UbU, König Musikalisches Spektakel von Alfred Jarry und Jochen Wenz mit Musik von Mardi gras.bb Uraufführung Presseinformation Ubu, König Musikalisches Spektakel von Alfred Jarry und Jochen Wenz mit Musik von Mardi Gras.BB Uraufführung Das Wichtigste in Kürze Vater Ubu ist dick, starrköpfig und feige. Und er ist überzeugt von seiner unübertefflichen Intelligenz. Was soll so einer werden, wenn nicht König! Also fasst er spontan wie ein Kleinkind einen kühnen Plan: Er will nach oben! Nur dumm, dass gerade weit und breit kein Thron frei ist. Angestachelt von seiner Frau Mutter Ubu beschließt er, Wenzel, den amtierenden König von Polen, zu massakrieren. Einmal an der Macht erweist er sich als tüchtiger Tyrann. Er lässt die adligen Minister „enthirnen“ und verlangt die aberwitzigsten Steuern, um seinen Besitz ins Unermessliche zu steigern. Bougrelas, der Sohn des ermordeten Königs schwört Rache und verbündet sich mit dem russischen Zaren. Ubu muss nach „Meinungsverschiedenheiten“ nach Frankreich fliehen und fängt dort sein Leben noch einmal ganz von vorne an: Jetzt will er nach unten! Mit der gleichen trotzigen Dickköpfigkeit, die er zuvor auf seinem Weg zur Macht gezeigt hat, zwingt Ubu nun die Menschen, ihn als Knecht zu akzeptieren. Am Ende segelt er als glücklicher Galeerensträfling einer ungewissen Zukunft entgegen und stellt zufrieden fest: „Mein Bauch ist größer als die ganze Erde.“ Die energiegeladenen Songs von Mardi Gras.BB passen kongenial zu Jarrys skurril-komischen Texten, die 1896 für ein Erdbeben in der Theaterwelt sorgten und wegweisend waren für das moderne Theater. Christoph Sommer als Ubu und seine Mitspieler singen diese neu geschaffenen Lieder begleitet von einer sechsköpfigen Live-Band und zaubern unter der Regie von Ingo Putz (Meta, Norddeich) eine theatralische Geisterbahn auf die Bühne. 2 Ubu, König Musikalisches Spektakel von Alfred Jarry und Jochen Wenz mit Musik von Mardi Gras.BB Uraufführung Ich mach mir die Welt … Jarrys Vater Ubu rumpelt wie Pippi Langstrumpfs missratener Bruder durch die Welt, die gefälligst so auszusehen hat, wie sie ihm gefällt. Er ist der wild gewordene Kleinbürger, der sein wahres ­Gesicht zeigt, wenn der dünne Mantel der Kultur reißt: Zum Vorschein kommt ein infantiler Feigling, der nur die Befriedigung seiner Triebe kennt. Essen, Macht und Geilheit bestimmen sein Denken. „König Ubu“ – selbst nach heutigen Maßstäben politisch völlig unkorrekt – löste bei seiner Uraufführung am 10. Dezember 1896 einen handfesten Skandal aus. Und das lag nicht nur am ersten Wort des Stückes (siehe Seite 4). Jarry hatte seinem Publikum einfach zu viel zugemutet. Mit einer großen Geste fegte er alles weg, was bis dahin im Theater als konsensfähig galt. Neben der derben Sprache, den klischeehaften Figuren und dem naiv-verspielten Bühnenbild erzürnte die damaligen Zuschauer vor allem die Abwesenheit jeglicher Moral. Ubu, König ist ein komischer Alptraum à la Tim Burton, eine groteske Party – im Zentrum stehen Vater und Mutter Ubu als Zerrbild des klassischen Tragödienpaares (siehe Macbeth) flankiert vom Komikerpärchen Keil und Sparren, von denen man sagt, dass sie das Vorbild für Dick und Doof abgegeben haben. Bis zum Ende ist dieses Stück von mehr oder weniger sympathischen Verrückten bevölkert, die uns vorspielen, wie hoffnungslos aber nicht ernst unsere Lage ist. Wie werde ich Diktator? Mussolini war in jungen Jahren als Linksextremer unterwegs und flog überall raus, weil er nicht anpassungsfähig war. Später stilisierte er sich mit gerecktem Kinn zum Nachfolger der römischen Cäsaren. Stalin wurde regelmäßig von seinem Vater vertrimmt und in der Schule gehänselt. Idi Amin war Analphabet und machte sich als oberbrutaler Soldat einen Namen, bevor er sich selbst den Titel „Seine Exzellenz, Präsident auf Lebenszeit, Feldmarschall Al Hadji Doktor Idi Amin Dada, Herr aller Kreaturen der Erde und aller Fische der Meere und Bezwinger des Britischen Empires in Afrika im Allgemeinen und Ugandas im Speziellen“ verlieh. Muammar al-Gaddafi schrieb schwülstige Naturlyrik, stand auf Jungfrauen und trat in operettenhaften Fantasieuniformen auf. Die Liste ließe sich beliebig verlängern. Es scheint, als ob Dikta- 3 toren aus der Nähe betrachtet komplett gescheiterte Existenzen waren, nach denen kein Hahn gekräht hätte, wären sie nicht an die Macht gekommen Aber wie sind sie denn an die Macht gekommen? Etwas verkürzt könnte man sagen, dass es, abgesehen von einer labilen politischen Großwetterlage als Grundbedingung, der immer gleiche Bausatz ist, mit dem sich jemand von der Null zum Diktator machen kann. 1. Der angehende Tyrann muss absolut überzeugt von sich selbst sein, auch wenn sich dieser Eindruck nicht im Ansatz mit seiner Außenwirkung deckt. Dieser Charakterzug wird vermutlich so früh angelegt, dass er nachträglich nicht mehr erworben werden kann. 2. Er muss frustrierte Nulpen um sich scharen, die es, unter normalen Bedingungen, wie er selbst nie zu etwas gebracht hätten, und ihnen sagen, wie toll sie sind. Sie werden für ihn durchs Feuer gehen. Und wenn ein paar noch über das nötige Kleingeld verfügen, schadet das nichts. 3. Er muss sich benehmen wie das schlimmste Kleinkind aller Zeiten: egoistisch, habgierig, überempfindlich und starrköpfig und jederzeit bereit, selbst scheinbar enge Vertraute der „guten Sache“ zu opfern. „Schreiße!“ Geschichte eines literarischen Erdbebens Das erste Wort dieses legendären Stückes lautet im Original „Merdre!“, eine Verballhornung des Wortes „merde“ (=Scheiße, übersetzt mit Schreiße). Damit beginnt Alfred Jarrys erster Teil der Ubu-Trilogie. Bei der Premiere musste die Vorstellung wegen heftiger Tumulte und Handgreiflichkeiten im Parkett für mehrere Minuten unterbrochen werden. Entsprechend vernichtend waren die Kritiken der bürgerlichen Presse. Jarry blieb bis zu seinem Tod ein Geheimtipp – heute ist er fast vergessen. Dabei hat wohl kein Dramatiker des 19. Jahrhunderts das Theater des 20. ­ stärker beeinflusst als er. Bertolt Brecht hat sich bei ihm das Anti-­ Illusionistische abgeguckt, Samuel Beckett die entpsychologisierten Figuren, James Joyce die assoziative Schreibweise und selbst Gerhart Hauptmann, als Naturalist eigentlich so etwas wie Jarrys „natürlicher Feind“, outete sich später als Bewunderer. Die Dadaisten und Surrealisten haben sich auf ihn bezogen und das Wort „ubuesque“ (=abseitig, grotesk, abwegig) hat sogar Eingang ins französische Alltagsvokabular gefunden. Natürlich lag die bahnbrechende Wirkung seines „Ubu“ nicht in dem ­berühmten ersten Wort begründet. Jarry stellte vielmehr die Welt des Theaters auf den Kopf, weil er auf einen Schlag scheinbar mühelos mit allen Konventionen der damaligen Zeit brach. Er verweigerte jede naturalistische Abbildung der Realität und forderte ein vom Marionettentheater inspiriertes „théâtreaction“. Seine Figuren sind nahezu vollständig entpersonalisiert, handeln irrational und widersprüchlich und sind wandlungs- und lernunfähig. In Berufung auf das Theater Shakespeares lehnte er realistisches Bühnendekor als Ballast für die Einbildungskraft ab. Dem Publikum seiner Zeit war er in herzlicher Feindschaft verbunden. Es bestand aus seiner Sicht, abgesehen von einem kleinen Zirkel von Eingeweihten, aus einer dumpfen, ungebildeten Masse. 4 Im Kern hat Jarrys Kunst nichts von ihrer Kraft eingebüßt. Das Bild des entwurzelten Erdenbürgers, der nicht in der Lage ist, die Welt als sinnvoll zu betrachten, ist bis heute im Lebensgefühl vieler Menschen tief verankert. Die Weigerung, erwachsen zu werden, und auch noch stolz darauf zu sein, jedes spontane Gefühl ungefiltert in die Umgebung zu posaunen – das sind Eigenschaften, die sich eher weiter verbreitet haben, als dass sie abgenommen hätten. So gesehen ist Ubu, König leider sehr aktuell. Alfred Jarry Bis Alfred Jarry 1896, mit 23 Jahren, seine Stelle als Sekretär für Öffentlichkeitsarbeit und Programmgestaltung am Théâtre de l’Œuvre antrat, hatte er bereits ein wechselhaftes Leben in der Pariser Bohème geführt. Der Sohn einer wohlhabenden bretonischen Familie (geboren am 8. September 1873 in ­Laval, Bretagne) hatte sein Studium an der Sorbonne abgebrochen und sich mit ­essayistischen Auftragsarbeiten durchgeschlagen und unveröffentlichte eigene Texte geschrieben. Am Théâtre de l’Œuvre wurde auch bald darauf Jarrys wohl bekanntestes Werk, das Drama „König Ubu“, uraufgeführt. Ab 1898 erschien in Episoden der Roman „Heldentaten und Ansichten des Doktor Faustroll“, der als Gründungsdokument der „’Pataphysik“, der Wissenschaft von den imaginären Lösungen, gilt und Jarrys Nachruhm maßgeblich mitbegründete. Allerdings blieben ihm künstlerische Anerkennung und finanzieller Erfolg weiterhin verwehrt. Aufgrund der Nichtbeachtung seiner Werke durch die Öffentlichkeit führte er zunehmend ein Dasein als Außenseiter am Rande des Existenzminimums. Im Bemühen, die Grenze zwischen Realität und Literatur zu verwischen, näherte er sich in Sprache und Verhalten seiner Hauptfigur Ubu an. Seine antibürgerlichen Exzesse waren legendär: Er schoss zum Beispiel während eines Diners mehrmals mit einer mit Platzpatronen geladenen Pistole auf einen ihm besonders unliebsamen Gast. Alfred Jarry starb am 1. November 1907 in Paris im Alter von 34 Jahren an einer tuberkulösen Meningitis. Der letzte von ihm überlieferte Satz soll die Bitte um einen Zahnstocher gewesen sein. Mardi Gras.BB Der Stil der Mannheimer Band ist schwer einzuordnen. Am ehesten könnte man noch sagen, dass Mardi Gras.BB sich einer Mischung aus „schwarzer Musik“ wie Blues, Brass, Soul und Funk und „weißer Musik“ wie Chanson, Punk und Psychedelic verschrieben hat. Jenseits aller Schubladen ist die Musik von Mardi Gras.BB einfach sehr druckvoll und verspielt zugleich – und immer tanzbar. Der Bandname Mardi Gras.BB (frz. „der fette Dienstag“) ist eine Anlehnung an den Faschingsdienstag in New Orleans, wobei das „BB“ nicht für Brass 5 Band steht, sondern für „double bold“, was der Fachbegriff aus der Typografie für doppelt fett gesetzte Schriften ist. Der Bandname bedeutet also sinnbildlich: „Der fette Dienstag – fetter geht’s nicht!“ Insgesamt hat Mardi Gras.BB bisher weltweit über 200.000 Alben verkauft. 2012 veröffentlichte die Gruppe ihr zehntes Album „Crime Story Tapes“. Jochen „Doc“ Wenz, zusammen mit Uli „Reverend“ Krug Mitbegründer von Mardi Gras.BB, hat im Auftrag der Landesbühne die Songtexte zu Ubu, König geschrieben. Nach eingehender Lektüre und konzeptionellen Vorgesprächen mit Gerhard Hess und Ingo Putz hat Wenz alte Songs von Mardi Gras.BB genommen und passgenau auf die skurrile Geschichte des Königs Ubu neue Texte verfasst. Damit hat er dem ganzen Projekt seinen besonderen Touch gegeben. Regieteam Nach Meta, Norddeich und Adam Schaf hat Angst führt Ingo Putz jetzt zum dritten Mal Regie an der Landesbühne. Mit seinen kindlich-verspielten aber ästhetisch durchdachten Ideen und seiner sehr musikalischen Schauspielerführung ist das Uraufführungsprojekt Ubu, König sicher in guten Händen. Mit von der Partie sind wie bei Meta wieder Udo Becker als Musikalischer Leiter und Steffen Lebjedzinski für die Bühne und die Kostüme. Peter Hilton Fliegel 6 Ubu, König von Alfred Jarry | Deutsch von Kaspar Borten Musik und Songtexte von Jochen Wenz Uraufführung Besetzung Vater Ubu Mutter Ubu, General Rensky Bordure, Gefreiter Weichpisser Keil, Verschwörer, Volk, Phynanzrat, Freier Mann, Anwalt Sparren, Verschwörer, Volk, Phynanzrat, Freier Mann, Staatsanwalt Bote (=Kerkermeister), Garde des Königs, Russe, Adeliger, Richter, Finanzmann, Freier Mann, Richter Wenzel, Zar, Kommandant, Adeliger, Richter, Finanzmann, Pissbock, Solimann Bougrelas, Adeliger, Richter, Finanzmann, Eleutheria, Wesir Bass Posaune Trompete Gitarre Saxophon Schlagzeug Regie Musikalische Leitung Bühne & Kostüme Dramaturgie Regieassistentin Ausstattungsassistentin Souffleuse Inspizient Christoph Sommer Felix Frederik Frenken Robert Oschmann Cino Djavid André Lassen Jarno Stiddien Thomas Marx Holger Spengler Stefan Diedrich Joanna Jablonski Stefan Körner Bastian Netsch Tammo Pitters Cord Woitschig Ingo Putz Udo Becker Steffen Lebjedzinski Peter Hilton Fliegel Svea Krull Kim Abrahams Jannika Wübben Björn de Groot Vorstellungsdauer ca. 2:25 (inklusive Pause) Premiere 12. Januar 2013 / Stadttheater Wilhelmshaven Aufführungsrechte Gustav Kiepenheuer Bühnenvertriebs-GmbH, Berlin 7 Ubu, König Musikalisches Spektakel von Alfred Jarry und Jochen Wenz mit Musik von Mardi Gras.BB Uraufführung Termine Premiere: Samstag, 12. Januar 2013 / 20.00 Uhr Stadttheater Wilhelmshaven Spieltermine im Stadttheater Wilhelmshaven: Mi., 30.01.2013 / 20.00 Uhr Fr., 08.02.2013 / 20.00 Uhr So., 10.02.2013 / 15.30 Uhr Sa., 02.03.2013 / 20.00 Uhr Spieltermine im Spielgebiet Mi., 16.01.2013 / 19.30 Uhr / Stadthalle Aurich Do., 17.01.2013 / 20.00 Uhr / Theatersaal Norden Fr., 18.01.2013 / 19.30 Uhr / Theodor-Thomas-Halle Esens Di., 22.01.2013 / 19.30 Uhr / Kurtheater Norderney Fr., 25.01.2013 / 20.00 Uhr / Theater am Dannhalm Jever Di., 05.02.2013 / 19.30 Uhr / Theater an der Blinke Leer Stand: 8. Januar 2013 / Änderungen vorbehalten! 8 Ubu, König Musikalisches Spektakel von Alfred Jarry und Jochen Wenz mit Musik von Mardi Gras.BB Uraufführung Fotos Die Inszenierungsfotos finden Sie ab sofort zum Download im Internet: www.landesbuehne-nord.de Reservierung von Pressekarten Bitte reservieren Sie rechtzeitig Ihre Karten! Schicken Sie einfach eine E-Mail an [email protected] . Ansprechpartner Peter Hilton Fliegel, Dramaturg Telefon 04421.9401-17 E-Mail [email protected] Torben Schumacher, Pressesprecher Telefon 04421.9401-12 E-Mail [email protected] 9