12 Fokus [ Mobilität ] Günstig pendeln Mit dem Online-Vergleichsrechner der SBB lassen sich die Kosten fürs Pendeln mit dem Auto und mit der Bahn gegenüberstellen. Interessantes Werkzeug. Leider ist nur eine sehr beschränkte Anzahl Verbindungen abrufbar. Rechner im Internet: www.sbb.ch/vergleichsrechner Name: Armin Kläy, Softwareentwickler (50) Unterwegs: zu Fuss zwischen Hausen am Albis und Adliswil (6,5 km pro Weg) Pendlerlust: Vor und nach der Arbeit in freier Natur, ganz für mich allein den Gedanken freien Lauf lassen: Das entspannt und gibt Energie. Pendlerfrust: Gibts nicht. Nicht einmal die Witterung hält mich von meiner Wanderung ab. Ob Hitze, Regen oder Schnee – alles eine Frage der richtigen Kleidung. Das allt 13 S-Bahn zwischen Buchdeckeln Wie eng die Beziehung zwischen Pendler und Verkehrsmittel werden kann, zeigt «Die S12 – ein Grundlagenwerk». Fotografen, Cartoonisten und Autoren geben im Buch ihrer Hassliebe zur S-Bahn-Linie Ausdruck. Witzig, mit Wiedererkennungswert. Fr. 25.–, www.buch.ch Pendelstress reduzieren Reisen Sie wenn möglich nicht mit der grossen Pendlermasse. Überbrücken Sie die Fahrt mit Musik, einem Hörbuch, Ihrer Lieblingslektüre oder einem Nickerchen. Für Zugfahrer gilt zudem: Umsteigen ist Stress. Also lieber etwas länger unterwegs, dafür mit direkter Verbindung! Für die einen ist der Arbeitsweg täglicher Stressfaktor. Die anderen geniessen ihn als Ruhephase vor und nach der Hektik im Job. Eine Reise durchs Pendlerland Schweiz. W olken und Bergspitzen flitzen am so die Wissenschaftler, erhöhen sich Herz- Fenster vorbei. Eine Kurve nach links, frequenz und Blutdruck von Pendlern sogar eine Korrektur nach rechts, einen stärker als jene von Militärpiloten. Augenblick später sticht die Maschine in die Tiefe. Unheimliche Kräfte wirken, 600 Meter Gestresst unterwegs pro Sekunde kommt die Erde näher, der Puls «Stress kann – auf dem Arbeitsweg, aber auch rast. Endlich das Signal: Übung beendet. Die sonst im Leben – entstehen, wenn wir am Errei- Anspannung weicht, der Stress hat ein Ende. chen eines Ziels gehindert werden», erklärt Psy- Was Militärpiloten auf ihren Trainings- chologe Claude Messner von der Universität Ba- flügen durchmachen, erleben auch viele Berufs- sel. Wer im Stau stehe oder auf den verspäteten tätige – und zwar zweimal täglich. Zu diesem Zug warte, werde am Erreichen seines Wegziels Schluss kommt zumindest eine Studie von eng- gehindert. «Wir sind dieser Situation ausgelie- lischen Stressforschern. Beim Kampf um den fert. Und das verursacht Stress», so Messner. besten Sitzplatz im Zug oder die freie Parklücke, An potenziellen Hindernissen fehlt es auf dem FOTOS: SEBASTIAN DERUNGS; APPLE; GETTY/DEX IMAGE ltägliche Hin und Her 14 Fokus [Mobilität ] Gemeinsam unterwegs Wer einen Mitfahrer im Auto hat, senkt das Unfallrisiko. Wer Gesellschaft auf dem Arbeitsweg sucht oder eine Mitfahrgelegenheit, tut das mit Vorteil bei einer Mitfahrzentrale. Infos unter: www.mitfahrnetz.ch, www.liftpool.ch oder www.mitfahrzentrale.ch Name: Christiane Simon, Verkaufsleiterin (37) Unterwegs: im Auto zwischen Basel und Zug (100 Minuten pro Weg) pendeln infolgedessen nicht mehr in die Städte Pendlerlust: Ich mag es, im hinein, sondern um diese herum. Egli: «Diese Auto meine Ruhe zu haben. Wege sind oft schlecht mit dem öffentlichen Am Morgen plane ich bereits Verkehr zu bewältigen, was zu einer Zunahme meinen ganzen Tag und kann des motorisierten Personenverkehrs führt.» dann im Büro mit Vollgas loslegen. Eine Frage der Energie Pendlerfrust: Baustellen sind Ob motorisiert, mit der Bahn oder zu Fuss: Wer das Schlimmste. Nach an- unterwegs ist, braucht Energie. Rund ein Drittel derthalb Stunden flüssigem der in der Schweiz verbrauchten Energie geht Verkehr kurz vor Basel auf das Konto des Verkehrs. Im Jahr 2000 waren noch wegen einer Baustelle das 42 Gigajoule pro Person, was etwa der Ener- in einen Stau zu geraten, giemenge von 1300 Litern Benzin entspricht. das nervt. Mehr als 95 Prozent der im Verkehr verbrauchten Energie stammen aus Erdölprodukten. Der Rest ist Strom für Bahnen und Trolleybusse. Auf das Konto des Pendlerverkehrs gehen rund 30 Prozent aller in der Schweiz zurückgelegten Kilometer. Übertroffen wird dieser Anteil vom Freizeitverkehr, auf den fast die Hälfte aller von Personen zurückgelegten Kilometer entfällt. Energie kostet das Pendeln nicht nur in Form von Benzin oder Strom. Die Reise zum Ar- Arbeitsweg nicht: Jährlich nimmt der Bestand in neun von zehn Fällen übrigens alleine. Etwa beitsplatz kann auch ganz schön an die physi- an Motorfahrzeugen um rund 2 Prozent zu. ein Viertel nutzt öffentliche Verkehrsmittel, sche und psychische Substanz gehen. Zeitdruck, Jedes Jahr werden allein auf den Autobah- Tendenz rückläufig. Gut 8 Prozent gehen zu Lärm und nervige Mitfahrer belasten Pendler nen rund 11 000 Staustunden registriert. Das Fuss. Der Rest benutzt Velo, Moped oder Motor- nachweislich. Psychologe Messner glaubt aber, Schweizer Schienennetz ist das am dichtesten rad. Pro Arbeitsweg sind Schweizerinnen und dass viele Pendler ihrem Schicksal auch etwas befahrene in Europa. 250 Millionen Passagiere Schweizer im Schnitt 20 Minuten unterwegs. Positives abgewinnen können. «Die einen lesen befördern die SBB jedes Jahr und versuchen, pro Ihr Ziel finden Pendler in erster Linie in den Zeitung, die anderen jassen oder tratschen, wie- Tag rund 6000 Anschlussverbindungen zu ga- Zentren Zürich, Basel, Bern, Genf und Lausanne. der andere erholen sich mit einem Nickerchen.» rantieren. «Auf einzelnen Strecken – insbeson- In der Wirtschaftsregion Zürich etwa arbeiten dere auf den von Pendlern stark genutzten 27 Prozent der Schweizer Erwerbstätigen. Die Bitte Distanz wahren S-Bahn-Linien – haben wir Engpässe», muss Folge: Allein in der Stadt Zürich sind täglich Einen Strich durch die Rechnung macht aber Ruedi Helfer vom Verband öffentlicher Verkehr rund 450 000 Pendler unterwegs. Neben stern- auch den zufriedensten Pendlern ein Phäno- eingestehen. förmigen Pendlerbewegungen von der Agglo- men, das bei engen Platzverhältnissen zum Tra- meration in die Zentren sind zunehmend auch gen kommt. Messner: «Zu jeder Person pflegen Sterne und Tangenten so genannte tangentiale Bewegungen zu beob- wir ein individuell angemessenes Mass an Trotz zunehmendem Verkehr ist die Schweiz achten. «Industrie- und Dienstleistungsbetrie- Nähe.» Wird diese Intimitätsgrenze – etwa im eine Nation von Pendlern – und wird es immer be wandern aus den Zentren an den Stadtrand vollbesetzten Zug – verletzt, führt das dazu, mehr. Verliessen 1950 nur 17 Prozent der Er- oder in die Umlandgemeinden, wo sie attrak- dass wir uns unwohl fühlen. «Manche Zugfah- werbstätigen ihre Wohngemeinde, um zur Ar- tivere Rahmenbedingungen vorfinden», sagt rende», schmunzelt Messner, «legen daher eine beit zu gelangen, sind es heute rund 60 Prozent. Siedlungsgeograf Hans-Rudolf Egli von der Uni- besondere Kreativität an den Tag, den Platz Fast die Hälfte von ihnen fährt mit dem Auto – versität Bern. Die Mitarbeiter dieser Betriebe neben sich freizuhalten.» ROGER WELTI 15 Radiosendung zum Mitnehmen Keine Zeit gehabt, das «Echo der Zeit» zu hören? Das lässt sich auf der Heimfahrt dank dem Podcast-Service von Radio DRS nachholen. Verschiedene Sendungen stehen im Internet zum Download auf den MP3-Player bereit: www.drs.ch, Suchbegriff «Podcast» Name: Philipp Brunschwiler, Dekorationsgestalter (32) Unterwegs: mit dem Velo und im Zug zwischen Luzern und Zürich-Stettbach (90 Minuten pro Weg) Pendlerlust: Auf der Heimfahrt döse ich ein wenig, höre meine Lieblingsmusik und gewinne ein wenig emotionale Distanz zum Berufsalltag. Pendlerfrust: Verspätungen nerven. Erst recht, wenn man rund drei Stunden am Tag unterwegs ist. Da sind fünf oder zehn weitere Minuten wirklich ärgerlich.