Borna Disease Virus

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Fachinformation Borna Disease Virus
12/02
Borna Disease Virus
Einleitung
1885 kam es in der Stadt Borna in Sachsen zu einem erheblichen Pferdesterben durch eine
epidemische infektiöse Enzephalitis, die daraufhin Borna (Borna Disease, BD) genannt wurde. Die BD
ist also bei Pferden und Schafen seit über einem Jahrhundert bekannt. Erst 1929 konnte auch die
Ursache der BD als ein infektiöses Agens ausgemacht werden, das allerdings erst in den 90er Jahren
als ein behülltes negative-sense, singel-stranded RNA Virus klassifiziert wurde.
Nachdem ursprünglich angenommen wurde, dass das natürliche Wirtsspektrum des Borna Disease
Virus (BDV) auf Pferde und Schafe und zudem auf die Regionen Süddeutschland und Schweiz
beschränkt sei, musste jedoch bald eingesehen werden, dass das BDV mutmaßlich alle Warmblüter,
einschließlich Vögel, infizieren kann und weltweit auftritt. Der Verdacht liegt nahe, dass auch der
Mensch als ein natürlicher Wirt für das BDV in Betracht kommt. Heute werden kontroversen
Diskussionen bezüglich eines bestehenden Zusammenhangs zwischen dem BDV und verschiedener
humaner psychatrischer Krankheitsbilder geführt.
Biologie und Pathogenese der Borna Disease
Vermutlich breitet sich das BDV über Körpersekrete (insbes. Nasensekrete) aus. Die intranasale
Infektion führt zu einer initialen Virusreplikation in den Neuronen der Eintrittspforte (Neuroepithel des
N. olfactorius), die von einer intraaxonalen Migration in Richtung des ZNS gefolgt wird und sich durch
einen Tropismus für das Limbische System auszeichnet. Von hier aus breitet sich das BDV diffus im
ZNS aus und spezifische Einschlusskörperchen (Joest-Degen inclusion bodies) können in den
infizierten Neuronen nachgewiesen werden. Zu einem späteren Zeitpunkt der Infektion treten virale
RNA und Antigene in Astrozyten, Oligodendrozyten, Ependymzellen und Schwannschen Zellen auf.
Hierauf erfolgt eine zentrifugale Ausbreitung des BDV und das Virus kann in peripheren Nerven aller
Organe und Gewebe gefunden werden.
Klassische BD: Die klassische BD wird histologisch durch eine nicht-eitrige Enzephalomyelitis
charakterisiert, die durch die Immunantwort des Wirtes hervorgerufen wird. Das BDV hingegen
induziert keine Zytolyse. Die massive perivaskuläre und parenchymale Infiltration von mononukleären
Immunzellen, insbesondere von Makrophagen, Natürlichen Killerzellen (NK) und T-Lymphozyten führt
zu neuronalen Alterationen, die in dieser Phase der Infektion hauptsächlich auf das Limbische System
und den Hippocampus konzentriert sind. Die Folge hiervon sind Verhaltensstörungen wie
Hyperaktivität, Hyperreaktivität, Aggression und Angstzustände sowie Krämpfe, Ataxie und
Paraplegie. Die extensive Immunreaktion erreicht ihren Höhepunkt 30-40 Tage p.i. und die hierdurch
verursachte Destruktion des neuronalen Gewebes führt in den meisten Fällen zum Tod
(Hydrozephalus).
Tiere, die das akute Stadium der Krankheit überleben, beginnen nach mehreren Wochen Anzeichen
einer chronischen BD aufzuzeigen. Trotz weiterer Virusreplikation klingen die inflammatorischen
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Prozesse ab. Es kommt zu einer signifikanten, permanenten Hirndestruktion, die ebenfalls zum
Hydrozephalus führen oder chronische Anzeichen neurologischer Krankheiten (chronische Apathie,
Blindheit) aufweisen kann.
Experimentelle BDV-Infektion neonataler Ratten: bei der BDV-Infektion neonataler Ratten kommt es
aufgrund des fehlenden Immunsystems nicht zu einer fatalen immunzellvermittelten
Enzephalomyelitis, sondern um eine lebenslang persistierende Infektion ohne die klinische
Symptomatik der klassischen BD. Die Tieren leiden an Defizienzen emotionaler oder kognitiver
Funktionen und an Entwicklungsstörungen bestimmter Areale des ZNS (Hypoplasie des Cerebellum,
progressive Degeneration des Hippocampus). Außerdem sind Veränderungen in der synaptischen
Plastizität (z.B. Dopamin-Rezeptoren) erkennbar, wobei allerdings noch weitgehend unbekannt ist, auf
welche Art und Weise BDV in den Metabolismus der Zelle eingreift. Sowohl die zum Teil signifikanten
Verhaltensstörungen als auch die Auswertung histopathologischer Präparate von Gehirnen BDVinfizierter Tiere zeigen gewisse Parallelen zu bestimmten humanen psychatrischen Krankheiten auf,
wie z. B. endogene Depression, Schizophrenie, Multiple Sklerose u. a., was die Diskussion um eine
mögliche Beteiligung des BDV bei diesen Krankheiten entfachte.
Kontroverse Ergebnisse sowohl im Antikörper- und Antigennachweis als auch im direkten Nachweis
viraler RNA bei Patienten und Kontrollgruppen ließen bislang noch keinen klaren Zusammenhang
zwischen dem BDV und einem bestimmten Krankheitsbild erörtern.
Behandlung
Bis heute steht auf Grund vieler noch ungeklärter Gegebenheiten im Lebenszyklus des BDV und den
Mechanismen der Virus-Zell-Interaktionen kein Mittel der Wahl zur Verfügung.
Wie bei jeder Virusinfektion stellt die Prävention durch Vakzination wahrscheinlich den bevorzugten
Weg gegenüber der Behandlung einer etablierten Infektion dar. Im Experiment zeigten weder die
passive Immunisierung noch die Vakzination mit abgetöteten Viruspartikeln eine protektive Wirkung
gegenüber der Krankheit. Der Transfer von BDV-spezifischen T-Lymphozyten dagegen konnte im
Tierversuch eine BDV-Infektion limitieren bzw. verhindern. Ebenso konnte in vitro gezeigt werden,
dass Antikörper gegen bestimmte Glykoproteine in der Hülle des BDV einen neutralisierenden Effekt
bewirken.
Amantadin, ein Virostatikum, zeigte in einigen Untersuchungen eine effektive Hemmung der
Virusreplikation, in anderen Studien hingegen nicht, so dass auch hierbei die Frage nach der Wirkung
ungeklärt bleibt.
Epikrise
Die BD führt zu einer fatalen Enzephalomyelitis hauptsächlich bei Pferden und Schafen, aber auch
andere Warmblüter und mit hoher Wahrscheinlichkeit auch der Mensch können von dieser Krankheit
betroffen sein.
Nach dem heutigen Stand der Forschung ist keine spezifische Behandlung möglich. Dies liegt nicht
letztendlich an der fehlenden Standardisierung entsprechender Testverfahren zum Nachweis der BD,
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was zudem in den letzten Jahren zu vielen kontroversen Ergebnissen über das Vorkommen und die
Ausbreitung des BDV führte. Aber auch das unvollständige Wissen über die einzelnen Mechanismen
der Virusreplikation im Lebenszyklus des BDV und das bisher lückenhafte Verständnis der Virus-ZellInteraktionen lassen ein noch großes Feld für die weitere Erforschung des BDV offen.
References Cited
Carbone,KM, 2001, Borna disease virus and human disease: Clin.Microbiol.Rev., v. 14, p. 513-527.
De La Torre,JC, 2002, Bornavirus and the brain: J.Infect.Dis., v. 186 Suppl 2, p. S241-S247.
Stoyloff,R, L Bode, K Borchers, H Ludwig, 1998, Neutralization of borna disease virus depends upon
terminal carbohydrate residues (alpha-D-man, beta-D-GlcNAc) of glycoproteins gp17 and gp94:
Intervirology, v. 41, p. 135-140.
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