Othello - Michaela Schneider

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Getanzte, tödliche Leidenschaft
Ballett Choreographin Anna Vita erzählt mit „Othello“
eine Geschichte voller tragischer Emotion – Das Premierenpublikum ist begeistert
Von Michaela Schneider
Würzburg Als Gefangener schwebt Jago in einem Käfig über Desdemona, Emilia und Othello - den
gemordeten Opfern seiner Intrige. Die Gäste trauern – und sie sind zornig auf den Intriganten. Gleich
zu Beginn lässt Choreografin Anna Vita in ihrer Version von Shakespeares „Othello, der Mohr von
Venedig“ vor schemenhafter Kulisse die Tragik der Geschichte um Liebe, Zorn und Missgunst,
Argwohn und tödliche Leidenschaft Bild werden. Für ihre Ballettversion der Tragödie im
Mainfrankentheater Würzburg wählt Anna Vita Kompositionen des Deutschitalieners Ferruccio
Busoni (1866 – 1924). Mit ihrer getanzten Inszenierung erzählt die Ballettdirektorin eine zeitgemäße
Geschichte voller Emotion, die von zeitlosen Shakespeare-Charakteren lebt. Das Publikum war in der
Uraufführung von Anna Vitas stimmiger Mischung aus modernen Elementen, Tanztheater und
klassischem Ballett begeistert.
Feldherr Othello (Felipe Soares Cavalcante) ist edel und aufrichtig – doch seine dunkle Hautfarbe
macht ihn zum Fremden in der venezianischen Gesellschaft. Heimlich hat er deshalb die schöne
Desdemona (Caroline Matthiessen) geheiratet, tiefe Liebe verbindet die Beiden. Auch Rodrigo
(Manuel Wahlen) ist in die schöne Senatorentochter verliebt – und wird dadurch zum Spielball des
gehässigen Fähnrichs Jago (Ivan Alboresi). Ein weißer Schal wird im komplexen Intrigenspiel
schließlich zum Instrument der Rache: Othello hatte Desdemona den edlen Seidenstoff als
Liebesbeweis geschenkt, Jago spielt ihn Cassio (Aleksey Zagorulko) zu und lässt Othello glauben,
seine Frau betrüge ihn mit dem General-Leutnant. Selbstzweifel, Hass und Eifersucht siegen: Othello
tötet Desdemona. Als Jagos Frau Emilia (Ako Nakanome) die Intrige aufdeckt, ersticht Jago sie – und
Othello tötet sich selbst.
Ferruccio Busonis facettenreiche Musik scheint wie geschrieben für den Shakespearestoff. Tragisch
und komisch, dramatisch und emotional, abwechslungsreich und überraschend verschmelzen Musik
und Tanz zur Einheit. Ein musikalisch wie tänzerischer Höhepunkt ist sicherlich Desdemonas
hingebungsvoller Tanz für ihren Othello zur bekannten Trauergemach-Melodie. Dass das
Philharmonische Orchester unter Leitung von Busonis italienischem Landsmann Enrico Calesso das
Geschehen in Venedig musikalisch beschreibt, fügt sich stimmig ins Aufführungskonzept.
Anna Vitas getanzte Inszenierung lebt vor allem von der geglückten Mischung aus facettenreichen
Emotionen und spannungsgeladener Handlung. Der Choreografin und Dramaturg Christoph Blitt
gelingt es, das komplizierte Intrigengeflecht aufs Wesentliche zu reduzieren, ohne dass die Tiefe des
Shakespeare-Dramas verloren geht. Bei Bühnenbild und Kostümen setzt Stefan Morgenstern auf
elegante Schlichtheit, spielt mit Licht und Schatten und verzichtet erfrischend auf Extravagantes. Eine
Kulisse, die in das Venedig des 17. Jahrhunderts ebenso passt, wie in die heutige Zeit und an jeden
Ort. Denn: Neid lässt Menschen zu allen Zeiten zu Intriganten werden, Selbstzweifel, Leidenschaft
und geschürter Hass werden immer ein explosives Gemisch bleiben.
Anna Vitas ansprechender Stil zwischen Neoklassik und Moderne betont diese Zeitlosigkeit noch. Die
Othello-Inszenierung wird Ballettliebhaber ebenso ansprechen wie Freunde des modernen
Tanztheaters, die Choreographin zieht keine stilistischen Grenzen. Auch hat sie die Charaktere
hervorragend besetzt – von Caroline Matthiessen, die als gutherzige, schöne Desdemona mit ihrem
Körper um Liebe fleht, über Felipe Soares Cavalcante als die wohl facettenreichste Figur im
Shakespearedrama bis hin zu Ivan Alboresi (Jago) als die tanzende Verkörperung von Neid, Hass und
Eifersucht. Anna Vitas „Othello“ ist ein neues Glanzlicht am Mainfrankentheater, das
Premierenpublikum war von der getanzten Tragödie begeistert.
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