Schizophrenie – eine rätselhafte psychotische Erkrankung

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Schizophrenie
Hypothesen zur
Entstehung und
Behandlung
H.P. Kapfhammer
Klinik für Psychiatrie
Medizinische Universität Graz
Einstieg








22-jähriger Mann
bis 17. Lebensjahr weitgehend unauffällig [wenig Freunde, Einzelgänger]
zunehmender sozialer Rückzug, depressiv, antriebsarm, kaum Interessen
schulische Leistungen bis 6. Klasse Gymnasium gut bis befriedigend, dann
Leistungsknick, Matura im zweiten Anlauf, kein Studium, keine weitere Ausbildung
lebt zu Hause, zunehmende Streitigkeiten mit Eltern wegen „Lebensstil“:
schläft bis Mittag, isst fast nur im Zimmer, macht Nacht zum Tag, laute Musik,
stundenlanges Wandern in der Nacht, Chaos
zertrümmert Fenster, attackiert Vater, Polizei, Einweisung in psychiatrische Klinik
bei Aufnahme: fühlt sich von einer unbekannten Gang bedroht, die nach seinem Leben
trachten, fühlt sich in seinen Gedanken ferngesteuert, hört bedrohliche Stimmen von
nicht anwesenden Personen, die ihn beschimpfen und ihm befehlen, aus dem Fenster
zu springen, will sich das Leben nehmen, erregt, panisch:
„Psychose“
Eltern völlig unverständig: eigentlich immer „nett, angepasst, unauffällig, nie Streit,
bis auf Cannabiskonsum seit früher Jugend“, haben Angst, er könne ähnliche
Entwicklung wie der Onkel (Bruder des Vaters) nehmen
Psychose - Definitionsversuche
Vielschichtige, verwirrende Begriffshistorie
Psychose – Neurose
Kriterien:
-
Schweregrad der psychischen Veränderungen
fehlende Krankheitseinsicht
bestimmte Störungen der Kommunikation
unterbrochene Verstehbarkeit
mangelnde soziale Anpassung
grundlegende Störung des Realitätsurteils
Psychose - Definitionsversuche

Was ist eine „grundlegende Störung des Realitätsurteils“ ?
- halluzinatorische Aktivität
- paranoide Ideen
qualitative
Veränderung
des Selbst
- Tiefe, Umfänglichkeit, Eigendynamik
einer Affekt- / Stimmungsstörung
Kraepelinsche Klassifikation
ManischDepressive
Erkrankung
„ZwischenFälle“
Schizophrenie
Psychosebegriff – kategorial versus dimensional ?

Problem der Konzeptualisierung von psychiatrischen Diagnosen
negativ
depressiv
desorganisiert
- psychiatrische Diagnosen verweisen auf keine
natürlichen Entitäten
Konstrukte
- Klassifikationssysteme inhärente Ausweitungstendenz
- Diagnosenvielfalt versus künstliche Grenzsetzung
- Konsequenz: Aspekt der Komorbidität
„Psychose“
manisch
positiv
neurokognitiv
Zentrale Frage:
Reliabilität – Nützlichkeit – Validität
psychiatrischer Diagnosen
„was entspricht dem klinischen Phänotypus?“
Schizophrene Psychosen - Konzeptualisierung
Kraepelin (1904)
Bleuler (1911)
Crow (1980)
Andreasen (1982)
Grundstörungen
Grundsymptome
Typ-II-Syndrom
Negative Symptome
Verstandesabnahme
Assoziationsstörung
Sprachverarmung
Gemütsabstumpfung
Affektverflachung
Einbuße an Willensfestigkeit und Tatkraft
Affektivitätsstörung
Autismus
Abulie, Ambitendenz,
Ambivalenz
Energieverlust
Sprachverarmung (Alogie)
Aufmerksamkeitsstörungen
Affektverflachung
Anhedonie-Assozialität
Abulie-Apathie
Begleiterscheinungen
Akzessorische Symptome
Typ-I-Syndrom
Positive Symptome
Paranoid-halluzinatorische
Symptomatik
Katatone und hebephrene
Symptomatik
paranoid-halluzinatorische
Symptomatik
katatone und hebephrene
Symptomatik
pos. formale Denkstörungen pos. formale Denkstörungen
Wahn, Halluzinationen
Wahn, Halluzinationen
bizarres und desorganisiertes
Verhalten
Schizophrenie – klinische Symptome
1. Affektive Symptome:
Angst
2. Negative Symptome:
verminderte Gefühlsintensität u. Initiative
reduzierte soziale Beziehungen
verlangsamtes/verarmtes Denken / Sprechen
3. Positive Symptome:
Halluzinationen auf allen Sinnesgebieten, v. a. akustische
Symptom 1. Rangs
Depression / Manie
kommentierende Stimmen, Rede u. Gegenrede
Wahn (v. a. Beziehung, Verfolgung, Bedrohung)
Symptom 1. Rangs
4. Kognitive Symptome:
Wahnwahrnehmung
Beeinflussungswahn, Symptom des Gemachten
verminderte Aufmerksamkeit, Konzentration
Arbeitsgedächtnis, Exekutivfunktionen
Schizophrenie – klinische Symptome
5. Subjektive Denkstörungen:
Symptom 1. Rangs
Gedankenabreissen
Gedankenentzug, -eingebung, -ausbreitung, - lautwerden
6. Objektive Denkstörungen:
beeinträchtigter Zusammenhang in Denken u. Sprache
Danebenreden, Ideenflucht, Zerfahrenheit
7. Ich-Störungen:
Desorganisation des Erlebens, Denkens, Verhaltens
Symptom 1. Rangs
8. Katatone Symptome:
Aufhebung des Ich – Bewusstseins =
Erleben des Gemachten, von außen Gesteuerten
Überschneidung mit positiven u. Denkstörungen
Bewegungsarmut (Stupor)
Sprachlosigkeit (Mutismus)
flexible / starre Muskelspannung
motorische Erregung
Psychotische Symptome bei der
bipolar affektiven Störung

Stimmungskongruente psychotische Symptome
Größenwahn: Wert, Macht, Wissen, Identität, spezielle Beziehungen
depressiver Wahn: Selbstwert, Schuld, Bestrafung, Krankheit, Tod, Nihilismus
hierauf bezogener Beziehungs- und Verfolgungswahn

Akustische Halluzinationen

Nicht-stimmungskongruenter Wahn

Positive Denkstörungen
Gedankendrängen, Logorrhoe, Gedankenentgleisung, Inkohärenz, Verworrenheit,
Tangentialität, Ablenkbarkeit, überinklusives Denken

Negative Denkstörungen
Verarmung des spontanen Sprechens, der Sprechinhalte, Neologismen, unterinklusives
Denken

Katatone Symptome
McElroy et al. (1996); DSM-IV-TR (2002)
Klinischer Blick auf nicht-affektive und
affektive Psychosen
„Psychose“ (halluzinatorisch –wahnhaft) –
Erfahrungen – Symptome - Störungen
Metaanalyse der
vorliegenden epidemiologischen
Studien in Allgemeinbevölkerung
[van Os et al. 2009]
psychotische
Symptome: 4 %
psychotische
Erfahrungen: 8%
%: Prävalenz im Median
Symptom: hoher subjektiver Distress,
aber subklinisch
Störung: DSM-IV, Distress, klinische
Inanspruchnahme, Behinderung
psychotische
Störung: 3%
Schizophrenie:
~1%
ca. 1/3 mit
ungünstiger
Prognose
Rate an schizophrenen Erkrankten / 100 000 Bevölkerung
Krankheitsausbruch in Abhängigkeit vom Lebensalter
ABC – Schizophreniestudie
M = 117, F = 131
erste Krankheitsepisode (ICD-9)
Gesamtbevölkerung: 1.5. Millionen
[nach: Häfner 2000]
50
40
30
20
10
W
M
0
15-19
12 –14
25-29
20-24
35-39
30-34
45-49
40-44
55-59 Jahre
50-54
Entwicklung zur Ersterkrankung
der schizophrenen Psychose
Prodromalphase
Alter
24,2
Zeitdauer
Psychotische
Vorphase
29,0
5,0 Jahre
30,1 30,3
1,1 Jahre
positive
Symptome
negative und
unspezifische
Symptome
Ersthospitalisierung
erstes Anzeichen einer
psychischen Störung
(unspezifisches / negatives Symptom)
erstes
positives
Maximum der
Symptom Positivsymptomatik
 = Dauer der unbehandelten Psychose ( Duration of Untreated Psychosis - DUP)
 = Dauer der unbehandelten Erkrankung (Duration of Untreated Illness - DUI)
Entwicklung von Schizophrenie
im Vergleich zu Depression
[nach: Häfner et al. 2005]
Die Entwicklung der akuten schizophrenen Psychose
[Conrad 1958]
Trema:
gewohnte Ordnung geht verloren
vage Stimmung des Verändertseins (Selbst / Umwelt)
Fremdheit (Depersonalisation – Derealisation)
Unheimlichkeit – Unvertrautheit: Unruhe, Angst
Apophänie:
neue Physiognomierung der Umgebung
Derealisation, Wahn, Sinnestäuschung, Denkstörung
Anastrophe:
Ich-Zentrierung der Wahnwelt (Subjektzentrismus)
Ausformung von Wahnthemen, ev. Systematisierung
Isolation in autistisch-dereeller Welt,
Kommunikationsstörung
Apokalypse:
Zerfall des Ich- und Welt-Erlebens (Gestaltzerfall),
des Denkens und Fühlens, der Außen- und Innenwelt
katatone Symptome
0
20
40
Alter (Jahre)
Erste Episode
60
80
Psychose
Besser
Schlechter
Besser
Kognitive
Funktionen
Psychose
Schlechter
Kognitive Funktionen
Kognitive Funktionsstörungen bei
schizophrener Ersterkrankung und weiterem Verlauf
Kognitive Dysfunktionen bei schizophren Ersterkrankten
und Bedeutung für soziale Adaptation
Prozent
zentrale Bedeutung für die Langzeitprognose und das funktionelle Outcome
zentrale
Bedeutung
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
mit Einbußen
ohne Einbußen
- relativ unabhängige Dimension
- Risikogruppen – Ersterkrankung – Verlauf
- relative Verlaufsstabilität
- kaum Assoziation zu Positiv-Symptomatik
- stärkere Assoziation zu Minus-Symptomatik
- gewisse Überlagerung durch affektive Symptomatik
- von allen psychopathologischen Dimensionen die
stärkste Prädiktion der psychosozialen Adaptation
Meltzer HY, Curr Med Res Opin, 1997, 14, 1 – 20
Green et al. (2000)
Neurokognitive Funktionen und
psychosoziale Adapatation
funktioneller
Outcome
Lebensqualität
v. a. Exekutivfunktionen
- Medikamentenmanagement
- Compliance
- soziale, berufliche Rolle
- interpersonale Interaktion
- selbständiges Wohnen/Leben
- psychosoziale Rehabilitation
globale Kognitionsscores
Rückfall-Prophylaxe
Aufmerksamkeit
Gedächtnis
Neurokognitive
Dysfunktionen
Somatisch-medizinische
Komorbidität
Arbeitslosigkeit
Arbeitsgedächtnis,
Aufmerksamkeitsspanne
Problemlösung
Episodisches Gedächtnis
Exekutivfunktionen
Kosten
- Selbstfürsorge
- stationäre / ambulante
Versorgung
- Produktivität
Keefe, Eesley [2006]
Neurokognitive Dysfunktionen und
Störungen der sozialen Kognition
Theory of
the mind
Attributionsstil
Affektive Gesichtswahrnehmung
S- und Objektmodelle
Inferenzen über Andere
in sozialen Interaktionen
(beeinflusst sowohl von
P-, N-, K-Symptomen)
v. a. akute Stadien –
Komplexität der
Aufgaben
global – external –
personalisierend
v. a. verstärkte Negativierung
Zusammenhang zu allgemeiner
Beeinträchtigung in Prozessierung
komplexer visueller Stimuli
Trait-Variable,
v. a. bei paranoidem
Syndrom
kaum Ambiguitätstoleranz
keine Kontextrelativierung
möglicherweise stärkere
Bedeutung für psychosoziale
Funktionalität / Verhalten als
neurokognitive Funktionen
Schizophrenie: Grunddaten zum Verlauf
 Verlauf überwiegend episodisch mit
unterschiedlichen Remissionsqualitäten
 ca. 65 % nach Erstepisode weitere akute Rezidive
 ca. 15 % nach Erstepisode ohne weiteres akutes Rezidiv
und mit voller psychosozialer Integration
 ca. 20 % eher chronisch-schleichender Beginn, ohne
klar erkennbares psychotisches Rezidiv, Residualsyndrom
Verlaufsformen nach
Ciompi u. Müller (1976)
mittlere Katamnesendauer: 36.9 Jahre
Soziale und psychopathologische Langzeitprognose
bei 500 schizophrenen Patienten (nach: Huber et al. 1994)
Soziale
Remission
Vollremission
uncharakteristische
Residuen
30.0 %
charakteristische
Residuen
insgesamt
12.1 %
38.6 %
voll erwerbstätig auf
früherem Niveau
97.3 %
voll erwerbstätig unter
früherem Niveau
1.8 %
29.4%
12.7 %
17.6 %
begrenzt erwerbstätig
-
22.6 %
27.7 %
19.4 %
56.2 % sozial
geheilt
erwerbsunfähig
0.9 %
völlig arbeitsunfähig
-
16.1 %
27.2 %
16.6 %
1.8 %
20.2 %
7.8 %
43.8 % sozial
nicht geheilt
Recovery from schizophrenia:
an international perspective
Remissionsquote
familiäre / soziale Einbettung
Hooper, Harrison, Janca, Sartorius (eds) [2007]
Tod und Suizid als Ausgang schizophrener Psychosen
Mortalität:
- signifikant erhöht (ca. 12 – 15 Jahre)
- Männer > Frauen
- hospitalisierte > nicht-hospitalisierte Patienten
Suizidalität:
-
ca. 10%
Alter: jünger > älter (< 45 Jahre)
Geschlecht: Männer > Frauen
sozial: unverheiratet, ohne feste Arbeit
prämorbid: höherer Ausbildungsstatus
K-Stadium: psychotisch < postpsychotisch
[Saha et al. 2007]
Symptom-Kerncluster der Schizophrenie
van Os et al. [2010]
Schätzung der Effektstärke der ätiologisch bedeutsamen
Risikofaktoren für Schizophrenie
Expositionsperiode des Risikos
Risikofaktor
Genetisch
MZ-Zwilling einer/s
schizophren Erkrankten
DZ-Zwilling einer/s
schizophren Erkrankten
Geschwister oder Kind einer/s
schizophren Erkrankten
Schwangerschaft u. Geburt
Postnatal
ungefähre Effektstärke
prä- und postnatale
Komplikationen
Virusinfekte des Gehirns
[nach: Jones u. Tarrant 1998]
46
14
10
2
~ 2
Lebenszeitprävalenz von Störungen / Dysfunktionen bei
Geschwistern Schizophrener und von Kontrollen
Geschwister Schizophrener






Schizophrenie
andere Psychose
schizotypische Persönlichkeitsstörung
andere größere psychiatrische Störung
kognitive Dysfunktion (gegenwärtig)
ohne klinische/subklinische Abweichung
5.1 %
5.2 %
2.8 %
29.5 %
15.3 %
49.9 %
Geschwister von Kontrollen






Schizophrenie
andere Psychose
schizotypische Persönlichkeitsstörung
andere größere psychiatrische Störung
kognitive Dysfunktion (gegenwärtig)
ohne klinische/subklinische Abweichung
0.8 %
1.2 %
0.8 %
20.4 %
9.4 %
67.2 %
nach: Maier et al. (1999)
Schizophrenie und bipolar affektive Störung teilen
gemeinsame genetische Vulnerabilitäten


Familienstudien [Owen et al. 2007]
schizophrene Patienten:
mehrheitlich unter Verwandten:
schizophren, schizoaffektiv, schizotypisch
seltener bipolar affektiv
bipolare Patienten:
mehrheitlich unter Verwandten:
bipolar, schizoaffektiv, unipolar depressiv
schizophrene/ bipolare P:
ähnliche Raten schizoaffektiv
schizoaffektive Patienten:
ähnlich erhöhte Raten für bipolar und schizophren
Zwillingsstudien [Cardno et al. 2002]
bedeutsame genetische Überlappung
gemeinsame – differenzielle Anteile
bipolar affektiv + psychotischstimmungsinkongruent ≅ genetisch schizophren
Schizophrenie und bipolar affektive Störung teilen
gemeinsame genetische Vulnerabilitäten

molekulargenetische Studien
Gene/ Loci
Chromosomal
Evidenz-Schizo
Dysbindin
Neuroregulin I
DISC 1
RGS4
COMT
DAOA (G72/G30)
BDNF
DAO
6p22
8p12
1q42
1q23
22q11
13q33
11p13
12q23
+++++
++++
+++
++
+
++
Evidenz-bipolar
+
+
++
++
++
Craddock et al. (2005)
Maier et al. (2005, 2006)
Hypothetische Beziehung von Suszeptilitätsgenen
und klinischem Phänotyp [Craddock u. Owen 2005]
SuszeptibilitätsGene
Dysbindin
DISC 1
Neuroregulin1
DAOA
BDNF
prototypische
Schizophrenie
prominente psychotische und
affektive Symptome
prototypische
Stimmungsstörung
DSM-IV
Schizophrenie
DSM-IV
schizoaffektive Störung
DSM-IV
Stimmungsstörung
Neurobiologische Modellvorstellungen
zu negativen und kognitiven Störungen
Hypothese des reduzierten Neuropils bei der
Schizophrenie
[Lewis u. Gonzáles-Burgos 2008]
Selemon LD, Rajkowska G,
Goldman-Rakic PS (1995)
Schizophrenie – hirnmorphologische Veränderungen
Schlechter Outcome
< Thalamus Volumen
< graue Substanz (PFC)
> Seitenventrikel
> 3. Ventrikel
Guter Outcome
gesund
Staal et al., Am J Psychiatry (2001)
Differenzieller Verlust grauer Hirnsubstanz in der
Perspektive der Krankheitsentwicklung
Morey et al. (2005)
ACG: Gyrus cinguli anterior (ACC)
MFG: Gyrus frontalis medialis
IFG: Gyrus frontalis inferior
Neuropathologie und Neuroimaging
bei der Schizophrenie







ca. 30-50% der Pat. Seitenventrikel ↑↑ 30%
3.Ventrikels ↑
zerebralen Sulci ↑
Gesamthirnvolumens ↓↓ (3%)
Frontallappen ↓↓↓
Temporallappen ↓↓ (links 6%, rechts 9,5%)
Amygdala-Hippokampus-Komplex ↓↓ (ca. 8% bds.)
Wright IC, Rabe-Hesketh S, Woodruff PW, David AS, Murray RM, Bullmore ET: Meta-analysis of regional brain
volumes in schizophrenia. Am J Psychiatry 2000; 157: 16-25
Neurobiologische Erklärungsansätze
Funktionelle Defizite und Kognitive Störungen bei
Schizophrenie
Hypofrontalität
reduzierte Aktivität der zerebralen Gehirndurchblutung / Glukoseutilisation
bei Aufgaben für exekutive Funktionen
(Weinberger 1986, Berman 1988, Buchsbaum 1990, Andreasen 1992, 1997, Liddle 1992, Pantelis
1997, Hutton 1998, Fu et al 2001, Weiss et al 2003)
Fronto – temporale Funktionsstörung
reduzierte und vermehrte Aktivität der zerebralen Hirndurchblutung





Exekutive Funktionen, Aufmerksamkeit (Volz 1997, 1999)
Sprachverständnis (Woodroff 1997)
Wortflüssigkeit (Fletcher 1996, Yurgelun-Todd 1996, Schröder 1996)
Verbales Lernen (Crespo-Facorro B et al 1999)
Working Memory (Heckers et al 1998, Callicott et al 1998, Barch et al 2002, 2003)
Membran-Phospholipid-Hypothese in
der Pathophysiologie der Schizophrenie
Mahadik,
Yao (2006)
Hirnmorphologische Veränderungen:
Einfluss von Entwicklungsalter,
Geschlecht, hormoneller,
inflammatorischer Status
Ω-3-/6Fettsäuren ?
v. a. in Sn2: EPUFA (AA, DHA)
1. - physikalisch-chemische Umgebung
- Zellsignalsysteme (z.B. Transduktion
von Neurotransmittereffekten)
2. da „essentiell“, abhängig von Zufuhr
3. leicht oxydierbar: ROS - AODS
Immunologische Hypothese
der Schizophrenie
Schizophrenie –immunologisch-inflammatorisch:
Typ 2-Reaktionslage, bevorzugt über Astrozyten
in Astrozyten hohe Tryptophan, 2,3 –DioxygenaseAktivität (TDO), aber keine KynureninMonooxygenase (KMO) verfügbar =
Akkumulation von Kynurenin-Säure als
Endprodukt
Kynurenin-Säure:
NMDA-Antagonist (+)
α7-Nikotin-AcetylcholinAntagonist (++)
hypoglutamaterge Neurotransmission:
Zusammenhang zu negativen, kognitiven, positiven
Symptomen der Schizophrenie
Müller, Schwarz (2007)
inflammatorische Aspekte bei first episode
Hypothese der dysfunktionalen
Neurotransmittersysteme
Modulation der zerebrostriatalenthalamokortikalen Schleife
(Carlsson 2003)
Hypothese der dysfunktionalen
Neurotransmittersysteme
X
X
Modulation kortikaler DA-ergerNeurone
(Abi-Dargham 2003)
Hypofunktion der glutamatergen
kortikostriatalenVerbindungen führt
zu hyperdopaminerger Aktivität
mesolimbisch und sekundär zu
Öffnung des thalamischen Filters
Ätiopathogenetische Bedeutung von Spätadoleszenz und
jungem Erwachsenenalter für schizophrene Psychosen
Epidemiologische Perspektive
Normative Veränderungen in der Hirnreifung
während Adoleszenz und jungem Erwachsenenalter
Zentral: -
massiver Verlust an Synapsen in neocorticalen Arealen („pruning“)
asymmetrischer Verlust von v. a. exzitatorischen Bahnen (Glutamat)
gleichzeitiges Einwachsen (hemmender) dopaminerger Bahnen („sprouting“)
grundlegende Reorganisation des präfrontalen Cortex (auch Hippocampus)
Umschichtung in der Balance zwischen mesocorticalen vs. mesolimbischen DA-Arealen
motivational-affektiv-kognitiv-behaviorale Reorganisation – personale-soziale Umwelt –
im Kontext eines entscheidenden Entwicklungsabschnitts mit Entwicklungsaufgaben
Jahre der Jugend:
eine Zeit mit neurobiologisch verringerter Hedonie ?
präfrontaler
Cortex
dorsomedialer Nc
des Thalamus
Amygdala.
Nc
accumbens
ventrales
Pallidum
Hippocampus
Area ventralis
tegmentalis
Nc. accumbens: „Belohnungssystem“:
- Attribution von appetitiven Valenzen
- motivationale Stimulus-Charakteristika
- Übersetzung in adaptive Handlungsmuster
verstärkte Reizsuche, aussenorientiertes Handeln, Suche nach neuen „Lustquellen“
Experimentierung mit psychotropen Substanzen, Risikoverhalten
?
Reorganisation der Gehirnstruktur und – funktionalität
in Pubertät und Adoleszenz
Insel [2010]
psychotische Erfahrungen – psychotische Störung
Kontinuum – soziale Realität
soziodemographisch:
jüngeres Alter
männliches Geschlecht
unverheiratet
arbeitslos
ethnische Minorität
klinisch:
signifikante Assoziation mit affektiven
(depressiven, manischen) Symptomen
signifikante Assoziation mit
negativen Symptomen
Assoziation mit kognitiven Störungen
Umwelt-Risikofaktoren:
Urbanizität
ethnische
Minorität
Migration
Cannabis,
Amphetamine +
„PsychoseEnvirom“
alltägliche
Stressoren
familiäre
Umwelt
(frühe)
Traumata
genetische Risikofaktoren:
hohe familiäre Transmission
von „Psychotizität“
Urbanizität als ätiologisch relevanter Risikofaktor
für Schizophrenie
Individuelle Ebene
Faris und Dunham (1939)
Mental disorders in urban areas
Biologisch:
- Geburtskomplikationen: (Eaton et al. 2000; Harrison et al. 2003)
- Saisonalität / Infektiosität: (+) unabhängig
(Boydell, McKenzie 2008)
- Drogenkonsum: (+) (Boydell et al. 2006)
- genetische Interaktion: + (van Os et al 2004)
Sozial:
- soziale Klasse: - (Byrne et al. 2004)
- sozialer Stress: (+) Life events vor Beginn
jedoch ausgeprägter für affektive Störungen,
die aber ohne Urbanzitäts-Assoziation
- soziale Isolation: + (van Os et al. 2000)
Sozio-Ökologische Ebene
- nicht-zufällige Inzidenz-Unterschiede
in sozialen Nachbarschaften: durch
Alter, Geschlecht, Ethnie nicht erklärt
(Kirkbride et al. 2006)
Urbanizität
- soziale Fragmentierung – Urbanizität:
SF: stärkste Assoziation: OR: 12.84
SD: starke Assoziation: OR: 5.29
(Allardyce et al. 2005)
Grad der sozialen
Kohäsion
Niveau von Angst
und Vigilanz
- inkonstante Nachbarschaften:
hohe Wohnmobilität: +
(Boydell et al. 2004)
Migration / Ethnizität als ätiologisch relevante
Risikofaktoren für Schizophrenie
Meta-Analyse (Cantor-Grae, Selten 2005):
- 1. Generations-Migranten: OR: 2.7
- 2. Generations-Migranten: OR: 4.5
- Effekte am stärksten, wenn aus
Entwicklungsländern in Industriestaaten +
mit dunkler Hautfarbe in eine mehrheitlich
weiße Bevölkerung
Meta-Analyse (Fearon, Morgan 2006):
- African-Caribbeans – whites in UK:
OR: 2 - 14
differenzielle Erkrankungsrisiken in Abhängigkeit
vom Minoritäten-Status (Boydell et al. 2001)
Migration / Ethnizität als ätiologisch relevante
Risikofaktoren für Schizophrenie
biologisch:
keine Belege für erhöhte
genetische Belastung
(Bhugra et al. 1996;
Hickling, Rodgers-Johnson 1995;
Mahy et al. 1999)
Migration /
Ethnizität
sozial:
Urbanizität, soziale Isolation, Armut
Fremdsprache, Akkulturation,
zerrüttete Familienumwelten in früher
Entwicklung, kumulative aversive /
traumatische Erfahrungen, Drogen
Diskriminierung (Sharpley et al. 2001)
soziale / ökonomische Probleme
Zerrüttung der familiären Netzwerke
fortgesetzte Wahrnehmung von
Diskriminierung (a./k./b. Folgen)
Potenzierung / Interaktion der
McKenzie et al. (2008)
Risikofaktoren in 2. Generation
Drogenkonsum als ätiologisch relevanter
Risikofaktor für Schizophrenie


Cannabiskonsum mit 15. Lebensjahr erhöht das Risiko einer
schizophreniformen Psychose im 26. Lebensjahr um das 4-Fache
[Arseneault et al. 2002]
Konsum von (DA-freisetzenden) Amphetaminen erhöht das Psychoserisiko
[Chen et al. 2003]
regelmäßig:
n = 121
n = 143
n = 20
ohne Psychose
Psychose < 1 Monat
Psychose > 1 Monat
gelegentlich:
n = 140
ohne Psychose
Methamphetamin
schizoide/schizotypische
Merkmale in Kindheit
genetische Belastung
Psychoserisiko
Dauer der Psychose
v
Drogenkonsum als ätiologisch relevanter
Risikofaktor für Schizophrenie
biologisch:
- Drogenkonsumbeginn in definiertem
Entwicklungsabschnitt (frühe A):
erhöhtes eigenständiges Risiko
(Ven et al. 2004; Stefanis et al. 2004;
Degenhart, Hall 2006)
- bedeutsame Interaktionen mit
genetischer Vulnerabilität (z.B. COMTPolymorphismus: Valin 158 Allel)
(Caspi et al. 2005; Henquet et al. 2008)
- zentrale Rolle der Dopaminerhöhung für
psychotisches Bedeutungserleben u.
Wahrnehmungsakzentuierung
(Kapur 2003)
soziologisch:
- eigenständige soziokulturelle Faktoren:
Motivation / Konsumverhalten
(Zvolensky et al. 2006)
Drogenkonsum
- Interaktion mit anderen sozialen
Risikofaktoren: z.B. Urbanizität,
Ethnizität (Galea et al. 2005;
Schifano 2008)
kombinierte soziale Faktoren
Drogenkonsum
psychotrope / -toxische Effekte
in Interaktion mit genetischer
Vulnerabilität
Familiäre Umwelt als ätiologisch relevanter
Risikofaktor für Schizophrenie
Finnish Adoptive Family Study:
- bedeutsame Interaktion von genetischem Risiko
u. familiärer Umwelt (Kommunikationsstil – CD)
- hohe Sensitivität von Hoch-Risiko-Adoptierten
gegenüber differenziellen Umwelten in Adoptivfamilien:
Inzidenz von kognitiven Symptomen /
psychische Störungen:
- genetisch-H + CD-H > genetisch-H + CD-N
- genetisch-H + CD-N < genetisch-N + CD-H
- genetisch-H + CD-N ~ genetisch-N + CD-N
(Tienari, Wahlberg 2008)
Familiäre
Umwelt
Expressed Emotion:
- Camberwell Familiy Interview (CFI): high EE:
Kritik + Feindseligkeit + emotionales Überengagement
- signifikant mit Rückfallrisiko assoziiert
(Vaughn, Leff 1976; Raune et al. 2004)
Positive Resultate der
Familieninterventionsstudien
(Goldstein 1987; Lehman et al. 2004; Alanen 2004)
familiäre Kommunikations-/
Denkstile, affektives Klima
(Ursache > Induktion)
Interaktion mit genetischem Risiko
Erkrankungs- / Rückfallrisiko
Traumaexposition / PTSD als ätiologisch relevanter
Risikofaktor für Schizophrenie / Psychose


Bewältigung / Integration
Anpassungsstörung
Depression, Angst,
Somatisierung, Dissoziation
Sucht
Psychose
Traumaexposition
(aktuell)
Traumaexposition
(früh)
somatischer +
psychischer
GesundheitsStatus
Somatoforme, dissoziative,
artifizielle Störungen
Depression, Angst
Substanzmittelmissbrauch
Persönlichkeitsstörung
Somatische Morbidität
Psychotische Symptome –
Psychose
Häufigkeit und Cluster von positiven
Psychose-ähnlichen Symptomen in der
Allgemeinbevölkerung (NCS) [ Shevlin et al. 2007 ]
Latent Class Analysis: 4 distinkte Cluster
Cluster 1 (1.8 %)
– psychotisch-paranoid
Cluster 2 (6 %)
– halluzinatorisch
Cluster 3 (5.9 %)
– intermediär
Cluster 4 (86.4 %)
– normativ
stimmige Zuordnung
der Risikovariablen:
soziodemographisch, klinisch,
traumatologisch
Entwicklung / Persistenz von psychotischen Syptomen –
Einfluss von Umweltrisiken

Persistenz der psychotischen Symptome nach 3 Jahren
NEMESIS:
26 %
EDSP:
31 %
Persistenz-Rate statistisch signifikant erhöht bei
höherer Exposition gegenüber Umweltrisiken zur Baseline
bedeutsame Interaktion zwischen UWR + P-Symptome zur Baseline
NEMESIS: 21% - 83 %
EDSP: 29% - 51%
je nach Ausmaß der Umweltrisiken
Cougnard et al. (2007)
Traumaexposition / PTSD als ätiologisch relevanter
Risikofaktor für Schizophrenie / Psychose
nach:
Fisher, Craig (2008)
Intrusives Erleben
sozialer Rückzug
zu Selbstschutz
Mangel an normalisierenden
sozialen Erfahrungen
behavioral
Cannabis + andere
psychotrope Expositionen
frühe
TraumaExposition
affektiv /
kognitiv
biologisch
Hypervigilanz
fehlerhaftes
QuellenMonitoring
externer Locus
of Control
externaler AttributionsBias
Ereignisakzentuierung
(salience)
„feindselige
Welt“
HPA-Achse- / DA-Dysregulation/Sensitivierung
Symptombildung
Psychotische Störung + Traumaexposition / PTSD

Klinische Relevanz:
starke Assoziation mit
Suizidalität
Hospitalisierungsrate
allgemeiner Distress
PTSD +
Substanzmissbrauch
körperliche Gesundheitsprobleme (z. B. HIV)
medizinisches Inanspruchnahmeverhalten
soziale Adaptation / Behinderung
(ohne Wohnung, Kriminalitätsrate)
[Rosenberg et al. 2007]
Modellvorstellung der zerebralen dopaminergen
Dysfunktionalität bei der Schizophrenie
kognitive Defizite
Negativsymptomatik
affektive Dysregulation
Produktivsymptomatik
Präfrontaler Cortex
Amygdala
Verlust selektiver Aufmerksamkeit
gestörte Planung / Handlung
Hippocampus
Verlust der kontextuellen
Rahmenbedingungen
tonisch DA
Verlust der Plastizität corticostriataler
Synapsen bedingt Perseveration
affektive Dysregulation
abnorme Gefahrenwahrnehmung
Nucleus
accumbens
phasisch DA
Verlust der corticalen Selektivität
erhöhte Reaktionen auf Neuheit:
Psychosozialer Stress / Trauma
Psychose – „Envirom“:
Drogenkonsum
(Cannabis, Amphetamin)
Entwicklung antipsychotischer Wirkprinzipien als
Grundlage für neurochemische Modelle der
Schizophrenie
Wirkung eines Pharmakons
Verständnis/Konzeptualisierung
einer psychischen Störung
Entwicklung differenzieller
pharmakologischer Wirkprinzipien
differenzierte neurobiologische
Untersuchungsebenen
Antipsychotische Potenz von Neuroleptika
in Abhängigkeit von der D2-Okkupanz
Carlsson A, Lindqvist M (1963)
Seeman P et al. (1976)
Dopaminhypothese der Schizophrenie
- Wirkungsweise der Antipsychotika –
Mesokortikale Bahn
Hypoaktivität:
Negativsymptome
Nigrostriatales System
(Teil des EPSystems)
Mesolimbische Bahn
Hypophyse
(DA hemmt Prolaktinfreisetzung)
Hyperaktivität:
Positivsymptome
Meilensteine in der Entwicklung in der Pharmakotherapie
psychotischer Erkrankungen
1950

1960
1970
erste Generation
Chlorpromazin
Reserpin
Haloperidol
Fluphenazin
Thioridazin
1980

Benzamide
Thioxanthene
Clozapin
1990
2000
zweite Generation
Zotepin
Risperidon
Amisulprid
Olanzapin
Quetiapin
Ziprasidon
Aripiprazol
Pharmakodynamische Wirkprinzipien
der „Atypizität“
nach: Stahl [2008]

Serotonin-Dopaminantagonismus
[5-HT2A- / D2]

schnelle Dissoziation des
D2-Antagonismus

partieller D2-Agonismus

(partieller) 5-HT1A-Agonismus
Anspruch und Wirklichkeit der modernen
Psychopharmakotherapie der Schizophrenie

Kontrolle der Produktiv-Symptomatik:
Besserung der Negativ-Symptomatik:
Besserung der affektiven Symptomatik:
günstigeres EPMS-Profil:
Nebenwirkungsprofil insgesamt:
bessere Lebensqualität:
höhere Compliance:

Besserung der kognitiven Dysfunktionen:






SG = FG
SG > FG (leichte Vorteile)
SG > FG (möglicherweise differenziell)
SG > FG (aber kritischer Blick)
SG ~ FG (kritisch, differenziell)
SG > FG
SG ~ FG
Einfluss atypischer Antipsychotika
auf kognitive Funktionen
D1-Agonismus
5-HT2A-Antagonismus
5-HT1A-Agonismus
wahrscheinlich am geringsten
beeinflusst: Gedächtnis / Lernen
Hagan JJ, Jones DN. Predicting drug
efficacy for cognitive deficits in
schizophrenia. Schizophr Bull 2005,
31, 830-53
Hypoglutamaterge Hypothese der Schizophrenie –
Perspektive der kognitiven Dysfunktionen (DLPFC)
Carlsson [2003]
Snyder u. Murphy (2008)
D-Serin, Glycin u. a. mit Agonismus / Neuromodulation
am NMDA-Rezeptor als Augmentation zu Antipsychotika
weitere Ansätze:
Sarcosine (N-Methylgycin),
ein Glycin-Transporter-Inhibitor
als Augmentation zu Antipsychotika
[Lane et al. 2008, Biol Psychiatry 63: 9 -12]
N-Acetyl-Cystein,
ein glutamaterger Neuromodulator
als Augmentation zu Antipsychotika
[Berk M et al. (2008) Biol Psychiatry 64: 361-368]
nach: Javitt (2008)
Weitere glutamaterge Neuromodulatoren
mit prospektivem Potential
einer neurokognitiven Verbesserung
mGlu2/3-Agonisten (LY2140023-LY404030]
[Patil et al. (2007) Nat Med 13: 1102 – 1107]
Ghose et al. [2009]
Cholinerge / GABAerge Neurotransmission bei der
Schizophrenie – Perspektive der kognitiven Dysfunktionen
Xanomeline, selektiver M1-, M4-Agonist
[Shekar et al. 2008,
Am J Psychiatry 165: 1033-1039]
Selektiver (α7 -) nikotinerger Agonist
[Friedman et al. 2008,
Am J Psychiatry 165: 1040-1047]
Selektiver GABA-Aα2, 3 –Agonist
[Lewis et al. 2008;
Am J Psychiatry 165: 1585-1593]
Lieberman et al. (2008)
Am J Psychiatry 165: 931-936
Neuromodulation durch Östrogen bei Pathogenese und
Verlauf der Schizophrenie
Östrogen
- späteres Ersterkrankungsalter bei Frauen
- in Menopause 2. Häufigkeitsgipfel
- Modulation der schizophrenen symptomatik
hippocampale
Degeneration
cholinerge
Synapsen
Nervenwachstumsfaktoren
Östrogen
antioxidativ
zerebraler
Blutfluss
APP
Sekretion
Östrogen
Rezeptoren
Augmentation von mit Östrogen
Kulkarni et al. [2008]
Arch Gen Psychiatry 65: 955-960
100 µg Östradiol transdermal / die
Signifikante Verbesserung in PANSS
positiv und PANSS allgemein
Membran-Phospholipid-Hypothese in
der Pathophysiologie der Schizophrenie
Biol Psychiatry 56 (2004) 41-45
Omega-3-Fettsäuren (DHA/EPA) ?
High-risk Jugendliche:
signifikant reduzierte
Konversionsrate
[Amminger et al. 2011]
Neuroprotektive Eigenschaften von Erythropoetin
bei der Schizophrenie
Erythropoetin: a candidate compound for
Neuroprotection in schizophrenia ?
R-DB-PC-T: rhEPO vs. Placebo
3 Monate bei 39 chronisch Schizophrenen
signifikante Verbesserung kognitiver Leistung,
kein Effekt auf Psychopathologie, soziale F.
Ehrenreich H et al. Mol Psychiatry (2004)
9: 42-54
Ehrenreich H et al. Mol Psychiatry (2007)
12: 206-220
Komplexität der rezidivprophylaktischen
Herausforderung
Psychoedukation
Rezidivprophylaxe
Compliance
Mitbestimmung
individualisierte
Antipsychotikadosis








Wissen über Schizophrenie
Wissen über Antpsychotika
Frühwarnsymptome
Krisenbewältigung
Problemlösungskompetenz
Familiäre Unterstützung
Behandler-Familie-Patient
Antipsychotikadosis
Akzeptanz
Antipsychotikum
20 % zusätzlicher
Benefit in
Rezidivprophylaxe
Gegenüber Antipsychotika
alleine
Bedeutung der Psychopharmakotherapie
in der Rehabilitation schizophrener Patienten

Zentraler Stellenwert

Diskussion des Vergleichs von typischen versus atypischen Antipsychotik
- Kontrolle von Positivsymptomatik
- Verhinderung / Besserung von Minussymptomatik (primär-sekundär)
- Nebenwirkungsprofile im Hinblick auf Gesundheitsstatus,
Selbsterleben und sozialer Interaktion, Leistungsfähigkeit

Bedeutung des Einflusses auf neurokognitive Dysfunktionen und assoziierter
Rehabilitationsfähigkeit und möglichem Rehabilitationserfolg
Optimierung der Neurokognition zu
Verbesserung sozialer u. beruflicher Funktionen
verbesserte Fähigkeit zur Teilnahme an
psychosozialen Rehabilitationsmaßnahmen
?
Einfluss psychologischer Behandlungsstrategien auf
Neurokognition


Integriertes Psychologisches Therapieprogramm (IPT, Brenner, Roder)
Remediation von kognitiven Defiziten (Green 1993)
- mittels Lernprinzipien (Verstärkung, Modellernen) Üben elementarer
kognitiver Kompetenzen zur Verbesserung der gestörten Informationsverarbeitung
- v.a. Wahrnehmungs- u. Aufmerksamkeitsdefizite, Defizite in Exekutivfunktionen

„Fehlerfreies Lernen“
- Vermeiden von Lernen nach „trial-and-error“
- Beginn mit leichten Aufgaben – fehlerfreie Beherrschung
- allmählich höherer Schwierigkeitsgrad

Computergestütztes Traing (COGPACK, Olbrich 1999)
- höhere zeitliche Verfügbarkeit
- größere Flexibilität
- Möglichkeiten zur adaptiven Leistungsanpassung
- höhere Attraktivität
Effekte der kognitiven Remediation
auf kognitive Dysfunktionen

bei gut etablierter u. individuell angepasster antipsychotischer Medikation:
- konsistente Effekte auf kognitive Funktionen (ES: 0.41)
- geringer Effekt auf P/N-Symptomatik (ES: 0.28)
- Effekt auf psychosoziale Funktionalität (ES: 0.36)
- bedeutsame Moderatorvariable: in Kombination mit Reha- Maßnahme
(mit: ES: 0.47; ohne: ES: 0.05)
[McGurk et al. 2007,
McGurk, Wykes 2008,
Wykes, Huddy 2009]

Fortschritte erwartbar durch Anwendung von Neurolastizitätsmodellen
- Betonung basaler Funktionen für höhere kortikale Funktionen
(z.B. frühe auditorische Wahrnehmungsprozesse – verbales Gedächtnis)
- bedeutsame Übungsdichte, computer-gestützte Lernmodule
[Fisher et al. 2009]
Bedeutung der Psychotherapie
in der Rehabilitation schizophrener Patienten

Training sozialer Fertigkeiten
Social Independent Living Skills [SILS]
- Krankheit: Umgang mit Symptomen / Medikamenten
- Sozialer Bereich:
Kommunikation /Freunde/ Arbeit / Wohnung
- Selbständigkeit:
Hygiene, Essverhalten, Geld, Verkehrsmittel
öffentliche Ämter, Freizeitgestaltung

Kognitiv-behaviorale Therapie
bewältigungsorientierte Therapieansätze
- Wissen über Erkrankung, Complianceförderung
- Medikations- / Symptom-Management
- Umgang mit Frühsymptomen, chronischen Defizienzen
- Modifikation von Wahnüberzeugungen
- Umgang mit chronischen Halluzinationen

Familientherapie
Psychoedukation – Abbau von „high-expressed-emotion“
– Modifikation ungünstiger Kommunikationsstile –
Erwerb von Problemlösungskomeptenzen –
Aktivierung von Selbsthilfepotential
Zusätzliche Effektstärke verschiedener psychosozialer
Therapieformen bei antipsychotischer Pharmakotherapie
Therapieform
mittlere zusätzliche
Effektstärke

Social Skills – Training
0.44

Kognitive Therapie
0.41

Bewältigungsorientierte Familientherapie
0.56

Psychodynamische Therapieverfahren
0.27
[nach: Mojtabi et al. 1998]
Verlauf und Outcome psychotischer Störungen –
Einflusskontext der sozialen Umwelt
Herausfordernde soziale Probleme für Patienten mit
schweren psychischen Störungen (severe mental illness):









Arbeitslosigkeit
Armut
Obdachlosigkeit
Inhaftierung
Isolation
(Re-) Traumatisierung
Soziale Ohnmacht
Stigma / Diskrimination
Somatische Gesundheit
sozialpsychiatrische
sozialrehabilitative
sozialpolitische
Antworten
Erhöhte somatische Morbidität von Patienten
mit schizophrenen Störungen
Einflüsse auf erhöhte Morbidität
bei Patienten mit schizophrenen Störungen
Psychose
Krankheitsverhalten
Negativsymptomatik
kognitive Dysfunktionen
Lebensstil
Alkohol / Rauchen
Drogen
Ernährung / Bewegung
soziale Isolation / niedriger
sozioökonomischer
Status
Gesundheitssystem
medizinische Versorgung
Akut- > LangzeitBehandlung
Medikamente NW
Antipsychotika
Antidepressiva
u. a.
Schizophrenie - Zusammenfassung








komplexe Klinik – Grundhäufigkeit – Kontinuum in der Allgemeinbevölkerung
Verständnis in einem biopsychosozialen Modell
Erkrankung der späten Adoleszenz u. des jungen Erwachsenenalters
Vielfalt der Verlaufstypen
Konsequenzen aus der Erkrankung (biopsychosozial)
zentraler Stellenwert der Medikation im Kontext psychotherapeutischer und
soziotherapeutischer Maßnahmen
individualisierte Rehabilitation
Beachtung der psychischen und somatischen Gesundheit
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