129 Aktivitäten Berlin - eine europäische Stadt Teil 2 bitte scrollen Aktivitäten 129 Teil 2, Seite 1 Berlin - eine europäische Stadt Fortsetzung Rom Florenz Hongkong New York Florenz - aus der dichten und flachen Bebauung ragt stadtbildprägend der Dom aus dem 14. Jahrhundert heraus. Hongkong - nach amerikanischem Vorbild schmücken sich die aufstrebenden asiatischen Metropolen mit immer höheren und extravaganteren Hochhäusern. Die Stadt wächst im Wettlauf Rom - aus dichtem Gassengewirr öffnet sich die Piazza Navona, um Architektenruhm - und wird dabei selbst zur Nebensache. die den Bewohnern und Besuchern der Stadt einen wunderbaren Unten rechts: New York - auf Grund seines auf BlockbebauTreffpunkt bietet. ung ausgerichteten Stadtgrundrisses ist die Stadt der Wolkenkratzer dennoch mit europäischen Städten zu vergleichen. Stilprägend für andere amerikanische Großstädte war jedoch leider nur die Hochhausbebauung. Nach welchem Vorbild sollte sich die Erneuerung Berlins richten? Können Sie heutige Stadtplaner verstehen, die im Innenstadtbereich noch immer breite Straßen und Hochhäuser wünschen? Berlin ist eine europäische Stadt und soll es bleiben! Wenn Sie der gleichen Meinung sind, dann unterstützen Sie das Forum Stadtbild Berlin und gestalten als Bürger Berlins Ihre Stadt aktiv mit! Das Planwerk Innenstadt Los Angeles Merkmale von modernen Großstädten des 20. Jahrhunderts außerhalb Europas Ø faszinierende und dominierende Skyline Ø oft kein historisches Zentrum Ø breite Verkehrsschneisen Ø hohe Bürotürme Ø kalt wirkende Fassaden, vorwiegend Ø aus Glas, Stahl und Sichtbeton Ø Erholungsgebiete weit vor der Stadt Ø Wohnungen meist außerhalb der Innenstadt Ø riesige, meist mit Einfamilienhäusern Ø bebaute Vorstädte Ø aufgelöster Stadtraum. Sie verkörpern als Megacitys des 20. Jahrhunderts einen amerikanischen Typus von Stadt: Oben: Los Angeles - in der Mitte der Stadt erheben sich eindrucksvolle Burotürme. Um das Zentrum herum breitet sich ein scheinbar endloses Meer von Vororten aus. Verbunden wird beides durch vielspurige Highways, die die Stadt zerschneiden. Blick über den Spittelmarkt, die Gertraudenstraße und den Mühlendamm zum Molkenmarkt ... Die Bebauung ist zerstört, doch die Stadtstruktur ist noch deutlich anhand des Straßenverlaufs erkennbar. Aufnahme aus den 60er-Jahren. (bitte weiter blättern) 129 Teil 2, Seite 2 Rechts: Berlins Gründungsort vor seiner Vernichtung. Links: Blick vom Molkenmarkt über den Mühlendamm zur Petrikirche in Alt-Cölln. Daneben: Der Mühlendamm mit dem Sparkassengebäude, rechts davon der Beginn des Molkenmarktes und ein Teil des Nicolaiviertels. Nach links unten führt die Inselbrücke zur Südspitze der Fischerinsel; rechts oben das Berliner Schloss. Inzwischen haben einige Vertreter der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung ein Einsehen mit der geschundenen Stadt. Sie haben endlich erkannt, dass das Gewinnen städtischer Identität nicht zu haben ist, solange das historische Zentrum von Maßstab sprengenden Ost-West-Trassen und flankierenden Hochhausscheiben bestimmt wird. Denn Merkmal eines Stadtzentrums mit Rathaus, Kirchen, Kaufhäusern, Marktplatz, Wohnungen und Kultureinrichtungen ist, dass man es erreicht, dort verweilt, aber nicht nur hindurchfährt. Eine Innenstadt sollte Ort der Begegnung und der Kommunikation sein und nicht nur der praktischen Verkehrsbewältigung dienen. (weiter rechte Spalte) Spittelmarkt 1905: Großstädtischer Verkehr in historisch gewachsenen Strukturen Hier nun einige Vorschläge der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, zusammengefasst im so genannten "Planwerk Innenstadt", für eine Reparatur der Kernstadt an ausgewählten Orten. Ziel ist es, mittels Verdichtung der Bebauung, den alten Stadtgrundriss wieder herzustellen. In dem nachfolgenden jeweiligen Planausschnitt sehen Sie den in den nebenstehenden Fotos gezeigten Bereich durch eine Markierung (schwarzes Rechteck) deutlich gemacht. Die grau eingezeichneten Gebäude zeigen den heutigen Bestand; die noch zu bebauenden Grundstücke sind orange dargestellt. Der Spittelmarkt Spittelmarkt 2007: Heute ist der Platz durch eine Schnellstraße ersetzt worden (Mitte). Der Rückbau der Straße und die Ergänzung der Randbebauung wird wieder erkennbar machen, dass der Spittelmarkt aus einem Teil der Stadtbefestigung entstanden ist. . (bitte weiter blättern) 129 Teil 2, Seite 3 Die Gertraudenstraße Gertraudenstraße in Alt-Cölln (Fischerinsel) um 1900. Im Hintergrund ist die Petrikirche sichtbar. Die Fischerinsel im Jahre 2000. Nur die beiden Altbauten in der Bildmitte und die Gertraudenbrücke. Die gesamte Stadt Cölln einschließlich der Petrikirche wich einer Autobahn (Leipziger Straße). Der Mühlendamm . Der Mühlendamm mit dem Sparkassengebäude auf der T-förmigen Brücke. Nach rechts führt die Inselbrücke zur südlichen Spitze der Fischerinsel. Heute ist dieses damals beliebte Fotomotiv einer 6-spurigen Schnellstraßenbrücke gewichen. Städtisches Leben ist an dieser Stadtautobahn undenkbar; sie schneidet die Innenstadtquartiere um die Nicolaikirche und den Bereich um das Stadthaus (Kloster) in zwei getrennt voneinander existierende Viertel. Das Planwerk Innenstadt will diese Sperre aufheben und auch wieder ein Gebäude auf einer neuen Brücke errichten. . (bitte weiter blättern) 129 Teil 2, Seite 4 Der Molkenmarkt Der historische Molkenmarkt mit Blick auf das Berliner Rathaus um 1901. Der Molkenmarkt heute aus derselben Perspektive (wie linke Abbildung) gesehen: Breite Verkehrsachsen lassen städtisches Leben nicht mehr zu. Rechts: Auch hier sieht das Planwerk Innenstadt die Wiederherstellung des historischen Stadtraumes vor; eine umfangreiche Wohnbebauung dieser innerstädtischen Ödnis soll Urbanität zurück bringen. Was bedeutet modern? Auf den voranstehenden Seiten haben wir Ihnen gezeigt, wie eine Reparatur des Stadtgrundrisses möglich wäre. Wie aber soll die Architektur aussehen? In der Nachkriegszeit setzte sich in der Berliner Architektur nach und nach der Stil der Moderne durch, der seine Wurzeln im Bauhaus der zwanziger Jahre hat. Die Moderne zeichnete sich durch die Abkehr von der Blockbauweise aus und, in deutlicher Abkehr von der Ornament-Überfülle der Kaiserzeit, durch den Verzicht auf jegliches Dekor. In ihrem Konzept ging sie damals von der unzerstörten, extrem dicht bebauten und vorwiegend vom 19. Jahrhundert geprägten Stadt aus. Es entstanden nun komplett neue Siedlungsformen vor den Toren Berlins. Aus dem prächtigen Belle-Alliance-Platz wurde der Mehringplatz ... Märkisches Viertel nur die Friedenssäule in der Platzmitte ist geblieben. (bitte weiter blättern) 129 Teil 2, Seite 5 Mit dem Übertragen ihrer Konzepte auf die dichter bebaute Innenstadt ist die Moderne jedoch gescheitert. Dort zählt nicht ihre nüchterne Formensprache, sondern die nuancierte, detailreiche Fassade, die sich ihrer Umgebung einfügt. Auch hatte sich im Innenstadtbereich die Blockrandbebauung bewährt und fürchterliche Kriegszerstörungen stellten die neue Aufgabe der Stadtreparatur, auf welche die Moderne bis heute keine Antwort findet. Dennoch halten viele Architekten wieter an den längst veralteten Theorien fest aus den Ideen der Moderne ist eine Ideologie geworden. Geschäftshaus von Jürgen Sawade in der Französischen Straße - der strukturlose schwarze Kasten erdrückt optisch den Gründerzeitbau. Die Galeries Lafayette von Jean Nouvel in der Friedrichstraße - sind Glasfassaden wirklich hell und transparent? Einzig das Hotel Adlon stellt sich gegen den Allmachtanspruch der Moderne - und wird deshalb von der Mainstream-Architekturkritik wie ein Aussätziger behandelt. Dass laut Umfragen die Bürger der Stadt diese traditionelle Architektur lieben, bestätigt aus Sicht der elitären Architektur-Dogmatiker nur deren unverhohlen arrogante Position: "Bürgerbeteiligung in Fragen der Architektur nivelliert deren Qualität auf einem niedrigen Niveau!" (Zitat von Falk Jäger, führender Architekturkritiker.) Geschäftshaus von van den Valentyn an der Friedrich- / Ecke Leipziger Straße monumetal düstere Ausdrucklosigkeit über einen ganzen Straßenblock hinweg. Freilich hat es in den letzten Jahrzehnten Bausünden nicht nur in Berlin gegeben. Andernorts hat allerdings inzwischen ein Umdenken stattgefunden. Nicht mehr eine international austauschbare Architektur ist gefragt, sondern Rückbesinnung auf eine Bautradition, die jeder Stadt zu ihrem maßgeschneiderten Kleid verhilft. In vielen Ländern ist es wieder modern, Gebäude mit behauenen Sandsteinquadern, liebevoll gestalteten Fensterumrahmungen, Fensterkreuzen, Erkern, Giebeln und Kuppeln auszustatten. Die Abbildungen zeigen einige Gebäude, die in den beiden vergangenen Jahrzehnten in Berlin entstanden sind. Mit ihren traditionell geprägten oder einfallsreichen modernen Fassadengestaltungen könnten sie stilprägend für das zukünftige Bauen in Berlin sein. Faux pas der 90er-Jahre-Architektur? Das Hotel Adlon von Patzschke, Klotz & Partner Vom Intermezzo der Postmoderne in den achtziger Jahren einmal abgesehen, ist die Qualität der modernen Architektur bis heute auf ein Niveau gesunken, das die meisten Bürger schreckt: gerasterte Fassaden mit gleichförmigen Fenstern ohne Gliederung, vorgehängte, glatte Granitplatten, dunkle Glasflächen, rohe Sichtbetonwände, Staffelgeschosse mit Hochhauscharakter.Oder es entstanden Bauten, die eher abstrakten Skulpturen ähneln und ohne Bezug zu ihren Nachbarn den Stadtraum beherrschen. Die Bilder zeigen typische Beispiele für die Gestaltung der "Neuen Mitte" Berlins in den Neunzigern: dunkle seelenlose Schuhkartons und spektakuläre Solitäre ohne Rücksicht auf die Architektur der Umgebung. (bitte weiter blättern) 129 Teil 2, Seite 6 Neue Hackesche Höfe von Bellmann & Böhme - kleinteilige Bebauung mit abwechslungsreichen Fassaden; Ein klassizistischer DDR-Bau am Gendarmenmarkt aus den 80er Jahren beweist sensiblen Umgang mit den historischen Strukturen der Friedrichstadt. Das Forum Stadtbild Berlin fordert sowohl ein Ende extravaganter architektonischer Experimente, als auch ein Ende der Einfallslosigkeit bei der Fassadengestaltung. Vom Senat verlangen wir eine Gestaltungssatzung mit Minimalanforderungen an Fassadengestaltung und Baumassengliederung für das historische Zentrum und andere Altbauquartiere. Wir wollen ein Zurück zu traditioneller Bauweise in der Mitte Berlins. Sollten Sie der gleichen Ansicht sein, unterstützen Sie das Forum Stadtbild Berlin! Empfehlen Sie uns weiter und erläutern Sie Ihren Bekannten unsere Thesen! Text: Kristian Ludwig Bildauswahl: Andreas Sengeleitner, Jürgen Metzger, Holger Heiken November / Dezember 2004 29.01.2012 WS Geschäftshaus in der Friedrichstraße von Prof. Hans Kolhoff Großstadtarchitektur mit eigenem Profil.