Realität der ambulanten psychiatrischen Versorgung Dr. med. Christa Roth-Sackenheim, BVDP Dr med. Dr. med Frank Bergmann, Bergmann BVDN 1 • Zunehmende Krankheitslastabnehmende Ressourcen 2 Dreijährige Untersuchung bezogen auf eine Gesamteinwohnerzahl Gesa te o e a von o 514 5 Millionen o e Menschen in Europa. Die Autoren haben mehr als 100 psychische und neurologische Erkrankungen berücksichtigt. berücksichtigt 3 4 Psychische y und neurologische g Störungen g zusammen sind für 26,6 Prozent der gesellschaftlichen Gesamtbelastung durch Krankheiten in der EU verantwortlich. Abschätzung über „disability-adjusted disability-adjusted life years“ years (DALYs), (DALYs) also die Zahl der Lebensjahre, die infolge von Krankheit, Behinderung oder einen frühen Tod verloren gehen. Die vier am stärksten belastenden Erkrankungen sind demnach: Depression, Demenzen, Demenzen Alkoholabhängigkeit und Schlaganfall. Hirnerkrankungen sind vor Krebs und Herzerkrankungen die häufigsten und am meisten belastenden Erkrankungen. 5 Höchstens ein Drittel aller Betroffenen in der EU erhalten irgendeine g Therapie. p Die Behandlung startet meist erst Jahre nach Krankheitsbeginn und entspricht oft nicht den minimalen Anforderungen an eine adäquate Therapie Therapie. Nur rund zehn Prozent der Therapien sind „minimal adäquat“. Die Versorgung g g hat sich seit 2005 nicht wesentlich verbessert. 6 Psychiatrische y Therapie p beinhaltet • Differentialdiagnostik incl Berücksichtigung somatischer, genetischer, pharmakogener, biographischer und persönlichkeitsbezogener Ursachen und Komorbiditäten, • Beurteilung der Selbstverletzungsneigung und Suizidalität • Beurteilung der Fremdgefährdung • Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit • Beurteilung der Eignung zum Führen von KFZ und Bedienen von Maschinen, speziell unter Berücksichtigung der Psychopathologie und Psychopharmakotherapie • Behandlung von Patienten unter gesetzlicher Betreuung • Behandlung von Patienten in beschützenden Einrichtungen (Werkstätten, Wohnheime) • Behandlung h dl von Patienten in gerontopsychiatrischen h h Einrichtungen h 7 Psychiatrische y Therapie p • Differentialtherapie: Akutintervention, (stationär-ambulant?), Erhaltungstherapie, Präventionstherapie • individuell adaptierte Gesprächsfrequenz und -dauer • Therapieplanung: ggf Erstellen eines multiprofessionellen und multimodalen Behandlungskonzepts • Therapie: − Stadienspezifische Psychopharmakotherapie (akut, erhaltend,phasenprophylaktisch) − Anwendung d spezifischer f h adaptierter d Gesprächstechniken h h k (supportiv, ( stützend,empathisch, d h h konfrontativ) bzw von Elementen spezifischer operationalisierter verbaler Interventionsprogramme − Individuelle Prophylaxe Prophylaxe-Beratung Beratung unter Berücksichtigung des Vulnerabilitäts Vulnerabilitäts-Stress-Modells Stress Modells • besondere Berücksichtigung der krankheitsspezifischen Interaktionen des Pat. mit den Angehörigen und/oder den Bezugspersonen und/oder dem betreuenden Umfeld 8 Psychiatrische y Therapie p Ziel • Behandlung und Verbesserung psychopathologischer affektiver und kognitiver Stö Störungen sowie i Wahrnehmungs-, W h h E l b Erlebensund d Verhaltensstörungen, V h lt tö u. a. o Erkennen, Einschätzen und Behandeln von Suizidalität o Erkennen, Einschätzen und Behandeln von Selbstverletzungstendenzen o Erkennen, Einschätzen und Behandeln von latentem Aggressionspotential •Koordination verbaler, medikamentöser, soziotherapeutischer, verhaltenspsychiatrischer Behandlungsstränge 9 Psychiatrische y Therapie p • Vermittlung und Motivation zur ärztlich verordneten Psychopharmakotherapie • Verbesserung der Compliance • Vermeidung von Krankheitsrückfällen • Vermeidung von Chronifizierung • Vermeidung von Hospitalisierung • Vermeidung von Invalidisierung • Vermittlung von Strategien bei der frühzeitigen Selbsterkennung von Krankheitsexacerbationen wie z.B. bei Depression, Psychose, Manie, Sucht, Suizidalität • Vermittlung positiver Denk- und Handlungsstrategien und Therapieeinstellungen bei Krankheitsexacerbationen 10 Psychiatrische y Therapie p wird - absolut wie auch im Vergleich zu Richtlinienpsychotherapie Völlig unzureichend vergütet: 11 Psychiatrische y Therapie p Vergütung EBM Beschreibung : Psychiatrisches Gespräch, Psychiatrische Behandlung, Beratung, Erörterung und/oder Abklärung, 385 Punkte: Obligater Leistungsinhalt: Auszahlungspunktwert max. 3,5 Cent Dauer mindestens 10 Minuten, als Einzelbehandlung z B Nordrhein 2,8 z.B. 2 8 Cent Fakultativer Leistungsinhalt: Erhebung der biographischen = 10, Anamnese 78 Eurozur Psychopathologie unter Berücksichtigung der entwicklungspsychologischen Gesichtspunkte, Vertiefte Exploration mit differentialdiagnostischer Einordnung eines psychiatrischen Krankheitsbildes, Syndrombezogene therapeutische Intervention, Anleitung der Bezugsperson(en) Abrechnungsbestimmung je vollendete 10 Minuten Gesamt (Punkte) 385 12 Richtlinienpsychotherapie p y p Vergütung EBM Beschreibung : Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie (Kurzzeittherapie, Einzelbehandlung) 2315 Punkte: Obligater Leistungsinhalt: Auszahlungspunktwert garantiert 3,5 Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, Kurzzeittherapie, Einzelbehandlung, Cent Höchstens 25 Sitzungen, Sitzungen Fakultativer Leistungsinhalt: = 81,03 Euro Unterteilung in 2 Einheiten von jeweils mindestens 25 Minuten Dauer, als Doppelsitzung bei zweimaligem Ansatz der Gebührenordnungsposition 35200 gemäß § 23b Abs Abs. 1 Nr. Nr 2 der Psychotherapie-Richtlinien und § 11 Abs. 14 der Psychotherapie-Vereinbarungen Abrechnungsbestimmung je vollendete 50 Minuten Gesamt (Punkte) 2315 13 P Psychiater hi t • Mittelgradige depressive Episode • Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode • Dysthymia • Anpassungsstörungen • Angst und depressive Störung, gemischt • Schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome • Paranoide Schizophrenie • Generalisierte Angststörung • Panikstörung [episodisch paroxysmale Angst] • Depressive Episode, nicht näher bezeichnet Top Ten: • • • • • • • • • • N Nervenärzte ä t Dysthymia A Angst t und d depressive d i Störung, Stö gemischt Mittelgradige depressive Episode p Episode p ohne Schwere depressive psychotische Symptome Depressive Episode, nicht näher bezeichnet Anpassungsstörungen Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode Organische Persönlichkeitsstörung Paranoide Schizophrenie Generalisierte Angststörung KBV , 201114 Versorgungsleistung Fälle ICD 10 Codes: Nervenärzte & Psychiater ärztl. & psycholog. Psychotherapeuten (rd. 5000) (rd. 18.000) Bsp. schwere depressive Episode F 32.2 Bsp 32 2 132.843 15.605 Bsp. paranoide B id Schizophrenie S hi h i F 20 20.0 0 85.083 2.399 Bsp. Gen. Angststörung F 41.1 79.156 21.547 KBV , 201115 Psychiatrische Therapie im Quartal // Grundpauschale 1 Gespräch Weitere Gespräche Zusatzpauschale Brief 15, 54 € 10, 78 € 1, 12 € 15, 68 € Gesamt RLV Quartalsvergütung Psychotherapie Richtlinie im Quartal Grundpauschale Vergütung RiLi Therapie 50 Minuten 9, 52 € 81, 03 € 42, 00 € Eine RL –Psychotherapie/ h h / Woche (10) 810, 30 € 43, 12 € 43, 12 € Quartalsvergütung 819,82 € Weitere Vergütung von Gesprächen mit Patienten oderAngehörigen – wie im EBM vorgesehen – wird i dd durch hd den HVM gekappt. k t 16 17 V Versorgungsforschungsstudie f h t di BÄK Die Versorgung von Menschen mit psychischen Störungen gliedert sich in Deutschland in verschiedene Versorgungsebenen. 18 Ambulante Versorgung g g / Versorgungsauftrag g g g Vertragsärzte Hausärzte Vertragsärzte ä für Psychiatrie & Psychotherapie Nervenärzte PIA Pepp plus 19 PsychoTherapeuten „Wartezeiten“ Hausarzt Hier werden von einer sehr grossen Anzahl von Ärzten (35.331 Ärzte, 58,5 % aller Hausärzte) eine sehr g grosse Anzahl von Fällen ((3,25 , Mio Fälle im Quartal 1/10) basisversorgt. (Psychosomatische Grundversorgung). Die klassische richtlinienpsychotherapeutische antragspflichtige Versorgung spielt in der Hausarztebene eine untergeordnete Rolle. 20 Facharzt Hier werden durch 6.646 Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie, Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, Psychotherapie Neurologen und Nervenärzte eine grosse Anzahl von Patienten (ca 1,5 Mio pro Quartal) mit sehr unterschiedlichen Diagnosen hohem Schweregrad und mit chronischen Diagnosen, Verläufen sowohl richtlinienpsychotherapeutisch als auch mit fachärztlichen Gesprächsleistungen versorgt. 21 Psychotherapeuten Hier werden durch 20.736 Psychologische y p , nichtärztliche Kinder- und Psychotherapeuten, Jugendlichen-Psychotherapeuten, Fachärzte für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie und Ärztliche Psychotherapeuten ca 1 Mio Patienten (Quartal) mit wenigen spezifischen Diagnosen sowohl mit Richtlinien-Psychotherapie als auch mit Gesprächsleistungen versorgt. 22 Ambulante Versorgung g g / Versorgungsauftrag g g g Vertragsärzte Hausärzte Vertragsärzte ä für Psychiatrie & Psychotherapie Nervenärzte PIA Pepp plus 23 PsychoTherapeuten „Wartezeiten“ Ambulante Versorgung g g / Versorgungsauftrag g g g Patient 24 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit 25 Behandlungsfälle / Arzt Diagnosen / Behandlungsfall 450 3,0 400 2,5 350 300 2,0 250 15 1,5 200 150 1,0 100 0,5 50 0 0,0 KJPP KJP Psychiatrie ÄP Psychosom. Medizin PP Versorgungsforschungsstudie der Bundesärztekammer: Behandlungsfälle und Diagnosen/Behandlungsfall je Fachgruppe 26 Fachärztliches Gespräch – je 10 min pro Fachgruppe 2.003 Anzahl abrechnender Ärzte in der Abrechnungsgruppe 1.789 737 1.155 10.973 1.783 1 689 1.689 22 1.602 50 *Ausschluss von Abrechnungsgruppen, mit <100.000 Behandlungsfällen oder <100.000 Leistungshäufigkeit oder <10 erbringende Ärzte, bundesweit 27 Quelle: ARGO-Microstrategy (Abrechnungsdaten) Antragspflichtige Richtlinien-Psychotherapie nach Fachgruppen 13.654 1.148 2.344 2.268 Anzahl abrechnender Ärzte 2.339 649 1.168 194 15 *Ausschluss von Abrechnungsgruppen, mit <100.000 Behandlungsfällen oder <100.000 Leistungshäufigkeit oder <10 erbringende Ärzte, bundesweit 262 Quelle: ARGO-Microstrategy (Abrechnungsdaten) 28 29