25. März bis 15. April 2011

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25. März bis 15. April 2011
Zyprischer
frühling
München
Gasteig, Rosenheimer Straße 5
Zyprischer Frühling 2011
Kulturreihe
vom 25. März bis zum 15. April 2011
Zypern, eine Sagenwelt voller Mythen und Legenden! Tatsächlich begegnen wir Mythen
und Legenden überall auf der Welt. Alle haben etwas Gemeinsames; die Macht uns
zu unterhalten und zu verzaubern. Auf der diesjährigen kulturellen Reise wird der
Zuschauer die spannende Historie Zyperns erleben. Lassen Sie sich in den Bann der
Magie der Insel ziehen! Wir wünschen Ihnen dabei viel Vergnügen!
Botschaft der Republik Zypern, Kulturabteilung
„Will dir den Frühling zeigen, der hundert Wunder hat. Der Frühling ist waldeigen und
kommt nicht in die Stadt.“ Das hat Rainer Maria Rilke gedichtet, die Rechnung dabei
allerdings ohne den Zyprischen Frühling gemacht. Denn der kommt heuer bereits zum 6.
Mal in unsere Stadt, und zwar mitten hinein, in den Münchner Gasteig. Dort erwartet
uns wieder ein erstklassiges Kulturprogramm, das von Bildender Kunst über musikalische
Darbietungen bis zum Tanztheater reicht. Im Vordergrund stehen dabei Mythen, Legenden und Traditionen Zyperns, das aber keineswegs in historischer Rückschau, sondern
vielmehr mit Blick auf ihre Bedeutung für die Gegenwart. So werden mittelalterliche Lieder von zeitgenössischen Komponisten neu interpretiert. Ebenso zeitgemäß präsentiert sich
das ausführende Orchester, dessen Musiker aus ganz Europa stammen. Und schließlich
spielt das Schauspiel „Othellos Revenge“ in einem modernen Militärcamp. Große Frühlingsgefühle wechseln also auch diesmal wieder mit aktuellen Themenstellungen. Sehr
gerne habe ich daher erneut die Schirmherrschaft für den „Zyprischen Frühling“ in München übernommen und wünsche der Veranstaltungsreihe einen vollen Erfolg.
Christian Ude, Oberbürgermeister der Landeshauptstadt München
Veranstalter Botschaft der Republik Zypern
Info www.botschaft-zypern.de, www.gasteig.de
Kontakt [email protected]
Der Fluss der Zeit Musikalischer Abend ................................................................ 4 – 6
Eröffnung
Stavros Lantsias, Yiorgos Kaloudis, Andreas Polyzogopoulos
25. März 2011, Kleiner Konzertsaal, 20 Uhr
Freier Eintritt
Der Duft des Jasmins Lieder aus dem Mittelalter .................................. 7 – 9
Sonia Theodoridou & Orchestra Mobile Quintet
3. April 2011, Black Box, 20 Uhr
Freier Eintritt
Die Gärten der Aphrodite Kammermusik-Abend ................ 10 – 13
Europäische Meisterwerke inspiriert von Sagen und Mythen
Athina Poullidou & Alexander Fröhlich, Nicolas Kyriakou & Iason Keramidis,
Julietta Demetriades & Paul Cibis
12. April 2011, Kleiner Konzertsaal, 19 Uhr
Freier Eintritt
Othello’s Revenge Tanztheater ................................................................................... 14 – 16
Theatergruppe „Altitude North” Leeds, Regie George Rodosthenous
15. April 2011, Black Box, 20 Uhr
Freier Eintritt
I like to imagine
what I hear and I follow… Rauminstallation ............................. 17 – 19
Michalis Papamichael, Giorgos Georgiou, Dia Theodorou
25. März bis 15. April 2011, Foyer Kleiner Konzertsaal
Impressum
Herausgeber Botschaft der Republik Zypern, Kulturabteilung, Wallstraße 27, 10179 Berlin
Redaktion Georgea Solomontos Texte Giorgio Tzimurtas Layout Julia Langmaack
Herstellung döringDRUCK, Druckerei und Verlag GmbH
Der Fluss
der Zeit
Musikalischer Abend
25. März 2011
Kleiner Konzertsaal, 20 Uhr
Die Geburt der Musik
aus der Erinnerung
Von Giorgio Tzimurtas
Jenseits der Stile bewegt sich der zyprische
Komponist Stavros Lantsias. Die Kritik nennt
ihn einen „Klang-Magier“. In seinem Konzertprogramm „Der Fluss der Zeit“ befasst er
sich mit Mythen und Legenden seiner Heimat
sowie seines eigenen Lebens.
Der Blick zurück ist seine Inspiration. „Mit
meinen Melodien versuche ich, Erinnerungen
zurückzuholen“, sagt der zyprische Komponist Stavros Lantsias. Eine vieldeutige Aussage – vor allem, wenn er sich dem Thema
Mythen und Legenden widmet, wie in seinem
Programm „Der Fluss der Zeit“. Mythen sind
das traditionelle Gedächtnis einer Kultur. Für
Lantsias geht es dabei nicht nur um die Bedeutung eines Mythos‘ für seine Heimat, sondern auch um sein persönliches Verhältnis zu
ihm. Er sagt zudem: „Es verfolgen uns Mythen, die wir selbst geschaffen haben.“
So reiche die Vergangenheit in die Gegenwart, „sie verschmelzen und es entsteht eine
treibende Kraft, voller Träume und Inspiration für die Zukunft.“ Dies führe zugleich
zu einem Reifungsprozess. Und eben davon
erzähle das Titelstück des 50-minütigen Konzertabends „Der Fluss der Zeit“.
Stavros Lantsia
Er habe dabei das Bild vor Augen, „wie die
Zeit einem Fluss gleiche und unser Leben einem Boot, das unterwegs zum Meer ist, zur
Unendlichkeit.“ Es sei „eine cineastische Komposition mit einem intensiven Charakter“,
4 | Eröffnung – Musikalischer Abend „Der Fluss der Zeit“
© L. Papanikolatos
verrät Lantsias vor der Uraufführung in München. Er habe auch das Gefühl hineingebracht, von der „Vergangenheit gejagt zu
werden.“
Im Kontrast dazu steht das Thema von „Growing Apart“. Ein Stück darüber, wie man
sich „von den kindlichen und persönlichen
Mythen, Träumen und Idealen entfernt und
schließlich davon löst“. Als Ergänzung kann
die Komposition „Rückkehr“ betrachtet werden. Es geht um „das Bedürfnis, manchmal
zur kindlichen Unschuld zurückkehren zu
wollen“, sagt Lantsias. Er fügt an: „Es ist eine
innere Stimme, das Kind in mir.“
Lantsias’ Stücke werden oft als „Ethnojazz“
bezeichnet, was ihnen aber nur bedingt gerecht wird. Denn Lantsias hat einen ganz eigenen Ausdruck geschaffen. „Ich bewege mich
trotz verschiedener Einflüsse jenseits der Stile“, sagt er. Er überrascht immer wieder mit
seiner kompositorischen Vielseitigkeit. Die
Kritik hat ihn sogar schon als „Klang-Magier“ bezeichnet. Lantsias selbst sagt über seine
Musik: „Meine Absicht ist, dass sie ,wahrhaft’
ist. Hier liegt der Punkt der Kommunikation
mit dem Zuhörer. Die Musik geht über den
Stil und die Instrumente hinaus.“
Die Stücke des Münchner Konzertabends hat
er eigens für den Zyprischen Frühling geschrieben. Eine Auftragsarbeit der Kulturabteilung der Botschaft Zyperns in Berlin, die
als Veranstalter verantwortlich zeichnet. Als
Musiker begleiten Lantsias, der selbst am Klavier sitzt: Yiorgos Kaloudis (Cello, Perkussion,
Kretische Lyra) und Andreas Polyzogopoulos
(Trompete, Flügelhorn).
Das Ensemble schafft Klangsphären, die auch
in die Welt der zyprischen Volksmythen führen. Dabei drücken die Kompositionen ebenso die emotionale Beziehung aus, die Lantsias
zu den Legenden hat. „Mein Ausgangspunkt
ist ein Bild, eine Erinnerung oder eine per-
Yiorgos Kaloudis
sönliche Bedeutung, die noch unvollständig
war“, erklärt er.
Von der wechselvollen Historie Zyperns handelt das Stück „Unbekanntes Land“. Er habe
sich daran erinnert, wie er in der Schule überrascht gewesen sei, wieviele Herrscher und
Eroberer es auf der Insel im Laufe der Jahrhunderte gegeben habe. Dabei sei besonders
interessant, dass sich die griechische Identität
auf Zypern erhalten habe. Der König, im Sinne einer mythischen Verdichtung und romantisierten Gestalt, sei für ihn die Symbolfigur
für die Wahrung von Sprache und Kultur
gewesen. In dem Stück gehe es um „KlangBilder einer anderen Epoche und damit auch
eines Landes, das ich nie kennengelernt habe“,
sagt Lantsias.
Eröffnung – Musikalischer Abend „Der Fluss der Zeit“ | 5
Als Kind habe er die Leute oft vom Helden
„Digenis Akritas“ sowie von der „Rigaina“
(„Königin“) erzählen hören. Das habe ihn damals neugierig gemacht. Er begann, sich mit
den Figuren zu beschäftigen. Eben in jene
Tage habe er sich während der Arbeit an dem
Programm für den Münchner Konzertabend
zurückversetzt. Das Ergebnis: der „Walzer der
Prinzessin“. Bei dem melodischen Stück habe
er vermutlich Rigaina als „Idealbild der Frau
vor Augen gehabt“. Ebenso geht es um die
Legenden von den Versuchen jener Männer,
die das Herz der Rigaina mit beeindruckenden Taten erobern wollten - dazu zählt auch
Digenis Akritas.
Bei ihm handelt es sich um den Protagonisten
eines gleichnamigen byzantinischen Epos’ aus
dem 12. Jahrhundert. Es ist das älteste überlieferte literarische Werk in mittelgriechischer
Sprache. Von Digenis Akritas erzählen auch
viele Volkslieder und Märchen Zyperns. Er
ist der Legende nach ein Drachentöter und
ein herausragender Krieger, der etliche Heldentaten begangen hat. Ein historisches Vorbild ist nicht belegt. Experten vermuten die
Zeit zwischen dem späten 9. und frühen 11.
Jahrhundert des byzantinischen Reiches als
geschichtlichen Hintergrund der Dichtung.
Digenis Akritas galt in der griechischsprachigen Literatur bis in die Moderne als Identifikationsfigur des Hellenentums – mit all seinen Konflikten.
Der Fluss der Zeit
Eröffnung
25. März 2011
Kleiner Konzertsaal, 20 Uhr
Freier Eintritt
Musikalischer Abend mit
Stavros Lantsias, Yiorgos Kaloudis,
Andreas Polyzogopoulos
6 | Eröffnung – Musikalischer Abend „Der Fluss der Zeit“
Andreas Polyzogopoulos
„Als ich ein Kind war, glich Digenis Akritas in
meiner Phantasie einem Comic-Superhelden“,
sagt Lantsias. „Und die Rigaina war eine Art
Symbol für Zypern: Sie wird als sehr schön
und sehr begehrt beschrieben.“ Von Rigaina handelt auch „Soweit Deine Augen sehen
können“. Der Titel ist durch jene Legende inspiriert, die von einem um die Hand Rigainas
werbenden König erzählt. Er versprach, ihr
das Land zu schenken, das sie um sich herum
sehen konnte – soweit ihr Blick reichte. Rigaina ließ daraufhin einen Turm erbauen, um
von ihm aus einen noch weiter reichenden
Blick zu haben – die heutige Burg Kolossi.
Das Stück handele davon, sagt Lantsias, „dass
Männer denken, sie müssten alles geben,
um die geliebte Frau für sich zu gewinnen.“
Und auch dies ist wiederum eine zeitlose Geschichte.
Der Duft
des Jasmins
Lieder aus dem Mittelalter
3. April 2011
Black Box, 20 Uhr
Doppelte Spiegelung
der Tradition
Von Giorgio Tzimurtas
Der Konzertabend „Der Duft des Jasmins“
stellt eine Auswahl zyprischer Volkslieder
mit modernem Arrangement vor – interpretiert von der Sopranistin Sonia Theodoridou. Ebenso werden Verwandlungen
des Lieds „Der Jasmin“ präsentiert, das
drei zeitgenössischen Komponisten als
Grundlage für eigene Werke diente.
Tradition trifft auf Klassik und Moderne – es entsteht eine doppelte musikalische Spiegelung. Dieses Erlebnis vermittelt
der Konzertabend „Der Duft des Jasmins“.
Die international gefeierte griechische Sopranistin Sonia Theodoridou singt zyprische
Volkslieder. Das moderne Arrangement
stammt von ihrem Ehemann, dem griechischen Dirigenten Theodoros Orfanides.
Sonia Theodoridou
Ebenso werden drei zeitgenössische Stücke
auf der Grundlage des zuvor bereits von Theodoridou gesungenen Lieds „Der Jasmin“ vorgestellt. Sie stammen aus der Feder der Komponisten Stavros Lantsias, Vanias Apergis
und Konstantia Gourzi. Das stets aufs neue
verwandelte Lied „Der Jasmin“ ist zugleich das
verbindende Motiv des musikalischen Abends.
Es spielt das Orchestra Mobile Quintet mit Musikern aus verschiedenen Ländern Europas. So
erhalten die Klänge und Melodien der Insel eine
zusätzliche multikulturelle Note. Das Programm
entstand eigens für den Zyprischen Frühling und
setzt sich aus Auftragsarbeiten der Kulturabteilung der Botschaft Zyperns zusammen.
Lieder aus dem Mittelalter „Der Duft des Jasmins“ | 7
Für die Klassik-Interpretin Theodoridou ist
es „eine besondere Herausforderung, in ihrer hohen Stimmlage die Beschwingtheit
und Schlichtheit der Lieder zu erhalten.“ Die
Volkstümlichkeit solle zwar gewahrt werden,
doch durch ihren klassischen Sopran entstehe
während des Konzerts wiederum „etwas ganz
Neues“. Die Lieder seien von herausragender
Qualität, sagt sie. „Ich bin sicher, wenn Komponisten wie Schubert, Brahms oder Ravel sie
bearbeitet hätten, dann wären daraus große
Werke entstanden.“
Die Auswahl der 17 Lieder, deren Entstehung
teilweise bis ins Mittelalter zurückreicht,
haben Theodoridou und Orfanides selbst
getroffen. Hierzu gehören unter anderem
„Arodafnousa“, „Kokkini Triantafylia mou“
(„Meine rote Rose“) oder „Agia Marina“
(„Heilige Marina“) und „Stin skala pou anebeneis“ („Auf der Treppe, die du aufsteigst“).
Alles Stücke, die bis heute auf Zypern gesungen werden.
Für Theodoridou besteht die Schönheit der
Lieder auch in ihrer Sprache, denn „der zyprische Dialekt ist dem Altgriechischen sehr
nah“, erklärt sie. So verschränkt sich auch in
diesem Sinne im bis heute lebendigen Volksliedgut die Vergangenheit mit der Gegenwart.
Zypern hat eine wechselvolle Geschichte. Die
vielen Fremdherrscher aus westlichen und
östlichen Ländern haben auch in der Musik
ihre Spuren hinterlassen. „Aber die Einflüsse
sind gefiltert“, sagt Theodoridou. Die Lieder
Ausführende Künstler
Sonia Theodoridou Sopran
Michalis Cholevas Ney, Saz, Tarhu
Hugo Rodriguez Klarinette
Yuval Hed Bratsche
Mihaly Menelaos Zeke Klavier
Florian Goltz Perkussion
8 | Lieder aus dem Mittelalter „Der Duft des Jasmins“
Theodoros Orfanides
hätten nicht nur einen eigenen Charakter,
sondern seien im Laufe der Jahrhunderte von
zentraler Bedeutung für die Wahrung der
Identität gewesen.
„Mich haben die unglaublichen Melodien und
Harmonien, ihre Vielfarbigkeit fasziniert“, sagt
Orfanides. In seinem Arrangement für Klavier,
Klarinette, Bratsche, Schlaginstrumente, Ney,
Saz und Tarhu habe er einerseits den Charakter „der großen musikalischen Tradition
Zyperns“ beibehalten wollen. Und andererseits
sollen die Lieder mit der modernen Bearbeitung „frisch klingen“. Dabei habe er jedes Lied
für sich betrachtet und dennoch eine verbindende klangliche Einheit geschaffen.
Um Variationen und vor allem den Vorstoß
zu etwas Neuem geht es auch bei den zeitgenössischen Werken auf der Grundlage des
Volkslieds „Der Jasmin“. Die Komponisten
Stavros Lantsias aus Zypern, Vanias Apergis
aus Griechenland und die in Deutschland
lebende Hellenin Konstantia Gourzi nehmen
das melancholische Lied als Ausgangspunkt
für eigene Kompositionen. „Es geht in meiner
Abwandlung nicht um eine Neufassung. Ich
versuche, zu meinem Klang vorzudringen“, sagt
Lantsias. Er wollte das Lied, das zu seinen Lieblingsstücken gehört, soweit wie möglich „zu
meinem eigenen machen“. Das Harmoniegerüst sei im Original manchmal abwesend und
zudem wechselhaft. „Das war ein guter Anlass,
meine eigenen Harmonien zu gestalten“. Dabei
suchte er Akkorde, die zur Melodie passen und
„interessante Tonleitern, auf denen ich meine
Abwandlung vornahm“, erklärt er. Melodisch
sei sein Stück aber nur manchmal.
Als „abstrakt“ beschreibt Vanias Apergis seine Komposition. Die Melodie sei „eher am
Ende wieder erkennbar“. Er nutze das Element des Zufälligen, sagt er. Seine Bearbeitung vergleicht er mit „der Reise ins Hirn von
jemandem, der das Lied kennt“. Auch das Hineinwirken weiterer Gedanken bei der Person
habe er verarbeitet. So entstehe ein „Soundtrack der Gedanken eines Menschen“.
Mit Blick auf Zypern bedeute das Stück für
ihn, dass es trotz aller politischen Schwierigkeiten in der Geschichte und in der Gegenwart, trotz der vielen Kriege und Fremdherrschaften „immer auch die Liebe gab und die
neue Blüte“. Sonia Theodoridou singe bei seiner Komposition nicht den Text. „Ihre Stimme
ist ein weiteres Instrument“, erklärt Apergis.
Ebenso verhält es sich bei der Komposition
von Konstantia Gourzi. Sie habe ihr einen improvisatorisch wirkenden Charakter verliehen,
sagt sie. Dabei begegnen sich in bestimmten
Momenten zwei Linien. Sie sei bei der Arbeit
vom Gefühl der Sehnsucht ausgegangen, weil
es vom Lied bei ihr hervorgerufen werde. Dabei meine sie nicht nur die Melodie. „Ich sehe
es auch als Duft an“, verrät Gourzi über ihre
Inspiration zum eigenen Werk. Und Sonia
Theodoridou sagt über die Tatsache, dass sie
keinen Text singe, sondern mit ihrer Stimme
zum reinen Klangbild beitrage: „Da bin ich
der Duft des Jasmins.“
Die Sopranistin Sonia Theodoridou wurde in Veria/Griechenland geboren. Sie studierte am griechischen National-Konservatorium Athen „Manolis Kalomiris“ in der Gesangsklasse von Keti Papalexopoulou, wo sie ihr Studium mit Auszeichnung („Exzellente
und Außergewöhnliche Leistung“) abschloss. Anschließend erhielt sie ein Stipendium
der „Maria Callas-Stiftung“, das ihr ein Aufbaustudium an der Musikhochschule Köln ermöglichte, später auch ein Privatstudium bei Vera Rosza in London. Daneben bildete sie
sich auch im deutschen Liedrepertoire bei Elisabeth Schwarzkopf aus. Sonia Theodoridou
trat in bedeutenden Opernhäusern Europas auf, unter anderen an der Oper Frankfurt,
Staatsoper Berlin Unter den Linden, Deutsche Oper Berlin, Hamburgische Staatsoper,
Nationaltheater München, Oper Stuttgart, Theatre Royal de la Monnaie Bruxelles, Theatre Chatelet de Paris, Teatro Communale di Firenze, Teatro La Fenice di Venezia, Theater Basel, Opera de Lyon, Opera de Montpellier, Festspiele Schwetzingen, Maifestspiele
Wiesbaden, Amsterdam, Rotterdam, New York, Salt Lake City, Salzburg, Opera House
Budapest, Vienna. Sie arbeitete mit diversen namhaften Dirigenten zusammen, wie zum
Beispiel: Wolfgang Sawallisch, Zubin Mehta, Sir Neville Mariner, Antonio Pappano, Rene
Jacobs, Christoph von Dohnanyi, Gerd Albrecht, Garry Bertini, Ivan Fischer, Marcello Viotti, Helmut Rilling, Andras Schiff, Frans Bruggen mit dem Orchester „Age of the Enlightenment“, Concerto Köln, Wiener Philharmonie. Seit 2010 ist sie Professorin für Gesang
an der UdK Berlin.
Lieder aus dem Mittelalter „Der Duft des Jasmins“ | 9
Die Gärten
der Aphrodite
Kammermusik-Abend
12. April 2011
Kleiner Konzertsaal, 19 Uhr
Ewig leben die
Göttermythen
Von Giorgio Tzimurtas
Der dreiteilige Kammermusik-Abend
„Die Gärten der Aphrodite“ stellt Werke der
europäischen Tradition vor, die einen engen
Bezug zu Zypern haben. Ebenso werden
neue Kompositionen uraufgeführt –
inspiriert vom Wirken der „Unsterblichen“.
Ob Aphrodite, Apollo oder Dionysos – mit
den griechischen Göttersagen ist Zypern eng
verbunden. Und somit auch mit Werken der
klassischen Musik. Denn die Mythen rund
um die „Unsterblichen” haben Komponisten über die Jahrhunderte immer wieder
inspiriert – bis heute. Eine umfangreiche Auswahl dieser Werke stellt der KammermusikAbend „Die Gärten der Aphrodite” vor.
Athina Poullidou
Der Liebesgöttin ist im Programm, das im
Auftrag der Kulturabteilung der Botschaft
Zyperns entwickelt wurde, dabei ein besonderer Schwerpunkt gewidmet. Ebenso werden
Werke aus dem klassischen Repertoire präsentiert, die einen Bezug zu der Insel haben.
Auch neue Kompositionen werden uraufgeführt, die eigens für den Zyprischen Frühling
entstanden.
Der Konzertabend beginnt mit europäischen
Meisterwerken der Musikgeschichte, die von
Mythen und Sagen inspiriert sind. Interpreten
sind die zyprische Pianistin Athina Poullidou,
die diesen ersten Programmteil auch zusammengestellt hat, und der deutsche Violinist
Alexander Fröhlich. „Wir beginnen mit der
10 | Kammermusik-Abend „ Die Gärten der Aphrodite“
Ouvertüre von Franz Schuberts ,Rosamunde’.
Es ist ein sehr lebendiges Stück“, sagt Poullidou. „Wir stellen es in der Bearbeitung für
Klavier und Geige vor.”
Von Liebe und Macht sowie dem ewigen
Kampf zwischen Gut und Böse handelt das
„große romantische Schauspiel“ von Helmina
von Chézy, zu dem Schubert die Bühnenmusik schrieb. Rosamunde ist die Prinzessin von
Zypern. Doch wird ihr die Herrschaft von
Fulgentius streitig gemacht. Seine Intrigen
und seine Anschlagsversuche bleiben erfolglos. Rosamunde kann den Thron besteigen
und den geliebten kretischen Prinzen Alfons
heiraten. Die Musik Schuberts zu dem Bühnenwerk aus dem Jahr 1823 stehe zwischen
Klassik und Romantik. Deshalb sei sie sowohl
von Formstrenge als auch von emotionaler
Aufgewühltheit bestimmt, erklärt Poullidou.
Weiter geht es mit einem Auszug aus der
fünfteiligen Suite „Duo concertante” von Igor
Stravinsky. „Wir spielen die Ekloge und den
Dithyramb”, sagt Poullidou. Der Dithyramb
sei in der antiken Chorlyrik ein Hymnus auf
Dionysos gewesen, dem Gott des Weines und
des Rausches. Da in der zyprischen Stadt Paphos „Das Haus des Dionysos“ stehe, gebe
es eine enge Verbindung zu der Insel. Beim
„Haus des Dionysos“ handelt es sich um eines der römischen Gebäude aus dem 3. und
4. Jahrhundert, deren Mosaiken zum Weltkulturerbe der Unesco gehören. Auf einem der
Kunstwerke ist der Triumphzug des Dionysos
dargestellt. „Der Dithyramb beginnt ruhig
und endet ekstatisch“, erklärt Poullidou.
Anschließend stellen die Musiker drei Stücke
vor, die der Liebe gewidmet sind, „also auch
der Göttin Aphrodite“, sagt Poullidou. Fritz
Kreislers „Liebesleid“ drücke die schmerzvolle Seite der Liebe aus. Das dynamische „Appassionato“ von Josef Suk thematisiere den
Kampf um die Liebe und die Verzweiflung.
Die „Romanze“ der zyprischen Komponistin
Iason Keramidis und Nicolas Kyriakou
Tassoula Christou behandle mit süßen Klängen die Liebe „in ihrer schönsten Form“, erläutert Poullidou.
Im zweiten Teil des Kammermusik-Abends
präsentiert das Akamas-Duo mit Nicolas Kyriakou (Gitarre) und Iason Keramidis (Violine) ein selbst konzipiertes Programm in zwei
Abschnitten. Zunächst spielen die zwei zyprischen Musiker die Volkslieder „Der Jasmin“,
„Weiße Rose“ und „Mein Basilikum“. Die drei
zyprischen Liebeslieder mit dem PflanzenSymbol stehen als Einheit unter dem Titel
„Die Gärten der Aphrodite“. Die originale
Volksliedmelodie habe er „eher wenig verändert“, sagt Kyriakou. Nur stellenweise gebe es
eine Variation. „Harmonisch aber erlaube ich
mir einige neue Farben.“
Es folgt eine Uraufführung: die musikalische
Umsetzung von Homerischen Götterhymnen.
Die Kompositionen stammen von Kyriakou.
Von den 33 Preisliedern, die zwischen dem 7.
und 5. Jahrhundert vor Christus entstanden,
hat Kyriakou vier ausgesucht. „Es handelt sich
um Hymnen an Gottheiten, die mit Zypern in
Verbindung gebracht werden können: Aphrodite, Ares, Apollo und Dionysos“, erklärt
Kyriakou.
Über das Konzept sagt er: „Zuerst werde ich
die Anfangsverse des jeweiligen Hymnus’ mit
Kammermusik-Abend „ Die Gärten der Aphrodite“ | 11
Gitarrenbegleitung im Original rezitieren.
Dann spielen wir das musikalische Portrait
der Gottheit.“ Das Altgriechische, hebt Kyriakou hervor, „hat von sich aus einen Sprachrhythmus“. Dies sei der Verbindungspunkt
zur Musik. „In der griechischen Antike bildeten Dichtung und Musik eine Einheit“, führt
er aus. Die Homerischen Götterhymnen sind
in Hexametern verfasst. Allerdings stammen
die Preislieder nicht von Homer. Nach ihm
benannt sind sie aufgrund der stilistischen
und inhaltlichen Verwandtschaft mit den
Epen Ilias und Odyssee.
Die einzelnen Charaktere der Gottheiten musikalisch darzustellen, sei eine besondere Herausforderung gewesen, sagt Kyriakou. Mit der
Gitarre erzeugt er die klangmalerische und
motivische Atmosphäre. „Die Violine übernimmt den Part der Singstimme“, erklärt er.
Den Anfang mache seine Komposition über
Aphrodite. „Das Stück beginnt mit schnellen
brodelnden Passagen. Sie sollen die Geburt
der Göttin aus dem Schaum des Meeres vor
der Westküste Zyperns darstellen.“ Durch
Triller und Chromatik würden sehr enge Ton-
Die Gärten der Aphrodite
I. Europäische Meisterwerke,
inspiriert von Sagen und Mythen
Alexander Fröhlich Violine
Athina Poullidou Klavier
II. Homerische und andere
Götterhymnen...
Iason Keramidis Violine
Nicolas Kyriakou Gitarre
III. A Touch of Venus – Frauengestalten
in der Musikgeschichte
Julietta Demetriades Sopran
Paul Cibis Klavier
12 | Kammermusik-Abend „ Die Gärten der Aphrodite“
räume entstehen, „die sich aber allmählich
immer mehr ausweiten“. Im Moment des Erscheinens der Aphrodite höre man eine „wunderschöne Melodie, von wellenartigen Bewegungen begleitet“.
Im Kontrast dazu steht das musikalische Portrait des Kriegsgottes Ares. Hier habe er sich
die martialisch wirkenden rhythmischen
Tänze im 12/8-Takt des Pontos-Gebietes zum
Vorbild genommen. „Durch Perkussionseffekte auf der Gitarre soll der Eindruck eines
Trommel-Ensembles entstehen“, ergänzt er.
Bei der Darstellung Apollos, des Gottes der
Künste, des Lichts und der Erkenntnis, werde
„die Gitarre die Oberhand haben, weil ich an
die altgriechische Kithara erinnern will“, sagt
Kyriakou. Er stelle sich vor, wie der Gott unter
einem Olivenbaum sitze und auf dem Saiteninstrument improvisiere.
Schließlich erhält noch Dionysos mit seinem
Gefolge Einzug. „Ich arbeite beim Komponieren stark mit Bildern. Beim Gott des Weines
und Rausches sowie seinen Begleitern habe
ich mir einen Tanzreigen vorgestellt“, sagt
Kyriakou. Er habe hierfür eine Art Kalamatianos im typischen 7/8-Takt geschrieben. „Ab
der Mitte wird der Tanz immer schneller und
steigert sich zu einem ekstatischen Zustand.
Ein Fest des Dionysos ist eben nie langweilig“, erklärt er.
Bei den vier Götter-Portraits habe er auch
klangliche Parameter aus der Antike verwendet, sagt Kyriakou. Niemand könne zwar
mit Gewissheit sagen, wie die Musik damals
geklungen habe. Doch versuche er, „eine archaische Farbgebung zu transportieren“. Insgesamt habe er eine stilistische Mischung
erzeugt, die auch Anleihen aus der Moderne,
etwa in der Manier von Béla Bartók und Igor
Stravinsky aufweise.
Unter dem Motto „A Touch of Venus – Frauengestalten in der Musikgeschichte“ steht der
vorzuge, wie alle Frauen, dass Du mich kurz
aber leidenschaftlich liebst.“
Julietta Demetriades
dritte und abschließende Teil des Kammermusik-Abends. Die zyprische Sopranistin
Julietta Demetriades singt Lieder und Arien
des klassischen Repertoires. Ebenso stellt sie
Stücke zweier zeitgenössischer zyprischer
Komponisten vor. Am Klavier wird sie von
Paul Cibis begleitet. „Es ist ein Mosaik von
Stücken aus verschiedenen Epochen zu einem
überzeitlichen Thema. Und jedes Werk hat
seine ganz eigenen Herausforderungen“, sagt
Demetriades über das von ihr zusammengestellte Programm.
Zum Auftakt singt Demetriades „Air des Venus“ aus der Oper Thésée des französischen
Barock-Komponisten Jean-Baptiste Lully. Es
folgt „Was sagst Du?“ aus der komisch-mythologischen Operette „Die schöne Galathée“
von Franz von Suppè. Es schließen sich an:
„Der Vollmond strahlt“ aus „Rosamunde“
von Franz Schubert, „Vieni o tu“ aus der Oper
Caterina Cornaro von Gaetano Donizetti und
das „Ave Maria“ aus Giuseppe Verdis Oper
„Otello“.
Ebenso singt Demetriades „A Touch of Venus“ von Kurt Weill und „Las locas por amor“
aus dem Werk „Poema en forma de Canciones“ von Joaquin Turina. Beim letzteren handelt es sich inhaltlich „um das Versprechen
ewiger Liebe gegenüber Aphrodite“, erläutert
Demetriades. Die Göttin antworte: „Ich be-
Von der zyprischen Komponistin Sophia
Serghi erklingt „Sappho’s Choice“. Serghi erklärt, das Werk behandle das Thema der Liebe,
wie es sich in der Lyrik der antiken Dichterin
Sappho darstelle. Besonders hervorgehoben
sei die Rolle, die Sappho der zyprischen Gottheit Aphrodite für ihre Verse zukommen lasse. Es sei ein melodisches Stück. Und es ziele
darauf ab, die in der Dichtung enthaltenen
Gefühle auf eine „lakonische, schlichte, aber
emotional reiche Art“ zu präsentieren.
Zum Programm gehört auch die Arie „Pothos
Pikros, Pathi Glytzia” („Bitteres Verlangen,
süßes Leid”) des zyprischen Komponisten
Christos Pittas. Sie stammt aus seinem Werk
„Rime d’Amore”. Dabei handelt es sich um
die Vertonung einer Sammlung von Liebesgedichten eines unbekannten Poeten aus dem
16. Jahrhundert im zyprischen Dialekt. Pittas
erklärt: „Es ist ein außergewöhnliches Zeugnis der europäischen Strömung des Petrarcismus.” Dieser geht auf den italienischen frühneuzeitlichen Dichter Petrarca zurück und
thematisiert die Liebesqualen des Mannes.
Auch das bewirkt die Berührung der Aphrodite.
Paul Cibis
Kammermusik-Abend „ Die Gärten der Aphrodite“ | 13
Othello’s
Revenge
Tanztheater
15. April 2011
Black Box, 20 Uhr
Kollision der Ur-Gefühle
Von Giorgio Tzimurtas
Als „Anatomie der Eifersucht“ bezeichnet der
Regisseur George Rodosthenous sein Stück
„Othellos Revenge“. Auf der Grundlage des
berühmten Dramas von Shakespeare hat er
eine Parabel auf das Leben in geschlossenen
Gesellschaften geschaffen. Die Inszenierung
vereint Sprache, Tanz und Musik zu einer
neuen Einheit. Zugleich knüpft Rodosthenous
an die griechische Tragödie an. Im Rahmen
des Zyprischen Frühlings kann das Publikum
die Uraufführung erleben.
Liebe, Eifersucht, Hass und Vergeltung
aus tiefer Enttäuschung – um diese Ur-Gefühle dreht sich Shakespeares Tragödie
„Othello“. Ein überzeitliches Drama über die
menschliche Natur. Auf dieser Grundlage hat
der zyprische Regisseur und Choreograph
George Rodosthenous eine moderne Variante
des Stücks geschaffen: In „Othellos Revenge“
richtet er den Fokus auf die verhängnisvolle
Kollision menschlicher Instinkte auf engem
Raum. Eine Parabel auf das Leben in geschlossenen Gesellschaften, auf Verhaltensmuster in
einem erdrückenden Umfeld.
Rodosthenous vereint Sprache, Tanz, expressive Bewegung, Kampfkunst, Musik und Gesang in seiner Interpretation des Klassikers.
Im faszinierenden Kontrast zu den breit gefächerten Ausdrucksformen steht das Stilmittel
der Verknappung und Verdichtung. In mehrfacher Hinsicht. „Wir nehmen das Original
von Shakespeare aus dem Jahr 1603 nur als
14 | „Othellos Revenge“ Tanztheater nach Shakespeares Othello
Ausgangspunkt“, erklärt Rodosthenous. So
seien viele Szenen und Passagen in der dramaturgischen Bearbeitung von Duska Radosavljevic gestrichen. Die Aufführung dauert
rund eine Stunde. Und: Manche Tanzsolos
ersetzen Monologe.
„Der Ort der Handlung ist ein heutiges Militärlager. Das Bühnenbild ist schlicht. Um
unterschiedliche Räume zu schaffen, spielen
wir mit der Beleuchtung“, erläutert Rodosthenous. Ziel sei es, „eine klaustrophobische
Situation zu schaffen“. Dabei wirken auch die
Zuschauer mit. „In unserer ZimmertheaterVersion sitzen sie an allen vier Seiten um die
Bühne herum, und zwar sehr dicht an den
Darstellern“, sagt Rodosthenous. So werde der
Theaterbesucher „mit verantwortlich für die
beklemmende Atmosphäre“. Ebenso solle die
„Innensicht ermöglicht werden“. Hierzu dienen auch Tanz und Bewegung der insgesamt
sechs Schauspieler. Zum Beispiel, wenn sie die
Seelenqual des kasernierten Lebens ausdrücken. Auch die Musik erfülle den Zweck, „die
psychische Erschütterung“ zu vermitteln.
Das Soldatencamp, sagt Rodosthenous, sei
stellvertretend für jede Art von klar eingegrenztem Umfeld. „Es kann auch ein Symbol
für den Arbeitsalltag im Büro sein.“ Auslöser
der Handlung ist die tiefe Demütigung und
Kränkung, die der Fähnrich Iago empfindet,
weil er nicht in den Leutnantsrang befördert
wurde. Othello, Gouverneur und Feldherr
Venedigs auf Zypern, hat den unerfahrenen
Cassio bevorzugt. Der von Hass erfüllte Iago
sinnt auf Rache. Mit einer Intrige bringt er
Othello dazu, dass er von einem Verhältnis
seiner Frau Desdemona mit Cassio überzeugt
ist. Othello erwürgt Desdemona, er erkennt
sein Fehlurteil und erdolcht sich selbst.
„Iago ist als Figur die Achse, um die sich alle
anderen Charaktere wie Satelliten bewegen“,
sagt Rodosthenous. In seiner Version sei dies
stark herausgearbeitet. „Wir zeigen, wie Iago
für Verwirrung sorgt, für Konflikte, auch mit
sich selbst. Wir zeigen, wie er auf seine dunkle Reise geht, bei der er alles um sich herum
zerstört“. Als „Anatomie der Eifersucht“ bezeichnet Rodosthenous seinen interpretatorischen Kernansatz. Iagos Neid gegenüber
Cassio, Othellos Vertrauensverlust in Desdemona, die verschiedenen Formen der Liebe,
die jeweiligen Wünsche und Sehnsüchte der
einzelnen Figuren; ihre Gefühle, ungerecht
behandelt oder verraten worden zu sein, der
Drang nach Rache, die Bereitschaft zur Gewalt – „all das prallt aufeinander. Wir sehen,
wie Beziehungen von Menschen sich in ihr
Gegenteil verkehren. Das führt zur Tragödie“,
beschreibt Rodosthenous die Grundsituation.
Dabei wolle er zeigen „wie diese Instinkte in
einer sehr geschlossenen Gesellschaft funktionieren“.
Der neue Titel „Othellos Revenge“ soll die
Akzentuierung der Rache in der Version von
Rodosthenous verdeutlichen. Die Rache Iagos
an Othello. Die Rache Othellos an Desdemona. Und die Rache, wie sie vom Zuschauer
wahrgenommen wird. Zentral sei dabei, wie
Iago es schafft, Othellos Sichtweise zu verändern, „so dass er nicht mehr die Realität erkennt, sondern jener folgt, die Iago ihm vorgibt“. Das Spiel mit der Wirklichkeit – es ist
auch ein Stilmerkmal der Inszenierung. „Wir
vermengen das Fantastische mit dem Reellen“,
„Othellos Revenge“ Tanztheater nach Shakespeares Othello | 15
erklärt Rodosthenous. Das gelte vor allem
mit Blick auf die Rolle der Desdemona, der
einzigen Frau in der Männer-Welt des Militärcamps. „Man muss bedenken: Nicht nur
Othello ist in sie verliebt, sondern auch der
Edelmann Roderigo. Und vermutlich haben
die Soldaten in ihrer Vorstellung eine Beziehung mit Desdemona“, sagt Rodosthenous.
Diese Fantasien habe er aufgreifen wollen, um
zu zeigen, „welche verschiedenen Schwierigkeiten das weibliche Element in dem Umfeld
bedingt.“ Er hebe das Verhältnis der Soldaten
„zur weiblichen Existenz, beziehungsweise zu
ihrer Abwesenheit,“ hervor.
Ebenso sei das Motiv des Exotischen wichtig. „Wir spielen auch mit der Tatsache, dass
Othello ein Fremder in seiner Umgebung ist“,
gibt Rodosthenous einen weiteren Einblick.
Im Militärlager habe Othello die absolute
Macht. Dabei sei es interessant zu sehen, in
welcher Weise das akzeptiert wird und welche Konflikte dies verursache. Eine besondere Bedeutung hat der Aspekt des Exotischen
durch seine Verbindung zum Ensemble von
„Altitude North“ selbst. Die Darsteller stammen aus verschiedenen Ländern, arbeiten in
England, „wo sie als Exoten wahrgenommen
werden können“, erläutert Rodosthenous.
Dasselbe gelte letztlich auch für die Situation
der Uraufführung in englischer Sprache der
international besetzten Gruppe in München.
Othello´s Revenge
George Rodosthenous Regie Demetris Zavros Musik
Duska Radosavljevic Dramaturgie
Darsteller
Tom Colley Iago
James Farrar Cassio
Nick Korsa Othello Richard Collins Roderigo Lauren Garham Emilia Lucy Loader Desdemona Gesteigert werde dies dadurch, dass das Stück
auf Zypern spiele. „Es bietet sich die Chance,
etwas Exotisches zu zeigen“, sagt der Regisseur. Auch Rodosthenous wirkt fern ab seiner
Heimat Zypern. Der Regisseur mit Doktortitel lehrt das Fach Musiktheater an der Fakultät für Schauspiel, Gesang, Tanz und Kulturwissenschaft der Universität Leeds. Er leitet
als künstlerischer Direktor die Theatergruppe
„Altitude North“ und ist freiberuflicher Komponist für die Bühne. Seine wissenschaftliche
Aktivität ist breit angelegt. Rodosthenous
forscht über die Rolle des Körpers in den Bereichen Schauspiel, Gesang und Tanz. Ebenso
gilt sein Interesse der Rolle von Theaterstücken mit Live-Musik als interdisziplinärer
Prozess. Zudem widmet er sich aktuellen Aspekten der griechischen Tragödie sowie dem
britischen Musical.
Die Vielfalt der Theaterformen – sie ist auch
für die Othello-Inszenierung bestimmend,
einer Auftragsarbeit und Produktion der Kulturabteilung der Botschaft Zyperns in Berlin.
Die Musik, die zum Teil live gespielt ist, erfülle eine wichtige Funktion, „um die Handlung
voranzubringen“, erläutert Rodosthenous. Außerdem sei sie eigens für „Othellos Revenge“
komponiert. Sie stammt aus der Feder des Zyprers Demetris Zavros, mit dem Rodosthenous
bereits mehrfach zusammengearbeitet hat. Die
Klänge von Klarinette, Trommel und Stimme
beschreibt Rodosthenous als „kriegerisch und
durch einen Ethnic-Charakter bestimmt“.
Dass die Musik sich mit dem Tanz und dem
Schauspiel zu einer neuen Einheit füge, sei
auch eine Art „Rückkehr zu den Wurzeln“.
Denn in der antiken griechischen Tragödie
seien Tanz und Bewegung sowie Sprache und
Musik gleichberechtigte Elemente der Gattung gewesen. Rodosthenous: „Das eine half
dem anderen, intensiver zur Geltung zu kommen.“ Indem Rodosthenous an diese Tradition anknüpft, ist sein Othello auch in diesem
Sinn ein überzeitliches Stück.
16 | „Othellos Revenge“ Tanztheater nach Shakespeares Othello
I like to imagine
what I hear
and I follow ...
Rauminstallation
25. März bis 15. April 2011
Foyer Kleiner Konzertsaal
Wahrheit und Wege
des Mythos’
Von Giorgio Tzimurtas
Von den Erzählungen der Großmutter zur
elektronischen Information: Die alten und
neuen Wege der Überlieferung von Mythen
thematisiert die Rauminstallation „I like to
imagine what I hear and I follow…“. Mit
ihrem Werk zeigen die drei zyprischen
Künstler Michalis Papamichael, Dia
Theodorou und Giorgos Georgiou zugleich,
welche Bedeutung der Mythos heute haben
kann – für die Gesellschaft und im individuellen Sinn.
Mit der Großmutter fing meistens alles an.
Sie erzählte den Enkelkindern die Mythen,
Märchen, Sagen und Legenden. So lebten
die Geschichten aus vergangenen Zeiten fort.
Sie blieben Teil der Tradition. Und sie prägten
den Sinn für die ganz persönlichen Mythen.
Doch: Was früher mündlich oder auf Papier
von Generation zu Generation überliefert
wurde, gelangt heute auch digital durch Raum
und Zeit. Die elektronischen Medien, sie sind
zugleich der Ursprung neuer Mythen – und
die Ursache gekappter Wurzeln.
Michalis Papamichael
Den alten und neuen Wegen des Mythos‘
widmet sich die Rauminstallation „I like to
imagine what I hear and I follow…“ der drei
zyprischen Künstler Michalis Papamichael,
Dia Theodorou und Giorgos Georgiou. Dabei
vermitteln sie in vieldeutiger Weise, in welchem Verhältnis Vergangenheit und Gegenwart zueinander stehen – und welche Rolle
der Mythos dabei spielt. In München wird das
Rauminstallation „I like to imagine what I hear and I follow…“ | 17
ist und auf unterschiedliche Weise weitertradiert wird.
Von der Großmutter zum Bildschirm – „damit
zeigen wir, wie sich die Vermittlungswege des
Mythos‘ verändert haben“, sagt Papamichael.
Zugleich werde die Entwicklung zurückverfolgt. So seien die papiernen Baumwurzeln
am Boden auch ein Sinnbild für Holz als Material zur Herstellung eines Buches – einem
traditionellen Medium der Weitergabe von
Mythen. „Wir lassen das Papier wieder zum
Baum werden“, erklärt Papamichael.
Giorgos Georgiou
Werk erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt.
Die Arbeit entstand im Auftrag der Kulturabteilung der Botschaft Zyperns für den Zyprischen Frühling.
„Der Mythos war einst Teil der Religion. Vom
Christentum wurde für die neue Botschaft die
mythische Erzählweise übernommen. Und
auch heute spielen Mythen eine zentrale Rolle
für die Gesellschaft“, sagt Theodorou. Die lineare historische Entwicklung, das Geflecht
der kulturellen Tradition und die persönliche
Sicht – diesen Bedeutungs- und Verbreitungsdimensionen des Mythos‘ verleihen die drei
Künstler mit ihrer Rauminstallation einen
symbolischen Ausdruck.
An einer senkrechten Wand aus Holz ist eine
Pappmaschee-Skulptur angebracht, die das
Gesicht einer Großmutter mit Kopftuch zeigt.
Von den Enden ihres Tuches aus entwickeln
sich Baumwurzeln aus Papier. Auf der Grundfläche vermengen sie sich mit Kabeln. Diese
kommen aus drei Boxen, auf denen Bildschirme stehen, im Dreieck angeordnet. Sie zeigen
Interviews mit sechs Repräsentanten von Bereichen, in denen der Mythos von Bedeutung
Heute wiederum seien in einer Gesellschaft,
in der Computer und Telefone von zentraler
Bedeutung sind, alle Informationen in den
Kabelnetzwerken. Das Internet und andere Massenmedien – sie überliefern Mythen,
bringen neue hervor, bewirken ebenso eine
Abtrennung von der Tradition. Deshalb sind
einige der Kabel und Papierwurzeln miteinander verflochten, andere wirken wie zerhackt.
Das Konzept haben die drei Künstler gemeinsam entwickelt. Dabei hatte jeder seinen eigenen Ausgangspunkt mit seiner speziellen
Kunst. Die Installation ist von Papamichael
und Georgiou angefertigt worden. Die Interviews haben Papamichael und Theodorou
entwickelt, geführt und aufgezeichnet.
„Wir haben uns überlegt, wer sich mit Mythen
beschäftigt“, berichtet Papamichael. Daraufhin seien fünf Filme entstanden, in denen
sechs Personen über ihre Beziehung zum Mythos berichten sowie dessen Bedeutung für
die Gesellschaft und für Zypern. Dabei handelt es sich um den berühmten Sänger und
Komponisten Alkinoos Ioannidis, den Philosophen und Buchautor Dr. Klitos Ioannidis,
den Ikonenmaler Yiannis Karamberidis, den
Erzpriester, Philologen und Gymnasialdirektor Pater Kyriakos Rigas sowie die Darstellungskünstler Elena Agathokleous und Lukas
Walewski.
18 | Rauminstallation „I like to imagine what I hear and I follow…“
„Wir wollten von Ihnen wissen, wie sie an der
Weitergabe des Mythos‘ mitwirken. Außerdem sollte ihre eigene Biographie miteinbezogen werden. Ihre persönlichen Mythen sollten
zur Geltung kommen“, erläutert Papamichael.
Da die Bildschirme einander zugewandt sind,
soll eine Begegnung, ein Dialog der Interviewten, ihrer Ansichten und Erfahrungen
entstehen.
Dabei geht es auch immer um die Definition
des Mythos‘. Pater Kyriakos Rigas ist überzeugt, der Mythos sei „das Wesen der menschlichen Seele“. Und: Durch den Mythos sei
„das ganze frühere Leben im Unterbewusstsein des Menschen verborgen, gespeichert,
aufbewahrt.“ Elena Agathokleous spricht vom
Mythos als „Muster“, Lukas Walewski von
„klaren Botschaften“. Der Philosoph Klitos
Ioannidis bezeichnet den Mythos als „archetypische Sprache“. Der Mythos berge „symbolisch und konzentriert die Wahrheiten des
Menschen“. Dabei gebe es ebenso „die versteckten Wahrheiten“, die entschlüsselt werden müssen. Auch er ist der Auffassung, „dass
der Mythos direkt und organisch mit der Seele des Menschen verbunden ist“.
Wie eine Ergänzung hierzu wirkt, was der
Ikonenmaler Yiannis Karamberidis erläutert:
„Der Ort, an dem die Mythologie Einfluss
nehmen will, liegt genau in der Phantasie des
Menschen.“ Diese wiederum sei eine „Zwischenkraft“, die Herz und Verstand miteinander verbinde. Im Mythos würden Erkenntnisse durch die „Welt der Phantasie“ vermittelt.
„Damit die entstandenen Bilder, die Gefühle
und Bedeutungen die Bewusstseinsebene erhöhen oder zumindest erweitern. Das ist der
Zweck der Mythologie“.
Der Sänger und Komponist Alkinoos Ioannidis sagt: „Das menschliche Bedürfnis, Mythen zu schaffen und dann zu überliefern,
entstammt seinem Zwang, die Wahrheit zu
sagen. Es ist unmöglich, realistisch über die
Giorgos Georgiou und Michalis Papamichael
Wahrheit zu sprechen.“ Er rede „von der täglichen Mythologie, die der Mensch braucht, der
sich stets auf den Mythos verlassen muss, um
das Leben zu bewältigen (…).“ Für ihn steht
fest: „Ohne den Mythos kannst Du dich unmöglich verlieben. Ohne den Mythos kannst
du unmöglich Kinder zeugen. Ohne den Mythos kannst du unmöglich ein Lied oder ein
Gedicht schreiben“.
Während der Aufzeichnung der Interviews,
stellt Papamichael heraus, sei dies auffällig
gewesen: „Immer wieder wurde im Rückblick
die eigene Großmutter erwähnt. Als diejenige, von der unsere Interviewpartner erstmals Mythen erzählt bekommen haben.“ Die
Großmutter, mit ihr fing meistens alles an –
sie ist ein Mythos für sich.
I like to imagine
what I hear and I follow …
Rauminstallation
25. März bis 15. April 2011
Foyer Kleiner Konzertsaal
Michalis Papamichael,
Giorgos Georgiou, Dia Theodorou
Rauminstallation „I like to imagine what I hear and I follow…“ | 19
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