Feuilleton regional 34 NUMMER 22 20 Minuten in Dunkelheit Feuilleton kompakt THEATER AUGSBURG Besucherrekord für das Weihnachtsmärchen Das Weihnachtsmärchen „Peter Pan“ hat dem Theater Augsburg einen Besucherrekord beschert. 30 615 junge Besucher haben das Stück gesehen, das Bernadette Sonnenbichler für das Theater Augsburg inszeniert hat. Kein Weihnachtsmärchen in der Indentanzzeit von Juliane Votteler hat einen so großen Zuspruch gehabt. Das lag zum einen an der hohen Zahl von Vorstellungen, nämlich 36, zum anderen lag es an der hohen Auslastung von 90 Prozent. Im Schnitt haben in den Vorjahren rund 25 000 Besucher das Weihnachtsstück für Kinder gesehen, sagt Philipp Peters, Pressesprecher des Theaters. Kinder ab fünf Jahren haben die Geschichte um den Jungen Peter Pan, der auf der Insel Nimmerland niemals erwachsen wird und sich dort mit dem bösen Captain Hook auseinandersetzen muss, verfolgt. Oft wurden gleich zwei VormittagsVorstellungen direkt hintereinander gegeben. (AZ) Die Philharmoniker spielen heute ein ungewöhnliches Stück VON RICHARD MAYR Ioana Orleanu an ihrem Schreibtisch in Augsburg. Oft zieht es sie für ihre Arbeit auch in ihre alte Heimat Rumänien. Der Bildhauer Martin Kargruber präsentiert unter dem Titel „Gebäude“ Holzskulpturen und Zeichnungen in der Neuen Galerie im Höhmannhaus. Holz in seiner natürlichen Beschaffenheit ist das bevorzugte Material des Südtirolers. Das Außergewöhnliche seiner filigranen, oft miniaturhaft wirkenden Architektur-Skulpturen ist ihre Herausformung aus einem Stück, obwohl sie den Eindruck erwecken, als seien sie aus Applikationen mehrerer Teile gebaut. Die Vernissage findet am heutigen Donnerstag, 28. Januar, um 19.30 Uhr statt. Der Künstler ist anwesend. Die Laufzeit der Ausstellung ist bis zum 3. April, die Öffnungszeiten sind Dienstag bis Sonntag von 10 bis 17 Uhr. (AZ) Ein Haus des Bildhauers Martin Kargruber. Foto: Kunstsammlungen Foto: Ulrich Wagner „Ich baue Brücken“ VERNISSAGE Ein Künstler, der Häuser aus Holz baut DONNERSTAG, 28. JANUAR 2016 Literatur Ioana Orleanu schreibt in Zeitungen über das rumänische und deutsche Kulturleben und übersetzt Gottfried Benns Gedichte. Jetzt hat sie ihre erste Erzählung vorgelegt VON BIRGIT MÜLLER-BARDORFF Das Phänomen der Schreibkrise kann Ioana Orleanu nicht verstehen. „Wenn man nichts zu sagen hat, dann sollte man das Schreiben bleiben lassen“, meint sie mit Vehemenz. Denn Literatur ist für die Übersetzerin und Autorin, die seit neun Jahren in Augsburg lebt, nichts Erfundenes. Literatur, ja Kunst überhaupt, speist sich für sie aus der Wirklichkeit, „dem, was man kennt, was einen berührt, beeindruckt“. Ihr erstes soeben erschienenes Buch „Limesland“ bezeichnet sie deshalb als Erzählung, nicht als Roman, obwohl es über 200 Seiten hat. „Roman klingt nach Fiktion, mein Schreiben ist aber im Leben verankert. Es ist Real-Literatur.“ Das Leben Orleanus ist von zwei Ländern geprägt: 1964 wurde sie in Bukarest geboren, verbrachte ihre Kindheit dort und kam 1981 mit 16 Jahren nach Dortmund. Ihr Vater, der deutscher Abstammung war, hatte das Land zwei Jahre vorher mit einem Touristenvisum für Deutschland verlassen, die Familie konnte nachziehen. Ioana Orleanu machte Abitur und studierte Romanistik, Politik und Geschichte in Bochum. Bis vor neun Jahren lebte sie mit ihrem Mann, einem Arzt, der auch Autor und Maler ist, im Ruhrgebiet. „Ich verdanke Deutschland unglaublich viel, hier bin ich europäisch geprägt worden“, meint die Frau, deren Vorfahren nicht nur Deutsche, sondern auch Griechen und Armenier waren. „Vielleicht sehe ich mich deshalb auch als Europäerin und nicht als Rumänin oder Deutsche“, erklärt sie. Ihre Vergangenheit lässt sie dennoch nicht los und manifestiert sich in ihrer Arbeit. „Ich baue Brücken zwischen Rumänien und Deutschland“, erklärt Orleanu. Für rumänische Zeitungen und Magazine schreibt sie über deutsche Kultur, für deutschsprachige wie die Neue Züricher Zeitung, Die Zeit oder Der Freitag über rumänische Themen. Auch hat sie Gedichte von Gottfried Benn ins Rumänische übersetzt und herausgegeben. Jetzt will sie sich auf ihre Literatur konzentrieren. In „Limesland“ erzählt sie über einen Finanzskandal, der sich in den 90er Jahren in Rumänien ereignete, und verknüpft die Handlung mit einem Kriminalfall und einer Liebesgeschichte. „Ich will mich nicht auf ein Genre festlegen lassen, denn die Wirklichkeit hat viele Facetten, warum soll ich mich in meiner Geschichte auf eine davon beschränken“, sagt sie. Zugleich bildet sie in ihrem Text eine ehemals totalitäre Gesellschaft ab, deren Protagonisten auch für ihre Stellung und Funktion innerhalb dieser Gesellschaft stehen. „In Rumänien haben die Menschen ihre Vergangenheit nicht aufgearbeitet, wie dies in Deutschland nach dem Zusammenbruch der DDR geschah“, meint die 51-Jährige. So seien totalitäre Strukturen und Verhaltensweisen, denen sich im kommunistischen Regime unter Ceausescu keiner entziehen konnte, immer gegenwärtig in der Gesellschaft. Nicht nur deshalb bezeichnet die Autorin ihre ehemalige Heimat als rückständiges Land. Moderne Technologien wie Handy und Internet seien zwar weit verbreitet, aber die Gedankenwelt der Menschen sei immer noch dem Gewesenen verhaftet. Dazu gehöre, dass sich ein Bürgersinn, der die Gesellschaft im Blick hat, noch nicht entwickelt habe. „Das ist der Geist, der über dem Wasser schwebt“, drückt sie es bildhaft aus. Sich damit in Deutschland zu befassen, hält Orleanu durchaus für wichtig. Nur so sei zu verstehen, warum die Kluft zwischen Westen und Osten in Europa so groß ist und warum so viele Menschen aus osteuropäischen Ländern in den Westen kommen. Orleanus Weg führt auch wieder zurück in die alte Heimat. Ihren Schreibtisch in Pfersee tauscht sie oft ein gegen den Arbeitsplatz in einem Häuschen in der Walachei. Neben einer Erzählung schreibt sie derzeit an einem Essay über das Lob des Pessimismus und meint damit eine Kritik an der Religion. „Die verhindert, dass der Mensch die Welt sieht, wie sie ist – in allen ihren Facetten“, erklärt sie. » Ioana Orleanu: Limesland. Tredition, 216 S., 9,99 ¤ Zwei Jahre setzte die Reihe „Zukunftsmusik“ aus. Ein wichtiger Sponsor war abgesprungen, sodass Johannes Gutfleisch, der Initiator der Reihe, alles erst einmal ruhen ließ. Einschlafen lassen wollte der Cellist der Augsburger Philharmoniker diese 2009 ins Leben gerufene Reihe für zeitgenössische Neue Musik aber nicht. Zuviel lag ihm an dieser Plattform. Am heutigen Donnerstag treten die Philharmoniker unter dem Label in der Brechtbühne auf. Gespielt wird Georg Friedrich Haas’ „In Vain“. Die gut einstündige Komposition ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert. „Sie wird mehr und mehr gespielt“, sagt Gutfleisch. Sie ist also dabei, sich 16 Jahre nach der Uraufführung in den Spielplänen durchzusetzen. Haas hat das Stück als Antwort auf die Wahlsiege der FPÖ in Österreich, damals noch unter dem Vorsitzenden Jörg Haider, geschrieben. In der Musik spiegeln sich die Frustration und die verängstigte Gesellschaft, sagt Gutfleisch. Besonders ist auch, dass für gut 20 Minuten das Licht auf ein Minimum reduziert wird. Das ist sowohl für die Zuhörer als auch für die Musiker eine neue Erfahrung. Die Herausforderung für die rund 20 Philharmoniker besteht darin, ohne den Dirigenten und ohne großen Blickkontakt miteinander zu spielen. Für den Gastdirigenten Christian Schumann hieß das, in den Proben alle gut auf diese Situation vorzubereiten. „Es ist unglaublich wichtig in dieser Phase, dass sich alle wohl und sicher fühlen“, sagt Schumann. In dieser Spielzeit wird das heutige Konzert das einzige unter dem Label „Zukunftsmusik“ sein. In der nächsten Saison sollen es zwei Abende werden, verrät Gutfleisch schon einmal. Generalmusikdirektor Domonkos Heja sei von der Reihe auch angetan, verrät der Cellist mit dem großen Herzen für die Neue Musik. O Termin „Zukunftsmusik“ mit Georg Friedrich Haas’ „In Vain“ heute um 20 Uhr in der Brechtbühne des Theaters Augsburg Ein Abend lang nur ein Lied Das Zauberwort lautet Energie Konzert In der Soho Stage wird am Samstag durchgehend Purple Rain von Prince gespielt. Langweilig wird das nicht, verspricht der Moderator Ausstellung Überflieger, Fluglinien und Farbzusammenspiele – die Ecke Galerie präsentiert Kunst von Karin Bauer VON CHRISTINA HELLER Einen Abend lang immer nur einen Song hören klingt langweilig? Überhaupt nicht, findet JJ Jones. Der Musiker und Performance-Künstler ist Gründer von „Same old Song“, einer Musikreihe, in der genau das passiert: Verschiedene Künstler und Bands spielen den ganzen Abend lang einen einzigen Musiktitel – live und in ihrer Interpretation. Begonnen hat Jones mit der Reihe im Februar 2013 in München. Am kommenden Samstag wird er sie zum zweiten Mal nach Augsburg in die Soho Stage bringen. Für jeden Abend wählt Jones ein eigenes Stück aus. In der Soho Stage ist es „Purple Rain“ von Prince. Nicht jeder Titel eigne sich, sagt er. Wenn er überlegt, welches Lied er nimmt, kommt es ihm auf zwei Dinge an: Zum einen muss der Titel dem Publikum und den Künstlern sofort etwas sagen. Jeder müsse die Melodie im Ohr haben, erklärt er. Sonst locke der Abend zu wenige Menschen an. „Außerdem muss das Lied ein bisschen furchtbar sein. Das sorgt für mehr Irritation“, sagt Jones und lacht. Diese Irritation macht das Konzert für das Publikum spannend. 17 Mal hat Jones „Same old Song“ inzwischen veranstaltet. Der Rekord liegt bei 26 Bands, die teilgenommen haben. Damals hatte Jones „Das Modell“ von Kraftwerk ausgewählt. Für „Same old Song“ in der Soho Stage sind inzwischen zwölf Bands angekündigt. Ihre Musikstile reichen von Soul über Rockabilly bis zu Jodelfunk. „Ich selbst werde auch noch ein, zwei Versionen mitbringen“, sagt Jones, der als Moderator durch den Abend führt. „Und wenn noch jemand spontan Lust hat, mitzumachen, kann er das gerne tun.“ Für solche Fälle habe er immer eine Karaoke-Version des Liedes dabei. Auf die Idee, verschiedene Künstler einen Abend lang ein Lied interpretieren zu lassen, kam er, als er in Berlin mit kanadischen Musikern zusammenarbeitete. Das Hobby der Kanadier war es, verschiedene Versionen des Stücks „Caravan“ von Duke Ellington zu sammeln und auf Samplern zu veröffentlichen. „Manchmal haben wir auf einer Party nur dieses eine Lied gespielt, und die Menschen haben es erst nach drei Stunden bemerkt“, erinnert sich Jones. Als er nach München kam und gefragt wurde, ob er nicht Lust habe, eine regelmäßige Veranstaltung zu machen, erinnerte er sich an das Prinzip und setzte es mit Live-Musik um. Dass an einem Abend so verschiedene Musiker aus unterschiedlichen Stilrichtungen auftreten, macht für Jones den Reiz aus. Den Abend nur ein Lied wird wirklich nie langweilig? JJ Jones lacht. „Das fragen die Leute immer“, sagt er. „Aber bisher ist es mir noch nie passiert, dass sich zwei Versionen gleich angehört haben.“ VON SYBILLE SCHILLER hinreißend komischen, insektenähnlichen Flugtierchen in schnell gezeichneten Figürchen auf Papier (gezeigt in einer Vitrine). In einem zweiten Arbeitsgang überträgt Bauer ihre Fantasiewesen eins zu eins auf Holz, bemalt sie und sägt sie mit der Laubsäge aus. Vielleicht waren die „Überflieger“ zwischendurch auch unterwegs auf jenen Fluglinien, die Bauer in ihrer Serie „schwerelos“ sichtbar macht? Rote Linien durchqueren Monotypien und Materialdrucke, wechseln die Richtung, setzen einen tag, 30. Januar, um 20.30 Uhr in der Soho Stage in Augsburg Laut Erklärung hebt sich ein „Überflieger“ vom Durchschnitt der Bevölkerung dadurch ab, dass er allein einen Erfolgskurs einschlägt. So gesehen legt ein „Überflieger“ keinen Wert auf Begleitung – außer er gehört als dreidimensionales Flugobjekt zu den „Überfliegern in Begleitung“ der Augsburger Künstlerin Karin Bauer. In der Ecke-Galerie sind diese als dreiteilige Überflieger-Installation zu sehen. Ihren Ursprung haben die JJ Jones bei einem Auftritt als Moderator mit seinem Konzertformat „Same old Song“. Foto: Florian Goberge Diese drei Flugwesen tragen den Titel „Überflieger in Begleitung“. Die Fantasiewesen der Künstlerin Karin Bauer sind aus Holz ausgeschnitten worden und werden im Augenblick in der Ecke-Galerie gezeigt. Foto: Sybille Schiller O Termin „Same old Song“ am Sams- sich ausbreitenden Punkt oder bauen Energiefelder auf. Energie ist das Zauberwort für die Malkunst der Ecke-Künstlerin in der Werkserie „just colour“. Rhythmik und ein sicheres Gespür für Farbzusammenspiele machen alles aus. In Auf- und Abwärts-Bewegungen berühren sich aktive Farben wie Rot und Gelb oder passive wie Grün und Blau. Manchmal scheint ein Rot aus dem Bild zu strömen, ein anderes Mal setzt sich Blau durch oder das Grün drängt sich nach vorne. Die Farbe Grün bestimmt eine der Patinas auf der Oberfläche einer Tombak-Schale von Laurenz Stockner, einem Meister der Formvollendung. Und damit sind wir in Raum 3 der Ecke-Galerie, in welchem drei Schalenhersteller ihr Können beweisen. So ziseliert Hiawatha Seiffert die Oberfläche von Metallen, seine Objektschalen entstehen aus Fahrradketten und Maschinenteilen. Friedemann Bühler gibt dem Holz einen herrlich letzten Schliff, betont durch stumpfen Farbauftrag die Maserung – jede seines SchalenSkulpturen ist ein Unikat. O Laufzeit bis 28. Februar in der EckeGalerie, Elias-Holl-Platz 6, geöffnet Mo bis Fr 14 bis 18 Uhr, Sa 11 bis 14 Uhr