Antikörper fördern die Phagozytose von Bakterien durch Amöben G . GERISCH, 0 . LÜDERITZ u n d E . RUSCHMANN Zoologisches Institut der Universität und Max-Planck-Institut für Immunbiologie, Freiburg i. Br. (Z. Naturforschg. 22 b, 109 [1967]; eingegangen am 28. Oktober 1966) Aus zahlreichen Untersuchungen ist bekannt, daß Zellen des Reticuloendothelialen Systems Bakterien schneller phagozytieren, wenn diese opsonisiert, d. h. mit Antikörpern beladen sind L Wir haben die Phagozytose verschiedener Salmonella-Stämme durch freilebende Erdamöben (Dictyostelium discoideum) in Abwesenheit und in Gegenwart spezifischer Antiseren untersucht. Als Maß der Phagozytoseaktivität diente entweder die Abnahme der Bakterienmenge in der Kultur oder die Vermehrungsgeschwindigkeit der Amöben. r l SALMONELLA MILWAUKEE, S-F0RM o o inkubiert mit Anti-milwaukee-Serum i « § 5 c « c 0 4 2 0 1 20 30 1*—i 40 1 SO tN Abb. 1. Amöbenvermehrung in Schüttelkulturen mit opsonisierten und mit unbehandelten Zellen von Salmonella milwaukee. Abszisse: Zeit nach der Beimpfung mit Amöben-Sporen. Ordinate: Amöbendichte in der Kultur. Im opsonisierten Bakterienansatz erreicht die Vermehrungskurve der Amöben erst bei nahezu vollständigem Bakterienverbrauch ein Plateau. Die Bakterien wurden mit Anti-S. milwaukee-Serum vom Kaninchen, 1 : 1 0 0 verdünnt, opsonisiert (Inkubation 30 min bei 4 ° C in m/60-Phosphatpuffer, pH 6,0). Der Kontrollansatz erhielt kein Serum. Anschließend wurden die Bakterien abzentrifugiert, in Phosphatpuffer aufgenommen, auf eine einheitliche Konzentration eingestellt (etwa 1*10 1 0 Bakterien/ml) und mit Sporen von Dictyostelium discoideum beimpft. 1 2 3 D. ROWLEY, Advances in Immunology 2, 241 [1962]. and B. STRAUSS, J . Immunology 9 2 , 1 4 5 [ 1 9 6 4 ] . W . B. WOOD, JR., Bacteriol. Rev. 2 4 , 4 1 [ I 9 6 0 ] . J . G . HIRSCH Die Versuchsanordnung wurde so gewählt, daß die Haftfestigkeit der Bakterien an der Amöbenoberfläche der Geschwindigkeits-begrenzende Faktor der Phagozytose war, was durch Schütteln der Kulturansätze erreicht wurde. Mit diesen Suspensionskulturen haben wir folgende Ergebnisse erhalten: 1. Glatt (S)-Formen von Salmonella milwaukee, S. minnesota, S. london und S. friedenau werden nicht oder nur langsam phagozytiert. 2. Rauh (R)-Formen, deren Zelloberfläche mit inkomplettem Polysaccharid ausgestattet ist (hexose- und heptoselose Formen) werden schnell und vollständig phagozytiert. 3. Schnelle und vollständige Phagozytose von S-Formen läßt sich durch Vorbehandlung der Bakterien mit spezifischen Antiseren erreichen (Abb. 1). Normalseren haben keinen oder höchstens einen sehr schwachen Effekt. In Schüttelkulturen können die Bakterien nur phagozytiert werden, wenn sie an der Amöbenoberfläche solange haften, bis sie in eine Nahrungsvakuole eingeschlossen sind. Um sicherzustellen, daß die genannten Unterschiede der Phagozytierbarkeit auf unterschiedlicher Haftfestigkeit zwischen Bakterien- und Amöbenoberfläche beruhen, wurden den Amöben bakterielle Sund R-Formen in Ausstrichen auf Agarplatten angeboten, wo die Bakterien so festgelegt sind, daß sie auch ohne an der Amöbe zu haften für diese greifbar sind. Unter diesen Bedingungen vermehren sich die Amöben auf S- und R-Formen etwa gleich gut. Mit diesen Befunden ist das Verhalten von SäugerPhagozyten gegenüber suspendierten Pneumococcen 2 vergleichbar: Nur Pneumococcen-Mutanten ohne Polysaccharidkapsel werden spontan phagozytiert, während für die Phagozytose der gekapselten Wildtypen Antikörper erforderlich sind. Auch in diesem Falle läßt sich die Phagozytose gekapselter, nicht opsonisierter Pneumococcen dadurch erreichen, daß sie auf einem festen Substrat fixiert werden 3 . Amöben und Säuger-Phagozyten sprechen also in ähnlicher Weise auf die durch Antikörper veränderte Oberfläche von Bakterien an, obwohl die Säugerzellen auf Komponenten des Immunsystems spezialisiert sind, die Amöben aber unter natürlichen Bedingungen, im Erdboden, kaum mit Antikörpern in Berührung kommen. Da von Amöben leicht einheitliches Zellmaterial in großer Menge erhalten werden kann 4 , scheinen sie für Modellversuche zum Studium der Phagozytose sowie als Testzellen zum Nachweis opsonisierender Antikörper geeignet zu sein. 4 G . GERISCH, R O U X ' Arch. Entwicklungsmechan. Organismen 152, 632 [ I 9 6 0 ] . Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschung in Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht: Creative Commons Namensnennung-Keine Bearbeitung 3.0 Deutschland Lizenz. 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