Entzündungen Definition Vitale Reaktion auf einen – zumindest in der Anfangsphase – lokalen Gewebeschaden oder auf die zugrundeliegende Noxe 2 Ablauf der akuten und chronischen Entzündung Noxen Mikrobielle Erreger Physik/chemische Noxen Immunreaktionen Ischämie Gewebeschädigung evtl. Nekrose Entzündungsmediatoren Akute Entzündung: Vaskuläre, humorale und zelluläre Reaktionen Heilung (Restitutio ad integrum) Defektheilung (Reparatio/Narbe) Chronische Entzündung: zelluläre Reaktionen Defektheilung (Reparatio/Narbe) 3 Entzündung - Formen Akute Entzündung: - Plötzliches Auftreten, rascher, oft heftiger Verlauf über wenige Stunden/Tage 4 Entzündung - Formen Chronische Entzündung: - Langer Verlauf über Wochen/Monate, selten Jahre - Schleichender Beginn (primär chronisch) - Entwicklung aus akuter Entzündung (sekundär chronisch) 5 Entzündung - Prognose Persistenz der Schädigung Gewebeuntergang Fibrose Funktionsverlust Besondere Verlaufsformen: - Rezidivierend - Perakut - Subakut 6 Akute Entzündung – Vaskuläre Reaktion Vasodilatation 1. Phase: kurzfristige Kontraktion der Arteriolen 2. Phase: Entzündungsmediatoren sorgen für Erweiterung der Arteriolen aktive Hyperämie Ödem 3. Phase: 1-2h nach Reizeinwirkung, Eintritt von Blutplasma ins Interstitium Strömungsverlangsamung 7 Akute Entzündung – Vaskuläre Reaktion Permeabilitätssteigerung 2 endotheliale Schädigungsmuster 1. Endothelkontraktionen 2. Strukturelle Endothelschädigungen 8 Akute Entzündung – Vaskuläre Reaktion Endothelkontraktionen - Mediatoren: Bsp. Histamin, Serotonin, Prostaglandine - Akute einsetzende, kurzfristige Permeabilitätssteigerung (ca.30Min), Bsp. Histamin - Verzögert einsetzende, lange Permeabilitätssteigerung (StundenTage), Bsp. Leukotriene 9 Akute Entzündung – Vaskuläre Reaktion Strukturelle Endothelschädigungen • Durch zytotoxische Noxen, leukozytäre Enzyme, Sauerstoffradikale Morphologie • • • • Ablösung der Endothelzellen von der Basalmembran Subendotheliale Blasenbildung, z.T. Endothelnekrosen Exsudation von Eiweiß Aktivierung der Gerinnungskaskade intravitale Gerinnung (Thrombose) Ischämie/Nekrose 10 Akute Entzündung – Zellen und zelluläre Reaktionen Zellen der Entzündung • Endothelzellen • Thrombozyten • Neutrophile, eosinophile, basophile Granulozyten • Makrophagen • Lymphozyten • Plasmazellen 11 Akute Entzündung – Zellen und zelluläre Reaktionen neutrophile Granulozyten • Zellkern aus 3-5 Segmenten bestehend • Hauptaufgabe: Phagozytose von Mikroorganismen 12 Akute Entzündung – Zellen und zelluläre Reaktionen eosinophile Granulozyten • Intrazytoplasmatisches Granula – Eosin – Rotfärbung • Hauptaufgabe: IgE-vermittelte Abwehr von Parasiten und allergische Reaktion 13 Akute Entzündung – Zellen und zelluläre Reaktionen basophile Granulozyten 14 Akute Entzündung – Zellen und zelluläre Reaktionen Makrophagen 15 Akute Entzündung – Zellen und zelluläre Reaktionen Lymphozyten • Kleine Zellen mit zentralem Kern und wenig umgebenden Zytoplasma • Hauptaufgabe: späte Phase der Entzündung 16 Akute Entzündung – Zellen und zelluläre Reaktionen Plasmazellen 17 Akute Entzündung – Zellen und zelluläre Reaktionen Auswanderung von Leukozyten aus der Blutbahn in geschädigtes Gewebe 1. Margination 2. Interaktionen mit dem Endothel 3. Emigration und Chemotaxis 4. Phagozytose 18 Akute Entzündung – Zelluläre Reaktionen Margination • Verlagerung von Leukos aus axialem Strom der Kapillaren an Randstrom bei Prästase und Stase • Interaktion Endothel- Leukozyt 19 Akute Entzündung – Zelluläre Reaktionen Margination 20 Akute Entzündung – Zelluläre Reaktionen Endothel-Leukozyten- Interaktionen - Bindung Leukozyten an Endothel Initiale Adhäsion: Vermittlung durch Selektine Abrollen der Leukozyten auf dem Endothel Aktivierungsphase: Entzündungsmediatoren Vermehrung der Adhäsionsmoleküle stabile Adhäsion Aktivierungsabhängige stabile Adhäsion: Leukozytensticking Abflachung der Leukozyten pflasterartige Besetzung des Endothels aktive amöboide Bewegung 21 Akute Entzündung – Zelluläre Reaktionen Emigration (Diapedese) und Chemotaxis • Aktiver Auswanderungsprozess von Leukozyten durch Wand der Kapillaren und Venolen • Beginn ca.15Min nach Gewebeschädigung • Abwehrwelle: Phagozytose von Bakterien, Tötung und Degradierung/ Phagozytose von Bakterien Zelluntergang • Leukozyten wandern zum Ort Schädigung, d.h. Ort höherer Konzentration an Chemotaxinen 22 Akute Entzündung – Zelluläre Reaktionen Phagozytose • Aufnahme von Fremdmaterial • Intrazellulärer Abbau 23 Mediatoren der entzündlichen Reaktion Definition Entzündungsmediatoren sind chemische Vermittler, die bei der Entstehung der Entzündung mitwirken Verschiedene Zeitabläufe der Mediatorwirkungen •Sofortreaktion •Verzögerte Reaktion •Spätreaktion 24 Mediatoren der entzündlichen Reaktion Sofortreaktion (Sekunden bis Minuten) Charakteristika •Hyperämie •Vasodilatation •Permeabilitätssteigerung •Ödem •Mediatoren: Histamin, Komplement (C3a,C5a), Kininsystem 25 Mediatoren der entzündlichen Reaktion Verzögerte Reaktion ( nach 2-3h h, Dauer wenige Tage) Charakteristika •Leukozytenemigration •Zellaktivierung •Phagozytose •Respiratory Burst •Weiterführung der Gefäßreaktion •Mediatoren: Komplement (C5a), Leukotriene, Prostaglandine, Interleukine 26 Mediatoren der entzündlichen Reaktion Spätreaktion Reaktion (wenige Tage bis Monate) Charakteristika •Mediatoren der Sofort- sowie der verzögerten Reaktion werden gebildet •Zusätzlich Aktivierung des adaptiven Immunsystems lymphozytäres Infiltrat 27 Mediator der Sofortreaktion - Histamin gespeichert in Mastzellen, Basophilen, Thrombozyten allergische Rhinitis, Arzneimittelurtikaria, anaphylaktischer Schock Freisetzung durch: • Ag-Ak-Kontakt (IgE) • direkte Zellschädigung • Arzneistoffe 28 Mediator der Sofortreaktion - Histamin Wirkung: • Kontraktion der glatten Muskulatur und Venolen (Gefäße, Darm, Bronchiolen) • • • • Dilatation der Arteriolen Permeabilitätssteigerung Pruritus Selektive Chemotaxis für Eosinophile 29 Mediator der verzögerten Reaktion – Arachidonsäurederivate (Leukotriene, Prostaglandine, etc.) Vorkommen in allen Zellen bei Schädigung: Endothelzellen, Mastzellen, Granulozyten, Thrombozyten Freisetzung durch: • direkte Zellschädigung • Arzneistoffe • Hormone 30 Mediator der verzögerten Reaktion Arachidonsäurederivate (Leukotriene, Prostaglandine, etc.) Wirkung: • Vaskuläre Reaktion: Dilatation der Arteriolen verlängert, erhöhte Gefäßpermeabilität • • • • z. T. Bronchokonstriktion bei Asthma bronchiale Chemotaxis für neutrophile Granulozyten und Monozyten Haftung der Leukozyten an Endothel und Diapedese Schmerzsensibilisierung 31 Entzündungsformen – akut 32 Seröse Entzündung Exsudat = eiweißreich, v.a. Albumin und Globuline Pathogenese: • Überempfindlichkeitsreaktion Typ I (Soforttyp) • bakterielle und virale Gewebeschädigung • physikalisch-chemische Gewebeschädigung Morphologie: • • • • seröse Häute Haut: Quaddel- und Blasenbildung Blasen bildende Entzündung der Haut (Pemphigus) Seröse Pleura-, Perikard-, Peritoneal- und Gelenkergüsse 33 Seröse Entzündung Pemphigus vulgaris 34 Serös-schleimige Entzündung Exsudat = Schleim, Serum, Epithelien Schleimhautoberflächen des Respirations- und Gastrointestinaltraktes Pathogenese: • Überempfindlichkeitsreaktion Typ I (Soforttyp) • bakterielle und virale Gewebeschädigung • physikalisch-chemische Gewebeschädigung Morphologie: • Mukosa + Submukosa gerötet, geschwollen, lymphozytär infiltriert → Epithelabschilferung • Schnupfen, Enteritiden 35 Hämorrhagische Entzündung Gefäßriss mit Erythrozytenaustritt Pathogenese: • • • • bakterielle Exotoxine bakteriellle Endotoxine enzymatische Proteolyse Überempfindlichkeitsreaktion Typ II oder Typ III Morphologie: • nekrotisches und blutiges Entzündungsgebiet 36 37 Fibrinöse Entzündung Gefäßschädigung + Permeabilitätssteigerung → Exsudat von Blutplasma + Fibrinogen Polymerisierung zu Fibrin → mechanische Barriere, Schutzfunktion gegen weitere Ausbreitung der Noxe Pathogenese: • infektiös-toxische Faktoren • mechanisch-traumatische Faktoren • Infarkte Morphologie: • Oberfläche seröser Höhlen: Pleura, Perikard, Peritoneum, Synovialis • Schleimhautoberflächen Bildung von „Pseudo-Membran“, darunter Erosion oder Ulkus 38 Eitrige Entzündung Leukozytäres Exsudat (Granulozyten, Gewebedetritus, serös-fibrinösem Exsudat, Erregern) Ausbreitungsmuster: • Empyem • Phlegmone • Abszess Sonderform • Nekrotisierende Entzündung Gangrän 39 Empyem eitrige Entzündung im vorgebildeten Hohlraum Pleura, Peritoneum, Herzbeutel, Gelenkspalt, Gallenblase, Augenvorderkammer, Mittelohr eitrige Entzündung eines Organs durchbricht angrenzenden Hohlraum 40 Phlegmone im locker-faserigen Bindegewebe sich diffus ausbreitende Entzündung Exsudat: Granulozyten + aufgespaltete Serumanteile lokalisierte Gewebeeinschmelzung ohne Eiterbildung 41 Eitrige Entzündung pyogene Keime Staphylokokken: gelblich-rahmiger Eiter; abszedierende Entzündung Streptokokken: fibrinfreier, dünnflüssiger, gelber Eiter phlegmonöse Entzündung 42 Abszess eitrige, gewebeeinschmelzende Entzündung mit Eiteransammlung im entstandenen Hohlraum + schwere Durchblutungsstörung Staphylokokkeninfektion Morphologie • Nekrose von Granulozyten durchsetzt • frühe Phase → Demarkierung Makrophagen + Granulozyten • späte Phase → Granulationsgewebe → Abszessmembran 43 Pathogenese Abszedierende Entzündung: • Lungenabszess • • • • • Hirnabszess Nierenabszesse bei Pyelonephritis cholangitische Leberabszesse septikopyämische Ausscheidungsabszesse perityphilitischer Abszess bei Appendizitis • Furunkel • Retrotonsillarabszess • Abszesse bei Osteomyelitis 44 Akute lymphozytäre Entzündung Ätiologie Virusinfektionen, immunologisch vermittelte Entzündungen bei Autoimmunerkrankungen und Transplantatabstoßung • akut verlaufend • lymphozytär geprägtes Rundzellinfiltrat mit Apoptosen • keine nekrotisierende Gewebeeinschmelzung 45 Entzündungsformen – chronisch 46 Chronisch granulierende Entzündung Subakut, über Wochen verlaufende Entzündung Stimulierung des Gefäßendothels Kapillarsprossung Beginn der Fibroblasten ab 2. Woche mit Kollagensynthese Älteres Granulationsgewebe Zunahme des Kollagens Morphologie: • dreischichtiger Aufbau des Entzündungsgewebes • Bsp. Myokardinfarkt 47 Chronisch granulierende Entzündung granulierende E. ≠ granulomatöse E. 48 Chronisch granulierende Entzündung Kapillarreiches Granulationsgewebe 49 Chronisch - granulomatöse Entzündung Gewebereaktion auf allergisch-infektiöse oder chronisch-entzündliche Prozesse systemische Ausbreitung Bildung von Knötchen = Granulome Granulom nicht für alle granulomatösen E. gleich 50 Granulomzellen Makrophagen Epitheloidzellen • entstehen aus Makrophagen Riesenzellen • Fusion aus Makrophagen und Epitheloidzellen • ungeordnete Riesenzellen – Fremdkörperriesenzelle (Asteroid-, Konchoidkörperchen) – Kerne ungleichmäßig im Zytoplasma verteilt • geordnete Riesenzellen – Langhans-Riesenzellen – Zellkerne in der Peripherie; Kernkranz/Kernring 51 Sarkoidose seltene entzündliche Erkrankung Lunge, Haut, Augen, Knochen, Lymphknoten Alter: 15–40 Jahre zahlreiche herdförmige Granulome, zentral ohne Nekrose akute und chronischer Verlauf (Fieber, Organbefall) Sonderform: Löfgren-Syndrom • Erythema nodosum • Arthritis • Lymphknotenschwellung (Lunge) 52 Tuberkulose Weltweit verbreitete bakterielle Infektionskrankheit V.a. Lunge, aber grundsätzlich in allen Organe möglich Kein bevorzugtes Alter Häufigkeit von sozialen Faktoren abhängig zahlreiche herdförmige Granulome, zentral mit Nekrose Klinik abhängig von Widerstandskraft des Organismus: • Subfebrile Temperaturen • Appetitlosigkeit • Gewichtsverlust 53 Tuberkulosegranulom große umschriebene Granulome aus Epitheloidzellen mit zentraler Nekrose (Verkäsung) und lymphozytärer Ummantelung entstehen durch fakultative intrazelluläre Bakterien, Mycobacterium tuberculosis Entzündungsreaktion → Makrophagen → Epitheloidzellen Plasmazellen → Ag-Ak-Kontakt → Ak gegen Mykobakterien → Phagozytose → Freisetzung von Mediatoren ins Gewebe → gewebeeinschmelzende Nekrose 54 Tuberkulosegranulom ähnlich dem Sarkoidosegranulom käsige Nekrose im Zentrum 55 Pseudotuberkulosegranulom mischzellige, oft schlecht umschriebene Granulome aus Makrophagen, Epitheloidzellen, neutrophilen Granulozyten und zentraler einschmelzender Nekrose Bsp: • Infektion mit Yersinia pseudotuberculosis • Mesenteriale Lymphadenitis • Akute Ileitis (Pseudoappendizitis) Morphologie: • zelltrümmerreiche Nekrose 56 Rheumatisches Granulom Synonym: Aschoff-Geipel-Knötchen beim rheumatischem Fieber im Myokard Poststreptokokken-Zweiterkrankung / akute Polyarthritis der großen Gelenke + Organentzündung in Nachbarschaft zu kleinen Gefäßen 3 Phasen: • exsudative Phase • granulomatöse Phase • Vernarbungsphase 57 Rheumatisches Granulom AG-AK-Kreuzreaktion Streptokokken Antigen + Kardiales Myosin + Hyaluronat fibrinoide Kollagenfasernekrose in typischer perivaskulärer Lage 58 Rheumatoides Granulom Synonym: Rheumaknoten, Rheumatoidgranulom 3 cm große, histiozytäre Granulome um fibrinoide Kollagennekrosen vereinzelt oder multipel Subkutis, Gelenk-Anhangsorganen „Rheumatismus nodosum“ 59 Rheumatoides Granulom fibrinoide Nekrose Histiozytenwall palisadenartige Anordnung Umkapselung durch junges Bindegewebe 60 Fremdkörpergranulom mehr oder weniger scharf umschriebene, meist tastbare histiozytäre Granulome um Fremdkörper, die nicht abgebaut werden können Korpuskuläre Gebilde, kristallin, metallisch 61 Fremdkörpergranulom Aufnahme per inhalationem, per injectionem, traumatisch, iatrogen Morphologie: • ungeordnete Riesenzellen mit Fremdkörperpartikeln • Umgebung Makrophagen, lymphozytäres Infiltrat, eingesprossene Kapillaren, Fibroblasten 62 Entzündungsfolgen Exsudatauflösung Regeneration postinfektiöse Zweiterkrankung Entzündungschronifizierung hämatogene Erregeraussaat 63 Entzündungsausbreitung I Per continuitatem Entlang von z.B. Faszien, Gefäß-Nerven-Bündel Kanalikulär Ausbreitung in Hohlorganen z.B. Luftwege der Nase und Nebenhöhle 64 Entzündungsausbreitung II Lymphogen z.B. Hautfurunkel zu einem regionären Lymphknoten eitrige Lymphadenitis Hämatogen evtl. durch direkten Zugang zu eröffneten Gefäßen oder über lokalisierte eitrige Infektion Kontakt zum Blutgefäß Gefahr der systemischen Streuung Bakteriämie 65 Sepsis / Septikopyämie Sepsis: Erreger oder Bakterientoxine im Blut SIRS (auch durch Zytokine bedingt) Septikopyämie: metastatische Erregeraussaat in Organen (Leber, Niere, Milz) mit Mikroabszessen schlechte Abwehrlage 66 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit 67