Praktikum GL der Biologie II Arbeitsgruppe Werner Institut für Zellbiologie Einleitung Die Haut ist das grösste menschliche Organ. Sie ist das Organ des Tast-, Schmerz- und Wärmesinnes und bildet eine Barriere zwischen dem Organismus und der Umwelt. Sie verhindert das Austrocknen des Körpers und das Eindringen mikrobieller Erreger. Ausserdem reguliert sie die Körpertemperatur und bietet zudem Schutz vor mechanischen und chemischen Einflüssen sowie vor schädigender UV-Strahlung. Die Haut besteht aus zwei Schichten, der Oberhaut (Epidermis), einem mehrschichtigen Plattenepithel, und der darunter liegenden Lederhaut (Dermis), die hauptsächlich aus elastischem Bindegewebe besteht. Haare, Nägel, Talg- und Schweissdrüsen sind Anhangsgebilde der Epidermis, die jedoch tief in der Dermis verankert sind. Die Epidermis ist zum grössten Teil aus Keratinozyten aufgebaut. In der Anzahl zwar deutlich geringer, aber dennoch wichtig sind die zum Immunsystem gehörenden Langerhansschen Zellen, die Merkelschen Tastscheiben und die pigmenthaltigen Melanozyten. Die unterste Schicht der Epidermis (Basalzellschicht) enthält als einzige Schicht proliferierende Keratinozyten. Auf dem Weg von der Basalschicht zur Hautoberfläche durchlaufen die Zellen eine terminale Differenzierung, die sich in morphologischen und biochemischen Veränderungen äussert. Die vollständig ausdifferenzierten Keratinozyten enthalten weder einen Zellkern noch Organellen, so dass sie metabolisch und mitotisch inaktiv sind. Die von der Epidermis durch die Basalmembran getrennte Dermis macht den grössten Teil der Haut aus. Ein dreidimensionales Gerüst, das hauptsächlich aus den Faserproteinen Elastin und Kollagen besteht, aber auch noch andere Matrixbestandteile enthält, hält die Haut stabil und elastisch. Auch Blut- und Lymphgefässe durchziehen dieses Gerüst. Die Blutgefässe versorgen die Dermis und die Epidermis mit Nährstoffen. Neben Fibroblasten, die zur Synthese von Bindegewebsbestandteilen befähigt sind, findet man auch Makrophagen und Mastzellen, sowie Nervenendigungen. Die Dermis ist 1 mit dem tieferliegenden Gewebe durch die Unterhaut, einem lockeren Bindegewebe mit eingelagertem Fettgewebe, verbunden. In der Maus und in vielen anderen Tieren fungiert eine ausgeprägte Muskelschicht (Panniculus carnosus) als Grenze zwischen Dermis und Unterhaut. Die Abbildung zeigt den Aufbau der menschlichen Haut. Pore Haar Epidermis Lederhautpapillen Kälterezeptor Wärmerezeptor Lederhaut Talgdrüse Haarbalgmuskel Blutgefässe Schweissdrüse Bindegewebe Unterhautfettgewebe Nerv Fetteinlagerung Wundheilung der Haut Aufgrund der vielfältigen Funktionen der Haut müssen Verletzungen jeglicher Art möglichst schnell und effizient behoben werden. Mit der Reparatur setzt eine koordinierte Kaskade zellulärer und molekularer Prozesse ein, die man allgemein als Wundheilung bezeichnet. Ihr zeitlicher Verlauf kann grob in drei Phasen eingeteilt werden, in die inflammatorische, die proliferative und die Umbauphase. In den meisten Wunden, in denen auch Blutgefässe verletzt wurden, setzt die frühe inflammatorische Phase der Wundheilung durch Blutgerinnung und Thrombozytenaggregation mit der Bildung eines Blutgerinnsels ein. Dieser hauptsächlich aus Fibrin und Fibronektin bestehende Blutpfropf verhindert nicht nur weiteren Blutverlust, sondern dient auch als provisorische Matrix für einwandernde Zellen. Infolge der Blutplättchenaggregation werden Wachstumsfaktoren und Zytokine freigesetzt, die wiederum Entzündungszellen anlocken. Die Entzündungszellen sind für die Phagozytose von Zelltrümmern und für die bakterielle Abwehr nötig. 2 Während der proliferativen Phase wird die Wunde durch Bildung eines neuen Epithels geschlossen (Reepithelialisierung), indem Keratinozyten von der Epidermis am Wundrand und von partiell zerstörten Haarfollikeln proliferieren und zungenartig in die Wunde einwandern. An den Wundrändern entsteht infolge dessen ein stark verdicktes Epithel, das sog. hyperproliferative Epithel. Das zweite Charakteristikum der proliferativen Phase besteht in der Bildung eines provisorischen Mesenchyms. Innerhalb von 3 bis 4 Tagen infiltrieren Fibroblasten den Fibrinpfropf und synthetisieren neues Bindegewebe. Gleichzeitig beobachtet man am Wundrand die Sprossung von Kapillaren, was zur Bildung neuer Blutgefässe führt (Angiogenese). Das neue Gewebe in der Wundmitte weist aufgrund seiner erhöhten Zelldichte eine gekörnte Struktur auf, die zur Bezeichung Granulationsgewebe führte. Noch während der Bildung des Granulationsgewebes in der Mitte der Wunde beginnt an den Wundrändern die dritte Phase der Wundheilung, die Umbauphase. Dieser, sich über mehrere Monate hinziehende Prozess, beinhaltet die Kontraktion der Wunde durch sog. Myofibroblasten, die von Fibroblasten abstammen, den Umbau der extrazellulären Matrix und die Differenzierung der neugebildeten Epidermis, sowie die Verringerung der Zellzahl durch Apoptose. Das wiederhergestellte Gewebe ist im Gegensatz zu Wundheilungsprozessen im Embryo weder ästhetisch noch funktionell perfekt. Es bleibt ein Narbengewebe zurück, das sich durch eine relativ schlecht rekonstruierte Kollagenmatrix (keine Quervernetzung, sondern nur parallele Bündel) und den vollständigen Verlust von Hautanhangsgebilden (Haarfollikel, Talgdrüsen, Schweissdrüsen) deutlich von unverletzter Haut unterscheidet. Wundheilungsphasen I. Inflammatorische Phase Dauer 1.-3. Tag II. Proliferative Phase 2.-15. Tag III. Umbauphase 10. Tag bis Monate Merkmale Bildung eines Fibringerinnsels Freisetzung chemotaktischer Faktoren Einwanderung von Entzündungszellen Reepithelialisierung der Wunde Bildung des Granulationsgewebes Angiogenese Kontraktion der Wundränder Umbau der extrazellulären Matrix Differenzierung der neugebildeten Epidermis Reduktion der Zellzahl durch Apoptose 3 Die verschiedenen in der Wundheilungsablaufenden Prozesse ähneln denen, die bei der Entstehung und dem Wachstum bösartiger Tumore beteiligt sind. So stellte vor mehr als 20 Jahren ein amerikanischer Pathologe (Harold Dvorak) die Hypothese auf, dass Tumore Wunden sind, die nicht heilen. In der Tat findet man sowohl in Tumoren als auch in Wunden gemeinsame Prozesse, wie vermehrte Zellteilung, Wanderung von Zellen, Angiogenese, Lymphangiogenese, vermehrte Ablagerung, Abbau und Umbau von extrazellulärer Matrix, sowie Entzündung. Der Hauptunterschied besteht in dem unkontrollierten und invasiven Wachstum der Tumorzellen, welches durch Mutationen und epigenetische Veränderungen in diesen Zellen verursacht wird. Es ist daher von besonderem Interesse, die molekularen und zellulären Grundlagen von Wundheilung und Krebserkrankungen aufzuklären und die Gemeinsamkeiten sowie insbesondere die Unterschiede zu identifizieren. Proteasen in Wundheilung und Hauttumorigenese Proteasen spielen eine wichtige Rolle in allen Phasen der Wundheilung, um das Eindringen von inflammatorischen Zellen, die Migration von Fibroblasten und Keratinozyten, die Bildung neuer Blutgefässe, die Kontraktion der Wunde und schliesslich die Ausbildung des Narbengeweges zu ermöglichen. Dabei modifizieren sie nicht nur die extrazelluläre Matrix, sondern beeinflussen auch Wachstumsfaktoren und andere Proteasen im Wundmilieu. Durch zahlreiche Studien wurden Proteasen zudem als Hauptmediatoren pathologischer Prozesse in chronischen Wunden identifiziert, zu deren Entstehung sie durch aberrante Prozessierung von Wachstumsfaktoren, Zytokinen und Komponenten der extrazellulären Matrix beitragen. Wie in der Wundheilung werden Proteasen auch stark in Hauttumoren exprimiert und helfen den Tumorzellen im Primärtumor zu überleben sowie in andere Gewebe vorzudringen. Deshalb stellen Proteasen wichtige Angriffspunkte Krebstherapeutika dar. 4 für die Entwicklung neuer Station 1 Histologische Färbung von Wundschnitten und Zellen mit Mayerʼs Hämalaun und Eosin Material jeweils 2 Objektträger mit Schnitten von 1-, 5- und 13-Tage Wunden 2 Objektträger mit kultivierten Zellen (Fibroblasten und Keratinozyten) (insgesamt 8 Objektträger) Färbeprotokoll Entparaffinieren der Wundschnitte Um Wundschnitte mit einer guten Morphologie zu erhalten, wurde das Gewebe zuerst in Paraffin eingebettet und anschliessend am Mikrotom geschnitten. Für die Färbungen werden auf Objektträger aufgezogene Paraffinschnitte verwendet, die vor dem eigentlichen Färbeprotokoll erst nach folgendem Schema entparaffiniert werden: 2x 5 min Roti -Histol (unter dem Abzug) 2 min 100% Ethanol absteigende Ethanolreihe (je 10 sec) 95% - 90% - 80% - 70% - 50% 10 sec dH2O Histologische Färbung der Wundschnitte und der Zellen Bei dieser Färbung werden die Kerne durch Hämalaun blau und die Zytoplasmabestandteile sowie die Bestandteile der extrazellulären Matrix (ECM) durch das Eosin rosa angefärbt. Färbung mit Mayer’s Hämalaun: 1 min Mayerʼs Hämalaun 3×10 sec dH2O Färbung mit Eosin: 30 sec Scott-Wasser (80 mM MgSO4, 20 mM NaHCO3) 10 sec dH2O 10 sec 70% Ethanol (v/v) 5 30 sec Eosin-Lösung (1% Eosin/ 90% Ethanol) 2×10 sec 80% Ethanol (v/v) 2×10 sec 95% Ethanol (v/v) 2×10 sec 100% Ethanol 2×5 min Roti -Histol Die Schnitte werden anschliessend mit Eukitt Mounting-Medium eingedeckelt (unter dem Abzug arbeiten). 6 Station 2 Auswertung der histologischen Färbung von Wundschnitten Betrachten Sie die gefärbten Wundschnitte, die Sie bei Station 2 angefertigt haben, unter dem Lichtmikroskop. Bearbeiten Sie folgende Aufgaben und Fragen für jedes Wundstadium (1-, 5- und 13-Tage Wunde): • Fertigen Sie eine schematische Skizze an. Beachten Sie dabei die verschiedenen Gewebeschichten und beschriften Sie die Skizze. • Wie verändert sich die Dicke des Epithels vom Rand (intakte Haut) zur Mitte (Wunde) des Präparates hin? • Gibt es Unterschiede in der Zelldichte (Zahl der Zellkerne) innerhalb einer Wunde? • Wo findet man Haarfollikel? • Welche Zellbestandteile werden von Hämalaun, welche von Eosin angefärbt? 7 Station 3 Immunfluoreszenz-Färbung mit Antikörpern gegen Fibronektin und Keratin Es wurde eine Immunfluoreszenz-Färbung mit einem Antikörper gegen ein Markerprotein für Keratinozyten (Keratin) und einem Antikörper gegen ein Markerprotein (Fibronektin) für Fibroblasten, Zellen des Bindegewebes, durchgeführt. Zur leichteren Einstellung des Mikroskops wurden die Zellkerne ausserdem mit Hoechst- Fluoreszenzfarbstoff markiert, der in die DNA interkaliert. Die Immunfluoreszenz wurde sowohl auf einem 5-Tages Wundschnitt als auch auf einer Co-Kultur aus Fibroblasten und Keratinozyten durchgeführt. Betrachten Sie die gefärbten Co-Kulturen und den Wundschnitt unter dem Fluoreszenzmikroskop. Bearbeiten Sie folgende Aufgaben und Fragen: • Nehmen Sie folgende Bilder auf und überlagern (nur Zellkulturen) Sie die Bilder: Cy2 Cy3 Hoechst (grün) (rot) (blau) Übersicht über einen Wundrand Keratin 6 Färbung - alle Zellkerne Übersicht über einen Wundrand - Zellkulturen Fibronektin Färbung Pan-Keratin Fibronektin Färbung Färbung alle Zellkerne alle Zellkerne • Was sind Keratine, was ist Fibronektin? • Welche Zellen exprimieren Keratin, welche Fibronektin? • In welchen zellulären Strukturen sind Keratin und Fibronektin lokalisiert? • Welche Strukturen färbt der Hoechstfarbstoff? 8 Station 4 Auswertung H/E-Färbung einer Fibroblasten und Keratinozyten Co-Kultur Material Fibroblasten und Keratinozyten wurden auf einem Objektträger, der in einer Kulturschale liegt, kultiviert. Die Zellen wurden auf dem Objektträger fixiert und anschliessend mit Mayer’s Hämalaun und Eosin gefärbt. Auswertung Betrachten Sie die gefärbten Co-Kulturen unter dem Lichtmikroskop. Bearbeiten Sie folgende Aufgaben und Fragen: • Fertigen Sie eine schematische Skizze von den unterschiedlichen Zelltypen an und beschriften Sie die Skizze. • Welche Unterschiede gibt es im Aussehen den Keratinozyten und den Fibroblasten? 9 Station 5 Auswertung der histologischen Färbung von Hauttumoren Zur Untersuchung der Tumorgenese in der Haut wird häufig das Modell der 2-Stufen Karzinogenese verwendet. In diesem Modell werden die Mäuse zunächst rasiert und dann einmal topisch mit dem Mutagen DMBA (Dimethylbenzanthracen) behandelt. Hierdurch kommt es zu Mutationen in der DNA der Keratinozyten, wobei Mutationen im ha-ras Protoonkogen von besonderer Bedeutung sind. Anschliessend wird die Haut einmal pro Woche mit dem Phorbolester TPA behandelt, wodurch es zur Hyperproliferation der Keratinozyten kommt. Im Laufe von 10-20 Wochen entwickeln sich dann gutartige Papilloma (Warzen), von denen ein geringer Prozentsatz maligne entartet. Nach einigen weiteren Wochen kommt es in diesem Fall zur Entwicklung von bösartigen Plattenepithel-Karzinomen. Material Gutartige Papillome und bösartige Plattenepithel-Karzinome wurden zuerst fixiert, dann in Paraffin eingebettet und anschliessend am Mikrotom geschnitten. Anschliessend wurden die Schnitte mit Mayer’s Hämalaun und Eosin gefärbt. Auswertung Betrachten Sie die gefärbten Präparate unter dem Lichtmikroskop. Vergleichen Sie die Histologie des gutartigen Papilloma mit der des bösartigen Karzinoms und bearbeiten Sie folgende Aufgaben und Fragen: • Wie ist die Form der Tumore? • Ist die Differenzierung der Keratinozyten in den Tumoren verändert? • Welche Unterschiede gibt es im invasiven Wachstum der Zellen zwischen dem gutartigen Papillom und dem bösartigen Karzinom? • Fertigen Sie eine schematische Skizze von den beiden Tumoren an und achten Sie dabei auf die Ausbildung von Blutgefässen und die Anwesenheit von Entzündungszellen. 10 Station 6 Detektion proteolytischer Aktivität in Wunden und Hauttumoren Erhöhte Proteaseaktivität in Lysaten von Wund- und Tumorgewebe kann mit Hilfe von fluoreszenz-basierten Substrat-Assays nachgewiesen werden. Dabei schneiden aktive Proteasen ein Peptid (Substrat) und setzen Fluoreszenz-markierte Fragmente frei, die im Fluoreszenz-Reader gemessen werden können. Die nach einer bestimmten Inkubationszeit freigesetzte Fluoreszenz-Intensität ist ein Mass für die Proteaseaktivität in der Probe. Material Proben: Kontrolle, normale Haut, Wunde, Tumor Substrat-Lösung (3 µM Mca-Pro-Leu-Gly~Leu-Dpa-Ala-Arg-NH2 Peptid) Stop-Lösung (100 mM EDTA) Microtiter-Platte Fluoreszenz-Reader Durchführung - Proben nach folgendem Schema in Microtiter-Platte pipettieren A1 - 100 µl Kontrolle A2 - 100 µl Kontrolle B1 - 100 µl normale Haut B2 - 100 µl normale Haut C1 - 100 µl Wunde C2 - 100 µl Wunde D1 - 100µl Tumor D2 - 100 µl Tumor - zu allen Wells möglichst zügig 100 µl Substrat-Lösung hinzupipettieren - Platte 30 min im Dunkeln inkubieren - zu allen Wells 20 µl Stop-Lösung hinzupipettieren - Fluoreszenz (Exzitation: 320 nm, Emission: 405 nm) im Fluoreszenz-Reader messen Auswertung - Erstellung eines Bar Graph-Diagrammes zur Protease-Aktivität in den gemessenen Proben 11 Station 7 Theoretischer Teil: Einführung in die Forschungsprojekte der Abteilung Sicher möchten Sie nicht nur neue Methoden lernen, sondern auch etwas über die Forschung der Gruppen erfahren, in denen Sie Ihr Praktikum absolvieren. Wir möchten Ihnen daher einen kleinen Einblick in die generelle Forschungsrichtung sowie in einige spezifische Forschungsprojekte geben. Dies beinhaltet sowohl den wissenschaftlichen Hintergrund, als auch die Methoden, die wir für die Beantwortung unserer Fragestellungen einsetzen. Fragen zu unseren Arbeiten sind besonders erwünscht! Viel Spass beim Praktikum wünscht die Arbeitsgruppe Werner 12