DIE ÜBÜS IN KETTEN frei nach Alfred Jarry, werkraum theater Produktion 2016 Ubu ist ein gemeiner Mensch, deshalb ähnelt er uns allen (unten herum). … drei Komponenten seiner Macht, die in dem Wort „Hornzackwamme“ (durch die Macht niedriger Gelüste) zusammengefasst werden können. Ubu spricht oft von drei Dingen, die in seinem Geist immmer parallel laufen: die Pfuisik, als die Natur im Vergleich zur Kunst, das Geringste an Auffassungsvermögen im Gegensatz zum Höchsten an Gehirntätigkeit, die Realität des weltweiten Einverständnisses im Gegensatz zur Halluzination des Klugen, Don Juan zu Platon, das Leben zum Denken, der Skeptizismus zum Glauben, die Medizin zur Alchimie, die Armee zum Duell; - und dazu parallel: die Pfuinanzen, als die Ehrenbezeigungen gegenüber der Selbstzufriedenheit für sich allein, als manche nach dem Vorurteil der Menge vielseitige Literaturproduzenten gegenüber dem Auffassungsvermögen der Klugen; - und dazu parallel: die Schreiße. (Alfred Jarry, Schriften zu Ubu) werkraum studio Glacisstr. 61 A, 8010 Graz www.werkraumtheater.at [email protected] tel: +43 (0) 676 94 00 383 DIE ÜBÜS IN KETTEN werkraum theater Produktion 2016 Ein schröcklich schauriges Freiheitsdrama, frei nach A. Jarry Die Übüs haben Thron und Macht verloren und finden sich nach ihrer Flucht völlig mittellos in Europopolis, dem Land der Freiheit, wieder. Und jetzt? Im Land der Freiheit ist alles möglich, oder doch nicht? Die Übüs stellen sich mit ihrer pataphysischen Logik der allgemein herrschenden Freiheitstheorie und sorgen für Aufruhr. Die Stückvorlage wurde von 22 auf 3 Schauspieler reduziert und mit eigenen Texten, wir hoffen im Sinne von Jarry, bearbeitet. Alfred Jarry, ein „Enfant terrible par excellence“, geistiger Vater der Surrealisten, Dadaisten und Absurden, der 1907 nur 34 Jahre alt in Paris starb, wurde zum Inbegriff der Moderne. Jarrys Werk ist geprägt von einer absurden Gedankenschärfe. Er spielt in diesem Theaterstück mit dem Begriff der Freiheit und den damit eng verbundenen Wertvorstellungen, stellt in Frage, lässt schwarz als weiß oder zumindest grau erscheinen. Dem sogenannten gesunden Menschenverstand stellt er sich mit glänzender Antivernunft entgegen und zerstört jede konventionelle Weltsicht durch eine Kombination aus humanistischer Gelehrsamkeit und Possenreißerei. Gemäß dem Prinzip der Umkehrung rührt Jarry mit seiner groteskabsurden Logik an der sogenannten Freiheit. Bearbeitung/Regie Es spielen Licht/Ton/Visulas Bühne/Fotografie/techn. Assistenz Choreographie/Abenddienst Franz Blauensteiner & Rezka Kanzian R. Kanzian, F. Blauensteiner, Philipp Lernbaß Nina Ortner Karl Peter Prem Martina Wapper-Schulze Kleine Zeitung, 28.04.2016 PUBLIKUMSREAKTIONEN „DIE ÜBÜS IN KETTEN“ Ein schröcklich schauriges Freiheitsdrama, Teil 2 der Jarry-Trilogie liebe frau kanzian, ich wollte Ihnen und ihren kollegen nur kurz sagen sagen, dass nicht nur mir, sondern auch meiner frau und meiner neunjährigen tochter die aufführung der ubus in ketten sehr gut gefallen hat. für mich war es eine überaus stringente inszenierung, zudem haben Sie das stück ohne merkbare äußere anstrengung und quasi von innen her mitten hinein in die gegenwart transferiert. schauspielerisch, dramaturgisch und vom ganzen gesamteindruck her: ein vergnügen! herr ubu hat mich übrigens in seiner ganzen art unmittelbar an oswald wiener erinnert, auch das ein schönes detail, vielen dank und liebe grüsse, klaus kastberger Von: Kastberger, Klaus [mailto:[email protected]] Gesendet: Montag, 13. Juni 2016 09:08 An: '[email protected]' Betreff: ubu in ketten --------------------------------------------------Univ.-Prof. Dr. Klaus Kastberger Leiter Franz-Nabl-Institut/Literaturhaus Graz und Juror beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb Karl-Franzens-Universität Graz A-8010 Graz, Elisabethstraße 30 --------------------------------------------------- Geschätzte Ubus! UBUESK! Ich hatte das Vergnügen der Aufführung gestern beiwohnen zu können und darf euch zu eurer Inszenierung recht herzlich gratulieren! Ich hab mich nicht nur köstlich amüsiert, sondern war auch hocherfreut, politischen Alltagsbezug (u.a. Flüchtlinge, Rechts-LinksMittig) zu entdecken, so zumindest meiner Auslegung nach. Das Spiel mit Wort und Bild, die Einbeziehung unterschiedlicher hochtechnischer Mittel in Kombination mit einfachen und alltäglichen Dingen... einfach raffiniert und gekonnt! Weiter so! In jedem Fall mache ich kräftigst Werbung für eure Vorstellung! Es ist sogar sehr wahrscheinlich, dass auch ich selbige ein zweites Mal genießen werde. In diesem Sinne auf hoffentlich bald, meint Gerald und schickt pataphysische Grüße Von: Gerald Jaritz [mailto:[email protected]] Gesendet: Freitag, 20. Mai 2016 10:25 An: [email protected] Betreff: Ubu in Ketten - Inszenierung, Aktualität, Feedback zur Aufführung vom 19.05.2016 --------------------------------------------------Gerald Jaritz, Physiker und Begründer des Vianismus und österreichischer Vize-Kurator der Anstalt für Pataphysik. Autor des Buches Professor Ubu [professor übü:] Absurde Wahrheiten über die Pataphysik. Ein Surrealer KurzKrimi ------------------------------------------ Fotos ©Karl Peter Prem Publikumsreaktionen und Rezensionen DIE ÜBÜS Teil 1 Ein schröcklich schauriges Königsdrama, Uraufführung am 28.04.2015 Ao. Univ.-Prof. Mag. Dr. Astrid Poier-Bernhard, Institut für Romanistik, Karl-FranzensUniversität Graz, 28.06.2015 Guten Tag, ich möchte in meiner Eigenschaft als Professorin für romanische Literaturwissenschaft am Institut für Romanistik Graz mit diesem Brief dafür plädieren das Grazer werkraum theater in Zukunft verstärkt zu unterstützen. Erlauben Sie mir eine ausführliche Begründung, da mir die Vielfalt der Grazer Theaterlandschaft sehr am Herzen liegt und meinem Urteil dem werkraum theater sowohl im Hinblick auf die Auswahl seiner Stücke als auch im Hinblick auf die sprachlich wie körpersprachlich geleistete Theaterarbeit eine besondere Bedeutung zukommt. Am 12.06. hatte ich Gelegenheit, im Grazer werkraum theater das von Rezka Kanzian und Franz Blauensteiner inszenierte und gespielte Stück „Die Übus“ anzusehen. Zunächst freue ich mich grundsätzlich außerordentlich darüber, dass ein Klassiker der Moderne, Alfred Jarry, mit seinem 1896 uraufgeführten „Skandalstück“ Ubu roi in Graz bzw. überhaupt unserem deutschsprachigen Kulturraum gespielt wird. Jarry ist hierzulande nicht allzu bekannt, hatte aber enormen Einfluss nicht nur auf einige seiner unmittelbaren Zeitgenossen, sondern auch auf zahlreiche Autoren und Künstler des 20. Jahrhunderts. Antonin Artaud gründete 1926 zusammen mit Roger Vitrac und Robert Aron ein „Théâtre Alfred Jarry“; Raymond Queneau formierte 1950 das sogenannte Collège de Pataphysique, das seither eine von Jarry (bzw. genaugenommen einer Figur Jarrys) erfundene Meta-Wissenschaft pflegt (vielleicht am ehesten verständlich als eine Philosophie, die sich nicht nur dem Realen, sondern auch dem Imaginären widmet). Dieses Collège de Pataphysique existiert noch immer und es ist nicht uninteressant, welche Autoren, Denker und Künstler des 20. Jahrhunderts ihm angehörten bzw. noch angehören: Marcel Duchamp, Max Ernst, M.C. Escher, Paul Claudel, Boris Vian, Michel Leiris, Jacques Prévert, Fernando Arrabal, Jean Baudrillard, Eugène Ionesco, Samuel Beckett, Dario Fo, Umberto Eco – u.v.a. Soviel zur Bedeutung Jarrys (ohne auf das Stück und seine groteske Ästhetik näher einzugehen, das u.a. das spätere „Theater des Absurden“ vorbereitet). In meiner Vorlesung und Übung zur Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts wird Alfred Jarry zusammen mit Guillaume Apollinaire und Marcel Proust unter dem Titel „Eröffnungen der Morderne“ behandelt; Ubu roi ist eines der Theaterstücke auf der Leseliste. Nun zur Inszenierung des werkraum theaters, die mich wirklich sehr beeindruckte. Ich hatte Ubu Roi bereits einmal in einem recht großen Theater in Paris gesehen und war von dieser Aufführung sehr angetan; im Vorfeld konnte ich mir kaum vorstellen, wie es gelingen sollte, das Stück zu einem 2-Personen-Stück umzuwandeln. Allein dies bedurfte dabei sicher einiger Kreativität – und gelang mit Requisiten ganz exzellent. Das ist jedoch nur ein Aspekt der Dramaturgie, die insgesamt perfekt aufging. Sehr ungewöhnlich und lobenswert war neben der visuellen Inszenierung durch filmische Einspielungen, Kostüme, Requisiten und Bühnengestaltung die Professionalität, die Rezka Kanzian und Franz Blauensteiner sowohl in der anspruchsvollen sprachlichen Diktion, die das Stück Jarrys erfordert, als auch in der für die Groteske charakteristischen überzeichneten mimischen und gestischen Darstellung an den Tag legten. Ich kenne die Grazer Theaterlandschaft recht gut, da ich mich seit Jahrzehnten dafür interessiere, möchte aber darauf hinweisen, dass ein kleines Theater, das auf dem Niveau von Kanzian und Blauensteiner literarisches Texttheater macht und Kulturgut der Moderne vermittelt, etwas ganz Besonderes ist, das eine verstärkte Förderung AUF JEDEN FALL verdient. DIE ÜBÜS - Die Machtspielchen der Clowns Putzkübel und Klobürste sind die pseudoroyalen Accessoires mit denen sich „Die Übüs“ auf den Thron schummeln. Frei nach Alfred Jarrys „Ubu roi“ bringen Rezka Kanzian und Franz Blauensteiner vom Grazer werkraum theater eine Blödelei mit den Ausmaßen eines shakespeareschen Dramas auf die Bühne. Vater Übü war einst der König von anderswo und sowieso, doch das Schicksal hat ihn und seine Frau zu Behelfsadeligen degradiert. Völlig hemmungslos beginnen sie sich mit Putzkübel und Klobürste adjustiert wieder nach oben zu schummeln und sitzen schon bald wieder auf dem Thron und befehligen die Massen. Doch bekanntlich kommt Hochmut vor dem Fall – auch wenn in diesem Stück das Ende noch lange nicht der Schluss ist. Basierend auf dem bahnbrechenden absurden Theaterstück „Ubu roi“ nehmen Kanzian und Blauensteiner die sprachlichen Spuren von Alfred Jarrys „gezwirbelter Schreiße“ auf und fügen ihr hie und da Bezüge zur Gegenwart (NSA, Steuerreform) an. Die clowneske Aufmache des Duos unterstreicht mit schrillen Farben die absurde Hemmungslosigkeit, die so manche Eliten an den Tag legen, wenn es um das Erlangen und den Erhalt von Macht geht. Ihre Clowns sind Könige im Vorspielen falscher Tatsachen und entziehen sich mit royaler Gleichgültigkeit jeglicher Verantwortung. Mit der sehenswerten Adaption „Die Übüs“ feiert das werkraum theater auf gebührende Weise sein 20-jähriges Bestehen.“ (Chr. Hartner, Krone, 30.04.2015) Machtspiele wie im bunten Kinderzimmer. Absurd und albern tarnt sich ganz gemeine Gier. Bei Franz Blauensteiners Vorliebe für "gequirlte Schreiße" knurrt kein Hund hinterm Ofen. Anders 1896: Skandalös schlug „Merdre" als Verballhornung von „merde" (Scheiße) ein bei der Uraufführung von Alfred [arrys "Ubu Roi" (König Ubu). Ungeahnt des Paukenschlags für eine neue, avantgardistische Theaterära des Absurden. Insofern kommt dem etwas aus der Zeit geratenen Stück besondere Bedeutung zu. Überdauert hat indes die über Leichen gehende Gier. Clever poliert das werkraum theater den Text gegenwartsbezogen auf und konzentriert sich in "Die Übüs" auf die bürgerliche IchGesellschaft. Die quirlig hintertriebene Rezka Kanzian - rothaarig und mit rosa Prinzessinnenkleid - sowie der behäbige, infantile Machtträumer Blauensteiner mit Pappkrone erinnern an Rollenspiele im bunten Kinderzimmer. Zwei omnipotente Galgenvögel, die mit albernem Zynismus zu bedrohlichen Klängen von tropfendem Wasser und Vogelgekreische dem skrupellosen Vorteilsdenken die blutigen Federn zupfen. Ein "schröcklich schauriges Königsdrama" im werkraum studio mit Biss. (Kleine Zeitung, 30.04.2015)