iStockphoto / Thinkstock Zertifizierte Fortbildung für Apotheker Dermatologie Richtig beraten bei Hautkrankheiten Bei Fragen zur Hautpflege und zu Problemen mit der Haut suchen viele Patienten zuerst Rat in der Apotheke. Hier steht eine Vielzahl von Präparaten zur Selbstbehandlung von Entzündungen und Infektionen, beispielsweise mit Pilzen oder Herpesviren, zur Verfügung. Unterstützende Hautpflegemittel sind vor allem bei Neurodermitis und Psoriasis gefragt. pharma rundschau Januar 2013 Seite 28www.apotheke-aktuell.com Zertifizierte Fortbildung für Apotheker Fortbildungspunkte für Apotheker D ie Haut (Cutis) besteht aus der Oberhaut (Epidermis), der Lederhaut (Dermis, Corium) und der Unterhaut (Subkutis). Die Epidermis enthält vor allem Hornzellen, die Keratinozyten. Diese werden in der untersten Schicht, der Basal- oder Keimschicht (Stratum basale oder germinativum), gebildet und gelangen im Verlauf von rund 28 Tagen an die Oberfläche. Dabei lagern sie Keratin ein und bilden nacheinander die Stachelzellschicht (Stratum spinosum), die Körnerschicht (Stratum granulosum) und die Glanzschicht (Stratum lucidum). Die verhornten Keratinozyten sterben ab und werden schließlich als Hornschicht (Stratum corneum) an die Oberfläche geschoben, wo sie in Form von Hautschüppchen abschilfern. Die Keratinozyten sind dabei in eine Matrix aus speziellen Lipiden eingebettet; die wichtigsten davon sind Ceramide, freie Fettsäuren und Cholesterin. Im unteren Bereich der Epidermis befinden sich außerdem Pigmentzellen (Melanozyten) und Langerhans-Zellen der Immunabwehr. Die unter der Epidermis liegende Dermis (Lederhaut) enthält hauptsächlich Bindegewebsfasern aus Kollagen und Elastin, die für die Elastizität und Festigkeit der Haut verantwortlich sind. Hier befinden sich außerdem Schweiß-, Talg-, Duft- und Milchdrüsen, Blutgefäße, Nervenzellen für Druck-, Tast-, Vibrations-, Temperatur- und Schmerzempfindung sowie Zellen der Immunabwehr wie Mastzellen und Lymphozyten. Unterhalb der Lederhaut befindet sich die Unterhaut (Subkutis), die aus lo- www.apotheke-aktuell.com Die richtige Pflege Zu verschiedenen Tageszeiten sind die Hautzellen unterschiedlich aktiv. Vormittags produziert die Haut die größten Mengen an Talg, sodass jetzt die Hautbarriere am stärksten ist. Als Folge können reizende Stoffe und Allergene nicht so leicht eindringen und die Haut schädigen. Tagsüber kann zur Hautpflege ein leichtes Produkt verwendet werden, beispielsweise eine Öl-in-Wasser-Emulsion, die auch feuchtigkeitsbindende Faktoren enthalten kann. Zum Schutz vor den UV-Strahlen der Sonne sollte in der Tagespflege ein chemischer Lichtschutz enthalten sein. Nachts ist die Haut besonders gut durchblutet, viele Regenerationsprozesse laufen jetzt auf Hochtouren. Zu dieser Zeit vermehren sich die sichtbaren Zellen der obersten Hautschicht, die Keratinozyten. Außerdem werden in der Dermis Kollagen, Elastin und Hyaluronsäure synthetisiert, welche die Haut straff, elastisch und glatt aussehen lassen. Diese Regenerationsprozesse werden am besten durch eine reichhaltige Nachtcreme unterstützt; gut geeignet sind Wasser-in-Öl-Emulsionen. Auch hautregenerierende Wirkstoffe können ihre Aktivität jetzt besonders gut entfalten: Weil nachts die Hautbarriere am schwächsten ist, können sie jetzt in die Haut eindringen und in den tieferen Hautschichten die Regeneration unterstützen. Andererseits laufen nachts auch Entzündungsprozesse auf Hochtouren. Daher leiden Menschen mit empfindlicher Haut, wie Neurodermitiker, nachts am stärksten unter Juckreiz. zenfetten mit der Nahrung aufgenommen werden, werden in die Hautzellen eingebaut und verbessern so das Hautbild. Besonders wichtig ist die GammaLinolensäure, ein natürlicher Bestandteil des Hautfetts. Reichlich enthalten ist sie beispielsweise in Nachtkerzen- oder Borretschsamenöl. Diese Öle können äußerlich in Form von Salben und Cremes verwendet werden, verbessern die Hautstruktur aber auch von innen, wenn sie regelmäßig verzehrt werden. Daneben unterstützen zahlreiche Nahrungsstoffe die Hautfunktion: l Die essenzielle schwefelhaltige Ami- nosäure L-Methionin wird für den Aufbau der Haut und das Wachstum der Haare benötigt. Aus ihr wird im Körper L-Cystin als wichtiger Baustein für Keratin hergestellt. Bei diesem Syntheseschritt spielt Vitamin B6 (Pyridoxin) eine wichtige Rolle. l Vitamin B7 oder H (Biotin) kann das Wachstum von Fingernägeln, Haaren und Hautzellen fördern. l Vitamin E wirkt antioxidativ und schützt die Zellmembran gegen freie Radikale. l Vitamin C (Ascorbinsäure) ist an der Kollagensynthese für die Bildung von Bindegewebsfasern und die Wundheilung beteiligt. l Vitamin A fördert die Neubildung von Hautzellen. Ein Mangel kann unter anderem zu trockener Haut führen. Vita- Hemera / Thinkstock Von der Bundesapothekerkammer zertifiziert: ckerem Bindegewebe und Unterhautfettgewebe besteht und größere Lymphund Blutgefäße enthält. Nährstoffe und Vitamine für die Haut Ungesättigte Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren, die in Fischöl und Pflan- Januar 2013 Seite 29 pharma rundschau iStockphoto / Thinkstock Valueline / © IS Stock / Thinkstock Zertifizierte Fortbildung für Apotheker min-A-Derivate, die Retinoide, werden zur topischen Behandlung von Akne und Psoriasis eingesetzt; außerdem sollen sie der Hautalterung vorbeugen. l Bei einem Mangel an Zink wird die Haut trocken und es kommt zu Haarausfall. In diesem Fall kann die zusätzliche Einnahme des Spurenelements für Haut und Haare empfohlen werden. Antimykotika zur Selbstmedikation Zu den häufigsten Hauterkrankungen, bei denen Rat in der Apotheke gesucht wird, gehören Pilzerkrankungen. Pilzsporen werden über Hautschüppchen von Mensch zu Mensch übertragen. Sie heften sich an die Hornschicht der Epidermis an, gelangen durch kleine Risse und Verletzungen in tiefere Schichten und keimen dort aus. Durch die Ausbreitung in der Hornhaut, den Haarfollikeln und ins umgebende Bindegewebe kommt es zu Jucken und Brennen. Dabei werden oft auch weißliche Bläschen auf der obersten Hautschicht sichtbar. Eine Pilzinfektion der Haut kann aber auch unauffällig bleiben. pharma rundschau Der Fußpilz (Tinea pedis) wird in über 90 Prozent der Fälle durch Dermatophyten (Fadenpilze) ausgelöst, seltener durch Hefe- oder Schimmelpilze. Fadenpilzinfektionen werden meist als kreis- oder girlandenförmiger Belag auf der Haut sichtbar. Unbehandelt kann sich eine Pilzinfektion von den Füßen aus auch auf die Nägel der Zehen und Finger oder andere Hautstellen ausbreiten, beispielsweise die Leistenbeugen. Mykosen der Schleimhäute werden meist durch Pilze der Gattung Candida hervorgerufen, insbesondere durch Candida albicans. Candida-Arten zählen zu den Hefe- oder Sprosspilzen und gehören zu den fakultativ pathogenen Erregern. Das bedeutet, dass sie bei vielen Menschen auf den Schleimhäuten, im Genitalbereich und im Verdauungstrakt vorkommen, ohne Beschwerden zu verursachen. Bei Störungen der Immunabwehr können sich die Pilze vermehren, in das Gewebe einwachsen und Candidamykosen im Mund, auf der Vaginalschleimhaut und auf der Eichel hervorrufen. Eine Candidainfektion der Mundhöhle wird auch als Stomatitis candidomycetica oder Soor bezeichnet. Dabei erscheint auf den geröteten Schleimhäuten ein weißlicher, abwischbarer Belag. Bei der vaginalen Geburt können die Hefepilze von der Mutter auf die Haut des Neugeborenen übertragen werden, von wo aus sie Mundhöhle und Intestinaltrakt besiedeln und eine Mundoder Anogenitalcandidose auslösen. Im Rahmen von Vorsorgeuntersuchungen werden deshalb ab der 34. Schwanger- schaftswoche Pilzkulturen angelegt; gegebenenfalls wird eine antimykotische Therapie empfohlen. Candidamykosen werden durch verschiedene Faktoren begünstigt, unter anderem durch Kontrazeptiva und weitere Hormonpräparate, aber auch durch Erkrankungen wie Diabetes mellitus. Zu den begünstigenden Arzneimitteln zählen Antibiotika, welche die konkurrierende Bakterienflora schädigen, Glucocorticoide und Zytostatika, die das Immunsystem beeinträchtigen. Bei Verdacht auf eine Mykose wird ein entsprechendes Präparat unter dem Mikroskop untersucht; dabei werden in der Regel die Hyphen sichtbar. Den endgültigen Nachweis über die Art des Erregers erbringt die Pilzkultur. Da diese aufwändig und langwierig ist, wird mit der Therapie normalerweise vor der oder auch ohne die Bestimmung des Erregers begonnen, denn die meisten Antimykotika haben ein breites Wirkspektrum. Bei Mykosen der Haut und der Nägel werden Azole, die Allylamine Naftifin und Terbinafin sowie das Morpholin Amorolfin eingesetzt. Diese Antimykotika hemmen auf verschiedene Weise die Biosynthese von Ergosterol, einen für die Zellwand von Pilzen essenziellen Bestandteil, der im Organismus von Säugetieren nicht vorkommt. Azol-Antimykotika enthalten als gemeinsames Merkmal ein N-substituiertes Imidazol oder Triazol. Sie hemmen die Ergosterol-Biosynthese in der Pilzzellmembran und wirken vorwiegend auf proliferierende Pilzzellen fungistatisch, wobei die Wirkung relativ langsam einsetzt. Januar 2013 Seite 30www.apotheke-aktuell.com Zertifizierte Fortbildung für Apotheker iStockphoto / Thinkstock Azole haben ein breites Wirkspektrum. Zur Behandlung von Hautpilzen müssen Clotrimazol, Miconazol, Econazol und Tioconazol in der Regel zweimal täglich aufgetragen werden; zur einmal täglichen Anwendung eignen sich Bifonazol und Oxiconazol. Zur Behandlung der Vaginalmykose werden vor allem Clotrimazol und Miconazol eingesetzt. Das Allylamin Terbinafin wirkt lokal gegen viele Hautpilzarten. Bei Fußpilz wird eine Creme ein- bis zweimal täglich eine Woche lang aufgetragen. Verwandte Substanzen sind Tolnaftat und Naftifin, die ein schmaleres Wirkungsspektrum besitzen als Terbinafin. Ciclopiroxolamin wird ebenfalls bei Pilzerkrankungen der Haut und der Schleimhäute lokal eingesetzt. Es hemmt in der Pilzzelle die Produktion von Katalase, wodurch toxisches Peroxid nicht mehr metabolisiert werden kann, sich anhäuft und die Pilzzellen schädigt. Die Makromoleküle Amphotericin B, Nystatin und Natamycin erhöhen die Durchlässigkeit der Pilzzellmembran. Die amphiphilen Substanzen lagern sich in die Membran ein, bilden dort Poren und durchlöchern die Membran, sodass Zellbestandteile austreten können. Sie werden zur Behandlung unterschiedlicher Pilzinfektionen, unter anderem mit Candida albicans oder Aspergillus fumigatus, eingesetzt. Da sie auch an andere Sterine des Wirtsorganismus binden www.apotheke-aktuell.com können, beispielsweise an Cholesterin, sind diese Arzneistoffe bei parenteraler Verabreichung relativ toxisch. Nystatin und Natamycin werden nur lokal verwendet, Amphotericin B kann außerdem bei schweren invasiven Infektionen infundiert werden. Wenn eine lokale Therapie nicht ausreichend wirksam ist, beispielsweise bei ausgedehntem Befall, dem Befall tieferer Hautschichten und der Nägel, können die Antimykotika Terbinafin, die Azole Itraconazol und Fluconazol sowie Griseofulvin systemisch angewendet werden. Griseofulvin hemmt die Biosynthese des Zellwandbestandteils Chitin und stört die Funktion der Mikrotubuli. Herpes labialis: Abheilung beschleunigen Der Auslöser des Herpes labialis, des Lippenherpes, ist das Herpes-simplex-Virus vom Typ 1 (HSV-1). Das Virus wird über den Speichel übertragen, beispielsweise beim Niesen, Sprechen und Küssen, oder auch als Schmierinfektion, zum Beispiel beim gemeinsamen Benutzen eines Trinkglases. Die meisten Menschen stecken sich bereits im Kindesalter mit HSV-1 an. In Deutschland haben mehr als 90 Prozent der Erwachsenen Antikörper gegen das Virus des Typs 1, beim Typ 2 sind es zehn bis 30 Prozent. Bei der Mehrzahl bleibt das Virus inapparent und es bilden sich keine Symptome aus. Bei 20 bis 40 Prozent der Infizierten führen die Herpesviren jedoch zu rezidivierenden Hauterkrankungen. Das Herpes-simplex-Virus vom Typ 2 wird im späteren Lebensalter beim Geschlechtsverkehr erworben. Dieser Virustyp befällt insbesondere die Schleimhäute im Genitaltrakt und verursacht einen Herpes genitalis. Bei der Infektion befallen die Viren zunächst die Schleimhäute von Mund und Rachen (HSV-1) oder des Genitaltrakts (HSV-2). Sie vermehren sich in den Epithelzellen, vor allem in den Bereichen am Übergang von Schleimhaut zu normaler Haut. Bei der Ausbreitung zerstö- ren sie die Wirtszellen und setzen neue Virionen frei. Bemerkbar macht sich die Erkrankung mit Schmerzen, Kribbeln, Brennen und einem Spannungsgefühl in der Haut. In dieser Prodromalphase ist die Haut noch intakt. Anschließend entzündet und rötet sie sich, dann erscheinen schmerzhafte Papeln, die sich zu flüssigkeitsgefüllten Bläschen vergrößern. Deren Sekret enthält hohe Viruskonzentrationen und ist äußert infektiös. In der Ulzerationsphase brechen die Vesikel auf und verschmelzen miteinander, wobei sich schmerzhafte, nässende Wunden bilden. Diese werden dann von stark juckenden Krusten und Schorf überdeckt und heilen im Verlauf von sieben bis zehn Tagen ohne Narbenbildung ab. Nach einer solchen Attacke wandert das Virus von der Haut über Nervenbahnen zu den Nervenwurzeln, den Ganglien. Hier integriert es sein genetisches Material in Form von DNA in die Zellkerne, wodurch es für das Immunsystem unangreifbar wird (Latenz). Aus diesem Grund heilt eine Infektion mit dem Herpesvirus nie aus und das Virus kann jederzeit wieder aktiv werden. Dann wandert es aus dem Ganglion zurück in die Haut und löst dort die typischen Symptome aus. Zu einer solchen Reaktivierung können unterschiedliche Faktoren beitragen: Sonnenbestrahlung, Stress, fieberhafte Infekte (Herpes febrilis, »Fieberbläschen«) oder hormonelle Veränderungen, beispielsweise kurz vor oder während der Menstruation oder in der Schwangerschaft. Auch Menschen mit einem geschwächten Immunsystem, beispielsweise nach einer Chemotherapie oder Aids-Patienten, sind gefährdet. Von der Bundesapothekerkammer zertifiziert: Fortbildungspunkte für Apotheker Januar 2013 Seite 31 pharma rundschau