vorerst noch unentgeltlich.
Nutzerbeteiligung erwünscht
In den meisten LBB-Liegenschaften sind
die Nutzer noch selbst für die Betriebsführung zuständig. Sind Fernauslesesysteme installiert, werden an die
Betriebsführenden neue Anforderungen
gestellt. Über das Internet haben sie
Zugriff auf das System und können sehen,
welche Auswertungen dort eingestellt
sind. Denen entnehmen sie dann die notwendigen Informationen, um sie in ihre
Betriebsführung einfließen zu lassen.
Wenn nötig, bietet der Landesbetrieb LBB
den Nutzern Unterstützung im richtigen
Umgang mit der Technik. „In der Regel
sind die Verantwortlichen vor Ort technisch ausgebildet und können das. Sie zeigen außerdem Eigeninitiative und sind
sehr engagiert“, berichtet Hadamik.
Energieeffizienz spiele im Bewusstsein
inzwischen eine große Rolle. „Es ist
Grundanliegen des Landesbetriebs LBB,
die Liegenschaften wirtschaftlich zu
betreiben, auch wenn primär der Nutzer
von den Energieeinsparungen profitiert
und der Landesbetrieb LBB in Vorleistung
tritt“, so die stellvertretende Geschäftsführerin Dr. Petra Wriedt.
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Nutzung der Software auch ohne
Fernauslesung möglich
Arbeitshinweise für einheitliches
Vorgehen im Landesbetrieb LBB
Dort, wo noch keine automatische Fernauslesung installiert ist oder wo die
Kosten für eine technische Nachrüstung
durch einen sehr geringen Energieverbrauch nicht gerechtfertigt sind, bietet der
Landesbetrieb LBB dem Nutzer die
Möglichkeit, seine Verbrauchsdaten mit
der gleichen Software manuell vor Ort zu
erfassen. Dazu erstellt das System monatliche Ableselisten, die per E-Mail der
zuständigen Person zugesandt werden. Die
Zählerstände werden dann händisch am
PC in die vom System vorbereiteten Eingabemasken eingepflegt. Diese Vorgehensweise macht andere, bisher geführte
Listen überflüssig. Die Daten sind dann in
systematisierter Form in der zentralen
Datenbank der Energiecontrolling-Software vorhanden.
Dieses Konzept ist z. B. für viele kleinere
Liegenschaften des Finanzressorts von
Bedeutung, nachdem dort ein langjähriges
Energiecontracting mit Johnson Controls
Inc. ausgelaufen ist.
Als Arbeitserleichterung und um eine konsistente Vorgehensweise sicherzustellen,
hat der Landesbetrieb LBB für die technischen Sparten aller Niederlassungen eine
Arbeitshilfe1 erstellt, die den Aufbau der
automatisierten Erfassungssysteme umfassend beschreibt. So sollen beispielsweise die Zähler durchgehend das gleiche
Ableseintervall haben, für Strom z. B. alle
15 Minuten. „Wir können nicht überall
sein. Die Hinweise dienen dazu, die
Anforderungen in den Ausschreibungen
präzise zu definieren“, erläutert Hadamik
den Sinn der Arbeitshilfe und räumt ein,
dass das Projekt weit komplexer ist als
zunächst gedacht. „Die Vorstellung, dass
sich auf der einen Seite ein Zähler befindet, der etwas meldet, auf der anderen
Seite eine Intelligenz, die die Meldung
empfängt, ist zu einfach. Im Detail steckt
eine technische Tiefe, die wirklich nur
noch dem Spezialisten zugänglich ist“,
sagt Hadamik. „Hinzu kommt, dass sich
diese Technik ständig weiterentwickelt.“
/hbc
Ansprechpartner: Markus Hadamik,
Telefon: 0261 9701-129,
[email protected]
1 Hinweise zum Aufbau der automatisierten
Erfassung von Energie- und Medienverbrauchsdaten in LBB-Liegenschaften (LBB-Energiecontrolling), August 2012
Bauen, Energie, Umwelt
Eck.Punkt Dez/2012
Eine Patentlösung
gibt es nie
Landesbetrieb LBB nimmt emissionsarmes Bauen ernst
Die Vielfalt chemischer Substanzen,
die sich in Baustoffen befinden, ermöglicht eine große Bandbreite an technischen Lösungen und Konstruktionsweisen. Daneben besteht aber die Gefahr, dass diese Bauteile gesundheitskritische Stoffe freisetzen. Betroffen sind
Alt-, aber auch zunehmend Neubauten.
Der Landesbetrieb LBB hat schon einiges
Lehrgeld bezahlt und verfügt inzwischen
über einen Fundus an Erfahrungen im
Umgang mit Störfällen. Die Haupterkenntnis lautet: Jeder Fall muss als Krisenfall mit höchstem Ernst behandelt
und – bezüglich der Lage und der jeweiligen Umstände – als Einzelfall betrachtet werden. Treten Probleme auf, sind
proaktives Handeln, hundertprozentige
Transparenz, ein möglichst sachlicher
Umgang mit der Problematik und –
trotz eigener Expertise – die Inanspruchnahme unparteiischer Fachleute verschiedener Fachrichtungen die Mittel
der Wahl.
Nichts ist so schwierig in den Griff zu
bekommen wie Angst, Argwohn und tatsächliche gesundheitliche Betroffenheit –
und dies auf einem wissenschaftlich sowie
technisch vielfach ungesicherten Terrain.
Ist die Vertrauensbasis einmal verloren, ist
es auch kaum möglich, sie mit fachlich
abgesicherten bzw. begleiteten Maßnahmenkonzepten oder mit Kontrollmessungen nach erfolgter Sanierung wieder herzustellen. Dagegen helfen nur Offenheit
sowie solidarischer Umgang mit den
Besorgnissen der Personalräte, Belegschaften und Behördenleitungen, woran
der Landesbetrieb LBB selbst das größte
Interesse hat. Wir setzen alles daran, die
Situation konstruktiv zu bewältigen, schon
allein um Prozesse und langwierige
gerichtliche Beweissicherungsverfahren zu
vermeiden – beim Gebäude in der Südallee 3 in Trier, wo wir eine PCB-Sanierung
durchgeführt haben, befinden wir uns im
7. Jahr der Beweissicherung. Es hat sich
bewährt, mit einer Pilotsanierung an
einem Teil des Gebäudes zu starten und
diese der Komplettsanierung vorausgehen
zu lassen. Die beste Vermeidungsstrategie
ist jedoch eine möglichst gute Prävention
durch frühzeitige und umfassende Gefährdungsabschätzung – dies gilt sowohl für
den Um- als auch für den Neubau.
Chemie in Baustoffen
Mit den Erkenntnissen über die Lungengängigkeit von Asbest und künstlichen
Mineralfasern (KMF) hat es angefangen.
Heute rücken flüchtige organische Verbindungen – sogenannte VOCs (volatile
organic compounds) – in den Vordergrund.
Sie befinden sich in vielen Gegenständen
des täglichen Lebens, also auch in Baustoffen. Beispielsweise sind sie Bestandteil
von Fugendicht- und Spachtelmassen,
Isolierungen, Klebern, Farben und Lacken.
Außerdem befinden sie sich in Holzschutzanstrichen und Holzwerkstoffen, in
Bodenbelägen, Teppichen, Tapeten, Wandund Deckenbekleidungen, in synthetischen Beschichtungen von Türen und
Mobiliar. Man unterscheidet leicht-, mittel- und schwerflüchtige Substanzen. Zu
letzteren zählen auch die PAKs (polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe)
und PCBs (polychlorierte Biphenyle).
Für circa 70 Prozent der Stoffe gibt es
mittlerweile umfangreiche gesetzliche
Vorschriften, Handlungsanweisungen und
technische Richtlinien, die auch die
Sanierung damit belasteter Bauteile
umfassen. Ein Beispiel hierfür ist das
Pentachlorphenol (PCP), das früher in
Holzschutzmitteln enthalten war und nun
für Innenräume verboten ist. Der Umgang
mit den restlichen rund 30 Prozent der
Stoffe ist dagegen vergleichsweise ungeregelt. Normierungsverfahren, um die sich
Verbände, Ausschüsse und Behörden
bemühen, sind bisher nicht zum Abschluss
gekommen. Es gibt die sogenannte AGÖVListe der Arbeitsgemeinschaft ökologischer Forschungsinstitute e. V. (aktuelle
Fassung vom 10.10.2008, www.agoef.de)
die aus statistisch abgeleiteten Auffälligkeitswerten Orientierungswerte für
Raumluft und Hausstaub vorgibt.
Prüfbedingungen sind nicht
Einbaubedingungen
Bei all den oben genannten Baustoffen
handelt es sich um bauaufsichtlich zugelassene Bauprodukte – andere dürfen gar
nicht eingebaut werden. Aber selbst ein
zertifiziertes Produkt eines namhaften
Herstellers mit blauem Umweltengel
schützt nicht davor, so die Erfahrung des
Landesbetriebs LBB, dass von einem
Baustoff im eingebauten Zustand doch
Gesundheitsgefahren ausgehen.
Kommt beispielsweise eine OSB-Platte,
die mit einem Quadratmeter Größe in
einer Prüfkammer von einem Kubikmeter
Raumvolumen getestet und danach zugelassen wurde, in einem Gebäude gleichzei-
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Eck.Punkt Dez/2012
Bauen, Energie, Umwelt
Ansprechpartner im Landesbetrieb LBB für Gebäudeschadstoffe
LBB-Niederlassung Trier:
Walter Thewalt, E-Mail: [email protected]
Heike Oschmann, E-Mail: [email protected]
Darüber hinaus kann bei entsprechenden Fragestellungen das Expertengremium „Abfall- und
Schadstoffmanagement“ kontaktiert werden, das von den Abfall- und Schadstoffbeauftragten der einzelnen
LBB-Niederlassungen und dem Competence Center Schadstoffe der Niederlassung Koblenz gebildet wird:
LBB-Niederlassung Koblenz: Klaus Bleser, E-Mail: [email protected]
tig am Boden, an den Wänden und der
Decke zum Einsatz, ist das Verhältnis von
Platte zu Luftvolumen um den Faktor vier
oder fünf höher als im Test.
Guter Rat ist teuer
„Dann wundern wir uns als Bauherr, wieso
die Nutzer Tränen in die Augen bekommen, wenn sie sich in dem Gebäude aufhalten“, sagt Diplomingenieur Walter
Thewalt von der LBB-Niederlassung Trier.
Er beschäftigt sich seit mittlerweile 20
Jahren mit dem Thema Schadstoffe. In
dieser Zeit hat er einige erforderlich
gewordene Sanierungsmaßnahmen erlebt,
darunter das Postgebäude Moltkestraße,
das für die Kriminaldirektion in Trier
grundinstandgesetzt wurde, oder der
Anbau an das Forstgebäude in Saarburg.
Ein Beispiel aus jüngster Zeit ist das
Dienstleistungszentrum ländlicher Raum
in Bitburg, ein bei einem privaten Eigentümer angemietetes Gebäude. Auf alle
drei Fälle wollen wir im Folgenden kurz
eingehen.
Beim Gebäude in der Moltkestraße wurden alle Schadstoffe entfernt und das
Gebäude wurde mit einer hygienischen
Grundlüftung ausgestattet. Vor Nutzung
durchgeführte Raumluftmessungen auf
VOCs zeigen, dass dies die optimale
Vorgehensweise ist.
Beim neuen Anbau an das Saarburger
Forsthaus, das auf Wunsch der Nutzer
ganz aus Holz gebaut worden war, emittierten die OSB-Platten Terpene, natürliche Lösungsmittel. Die Terpen-Innenraumrichtwerte wurden nicht nur grenzwertig, sondern erheblich überschritten.
Und dies, obgleich die OSB-Platten von
46
Gipskartonplatten überdeckt waren. Die
Lösung war der nachträgliche Einbau einer
Be- und Entlüftungsanlage zur Verbesserung der Raumluftzustände.
Im angemieteten Gebäude des DLR
Bitburg gab es Probleme durch Bestandteile im Kleber des PVC-Bodens, den der
Eigentümer hatte einbauen lassen. Viele
der 100 Bediensteten klagten über Kopfweh und Befindlichkeitsstörungen. Neben
der Unfallkasse Andernach und dem TÜV
wurden vor Ort nacheinander verschiedene Gutachter für die drei Parteien, Landesbetrieb LBB, Nutzer und Vermieter
tätig. Es kamen ein Arbeits- und ein
Umweltmediziner zum Einsatz, die zu
erstaunlich unterschiedlichen Auffassungen gelangten, was die Gefahrenbeurteilung betraf. Teilweise bestätigten die
Fachleute einander ihre Feststellungen,
teils wichen sie erheblich voneinander ab.
Eine erste Pilotsanierung mit einem
Gummikautschukboden fand statt. Der
Hersteller garantierte gleichzeitig für den
Boden, den Kleber und für die fachgerechte Ausführung. Dennoch scheiterte die
Sanierung wieder an der Geruchsbelastung. Der Landesbetrieb LBB schaltete
daraufhin ein Sachverständigenbüro für
Innenraumschadstoffe aus Witten ein.
Dieses schlug einen anderen geruchlich
unauffälligen Boden (UPOFLOOR) vor.
Erst damit war man dann im Pilotversuch
erfolgreich. Ein Vergleich mit oder ohne
Rückbau des Estrichs ergab einen deutlichen Hinweis darauf, dass es besser ist,
mit dem PVC und dem Kleber auch den
Estrich zu entfernen.
Luftdichtigkeit ist ein Problem
„Eingriffe, die den Lufthaushalt verändern,
z. B. neue dichtere Fenster und Türen, können eine Situation verschlechtern, die vorher unproblematisch war. Weil der Frischluftaustausch dann fehlt, reichern sich die
Emissionen an und werden geruchlich auffällig“, so Thewalt. Er plädiert von daher
grundsätzlich für eine „hygienische
Grundlüftung“, d. h. für den Einbau einer
Lüftungsanlage wenigstens auf niedrigem
Niveau. Leider besteht für Lüftungsanlagen immer die Gefahr, dass sie aus Einsparungsgründen als Erstes gestrichen
werden. „Diese Lüftungsanlage würde uns
über die ersten drei kritischen Jahre hinweghelfen“, sagt Thewalt.
Wenig Zeit für Auslüftung
Tatsächlich ist das Emissionsproblem am
Anfang der Nutzungsphase am größten.
Weil die Bauzeiten immer kürzer werden,
können diese Stoffe nicht mehr genügend
ausdünsten. Erschwerend kommt hinzu,
dass die Hersteller aus Gründen der
Arbeitssicherheit im Produktions-/Verarbeitungsprozess von leichtflüchtigen auf
mittel- und schwerflüchtige Substanzen
umgestellt haben. Damit hat sich die
Problematik noch mehr in die Nutzungsphase verlagert. Wirtschaftlich ist es
schwierig, der Nutzung eine Leerstandsbzw. Auslüftungsphase voranzustellen. Im
Sinne einer Qualitätskontrolle sollten zu
Beginn einer Nutzung aber zumindest
Raumluftprüfungen durchgeführt werden.
Mit dem sogenannten VOC-Wert wird die
Summe aller leichtflüchtigen organischen
Substanzen gemessen. /hbc
Bauen, Energie, Umwelt
Eck.Punkt Dez/2012
Die sieben Hauptschadstoffe
Asbest:
Asbestzementplatten, Blumenkästen, Brandschutzklappen, Bremsbeläge,
Dichtungen, Dichtungsschnüre, Farben, Filter, Fugenmassen, Fußbodenbeläge,
Heizgeräte, Hitzeschutzhandschuhe, Isoliermaterialien, Kitte, Lacke, Leichtbauplatten (Promabest-Platten), Putze, Löschdecken, Nachtstromspeichergeräte,
Wellplatten, Schutzbekleidung
Künstliche Mineralfasern (KMF):
Wärme- und Schalldämmungen von Dächern und Leichtbauwänden, Trittschallund Heizungsdämmungen, Deckenplatten für abgehängte Deckenkonstruktionen,
Brandabschottungen
Polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK):
Teerölprodukte: Carbolineum, Holzschutzmittel, teergetränkte Korkdämmplatten
(Kühlraumbau/Dachdämmung), Holzpflaster in Werkstätten, schwarzer Kleber
(Parkett/Bodenbeläge). Die wichtigste inhalative PAK-Quelle in Wohn- und
Aufenthaltsräumen ist der Zigarettenrauch
Polychlorierte Biphenyle (PCB):
Fugendichtungsmassen/Leuchtenkondensatoren/Transformatorenöl
Pentachlorphenol (PCP) und Lindan:
Holzschutzmittel
Formaldehyd:
Verleimte Produkte aus Holzwerkstoffen, Korkplatten und ähnlichen Materialien
(formaldehydhaltige Kleber), Spanplatten, Möbel, Dämmstoffe und Ausschäum-material (Formaldehyd-Harnstoff-Schäume), Anstrichstoffe, Farben, Lacke, Parkett-siegel
(Formaldehyd im Konservierungs- oder Bindemittel), Glas- und Steinwolle,
Fasermatten (formaldehydhaltige Bindemittel)
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Eck.Punkt Dez/2012
Redaktion:
Gabriele Grommes /gg
Sibylla Hege-Bettac /hbc
Markus Ramp /ra
Brigitte Coen /bc
Marion Basten /mb
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Sibylla Hege-Bettac
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