Klinische Neurobiochemie Was eine Blutprobe über das Gehirn verrät Ist eine Liquoranalytik ohne Liquor denkbar? 18 menge wird also alle fünf bis sechs Stunden ausgetauscht, so dass alle Inhaltsstoffe – einschließlich der Gehirn-Marker – auch im Blut vorhanden sind. Da der menschliche Körper etwa 3000 Milliliter Blutflüssigkeit enthält – die Blutzellen einmal abgerechnet – werden die Liquorspuren im Blutgefäßsystem sehr stark verdünnt. Ist die Liquoranalytik schon schwierig genug, so treibt Liquoranalytik im Blut die Anforderungen an die Empfindlich- Beim Untergang von Nervenzellen oder bei Entzündungen im zentralen Nervensystem tauchen im Liquor bestimmte neurochemische Substanzen auf, die als Indikatoren für diese Prozesse dienen und deshalb „Prozess-Marker“ genannt werden. Zwei gängige Marker für den Untergang von Gehirnzellen sind S-100B und NSE (neuronenspezifische Enolase), die aus den zerstörten Nervenzellen in den Liquor gelangen. Die Ursachen können vielfältig sein und reichen von Sauerstoffmangel und Schlaganfall über verschiedene Formen der Demenz bis hin zu Schädelverletzungen und Hirntumoren. S-100B ist ein kleines Molekül aus Nervenstützzellen, das dort zusammen mit einer Variante der Creatinkinase (Isoenzym CK-BB) vorkommt. NSE ist ein größeres Molekül, das in Neuronen gefunden wird. Bei der Routinediagnostik von neurologischen Intensiv-Patienten, die täglich im Funktionsbereich keit und Genauigkeit der Methoden noch einmal um mehr als den Faktor Tausend in die Höhe. Andererseits sind die Nachweismethoden der Laboratoriumsmedizin in den letzten Jahren derart verbessert worden, dass Tilmann Kleines Traum nicht völlig verwegen erscheint. In den Labors des Funktionsbereichs Neurochemie lässt sich mitverfolgen, wie weit und verschlungen der Weg bis zu diesem Ziel ist. Innere Liquorräume Foto: K13 / Wegst Grafik: Thimm / Kleine Liquor cerebrospinalis heißt der ganz besondere Körpersaft, mit dem sich Tilmann O. Kleine, Professor für Klinische Neurobiochemie und Klinische Chemie im Zentrum für Nervenheilkunde, beschäftigt. Das Gehirn enthält Kammern, die mit diesem „Nervenwasser“ gefüllt sind, und überdies ist das gesamte zentrale Nervensystem in Liquor gelagert. Vom Blutgefäßsystem ist das Gehirn durch die so genannte BlutHirn-Schranke abgetrennt, die nur wenige Substanzen durchlässt. Wer nach Anzeichen (Markern) von pathologischen Vorgängen im Gehirn sucht, wird also eher in dieser farblosen, wasserklaren Flüssigkeit fündig werden als im Blut. Krankheiten, wie die gefürchtete Enzephalitis oder Meningitis (Entzündungen des Gehirns und seiner Häute), lassen sich eindeutig nur durch die Analyse des Liquors diagnostizieren. Leider ist Liquor nicht einfach zu gewinnen. Zwischen den Lendenwirbeln hindurch muss der Rückenmarkskanal mit einer Spezialkanüle angestochen werden. Eine Liquorprobe ist also wertvoll und kann nicht beliebig oft beschafft werden. Außerdem ist seine Analyse kompliziert: Im Vergleich zum Blut sind die meisten Substanzen in einer 100- bis 10 000-fach geringeren Konzentration vorhanden, so dass die Liquoranalytik besonders hohe Ansprüche an die Empfindlichkeit der Methoden stellt. Dazu kommt, dass etwa die Hälfte aller Proben verschieden stark mit Blut verunreinigt sind, das bei der Entnahme aus dem Rückenmarkskanal in die Kanüle geraten ist. So wertvoll die einmaligen Liquordaten aus den Labors der Neurochemie auch sind, so unbefriedigend ist die aufwändige Gewinnung des Ausgangsmaterials Liquor. Tilmann Kleine schwebt deshalb als Fernziel eine „Liquoranalytik ohne Liquor“ vor. Das müsste prinzipiell möglich sein, weil Liquorräume und Blutgefäßsystem nicht völlig gegeneinander abgedichtet sind. Der Liquor entsteht aus dem Blut durch Filtration in die Gehirnkammern, von wo er durch mehrere Öffnungen in die äußeren Liquorräume fließt. Von den 130 Millilitern Liquor sickern dort pro Minute etwa 0,4 Milliliter in das Blutgefäßsystem zurück. Die gesamte Liquor- Äußere Liquorräume BlutLiquor-Schranke Das zentrale Nervensystem wird von 100 bis 150 Millilitern Liquor durchund umspült. In den dunkelgrau dargestellten Bereichen des Gehirns wird die wasserklare und farblose Flüssigkeit aus dem Blut abfiltriert. Die äußeren Liquorräume sind zum Körper mit seinem Blutgefäßsystem hin mit einer Zellschicht abgedichtet (durchgezogene, grüne Linie). Weitere Schranken (gestrichelt) grenzen das zentrale Nervensystem gegen den Körper ab. Liquorproben werden in der Regel am untersten Punkt des Rückenmarkkanals (hier verkürzt gezeichnet) durch eine Lumbalpunktion gewonnen. Aus den äußeren Liquorräumen entweichen ständig geringe Mengen in das Blutgefäßsystem (Pfeile), so dass sich prinzipiell auch die Möglichkeit einer „Liquoranalytik“ mit Blutproben eröffnet. An einem Skelett im Museum anatomicum wird deutlich, wie schwierig die Gewinnung von Liquor ist. Bei einer Lumbalpunktion wird zwischen den Lendenwirbeln hindurch der Rückenmarkskanal mit einer Kanüle angestochen. Foto: K13 / Wegst Der Mann geht am Stock, weil es durch verschiedenerlei Ursachen – wie Schlaganfall, Parkinsonsche Krankheit, Multiple Sklerose, Verletzungen und anderes mehr – zu Ausfällen in Nervenbahnen seines Bewegungsapparats gekommen ist. Bei diesen Krankheitsprozessen werden Nervenzellen geschädigt, die daraufhin bestimmte neurochemische Substanzen freisetzen. Sie können im Liquor und teilweise auch im Blut nachgewiesen werden. Neurochemie in großem Umfang durchgeführt wird, fielen erhöhte CK-Aktivitäten im Blut auf, die zumindest teilweise durch den Austritt von CK-BB aus dem Gehirn ins Blut hätten verursacht sein können. Nach der Zerstörung von Gehirnzellen hätten dann außerdem der Gehalt von NSE und S-100B im Blut erhöht sein müssen. Im völligen Widerspruch dazu stehen Ergebnisse von Untersuchungen an einer bestimmten Patientengruppe, bei der im Blutserum nur die S-100B-Konzentration neben der Creatinkinase-Aktivität deutlich erhöht war. Zu dieser Gruppe gehörten Patienten nach mehreren epileptischen Anfällen oder schweren Schlaganfällen, die lange bewusstlos gelegen hatten, sowie Patienten, die auf einer Intensivstation intubiert worden waren. Tilmann Kleine hat die Idee, dass bei diesen Patienten S-100B nicht nur aus dem zentralen Nervensystem kommen könnte. Da diese Substanz auch in Fett- und Knorpelgewebe gefunden wird, könnte sie durch Beschädigung dieser Gewebe freigesetzt werden, so zum Beispiel durch Quetschung oder Intubieren. Damit erscheint S-100B als Marker für eine „Liquoranalytik“ im Blut „Perforine“ aktiviert, welche die Zellwand durchlöchern und damit Zellen zerstören. Gehirn und Rückenmark bestehen nicht nur aus Nervenzellen, sondern auch aus so genannten „Gliazellen“, die ebenso zahlreich sind. Weil man lange Zeit nichts Rechtes mit diesen Zellen anzufangen wusste, wurde ihnen die Funktion einer Stütze für Nervenzellen zugeschrieben. Inzwischen ist klar, dass die Glia Teil eines hirneigenen Immunsystems ist und unter anderem bei Infektionen Faktoren des Komplementsystems freisetzen kann. Rätselhaft aber blieb, wie das Komplementsystem im Liquor aktiviert wird, erzählt Tilmann Kleine. Es lag nahe, dass bei einer Infektion des Gehirns, die sich als Meningitis oder Enzephalitis äußert, Proteasen im Liquor aktiviert werden. Damit dürfte der Proteinabbau das Startsignal für die Aktivierung des Komplementsystems liefern. Tatsächlich konnte in einer Doktorarbeit aus dem Funktionsbereich Neurochemie nachgewiesen werden, dass die Aktivität verschiedener Proteasen im Liquor bei diesen Entzündungen erhöht war, doch leider ergab sich kein deutlicher Zusammenhang ungeeignet. Aber auch NSE kann aus anderen Quellen als Nervenzellen stammen, zum Beispiel aus roten Blutkörperchen (Erythrozyten) und bei deren Zerfall im Blutserum vermehrt nachweisbar werden. Suche nach Markern bei Entzündungen War früher die Einteilung in Gehirnuntergang einerseits und Entzündungen andererseits unumstritten, so ist inzwischen deutlich geworden, dass auch bei der Alzheimerschen Krankheit, dem ParkinsonSyndrom und der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit – die heute als menschliche Form des „Rinderwahnsinns“ (BSE) das Interesse fesselt – entzündliche Vorgänge beteiligt sind. Eine „reine“ Demenz als Folge eines Untergangs von Nervenzellen scheint es nicht zu geben. Entzündung ist ein anderes Wort dafür, dass das Immunsystem aktiv wird. Eine besonders scharfe Waffe im Arsenal der körpereigenen Abwehr ist das Komplementsystem. Am Ende einer biochemischen Kaskade mit Aktivierung vieler spezifischer proteinabbauender Enzyme (Proteasen) werden so genannte Kooperationen Der Funktionsbereich Neurochemie arbeitet zusammen mit: •Prof. Dr. S. Bien, Abteilung Neuroradiologie, Medizinisches Zentrum für Nervenheilkunde der Universität Marburg •Dade Behring Marburg GmbH, Marburg •Dr. C. Graser, Nervenarzt, Marburg •Dr. R. Lehmitz, Liquor-Zentrallabor, Nervenklinik der Universität Rostock •Dr. C. Nassabi, Byk-Santec Diagnostica GmbH, Dietzenbach •Prof. Dr. G Sturm, Leiter der Laboratorien im Medizinischen Zentrum für Frauenheilkunde und Geburtshilfe der Universität Marburg •Priv. Doz. Dr. G. Zilow, Leiterin der Transfusionsmedizin der Universitätskliniken Freiburg •P. Zöfel, Hochschulrechenzentrum, Universität Marburg •Dr. P. Zwerenz, DPC Biermann, Bad Nauheim 19 Foto: K13 / Wegst Wird die Hirndurchblutung durch einen Gefäßverschluss um mehr als 85% vermindert, entsteht ein ischämischer Hirninfarkt. Von den Hirnzellen wird unter Sauerstoffnot vermehrt die L-Form der Milchsäure gebildet, die im Liquor nachweisbar ist, und Ionen treten aus, was eine Schwellung der Gliazellen verursacht (cytotoxisches Hirnödem). Durch den Schlaganfall tritt eine Störung der Blut-Hirn-Schranke auf, die zum Flüssigkeitsaustritt aus den Blutgefäßen in das Hirngewebe führt. In der Magnet-Resonanz-Tomographie (MRT) wird dadurch das Signal aus einer Hirnwindung im Schläfenlappenbereich angehoben (siehe Pfeil 1). Das Hirngewebe erscheint grau-schwarz; die inneren und äußeren Liquorräume weiß (Pfeile 2 und 3). Foto: Neuroradiologie / Bien Klinische Neurobiochemie Das computertomographische Bild (CT) zeigt einen hoch bösartigen, hirneigenen Tumor im Schläfenbereich des Gehirns (siehe Pfeile 1 und 2). Wenig ist über die Entstehung eines Hirntumors bekannt. Je nach Lokalisation kann es auch zu epileptischen Anfällen, Bewusstseinsstörungen und anderen Ausfallserscheinungen kommen. Der erhöhte Bedarf der rasch wachsenden Tumorzellen an Glukose und Sauerstoff führt einmal zu vermehrter Bildung der L-Form der Milchsäure, die sich im Liquor nachweisen lässt; zum anderen zur Neubildung von Gefäßkapillaren, die keine Blut-HirnSchranke haben. Dadurch kann ins Blut eingebrachtes Kontrastmittel aus dem Blut in das Tumorgewebe dringen (im CT weiß dargestellt; siehe Pfeile 1 und 2). Neben Tumorzellen gehen auch Hirnzellen zugrunde und zerfallen, was zu einem Austritt von Hirnmarkern in den Liquor führt. An die Stelle der zerfallenen Tumorzellen treten Wasseransammlungen (im CT-Bild schwarz dargestellt). Die lokale Ansammlung von Milchsäure macht die Blut-Hirn-Schranke undicht; es tritt vermehrt Wasser aus dem Blut in den Extrazellularraum des Gehirns (vasogenes Ödem), was zu Dichteveränderungen im CTBild führt (Pfeile 3 und 4). 20 Foto: Neuroradiologie / Bien Schädeldach eines 21-jährigen, der eine Steintreppe hinuntergefallen war, aus dem Museum anatomicum: Die Wucht des Falles war so groß, dass das Schädeldach an einer Stelle eingedrückt worden ist und Knochennähte geöffnet worden sind. Bei diesen ausgeprägten Schädelverletzungen werden auch Nervenzellen geschädigt, und so genannte Marker treten aus den Gehirnzellen in die Liquorräume aus, die sich dort und teilweise auch in Blut nachweisen lassen. Durch den lokalen Sauerstoffmangel wird vermehrt die L-Form der Milchsäure gebildet. Wenn überdies Bakterien einwandern, kann eine Entzündung entstehen, die schlimmstenfalls zur gefürchteten Meningitis oder Enzephalitis führt. Demenz Gehen Nervenzellen in der Hirnrinde zugrunde, zum Beispiel durch die Aktivierung von Immunprozessen, nimmt die Gehirnsubstanz ab. Der Patient weist Störungen der Gedächtnisleistung auf, sowie der Kritikfähigkeit, der Auffassungsgabe, des logischen Denkens und bei der Bewältigung von Alltagsproblemen. Fotos: Neuroradiologie / Bien Neurochemie wurde festgestellt, dass einige der untersuchten „neuen“ Faktoren hochsignifikant mit dem Milchsäuregehalt im Liquor korrelieren. Somit reicht das Messen der L-Form der Milchsäure im Liquor offensichtlich aus, um Entzündungsgeschehen im Gehirn zuverlässig zu erfassen. Woraus folgt, dass nicht alles, was in der Diagnostik modern ist, auch angewendet werden muss! Multiple Sklerose verstehen Teufelskreis Der Liquor wird etwa 5 000- bis 10 000mal langsamer umgewälzt als das Blut; deshalb kann eine hohe Milchsäure-Konzentration im Liquor beträchtlichen Schaden im Gehirn anrichten. Gliazellen setzen extrem hohe Mengen an Interleukinen frei, die im Liquor deutlich langsamer als im Blut verdünnt werden. Bei einer tatsächlichen Infektion mag das sinnvoll sein, bei der Multiplen Sklerose wird dadurch ein Teufelskreis in Gang gesetzt, weil Interleukine das übrige Immunsystem alarmieren. Normalerweise lässt die BlutHirn-Schranke beim Menschen etwa jede zweitausendste Immunzelle aus dem Blut in den Liquor durch. Wie im Funktionsbereich Neurochemie gezeigt wurde, passieren bei Gesunden T-Zellen diese Schranke leichter als so genannte Killerzellen; die Antikörper produzierenden B-Zellen kommen praktisch nicht durch. Bei Krankheiten des Gehirns nimmt diese Schrankenwirkung ab. B-Zellen gelangen ins Gehirn, vermehren sich dort in verschiedenen Klonen und schütten Antikörper aus, die mit Hilfe der so genannten „isoelektrischen Fokussierung“ (IEF) bei hohen Spannungen aufgetrennt und immunchemisch nachgewiesen werden. Normalerweise erhält man das gleiche polyklonale Grundmuster von Antikörpern im Blut und Liquor, wie mit einer hochempfindlichen IEF-Mikrotechnik im Funktionsbereich Neurochemie gezeigt Foto: privat Diese Grundlagenforschung mag reichlich abstrakt erscheinen, wird aber plötzlich für das Verständnis des Krankheitsgeschehens bei Multipler Sklerose (Enzephalitis disseminata) interessant. Bei dieser Krankheit wendet sich das Immunsystem gegen einen Teil des eigenen Körpers, nämlich den Isoliermantel, der die Fortsätze der Nervenzellen umhüllt. Inzwischen ist deutlich geworden, dass es nicht die Multiple Sklerose gibt, sondern sich hinter diesem Krankheitsbild verschiedene Krankheitsformen verbergen. Bei einigen von ihnen wurden in Zusammenarbeit mit einer Forschergruppe in Heidelberg Anzeichen gefunden, dass das „alternative“ Komplementsystem aktiviert wird. Die Folgen sind fürchterlich: Anstatt körperfremde Zellen anzugreifen, wendet sich das aktivierte Komplementsystem gegen die Umhüllung der Nervenzellfortsätze, die durchlöchert wird. Die Nervenzelle kann ihre Erregung nicht mehr weitergeben; es treten Lähmungen auf. Teile der zerstörten Zellmembran und Zellinhalt gelangen über den Liquor ins Blut. Normalerweise lernt das Immunsystem vom Körper nichts anderes als intakte Zelloberflächen kennen; deshalb werden diese Zellbestandteile als körperfremd angesehen. In den Lymphknoten des Körpers – ebenfalls Teil des Immunsystems – lösen diese Substanzen Alarmsignale aus, die so genannte B-Zellen aktivieren; diese wandern über die Blut-Hirn-Schranke ins Gehirn und synthetisieren dort Antikörper. Da die Reaktionsschleife über das Blut führt, liegt es auch bei diesen Formen von Multipler Sklerose nahe, die Analytik im Blut zu versuchen in der Hoffnung, die „Liquoranalytik“ zu umgehen. Ein klassischer biochemischer Marker für Entzündungen im Liquor ist die L-Form der Milchsäure. Zu den „neu“ postulierten Markern zählen verschiedene Interleukin-Arten und Wachstumsfaktoren, die alle bei Entzündungen von verschiedenen Zellen gebildet und freigesetzt werden. Im Funktionsbereich Das Modell zeigt wie das Gehirn in der Schädelkapsel gelagert ist. Im Magnet-Resonanz-Tomographie-Bild (MRT) stellt sich die Hirnrinde grau-schwarz dar und der Liquor weiß. Links ein MRTSchnitt durch ein gesundes Gehirn, zum Vergleich ein Schnitt durch die gleiche Ebene des Gehirns mit erweiterten „weißen“ äußeren Liquorräumen als Folge von Substanzverlust an Hirngewebe. Beim Untergang von Hirnzellen treten Marker aus, die im Liquor und teilweise auch im Blut nachgewiesen werden können, zum Beispiel NSE und S-100B. wurde. Im Verlauf von Entzündungen im Gehirn erscheinen zusätzliche Banden im Liquor, die von den B-Zellklonen im Gehirn gebildet werden. Für Multiple-Sklerose-Kranke wäre es wichtig zu wissen, ob man den nächsten Krankheitsschub mit diesen Markern vorhersagen könnte. Leider schwanken die Konzentrationen aller genannten Marker bei Gesunden derartig, dass man keine verwendbaren Normbereiche festlegen kann. Man müsste erst einmal Foto: PhotoDisc zum Komplementsystem. Erst weitere Forschungsarbeiten brachten die Lösung: Spaltprodukte aus der biochemischen Kaskade des Komplementsystems, von denen C3ades-Arg durch einen hochempfindlichen Test nachgewiesen wurde, locken Immunzellen an und lassen das Komplementsystem zu seiner vollen Stärke auflaufen. für jeden Patienten feststellen, was für ihn „normal“ heißt, um daran eine Abweichung festzumachen. Betrachtet man kritisch den heutigen Stand der Wissenschaft, so erscheint die Liquoranalytik im Blut noch als ein Traum. Aber die ersten Ansätze zeigen, dass dieser Weg prinzipiell gangbar sein wird. Je ausgefeilter die Analysenmethoden werden, desto mehr wird man auch aus einer einfachen Blutprobe über Krankheitsprozesse im Gehirn erfahren können. utz Prof. Dr. Tilmann O. Kleine Medizinisches Zentrum für Nervenheilkunde Funktionsbereich Neurochemie Rudolf-Bultmann-Straße 8 35033 Marburg Telefon: 06421 / 28-65211 oder -65298 21