Psychosen J.S.Kusic Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie Hasenbergstraße 60 70714 Stuttgart Psychosen Definition: Eine psychische Störung, bei der zeitweise der Realitätsbezug verloren geht. Dieser geht einher mit einem strukturellen Wandel im Erleben des Patienten. Was eine Psychose und Schizophrenie nicht sind • Sie sind keine leichte psychische Erkrankung • Eine akute Psychose kann auch gut ambulant behandelt werden • Es kommt nie zu juristischen Schritten , wenn es zu Krisenaufnahmen in eine KJP kommt (Stichwort: §1631 b BGB; §1666) • Schizophrenie und Multiple Persönlichkeitsstörung kann synonym verwendet werden • Psychose und Schizophrenie kann synonym verwendet werden 05.02.2015 Seite 3 Psychosen Unterscheidung in organische und nicht organische Psychosen Psychosen Organische Psychosen (= körperlich begründbare P.; exogene P.) 1. Amentielles Syndrom (akut) Durchblutungsstörungen, SHT 2. Delir (akut) Vergiftungen, Infektionen 3. Dämmerzustand (akut) SHT, Epilepsie, Vergiftungen 4. Frühkindl. exogenes Psychosyndrom (chron.) Frühkindl. Hirnschaden Psychosen Nicht-organische Psychosen (= endogene Psychosen) Unterteilung in: 1. Schizophrene Psychosen mit folg. Subtypen (Beispiele): Hebephrene Schizophrenie: Beginn zwischen dem 15. – 25. Lj.; vorwiegend Minussymptomatik. (ICD-10: F20.1) Paranoide Schizophrenie: häufigste Form der Schizophrenie Beginn meistens zw. 30. und 40.Lj., vorwiegend Positivsymptomatik (ICD-10: F20.0) Wahnhafte Störung: Keine Halluzinationen, Dauer mind. 3 Monate (ICD-10: F 22) Akute vorübergehende psychotische Störung (ICD-10: F23) Psychosen 2. Affektive Psychosen: hierzu gehört die Manie (ICD-10: F30.x); die bipolare Störung (ICD-10: F31.x) die psychotische Depression ICD-10: F32.2) 3. Schizoaffektive Psychosen: Hierzu zählen Symptome der Schizophrenie und der bipolaren Störung (ICD-10: F25.x) Psychosen Epidemiologie: Lebenszeitprävalenz schizophrener Erkrankungen beträgt vermutlich < 1% Vor der Pubertät und Adoleszenz treten schizophrene Erkrankungen sehr selten auf. 0,1 – 1 % erkranken vor dem 10. Lebensjahr 4 % erkranken vor dem 15. Lebensjahr Häufigkeitsgipfel zwischen 7 und 9 Jahren und dem 15. und 16. Lebensjahr Psychose Prodomalerscheinungen im Schulalter: • Verstimmungszustände • Konzentrationsstörungen • Mutistische Reaktionen • Regressives Verhalten Psychosen Mögliche Prodomalerscheinung im Jugendalter (Prodomalsymptome führen nicht zwingend zu einer Schizophrenie) • Leistungseinbrüche in Schule und Lehre • Konzentrationsstörungen • Antriebsminderung mit Interessenverlust • Phasenhaft depressive Verstimmungen 05.02.2015 Seite 10 Psychosen Klassifikation der Schizophrenie Kennzeichen einer Schizophrenie ist eine grundlegende Störung des Realitätsbezugs. 1. Symptomeinteilung nach Bleuler 2. Rangordnung nach Schneider 3. Einteilung nach Positiv- bzw. Negativsymptomatik 05.02.2015 Seite 11 Psychosen Positiv- (Plus-) Symptomatik: • Halluzinationen (bei Kindern und Jugendlichen häufig akustisch) • Formale und inhaltliche Denkstörungen • Depersonalisation und Derealisation, Gedankeneingebung (=IchStörung) • Aggressives Verhalten, Angst, Agitiertheit, Desorganisation • Ev. Akute Eigen- und/oder Fremdgefährdung 05.02.2015 Seite 12 Psychosen Negativ- (Minus-) Symptome: • Affektverflachung • Antriebs- und Interessenlosigkeit • Kognitive Defizite • Sozialer Rückzug 05.02.2015 Seite 13 Psychosen Ursachen (Ätiologie): • Genetische Faktoren: (Risiko, an einer Schizophrenie zu erkranken bei monozygoten Zwillingen 48%, bei Kindern mit zwei erkrankten Elternteilen 46%, bei Kindern mit einem erkrankten Elternteil 13%) • Umweltfaktoren: Infektionen der Mutter während der Schwangerschaft, Schwangerschafts- /Geburtskomplikationen, psychosoziale Belastungen • Vulnerabilitäts-Stress-Modell zur Entstehung der Schizophrenie • Biochemie: Hypothese der reduzierten Dopaminaktivität im präfrontalen Kortex und gesteigerte Dopaminaktivität in subkortikalen Regionen 05.02.2015 Seite 14 Psychosen Diagnostisches Vorgehen: • Erhebung der Eigen- und Fremdanamnese. Häufig ist eine ausgedehntere Beobachtungszeit notwendig. • Erhebung des psychopathologischen Befundes • Körperliche und neurologische Untersuchung • Labor (ggf. immunologische Abklärung, Abklärung von Infektionen) • EKG (QTC-Zeit-Verlängerung bei Neuroleptika) • EEG, ggf. MRT 05.02.2015 Seite 15 Psychosen Differentialdiagnosen: • Substanzinduzierte psychotische Störungen • Intoxikationen (Kokain, Amphetamin, Kodein) • Endokrinopathien • Reifungskrisen in der Adoleszenz (vorübergehende psychotische Störungen, schizotype Störung und wahnhafte Störung) 05.02.2015 Prof. Dr. Vorname Nachname Themennennung Seite 16 Psychosen Therapie: • Psychopharmakotherapie • Psychotherapie • Sozial- bzw. Milieutherapeutische Maßnahmen 05.02.2015 Seite 17 Psychosen Erkrankungsphasen: • Akutphase: - Symptomatische Behandlung - Kontaktfähigkeit soll wieder hergestellt werden - bei akuter Selbst- und Fremdgefährdung bzw. nicht vorhandener Krankheitseinsicht ggf. § 1631b BGB 05.02.2015 Seite 18 Psychosen • Klinische Phase: - Psychotherapeutische und soziotherapeutische Maßnahmen (Erhöhtes Suizidrisiko: 5-13% der Patienten, die an einer schizophrenen Psychose erkranken, begehen Suizid) - Medikamentöse Therapie - Verbesserung der Kontaktfähigkeit - Verbesserung von Konflikt- und Problemlösungsstrategien - Erkennen persönlicher Grenzen und Ressourcen - Elternarbeit - Psychoedukation 05.02.2015 P Seite 19 Psychosen • Neuroleptika – Medikamentöse Behandlung der Psychose und Schizophrenie • niederpotente Neuroleptika Beispiele: Promethazin (Atosil®), Chlorprothixen (Truxal®), Pipamperon (off-Label) • mittelpotente Neuroleptika Beispiele: Perazin (Taxilan®), • hochpotente Neuroleptika + Atypische Neuroleptika Beispiele: Perphenazin, Fluphenazin, Haloperidol, Aripripazol (>15), Risperidon (Risperdal®), Quetiapin (Seroquel®) 05.02.2015 Seite 20 Psychosen • Die Behandlung einer Erkrankung aus dem schizophrenen Formenkreis erfolgt störungsspezifisch mit Neuroleptika • Bei Akutsymptomatik: 1.Klassiker: Haloperidol 10mg i.v./i.m./p.o. + Lorazepam 2mg langsam spritzen. Höchstdosis: Haloperidol 30mg und Lorazepam 7,5mg. 2. Olanzapin 10mg + Lorazepam 2mg p.o. 05.02.2015 Seite 21 Psychosen • • • • • Wie wirken Neuroleptika? Der genaue Wirkmechanismus von Neuroleptika ist nicht (vollständig) geklärt. Dopaminhypothese: Positivsymptomatik (Halluzinationen, Wahndenken) wird durch eine erhöhte Konzentration von Dopamin im mesolimbischen System erklärt. Neuroleptika hemmen die Übertragung von Dopamin im Gehirn durch ihre antagonistische Wirkung auf postsynaptische D2-Rezeptoren. Die daraus resultierende Hemmung der mesolimbischen Bahnen könnte die antipsychotische Wirkung erklären. Je stärker diese hemmende Wirkung auf die dopaminergen Rezeptoren ist, desto potenter ist ein Neuroleptikum. 05.02.2015 Seite 22 Psychosen – Neuroleptika 1 05.02.2015 Prof. Dr. Vorname Nachname Themennennung Seite 23 Psychosen – Neuroleptika 2 05.02.2015 Seite 24 Psychose – Neuroleptika 3 05.02.2015 Seite 25 Psychosen Vielen Dank fürs Zuhören! Anregungen, Diskussion, Fragen, Kritik