Generalisierte Angststörung

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Generalisierte Angststörung
Daniel Buwen
&
Jennifer Borgmann
1
Inhalt
1.
2.
3.
4.
5.
6.
Erscheinungsbild
Epidemiologie & Krankheitsverlauf
Klassifikation & Diagnostik
Erklärungsansätze
Therapievoraussetzungen
Stand der Therapieforschung
2
1.Erscheinungsbild
• chronische Erkrankung, die schwer zu erkennen und nicht leicht zu
behandeln ist
• stark generalisierte, anhaltende Angst und Sorgen
• Angst wird nie so stark, dass von Panikanfällen die Rede sein könnte
• Studien zeigen, dass Betroffene sich fast 10 Stunden am Tag mit ihren
Sorgen beschäftigen (Kontrollverlust)
3
1. Erscheinungsbild
Sorgen
Funktion
 auf mögliche negative Erlebnisse vorbereiten
bei Angstpatienten
 erwartete Gründe treten meist nicht ein
 irrelevantes Grübeln
 Problemlöseprozess kommt nicht zu einem Abschluss




Bsp.:
aversives Ereignis wird durchgespielt
mögliche Lösung wird nicht erarbeitet
Gedanken setzten sich an negativen Aspekten (mögliches Versagen, Unglück) fest,
nicht an Lösungsstrategien
4
1. Erscheinungsbild
Sorgen- um was?
• 97% Prozent der Betroffenen geben an, sich um Kleinigkeiten zu sorgen,
gegenüber 0 % der Kontrollpersonen
• es geht weniger um den Inhalt der Sorgen als vielmehr um die Art des
Sorgens
• Charakteristisch für Angstpatienten:
 Kontrollverlust
 häufiges Springen von Thema zu Thema
 Starkes Katastrophieren welches Angstpatienten von Gesunden unterscheidet
5
1. Erscheinungsbild
Vermeidungsverhalten
Vermeidung von bedrohlichen Gedanken, Situationen oder Objekten, um die
Angst zu verringern und Schaden abzuwenden
 Sorgen werden nicht zu Ende gedacht
 Es kann nicht überprüft werden, ob die betreffende Situation überhaupt
eintritt
 Langfristig werden Sorgen und Ängste aufrechterhalten
6
1. Erscheinungsbild
Rückversicherung
Durch ständige Rückversicherung versuchen Angstpatienten, sich zu
beruhigen
 Aber (!) Erleichterung besteht nur kurzfristig
 Vertrauen in die rückversichernde Information lässt nach
 Betroffene können nicht die Erfahrung machen, dass die befürchtete
Katastrophe auch ohne Rückversicherung nicht eintritt
7
1. Erscheinungsbild
häufigste Symptome
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Angst
Sorgen
Anspannung
Hypervigilanz
Reizbarkeit
Nervosität
Schlafstörungen
Muskelverspannung
Kopfschmerzen
Übelkeit
8
2. Verbreitung & Verlauf
•
bei Frauen etwas häufiger
•
5 % aller Personen sind im Laufe ihres Lebens von einer generalisierten
Angststörung betroffen.
•
Hohe Prävalenz in Hausarztpraxen (7.9 %)
•
neuere Studien zeigen, dass in der heutigen jungen Generation mehr Personen
unter einer generalisierten Angststörung leiden als in der Generation davor. Es
wird spekuliert, dass die Risikofaktoren zunehmen.
9
2. Verbreitung & Verlauf
•
•
•
•

•
setzt langsam, meist im Alter von 20 Jahren ein
ohne einschneidendes Ereignis
chronisch
starke Beeinträchtigung der Lebensqualität:
Studie: Massion (1993)
Ergebnisse: - 3 % der Patienten leiden unter Alkohol- oder Medikamentenmissbrauch
– 13% der Angstpatienten haben einen Suizidversuch hinter sich (im
Vergleich zu 6% der Panikpatienten)
– 25 % der Angstpatienten in dieser Studie sind arbeitsunfähig
10
2. Verbreitung & Verlauf
Einhergehen mit anderen Störungen
• Kommt häufig mit anderen psychischen Störungen vor
 Je mehr Störungen eine Person hat, desto schwieriger ist ihre Behandlung und
desto geringer ist die Chance eines Therapieerfolgs
• Ca. 85 % haben eine zusätzliche Störung (Brown et al., 1993)
• Häufigste Zweitdiagnose: Phobie




Spezifische Phobie (29 bis 59 %)
Sozialphobie (16 bis 33 %)
Major Depression (14%)
Dysthymie (6-33%)
11
3. Klassifikation & Diagnostik
Diagnosekriterien nach DSM
1. Sorgen stehen im Mittelpunkt des Störungsbildes
 werden als unkontrollierbar empfunden
2. Vorliegen von 3 aus 6 möglichen körperliche Symptome
 Beispiel: Schlafstörungen, Ruhelosigkeit, Muskelverspannung, Nervosität und
erhöhte Reizbarkeit, Konzentrationsschwierigkeiten
 Zeitkriterium: Symptome ≥ 6 Mo. an der Mehrzahl der Tage
3. Angst und Sorgen führen zu einer deutlichen Beeinträchtigung des Lebens
12
3. Klassifikation & Diagnostik
Diagnosekriterien nach ICD10
• Leitsymptom:
 generalisierte, anhaltende Angst, die nicht auf bestimmte Situationen in
der Umgebung beschränkt ist und über einen Zeitraum von mind. 6
Monaten besteht
• mind. 4 von 22 möglichen Symptomen
• Diagnose kann nicht gestellt werden, falls eine phobische Störung,
Panikstörung, hypochondrische Störung oder Zwangsstörung vorliegt
13
3. Klassifikation & Diagnostik
Differentialdiagnose
•



„normale“ Sorgen
Bestehen meist nicht über 6 Mo hinweg an der Mehrzahl der Tage
Sind kontrollierbar
keine körperlichen Symptome
• Zwangsstörung
 Sorgen unterscheiden sich auch von Zwangsgedanken.
 Beide können nicht kontrolliert werden und werden als unangenehm
erlebt
 Zwangsgedanken haben andere Inhalte als Sorgen, sie beschäftigen sich
mit Verunreinigung, Ansteckung und Kontrolle
 sind stereotyp
 können durch Handlungen neutralisiert werden
Durch
14
3. Klassifikation & Diagnostik
Differentialdiagnose
•



Panikstörung
Gemeinsamkeit: keine Angst vor einer bestimmten Situation / einem Objekt
Panikanfälle treten bei der GAS nicht auf
Bei Vorliegen von Sorgen, die sich nicht auf die Panikstörung beziehen, können
beide Diagnosen gestellt werden
 hängen die Sorgen mit der Panikstörung zusammen, sollte keine generalisierte
Angststörung diagnostiziert werden
• Depression
 Das Grübeln der Depressiven richtet sich auf vergangenes Verhalten
• Organische Störungen
 Schilddrüsenüberfunktion, Einnahme von Schilddrüsenpräparaten, Herz- Kreislauf
Medikamenten, Anästhetika, einigen Antidepressiva usw.
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3. Klassifikation & Diagnostik
Diagnosestellung
CIDI
 Vollstandardisiertes objektives Interview
SKID
 Ausführliches strukturiertes Interview
 ermöglicht Umformulierungen & Nachfragen
ICDL
 Kurze Checkliste
 Erfordert geübten Diagnostiker, da Fragen nicht vorgegeben sind
DIPS
 Interview, besonders ausführlich für Angststörungen
16
3. Klassifikation &
Diagnostik
17
3. Klassifikation & Diagnostik
Diagnosestellung
Genauere Analyse des Sorgenverhaltens
1. Offenes Gespräch
2.
Worry Domain Questionnaire (WDQ)
•
•
Umfasst 5 Sorgenbereiche (Beziehungen, fehlendes Selbstbewusstsein, ziellose Zukunft,
Finanzen, geringe Kompetenzen bei der Arbeit)
Kurz (10 Fragen)
3.
Penn State Worry Questionnaire (PSWQ)
•
Befasst sich mit bestimmten Aspekten der Sorgen (Intensität, Exzessivität usw.)
4.
Meta-Kognitions-Fragebogen
•
65 Items
18
4. Erklärungsansätze
1.
2.
3.
4.
5.
Genetische Komponente
Biologische & physiologische Faktoren
Lernerfahrungen
Stressfaktoren
Kognitive Aspekte
 dominieren das klinische Krankheitsbild
 wichtig sind v.a. Aufmerksamkeitsprozesse
 kognitive Schemata
6.
Drei-Faktoren-Modell
19
4. Erklärungsansätze
Drei Faktoren Modell
Wie bei anderen psychischen Störungen, ist auch bei der generalisierten Angststörung
von einem Zusammenwirken von drei Klassen von Ursachen auszugehen
1. Vulnerabilität
2. auslösende Bedingungen
3. aufrechterhaltende Faktoren
Vulnerabilität
• keine spezifische genetische Veranlagung
• allgemeine Veranlagung zur Ängstlichkeit kann vererbt werden
auslösenden Bedingungen
•
Bei vulnerablen Personen kommt es durch besonders belastende Ereignisse im
Beruf oder in der Familie zur Auslösung von Symptomen der generalisierten
Angststörung
20
4. Erklärungsansätze
Drei Faktoren Modell
aufrechterhaltende Faktoren
• vorwiegend kognitive Aspekte
• z.B. Aufmerksamkeitslenkung auf bedrohliche Reize hin
• Diese Formen der Informationsverarbeitung ziehen weitere kognitive Prozesse
nach sich (Störungen der Konzentration und des Arbeitsgedächtnisses, Sorgen,
einer Aufgabe nicht gewachsen zu sein)
• Bedeutsam sind auch Fehleinschätzungen
Kritik: Rolle der Sorgen und ihre Aufrechterhaltung zu wenig berücksichtigt
21
4. Erklärungsansätze: Teufelskreismodell der generalisierten Angststörung
22
5. Therapieaufbau & Struktur
 Therapiebausteine
•
•
•
•
•
Allgemeine Informationsvermittlung
Sorgenkonfrontation in sensu
Sorgenkonfrontation in vivo
Kognitive Therapie
Angewandte Entspannung
 Einzel- vs. Gruppensetting
 Anzahl der Sitzungen
23
5. Therapieaufbau & Struktur
 Struktur der Sitzungen
•
•
•
•
•
Besprechen des Sorgentagebuchs
Tagesordnung vereinbaren
Besprechen der Hausaufgabe
Information und Techniken der Veränderung der Sorgen
Rückblick & Planung
 Therapiestil
• interaktiv oder
• strukturiert und direktiv
24
5. Therapieaufbau & Struktur
Zu beachten: Komorbiditäten
•
•
•
•
mit Angststörung
mit Depression
Sorgen in anderem Rahmen
ohne Sorgen
25
6. Medikamentöse Therapie
• Tranquilizer:
Benzodiazepine - gut für kurzzeitige Krisenintervention
- keine langfristige Behandlung empfohlen
- Rebound-Effekte
- Abhängigkeiten
- hohe Rückfallquoten
Buspiron:
- häufig eingesetzt
- Einnahme: über einen längeren Zeitraum eingenommen
- Nebenwirkungen (z.B. Schwindel)
- vorherige Einnahme von Benzodiazepinen kann die Wirkung
abschwächen oder gar nivellieren
- Rückfälle nach Absetzen
26
6. Medikamentöse Therapie
• Beta Blocker:
- keine Auswirkung auf Kernsymptomatik
• Antidepressiva: SSRI
- wahrscheinlich wirksam
- zu wenig Studien um sie zu empfehlen
SNRI
- wird empfohlen (FDA)
- kann langfristig angewendet werden
- Nebenwirkungen (z.B. Übelkeit)
- Rückfälle nach Absetzen
27
6. Stand der Therapieforschung
Kombinationsbehandlungen
Kombination kann positive Effekte zeigen
 Compliance für Medikamente wird oft durch begleitende Psychotherapie erhöht
 Medikamente können die Psychotherapie erleichtern
Es können aber auch negative Effekte auftreten
 Bei Benzodiazepinen kommt es oft zu einer Euphorisierung, Patienten zeigen dann
eventuell keine Motivation mehr für die anstrengende Psychotherapie
 Medikamenteneinnahme fördert eine eher passive Rolle des Patienten, die einer
aktiven Teilnahme an der Therapie entgegensteht
Studien legen nahe, im Allgemeinen eher rein psychotherapeutisch vorzugehen und
nur in sehr schweren Fällen Medikamente zu geben
28
Therapie der Generalisierten Angststörung
•
•
•
•
•
•
1.
2.
3.
4.
5.
Sorgenkonfrontation in sensu
Konfrontation in vivo
Kognitive Interventionen
Angewandte Entspannung
Ausblick
Literatur
1 Sorgenkonfrontation in sensu
• Sorgenkonfrontation ist das Kernstück der Behandlung der Generalisierten
Angststörung
• Sie beruht auf den Erfolgen der Reizkonfrontation
• Ziel der Konfrontation ist möglichst viel Angst zu erzeugen, um eine
Habituation zu ermöglichen
• Sie muss von den Patienten täglich durchgeführt und zu Hause intensiv
geübt werden.
• Für den Erfolg einer Therapie ist es wichtig, den Patienten ausreichend zu
motivieren
1.1 Indikation
Indikationen der Sorgenkonfrontation
Gut geeignet:
• Reine generalisierte Angststörung
• Sorgen als Hauptproblem
• Primärdiagnose Generalisierte Angststörung, komorbid andere
Angststörungen
• Angststörungen, Sekundärdiagnose Generalisierte Angststörung
Eventuell geeignet:
• Komorbid Generalisierte Angststörung und Depression
Nicht gut geeignet:
• Körperliche Symptome der Angst stehen im Vordergrund des
Beschwerdebildes
• Sorgen werden nur schwer identifiziert
1.2 Vermittlung des Therapiekonzeptes
1.
2.
•
•
•
•
Die aufrechterhaltenden Bedingungen für Angst und exzessive Sorgen
werden mit dem Patienten erarbeitet
Das Behandlungskonzept (Sorgenkonfrontation) wird hergeleitet
Ablenkung und Vermeidung wirken nur kurzfristig oder gar nicht und
halten Angst und Sorgen aufrecht bzw. verstärken sie noch
Offenes Vermeidungs- und Rückversicherungsverhalten verstärkt die
Sorgen auf Dauer
Angst und Sorgen lassen sich nur reduzieren, indem man sich intensiv
mit ihnen auseinander setzt
Die Intervention der Wahl ist die Sorgenkonfrontation in sensu, um eine
Gewöhnung (Habituation) zu erreichen
Aufrechterhaltungsmodell
Angst und Sorgen
Versuche der Reduktion
•Kontrollversuche
- Gedankenstopp
- Ablenkung/kognitive
Vermeidung
Kognitive Veränderungen
•Aufmerksamkeit
- vermehrt auf Gefahr
gerichtet
•Interpretation
„Gefahr“
•Vermeidung der emotionalen Verarbeitung
- Sorgenketten
- Gedanken statt Bilder
•Konzentrationsprobleme
•Offenes Vermeidungsund
Rückversicherungsverhalten
•Verringerung der
Leistungsfähigkeit
Keine Habituaton
Individuelle Strategien
Angstkurven
Individuelle Strategien
• Die für den Patienten individuell relevanten Faktoren sollen gemeinsam
mit ihm erarbeitet werde
Angstkurven
• Diese Kurven sollen gemeinsam mit dem Patienten gezeichnet werden.
Hilfreich ist es, dazu die Sorgentagebücher zu verwenden.
Auswertung:
(1)“Wann werden Ängste und Sorgen geringer? Und warum?“
(2)“Wann werden Ängste und Sorgen stärker? Und warum?“
(3)“Was passiert während der langen Sorgenphasen?“
Wichtig ist, dass die Technik des „geleiteten Entdeckens“ eingesetzt wird
Fernsehen
100
Aufgewacht
Schlafen
gehen
Stadtbummel
Mit Freundin
50
Angst &
Sorgen
0
6Uhr
14Uhr
20Uhr
0Uhr
Erwartungskurve
• „Was würde wohl passieren, wenn Sie sich auf eine einzige Sorge
konzentrieren und diese bis zum Ende durchdenken würden? Stellen sie
sich ihre Befürchtungen ganz genau vor!“
Habituationskurve
Vorraussetzung für die Habituation ist, dass man die Angst zulässt
und einfach abwartet, ohne den Versuch, sie aktiv zu reduzieren
1.3 Vorbereitung auf die
Sorgenkonfrontation in sensu
• Sorge wird ausgewählt. Ziel ist es, dass der Patient sich den schlimmsten
Ausgang dieser Sorgenszene vorstellt und dadurch die Sorgenkette
durchbricht.
Auswahl einer Sorge
Sorgen
Angst
Der Sohn fängt wieder an zu spielen
Seine Ängste nehmen zu  Psychiatrie
Er verliert seine Arbeit
Er betrügt seine Frau
Seine Frau verlässt ihn
Er kommt auf die schiefe Bahn
•
•
Exploration der Sorge  Textbeispiel
Durchführung eines Vorstellungstraining
60 - 70
50
80
80
90
90
1.4 Durchführung der
Sorgenkonfrontation
Besprechen von Schwierigkeiten
Der Patient kann Vermeidungsverhalten zeigen, ohne dass der Therapeut
dies bemerkt oder viel dagegen tun kann, da es sich um Vorstellung und
nicht um reale Situationen handelt.
Durchführung der Vorstellungsübung
Textbeispiel
Nachbesprechung
Überarbeitung des „Sorgendrehbuchs“
Hausaufgaben
Regelmäßige Hausaufgaben sind ganz wichtig. Langfristiges Ziel ist, dass
der Patient eine Technik erlernt, die er nach Beendung der Therapie
selbstständig anwenden kann, falls es erneut zu Sorgenepisoden kommen
sollte.
1.4 Durchführung der
Sorgenkonfrontation
Der Patient sollte einmal am Tag zu einer festen Zeit etwa eine Stunde
üben
Weiteres Vorgehen
Viele Konfrontationsübungen werden von dem Patienten zu Hause
durchgeführt. Dafür ist wichtig, dass ihm das Prinzip der Konfrontation
deutlich geworden ist und er die entsprechenden „Technik“ beherrscht.
 Der Patient muss als Co-Therapeut gewonnen werden. Er soll detektivisch
mit dem Therapeuten überlegen, wie möglichst starke Angst
hervorgerufen und das Vermeidungsverhalten aufgespürt und beseitigt
werden kann.
Kognitive Techniken zur Unterstützung
„Realitätsüberprüfung“ „Entkatastrophisierung“
2 Konfrontation in vivo
• Patienten mit GA zeigen Vermeidungs- oder Rücksicherungsverhalten,
auch wenn dies in den Diagnostischen Kriterien nicht beschrieben wird.
Bsp.:keine Nachrichten hören, um nicht mit beunruhigenden
Meldungen konfrontiert zu werde
häufig den Partner anrufen, um herauszufinden, ob bei ihm alles in
Ordnung ist
• Ziel ist es mit der Konfrontation in vivo Vermeidungs- und
Rückzugsverhalten abzubauen; dies geschieht zeitversetzt zur
Konfrontation in sensu
Bsp.:der Patient muss mehrmals täglich Nachrichten hören und darf den
Partner nicht anrufen
Somit verblassen durch Übung die Ängste vor diesen Situationen
2.1 Indikation
Indikationen der Sorgenkonfrontation
Gut geeignet:
• Reine generalisierte Angststörung
• Sorgen als Hauptproblem
• Primärdiagnose Generalisierte Angststörung, komorbid andere
Angststörungen
• Angststörungen, Sekundärdiagnose Generalisierte Angststörung
Eventuell geeignet:
• Komorbid Generalisierte Angststörung und Depression
Nicht gut geeignet:
• Körperliche Symptome der Angst stehen im Vordergrund des
Beschwerdebildes
• Sorgen werden nur schwer identifiziert
2.2 Vermittlung des Therapiekonzepts
Herleitung der aufrechterhaltenden Bedingungen (Wiederholung)
Angst vergeht nur, wenn man sich ihr stellt und sie zulässt.
Durch einen Gewöhnungseffekt kann die Angst langfristig abgebaut
werden (ev. Angstkurven auswerten)
Herleitung der Konfrontation in vivo
Vorstellungsexperiment:
„Was würde wohl passieren, wenn Sie gezwungen wären, eine gefürchtete
Situation stundenlang zu durchleben? Dabei sollen Sie sich Ihre
Befürchtungen ganz genau vorstellen.“
 Es ist wichtig herauszuarbeiten, dass eine sinnvolle Rückfallprophylaxe
eine Konfrontation in vivo erfordert.
2.3 Vorbereitung auf die Konfrontation in
vivo
Identifizierung von Vermeidungs- und Rückversicherungssituationen
Beispiele für Vermeidungs- oder Rückversicherungsverhalten nennen
Bei relevanten Verhaltensweisen muss auch an perfektionistisches
Verhalten gedacht werden
Erstellung von Vermeidungs- und Rückversicherungshierarchien
Vermeidung/ Neues Verhalten Angst/
Rückversicherung
der Sohn hat im
Nur am Wochenende
Schwierigkeiten.
anrufen.
Tägliche
Telefonate
Unbehagen
70-80
2.3 Vorbereitung auf die Konfrontation in
vivo
Vermeidung/
Neues Verhalten
Angst/
Rückversicherung
Vor einem Termin Erst losgehen, wenn es
50
30 Min. früher losnötig ist oder sogar fünf
als nötig.
Minuten später.
Nicht alleine
Alleine Schwimmen 80
Schwimmen
gehen und auch im
gegangen.
Tiefen schwimmen.
Vermieden, den Einkauf einpacken und
90
Einkauf vor anderen
sich absichtlich ungeeinzupacken.
schickt anstellen.
Unbehagen
Planung der Konfrontationsübung
Patient führt die Konfrontation in vivo alleine durch
In unserem Beispiel wurden zunächst die ersten drei
Verhaltensweisen ausgewählt.
2.4 Durchführung der Konfrontation in vivo
Erstellen von Konfrontationsregeln
Die Planung ist sehr wichtig für das Gelingen.
Es kann auch hilfreich sein, dem Patienten individuelle Regeln
mitzugeben
Bsp.: „Lenken Sie sich nicht ab! Achten Sie auf die Angst!“
Durchführung der Konfrontationsübung
Die Konfrontation in vivo sollte generell vom Patienten alleine
durchgeführt werden.
Gelingt sie aber nicht, ist es sinnvoll, wenn der Therapeut den
Patienten doch bei einigen Übungen begleitet.
2.4 Durchführung der Konfrontation in vivo
Nachbesprechung
„Wie gut haben diese Aufgaben geklappt?“
„Wie haben Sie sich während der Übung gefühlt?“
Der Schwerpunkt sollte eher auf die Ressourcen des Patienten gelegt
werden.
Gemeinsam sollte Vermeidungsverhalten – ob offen oder verdeckt identifiziert und besprochen werden.
Es ist wichtig den Patienten für seine Bemühungen und Erfolge zu loben
Weiteres Vorgehen
Der Patient soll sein eigener Therapeut werden.
Der Therapeut übernimmt die Rolle des „Supervisors“.
3 Kognitive Interventionen
3.1 Indikation
• Kognitive Interventionen sind indiziert bei Patienten mit GA
und komorbider Depression. Entweder als alleiniges
Therapieverfahren, aber auch in Kombination mit der
Sorgenkonfrontation
• Wenn die Konfrontation in sensu funktioniert, sollten nicht
noch zusätzlich kognitive Verfahren eingesetzt werden
• In Fällen, in denen keine komorbide Depression vorliegt, der
Patient aber keiner Konfrontation zustimmt bzw. aufgrund
dysfunktionaler Annahmen große Angst vor der Konfrontation
hat, kann eine kognitive Umstrukturierung indiziert werden.
3.2 Realitätsprüfung
Vermittlung unterschiedlicher Sichtweisen
Durch die Technik der „Realitätsprüfung“ werden die Überzeugungen oder
Befürchtungen des Patienten auf ihren Realitätsgehalt hin getestet.
„Ist es wirklich so, wie Sie meinen?“
Der Patient soll angeleitet werden, dass seine Art, die Realität zu sehen,
nicht die allein gültige sein muss.
 Textbeispiel Mütter Sandkasten
Patienten mit GA sehen ihre Situation oft in einem für sie besonders
ungünstigen Licht. Sie sollten lernen, ihre Sichtweise zunächst nur als
Hypothese zu betrachten.
3.2 Realitätsprüfung
Orientierung an Becks Spaltentechnik
(1) Auswahl einer Sorge, die bearbeitet werden soll
(2) Einschätzen der Sorge auf der Überzeugungsskala (0-100)
(3) Exploration der Beweise für die Sorge
(4) Identifizieren von Beobachtungen, die der Sorge widersprechen
(5) Darstellung alternativer Sichtweisen
(6) Identifizieren weiterer Beobachtungen, die alternative Sichtweisen
unterstützen
(7) Erneutes Einschätzen der ursprünglichen Sorge auf der
Überzeugungsskala
(8) Einschätzen der alternativen Sichtweisen auf der Überzeugungsskala
Verhaltensexperimente zur Unterstützung
3.3 Entkatastrophisieren
Bedeutung der „Katastrophe“
„Was wäre, wenn...?“ Ziel ist es, zu einer differenzierteren Einstellung
gegenüber der Sorge zu gelangen, ohne diese zu verharmlosen.
Konsequenzen und Handlungsmöglichkeiten
Es gilt, eine langfristige Perspektive aufzubauen und über den Eintritt der
„Katastrophe“ hinweg in die Zukunft zu schauen.
Es wird beharrlich gefragt:
„Und dann?“
Realistische Einstufung der „Katastrophe“
Der Therapeut soll dem Patienten vermitteln, dass er seine Befürchtungen
und Gefühle ernst nimmt.
Der Patient soll lernen, dass du „Katastrophe“ wohl doch nicht das Ende
seines Lebens wäre.
3.4 Umgang mit den Meta-Sorgen
Verstärkte Symptomatik durch Meta-Sorgen
Wells (1997) Meta-Sorgen, d.h. Sorgen über die Sorgen
Patienten befürchten, dies sei ein Zeichen dafür die Kontrolle zu verlieren
und verrückt zu werden
Exploration der Meta-Sorgen
Meta-Sorgen bzw. positive Annahmen über das Sorgen können in der
Realitätsprüfung besprochen werden.
Man kann diese auch hervorrufen, indem man eine Konfrontation in sensu
über das Sorgen entwickelt.
Kognitive Bearbeitung der Meta-Sorgen
„Haben Sie jemals die Kontrolle völlig verloren?“
„Kennen Sie jemanden, der durch Sorgen verrückt geworden ist?“
4. Angewandte Entspannung
• Spezielles Entspannungstraining mit dem Ziel, zu lernen , sich in
angstauslösenden Situationen sekundenschnell zu entspannen
• Es wird eine Coping-Strategie gegen die Angst vermittelt, d.h. Anzeichen
von Angst bewusst wahrzunehmen und sich dann schnell in einen Zustand
tiefer Entspannung zu versetzen
• Die Angewandte Entspannung wurde von Öst (1987) entwickelt und
Therapiestudien zeigen bei der GA sehr ermutigende Ergebnisse (Öst &
Breitholtz, 2000)
• Das Entspannungstraining baut auf der Progressiven Muskelrelaxation
(PMR) auf (Jacobson, 1938).
• Die Anwendung wird zunächst in sensu, dann in vivo geübt.
4.1 Indikation
• Die AE ist geeignet, wenn im Vordergrund der Beschwerden vor allem die
körperlichen Symptome der GA stehen.
• Sie ist indiziert bei Patienten, die vor allem unter ständiger Nervosität,
Verspannung oder Schlafstörungen leiden und weniger unter quälenden
Sorgen
• Patienten, bei denen sie Sorgen einen großen Raum einnehmen, sollten
mit Sorgenkonfrontation behandelt werden.
• Vorraussetzung für eine erfolgreiche Behandlung mit der AE ist eine hohe
Motivation des Patienten und die damit verbundene Bereitschaft, viel zu
Hause zu üben (täglich ca. ein bis zwei Stunden)
4.2 Vermittlung des Therapiekonzepts
• Anspannung und andere körperliche Symptome sollen aktiv angegangen
werden
• Für eine erfolgreiche Behandlung müssen zwei neue Fähigkeiten erlernt
werden.
1. Gute Selbstbeobachtung, um erste Anzeichen von Angst
oder
Anspannung wahrzunehmen (z.B. Angsttagebuch)
2. Lernen, sich sehr schnell zu entspannen
4.3 Progressive Muskelrelaxation
• Die PMR wurde von Jacobson (1938) entwickelt
• Der Wechsel von An- und Entspannung senkt den Muskeltonus erheblich
• Ziel: Bessere, willkürlichere Kontrolle über den Spannungszustand der
Muskeln zu erlangen
• Das Verfahren hat den Vorteil, dass es sich gut erlernen lässt
• Es gibt lange und kurze Versionen der PMR
 Übung
4.4 Anwendung der Entspannung
• Die Entspannung kann in Angst erzeugenden oder belastenden
Situationen angewandt werden.
• Ein guter Ausgangspunkt für die Anwendung ist das
Selbstbeobachtungstagebuch
„Mit welchen Symptomen kündigt sich die Verspannung an?“
„Verspannen irgendwelche Muskelgruppen zuerst?“
„Tritt Herzklopfen oder ein flaues Gefühl im Magen aus?“
• Durchführung in sensu (Bsp.: Finger heben)
• Durchführung in vivo
5. Ausblick
• Die GA ist seit über hundert Jahren das vernachlässigte „Stiefkind“ der
Angststörung
• Wegen dem hierarchischem Ansatz der Diagnostik konnte sie nur als
eigenes Störungsbild diagnostiziert werden, wenn keine „höherrangigen“
Diagnosen wie z.B. Depression oder Psychosen vorlagen.
• GA gehört heute noch zu den am meisten unterdiagnostizierten und damit
auch unterversorgten Störungen
• Drei Entwicklungen geben Anlass zur Hoffnung:
1. Die Zentrale Bedeutung der Sorgen, der mentalen Kontrolle, der
Meta-Sorgen und der Interaktion zwischen diesen
Phänomenen
konnte herausgearbeitet werden
2. DSM-IV  Positivdiagnostik
3. Die Therapie der GA bietet inzwischen spezifische Maßnahmen
und entsprechend gute Erfolgsaussichten
Literatur
• Becker, E. & Margraf, J. (2002). Generalisierte Angststörung. Springer.
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