3. Ethische Entscheidungen treffen

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3. Ethische Entscheidungen treffen1
3.1. Die Notwendigkeit von Entscheidungen
„Die Fülle konkreter ethischer Fragestellungen nimmt immer mehr zu. Die
Auswirkungen des Handelns Einzelner werden durch die zunehmende
Vernetzung der Welt immer sichtbarer. Diese kaum mehr zu
durchschauende Komplexität lähmt und führt zu nicht hilfreichen
Verengungen. Dementsprechend wird die Frage nach konkreten, im Alltag
umsetzbaren ethischen Handlungskonzepten immer lauter.“ 2
„Keine menschliche Gemeinschaft kommt ohne Normen aus, weil der
Mensch (im Gegensatz zum Tier, das vom Instinkt geleitet wird) nicht
einfach von Natur aus weiß, wie er sich verhalten muss, damit die
Gemeinschaft funktioniert.“3
„Die „Krise des Ethischen“, die gegenwärtig offenkundige Orientierungslosigkeit der
öffentlichen und kirchlichen Moral zwingt uns, die Frage nach der Möglichkeit
allgemeinverbindlicher Normen neu zu bedenken. Wir dürfen uns als Evangelikale auf die
Dauer nicht selbstgenügsam damit zufrieden geben, dass wir doch, als den biblischen
Geboten verpflichtete Christen, selbstverständlich wissen, was recht ist. Wir dürfen auf die
Dauer nicht selbstgerecht zusehen, wie unsere nichtchristlichen Zeitgenossen immer mehr
sozusagen ethisch unter die Räuber fallen und vom Säkularismus ihrer letzten sittlichen
Orientierungsmarken und damit schließlich auch ihrer Menschlichkeit beraubt werden.“4
Die beschriebene Krise einer zunehmenden Orientierungslosigkeit betrifft heute nicht mehr
nur den Bereich des säkularen Menschen. Sie ist längst zum Begleiter auch der christlichen
Gemeinde geworden. Hier gilt es neue Kompetenz zu gewinnen, biblische Werte zu hören
und in der praktischen Herausforderung der Situation anzuwenden.
3.2. Die drei Seiten einer ethischen Entscheidung
Hier soll zusammenfassend das Konzept von Thomas Schirrmacher aus seinem Buch:
„Führen in ethischer Verantwortung“ in eigener Darstellung wiedergegeben werden.5
Schirrmacher betont drei Aspekte die verschiedensten ethischen Modellen zugrunde liegen
und die alle drei miteinander wichtig sind, wenn es um die Grundlagen eigener ethischer
Entscheidungen geht.
1
Cartoons aus der dran 2 /04, Bundes-Verlag Witten
Mickey Wiese in dran 2 / 04 S.27
3
Andreas Henrici, „Das schweizerische Recht“, S.365 in Flüeler/Gfeller-Corthesy, Die Schweiz, Ex Libris 1975
4
Helmut Burkhardt (Hrsg.), Begründung ethischer Normen, Brockhuas / Wuppertal 1988, im Vorwort S.5
5
siehe wesentlich umfangreicher: Thomas Schirrmacher, Führen in ethischer Verantwortung, Brunnen-Verlag/
Gießen 2002
2
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Der normative Aspekt beschreibt hierbei den Rahmen der Grundwerte für unser Verhalten.
Diese kommen in der Bibel am deutlichsten in den grundlegenden und unveränderbaren
Geboten Gottes zum Ausdruck (Doppelgebot der Liebe, Zehn Gebote).
Der situative Aspekt beschreibt das Wahrnehmen und Abwägen der konkreten Situation.
Hier spielen Erfahrung und Empirie eine wichtige Rolle und die Frage nach der kulturellen
Anpassung. In diesem Bereich wird am stärksten der Gedanke der so genannten
Pflichtenkollision zu bedenken sein.
In der Bibel kommt der situative Aspekt vor allem in der Weisheit zum Ausdruck.
Der existentielle Aspekt beschreibt den Bereich der innersten persönlichen Entscheidung.
Hier kommt es aufgrund der Abwägung von Normen und der jeweiligen Situation zu
konkreten Einstellungen und Handlungen. Hier steht der Bereich der Motive, des Gewissens
und weiterreichend des Herzens von der Bibel her im Zentrum.
„Normativ, situativ und existentiell stehen für klassische Entwürfe der Ethik. Sie gehen davon
aus, dass dem Menschen durch Normen und Gebote vorgeben ist, wie er zu handeln hat; der
Mensch nur in der Situation erfassen kann, was das Beste ist, oder aber die ethische
Entscheidung in unserem Innersten als Ringen um unsere Existenz stattfindet.
Ich halte alle drei Entwürfe dann für falsch, wenn sie für sich allein stehen und gegen die
anderen Schwerpunkte ausgespielt werden. Ich halte alle drei Entwürfe für berechtigt, wenn
sie sich als wichtiges Glied in einer Gesamtentscheidung verstehen. Vor allem bin ich der
Meinung, dass alle drei Aspekte in der Bibel breit bezeugt sind, nicht als Gegeneinander,
sondern als Ergänzung.6
Alle drei Bereiche wirken bei der ethischen Entscheidungsfindung mit und sind hierbei nicht
immer eindeutig voneinander zu trennen. Sie wirken ineinander und ergänzend zueinander.
Ziel ist es hierbei
1. Menschen Gottes Werte, Ordnungen und Gebote zu vermitteln und zwar als
Ermutigung, durch bewahrende Ermahnung und – wo bereits falsche Wege
eingeschlagen wurden – durch Buße und Vergebung, Hilfe zur Veränderung zu
erfahren.
2. Menschen zu helfen Weisheit für das Leben zu finden, die eigene Situation zu
verstehen und Hilfestellung zu erfahren, auch gerade da, wo kein biblisches Gebot
direkt betroffen ist.
3. Menschen helfen, das eigene Herz zu prüfen, das Herz ganz auf Gott hin auszurichten
und sich der Frage nach den innersten Motiven zu stellen und so Trost und Hilfe in
verschiedensten Lebensfragen zu erhalten.
6
Schirrmacher, s.o. S.44
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Seelsorge und ethische Orientierung ist in der Geschichte stark auf die Frage des Gebotes,
vorliegender Sünde und der Beichte beschränkt worden. Die vertretenen Gebote waren
hierbei nicht allein die Ordnungen der Bibel, sondern durchaus auch aus der Tradition
entwickelte Gebotskataloge.
Es ging somit weniger um die zu beratende Person oder die Situation selbst, weniger um
verstehenden und helfenden Beistand und konkrete Unterstützung in den oft komplizierten
Lebenssituationen.
Daneben gab es in der Mystik, in Klöstern und andernorts den Gedanken des
Verinnerlichens, des Hörens auf das eigene Herz um dieses mit Gott in Einklang zu bringen.
Heute scheint das Pendel oft eher in die Richtung einer Praxis zu gehen, die primär
verstehen will und sich zuerst, manchmal gar ausschließlich an dem einzelnen Menschen
oder der Situation orientiert und sich rein auf die möglichen Konsequenzen beschränkt,
ohne grundlegende Wertorientierung aufgrund biblischer Normen.
Biblisch-ethische Orientierung will aber weder konservativ, noch modern oder progressiv
sein, sondern Gottes Willen für die Situation und die betroffenen Personen verstehen und
anwenden (vgl. die Stellung des Paulus in punkto Sexualität zwischen Askese und falschem
Freiheitsdenken).
Das Wort der Schrift ist Richtschnur, an der alle anderen Autoritäten gemessen werden
müssen (norma normans – die Norm, die alle anderen Normen bestimmt). Damit sind aber
alle anderen Größen wie Weisheit, Vernunft, Erfahrung, konkrete Situation und Kultur nicht
zu verwerfen.
Dies hieße frömmer sein zu wollen als es Jesus und die Apostel selbst waren.
So findet sich z.B. keine direkte Aussage der Schrift gegen das Rauchen (als unmittelbare
Sünde). Es bleibt aber damit dennoch ungesund, unsozial und unweise.
Die Furcht des Herrn ist der Weisheit Anfang (Spr.1,7; 9,10) – nicht deren Ende.
Beispiele:
Eheberatung/ Eheseelsorge tut gut neben dem Gebot auch z.B. Ergebnisse der
Kommunikationswissenschaften zu berücksichtigen.
Erziehung sollte sich z.B. an einem Blick für unterschiedliche Alterssituationen orientieren.
(Was ist ein angemessenes Taschengeld, was angemessene Umgangsformen?)
Einsatz geistlicher Gaben – hier sollten Gebot (z.B. 1.Petr.4,10f) und praktische Erwägungen
(Schulung, Mitarbeiterbegleitung) einander ergänzen.
Berufung eines Gemeindepastors – neben allgemeinen Prinzipien, z.B. für Älteste, sind viele
praktische Fragen (Ziele der Gemeinde, Gaben, Familie, Wohnung,...) zu beachten.
Gottesdienstformen, Abendmahl,...
Sabbat – hier gilt es Gebot und Zielsetzung miteinander zu verbinden (Mt.12,11f; Lk.13,15),
bzw. sich vernünftiger Argumentation zu bedienen (Mt.12,5).
Beispiele für ethische Ordnungen aufgrund vernünftiger Überlegungen:
1.Kor.5,9-10 Umgang mit Unzüchtigen
Spr.22,26+27 Bürgschaften
Spr.25,8
Gang zum Gericht
Spr.15,22 Rat einholen
Martin Luther zu z.B. 5.Mo.22,8: „Es kann auch dies ein sprüchwörtliches und allgemeines
Gesetz sein, dass man in der öffentlichen Gesellschaft so baue und sich im Verkehr so
verhalte, dass man dem andern keine Gefahr, Nachtheil oder Schaden verursache...“
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Neben der äußeren, direkt sichtbaren Anwendung geht es demnach oft um ein Prinzip, das
an einem Fall gelehrt wird. Biblische Ethik ist in vielen Fällen Prinzipienethik (Vgl. z.B. den
Wert des Schlafes/der Ruhe).
So gilt es im Falle der so genannten Pflichtenkollision in einem ethischen Konflikt zwischen
der Gewichtung von möglichen Handlungsanweisungen abzuwägen (Bsp. Apg.5,29 / oder die
Abwägung zwischen dem 6.(„Töten“) und 9. Gebot („Lügen“)– vgl. 2.Mo.1,19f; Jos.2 ).
Bsp. Stammzellenforschung. Die guten Werte Forschungsfreiheit, die Möglichkeit
Krankheiten zu heilen und die Geld zu verdienen, müssen hinter dem klaren Gebot der
unantastbaren Menschenwürde des Embryos zurücktreten.
Wer keine Grundwerte hat, hat nichts zum Abwägen. Abwägung an sich ist aber keine
Verwässerung von Werten und Zielen, sondern notwendige Voraussetzung für eine gute
Entscheidung, die möglichst vielen dient.
Schirrmacher: „Gottes Wort setzt uns einen Rahmen für unser Leben, Denken und Planen,
aber es füllt diesen Rahmen nicht aus. Gott lebt nicht unser Leben, sondern schafft die
Voraussetzungen dafür. Grundlegende Prinzipien werden uns in der Heiligen Schrift oft an
Fallbeispielen illustriert. Aber ansonsten fordert uns die Bibel auf, abzuwägen,
nachzudenken, Rat zu suchen und dann die Verantwortung für unsere Entscheidung zu
übernehmen.“7
Bei allen Überlegungen bleibt bestehen, das Endziel der Gebote nicht aus den Augen zu
verlieren (z.B. 1.Tim.1,5).
Werte sind immer und vor allem innere Werte, auch wenn sie sichtbar zum Ausdruck
kommen sollen und müssen (vgl. Röm.13,5). Einer rein äußerlichen Befolgungen von Werten
und Wertekatalogen ohne gleichzeitige Offenheit für eine göttliche Charakterprägung
widersetzt sich Jesus auf das Schärfste (vgl. Mt.22,23ff).
Hierzu Klaus Douglass:8
„Lassen Sie mich dazu ein Bild entwickeln: Ein Mann bringt seiner Frau einen Strauß Rosen mit. Er tut
dies, weil er seine Frau liebt. Die Rosen sind ein Zeichen seiner Liebe. Ein anderer Mann, der seine Frau
nicht liebt, bringt seiner Frau ebenfalls Rosen mit. Er tut dies vielleicht, weil er ein schlechtes Gewissen hat,
um zu kompensieren, dass er sich sonst kaum Zeit für seine Frau nimmt. Beide Männer tun also das
gleiche. Aber sie tun nicht dasselbe. Sie unterscheiden sich in ihrer Motivation beziehungsweise in dem
ihrer Tat zugrunde liegendem Verhältnis zu ihrer Frau. Das mag zwar für den außenstehenden
Betrachter unsichtbar sein, aber für den Charakter der Tat ist es mindestens ebenso wichtig wie die
bloße Handlung selbst. Ja man muss sogar sagen, es ist das Entscheidende.
So kann man nicht behaupten, ein guter Ehemann sei jemand, der seiner Frau Rosen mitbringt. Nein, ein
guter Ehemann ist einer, der seine Frau liebt und der aus dieser Liebe praktische Konsequenzen zieht.
Aber das, was für ihn praktische Folgerung seiner Liebe ist, kann jemand anderes aus einer völlig
anderen Motivation heraus genauso betreiben. Und umgekehrt können aus dem gleichen positiven
Verhältnis heraus scheinbar völlig verschiedene Konsequenzen gezogen werden. Statt Blumen
mitzubringen, lädt der Mann seine Frau vielleicht zum Essen ein, oder er bindet sich eine Schürze um
und spült das Geschirr. Das Entscheidende ist nicht die Tat an sich, sondern das Verhältnis beziehungsweise die Motivation. Keiner kann sich darauf berufen und sagen: »Ich spüle immer ab, daher bin ich
ein guter Ehemann.« Natürlich wird sich ein guter Ehemann um praktische Konsequenzen seiner Liebe
mühen, aber die isolierte Tat macht noch nicht das gute Verhältnis.
Ebenso wenig Sinn macht es, losgelöst von einer persönlichen Beziehung eines Menschen zu Christus,
von einer vermeintlich >> christlichen Ethik<< zu sprechen. >> Christlich << ist nie eine Tat an sich.
Christlich ist immer nur etwas, was aus der Liebe eines Menschen zu Jesus beziehungsweise zu Gott
resultiert.“
7
8
Schirrmacher, s.o. S.60
Klaus Douglass, Glaube hat Gründe, Kreuz Verlag / Stuttgart 1994, S. 243f
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4
3.3. Der Weg zu einer begründeten Entscheidung
Joachim Bothe in der Zeitschrift dran: „Wenn doch manches im Leben so einfach wäre:
Wenn du Christ wirst, hast du eine neue „Gesinnung“ bekommen, und dann weißt du
immer, „was gut und vollkommen ist und was Gott gefällt“ (Röm.12,2): Du musst nur gut
genug in der Bibel lesen und still genug auf Gottes Reden hören, dann wird er dir schon
sagen, was er zu diesem oder jenem Thema denkt.
Ich befürchte, so „einfach“ ist es leider nicht. Gott erwartet von uns, dass wir Verantwortung
für unser Leben übernehmen und deswegen selbst Position beziehen. Die Bibel bietet
grundsätzlich sehr wohl, sehr radikal und sehr lebensverändernd Handlungsorientierung.
Doch begegnen uns deswegen nicht weniger konkrete Situationen, auf die wir die
allgemeinen Handlungsorientierungen Gottes erst mal selbst anwenden müssen – wo
eigenes verantwortliches Handeln in einem ethisch vertretbaren Sinn gefordert ist.“9
1. Die konkrete Fragestellung klären
Ethische Konflikte tauchen an den verschiedensten Stellen unseres Lebens auf, meistens
nicht vorausgeahnt, meist ohne Vorankündigung. Es wird aber deutlich hier besteht
Klärungs- und oft genug Handlungsbedarf. Allerdings besteht eine Vielfalt an Faktoren die in
solch einer Situation zusammenkommen. Wichtig ist es demnach die Situation möglichst gut
und umfassend zu verstehen und dann zu fragen: Was steckt jetzt als konkrete Fragestellung
dahinter? (Bsp.: Erzählung Teenie ist schwanger, ein Mädchen ritzt sich, ein Mann will aus
der Gemeinde austreten, ein Mann überlegt eine Organspende,...).
Bewahre dich vor (vor)schnellen Antworten Marke: „Das ist doch eigentlich klar, da musst du
so und so handeln“ oder „Das ist doch eindeutig. Die Bibel sagt hier...“.
Die Frage ist ob ich die Frage verstanden habe, ehe ich Antworten gebe, oder meine geben
zu können. Was ist das Kernproblem, die Kernfrage dieser Situation und was sind
begleitende Dinge?
2. Welche Faktoren wirken bei dieser Situation mit?
Selten ist eine Situation eine klar abzugrenzende Sache. Darum gilt es sich einen guten
Überblick zu verschaffen. Was hat zu dieser Situation beigetragen? Welche Personen,
Sachfelder und Fragen sind hiervon berührt? Wer o. was steht hier in dieser Situation mit
wem oder was im Konflikt? Welche Erwartungen und Hintergründe spielen in dieser
Situation eine Rolle und welche?
9
aus der Zeitschrift dran 2 / 04 S.28
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5
Geht es darum, obwohl man vielleicht weiß was angesagt ist, eine andere Entscheidung zu
treffen? Oder geht es darum nicht zu wissen, was das richtige Verhalten in dieser Situation
ist?
Hier sollte intensiv nachgefragt und überlegt werden und dann eventuell die Fragestellung
der Situation entsprechend neu angepasst werden.
3. Welchen Bereich klarer biblischer Weisung habe ich an dieser Stelle?
Die Grundlage ethischer Entscheidungen bildet immer die Offenbarung Gottes. Was habe ich
an konkreten Geboten zu dieser Fragestellung? Welche Prinzipien der Bibel lassen sich hier
anführen? Gibt es konkrete innerbiblische Verfahrensbeispiele und welche übertragbare
Bedeutung haben sie?
Wo bin ich geneigt der Situation zuliebe biblische Normen zu missachten, wo besteht die
Gefahr (biblische) Prinzipien anzuwenden, die der Situation nicht direkt entsprechen und
vielleicht eher in der eigenen Person und Tradition verankert sind?
4. Welche hilfreichen Fakten sollten für eine Entscheidung berücksichtigt werden?
Hier geht es um die Sammlung und Beratung von hilfreichen Fakten, die in eine
Entscheidungsfindung einbezogen werden sollen / können (z.B. Empirie, Rechtsfragen).
Auch können hier durchaus Erfahrungen christlicher Tradition, wie auch allgemein
gemachter Erfahrungswerte mit einfließen.
5. Welche Handlungsmöglichkeiten lassen sich herausarbeiten?
Wenn ich die eigentliche Fragestellung so klar wie möglich erarbeitet und geklärt habe, kann
ich überlegen, welche Möglichkeiten sich nun ergeben.
Wichtig ist es nun zu überlegen, welche Konsequenzen und möglichen Wirkungen eine
Entscheidung für die eine oder andere Richtung beinhaltet. Da die Dinge und Situationen oft
sehr komplex sind, gilt es über mögliche Folgen (B) meiner möglichen Entscheidung (A)
nachzudenken. Auch diese Folgen (B) liegen zumindest zu einem Teil im
Verantwortungsbereich einer Entscheidung oder des Entscheidenden.
Darum sollten ethisch wichtige Entscheidung nicht aus dem Bauch, sondern aus einer
intensiven Abwägung und Klärung heraus getroffen werden.
Nicht vergessen sollte man auch, dass keine Entscheidung zu treffen auch eine Entscheidung
ist. Nicht zu handeln, ist auch eine Handlung.
6. Wie sind die einzelnen Handlungsalternativen zu bewerten?
Wir müssen uns bewusst sein, dass unsere Überlegungen nicht rein neutral und objektiv
ablaufen. Auch kämen bestimmt nicht alle Menschen in vergleichbarer Situation zu den
gleichen Ergebnissen.
Darum müssen die Grundlagen meiner Entscheidung möglichst klar und offen auf den Tisch
gelegt werden. Welche Motive, Neigungen und Werte kommen in der gewählten
Entscheidung zum Ausdruck?
Welche Handlungsalternativen gäbe es und welche sind eventuell auch angemessen um
darauf zurückkommen zu können?
Wie kann das Ziel das erreicht werden soll, in der Verantwortung vor Gott und Menschen am
ehesten erreicht werden?
Sind die Wege und Mittel dieses Ziel zu erreichen so vertretbar, oder gibt es auch hier
Grenzen / bzw. Alternativen?
 Gemeindebibelschule Stadtmission Solingen 2013 – Pastor Jens Bärenfeld
6
7. Wie werde ich der Fragestellung, Gott und den beteiligten Menschen gerecht?
Schirrmacher: „Menschen, die nur über Ordnungen sprechen, mögen zwar gute
Architekten sein, die alles über den Hausbau wissen und jeden Prozess gegen Behörden
oder Baufirmen gewinnen, sich aber für das Eigentliche – die Menschen, die das Haus
bewohnen – nicht interessieren. Ohne Menschen aber ist jedes noch so gute Haus
ziemlich belanglos.10
Steht meine mögliche Entscheidung in Konflikt mit Gottes Geboten und der zentralen
Herausforderung des Liebesgebotes?
Habe ich mir Mühe gegeben der Situation und den beteiligten Menschen vor Gott gerecht zu
werden?
In welcher Situation (Lebensphase, Reifegrad) befinden sich die Personen um die es in dieser
Fragestellung geht?
8. Eine Entscheidung treffen
An konkreten Entscheidungen führt irgendwann kein Weg vorbei.
Wo Dinge klar herausgearbeitet sind, gilt es nun auch auf eine Umsetzung zuzugehen.
Aber auch da, wo es nach allem Abwägen noch Unklarheiten und innere Spannung über den
richtigen Weg gibt, müssen Entscheidungen nach bestem Wissen und Gewissen gesucht und
vertreten werden.
Gott nimmt uns unsere Verantwortung für ethische
Entscheidungen nicht ab. Aber er macht uns auch Mut in
seinem Wort, das Fehler und mangelnde Einsicht Korrektur
erfahren können und dürfen.
Es gilt letztlich unser Denken, Überlegen und Handeln Gott
anzubefehlen und uns der Leitung seines Heiligen Geistes
(und damit auch einer möglichen Korrektur unserer Ansicht)
anzuvertrauen.
10
Schirrmacher, s.o. S.61
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