V A R I A Unternehmen CCR5-Antagonist Wie HIV am Eintritt in die Zelle gehindert wird HI-Viren unterscheiden sich unter anderem dadurch, welchen Chemokin-Rezeptor sie für ihren Eintritt in die CD4Zelle des Menschen bevorzugen: Die R5-Viren benutzen als Korezeptor den CCR5-Rezeptor und die X4-Viren den CXCR4-Rezeptor. Je höher die CD4-Zellzahl und je niedriger die Viruslast, umso mehr R5-Viren gebe es, beschrieb Dr. Graeme Moyle vom Westminster Hospital in London, wie sich die Virenpopulation der beiden HIV-Varianten im Laufe der HIV-Erkrankung ändert. Mit dem CCR5-Rezeptor haben die Pharmakologen erstmals ein menschliches Protein als Angriffspunkt für ein antiretrovirales Medikament gewählt und nicht das Virus. Der oral applizierbare CCR5Antagonist W873140 ändert die räumliche Konfiguration des Chemokin-Rezeptors und verhindert so die Bindung des Virus an die Wirtszelle. Die Substanz befindet sich zurzeit in der klinischen Phase II. CCR5-Rezeptor wird allosterisch gehemmt Nach der Infektion geht das HIV-Hüllprotein gp120 und der CD4-Rezeptor eine Bindung ein – die Proteine ändern ihre Konformation, und gp120 kann an den CCR5-Rezeptor binden. Daraufhin ändert das virale Membranprotein pg41 seine Gestalt – virale Hüllmembran und humane Zellmembran verschmelzen, und das Virus infiziert die CD4Zelle, indem es seine RNA und seine Enzyme in die CD4Zelle entlässt und sich mit der Wirts-DNA vermehrt. Die Substanz GW873140 bindet ebenfalls an den CCR5Rezeptor und zwingt diesen in eine Konformation, die eine Bindung des viralen Pro- A 1400 teins gp120 und damit auch die nachfolgenden Schritte verhindert. Dass eine Blockade des CCR5-Rezeptors wahrscheinlich keinen Nachteil für das Immunsystem ausmacht, zeige der genetische Defekt am CCR5-Rezeptorgen – eine Deletion von 32 Basenpaaren – bei Individuen, die gegen eine HIV-Infektion weitgehend resistent seien, betonte Moyle. Homozygote Merkmalträger besitzen keine CCR5-Rezeptoren und können, wenn überhaupt, nur mit X4-Viren infiziert werden. Heterozygote Merkmalträger haben weniger CCR5-Rezeptoren und gehören häufig zu den Langzeitüberlebenden. Mit dem oralen CCR5-Antagonisten GW873140 lägen bereits viel versprechende Ergebnisse aus einer Phase-IIStudie vor, erläuterte Moyle. Insgesamt 40 vorbehandelte und nicht vorbehandelte HIVPatienten erhielten randomisiert und doppelblind einmal täglich 200 mg oder 400 mg GW873140, zweimal täglich 200 mg oder 600 mg GW873140 oder Placebo. Kurz informiert Advate jetzt auch in der Pädiatrie indiziert – Der rekombinante Gerinnungsfaktor VIII des Unternehmens Baxter, Advate®, ist nun auch für die Behandlung von Kindern unter sechs Jahren mit Hämophilie A zugelassen. Die Zwischenergebnisse einer Phase-III-Studie hatten gezeigt, dass Blutungen in 92,4 Prozent der Fälle mit ausgezeichnetem oder gutem und in 7,6 Prozent mit befriedigendem Erfolg zum Stillstand gebracht werden konnten – nach 74 Expositionstagen. Prognoserechner Prostatakarzinom – Mit dem computer-gestützten „Prognoserechner Prostatakarzinom“ kann das Rezidivrisiko eines Patienten ohne großen Aufwand quantifiziert werden. Ähnlich den zugrunde liegenden Kattan-Nomogrammen und Partin-Tabellen unterstützt auch der Prognoserechner die individuelle Therapieplanung. Nach Eingabe der prätherapeutisch bekannten Parameter (PSAWert, primärer und sekundärer Gleason-Grad in der Biopsie, klinisches Tumorstadium) sowie Angaben zur neoadjuvanten Hormonoder Strahlentherapie ermit- telt der Prognoserechner die Wahrscheinlichkeit für eine organbegrenzte Erkrankung, Kapseldurchbruch, Samenblasenbefall und Lymphknotenbefall und berechnet das wahrscheinliche PSA-progressionsfreie 5-Jahres-Überleben für die jeweils geplante lokale Intervention. Bei radikal prostatektomierten Patienten lässt sich anhand der postoperativ erhobenen Daten außerdem die PSA-Progressionsfreiheit nach sieben Jahren berechnen. Der Prognoserechner ist über den Außendienst von AstraZeneca erhältlich. Levemir und NovoRapid für Kinder zugelassen – Wie Novo Nordisk bekannt gab, hat die Europäische Zulassungsbehörde (EMEA) eine erweiterte Marktzulassung für Levemir® (Insulindetemir) erteilt: Das lang wirksame Basis-Insulin ist nun auch für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit Diabetes für das Alter von sechs bis 17 Jahren zugelassen. Gleichzeitig erhielt das schnell und kurz wirksame Insulinanalogon NovoRapid® (Insulinaspart) die Zulassungserweiterung für Kinder von zwei EB bis sechs Jahren. Zu Beginn der Studie hatten die Patienten eine Viruslast zwischen 17 000 und 46 000 HIV-RNA-Kopien/ml Blut. Innerhalb von zehn Tagen sank die Viruskonzentration um bis zu 1,66 log10, das heißt um mehr als 95 Prozent – wobei die zweimal tägliche Gabe wirksamer war als die einmal tägliche. Außer selbstlimitierenden, leichten gastrointestinalen Beschwerden in den ersten drei Behandlungstagen traten keine weiteren Nebenwirkungen auf. Garrett Nichols (GlaxoSmithKline) teilte mit, dass vor kurzem zwei weitere Phase-II-Studien gestartet sind, an denen 300 bisher nicht behandelte Patienten teilnehmen sollen. In der einen Studie wird der CCR5-Antagonist in verschiedenen Dosierungen mit dem geboosterten Proteasehemmer Lopinavir® kombiniert, als Kontrollgruppe dient Lopinavir® plus die beiden nukleosidalen Reverse-Transkriptase-Hemmer 3TC/AZT. In der zweiten Studie wird die Wirksamkeit und Verträglichkeit der Kombination CCR5-Antagonist plus 3TC/ AZT untersucht. Als Kontrollgruppe dient der nicht nukleosidale Reverse-Transkriptase-Hemmer Efavirenz plus 3TC/AZT. Die erste Phase-III-Studie mit intensiv vorbehandelten Patienten soll bereits im Sommer 2005 beginnen. Inwieweit sich die CCR5Rezeptor-Blockade bei Patienten auswirkt, die nicht den Gendefekt auf dem CCR5Gen haben, könne nicht abschließend beurteilt werden, sagte Nichols. Auch sei unklar, inwieweit sich wegen der CCR5-Blockade die X4-Viren vermehren und sich diese Selektion dieses Virustyps auswirkt. Die X4-Viren scheinen zwar für ein rascheres Voranschreiten der Erkrankung verantwortlich zu sein, reagieren aber auch empfindlicher auf antiretrovirale Medikamente. Andrea Warpakowski Medical Writers’ Workshop „The Basic Science of CCR5-Antagonists“ in London, Veranstalter: GlaxoSmithKline Jg. 102 Heft 19 13. Mai 2005 Deutsches Ärzteblatt