Stress-Reaktion Psychophysiologie: Stress-Mechanismen erfolgt mit dem Ziel z z z Brigitte Litschauer Institut für Physiologie ⇒ ⇒ positive Ziele erreichen negative Ereignisse verhindern Sicherheit herstellen Veränderung der Umwelt, Anpassung an die Umwelt [email protected] Psychische Stressfolgen kurzfristig langfristig Kontrollverlust, fehlende Kontrolle erfolglose Beanspruchung { { { { { { { Angst Ärger Frustration Erschöpfung Genuß/Suchtmittel { { { { { { { gelernte Hilflosigkeit Angst-Störungen PTSD Depression Burn out Chron. Fatigue Sucht Destabilisierung Sensitivierung z Unsicherheit, Angst, Irritierbarkeit Chronische Belastungen { erhöhte Stresshormone (insbes. Cortisol), z z z gelernte Hilflosigkeit, Depression erhöhte Suchtgefährdung 1 Kontrollierbare Belastungen = Reaktion beseitigt Störung Stress Zeitachse { Akutstress: msec bis Stunden z wiederholtes Erleben Effizienzsteigerung, Routinisierung, Habituation ⇒ über Lernen, Ausbildung eines stabilen „Selbstwertgefühls“ ⇒ Hypothesen zu Stress-Effekten { { phasische Aktivierung – Problemlösung Repetitiver Stress Chronischer Stress z tonische Aktivierung – chron. Problem Voraussetzungen für Stress-Prozess { Afferenzen ⇒ Wahrnehmen { frühere Erfahrungen (Gedächnis) { ⇒ bewußte und unbewußte Verarbeitung ⇒ Bedeutungszuschreibung Efferenzen ⇒ Antworten 2 Psychosozialer Stress Funktion von Umwelt und Person • psychosoziales u.biologisches Phänomen • abhängig v. Wahrnehmung u. Bewertung d. Individuums { ⇒ aktiv handelnd und gestaltender Mensch, mit Vergangenheit und Zukunft { • { { { { { { { { { { { { { ZNS-Kreisprozesse bei Stress Hypothalamus PräFront.C Amygdala BedNcStriaTerm Hippocampus Ncl accumbens Septumkerne CRH Cortisol (Nor)adrenalin Dopamin Serotonin Acetylcholin { { { { Aktivierung u. Aufmerksamkeit Wahrnehmung Bewertung, Kognition Emotion Motivation Lernen und Gedächnis Bed Ncl Stria Terminalis (BNST) Kreisprozeß Amygdala, Hippocampus, Hypothalamus, Hirnstamm { Regulation der CRH-Freisetzung durch Integration unterschiedlicher Eingänge Eingänge { z z z Hippocampus (Glutamat) PFC (Glutamat?) Amygdala (GABA) Ausgänge z Ncl paraventricularis (PVN) (GABA) 3 Periphere Gewebe Cortisolrezeptoren { Cortisol-Circadianrhythmik Glucocorticoid-Rez (Typ II) (Hippocampus, Amygdala, PFC) z { phasische Kontrolle, fast-feed back Mineralocorticoid-Rez (Typ I) (Hippocampus, Amygdala) z tonische Kontrolle, slow feed back ⇒ 11β-Hydroxysteroid-Dehydrogenase 4 Cortisolwirkung im ZNS { z z z { { { { { { Hippocampus u.a. emotionalle Labilität ⇒ Steroid-Psychose psychomotor. Aktivität ↑, Irritierbarkeit ↑, Gedankenflucht ↑ Appetit ↑, Schlaf ↓ { deklaratives Gedächnis: z z z Aufmerksamkeit ↑↓ gestörtes Arbeitsgedächnis (PFC) verbessert inhibitorisches Vermeidungslernen (Amygdala), verbessert Abruf emotionaler, aber nicht neutraler Bilder gestörtes deklaratives Gedächnis Reaktionszeit ↑↓ + Fehler ↑ Vergleich Vergangenes –Gegenwärtiges Strategie-Auswahl Kontext { Räumliche Orientierung { Cortisol feedback z z z Basalspiegel Streßantwort Streßbeendigung Cortisolwirkung im Hippocampus { { Cortisol LTP optimal, wenn Cortisol leicht erhöht ist, d.h. MR/GR ratio ↑ LTP vermindert, wenn z z { Cortisol sehr niedrig d.h. MR nicht gesättigt oder Cortisol sehr hoch und GR gesättigt bzw.MR/GR ratio niedrig ? Speichern/Konsolidierung, Abrufen 5 Akut-Effekt von Cortisol auf Gedächtnis Quervain, NatureNeurosci3(4),2000 Langfristige Cortisolwirkung auf Gedächtnis Lupien et al Nature Neurosci 1:1998 Einfluss von Cortisol auf Orientierung Kognitive Leistungsabnahme durch Cortisol Lupien et al Nature Neurosci 1:1998 6 CRH-Rezeptor 1 CRH-Rezeptor 1 Müller et al Nat.Neurosci 6(10)1100-7,2003 Müller et al Nat.Neurosci 6(10)1100-7,2003 Catecholamine CRH-Rezeptor 1 { Noradrenerge Bahnen { Hypothalamus, Amygdala, Hippocampus, Neocortex ⇒ Aktivierung z Sympathikus Adrenerge Bahnen zum PVN { Dopaminerge Bahnen z z z mesocortical zum PFC ⇒ Antizipation, Kognition, Aufmerksamkeit mesolimbisch zum Ncl accumbens ⇒ Motivation, Belohnung Müller et al Nat.Neurosci 6(10)1100-7,2003 7 Noradrenalin/Adrenalin { { { { BF – Basales Vorderhirn z NTS – Ncl. tractus solitarii z PGi – Ncl. paragigantocellularis (Kern der formatio reticularis) { { Arousal hohe Spiegel verschlechtern (über post α1-AR) Aufmerksamkeit, Konzentration… tonische Aktivität ⇒ Arousal phasische Aktivität ⇒ Aufmerksamkeit Catecholamine: Aufmerksamkeit & Gedächtnis LC/Noradrenalin Aktivierung ⇒ Fokusierung niedrige Spiegel verbessern (über post α2-AR) Wachheit, Vigilanz, Orientierung selektive Aufmerksamkeit Gedächnis für emotionale, inbes. aversive Ereignisse löst furchtabh. Verhalten aus Aktivierung senkt die Erregungsschwelle ⇒ beschleunigt Verarbeitungsprozesse LC ⇒ Hippocampus ⇒ Gedächtnis (Abrufen/Speichern) LC ⇒ basales Vorderhirn ⇒ Info-Verarbeitung LC ⇒ Amygdala ⇒ Emotionen 8 β-AR und emotionales Gedächtnis Adrenalin und Stress Stress und Amygdala • Adrenalin ohne Stress ⇒ keine Wirkung • Stress + Placebo vs Adrenalin-Infusion ⇒ gesteigerte Stresswahrnehmung + Stressreaktion auf Adrenalin (Schachter&Singer 1962) 9 Angst Amygdala { Affektive Tönung: z z z { Erkennen von Gefahren z { { emotionale Analyse der Situation Abrufen/Abspeichern von Gedächnisinhalten Aktvieren der Stressachsen Auslösen von Angst/Furcht Aufmerksamkeit Episodisches Gedächnis, cues Angstkonditionierung, Panik Nature Neurosci 9:1999 Startle-Reflex bei geringer/ausgeprägter Angst vor Schlangen 350 300 250 200 erotica neutral snakes 150 100 50 0 low high aus: Lang et al 1998 10 Präfrontaler Cortex (PFC) Präfrontaler Cortex PFC-Einfluss auf Raphé-Kerne kontrollierbarer vs. unkontrollierbarer Stress Verhalten unter Zuhilfenahme d. Arbeits-gedächnis, ⇒ erleichtert Planung u. Ausführung z Arbeitsgedächnis u. Aufmerksamkeit, hemmt irrelevante Stimuli/Antworten z Erkennen von bedrohlichen Situationen z hemmend auf Amygdala z positives Verstärkungslernen z Genese u. Ausdruck von Emotionen inescapable stress escapable stress Aufmerksamkeitsprobleme, Irritierbarkeit unter Stress, Intrusion GABA-Agonist in PFC DRN: Ncl. Dors. Raphé GABA-Agonist in PFC Amat et al. Nature Neurosci.8:2005 11 5-HT in dorsalen Raphe-Kernen PFC-Regulation d. serotoninergen Outputs Kontrolllwahrnehmung erhöht Aktivität im PFC GABA-Agonist in PFC Amat et al. Nature Neurosci.8:2005 DRN: Ncl. Dors. Raphé Robbins, Nature Neurosci. 8:2005 Persönlichkeit geformt durch früheren Erfahrungen, beeinflußt als Prädisposition individuelle Antwortmuster { Stress-Widerstandsfähigkeit i.S. v. Ressourcen z z z { Konsistente Erfahrungen, Geborgenheit, Mastery-Erfahrungen, Positive Vorbilder Stress-Anfälligkeit i.S. v. Vulnerabilität z z Hilflosigkeit, Ausgeliefertsein, Trauma 12 Epigenetische Einflüsse auf Verhalten Vulnerabilität - Resistenz Tiermodell (Ratten): { wiederholte Trennung ⇒ vulnerabel (Drogen, erhöhte Reaktivität, ängstlicher) { Handled ⇒ Hardy (verringerte Reaktivität, geringes Suchtpotential) { Non-handled ⇒ Frühe Belastungen können Dysfunktion des Belohnungssystems bewirken Dopamin z mesocortical zum PFC ⇒ Antizipation, Kognition, Aufmerksamkeit z mesolimbisch zum Ncl accumbens ⇒ Motivation, Belohnung 13 Tierexperimentelle Ergebnisse { { Sensitivierung Kontrollierbare Stressoren ⇒ über NA-Ausschüttung ⇒ Bahnung/ Stabilisierung „enriched environment“ (=kontrollierbare Belastungen) z Juvenile Ratten: dickeren Cortex, verzweigtere Dentritenbäume, später altersassozierte ZNSVeränderungen z Affen: komplexeres, sozial kompetenteres Verhaltensrepertoir, raschere Problemlösung z Wüstenrennmäuse: doppelt so starke dopaminerge Innervation des PFC assoziert mit verbesserter Impulskontrolle u. Lernfähigkeit { { { { Cortisol in Abhängikeit des Sozioökonomischen Status (SES) tierexperimentell: inescapable footshock ⇒ langandauernd erhöhte Angst u. Reaktivität (CRF↑) in uteri gestresst Ratten reagieren auf Unbekanntes stärker, zeigen verminderte Neurogenese im Hippocampus bei juvenile Affen bewirkt häufige Trennung v. Mutter z erhöhte Ängstlichkeit, Irritierbarkeit, stärkere Abhängigkeit v. Mutter, z verstärkte noradrenerge u. verminderte serotonerge Reaktion b. Menschen assoziert mit ↑ basalen Cortisolspiegel, erleichterter NA- u. CRF-Freisetzung Stress und Gedächnis { { { { { { Arbeitsgedächnis deklaratives Gedächnis Episodisches Gedächnis Priming Abspeichern, Konsoldieren, Abrufen Vergessen/Extinktion, Sensitivierung vs. Habituation 14 Gedächnis Gedächnis und Stress { Lernen moduliert Stress-Antwort ⇒ Assoziation eines Stimulus mit negativen Emotionen ≅ konditionierter Reiz, Stressor löst zukünftig vorbereitete Antwort aus ⇒ Extinktion bes. schwierig für Vermeidungshandlungen ⇒ Explizites Gedächnis z z { ↓ Erinnern neutraler Ereignisse ↑Erinnern emotional-konotierter Ereignisse (Biographisches Gedächnis) gestörtes deklaratives Gedächnis u. Arbeitsgedächnis Gedächnis: Dysfunktionen bei Stress Gedächnis und Stress Extremer Stress und Verstärkerschleife { Trauma-Amnesie: Cortisol hemmend auf Hippocampus { Encodierung emotionaler Inhalte erhöht durch: Noradrenalin Präfrontaler Cortex z Hemmung irrelevanter Stimuli/ Antworten z Arbeitsgedächnis z Hemmung d. Amygdala z Aufmerksamkeit Hippocampus z Deklaratives Gedächnis z Integration in Raum und Zeit Amygdala z Emotionales Gedächnis z Angst-Konditionierung ¾ ¾ ¾ ¾ ¾ ¾ ¾ unfähig irrelevante Kognitionen zu unterdrücken Gestörtes Arbeitsgedächnis, Intrusion gestörte Aufmerksamkeit, Konzentration gestörtes Faktengedächnis Fragmentierung d. Erinnerung, (Amnesie) Verstärkte emotionsbezogene Erinnerung Konditionierung, Sensitivierung 15 Posttraumatic Stress Disorder (PTSD) Definitionen von T R A U M A WHO: „Kurz- oder langanhaltende Ereignisse oder Geschehen von außergewöhnlicher Bedrohung mit katastrophalem Ausmaß, die nahezu bei jedem tiefkreifende Verzweiflung auslösen würden.“ DSM IV: { Potentielle oder reale Todesdrohung { Ernsthafte Verletzung { Bedrohung der körperlichen Unversehrtheit bei sich oder anderen, auf die mit intensiver Furcht, Hilflosigkeit oder Schrecken reagiert wird Symptome der PTSD nach DSM IV { { { { { { Ereigniskriterium Symptomgruppe Erinnerungsdruck/Intrusion Symptomgruppe Vermeidung/emotionale Taubheit Symptomgruppe chronische Übererregung Dauer länger als 1 Monat Klinisch bedeutsame Belastungen in wichtigen Funktionsbereichen Symptomgruppe Erinnerungsdruck/Intrusion { { { { Belastende Träume, Alpträume Nachhallerlebnisse Belastung durch Auslöser Physiologische Reaktionen bei Erinnerung 16 Symptomgruppe Vermeidung/emotionale Taubheit { { { { { { { Gedanken- und Gefühlsvermeidung Aktivitäts- und Situationsvermeidung (Teil-) Amnesie Entfremdungsgefühl Interessensverminderung Eingeschränkter Affektspielraum Eingeschränkte Zukunftsperspektiven Gedächnis und PTSD { Implizites Gedächnis z z { { { { Priming Trauma-assozierter Inhalte Konditionierte emotionale Reaktionen Intrusive Memories (Wiedererleben) durch noradrenerge Aktivierung der Amygdala u. weiterer Areale für assoziatives Gedächnis Trauma-cues deactivieren PFC Aufmerksamkeitsprobleme, Irritierbar Verminderte Reaktionszeiten, schlechter b. Diskriminationstests Symptomgruppe chronische Übererregung { { { { { Schlafstörungen Erhöhte Reizbarkeit Konzentrationsprobleme Hypervigilanz Starke Schreckhaftigkeit PTSD { { { erhöhte NA (Harn), insbes. Nächtl. Anstieg α2-AR Dichte an Thrombos ↓ α2- Antagonist löst bei 70% d. PTSDPatienten Panikattaken u. b. 40% flash backs aus, nicht bei Gesunden 17 PTSD PTSD bei gleichen Baselines zeigen 2/3 der Kriegsveteranen mit PTSD eine erhöhte Reaktivität auf sensorische Stimuli die mit Kampf assoziert sind { erhöhte Schreckreaktion, verminderte Habituation { Modell: Sensitivierung u. Angstkonditionierung hohes NA+A bewirken Überkonsolidierung traumarelevanter Cues im Gedächnis Depression { { { { { { { { { { { { { { ⇒ niedrige, basale Cortisolspiegel Erhaltene Circadianrhythmik erhöhte GR-Rez. (Lymphozyten) CRH erhöht ACTH nach Stimulation erniedrigt Super-Suppression nach Dexamethason stärkere ACTH-Freisetzung nach Metyrapon CRH↑+ Hypocortisolismus, neg.feedback↑ Cortisol-Aufwachantwort bei milder Depression hohe, basale Cortisolspiegel Circadianrhythmik variabel erniedrigte GR-Rez. (Lymphozyten) CRH erhöht ACTH nach Stimulation erniedrigt verminderte bis non-Suppression nach Dexamethason stärkere ACTH-Freisetzung nach Metyrapon ⇒ CRH↑+ Hypercortisolismus, neg.feed-back↓ Bhagwagar et al.: Psychopharmacol. 182: 54–57, 2005 18 Saliva-Cortisol bei burn out Grossia et al.: Journal of Psychosomatic Research 59, 103–111, 2005 19