Ausgabe 2/2009 Nachhaltigkeit Ökonomisch im Vorteil Immobilienbewertung Das Immobilienmagazin von Union Investment Moderne Marktplätze Shoppingcenter müssen Einkaufserlebnisse bieten, um für Kunden und Investoren interessant zu sein Der Methodenstreit ist ein Scheingefecht INHALT ZUR SACHE Shoppingcenter: Das „Forum Mersin“ wurde im Oktober 2007 in der Türkei eröffnet. TITEL 4 Moderne Marktplätze Gut gemanagte Shoppingcenter stabilisieren das Fondsportfolio Shoppingcenter: Ein Plädoyer für mehr Sparsamkeit von Susanne Klos 9 Großbritannien Investoren kommen aus der Deckung 11 Interview Frank Billand, Mitglied der Geschäftsführung der Union Investment Real Estate GmbH, Hamburg Kein Tag vergeht, an dem wir das Wort „Nachhaltigkeit“ nicht hören würden: Sei es die Politik, die bei fast jedem Vorschlag zur Lösung MÄRKTE Alpenländer: Kaum Wolken über dem Immobilienhimmel Österreichs und der Schweiz. immer lauten: Was ist notwendig und wo können wir sparen? großer und kleiner Probleme mit diesem Schlagwort um Zustimmung Sparsamkeit – vielleicht eine typisch deutsche Tugend – ist deshalb 12 Wertgenau ermitteln Die Diskussion um Bewertungsmethoden ist ein Scheingefecht und Vertrauen wirbt, sei es die Immobilienbranche, die sich bereits seit eine starke Säule der Nachhaltigkeit. Modernes und aktives Shoppingcen- einiger Zeit sowohl bei Neubauvorhaben als auch bei Revitalisierungen termanagement „Made in Germany“ könnte in Zukunft daher durchaus 16 Robuste Alpenländer Sicherheitsbewusste Immobilieninvestoren entdecken Österreich und die Schweiz bestehender Gebäude das Thema gern auf ihre Fahnen schreibt. Das gilt weltweit Standards setzen. Grundlage aber bilden sinnvolle Investitionen auch für die Entwicklung von Shoppingcentern. Doch hier haben wir es durch die Eigentümer und eine auf nachhaltiges Denken hin ausgerichtete mit einem besonders kniffligen Fall zu tun. Denn ein Shoppingcenter ist Aus- und Fortbildung der Mitarbeiter. Das bedeutet auch: Wer sparen will, ein „Vielfaches“ einer normalen Immobilie. Handelsflächen, Verkehrs- muss zunächst Geld ausgeben. Nur dann aber, wenn Menschen verant- 20 Ökonomisch im Vorteil Investoren und Nutzer suchen gezielt nachhaltige Gebäude flächen oder auch Büros, Wohnungen, große Hallen mit viel Gastrono- wortlich und mitdenkend beständig handeln, wenn sich ihr Bekenntnis mie, Fahrtreppen, Lifte und Lichtkonzepte – all das gibt es nur in einem zur „Nachhaltigkeit“ im täglichen Handeln niederschlägt und so zu einer 24 Nachgefragt Der Anteilwert Shoppingcenter. Nachhaltigkeit? Wo fängt sie an und wann kann man selbstverständlichen Eigenschaft im Umgang mit Gebäuden wird, dann 25 Infografik 50 Jahre Offene Immobilienfonds „fertig“ rufen? Grundsätzlich ist festzustellen, dass Shoppingcenter es werden insbesondere Shoppingcenter für Entwickler, Mieter und Inves- daher ungleich schwerer haben als andere Immobilien, nachhaltig zu toren „wertvoller“. Denn eine niedrige „zweite Miete“ dank geringerer wirtschaften. Nebenkosten zahlt sich für jeden aus. PORTFOLIO KONZEPTE Nachhaltigkeit: Gebäude mit Zertifikat, hier das „Atmos“ in München, überzeugen auch ökonomisch. samkeit, für spürbare Nachhaltigkeit sorgen können. Die Frage muss also 28 Ein Netz voller Wissen Für Immobilienprofis und Laien ist das Internet zur wichtigen Informationsquelle geworden 30 Alles nur Fassade Gebäudehüllen spiegeln den Geist der Zeit: Die Zukunft gehört der Medienfassade Jedes der derzeit in Deutschland bestehenden fast 450 Shoppingcen- Und schließlich werden auch Kunden ein nachhaltig gemanagtes ter hat seine eigene Geschichte und dennoch haben fast alle eines ge- Shoppingcenter zu würdigen wissen – „ökologisch wertvoll“ macht meinsam: Über Nachhaltigkeit, also Wertschöpfung durch Reduktion und Einkaufen eben noch mehr Spaß. sinnvolle Sparsamkeit, kann im Grunde genommen erst im wirklichen Geschäftsbetrieb gesprochen werden. Erst im täglichen Betrieb zeigt 3 Zur Sache Shoppingcenter: Ein Plädoyer für mehr Sparsamkeit 26 Nachrichten Finanzkrise stoppt Hochhausbauten; Europas Logistikmärkte leiden unter Rezession; Handliche Immobilienkontakte; „The Shard“ soll im Mai 2012 fertig sein 27 Nachrichten IPD Award geht an UniImmo: Deutschland; Investmentklimastudie: Immobilieninvestoren sind wieder zuversichtlicher Fassade: Hinter Hundertwassers Kunstwerk wird in Wien der Müll verbrannt. 34 Nachrichten Der Startschuss für den Prime Property Award 2010 ist gefallen; Union Investment stärkt institutionelles Immobiliengeschäft 34 Impressum/Kontakt sich, ob die Idee des Planers trägt. Ohne zuvor klar definierte Parameter, die aufzeigen, was wird und wie viel dies kostet, ist messbare sichtbare Nachhaltigkeit nicht darzustellen. Fotos: Multi Turkmall (Cover); v.o.n.u. Multi Turkmall; Project Photos/Reinhard Eisele; Vivico Real Estate; Caro/Hechtenberg; SEC RUBRIKEN Hier zeigt sich nun der Anspruch der Nachhaltigkeit. Messbare Erfolge sind gefordert! Technik kann heute vieles leisten, einen Ersatz jedoch für den vor Ort „mitdenkenden“ Menschen, der zugleich verantwortungsvoll handelt, gibt es nicht. In einem Shoppingcenter finden sich viele Bereiche, die einer ständigen Überprüfung auf die Steigerung zu mehr Nachhaltigkeit hin bedürfen. Muss das Licht in voller Stärke Tag und Nacht brennen? Was sparen wir, wenn die Fahrtreppen langsamer laufen, weil keine Menschen fahren wollen? Müssen nach einem Regenguss die automatischen Bewässerungssysteme im Außenbereich starten, nur weil die Zeitschaltuhr das nun mal so vorsieht? All dies sind Punkte, bei denen aufmerksame TITELBILD Mit 71.500 Quadratmetern Verkaufsfläche ist das „Forum Mersin“ das größte Einzelhandelsprojekt in der Mittelmeerregion Mersin. Das zum Portfolio des UniImmo: Global gehörende Objekt wurde 2009 mit dem European Shopping Centre Award für sein architektonisches und stadtgestalterisches Konzept ausgezeichnet. 2 RAUM & mehr 2/2009 Mitarbeiter im Centermanagement, durch sinnvolle Regulierung und SparSusanne Klos ist geschäftsführende Gesellschafterin der SEC Center Management GmbH in Hamburg und gehört dem Beirat des German Council of Shopping-Centers an. [email protected] RAUM & mehr 2/2009 3 TITEL Hertie, Woolworth und seit Juni auch Karstadt: Spätestens seit den spektakulären Pleiten der drei Handelsunternehmen gibt es nichts mehr zu beschönigen. Das deutsche Warenhaus steckt in einer tiefen Krise. Wer die Entwicklung in anderen europäischen Ländern in den vergangenen Jahren verfolgt hat, wird davon nicht wirklich überrascht sein. In den Nachbarländern hat das klassische Kaufhaus seine herausragende Bedeutung als Kundenmagnet schon seit Langem eingebüßt. Und in dem Maße, in dem ihm die Kunden den Rücken zukehrten, wendeten sie sich einem anderen Konzept der umfassenden Warenpräsentation zu: dem Shoppingcenter. Die Einkaufstempel nach US-amerikanischem Vorbild haben in den vergangenen Jahren einen einzigartigen Siegeszug in Europa angetreten. Allein in Deutschland hat sich die Zahl großflächiger Shoppingcenter zwischen den Jahren 1990 und 2008 nach Angaben des EHI Retail Institute in Köln mehr als verfünffacht. Zählte man 1990 erst 88 Center, waren es im November 2008 schon fast 450. Der Erfolg der Idee, einzelne, wirtschaftlich unabhängige Händler unter einem Dach zu vereinen, die vermieteten Flächen aber zentral zu managen und als Marke zu etablieren, überzeugt auch institutionelle Investoren. Gut gemanagte Einkaufszentren in zentraler Lage gelten als vergleichsweise sichere Investition – auch in den Zeiten der Finanz- und Wirtschaftskrise. Allerdings hängt der Erfolg von vielen Faktoren ab und ist bei Weitem kein Selbstgänger. Mancher Investor musste bereits leidvoll erfahren, dass eine gute Umsatzentwicklung und hohe Mieterzufriedenheit nicht allein mit einem funktionalen Gebäude und ausreichend Parkplätzen zu erreichen sind. Ein Shoppingcenter basiert vielmehr auf einem komplexen Zusammenspiel zwischen Innen- und Außenwirkung. Vorbei sind deshalb die Zeiten, in denen einfallslose Shoppingcenter auf der „grünen Wiese“ entstanden. Was heute zählt, sind die Kreativität der Entwickler und Betreiber und die Bereitschaft, sich veränderten Marktbedingungen anzupassen. Dabei geht es nicht so sehr um kurzfristige Trends, sondern um Strömungen, welche die Einzelhandelslandschaft dauerhaft prägen. Moderne Marktplätze Shoppingcenter trotzen der Krise und gehören zu den interessantesten Anlageobjekten institutioneller Investoren. Damit sie langfristig eine gute Rendite erwirtschaften, müssen Center vor allem Einkaufserlebnisse bieten. Von Christiane Harriehausen Spektakulär ist die Architektur der „Rhein-Galerie“ in Ludwigshafen. 2010 wird das Shoppingcenter eröffnen, in das Union Investment 220 Millionen Euro investiert. Foto (Visualisierung): Union Investment/Picture Factory Schmidt + Würfel Nachhaltig krisensicher 4 RAUM & mehr 2/2009 „Ein Shoppingcenter ist ein moderner Marktplatz“, sagt Josip Kardun, Geschäftsführer bei der ECE in Hamburg, die auf die Entwicklung und das Management von Shoppingcentern spezialisiert ist. Kunden müssten emotional angesprochen werden. „Dabei geht es nicht nur um die Immobilien selbst, sondern vor allem um weiche Faktoren wie Aufenthaltsqualität, Familienfreundlichkeit, Service oder eine bestimmte Thematik, unter der das Center konzipiert ist und das ihm ein Alleinstellungsmerkmal gibt“, erläutert Kardun. Kurz: Ein Shoppingcenter müsse „nachhaltig“ sein, wobei der Begriff nicht allein auf Umweltthemen reduziert werden dürfe. „Bei einem nachhaltigen Shoppingcenter geht es nicht nur um Fragen des Material- oder Energieverbrauchs. Mindestens genauso wichtig ist die Wirkung eines Shoppingcenters auf sein Umfeld“, sagt Kardun und warnt, Nachhaltigkeit als reines Marketinginstrument zu verstehen. „Authentizität und Glaubwürdigkeit werden von den Kunden belohnt. Doch das funktioniert nur, wenn Shoppingcenter städtebaulich integrierte Lösungen bieten und sich als Teil der Einzelhandelslandschaft verstehen.“ Der ECE-Fachmann weiß, dass die Arbeit an einem guten Shoppingcenter ein dauerhafter Prozess ist. „Einkaufszentren sind Managementimmobilien, müssen sehr wandlungsfähig sein und sich wie eine gewachsene Innenstadt weiterentwickeln.“ Der Lohn dafür seien relativ krisensichere Umsätze. „In einer schwierigen Wirtschaftslage können sich gut gemanagte Einkaufszentren meist besser behaupten als der übrige Einzelhandel“, schildert Kardun seine Erfahrungen. Das kann auch Christoph Meyer, Mitglied der Geschäftsführung und Leiter RAUM & mehr 2/2009 5 TITEL Retail-Investment beim Immobilienberatungsunternehmen Atisreal, bestätigen. „In schwierigen Zeiten geht der Konsument noch selektiver bei seiner Kaufentscheidung vor. Er sucht dann den Einkaufsort, von dem er sich besonders angesprochen fühlt. Und das sind für viele Konsumenten die sauberen, sorgfältig geplanten und gut gemanagten Einkaufszentren.“ Doch auch bei den Einkaufspalästen ist nicht alles Gold, was glänzt. „Es gibt in Deutschland eine Reihe von Shoppingcentern mit Problemen. Dazu zählen Renovierungsstau, Defizite beim Branchenmix oder fehlende ideale Ankermieter. „Hier warten noch einige Aufgaben auf Investoren und Entwickler.“ dass der deutsche Markt nicht so schnelllebig und volatil ist“, erläutert Christoph Meyer. Insgesamt seien Investoren nicht nur kritischer und anspruchsvoller, sondern auch preissensibler geworden. Ausländer sieht man derzeit kaum auf dem deutschen Investmentmarkt. „Aufgrund der schwierigen Finanzierungssituation sind jetzt wieder konservative Anleger mit langfristigen Anlagestrategien wie Pensionsfonds, Versicherungen, aber auch Offenen Immobilienfonds als Einkäufer aktiv.“ Für weitere Bewegung auf dem Investmentmarkt dürften die Folgen der Insolvenzen der großen Warenhauskonzerne wie Hertie oder Karstadt sorgen. „Durch die Veränderungen auf dem Warenhausmarkt werden noch viele Aufgaben auf die Immobilienwirtschaft zukommen“, prognostiziert Meyer. Er arbeitet derzeit am Verkauf der Hertie-Immobilien in Deutschland und verzeichnet eine gute Nachfrage nach den Objekten. „Grund hierfür ist, dass die Einzelvolumina dieser Immobilien mit Preisen zwischen 2 und 12 Millionen Euro im Vergleich zu Einkaufszentren relativ niedrig sind.“ Die Warenhauskrise beschäftigt auch die MFI, Management für Immobilien, die nicht nur Investoren berät und Shoppingcenter betreibt, sondern auch selbst Center entwickelt. Allerdings weiß Vorstand Matthias Bewegung auf dem Investmentmarkt Deutlicher als beim Konsumenten hat die Krise indes die Kauflust von Immobilieninvestoren getrübt. Auf dem europäischen Immobilieninvestmentmarkt für Shoppingcenter ist das Transaktionsvolumen in allen Ländern im Vergleich zu den Ausnahmejahren 2006 und 2007 deutlich zurückgegangen, allerdings mit unterschiedlicher Intensität. Vor allem in Großbritannien sind die Verkäufe eingebrochen. In Deutschland ist der Markt relativ glimpflich davongekommen. „Das liegt insbesondere daran, Fünf Länder dominieren Europas Shoppingcenter-Landkarte Großbritannien verfügt über die höchste Centerdichte der „Big 5“ Anzahl der Shoppingcenter (je 25) geplante Shoppingcenter (bis Ende 2009) 10 die größten Shoppingcenter in den „Big 5“ (Rang) 273 m 2 a die größten Shoppingcenter in Deutschland* 1 Gateshead Liverpool 4 9 Sheffield Shoppingcenter in Europa Verteilung der Shoppingcenter-Verkaufsfläche in Prozent „Big 5“ 64 % 760 23 2 Dudley 137 m 2 Großbritannien (GB) Großbritannien 17 % 6 3 Dartford London Frankreich 15 % c Wildau a Bochum b Günthersdorf Deutschland 11 % Italien 11 % 246 m 2 Spanien 10 % 7 Thiais (Paris) Die größten Shoppingcenter in den „Big 5” Verkaufsfläche in 1.000 m2 1 Metrocentre (GB) 190,5 2 Merry Hill Centre (GB) 159,6 3 Bluewater (GB) 153,3 4 Liverpool One (GB) 151,4 5 Parquesur (E) 151,2 6 Westfield (GB) 150,0 7 Belle Epine (F) 141,0 8 Porta di Roma (I) 139,2 9 Meadowhall (GB) 135,0 10 Cap 3000 (F) 134,0 10 Xanadú (E) 0 50 100 134,0 150 200 780 230 m RAUM & mehr 2/2009 48 20 Leganés 5 Böning, dass sich nicht jedes Warenhaus in ein funktionierendes Shoppingcenter umwandeln lässt. „Beim Verkauf ehemaliger Kaufhausimmobilien muss von dem potenziellen Investor genau geprüft werden, ob der Standort für den Handel geeignet ist und welches Format hier erfolgreich angesiedelt werden kann“, sagt Böning. Wie eine solche Umwandlung funktionieren kann, zeigten zum Beispiel die „Wilmersdorfer Arcaden“ in Berlin, die aus einem ehemaligen SinnLeffers-Haus, einem KarstadtParkhaus und einigen zusätzlich arrondierten Grundstücken entstanden sind. „Dabei sollte nicht übersehen werden, dass die Kosten für so ein Projekt ungefähr denen einer Neuentwicklung entsprechen“, mahnt Böning. Er rechnet damit, dass im Zuge der Warenhauskrise noch einige Einzelhandelsflächen in deutschen Kommunen auf den Markt kommen werden. „Dies ist eine große Chance, aber auch eine große Herausfor- derung, denn nicht überall wird es sich lohnen, den Standort zu halten oder neu zu entwickeln. Daher gehen wir von großen Veränderungen in der deutschen Einzelhandelslandschaft aus“, so Böning. Doch worauf achten die Investoren, die derzeit den Markt bestimmen? „Vor allem auf die Ankermieter“, berichtet Christoph Meyer von Atisreal. „Wenn zwei bis drei solide Unternehmen genannt werden können, ist das Interesse der Kapitalanleger geweckt.“ Daneben spielten der Betreiber sowie die Größe des Einkaufszentrums eine wichtige Rolle. Denn Größe bedeutet Verdrängung: „Wenn ein Kapitalanleger nur das zweitgrößte Center in einer Region erwirbt, besteht die Gefahr, dass ihm das größere Center das Wasser abgräbt. Daher wird der Investor immer versuchen, das größte Center in der Region zu gewinnen.“ Das muss nicht immer in einer Großstadt sein: „Inzwischen hat es ein Frankreich (F) 2 198 m 2 10 Nizza 10 Madrid/Arroyomolinos 8 Rom Kleine Center überwiegen Größenklassen bestehender Shoppingcenter, in Klammern Planungen bis Ende 2009 über 20.000 m2 bis 80.000 m2 bis 20.000 m2 Deutschland 223 (25) 505 31 Spanien (E) 651 68 Italien (I) 579 (11) Großbritannien Italien * a) Ruhr-Park – 127.000 m2, b) Nova Eventis – 125.000 m2, c) A10 Center – 121.000 m2 200 300 400 20 (2) 196 (31) 327 (14) 100 7 (1) 260 (10) 450 (37) 0 8 (0) 194 (8) 480 (11) Spanien über 80.000 m2 216 (23) Frankreich Quelle: JLL, Stand: Dezember 2008; Image Marketing, Stand: Juni 2009 (Die Übersicht „Die größten Shoppingcenter“ erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.) 6 447 Deutschland (D) Foto: Roland Halbe/arturimages Shoppingcenter-Verkaufsfläche pro Einwohner Fast zwei Drittel der Shoppingcenter-Verkaufsfläche in Europa entfallen auf nur fünf Länder. Doch die Unterschiede sind groß. Während statistisch auf jeden Briten 273 Quadratmeter Centerfläche kommen, sind es in Deutschland „nur“ 137 Quadratmeter. Sonstige 36 % Der Einkaufstempel „Eastgate“ in Berlin-Marzahn bietet 1.600 Meter Schaufensterfront. 5 (0) 166 (16) 500 600 0 100 200 12 (1) 300 0 100 Quelle: JLL, Stand: November 2008 RAUM & mehr 2/2009 7 TITEL Umdenken gegeben, weil es bei Einkaufszentren nicht so sehr auf den Makrostandort ankommt“, erläutert Meyer. Entscheidend seien die Zahl der potenziellen Kunden und die Kaufkraft im Einzugsgebiet des Centers. „In einer Kleinstadt kann die Situation manchmal besser sein als in einer Großstadt, wo sich das nächste Center nur wenige Kilometer entfernt befindet.“ Für Martin Mörl, Geschäftsführer bei Pirelli RE Asset Management Deutschland gehört ein Citystandort allerdings zu den wichtigsten Faktoren bei der Investitionsentscheidung. „Der Trend geht zum innerstädtischen Shoppingcenter mit einem ganzheitlichen Einkaufserlebnis“, sagt der Fachmann. Allerdings seien in diesen Lagen oft sehr komplexe Planungen und baurechtliche Aspekte zu beachten. „Darüber hinaus werden regelmäßig Flächenrestriktionen zum Schutz des historisch gewachsenen Einzelhandels von den Städten vorgegeben“, schildert er mögliche Hürden für Neuentwicklungen. Auch die Anforderungen an das Management hätten sich erhöht. „Insbesondere Asset und Property Management müssen heute internationalen Standards hinsichtlich Reporting, Controlling und Finanzplanung entsprechen“, sagt Mörl. Hinzu kommen neue Aufgaben beim Vermietungsmanagement, denn die Ansprüche der Konsumenten an den Mietermix seien aufgrund des intensiveren Wettbewerbs gestiegen. Starke Preiskorrekturen in Europa In Frankreich indes, beschreibt Jones-Lang-LaSalle-Expertin Anke Haverkamp die Situation im Nachbarland, müssen sich Investoren in Geduld üben. „Es gab auf dem französischen Shoppingcenter-Markt in den vergangenen Jahren nur vergleichsweise wenige Transaktionen. Für Ausländer waren die Chancen, hier Objekte zu erwerben, insgesamt sehr gering, weil sie nur schwer mit den französischen SIIC – Sociétés d’Investissements Immobilier Cotée, also den französischen Reits, mithalten konnten. Dank steuerlicher Vorteile konnten sie besser auf dem Markt agieren.“ Nach den starken Preiskorrekturen in Großbritannien beobachtet die Expertin auf diesem Markt derzeit eine Seitwärtsbewegung. Viele, vor allem ausländische Investoren, versuchen jetzt wieder, in Großbritannien einzusteigen. Union Investment-Manager Volker Noack bleibt jedoch vorsichtiger: „Zwar sind die Mieten in Großbritannien vergleichsweise hoch, aber die Mieter müssen die Umsätze nicht melden. In einer wirtschaftlich schwierigen Lage bedeutet das ein höheres Risiko für den Vermieter.“ Zurückhaltend agierten die Kapitalanleger in Spanien und Portugal, beobachtet Anke Haverkamp, weil das Vertrauen in die Wirtschaftskraft dieser Ländern fehle. Allerdings habe Mutterland USA Die Idee des Shoppingcenters ist simpel: Unter einem Dach, aber wie in einer gewachsenen Innenstadt bieten wirtschaftlich unabhängige Händler ein vielfältiges Warenangebot. Anders als in einer traditionellen Einkaufslage agiert jedoch zwischen dem Eigentümer der Flächen und seinen Mietern der Centerbetreiber. Er sorgt für einen möglichst optimalen Mix von Mietern und Warenangebot – und sichert so im Idealfall den nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolg für Händler und Vermieter. Das Konzept stammt aus den USA, wo das Einkaufszentrum heutigen Zuschnitts vor mehr als 70 Jahren seinen Anfang nahm. Das erste „echte“ Center entstand 1956 bei Minneapolis im USBundesstaat Minnesota: Das „Southdale Center“ vereinte alle Geschäfte in einem Gebäude. Das erste Einkaufszentrum Deutschlands war das 1964 eröffnete „Main-Taunus-Zentrum“ in Sulzbach bei Frankfurt am Main. Als weltweit größtes Shoppingcenter gilt der 700.000 Quadratmeter große „Berjaya Times Square“ in Malaysias Hauptstadt Kuala Lumpur. Europas größtes Center ist mit 200.000 Quadratmetern das „Mega II“ in Moskau, dicht gefolgt vom „Metrocentre“ in Gateshead im Nordosten Englands. Auch bei Investitionen in Europa konzentrieren sich Investoren auf Qualitätsprodukte, beobachtet Anke Haverkamp, Leiterin Shoppingcenter Investments beim Beratungsunternehmen Jones Lang LaSalle. „Alles, was einen Makel hat, wird abgestraft“, schildert sie die Lage. Vor allem Immobilien mit leichten Risiken fielen derzeit durch die Investorenprofile. „Der Risikoabschlag, der sich in den vergangenen Jahren sehr verringert hatte, kommt jetzt wieder auf ein normales Niveau zurück, Risiken werden wieder stärker eingepreist.“ Zudem bevorzugten die Investoren Länder mit grundsätzlich guten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und stabilen politischen Systemen. „Vor allem die etablierten und transparenten westeuropäischen Länder wie Frankreich, die Beneluxstaaten und Deutschland stehen auf den Einkaufslisten ganz oben“, sagt Haverkamp. „In den kommenden Monaten hoffen wir, in den kontinentaleuropäischen Kernmärkten wie beispielsweise Deutschland und Belgien investieren zu können. Hier sind derzeit gute Immobilien auf dem Markt“, bestätigt Volker Noack, Leiter Fondsmanagement bei der Union Investment Real Estate GmbH in Hamburg, diese Beobachtung. Bereits in den vergangenen Jahren sei der Anteil von Shoppingcentern in den Fonds-Portfolios kontinuierlich erhöht worden, sagt Noack. „Shoppingcenter sind vergleichsweise krisensichere und wenig volatile Investitionen, denn gut gemanagte Shoppingcenter mit geringen Leerstandsquoten versprechen regelmäßige Mieteinnahmen.“ Das „Atrio“ in Villach ist ein Vorbild an Energieeffizienz und das größte Shoppingcenter Kärntens. Das „Lago“ in Konstanz, ein Objekt des UniImmo: Global, vereint Shopping, Kino, Fitness, Büros und Wohnungen. Investoren kommen aus der Deckung Großbritanniens Shoppingcenter sind bei institutionellen Anlegern wieder begehrt. Von Sara Seddon-Kilbinger Fotos: ATP Architekten/Thomas Jantscher; Union Investment 8 RAUM & mehr 2/2009 hier aufgrund des mangelnden Investoreninteresses eine sehr starke Preiskorrektur stattgefunden, sodass sich jetzt wiederum attraktive Investitionsmöglichkeiten böten. Auch in Zentral- und Osteuropa haben sich die Märkte gewandelt. „Nachdem sich Russland anfangs recht unbeeindruckt von der Krise zeigte, hat dieser Markt die Entwicklung innerhalb von zwei bis drei Monaten nachgeholt. Vor allem Investoren aus Westeuropa verhalten sich hier jetzt zurückhaltender“, sagt Jones-Lang-LaSalle-Expertin Haverkamp. Insgesamt konzentriere sich das Interesse eher auf die größeren Märkte wie Polen oder Tschechien. Ungarn steht aufgrund der wirtschaftlichen Probleme des Landes derzeit nicht so stark im Fokus. „Die Renditen haben auf den europäischen Märkten sehr unterschiedlich reagiert, aber zu Korrekturen nach oben ist es überall gekommen. Nachdem sich die Renditen im Jahr 2007 mit einer Vier vor dem Komma präsentierten, sind sie jetzt wieder bei 5 bis 6 Prozent angelangt.“ Mit weiteren deutlichen Steigerungen rechnet Haverkamp allerdings nicht. Insgesamt zeige sich, dass in Ländern mit historisch stabilen Ökonomien die Immobilienmärkte auch in wirtschaftlich schwierigen Situationen relativ stabil bleiben. „Die meisten Preiskorrekturen haben wir jetzt gesehen. Wer Der Markt für Shoppingcenter in Großbritannien kommt langsam wieder in Schwung. Im Vergleich zum ersten Quartal 2008 hat sich das Transaktionsvolumen im ersten Quartal dieses Jahres mehr als verdoppelt. Anleger sind wieder bereit zu investieren. Schon in den ersten drei Monaten dieses Jahres wechselten britische Einkaufszentren im Wert von 877 Millionen Pfund den Eigentümer, zwischen Januar und März 2008 waren es gerade mal 329 Millionen Pfund, sagt Charlie Barke, Mitgesellschafter des Immobilienberaters Cushman & Wakefield in London. Das bisher größte Geschäft in diesem Jahr war der Verkauf eines 50-Prozent-Anteils am Meadowhall-Einkaufszentrum in Sheffield: British Land veräußerte seinen Anteil für 588 Millionen Pfund an London & Stamford Property und einen weiteren, ungenannten Geschäftspartner (siehe Grafik Seite 6: Die größten Shoppingcenter in den „Big 5“). Das 135.000 Quadratmeter große Zentrum war der größte Einzelwert im British-Land-Portfolio und gilt seit Langem als eines der besten außerstädtischen Einkaufszentren in Großbritannien. Im zweiten Quartal setzte sich der Trend der Belebung fort: Im Juni veräußerte Hammerson einen 75 Prozent Anteil an seinem Bishops-Square-Projekt in Spitalfields, London, für 445 Millionen Pfund an den Oman Investment Fund. Das Projekt umfasst 71.900 Quadratmeter Büro- und circa 5.000 Quadrat- meter Ladenfläche. Einige weitere interessante Zentren stehen noch zum Verkauf. So bietet die Aviva Finanzdienstleistungsgruppe derzeit eine 50-Prozent-Beteiligung an ihrem Bentall-Einkaufszentrum im Londoner Stadtteil Kingston upon Thames an. Analysten zufolge soll dieser Anteil sowohl für internationale als auch für inländische Käufer interessant sein und voraussichtlich für rund 100 Millionen Pfund veräußert werden. „Wir sind im Gespräch mit mehreren in- und ausländischen Investoren und hoffen, zu einem Abschluss zu kommen. Wir verkaufen das Zentrum im Rahmen unserer Diversifikationsstrategie“, sagte Chris Paterson, Verkaufsleiter bei Aviva UK. Das Gesamtgeschäftsvolumen in Großbritannien ist dennoch seit 2004 stark eingebrochen: von 8 Milliarden Pfund in 2004 auf 5 Milliarden im Jahr 2007, so Robin Coady, Direktor und Leiter Retail- und Leisure-Investment bei Jones Lang LaSalle in London. Im vergangenen Jahr, als sich die Finanzkrise ausweitete, sackte das Geschäftsvolumen sogar auf 2 Milliarden Euro ab, so Coady. „Der Umsatz auf den Kapitalmärkten ist in den vergangenen zwölf Monaten drastisch gesunken.“ So ist es nicht verwunderlich, dass die Preise für Einkaufszentren seit 2006 um bis zu 50 Prozent gefallen sind. Nach Daten von Jones Lang LaSalle sind die Renditen auf etwa 8,25 Prozent gestiegen, von unter 5 Prozent in 2007. Die Mieten seien gesunken und werden in den nächsten drei Jahren noch um weitere 25 bis 35 Prozent fallen, sagt Coady. Schwer erschüttert wurde der Markt durch die Insolvenzen von insgesamt 49 großen Einzelhandelsunternehmen. „Die Auswirkungen auf Projekte in der Entwicklungsphase waren massiv. Viele wurden auf Eis gelegt“, sagt Coady. Es gibt aber auch positive Auswirkungen: Die Baukosten sind im vergangenen Jahr aufgrund sinkender Lohn- und Materialkosten um bis zu 15 Prozent gefallen. Investoren halten deshalb wieder Ausschau nach neuen Projekten, sagt Charlie Barke von Cushman & Wakefield. „Ich glaube, wir sehen seit dem Frühsommer wieder ein gesteigertes Interesse seitens der Investoren.“ Der Grund: Es besteht Konsens, dass der Markt derzeit ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis aufweist und die Talsohle möglicherweise erreicht ist. Die meisten Investoren wollten wieder britische Einzelhandelswerte in ihrem Portfolio sehen, meint Barke: Inländische Rentenfonds, europäische und US-amerikanische Fonds, aber auch deutsche Offene Immobilienfonds seien wieder daran interessiert, im britischen Einzelhandelsmarkt anzulegen, beobachtet auch Jones-Lang-LaSalle-Mann Robin Coady. „Es gibt allerdings viele Käufer da draußen, die wegen der spärlichen Bankdarlehen frustriert sind. Nur zwei oder drei Banken, darunter die SantanderBank, sind bereit, für diese Investitionen Geld zu leihen.“ RAUM & mehr 2/2009 9 TITEL Fotos: Pirelli RE; Unibail Rodamco; Union Investment die Diskussionen jetzt vorrangig um neue Energiequellen, Green Buildings, kreative Konzepte und notwendige Anpassungsmaßnahmen bei Bestandsimmobilien drehen. Auch die Auseinandersetzung mit der Frage nach der Zukunft der Warenhauskonzerne beschäftige die Branche, denn viele Shoppingcenter haben eine Kaufhausfiliale als Ankermieter oder blicken bei entsprechender Größe mit Interesse auf die innerstädtisch gelegenen Immobilien der Warenhauskonzerne. Große Chancen für Shoppingcenter sieht der Fachmann durch eine stärkere Kundenorientierung und Kundenbindung. Dazu seien auch neue Vermarktungswege und ein intelligenter Einsatz moderner Medien erforderlich. „Der Kunde braucht heute stärkere Impulse, etwa durch einen Gutschein, der ihm per SMS auf sein Handy gesendet wird“, meint Jung. Auch ein eigenes Shoppingcenter-Fernsehprogramm sei denkbar. In Seit Anfang September gehört das „Mercado“ in Hamburg-Altona zum Portfolio des UniImmo: Deutschland. heute kauft, kann in drei Jahren sicherlich mit Wertsteigerungen rechnen“, prognostiziert sie. Doch wie wird das Shoppingcenter in zehn Jahren aussehen? Die Antwort lautet jedenfalls nicht: „mehr Fläche mit den fast immer gleichen Mietern“, was lange Zeit als sicheres Rezept für eine solide Rendite galt. Der German Council of Shopping Centers (GCSC), der die Interessen der Branche in Deutschland vertritt, hat zur Beantwortung dieser entscheidenden Frage beim renommierten Schweizer Gottlieb-Duttweiler-Institut (GDI) eine Studie in Auftrag gegeben, die voraussichtlich in diesem Herbst erscheinen wird. Erste Thesen wurden vorab veröffentlicht. Die Immobilienrenditen im Vergleich Rendite aus Mieterträgen und Wertentwicklung in den „Big 5“ in Prozent Shoppingcenter 20 15 16,4 14,3 10 16,3 13,3 Büro Logistik 14,8 11,1 10,3 5 8,3 8,6 0 2005 2006 2007 Quelle: IPD, Stand: November 2007 Nutzungsarten in Offenen Immobilienfonds* Anteil in Prozent, gerundet Sonstige 7 % Industrie 4 % Hotel 4 % Handel** 20 % * Anteil am Immobilienvermögen der Publikumsfonds ** alle Handelsflächen Quelle: BVI, Stand: 31. 12. 2008 10 RAUM & mehr 2/2009 Büro 65 % Im vergangenen April eröffnete in Rouen das Einkaufszentrum „Docks 76“ – direkt am Ufer der Seine. Fachleute rechnen damit, dass sich die Schere zwischen Handelsflächenbestand und Quadratmeterproduktivität immer weiter öffnet. Centerplaner und Handelsimmobilienstrategen müssen also umdenken, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Zu den wichtigsten Zukunftsthemen zählen nach Ansicht des Forschungsinstituts eine klare Positionierung von Einzelhandelsimmobilien sowie die Verbindung von Urbanität und Natur. Die Fachleute des GDI sehen eine besondere Herausforderung darin, das Thema Natur in die Stadt zu transportieren. Wenn es Handelsimmobilien gelänge, diese auf den ersten Blick gegensätzlichen Themen stimmig und glaubwürdig zu vereinen, werde man auch den Verbraucher von morgen gewinnen. Ebenso wichtig wird die intensive Auseinandersetzung mit Cyberspace und Internet, deren neuen Marktplätzen und Einkaufsrealitäten sein. Fachleute erwarten, dass der Verbraucher trotz der Erfolge beim E-Commerce weiterhin „Wirkliches“ sehen, hören, riechen und schmecken will. Wertewandel und bröckelndes Vertrauen in die „Großen“ der Einzelhandelslandschaft böten überdies Chancen für Individualisten, die eine neue Vielfalt schaffen könnten. Um den Konsumenten der Zukunft zu erreichen, werde sich der Einzelhandel insgesamt flexibler und zugänglicher zeigen müssen. Rechtzeitig die Weichen stellen Wie wichtig die Auseinandersetzung mit diesen Entwicklungen ist, weiß GCSC-Vorstandsmitglied Stephan Jung. „Unseren Mitgliedern geht es darum, rechtzeitig die richtigen Weichen zu stellen, da sich in der Einzelhandelslandschaft manches im Wandel befindet. Die Zeiten, in denen dem Motto ‚Size Matters’ gefolgt wurde, sind vorbei“, hebt er hervor. Der Europakongress des International Council of Shopping Centers (ICSC) in Barcelona, der als Seismograf der Branche gilt, habe gezeigt, dass sich seinen Augen wird das Einkaufszentrum der Zukunft zu einer Art „Third Place“. Eine Erweiterung des Gastronomie- und Kulturangebots sieht er daher als weitere wichtige Aufgabe für die Branche. „Das Shoppingcenter darf und soll eine Bühne sein, auf welcher der Kunde der Hauptdarsteller ist“, fasst er seine Gedanken zusammen. Wichtig sei dabei allerdings, dass keine Scheinwelt erschaffen werde. Beispiele für gelungene Projekte gebe es inzwischen in großer Zahl. So hat eine umfangreiche Skulpturen-Ausstellung etwa eine Million zusätzliche Besucher ins „Oriocenter“ in der italienischen Stadt Bergamo gelockt: Nach Angaben der Einzelhändler haben sie dafür gesorgt, dass der Umsatz im Center um rund 28 Millionen Euro gesteigert werden konnte. Ein Gewinn auch für die Stadt und ein weiterer Beweis für die Lebendigkeit und Vielfalt der europäischen Shoppingcenter-Landschaft. „Shoppingcenter sind kein Rundum-Sorglos-Produkt“ Frank Billand, Mitglied der Geschäftsführung der Union Investment Real Estate GmbH, im Gespräch über die Chancen und Risiken von Shoppingcenter-Investments Was macht ein Shoppingcenter unter RenditeRisiko-Aspekten für Investoren interessant? Shoppingcenter gehören zu den Stabilitätsankern in einem Immobilienportfolio. Grund hierfür sind die vergleichsweise geringen Leerstands- und Mietausfallrisiken. Voraussetzung ist, dass sie über eine solide Mieterstruktur und ein ausreichendes Einzugsgebiet verfügen, zudem gut gelegen und professionell gemanagt sind. Beim Ankauf achten wir ganz besonders auf diese Kriterien. Der Leerstand in unserem Shoppingcenter-Portfolio – es umfasst 21 Center, die sich von Deutschland über Belgien und Spanien bis hin zur Türkei erstrecken – liegt bei unter 2 Prozent. Ein weiterer großer Vorteil von Shoppingcentern ist die Vielzahl der Mieter aus unterschiedlichen Branchen. Anders als bei einem Bürogebäude profitiert der Eigentümer dadurch von einer Diversifikation in sich. Wie sieht Ihre Ankaufsstrategie aus und was planen Sie in diesem Jahr? In den vergangenen drei Jahren haben wir unser Portfolio in erster Linie durch den Ankauf von Projekten erweitert, weil es so gut wie keine Bestandsobjekte zu realistischen Preisen gab. Mit der Finanzkrise hat sich das Bild schlagartig verändert: Während in Spitzenzeiten Shoppingcenter mit Renditen von 4,5 Prozent verkauft wurden, bewegen sich die Nettoanfangsrenditen in Toplagen jetzt wieder zwischen 5,5 und 6,25 Prozent. Zudem gibt es in Europa derzeit nur wenige eigenkapitalkräftige Wettbewerber. Interessant sind für uns insbesondere Bestands- immobilien in Deutschland, Frankreich, den Beneluxstaaten und Italien. Hier sind die Preise zwar noch nicht so deutlich korrigiert wie in Großbritannien. Dafür erweisen sich diese Länder wegen ihrer restriktiven Genehmigungspraxis und makroökonomischen Stabilität als solide Standorte. Wir planen in diesem Jahr, rund 750 Millionen Euro zu investieren, dabei ist das Ziel, den Shoppingcenter-Anteil in unseren Fonds von derzeit durchschnittlich rund 25 Prozent in den kommenden Jahren auf 30 bis 40 Prozent zu steigern. zügige Genehmigungspolitik etwa, die keine Rücksicht auf vorhandene Objekte nimmt, birgt aus unserer Sicht viele Risiken. Deshalb ist es auf lange Sicht sinnvoller, ein hochwertiges Objekt mit marktkonformen Mieten zu kaufen und Planungssicherheit zu haben. Die meisten unserer Objekte befinden sich in Mittelzentren mit interessanten Einzugsgebieten. Aus Investorensicht ist auch der Trend zu begrüßen, sich von Shoppingcentern auf der „grünen Wiese“ zu verabschieden und diese in die Innenstädte zu integrieren. Wie krisenresistent sind Shoppingcenter? Gut gemanagte und positionierte Shoppingcenter verzeichnen gegenüber dem klassischen Einzelhandel eine vergleichsweise stabile Entwicklung mit steigenden Marktanteilen. 2008 ist der Umsatz der Mieter in unseren Centern noch einmal um 2,8 Prozent gestiegen. Allerdings geht die Krise auch an den Shoppingcentern nicht spurlos vorbei. Wir müssen uns also auf eine intensivere Arbeit im Bestand einstellen. Ein Shoppingcenter ist kein Rundum-Sorglos-Produkt, sondern gehört immer wieder auf den Prüfstand. Das heißt für uns, vorhandene Standorte durch Erweiterungs- und Modernisierungsmaßnahmen zu stärken, wie dies etwa gerade im „Quarree Wandsbek“ in Hamburg oder im „Allee-Center“ in Remscheid geschieht. Das Interview führte Christiane Harriehausen. Wo sehen Sie interessante Zukunftsmärkte? Bei Shoppingcentern geht es vor allem um die Frage nach zukunftsfähigen Einzugsgebieten, weniger nach Ländern. Eine zu frei- Frank Billand (55) ist seit 2003 Mitglied der Geschäftsführung der Union Investment Real Estate GmbH und unter anderem verantwortlich für Shoppingcenter-Investments. RAUM & mehr 2/2009 11 MÄRKTE In Londons Finanzdistrikt – hier der SwissRe-Tower „The Gherkin“ – sind die Folgen der Immobilienkrise besonders deutlich spürbar. Wertgenau ermitteln Eine Immobilie zu bewerten, ist einer der wichtigsten Bestandteile des professionellen Immobilieninvestments. Die Diskussion um Bewertungsmethoden ist dabei ein Scheingefecht. Von Anne Wiktorin Auf einem vollkommenen Markt, sagen die Volkswirte, ist alles ganz einfach: Die Qualität eines jeden Gutes ist völlig vergleichbar; persönliche Vorlieben des Kunden spielen bei der Kaufentscheidung nicht die geringste Rolle, und zu jeder Zeit und an jedem Ort kann man sich mit der gewünschten Ware versorgen. Über den „fairen“ Preis eines Produktes muss deshalb niemand streiten. Der bildet sich ganz von selbst und liegt dort, wo Angebot und Nachfrage gleichgewichtig aufeinandertreffen. Weil in dieser idealen Welt völlige Markttransparenz herrscht, akzeptiert kein Kunde einen höheren als den Gleichgewichtspreis. Umgekehrt würde kein Anbieter sich mit einem niedrigeren Preis zufriedengeben – warum auch? Doch wen wundert es: In den Niederungen der Realwirtschaft ist man weit entfernt vom Ideal. Selbst das halbe Pfund Butter aus derselben Molkerei hat im Supermarkt einen anderen Preis als beim Feinkosthändler um die Ecke. Und überhaupt: Was heißt hier Butter? Heutzutage füllen die verschiedenen Varianten des klassischen Grundnahrungsmittels im Supermarkt nicht selten ganze Regalmeter, die Preise schwanken um bis zu 100 Prozent. Kurzum: Es gibt mehr als nur einen Preis für jedes Gut, denn unsere Warenwelt ist bunt statt homogen, unsere Kaufentscheidung ist – mal mehr, mal weniger – von Emotionen und individuellen Präferenzen geprägt; und selbst auf den transparentesten Märkten wird es nie vollständige Informationen über Preise und Konditionen aller gehandelten Güter geben können, wie es das Ideal verlangt. Foto: Christian Heeb/laif Ein unvollkommener Markt 12 RAUM & mehr 2/2009 Dennoch lohnt der Ausflug in die Theorie, um zu verstehen, wie der Immobilienmarkt tickt – und warum es gerade dort besonderer Fachkompetenz bedarf, um den „richtigen“ Preis für die gehandelte „Ware“ zu finden. Im Unterschied zu Börse und Devisenhandel nämlich, die dem Ideal des vollkommenen Marktes vergleichsweise nahe kommen, gilt der Immobilienmarkt bei den Theoretikern der Volkswirtschaftslehre als einer der unvollkommensten Märkte überhaupt. Die Gründe liegen auf der Hand. Wie kein anderes Gut sind Immobilien an ihren Standort gebunden; kein Gebäude gleicht dem anderen, und jeder Käufer oder Nutzer beurteilt die Qualitäten eines Gebäudes zudem nach jeweils eigenen, individuellen Maßstäben. Entsprechend komplex ist der Prozess der Preisfindung, an dessen Ende der „faire“ Marktwert eines Gebäudes stehen soll. Für Immobilieneigentümer und -investoren, die im Auftrag und auf Rechnung privater wie professioneller Anleger Gebäude erwerben, managen und zum möglichst optimalen Zeitpunkt wieder verkaufen, spielt die Frage der marktgerechten Bewertung ihrer Liegenschaften naturgemäß eine ganz besondere Rolle. Schließlich bemisst sich der wirtschaftliche Erfolg der Kapitalanlage auch an der Wertentwicklung der zugrunde liegenden „Assets“, wie auch steinerne Vermögenswerte in der Fachsprache genannt werden. Im Prinzip gilt dies für börsennotierte Immobilienaktiengesellschaften und deren Brüder, die steuerbegünstigten Real Estate Investment Trusts (Reits), genauso wie für die deutschen Offenen Immobilienfonds. Für sie allerdings spielt die Bewertung aus zwei Gründen eine besondere Rolle. Zum einen, weil die Preise der Fondsanteile und deren langfristige Entwicklung in großen Teilen davon bestimmt werden, wie sich der Wert der Immobilien im Portfolio entwickelt (siehe Seite 24, Nachgefragt: Der Anteilwert). Zum Zweiten, weil Kapitalanlagegesellschaften, die Offene Immobilienfonds auflegen, durch das Investmentgesetz reguliert und daher verpflichtet sind, ihre Bestandsimmobilien regelmäßig durch unabhängige, von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zugelassene Sachverständige bewerten und auch bei Ankäufen den verhandelten Kaufpreis von einem separaten Gutachter überprüfen zu lassen. Dies dient insbesondere dem Schutz der Anleger: „Für den Anlegerschutz ist die marktgerechte Bewertung der Immobilien von Offenen Immobilienfonds von ganz zentraler Bedeutung“, urteilt deshalb Uwe Ditt, Vorsitzender des Bundesverbands der Immobilien-Investment-Sachverständigen (BIIS). In ihm haben sich Gutachter zusammengeschlossen, die nach den Vorgaben des Investmentgesetzes für deutsche Immobilien-Kapitalanlage- Wie Immobilienanleger bewerten lassen Ob Händler, Bestandshalter oder Investor: Kapital- und Kapitalanlagegesellschaften, deren Kerngeschäft die Immobilie ist, müssen ihre Vermögenswerte regelmäßig taxieren lassen. Doch gelten für börsennotierte Gesellschaften andere Regeln als für Offene Immobilienfonds. Immobilienaktiengesellschaften und die steuerbegünstigten Real Estate Investment Trusts (Reits) unterliegen den allgemeinen Bilanzierungsvorschriften börsennotierter Unternehmen. Da die Rechnungslegung zumeist nach dem internationalen Standard IFRS erfolgt, werden Immobilien zum Zeitwert, dem sogenannten Fair Value bewertet. Die Begutachtung übernehmen unabhängige Sachverständige, bewertet wird mindestens einmal jährlich. Dieser Turnus gilt auch für Offene Immobilienfonds. Sie jedoch sind durch das Investmentgesetz reguliert. Das schreibt in §77 fest, dass alle Liegenschaften regelmäßig, und das heißt mindestens einmal pro Jahr, durch unabhängige, von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht zugelassene Sachverständige bewertet werden müssen. Verpflichtend ist überdies die Einrichtung von Sachverständigenausschüssen. Ihre Zusammensetzung ist detailliert geregelt, zudem macht der Gesetzgeber Vorgaben, dass und in welcher Weise sich Haupt- und Nebengutachter turnusmäßig abwechseln müssen. Bei Immobilienankäufen bleiben diese seit der Novellierung des Investmentgesetzes außen vor: Ankäufe müssen von separaten Gutachtern auf ihren angemessenen Marktwert hin überprüft werden. RAUM & mehr 2/2009 13 gesellschaften tätig sein dürfen. Zurzeit zählt der BIIS 103 Mitglieder, die zusammengenommen jährlich Immobilien im Volumen von mehr als 250 Milliarden Euro bewerten, davon entfallen allein 90 Milliarden Euro auf Offene Immobilienfonds inklusive Spezialfonds für institutionelle Investoren. Mehr als 200 Immobilien werden allein bei Union Investment jedes Jahr von den sechs für die Gesellschaft tätigen Sachverständigen bewertet. „Die regelmäßige Bewertung der Fondsimmobilien durch unabhängige Sachverständige ist auch deshalb für den Anleger so wichtig, weil Wertveränderungen unmittelbar Teil der Rendite seiner Anlage sind“, sagt Reinhard Kutscher, Sprecher der Geschäftsführung der Union Investment Real Estate GmbH, Hamburg. Professionelle Generalisten „Unsere Arbeit hat sich im vergangenen Jahrzehnt deutlich verändert“, berichtet Eberhard Stoehr, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger und BIIS-Mitglied aus der Praxis. Er bewertet Fondsimmobilien für viele Gesellschaften, auch für Union Investment. Seitdem Offene Immobilienfonds mehr Immobilienkapital im Ausland anlegen als im eigenen Land, sind auch deutsche Gutachter international unterwegs. Denn ob in Europa, Amerika oder Asien, wo immer mit dem Geld deutscher Anleger Immobilien erworben werden, sind die hiesigen Experten tätig. „Dabei kommen wir nicht ohne die Unterstützung lokaler Partner aus, müssen aber auch in unseren eigenen Büros entsprechendes Know-how aufbauen“, schildert Stoehr die gewachsenen Anforderungen an den Be- Internationale Bewertungsstandards Weltweit agierende Immobilieninvestoren erwarten einheitliche Verfahren zur Wertermittlung ihrer Anlagen. Gängig sind in Europa und weltweit drei Standards. WertV. Zur Bestimmung des Verkehrswertes einer Immobilie dient in Deutschland die Wertermittlungsverordnung. Gutachter können wählen zwischen dem Vergleichswert-, Sachwert- und Ertragswertverfahren. Letzteres wenden diese bei der Wertermittlung für Offene Immobilienfonds an. Wichtigste Parameter sind die nachhaltig erzielbaren Mieten sowie der Kapitalisierungszins, der die marktübliche Verzinsung einer Liegenschaft angibt. Red Book. Das vielleicht am weitesten verbreitete Regelwerk zur Wertermittlung von Immobilien. Herausgeber ist die Royal Institution of Chartered Surveyors (RICS). Sie verpflichtet ihre Mitglieder, schriftliche Wertermittlungen auf Grundlage und nach Maßgabe des Red Book durchzuführen. Vorgaben, welche Methodik der Wertermittlung dient, macht die „Bibel der Bewerter“ nicht, diese sind frei wählbar. Verpflichtend sind einzig Anforderungen an Qualifikation, Unabhängigkeit und formale Abwicklung des Auftrags. Blue Book. Herausgegeben vom europäischen Dachverband der Immobilienbewerter, Tegova, ähnelt es nicht nur im Titel dem RICS-Vorbild. Das „blaue Buch“ fasst internationale Bewertungsstandards zusammen, an denen sich die Mitglieder aus 22 europäischen Ländern und den USA orientieren sollen. www.biis.info; www.rics.org; www.tegova.org 14 RAUM & mehr 2/2009 rufsstand. Einzelkämpfer sind die professionellen Bewerter gewerblicher Immobilien deshalb schon lange nicht mehr, im Hintergrund unterstützen qualifizierte Mitarbeiter die Experten unter anderem in der Auswertung aktueller Marktdaten. „Hierbei müssen wir Generalisten sein“, betont der Berliner. Eine Spezialisierung etwa auf einen einzigen Teilmarkt sei schon deshalb wenig praktikabel, weil die Offenen Immobilienfonds zur Risikostreuung daran arbeiten, ihr Portfolio hinsichtlich Nutzungsarten und Regionen breit aufzustellen. Für größtmögliche Sicherheit bei der Ermittlung der Verkehrswerte sorgt das Kollegialitätsprinzip: Jeweils drei Sachverständige bilden einen Ausschuss, die vom Hauptgutachter vorgenommene Bewertung muss, so will es das Gesetz, von zwei Kollegen geprüft und mit unterschrieben werden. „Wir beschäftigen uns intensiv mit vielen internationalen Märkten, sodass die Ausschusssitzungen eigentlich fortwährende Veranstaltungen zum wechselseitgen Wissens- und Erfahrungsaustausch sind“, sagt Stoehr. Dort wird durchaus über Märkte und deren Einschätzung fachlich gestritten: „Selbstverständlich gibt es unterschiedliche Auffassungen zu einzelnen Bewertungen“, berichtet Stoehr. Diese würden ausdiskutiert, wenn nötig überprüfe man einzelne Bewertungen auch vor Ablauf eines Jahres, um markt- oder objektspezifischen Veränderungen Rechnung zu tragen. Trotz der Professionalisierung der Branche und umfangreicher, erst kürzlich mit Blick auf die weitere Verbesserung des Anlegerschutzes novellierter gesetzlicher Vorgaben gerät das Thema der Immobilienbewertung immer wieder in den Fokus von Kritikern. Die internationale Bewerterszene hat in den vergangenen Jahren schon häufiger über die Frage gestritten, ob und mithilfe welcher Methode der marktgerechte Wert von Immobilien zu ermitteln sei. „Viele Kollegen im Ausland finden, dass ihre Art der Bewertung die bessere Methode als die deutsche sei“, sagt Andrew Groom, Leiter des Bereichs Valuation Advisory bei Jones Lang LaSalle Deutschland. Der Immobilienbewerter ist Mitglied der Royal Institution of Chartered Surveyors (RICS), dem weltweit renommiertesten Berufsverband professioneller Immobilienfachleute mit etwa 140.000 Mitgliedern in mehr als 120 Ländern. Der Methodenstreit werde zwar gern gepflegt, er sei im Grunde aber aufgebauscht: „Natürlich gibt es unterschiedliche Bewertungsmethoden. Doch die sind eher theoretisch von Interesse. Am Ende steht ein Marktwert – und der ist unabhängig von der Methode, die man anwendet“, so Groom. Ob das deutsche Ertragswertverfahren nach der Wertermittlungsverordnung oder die angloamerikanische „Mark-to-market“-Bewertung nach dem sogenannten Discounted-Cash-Flow-(DCF)-Verfahren angewandt werde, sei in der Praxis nicht von Belang, sagt auch BIIS-Geschäftsführer Gernot Archner und ergänzt: „Eine Bewertungsmethode macht noch keinen Wert, dieser bildet sich ausschließlich am Markt.“ Foto: imago stock & people MÄRKTE Wo immer deutsche Investoren Immobilien erwerben, werden diese von deutschen Sachverständigen bewertet – auch am Times Square in Manhattan. ner sagt, am Markt bildet, wie können sich dann Offene Immobilienfonds von diesem Markt abkoppeln? Und: Bewerten deutsche Sachverständige Fondsimmobilien weniger „ehrlich“ als ihre Kollegen, die sich an anderen Standards und Gepflogenheiten orientieren? „Nein“, sagt Wolfgang Kubatzki, Mitglied der Geschäftsleitung bei Feri Eurorating Services und zuständig für den Bereich Real Estate. „Die Kaufpreise auf den Immobilienmärkten sind zwar weltweit gefallen, es ist bisher aber nur vereinzelt zu größeren Abwertungen der Immobilienportfolios gekommen.“ Nach Feri-Studien schlägt sich eine Änderung der Immobilienpreise im Durchschnitt nur zu 25 Prozent in einer Änderung der Verkehrswerte der Fondsimmobilien nieder. Also kommt die deutsche Bewertungspraxis, die vor allem die langfristig zu erzielende Miete berücksichtigt und Über- wie Untertreibungen der Märkte weitgehend ausblendet, doch zu anderen Verkehrswerten als das angelsächsische Modell? Auch hier erntet man ein klares Nein: Die abstürzenden Preise seien die Folge der überhitzten Märkte der Jahre 2005 bis 2007, erklärt BIIS-Vorstand Uwe Ditt. „Dieser Boom mit allen seinen Preisexzessen war getrieben durch die scheinbar unerschöpfliche Sinkende Mieten auf Europas Büromärkten Durchschnittsmiete in Euro/m²/Jahr Überhitzte Preise Der allerdings präsentiert sich derzeit bekanntermaßen alles andere als gesund. Weltweit befinden sich die Preise und Mieten für Gewerbeimmobilien infolge der globalen Finanzmarktkrise und der durch sie hervorgerufenen Rezession der Realwirtschaft auf Talfahrt. Wertverluste von minus 50 Prozent binnen eines Jahres meldete das Beratungshaus CB Richard Ellis zum Ende des ersten Quartals 2009 beispielsweise für die bevorzugten Bürolagen im Londoner Westend und in der City. Während dies Immobilienaktiengesellschaften weltweit in den Abwärtssog riss, präsentieren sich die Anteilwerte Offener Immobilienfonds erstaunlich stabil. Für das laufende Jahr rechnet das Analysehaus Feri Eurorating Services immer noch mit einer durchschnittlichen Fondsrendite von 3,5 Prozent, einzelne Fonds bewegten sich dabei in einer Spanne zwischen 2 und 5 Prozent. Wenn sich der Wert einer Immobilie aber, wie BIIS-Mann Arch- 2. Quartal 2008 London 2. Quartal 2009 639 482 568 541 Paris 404 Mailand k.A. 343 375 Madrid 230 221 Frankfurt/M. 192 179 Brüssel 0 100 200 300 Quelle: BNP Paribas Real Estate; Stand: Juli 2009 400 500 600 700 Liquidität.“ Dank freigiebiger Banken konnten Immobilien fast ohne Eigenkapital erworben werden, überdurchschnittliche Mieterwartungen trieben die Preise zusätzlich in die Höhe. „Von einigen Bewertern wurden diese als ‚Fair Value‘ abgesegnet“, sagt Ditt – ein Fehler, der sich bei so manchem Investor heute rächt. Anzeichen des Umdenkens Offene Immobilienfonds sind davon nicht betroffen: Sie sind klassische Eigenkapitalinvestoren. Fremdfinanziert wird, wenn überhaupt, nur der kleinere Teil der Ankäufe, und schon von Gesetzes wegen darf der Darlehensanteil 50 Prozent des Ankaufswertes nicht übersteigen. Im aufgeheizten Bieterwettbewerb um attraktive Objekte zogen die deutschen Kapitalanlagegesellschaften in den vergangenen Jahren daher vielfach – und bewusst – den Kürzeren. Statt auf überhitzten Märkten überteuerte Objekte zu erwerben, nutzten viele Gesellschaften die Gunst der Stunde und bereinigten durch gezielte Verkäufe die eigenen Portfolios. Die zuletzt gute Performance der Offenen Immobilienfonds ist diesem antizyklischen Investmentverhalten zu verdanken. Dies wird sich auch in Zukunft auszahlen: Weil man sich beim Kauf auf überhitzten Märkten zurückhielt und bestehende Objektwerte dem gestiegenen Preisniveau nur moderat angepasst wurden, dürfte der Abwertungsbedarf nun geringer ausfallen als bei weniger risikoaversen Investoren. Den Vorteil dieses konservativen Ansatzes sehen inzwischen auch die Bewerter selbst. Gernot Archner jedenfalls sieht erste Anzeichen des Umdenkens. Als sich Anfang Juni dieses Jahres die Immobilienfachwelt in Barcelona zur alljährlich vom unabhängigen Research-Institut IPD ausgerichteten Europäischen Immobilien-Investment-Konferenz traf, habe man neue Töne hören können, berichtet er. „Jahrelang befanden sich deutsche Bewerter international in der Defensive, in diesem Jahr war das zum ersten Mal anders.“ Man spüre ernsthaftes Interesse an der deutschen Praxis der Wertermittlung. Derweil erwägt die RICS die Einführung des „akkreditierten Bewerters“, eines Titels, der alle drei Jahre nach Vorlage entsprechender Qualifikationsnachweise erneuert werden soll. Offenbar sieht man Handlungsbedarf: Das Renommee der Branche sei verbesserungswürdig, heißt es. Mit einem indes wird man sich abfinden müssen: Die Vollkommenheit des Immobilienmarktes bleibt eine Illusion. RAUM & mehr 2/2009 15 MÄRKTE Robuste Alpenländer Deutschlands Nachbarn Österreich und Schweiz machen dank mäßiger Bautätigkeit in der Krise eine gute Figur. Von Miriam M. Beul Als der russische Präsident Vladimir Putin im Sommer 2008 zum Staatsbesuch nach Wien reiste, setzten einige Gastwirte an diesem Tag „Put’ngeschnetzeltes“ auf ihre Mittagskarte. Typisch Wien. Ein bisschen morbide, dabei mit einer guten Portion galanter Ironie. Gut Lachen hat die Donaumetropole in diesem Jahr allemal. Das internationale Beratungsunternehmen Mercer hat weltweit 215 Großstädte auf ihre Lebensqualität hin untersucht. Ergebnis: Wien landete erstmals auf Platz eins. Der Spitzenreiter der vergangenen Jahre, Zürich, belegte Platz zwei, gefolgt von Genf und Vancouver auf den Plätzen drei und vier. Zur Beurteilung der Lebensqualität wurden laut Mercer 39 Kriterien aus der Sicht von Mitarbeitern internationaler Konzerne herangezogen, die ins Ausland Mit dem „Floridotower“ in Wien erwarb Union Investment 2007 zum ersten Mal ein Bürogebäude in der österreichischen Hauptstadt. entsandt wurden. Auch der deutsche Unternehmensberater Roland Berger hat im Frühjahr 2009 die zentral- und osteuropäischen Hauptstädte unter die Lupe genommen und nach sechs Kriterien bewertet. Auch hier trug Wien mit 89,9 von 100 möglichen Punkten den Sieg davon. Die vielen internationalen Streicheleinheiten täuschen indes nicht darüber hinweg, dass die Krise auch in Österreich angekommen ist. In der nationalen Bankenlandschaft tobt sie wegen der intensiven Osteuropa-Ausrichtung als Sturm, in der Realwirtschaft weht sie bisher als kühle Brise. Die Büromärkte – allen voran der in Wien – kamen bisher mit einem blauen Auge davon. „Krisenbedingte Umstrukturierungen bei den Unternehmen schlagen sich im Leerstand nur in geringem Maße nieder, weil die Entwickler rechtzeitig auf die Bremse getreten sind“, sagt Michael Ehlmaier, Geschäftsführer des Immobilienberaters EHL Immobilien, vormals CPB Immobilientreuhand. In diesem Jahr werden mit rund 195.000 Quadratmetern neuer Bürofläche rund 10 Prozent weniger gebaut als 2008. „Eine ganze Reihe von Projekten, mit deren Bau begonnen werden sollte, dürfte wohl verschoben, verkleinert oder abgesagt werden“, sagt der Berater. Der Anteil ungenutzter Flächen wird in Wien bis zum Jahresende daher bei kaum mehr als 5 Prozent liegen. Die Perspektiven für die wenigen neuen Projekte werden folglich als gut bewertet. Für die 2008 bezugsfertig gewordenen Gebäude „Euro Plaza“ – vierte Baustufe – „Solaris“ und „Viertel Zwei“ melden die lokalen Makler fast Vollvermietung. Schwergewicht Wien „Die Unternehmen kehren älteren Gebäuden den Rücken und fragen technisch erstklassige Neubauten nach“, so auch der Eindruck von Rainer Eichholz, Sprecher der Geschäftsführung bei Hochtief Projektentwicklung. Die Essener sind seit vielen Jahren in Wien aktiv. Derzeit stellen sie im Stadtteil St. Marx, im elften Bezirk, das Büroensemble „Marximum“ fertig. Rund 40.000 Quadratmeter Bürofläche verteilen sich auf fünf siebengeschossige Einzelgebäude. Dass die Österreichische Energieagentur das „Marximum“ im Juni – also bereits vor der Eröffnung – als Green Building anerkannt hat, werten die Deutschen als zusätzlichen Erfolg. Die Projektentwicklung zeige beispielhaft, wie sich der Verbrauch von Primärenergie senken lasse. Hochtief Development Austria ist damit als Partner im Green-Building-Programm der EU gelistet. Das Programm dient als eine Art Gütesiegel für Unternehmen, die bei Bauprojekten die jeweils national geltenden Energieeinsparverordnungen unterschreiten. Doch Deutsche engagieren sich im Land von Tafelspitz und Kaiserschmarren nicht nur als erfolgreiche Gebäudeproduzenten. Auch als Immobilienkäufer machen sie von sich reden. „Der Wiener Immobilienmarkt galt immer als langweilig. Heute schätzen Investoren seine Stabilität. Im Gegensatz zu den Metropolen in Zentral-, Ost- sowie in Westeuropa haben sich hier Mietpreise und Neubauvolumen nicht explosionsartig, sondern kontinuierlich nach oben entwickelt“, sagt EHL-Geschäftsführer Ehlmaier. So wundert es nicht, dass die an sich risikoaversen deut- Die Wirtschaftslage der Alpenländer im Überblick Schweiz Österreich 7,7 Einwohner in Mio. 8,4 282,2 332,2 BIP in Mrd. €* Foto: Union Investment/Jan-Frederik Wäller; Project Photos/Reinhard Eisele Wirtschaftliche Kennzahlen, Veränderung zum Vorjahr in Prozent, Prognose ab 2009 BIP 3,3 3,1 0,2 1,6 1,8 –2,8 –2,2 Privater Konsum 2,1 1,0 1,7 0,9 –0,4 0,8 0,4 0,4 –0,2 Inflationsrate 0,7 2,2 2,4 3,2 0,6 0,6 1,1 5,0 5,4 5,8 –0,4 Arbeitslosenquote 2,8 4,4 2007 2,6 3,8 2008 4,0 2009 * Wechselkurs per 30. 6. 2009 gerundet: 1 Euro = 1,52 Schweizer Franken Quelle: Germany Trade & Invest, Stand: Mai 2008 16 RAUM & mehr 2/2009 2010 Büromarkt Wien 2009* Trend Büroflächenbestand 10.820.000 m Vermietungsleistung 230.000 m Leerstandsquote 5,0 % Spitzenmiete 24,0 Euro/m /Monat * Prognose 2 2 2 2 @ 2 3 leicht steigend fallend leicht steigend stabil Quelle: Colliers Österreich, Stand: März 2009 schen Investoren sich gerade jetzt verstärkt im Alpenstaat engagieren, und eben vor allem in Wien. Nach österreichischen Anlegern, die 2008 für rund 56 Prozent aller Immobilientransaktionen in Wien verantwortlich waren, rangierten mit einem Anteil von 42 Prozent deutsche Akteure auf dem zweiten Platz. Nach Aussage von Constanze Daburon, Associate Director bei CB Richard Ellis (CBRE) in Wien, fanden im ersten Quartal dieses Jahres allerdings so gut wie gar keine Transaktionen mit ausländischer Beteiligung statt. „In Österreich dominieren bei den Abschlüssen derzeit heimische institutionelle Anleger“, sagt sie. Als stärkste ausländische Kraft machten sich aktuell jedoch die deutschen Offenen Immobilienfonds bemerkbar. „Sie informieren sich sehr intensiv, und ich bin sicher, dass die Gespräche spätestens im zweiten Halbjahr in konkrete Transaktionen münden werden“, sagt sie. Bereits fündig geworden ist Union Investment. Für ihren Offenen Immobilienfonds UniImmo: Deutschland haben die Hamburger Anfang dieses Jahres das Bürogebäude „Solaris“ im aufstrebendem Wiener Viertel St. Marx erwoben. Bereits im vergangenen Herbst sicherte sich Union Investment in Wien das Vier-Sterne-Hotel „Arcotel Kaiserwasser“ für ihren Fonds UniImmo: Europa. „Ausländische Anleger sehen, dass wir hier in Österreich einen sehr stabilen Investmentmarkt haben“, so CBRE-Expertin Daburon. Das bestätigt Karl-Joseph Hermanns-Engel, Mitglied der Geschäftsführung der Union Investment Real Estate GmbH: „Der österreichische Immobilienmarkt bietet aufgrund seiner Stabilität für einen langfristig orientieren Investor wie Union Investment optimale Bedingungen.“ Auffällig ist, dass die übrigen österreichischen Städte bei institutionellen Anlegern kaum eine Rolle spielen. Das liegt zum einen an der Übermacht Wiens, wo mehr als 1,7 Millionen Menschen leben. Der nächstgrößere „Ballungsraum“ ist eher ein Ballungsräumchen: Graz, die Landeshauptstadt der Steiermark, kommt auf gerade einmal 255.000 Einwohner. „Mit einem Gesamtbestand von knapp elf Millionen Quadratmetern Bürofläche konzentrieren sich in Wien etwa ein Viertel des gesamten Bestandes Österreichs“, macht Udo Weinberger, Präsident des Österreichischen Verbandes der Immobilientreuhänder (ÖVI), deutlich. Schwache Datenlage Dies erkläre auch die eher dürftige Datenlage für die Märkte außerhalb Wiens. Reports von lokalen österreichischen Maklern sucht man vergebens. Einzig der Immobilienpreisspiegel (IPS), den der Fachverband der Immobilien- und Vermögenstreuhänder einmal jährlich herausbringt, erfasst Trends und Preise zu Büro-, Wohn- und Handelsimmobilien. Zudem ermittelt der Verband, wie viele Passanten wöchentlich die beliebtesten Einkaufsadressen des Landes frequentieren – für Einzelhändler und ihre Vermieter eine wichtige Kennziffer, die auch die Höhe der Ladenmiete beeinflusst. Unverändert an der Spitze liegt nach Zählung des Verbands die Wiener Gegend zwischen Stephansplatz und „Ring“ mit 311.900 Passanten pro Woche. Hier müssen auch die Händler mit Spitzenmieten von bis zu 250 Euro pro Monat und Quadratmeter am tiefsten in die Tasche greifen, berichtet das Maklerunternehmen Jones Lang LaSalle. RAUM & mehr 2/2009 17 MÄRKTE Büroflächenbestand in Mio. m2 Büroleerstand Quote in Prozent Zürich Bürospitzenmiete in Euro*/m2/Jahr 6,0 Basel 3,6 2,2 Bern 2,4 Genf 2,3 0 2 3,6 6 0 1 2 3 154 4 0 100 200 300 400 500 600 700 206 0 100 200 300 400 500 Quelle: Colliers Schweiz (Büro), Stand: Februar 2009; Cushman & Wakefield (Einzelhandel); Stand: November 2008 Wie Österreich und andere Industrieländer stand auch die Schweiz bis zur Jahresmitte 2009 im Sog der globalen Finanzkrise. Zwar hat die Schweizer Nationalbank die Wachstumsprognosen nach unten korrigiert. Dennoch zeichnete sich bisher kein so scharfer Einbruch in der Realwirtschaft ab wie in Deutschland. Finanzdienstleister leiden stärker als andere Branchen, aber auch Versicherungen und die produzierende Industrie geraten unter Druck. Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) schätzt, dass die Arbeitslosenquote in diesem Jahr bei 3,3 Prozent verharren, 2010 auf 4,3 Prozent steigen wird. Andere sind pessimistischer: Germany Trade and Invest etwa, die bundeseigene Gesellschaft für Außenwirtschaft und Standortmarketing, schätzt, dass die Quote auf 5,4 Prozent steigen wird. Insgesamt könnten in der Schweiz bis zum Jahresende 30.000 Vollzeitstellen wegfallen. Besonders sensibel habe der Schweizer Investmentmarkt für Einzelhandelsimmobilien auf die Krise reagiert, berichtet das Beratungsunternehmen Wüest & Partner. Die Spitzenmieten für Ladenflächen sanken vor allem in Genf und Zürich. Trotzdem sind die Hauptgeschäftsstraßen in diesen beiden Städten nach wie vor die teuersten im ganzen Land. Händler zahlen in besten Züricher Shoppingmeilen immer noch gut 400 Euro pro Quadratmeter Miete im Monat, in Genf sind es etwa RAUM & mehr 2/2009 144 296 625 Die Kollegen von Colliers Österreich haben für die Edellage Kohlmarkt gar Quadratmeterpreise von bis zu 390 Euro ermittelt. Zweitbeliebteste Einkaufsstadt Österreichs ist die oberösterreichische Hauptstadt Linz mit wöchentlich immerhin 217.200 Besuchern, gefolgt von Graz, wo pro Woche 158.800 Besucher in die City strömen. Welche Konsequenzen die Krise auf den Umsatz der Händler und zeitversetzt auch auf die Mieten in Einkaufsstraßen und Shoppingcentern haben wird, weiß derzeit niemand. Die Verunsicherung bei den Konsumenten ist jedenfalls groß und zieht eine Veränderung des Einkaufsverhaltens nach sich, stellte die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK Austria) im Juni fest. „Besonders in Luxus- und Genusssegmenten soll gespart werden“, sagt GfK-Austria-Analyst Gerhard Ortner-Pitzl. Vor allem Teures tut sich schwer, nicht nur im Handel, auch in der Hotellerie. Die österreichischen Fünfsternehotels stecken tief in der Krise. In Wien werden drei geplante Luxus-Bettenhäuser vorerst nicht gebaut: das Hotel im Palais Schwarzenberg mit 100 Zimmern, das Shangri-La am Schubertring, in dem 207 Zimmer geplant sind, und das 180-Zimmer-Hotel, das im ehemaligen Handelsgericht in der Riemergasse entstehen sollte. „Ohne Betreibervertrag würde im Moment keine Bank investieren“, sagt Martin Schaffer, Geschäftsführer des Hotelconsultingunternehmens Kohl & Partner in Wien. Zwar litten bei den bestehenden Hotels die internationalen Ketten am meisten unter dem Besucherrückgang. Die Flaute zöge sich aber im Prinzip durch alle Kategorien. „Wir hatten in Wien zwischen Januar und April rund 2,5 Millionen Übernachtungen, 7,5 Prozent weniger als im gleichen Zeitraum des Vorjahres“, sagt Schaffer. Die Schweiz wird ihrem Ruf gerecht 411 257 1,7 * Wechselkurs per 30. 6. 2009 gerundet: 1 Euro = 1,52 Schweizer Franken 18 605 3,2 4 Einzelhandelsspitzenmiete in Euro*/m2/Monat 200 Euro im Monat. Der Leerstand bewegt sich in den Handelsimmobilien der größten Schweizer Städte zwischen 1,3 Prozent in Zürich und 3,6 Prozent in Basel. Traumrenditen bietet die Schweiz in diesem Sektor jedoch nicht. Die Spanne der Anfangsverzinsung reicht von 3,9 Prozent in Zürich und Genf bis zu 4,3 Prozent in Lausanne. Eine rückläufige Nachfrage erwarten Marktbeobachter auch auf dem Büromarkt. „Im Gegensatz zu den meisten europäischen Staaten haben sich die Büroimmobilienpreise aber in den vergangenen zehn Jahren vernünftig entwickelt. Es ist keine Blase entstanden“, sagt Felix Thurnheer, Leiter Research beim Immobilienberater Colliers Schweiz. Das hören Anleger gern, zumal die Auswahl an A-Klasse-Objekten unverändert klein ist, die Nachfrage jedoch immer noch groß. Erfolgreich umgesehen hat sich Union Investment: Für ihren Offenen Immobilienfonds UniImmo: Global erwarb die Gesellschaft im Mai 2009 für rund 104,3 Millionen Euro das 26.900 Quadratmeter große Bürogebäude „West-Park“ in Zürich. In Zürich-West, dem wichtigsten Entwicklungsgebiet der Stadt, ist Union Investment bereits mit der Projektentwicklung des Bürogebäudes „CityWest Gebäude F“ vertreten, die im September 2008 für den Schwesterfonds UniImmo: Europa angekauft wurde. Nur Österreichs Fondsszene leidet Während in Deutschland zehn von 46 Offenen Immobilienfonds die Rücknahme von Anteilen vorübergehend stoppen mussten, waren es in Österreich zwei von sechs: der Real Invest Europe der Bank Austria sowie der Constantia Real Estate der CPB Immobilienkapitalanlagegesellschaft. Allerdings hat die Performance aller österreichischen Kapitalanlagegesellschaften in diesem Jahr gelitten. Ende 2008 lagen die Jahresrenditen noch zwischen gut drei und knapp 7 Prozent. Inzwischen sind sie zum Teil ins zweistellige Minus abgerutscht. Im ersten Quartal reduzierte sich das verwaltete Vermögen der sechs österreichischen Offenen Immobilienfonds um 81 Millionen Euro auf 1,7 Milliarden Euro. Weitgehend unberührt von der Krise zeigen sich die Schweizer Offenen Immobilienfonds. Im Unterschied zu ihren deutschen und österreichischen Pendants arbeiten sie mit einer jährlichen Kündigungsfrist. Vor Ablauf dieser Frist können Anleger Anteile nur über die Schweizer Börse veräußern. Initiatoren sind so eher gegen millionenschwere Mittelabflüsse gefeit. Im Sommer wies die Schweizer Fondsdatenbank Swiss Fund Data 23 Immobilienfonds aus, die zu diesem Zeitpunkt ein Vermögen von knapp 18 Milliarden Euro (rund 27 Milliarden Schweizer Franken) verwalteten. Die Hamburger Investmentmanager gehören zu den wenigen ausländischen Käufern im alpenländischen Idyll. „Bis vor ein paar Jahren war es Ausländern nicht gestattet, Liegenschaften in der Schweiz zu erwerben“, sagt Benjamin Fehr von der Schweizer Anwaltskanzlei Lenz & Staehelin. Dies habe sich nun verändert. „Die Nachfrage aus dem Ausland nimmt stetig zu“, so der Anwalt, auch wenn der Markt von inländischen Käufern dominiert bleibe. Dafür gelte er als äußerst stabil, was auch eine Folge der geringen Neubautätigkeit sei, sagt Fehr. „Durch Fremdfinanzierung und Währungssicherung lassen sich zudem bei Immobilieninvestments für unsere Immobilienfonds zusätzliche Performancebeiträge generieren“, sagt Karl-Joseph Hermanns-Engel von Union Investment. „Die Preise werden sich auch weiterhin auf hohem Niveau bewegen“, glaubt daher auch Colliers-Experte Thurnheer. Dies gilt allerdings nur für Topqualität. Während Kaufinteressenten bei erstklassigen Gebäuden im Wettbewerb stehen und die geforderten Preise weitgehend akzeptieren, lehnen sie bei B- und C-Klasse-Immobilien selbst Objekte ab, die vor ein paar Monaten noch Bestmarken in Bieterverfahren erzielten. Angesichts einer abflauenden Wirtschaft fürchten die Investoren offenbar, dass hier die Leerstandsgefahr größer ist als in Topimmobilien. Hohe Dynamik am Genfer Flughafen Analysten des Bankhauses Credit Suisse zufolge steigt überall in der Schweiz das Angebot an Büroflächen in peripheren Lagen. Im Züricher Teilmarkt Limmattal kletterte die Leerstandsrate von 4,5 Prozent im Januar 2008 auf nunmehr fast 9 Prozent. Auch in Genfer Randlagen erhöhte sich der Büroleerstand sprunghaft von weniger als 3 Prozent im Oktober 2008 auf aktuell knapp 5 Prozent. „Immobilien in schlechten Lagen oder mit Qualitätsdefiziten werden an Wert verlieren. Nettorenditen von 7 bis 8 Prozent sind keine Seltenheit“, bestätigt Colliers-Mann Thurnheer. Für die Genfer City entfaltet die Krise dagegen einen heilsamen Effekt. Hier hat es in den vergangenen Jahren einen regelrechten Ansturm auf Büroflächen gegeben. „Der legt sich nun“, erwartet Thurnheer. Nur 1,7 Prozent der Flächen haben aktuell keine Mieter. Völlig anders präsentiert sich die Situation rund um den Genfer Flughafen, das Gebiet mit der höchsten Entwicklungsdynamik. Allein drei Großprojekte befinden sich derzeit im Bau: das Projekt „Blandonnet“ mit 25.000 Quadratmetern Bürofläche, das „L’Arc Building“ mit 12.000 Quadratmetern sowie 5.000 Quadratmeter in den Gebäuden „Lumion II“ und „Lumion III“. Noch längst nicht alle Büros haben bereits einen Nutzer, sodass die Leerstandsquote hier mit 13,2 Prozent weit über den üblichen Genfer Verhältnissen liegt. Weniger stark als Zürich und Genf dürften die Auswirkungen der Krise auf dem Baseler Büromarkt spürbar werden. Bis auf den geplanten „Roche Tower“, der das höchste Schweizer Gebäude werden sollte, wurden Neubauten aufgrund der guten Marktverhältnisse hier nicht verschoben. Der „Prime Tower“ soll nach seiner Fertigstellung im Jahr 2011 Zürichs neues Wahrzeichen werden. Fotos (Visualisierungen): Swiss Prime Site; Hochtief Development Schweiz Der Schweizer Immobilienmarkt – geringer Leerstand, solide Mieten Einzelhandelsmieten in Österreich Spitzenmieten in Euro/m2/Monat Kohlmarkt (Wien) 120 – 390 Graben (Wien) 120 – 350 Kärtner Straße (Wien) Herrengasse (Graz) 120 – 300 80 – 100 Mariahilfer Straße (Wien) 60 – 130 Landstraße (Linz) 60 – 110 Getreidegasse (Salzburg) Sporgasse (Graz) 55 – 110 40 – 70 0 100 Quelle: Colliers Österreich, Stand: März 2009 200 300 400 Das „Portikon“ in Zürich wird ein nachhaltiges Bürogebäude sein, wenn es in diesem Herbst eröffnet. RAUM & mehr 2/2009 19 PORTFOLIO Ökonomisch im Vorteil Wo sich einst im Istanbuler Stadtteil Ümraniye eine Brachfläche zwischen zwei Schnellstraßen erstreckte, lädt seit zwei Jahren ein Einkaufszentrum der besonderen Art zum Bummeln ein. Der 70.000 Quadratmeter große „Shopping Square Meydan“ zeichnet sich durch eine ökologische Konzeption aus, wie sie zuvor noch in kaum einem Einkaufstempel realisiert wurde. Eine riesige Geothermie-Anlage, die mit mehr als 200 Sonden Erdwärme gewinnt, und ein 30.000 Quadratmeter großes begrüntes Dach sorgen für eine exzellente Energiebilanz. Doch die Energieeffizienz gab nicht allein den Ausschlag dafür, dass die Metro Group Asset Management als Bauherrin des „Shopping Square Meydan“ den ersten Preis des Prime Property Award 2008 erhielt. Der von Union Investment ausgelobte Wettbewerb prämiert Gebäude, die sich durch einen umfassenden Nachhaltigkeitsansatz auszeichnen. Kriterien bei der Beurteilung sind nicht nur die ökologische, sondern auch die soziokulturelle und die wirtschaftliche Nachhaltigkeit. Zu Letzterer zählen beispielsweise die Höhe der Betriebskosten, die Flächeneffizienz und die Nutzungsflexibilität. Der „Shopping Square Meydan“ überzeugte die Jury in allen drei Nachhaltigkeitsdimensionen. „Das Projekt zeigt beispielgebend, wie sich Einkaufszentren nahtlos in das Ökosystem von Städten einfügen können“, lobt Werner Sobek, DGNB-Präsident und Jurymitglied des Prime Property Award. Gleichzeitig schuf die Metro Group Asset Management mit dem Einkaufszentrum einen neuen Mittelpunkt für einen zuvor amorphen Stadtteil. Und schließlich rechnet sich das Vorhaben auch wirtschaftlich: Dank der Geothermie-Anlage sind die Kosten für die Kühlung rund 25 Prozent und die Heizkosten sogar 30 Prozent niedriger als bei herkömmlichen Systemen. Immer mehr Nutzer und Investoren suchen gezielt nachhaltige Gebäude – nicht nur aus idealistischen Gründen: Nachhaltig und energieeffizient konzipierte Immobilien haben auch messbare ökonomische Vorteile, wie erste Studien aus den USA belegen. Von Christian Hunziker Das „Atmos“ in München gehört zu den ersten Bürogebäuden, die mit dem Deutschen Gütesiegel Nachhaltiges Bauen der DGNB ausgezeichnet wurden. Foto (Visualisierung): Vivico Real Estate Ökonomische Kriterien im Fokus 20 RAUM & mehr 2/2009 „Gerade für Einzelhandelsimmobilien“, betont Michael Cesarz, Sprecher der Geschäftsführung der Metro Group Asset Management, „ist die Energie ein entscheidender Kostenfaktor.“ Die Mieter des „Shopping Square Meydan“ seien von Energiepreissteigerungen unabhängig, könnten mit konstanten Nebenkosten kalkulieren und verzeichneten zudem eine stetig steigende Kundenzahl. Die Folge: „Das Interesse, hier Mieter zu werden, ist hoch“, so Cesarz. Die Einsicht, dass ökologische und ökonomische Nachhaltigkeit keine Widersprüche sind, liegt auch dem Zertifizierungssystem der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) zugrunde. Das neue deutsche Gütesiegel der DGNB berücksichtigt im Unterschied zu anderen Zertifizierungssystemen ausdrücklich auch ökonomische Faktoren – und deckt sich so mit der Einschätzung von Investoren, dass ökologisch und sozial nachhaltig konzipierte Gebäude ein erhebliches wirtschaftliches Potenzial bergen. Union Investment zum Beispiel erwarb in jüngster Vergangenheit mehrere mit einem Nachhaltigkeitszertifikat ausgezeichnete Objekte, darunter das von Projektentwickler Vivico Real Estate geplante Bürogebäude „Atmos“ im Münchner Arnulfpark. Dort achteten die Planer mit einem ganzen Bündel an Maßnahmen auf einen Ressourcen schonenden Bau und Betrieb des Gebäudes: Unter anderem konzipierten sie eine Geothermie-Anlage, welche die Energie für das Kühlen und Heizen der Räume aus dem Grundwasser gewinnt. Ebenso wichtig wie diese ökologischen Faktoren war bei der Investitionsentscheidung auch der Umstand, dass das Gebäude langfristig – eben nachhaltig – an einen wirtschaftlich starken Nutzer vermietet ist: Das international tätige Pharmaunternehmen Bristol-Myers Squibb (BMS) unterhält hier auf 10.600 Quadratmetern seine Deutschlandzentrale – wofür wiederum die nachhaltige Ausrichtung des „Atmos“ den Ausschlag gab. „Wir entschieden uns unter anderem deswegen für das Objekt, weil das Gebäude Verbreitung der wichtigsten internationalen Nachhaltigkeitssiegel in ausgewählten europäischen Ländern Anzahl* der zertifizierten und der registrierten Projekte und Objekte Zertifikat und Herkunftsland Schweden BREEAM (Großbritannien, seit 1990) LEED (USA, seit 2000) HQE (Frankreich, seit 2004) DGNB (Deutschland, seit 2008) 1 5 1 Norwegen 1 Anzahl der Gebäude Büro Einzelhandel 0 Großbritannien Finnland 0 5 4 Dänemark 5.440 1.416 13 0 3 0 Deutschland Frankreich Spanien 1 2 3 0 230 1 2 4 17 1 45 0 Italien 0 3 2 0 10 2 16 1 * Alle Angaben ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Die tatsächlichen Zahlen dürften höher liegen, da die Angaben der Organisationen nicht immer den aktuellen Stand wiedergeben und Gebäude nur genannt werden, wenn die Eigentümer einverstanden sind. Mit dem Siegel „BREEAM Ecohomes” wurden bereits mehr als 100.000 Einund Mehrfamilienhäuser insbesondere in Großbritannien ausgezeichnet. Quelle: U.S. Green Building Council, BREEAM, Association HQE, DGNB, eigene Recherchen; Stand: Juni 2009 noch in Planung war und sich Vivico als Projektentwickler bereiterklärte, unsere Anforderungen an die ökologische Qualität umzusetzen“, sagt BMS-Kommunikationschefin Judith Schultz. BMS fühlt sich nach eigenen Angaben einem umfassenden Nachhaltigkeitskonzept verpflichtet, in dessen Rahmen der Energie- und Wasserverbrauch bis 2010 deutlich reduziert werden soll. Initiative der Mieter Dass die Initiative für nachhaltige Gebäude von den Mietern ausgeht, ist keine Ausnahme. „Der größte Treiber ist die Nutzerseite“, stellt Ingo Beenen fest, Leiter Strategic Consulting beim Immobiliendienstleister Jones Lang LaSalle. „Viele der größten und wirtschaftlich stärksten Unternehmen werden künftig nur noch Flächen anmieten, die eine hohe Nachhaltigkeitsqualität und eine entsprechende Zertifizierung aufweisen.“ Auch Hermann Horster, Nachhaltigkeitsexperte beim Beratungsunternehmen BNP Paribas Real Estate Consult, beobachtet, dass immer mehr Großunternehmen Richtlinien zur Corporate Social Responsibility (CSR) verabschieden und sich damit verpflichten, nur noch nachhaltige Gebäude zu nutzen. Diesen Trend bestätigen Entwickler und Investoren. „Große, multinationale Unternehmen gehen zunehmend dazu über, ihre Anmietentscheidungen auch von Nachhaltigkeitsaspekten abhängig zu machen“, sagt Reinhard Kutscher, Sprecher der Geschäftsführung der Union Investment Real Estate GmbH. Auch Bernhard H. Hansen, Vorsitzender RAUM & mehr 2/2009 21 PORTFOLIO Schwierige Beweisführung Diese ökonomische Vorteilhaftigkeit nachhaltiger Immobilien ist nach Ansicht von Jones Lang LaSalle-Fachmann Beenen allerdings „methodisch ganz schwer nachzuweisen“. Das gilt besonders für Kontinentaleuropa, wo es erst wenige Büro- und Einzelhandelsobjekte gibt, deren Nachhaltigkeit durch ein Zertifikat belegt ist. Anders sieht es in den USA aus, wo eine erheblich größere Datenmenge zur Verfügung steht – und wo mehrere Untersuchungen messbare wirtschaftliche Vorteile ökologisch und sozial nachhaltiger Immobilien nachgewiesen haben. So verglichen die beiden an der University of Reading tätigen Wissenschaftler Franz Fuerst und Patrick McAllister Bürogebäude, die nach den US-Standards für nachhaltige Gebäude, LEED oder Energy Star, zertifiziert sind, mit vergleichbaren Objekten ohne Nachhaltigkeitssiegel. Im Ergebnis zeigte es sich, dass sich für zertifizierte Gebäude im Durchschnitt 6 Prozent höhere Mieten erzielen lassen. Bei den Verkaufspreisen beträgt der Unterschied sogar 31 Prozent (Energy Star) beziehungsweise 35 Prozent (LEED). Zu einem im Detail zwar unterschiedlichen, in der Tendenz aber ähnlichen Resultat gelangten Forscher der Maastricht University und der University of California in Berkeley in einer von der Royal Institution of Chartered Surveyors (RICS) veröffentlichten Studie. Schrittmacher DGNB Weltweit gibt es laut einer Erhebung des Kompetenzzentrums „Klimawandel und Immobilien“ der International Real Estate Business School mehr als 30 Systeme zur Zertifizierung nachhaltiger Gebäude. Etabliert sind der in den USA entwickelte Standard LEED (Leadership in Energy and Environmental Design) und das britische System BREEAM (Building Research Establishment Environmental Assessment Method). Ebenfalls seit den 90er-Jahren am Markt ist das französische HQE (Haute Qualité Environnementale). Diese Systeme berücksichtigen die ökologische und soziale Qualität eines Gebäudes. Einen Schritt weiter geht das Deutsche Gütesiegel Nachhaltiges Bauen (DGNB-Zertifikat), das Anfang 2009 vorgestellt wurde. Als einziges der großen Systeme berücksichtigt es auch die ökonomische Nachhaltigkeit. Der Aspekt der Standortqualität wird im DGNB-System nicht erfasst. Das DGNB-System betrachtet neben den Herstellungskosten alle Kosten im Lebenszyklus eines Gebäudes – von der Erstellung über den Betrieb bis zum Rückbau und zur Entsorgung. Auch die Wertstabilität einer Immobilie wird bewertet. Kriterien sind Flächeneffizienz und Umnutzungsfähigkeit eines Bauwerks – inklusive möglichst kostengünstiger technischer Umrüstungsfähigkeit. Sie ermittelten für zertifizierte Objekte rund 3 Prozent höhere Mieten und bis zu 16 Prozent höhere Verkaufspreise. Doch lassen sich diese in den USA gewonnenen Erkenntnisse auch auf Europa übertragen? Hermann Horster von BNP Paribas vermutet, dass der prozentuale Unterschied zwischen zertifizierten und nicht zertifizierten Gebäuden hierzulande geringer sein dürfte, da der übliche Baustandard in Europa höher sei als in den USA. Auch Reinhard Kutscher von Union Investment hält „die Übertragbarkeit auf Länder wie Deutschland, die bereits heute dank anspruchsvoller Bauvorschriften ein deutlich höheres Niveau der Nachhaltigkeit erreicht haben, für zumindest fraglich“. Zu berücksichtigen ist zudem, dass nachhaltige Gebäude in der Planungs- und Bauphase höhere Kosten verursachen – zum einen für den Zertifizierungsprozess (bei einem DGNB-zertifizierten Bürogebäude rund 50.000 bis 100.000 Euro), zum anderen für den baulichen Mehraufwand. Letzteren beziffert BNP-Paribas-Experte Horster auf bis zu 7 Prozent in den USA. In Deutschland dagegen schätzt er die Baumehrkosten auf höchstens 2 Prozent. Auch das hänge mit den in Deutschland ohnehin strengen Anforderungen zusammen, erläutert er: „Jedes Gebäude, das 2009 in Deutschland eine Baugenehmigung erhält, erfüllt im Wesentlichen die Anforderungen der dritthöchsten Einstufung von LEED.“ Ökonomische Kriterien im Fokus Für DGNB-Präsident Werner Sobek sind die baulichen Mehrkosten ohnehin nicht entscheidend. Denn bezogen auf einen Zeitraum von 30 Jahren machten sie nur 18 Prozent der Kosten aus, argumentiert er; der Löwenanteil von 82 Prozent dagegen entfiele auf die Bewirtschaftung. „Wenn Sie die Bewirtschaftungskosten nur um ein Fünftel reduzieren – was nicht schwer ist –, haben Sie die gesamten Baukosten eingespart.“ Deshalb empfiehlt der international renommierte Ingenieur, von Anfang an vor allem die Folgekosten zu beachten: Eine Fassade zum Beispiel könne noch so kostengünstig und energiesparend konzipiert sein – wenn ihre Reinigung während des Betriebs mit einem extrem hohen Aufwand verbunden sei, verkehre sich der positive Effekt sehr rasch ins Gegenteil. Aus Sicht der Mieter dagegen „wird das Fokussieren allein auf die Betriebskosten der Fragestellung nicht gerecht“, gibt Ingo Beenen von Jones Lang LaSalle zu bedenken. Sein Argument: Die Mitarbeiterkosten schlagen deutlich stärker zu Buche als die Ausgaben für die Miete oder gar den Betrieb des Gebäudes. Trotzdem hätten auch Mieter ein essenzielles Interesse an nachhaltigen Gebäuden, sagt DGNB-Präsident Werner Sobek – und zwar nicht nur aus Imagegründen, sondern auch wegen der positiven Auswirkungen auf Arbeitsatmosphäre und Arbeitsproduktivität: „Wenn Ihre Belegschaft jeden Tag sieben Minuten über die muffige Luft klagt, geht Ihnen der ganze Gewinn verloren.“ Unabhängig davon, ob sich höhere Mieten und Preise sowie kürzere Vermarktungszeiträume exakt beziffern lassen, halten es Fachleute mittelund langfristig für zwingend erforderlich, dass Entwickler und Investoren Nachhaltigkeitsaspekte von Immobilien bei ihren Entscheidungen mit einbeziehen. Das allerdings, stellt Reinhard Kutscher klar, bedeute nicht, dass Fondsmanager nur noch zertifizierte Immobilien ankaufen dürften. „Die Märkte geben das zurzeit noch nicht her. Entscheidend ist jedoch, dass Nachhaltigkeitsaspekte fester Bestandteil der Ankaufsprüfung sind.“ Und damit tun die Investoren das Richtige, findet Werner Sobek: „Ich bin 100-prozentig davon überzeugt, dass Gebäude, die nicht nachhaltig sind, in zehn Jahren am Markt schlechte Chancen haben.“ RAUM & mehr 2/2009 Der „SZ Turm“ in München bewirbt sich um die Zertifizierung nach LEED-Standard. Der von Union Investment ausgelobte Prime Property Award 2010 prämiert nachhaltige Immobilieninvestitionen in Europa (siehe Seite 34). www.prime-property-award.de 22 Chicagos Bürohaus „111 South Wacker Drive“ trägt das LEED-Zertifikat in Gold und gehört zum UniImmo: Europa. Fotos: Union Investment; Ingo E. Fischer; Cristobal Palma der Geschäftsführung des „Atmos“-Entwicklers Vivico, berichtet, „dass viele unserer Mieter nach innen wie nach außen kommunizieren möchten, dass sie ihren Sitz in einem Green Building haben“. Sein Unternehmen habe denn auch „die konkrete Markterfahrung“ gemacht, dass sich nachhaltige Gebäude besser vermieten und verkaufen ließen. „In Zukunft“, ist auch Rainer Eichholz, Sprecher der Geschäftsführung von Hochtief Projektentwicklung, überzeugt, „hängen Vermietbarkeit, Preise, Wiederverkaufswert und Rendite einer Immobilie von ökologischen Standards ab.“ Sein Name ist Programm: Das türkische Wort „Meydan“ bedeutet „Marktplatz“ oder „Treffpunkt“. Das nachhaltige Center der Metro Group in Istanbul wurde 2008 mit dem Prime Property Award von Union Investment prämiert. RAUM & mehr 2/2009 23 PORTFOLIO Nachgefragt: Der Anteilwert Börsentäglich ermitteln Kapitalanlagegesellschaften den Anteilwert ihrer Offenen Immobilienfonds. Was im Detail in die Berechnung einfließt, das wissen nur die Wenigsten Ein Blick ins Internet reicht aus, um zu erfahren, wie viel ein Anteil am Offenen Immobilienfonds UniImmo: Global heute wert ist. Der aktuelle Preis lässt sich täglich nachlesen. Die Veränderungen zum Vortag sind zumeist gering, der Wert schwankt in der Regel um kaum mehr als ein paar Cent. Langfristig kennen die meisten Offenen Immobilienfonds ohnehin nur eine Richtung: nach oben. Viele Anleger fragen sich: Wie konnten die Fonds in den letzten Monaten beständig an Wert gewinnen, während die Immobilienmärkte weltweit auf Talfahrt gingen? Zauberei? Rechentricks? Nichts von alledem. Bei Immobilien gibt es ein entscheidendes Merkmal: Gebäude sind – im Gegensatz zu Aktien – Unikate und werden nicht täglich gehandelt beziehungsweise ge- und verkauft. Dadurch ergeben sich auch keine ständig abrufbaren Marktpreise wie an einer Börse. Trotzdem ermitteln die Kapitalanlagegesellschaften börsentäglich den Wert der Fondsanteile und veröffentlichen diesen als Ausgabe- und Rücknahmepreis. Das Bewertungsverfahren für die Immobilien ist im §77 des Investmentgesetzes festgelegt. Der Paragraf schreibt vor, dass unabhängige Sachverständige im Auftrag der Fondsgesellschaften einmal im Jahr die marktgerechten Werte für alle in- und ausländischen Objekte des Fonds ermitteln müssen (siehe auch Seite 12: Wertgenau ermitteln). Die so festgestellten Immobilienwerte bestimmen maßgeblich den Preis eines Fondsanteils. Das von den Sachverständigen verwendete Ertragswertverfahren berücksichtigt dabei weniger das aktuelle Geschehen auf den internationalen Immo- Offene Immobilienfonds und europäischer Aktienmarkt Portfolioperformance indexiert, 1. 1. 1990 = 100 400 300 1 2 3 4 5 6 Asienkrise Russlandkrise New Economy-Krise, 11. 9. 2001 Rezession Golfkrieg Finanzmarktkrise Offene Immobilienfonds DJ Stoxx 600 200 100 1 2 0 3 4 5 6 '90 '91 '92 '93 '94 '95 '96 '97 '98 '99 '00 '01 '02 '03 '04 '05 '06 '07 '08 '09 Quelle: BVI-Studie, Februar 2009 Die Rechnung auf einen Blick Summe der Verkehrswerte aller Immobilien und Immobiliengesellschaften + Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände + Liquidität (Bargeld, kurzlaufende Rentenpapiere, Geldmarktfonds) − Verbindlichkeiten = Netto-Fondsvermögen (Net-Asset-Value) ÷ Zahl der umlaufenden Anteile = Anteilwert bzw. Rücknahmepreis (Net-Asset-Value per share) 24 RAUM & mehr 2/2009 bilienmärkten als vielmehr die mit einer konkreten Immobilie nachhaltig zu erzielenden Mieterträge. Temporäre Über- und Untertreibungen der Märkte werden so weitgehend ausgeblendet. Da zudem nicht alle Immobilien zum gleichen Stichtag, sondern über das Jahr verteilt bewertet werden, führt eine neue Bewertung beziehungsweise eine Wertänderung von einzelnen Objekten im gesamten Fonds in der Regel nur zu leichten Änderungen im Anteilpreis. Einfluss von Liquidität und Währung Preisbeeinflussend ist auch das Liquiditätsmanagement im Fonds. Bis zu 49 Prozent des Fondsvolumens dürfen Offene Immobilienfonds als liquide Reserve halten. Dieses Geld wird zumeist auf Bankkonten vorgehalten, ist in kurz laufenden Renten- und Geldmarktpapieren geparkt oder – wie im Falle der Immobilienpublikumsfonds von Union Investment – in Wertpapier-Spezialfonds angelegt. Die tägliche Bewertung solcher Wertpapiere wirkt sich auf den Anteilwert des Immobilienfonds aus, wenn auch nur geringfügig. Dabei verändert sich der Bestand an liquiden Mitteln täglich. Mieten fließen auf Konten, Rechnungen für Reparaturen werden beglichen, Zinsen und Tilgungen für Kredite bezahlt, außerdem beeinflussen Anteilkäufe und Anteilrückgaben der Fondsanleger die Liquiditätssituation in den Fonds maßgeblich. Weiterhin wirken sich Devisenkursschwankungen auf das Fondsvermögen und somit auf den Anteilwert aus. Während bis Ende der 90erJahre vor allem in Immobilien in Deutschland und in den benachbarten Ländern investiert wurde, sind die Investitionen heute auf dem europäischen Kontinent und von Amerika bis Asien weltweit verteilt. Devisenkursschwankungen beeinflussen daher den Wert der Fondsanteile durch die tägliche Bewertung der in Fremdwährung gehaltenen Vermögensgegenstände mit den jeweils aktuellen Devisenkursen, da diese täglich in die Fondswährung und damit in Euro umgerechnet werden. So kann die Abwertung einer Währung gegenüber dem Euro zu einem Rückgang des Anteilpreises führen, während die Aufwertung den gegenteiligen Effekt haben kann. Die Auswirkungen auf die tägliche Wertveränderung sind in der Regel ebenfalls nur gering, da zum einen das Risiko eines Kursverlustes durch die Festlegung eines maximalen Fremdwährungsengagements gesetzlich limitiert ist und zum anderen Devisentermingeschäfte sowie auf fremde Währung lautende Finanzierungsgeschäfte die Einflüsse von Devisenkursschwankungen reduzieren. Eine Vielzahl der im Ausland getätigten Investments werden zudem nicht vollständig aus Eigenmitteln, sondern zusätzlich mit Bankdarlehen erworben. Diese allerdings, so schreibt es das Gesetz vor, dürfen nicht höher liegen als 50 Prozent des Wertes aller im Sondervermögen gehaltenen Immobilien. Solche Fremdfinanzierungen erfüllen unterschiedliche Funktionen. Zum einen dienen sie der Absicherung gegen Devisenkursschwankungen bei Investitionen in Fremdwährungen, zum anderen haben sie oftmals positive steuerliche Auswirkungen. Liegen überdies die Finanzierungskosten niedriger als die Immobilienrendite, wird die Fremdfinanzierung zum „Renditehebel“: Übersteigt der Immobilienertrag die Finanzierungskosten, erhöht dies die Rendite – und damit den Anteilwert. 50 Jahre Offene Immobilienfonds Zum Jubiläum zeigt RAUM & mehr die wichtigsten „Bausteine“ der bewährten Anlageklasse Exklusiv für RAUM & mehr-Leser gibt es die umseitige Infografik kostenlos im Posterformat DIN A1. Senden Sie einfach eine E-Mail an: [email protected] portfolio Nachgefragt: Der Anteilwert Börsentäglich ermitteln Kapitalanlagegesellschaften den Anteilwert ihrer Offenen Immobilienfonds. Was im Detail in die Berechnung einfließt, das wissen nur die Wenigsten Ein Blick ins Internet reicht aus, um zu erfahren, wie viel ein Anteil am Offenen Immobilienfonds UniImmo: Global heute wert ist. Der aktuelle Preis lässt sich täglich nachlesen. Die Veränderungen zum Vortag sind zumeist gering, der Wert schwankt in der Regel um kaum mehr als ein paar Cent. Langfristig kennen die meisten Offenen Immobilienfonds ohnehin nur eine Richtung: nach oben. Viele Anleger fragen sich: Wie konnten die Fonds in den letzten Monaten beständig an Wert gewinnen, während die Immobilienmärkte weltweit auf Talfahrt gingen? Zauberei? Rechentricks? Nichts von alledem. Bei Immobilien gibt es ein entscheidendes Merkmal: Gebäude sind – im Gegensatz zu Aktien – Unikate und werden nicht täglich gehandelt beziehungsweise ge- und verkauft. Dadurch ergeben sich auch keine ständig abrufbaren Marktpreise wie an einer Börse. Trotzdem ermitteln die Kapitalanlagegesellschaften börsentäglich den Wert der Fonds­ anteile und veröffentlichen diesen als Ausgabe- und Rücknahmepreis. Das Bewertungsverfahren für die Immobilien ist im §77 des Investment­ gesetzes festgelegt. Der Paragraf schreibt vor, dass unabhängige Sachverständige im Auftrag der Fondsgesellschaften einmal im Jahr die marktgerechten Werte für alle in- und ausländischen Objekte des Fonds ermitteln müssen (siehe auch Seite 12: Wertgenau ermitteln). Die so festgestellten Immobi­ lienwerte bestimmen maßgeblich den Preis eines Fondsanteils. Das von den Sachverständigen verwendete Ertragswertverfahren berücksichtigt dabei weniger das aktuelle Geschehen auf den internationalen Immo- Offene Immobilienfonds und europäischer Aktienmarkt Portfolioperformance indexiert, 1. 1. 1990 = 100 400 300 200 1 2 3 4 5 6 Asienkrise Russlandkrise New Economy-Krise, 11. 9. 2001 Rezession Golfkrieg Finanzmarktkrise Offene Immobilienfonds DJ Stoxx 600 100 1 2 0 3 4 5 6 '90 '91 '92 '93 '94 '95 '96 '97 '98 '99 '00 '01 '02 '03 '04 '05 '06 '07 '08 '09 Quelle: BVI-Studie, Februar 2009 Die Rechnung auf einen Blick Summe der Verkehrswerte aller Immobilien und Immobiliengesellschaften + Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände + Liquidität (Bargeld, kurzlaufende Rentenpapiere, Geldmarktfonds) − Verbindlichkeiten = Netto-Fondsvermögen (Net-Asset-Value) ÷ Zahl der umlaufenden Anteile = Anteilwert bzw. Rücknahmepreis (Net-Asset-Value per share) bilienmärkten als vielmehr die mit einer konkreten Immobilie nachhaltig zu erzielenden Mieterträge. Temporäre Über- und Untertreibungen der Märkte werden so weitgehend ausgeblendet. Da zudem nicht alle Immobilien zum gleichen Stichtag, sondern über das Jahr verteilt bewertet werden, führt eine neue Bewertung beziehungsweise eine Wertänderung von einzelnen Objekten im gesamten Fonds in der Regel nur zu leichten Änderungen im Anteilpreis. 50 Jahre Offene Immobilienfonds Als 1959 der Grundstein des deutschen Offenen Immobilienfonds gelegt wurde, galt er noch als Nischenprodukt. Das hat sich gründlich gewandelt: 46 Publikumsfonds verwalten heute ein Vermögen von über 87 Milliarden Euro. RAUM & mehr zeigt die wichtigsten „Bausteine“ seiner Karriere. 2004 Das Produkt Offener Immobilienfonds wird in Spanien und Österreich eingeführt 2004 Im Rahmen des Investmentmodernisierungsgesetzes bekommen Offene Immobilienfonds erstmals ihr eigenes Steuergesetz: das Investmentsteuergesetz 2009 Wiedereröffnung von DEGI International, SEB ImmoInvest, CS EUROREAL und KanAm grundinvest Fonds 2006 SEB ImmoInvest investiert als erster Fonds in China (Schanghai), DEGI hat die Nase vorn in Osteuropa (Kroatien/Rumänien) 2009 Die SEB Asset Management AG konzipiert den ersten Immobiliendachfonds für den schwedischen Markt 2006 Frankreich führt den Offenen Immobilienfonds in Form des Organisme de Placement Collectif Immobilier (OPCI) ein 2003/2004 Deka und Union Investment legen erste Offene Immobilien-Publikumsfonds für institutionelle Investoren auf (WestInvest ImmoValue; Immo-Invest: Europa) 2009 Das Produkt und seine Entwicklung 2008 Union Investment legt den ersten OPCI in Frankreich auf 2002 Mit dem KanAm grundinvest Fonds tritt erstmals ein Offener Immobilienfonds an, der ausschließlich im Ausland investiert Pioniere in neuen Märkten Spielregeln und wichtige Gesetze 2008 Im Sog der Finanzkrise setzen zwölf Offene Immobilienfonds die Rücknahme von Anteilen aus 2003 2002 Die Deka Immobilien Investment GmbH erwirbt als erster deutscher Offener Immobilienfonds ein Objekt in Asien, ein Bürogebäude in Tokio 2002 Das vierte FMFG für Immobilienanlagen erlaubt Investitionen außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums 1990 Erstmals investiert eine deutsche Fondsgesellschaft in Großbritannien: DEGI Grundwert-Fonds kauft ein Bürogebäude in London 2007 Investmentänderungsgesetz stellt neue Regeln zu Sachverständigenwesen und Risikomanagement auf 2000 2007 Die Commerz Real AG legt den ersten Offenen Immobilienfonds nach Luxemburger Recht für institutionelle Anleger auf, den CG malls europe 1997 Frankreich kommt ins Blickfeld: SEB ImmoInvest kauft einen Bürokomplex nahe dem Triumphbogen in Paris 1990 Das erste Finanzmarktförderungsgesetz (FMFG) erlaubt die unbegrenzte Anlage in allen EU-Mitgliedsstaaten und regelt Spezialfonds 1990 1970 In Frankfurt/M. gründen sieben Investmentgesellschaften den Bundesverband Deutscher InvestmentGesellschaften e. V. (heute BVI Bundesverband Investment und Asset Management e. V.) 1998 Offene Immobilienfonds dürfen ihre Liquidität in Geldmarkt- und Wertpapiersondervermögen anlegen, erlaubt werden auch Mischfonds 1976/1977 Despa und DEFO − Deutsche Fonds für Immobilienvermögen GmbH (heute Union Investment Institutional Property GmbH) legen die ersten Immobilienfonds speziell für institutionelle Anleger auf 1970 Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften (KAGG) wird auf Offene Immobilienfonds ausgeweitet, Rechtsform ist seitdem die des Treuhänders 1980 1998 Das dritte Finanzmarktförderungsgesetz erlaubt mittelbare Immobilieninvestments über die Beteiligung an Grundstücksgesellschaften 1992 Erstes Investment in Ostdeutschland nach dem Fall der Mauer: DEGI Grundwert erwirbt ein Büro- und Geschäftshaus in Leipzig 1970 ' 1959 Der erste deutsche Offene Immobilienfonds, der iii-Fonds Nr. 1, wird von der Internationalen Immobilien-Institut GmbH aufgelegt 1959 1964 Der iii-Fonds Nr. 1 ist der erste Fonds, der außerhalb Deutschlands anlegt: Erworben wird ein Objekt in Rotterdam/Niederlande 1966 DIFA-Fonds Nr. 1 (heute UniImmo: Deutschland) wird als erster Offener Immobilienfonds der DIFA Deutsche Immobilien Fonds AG (heute: Union Investment Real Estate GmbH) aufgelegt 2005 Transparenzinitiative der deutschen Offenen Fonds: Publiziert werden nun auch Vermietungsquoten, Mietlaufzeiten, Objektrenditen 2005 Erstmals wird ein Fonds „eingefroren“: DB Real Estate (heute: RREEF) nimmt vorübergehend keine Anteile des grundbesitz-invest (heute: grundbesitz-europa) zurück ' ' 30 ' ' ' Raum & mehr 2/2009 ' ' Nettomittelzuflüsse in Millionen Euro ' ' ' ' ' Grafik: Golden Section Graphics / K. Erfurth 20 80.000 10 60.000 ' 0 40.000 ' ' ' 100.000 ' ' ' ' ' ' Quelle: BVI, Stand: 31.5.2009; eigene Recherchen Stand 31.7.2009 50 40 ' Fondsvermögen in Millionen Euro ' 2005 DIFA-Global (heute UniImmo: Global) investiert als erster Offener Immobilienfonds in Lateinamerika, erworben wird ein Objekt in Mexiko-Stadt Offene Immobilien-Publikumsfonds Anzahl 1980 DEGI Grundwert wagt als erster deutscher Offener Immobilienfonds den Sprung nach Nordamerika und erwirbt zwei Bürogebäude in New York 1974 DIFA investiert als erste Fondsgesellschaft in das Shoppingcenter-Segment, erworben wird ein Einkaufszentrum in Marl 2005 Erstes Investment eines deutschen Offenen Immobilienfonds in Südkorea: DEGI International ersteht ein Bürogebäude in Seoul ' 24 2008 UniImmo: Europa wird als erster Fonds in Malaysia aktiv; WestInvest ImmoValue ist der Pionier in Litauen 2006 Einfluss von Liquidität und Währung Preisbeeinflussend ist auch das Liquiditätsmanagement im Fonds. Bis zu 49 Prozent des Fondsvolumens dürfen Offene Immobilienfonds als liquide Reserve halten. Dieses Geld wird zumeist auf Bankkonten vorgehalten, ist in kurz laufenden Renten- und Geldmarktpapieren geparkt oder – wie im Falle der Immobilienpublikumsfonds von Union Investment – in Wertpapier-Spezialfonds angelegt. Die tägliche Bewertung solcher Wertpapiere wirkt sich auf den Anteilwert des Immobilienfonds aus, wenn auch nur geringfügig. Dabei verändert sich der Bestand an liquiden Mitteln täglich. Mieten fließen auf Konten, Rechnungen für Reparaturen werden beglichen, Zinsen und Tilgungen für Kredite bezahlt, außerdem beeinflussen Anteilkäufe und Anteilrückgaben der Fondsanleger die Liquiditätssituation in den Fonds maßgeblich. Weiterhin wirken sich Devisenkursschwankungen auf das Fondsvermögen und somit auf den Anteilwert aus. Während bis Ende der 90erJahre vor allem in Immobilien in Deutschland und in den benachbarten Ländern investiert wurde, sind die Investitionen heute auf dem europäischen Kontinent und von Amerika bis Asien weltweit verteilt. Devisenkursschwankungen beeinflussen daher den Wert der Fondsanteile durch die tägliche Bewertung der in Fremdwährung gehaltenen Vermögensgegenstände mit den jeweils aktuellen Devisenkursen, da diese täglich in die Fondswährung und damit in Euro umgerechnet werden. So kann die Abwertung einer Währung gegenüber dem Euro zu einem Rückgang des Anteilpreises führen, während die Aufwertung den gegenteiligen Effekt haben kann. Die Auswirkungen auf die tägliche Wertveränderung sind in der Regel ebenfalls nur gering, da zum einen das Risiko eines Kursverlustes durch die Festlegung eines maximalen Fremdwährungsengagements gesetzlich limitiert ist und zum anderen Devisentermingeschäfte sowie auf fremde Währung lautende Finanzierungsgeschäfte die Einflüsse von Devisenkursschwankungen reduzieren. Eine Vielzahl der im Ausland getätigten Investments werden zudem nicht vollständig aus Eigenmitteln, sondern zusätzlich mit Bankdarlehen erworben. Diese allerdings, so schreibt es das Gesetz vor, dürfen nicht höher liegen als 50 Prozent des Wertes aller im Sondervermögen gehaltenen Immobilien. Solche Fremdfinanzierungen erfüllen unterschiedliche Funktionen. Zum einen dienen sie der Absicherung gegen Devisenkursschwankungen bei Investitionen in Fremdwährungen, zum anderen haben sie oftmals positive steuerliche Auswirkungen. Liegen überdies die Finanzierungskosten niedriger als die Immobilienrendite, wird die Fremdfinanzierung zum „Renditehebel“: Übersteigt der Immobilienertrag die Finanzierungskosten, erhöht dies die Rendite – und damit den Anteilwert. 4 Ausblick BVI plädiert für Kündigungsfrist von zwölf Monaten für institutionelle Investoren in Retail-Fonds; EU-Gesetzgebung ist in Arbeit ' 15.000 12.000 9.000 6.000 3.000 0 -3.000 -6.000 -9.000 20.000 ' 0 Raum & mehr 2/2009 25 NACHRICHTEN Finanzkrise stoppt Hochhausbauten Gestoppt: Der „Russia Tower“, der 600 Meter hoch werden sollte. Weltweit leiden Hochhausprojekte unter der unterbrochen werden. Besonders stark spür- Auf der diesjährigen IPD European Investment Conference, die führen- aktuellen Finanzkrise. Wie eine Untersuchung bar ist der Rückgang in den USA. Dort waren de europäische Immobilienfondsgesellschaften und institutionelle Inves- des internationalen Immobilien- und Architek- im Juni nur noch 151 Hochhausprojekte im toren zusammenbringt, wurden im Juni in Barcelona zum vierten Mal die tur-Datenbankanbieters Emporis zeigt, ist die Bau, Ende 2008 waren es noch 203. Die Zahl begehrten IPD European Property Investment Awards vergeben. In zwei Zahl der im Bau befindlichen Hochhauspro- der gestoppten Projekte stieg auf 29, im Ver- Kategorien – Balanced Funds und Specialist Funds – wurden 18 Preis- jekte zur Jahresmitte deutlich zurückgegan- gleich zu 21, die Ende Dezember 2008 in die träger aus elf europäischen Ländern ausgezeichnet. Von allen deutschen gen. Weltweit zählte Emporis zum 30. Juni Schublade gewandert waren. Vergleichswei- Offenen Immobilienfonds setzte sich in der Kategorie „Balanced Funds“ 2009 genau 1.165 Skyscraper-Projekte. Ende se moderat präsentiert sich der Rückgang in der UniImmo: Deutschland als „Fonds mit dem höchsten Total Return in- 2008 waren es noch 1.307, 11 Prozent weni- Europa: Ende 2008 meldete die Statistik 117 nerhalb der letzten drei Jahre bis 2008“ durch. Die durchschnittliche Wert- ger binnen sechs Monaten. Gleich auf Eis ge- Hochhausprojekte im Bau, Mitte Juni 2009 wa- entwicklung des Fonds in den vergangenen drei Jahren liegt bei jährlich legt wurden in diesem Zeitraum 141 Projekte, ren es noch 112. Die Zahl der gestoppten Pla- 5,9 Prozent – ein Erfolg, der insbesondere auf die Bereinigung des Im- rund 14 Prozent mehr als am Ende des Jahres nungen erhöhte sich von sieben auf elf. Eines mobilienportfolios und die durchdachte Ankaufspolitik zurückzuführen 2008. Mit immer noch 764 Hochhaus-Baustel- der prominentesten Projekte, das derzeit auf ist. IPD (Investment Property Databank) ist einer der europaweit führen- len liegt Asien derzeit weltweit an der Spitze, Eis liegt, ist der „Russia Tower“ in Moskau. aber auch hier mussten 87 Vorhaben vorerst www.emporis.com Europas Logistikmärkte leiden unter Rezession Die rückläufigen weltweiten Exporte haben die Nachfrage nach Lo- Pünktlich zur diesjährigen Immobilien- gistikimmobilien europaweit sinken lassen. Nach einer Studie des Im- messe Expo Real in München erscheint das mobiliendienstleisters Savills werden die Neuvermietungen um bis zu „Presse-Taschenbuch Immobilien-Wirt- 35 Prozent zurückgehen. Belebter zeige sich der Logistik-Investment- schaft“ in einer komplett überarbeiteten markt: Die Zahl verkaufsbereiter Eigentümer wachse, Käufern böten sich Neuauflage. Auf mehr als 600 Seiten im Chancen zum Einstieg. Der Rückgang der Mietnachfrage in Deutschland handlichen DIN-A6-Format finden Journalis- fällt mit minus 15 Prozent moderat aus, meldet Jones Lang LaSalle. Im ten, Pressesprecher, PR-Verantwortliche, aber Mai 2009 erwarb Union Investment eine Logistikhalle in Bad Hersfeld für auch andere an Immobilien interessierte den Immo-Invest: Europa. Die Projektentwicklung wurde im September Nutzer insgesamt fast 13.000 Personenkon- dieses Jahres fertiggestellt, Mieter ist ein großer Online-Einzelhändler. takte aus Immobilienunternehmen, Verbänden, Forschungseinrichtungen, www.savills.de; www.jll.de Bundes- und Länderministerien. Das von Union Investment bereits seit „The Shard“ soll im Mai 2012 fertig sein Das „StadtQuartier Riem Arcaden“ in unmittelbarer Nachbarschaft zur Messe München gehört seit neun Jahren zum Portfolio des UniImmo: Deutschland. spezialisierte Fach- und Wirtschaftsjournalisten, listet mehr als 800 Fachzeitschriften auf, die über Themen des Immobilien- und Bausektors berich- Großbritannien und Frankreich. Befragt wur- (50 Prozent) ihre Anlageentscheidungen wie- mung an den europäischen Immobilieninvest- den 177 Immobilienprofis. Fazit: Erstmals seit der auf „Sicherheit“ aus. Für britische Anleger mentmärkten hellt sich auf. Zu diesem Ergeb- dem Herbst 2006 weist der Index wieder nach ist dagegen „Rendite“ das wichtigste Anlage- nis kommt der Investitionsklimaindex von Uni- oben. Interessant: Bei fast allen Teilindikatoren motiv (68 Prozent). on Investment. Er misst die Stimmungslage gibt es regionale Diskrepanzen, insbesondere RAUM & mehr-Sonderausgabe zur Investment- und Erwartungen von Immobilienunternehmen was die Anlagemotive betrifft. So richten deut- klimastudie anfordern bei : und institutionellen Anlegern in Deutschland, sche (43 Prozent) und französische Investoren [email protected] Investitionsklimaindex von Union Investment: Abwärtstrend in allen Ländern gestoppt Großbritannien aus dem Tal heraus − plus 12 Punkte bei Investitionsklimaindex Index-Übersicht, Basis: 177 Befragte in Deutschland, Frankreich und Großbritannien Deutschland Frankreich Großbritannien 100 ten, und informiert weiterhin über die ressortverantwortlichen Redakteure von Tages- und Wirtschaftspresse, Publikumszeitschriften und elektro- standen. Im Mai 2012, zwei Monate vor der Eröffnung der Olympischen nischen Medien – jeweils mit Telefon- und Faxnummern sowie mit Inter- 70 net- und persönlichen E-Mail-Adressen. Das „Presse-Taschenbuch Immo- 60 90 80 71,0 71,3 68,1 50 Nahen Osten wäre dies nicht möglich. Immobilienentwickler Sellar, der bilien-Wirtschaft 2010/2011“ kann von jedem Interessierten beim Kroll das Projekt im Oktober 2000 vorstellte, holte im Januar 2008 vier Inves- 40 Verlag zum Preis von 32 Euro bestellt werden. Auf der Internetseite von 30 toren und den Kreditgeber aus Katar ins Boot. Ein Drittel der Bürofläche Union Investment stehen die Medien- und Pressestellen-Kontakte zudem 20 ist auf 30 Jahre an die Londoner Verkehrsbetriebe vermietet. Shangri-La auch online zur Verfügung. Der besondere Service: Online werden die Im- Asia, die größte asiatische Luxushotelkette, will auf einer Fläche von ins- mobilien-Kontaktdaten laufend aktualisiert. gesamt 18.500 Quadratmetern ein Hotel mit 197 Zimmern betreiben. E-Mail: [email protected] www.shardlondonbridge.com www.union-investment.de (Bereich Immobilienkunden/Presse) RAUM & mehr 2/2009 www.ipd.com Das Schlimmste ist überstanden, die Stim- bau in London, hat die Kreditkrise vergleichsweise unbeschadet über- 26 searcher ist die Performanceanalyse von Immobilieninvestments. Investmentklimastudie: Immobilieninvestoren in Europa sind wieder zuversichtlicher „Die Glasscherbe“ („The Shard“) ein geplanter 80-stöckiger Prestige- Sommerspiele in London, soll der Turm fertig sein. Ohne Hilfe aus dem den Immobilien-Datenbankanbieter. Kernaufgabe der unabhängigen Re- Handliche Immobilienkontakte 1995 herausgegebene „Presse-Taschenbuch“ nennt darüber hinaus 720 Fotos: Foster & Partners; Kroll Verlag; mfi IPD Award geht an UniImmo: Deutschland 72,6 62,3 69,3 62,1 66,4 71,7 61,6 63,4 65,4 65,5 60,6 53,5 10 0 '06 '07 '08 '08 '09 1./2. Welle '06 '07 '08 '08 1./2. Welle '09 '06 '07 '08 '08 '09 1./2. Welle Quelle: Union Investment, Investmentklimastudie Frühjahr 2009 RAUM & mehr 2/2009 27 KONZEPTE Ein Netz voller Wissen Per Mausklick durch die Welt der Immobilienprofis: Das Internet bietet vielfältige Möglichkeiten, sich über die internationalen Immobilienmärkte zu informieren. Von Anette Kiefer Weltweit nutzen Immobilienprofis längst ganz selbstverständlich das Internet – und das Informationsangebot hat sich enorm vergrößert: Research-Firmen liefern für jede Objektadresse alle wichtigen amtlichen und privatwirtschaftlichen Daten; andere Dienstleister spezialisieren sich auf Auswertung und Verarbeitung externer Datenbanken, und Fachinformationsdienste schließlich berichten über die täglichen Entwicklungen. „Die Immobiliendatenbanken arbeiten heute professioneller als noch vor einigen Jahren“, sagt etwa Olaf Janßen, Leiter Immobilien Research bei Union Investment. „Aus diesem Grund hat sich die Markttransparenz spürbar verbessert. Positiv ist außerdem, dass Analysten aus den verschiedenen Maklerhäusern viele erhobene Daten austauschen und miteinander vergleichen.“ Vor allem Onlinedatenbanken werden daher in der professionellen Immobilienwirtschaft inzwischen eingehend beobachtet und ausgewertet. Und dazu gehören durchaus auch jene Internetportale, die vordergründig nur für Mieter und private Haus- und Wohnungskäufer interessant scheinen – wie zum Beispiel in Deutschland Immonet.de, Immowelt.de und Immobilienscout24. Wer sie lediglich für die Internetversionen der Samstagsanzeigenmärkte hält, unterschätzt sie als wichtige Datenlieferanten. Das wissen die Profis und nennen sie daher als drei der wichtigsten Informationsquellen für ihre tägliche Arbeit. „Letztendlich liefert uns Immoscout als Marktführer für Immobilienanzeigen alle wichtigen Informationen über Märkte, Nachfrage und Preise“, sagt Walter Hensel, Prokurist des Immobilienverwalters Tetris Grundbesitz, der in 20 deutschen Städten Geschäfts- und Wohngebäude betreut. Fundgrube für Profis Das kostenpflichtige Angebot der geografisch ausgerichteten Datenbank Geoport bietet dabei noch einen besonderen Mehrwert für den Kunden: Neben vielen anderen Quellen darf Geoport als Einziger auf die Datenbank des Internetportals Immobilienscout24 zugreifen und kann damit ein genaues Bild von Angebot und Nachfrage in einer bestimmten Region liefern. Mit Erfolg: Zu den 12.000 registrierten Nutzern zählen zum Beispiel private Großinvestoren, Projektentwickler und auch Kreditinstitute. Makler erfahren auf diese Weise, wie viel Miete sie realistischerweise für ein bestimmtes Objekt verlangen können, und Supermarktbetreiber sehen, wie viele Konkurrenten sich bereits im Umkreis einer bestimmten Filiale niedergelassen haben. „Geoport ist für unsere Arbeit unverzichtbar“, sagt deshalb Carsten Rieckhoff, Leiter der Hamburger Research-Abteilung bei Engel & Völkers. „Bei der Analyse von Mikrodaten bekommen wir dort die wichtigsten Informationen.“ Ausschließlich an Großanleger richtet sich das Angebot der PropertyFinance-Europe-Gruppe. Investoren mit einem Kapital ab 50 Millionen Euro werden online mit exklusiven Informationen versorgt und außerdem in der realen Welt zum „German Property Breakfast“ etwa nach Paris, London oder Madrid eingeladen. „Wir informieren die Entscheider der Immobilienbranche in den großen europäischen Städten über den deutschen Markt“, sagt Geschäftsführerin Gaby Wagner. „Beim anschließenden Networking bekommen wir immer viele Insiderinfos, und die fließen dann wiederum in unsere Artikel ein.“ Davon profitieren übrigens auch Nicht-Abonnenten, weil die Audiomitschnitte der Frühstücksrunden, meist mit einiger Verzögerung, auf der Internetseite abrufbar sind. Wer sich nicht nur auf deutsche Immobilien beschränken möchte, dem empfiehlt Hela Hinrichs, European Data Manager bei Jones Lang LaSalle, die Datenbank der Costar-Gruppe, dem US-Marktführer für Immobilienprofis. Auch für Großbritannien ist die Datenbank gut gefüllt, da Costar hier vor Kurzem den Konkurrenten Focus übernahm. „Die Dienste listen sämtliche Vermietungstransaktionen auf, und zwar sehr zeitnah. Andere Datenbanken werden nur ein paar Mal pro Monat oder noch seltener aktualisiert“, sagt die Researcherin. „Außerdem sind die Informationen gut aufbereitet, man wird also nicht von der Datenfülle erschlagen. Und der Dienst ist relativ günstig.“ Union Wer zahlte wie viel für ein Shoppingcenter in Mailand? Wo liegt die Benchmark für ein Bürogebäude in Dallas/Texas? 28 RAUM & mehr 2/2009 Investment-Researcher Janßen nutzt seit vielen Jahren zur Analyse des europäischen Immobilienmarktes den Dienst PMA. „Hier bekomme ich alle wesentlichen Informationen zur Marktentwicklung aus einer Hand.“ Die Mithilfe der Nutzer ist das Rezept von Emporis.com, einer der weltgrößten Architektur-Datenbanken. Hier können die Anwender sowohl Informationen abrufen als auch selbst beisteuern. Etwa eine Million Gebäude sind nach eigenen Angaben derzeit verzeichnet, von denen sich rund 40 Prozent kommerziell nutzen lassen. Das Ziel von Emporis: Immobilienprofis und anderen Gebäudedaten-Fans die umfassendsten Informationen über die Bauwerke zu bieten. Interaktives Konzept „Wirken Sie bei der Vervollständigung von Daten mit“, heißt es so auch auf der Internetseite von Emporis. Aufgelistet werden bei jedem Objekt zum Beispiel Höhe, Länge, Anzahl der Stockwerke, die genaue Adresse und die Bruttofläche – aber auch die verbauten Materialien und zusätzliche Informationen zur Baugeschichte. Anders als bei Mitmach-Nachschlagewerken wie Wikipedia müssen Interessierte allerdings erst eine bestimmte Menge an Daten liefern, bevor ihre Eintragungen in das Verzeichnis aufgenommen werden. Damit wird das umfassende Datenmaterial für eine breite Schicht von Profis interessant: Banken, Versicherer, Forschungsinstitute zählen ebenso zu den Emporis-Kunden wie Aufzughersteller oder Baumaterialzulieferer. „Durch die ausführlichen Gebäudedaten können unsere Kunden zum Beispiel gezielt nach den Gegenden weltweit suchen, in denen im Moment eine hohe Bautätigkeit zu verzeichnen ist“, sagt Markus Kemminer, Public Affairs Representative bei Emporis. Das Basisangebot für interessierte Laien ist kostenlos; den Zugriff auf die ResearchDatenbank haben nur Abonnenten. Das gilt auch für die Angebote, die einige deutschsprachige immobilienwirtschaftliche Printmedien ihren Lesern zusätzlich bieten: Per E-Mail verschicken sie Newsletter mit tagesaktuellen Nachrichten an ihre Abonnenten und ergänzen so ihre periodische Berichterstattung. Dazu gehören etwa die News-Ticker des monatlich erscheinenden Fachmagazins „Immobilienmanager“ und der wöchentlich herausgegebenen „Immobilien Zeitung“ (IZ). „Man sollte allerdings nicht zu viele Dienste abonnieren, sonst verzettelt man sich nur“, gibt Simone Siepen von der Düsseldorfer Research-Abteilung des Maklerhauses Engel & Völkers, zu bedenken. Wachsender Beliebtheit bei Immobilienprofis erfreut sich auch der tägliche Infodienst von Thomas Daily. Chefin Wendy Thomas, die vor mehr als 20 Jahren die deutsche Research-Abteilung beim Onlinedienste für Immobilienprofis www.costar.com Der Marktführer unter den kommerziellen Datenanbietern für Immobilienprofis in den USA und Großbritannien. Kostenpflichtiges Angebot. www.emporis.com Die weltgrößte, kostenlose und frei zugängliche Datenbank von fertiggestellten Gebäuden und Projektentwicklungen inklusive Fotos auf der ganzen Welt. www.geoport.de Eine geografisch ausgerichtete Datenbank, die zur Immobilienbewertung notwendige amtliche und privatwirtschaftliche Daten liefert. Nutzer zahlen pro abgerufener Information. www.property-m-a.co.uk PMA ist eines der großen unabhängigen Marktforschungsunternehmen für Gewerbeimmobilienmärkte in Europa. Nutzer brauchen ein Jahresabonnement. www.rcanalytics.com Real Capital Analytics dokumentiert alle wichtigen Immobilientransaktionen rund um den Globus. Abgedeckt werden die Bereiche Büro-, Industrie-, Einzelhandels-, Wohn- und Hotelimmobilien. Immobilienberatungsunternehmen Jones Lang LaSalle mit aufbaute, sieht ihr Erfolgsgeheimnis in der anwenderfreundlichen Software. Die wurde hausintern eigens für Thomas Daily entwickelt und soll dem Infodienst helfen, „das Bloomberg der Immobilienindustrie“ zu werden. Fest etabliert hat sich unter Immobilienprofis auch das crossmediale Angebot des niederländischen Immobilienfachverlags Property EU – und das binnen drei Jahren nach seinem Start: Website, täglicher und wöchentlicher Online-Newsletter sowie ein monatliches Printmagazin – alles ausschließlich in englischer Sprache – informieren über die europäischen Immobilienmärkte. Kostenlos gibt es die Tagesnachrichten „Property Day“. Wie hoch ist der „Torre Mayor“ in Mexiko-Stadt? Antworten finden Immobilienprofis im World Wide Web. RAUM & mehr 2/2009 29 KONZEPTE Alles nur Fassade Was das Gesicht für den Menschen, das ist die Fassade für ein Gebäude. Kein Wunder also, dass das Wiener Looshaus am Michaelerplatz im Jahre 1910 einen Skandal auslöste: „Es hat ja gar keine Augenbrauen!“, riefen entsetzte Zeitgenossen angesichts der fehlenden Fensterornamente aus. Für den damaligen Geschmack hatte Architekt Adolf Loos ein Tabu gebrochen. Angeblich ließ sogar der österreichische Kaiser Franz Joseph einige Fenster der Hofburg vernageln, um „das scheußliche Haus“ gleich vis-à-vis der Hofburg nicht mehr anschauen zu müssen. Bis heute schaffen es besonders gelungene und auch misslungene Fassaden, ihre Betrachter zu emotionalisieren. Die „Brücke von der Funktion zur Emotion“ nennt der Stuttgarter Architekt Kai Bierich daher die Aufgabe der Fassadengestalter. Die kleinste Einheit, auf die eine Fassade wirkt, ist das dahinterliegende Gebäude selbst – und sie ist manchmal nur wenige Quadratmeter groß. Wie im Fall des Wiener Kerzengeschäftes Retti, dem Architekt Hans Hollein 1965 eine neue Außenhaut verlieh. Die Onlineenzyklopädie Wikipedia lobt Holleins Fassade als „kleinstes Architekturwerk, das jemals einen Markstein in der Entwicklung setzte“. Sein Kunstgriff war die Aluminiumverkleidung in einer Zeit, da die meisten Kaufhäuser auf futuristische Glasfassaden setzten. „Die Fassade ist das entscheidende Element, mit dem sich das Haus und seine Besitzer oder Nutzer nach außen hin präsentieren“, sagt Tobias Wulf, Professor für Baukonstruktion und Entwerfen an der FHT Stuttgart. „Damit kann ich mich selbst darstellen und zum Beispiel durch besondere Symmetrie oder Höhe Macht demonstrieren. Eine glatte, kalte Fassade vermittelt dagegen Unnahbarkeit. Oder ich kann meine Umweltfreundlichkeit zur Schau stellen, indem ich Sonnenkollektoren oder andere Energiegewinnungsmittel einbaue.“ Das zeigt der im „One Coleman Street“ in London: 3.000 Quadratmeter Sonnenschutzglas, jede Scheibe anders geneigt, schützen das Gebäude vor Hitze und Kälte. Sie sind mehr als die bloße Außenhaut eines Gebäudes: Fassaden gehören zu den wichtigsten Stilmitteln der Architektur, sie prägen Quartiere und Städte, in ihnen manifestiert sich der Geist der Zeit. Wen wundert es da, dass die Zukunft der Medienfassade gehört. Von Anette Kiefer Was eine Gebäudehülle können muss Die Hausfront übernimmt viele verschiedene Aufgaben: Sie gehen über das bloße Repräsentieren weit hinaus. Die Fassade, der gestaltete und oft repräsentative Teil der Außenhaut, verleiht dem Bauwerk seine Identität. So spiegeln sich in den Gesichtern der Bauten Kultur- und Architekturgeschichte. Nicht wenige Gebäude macht ihre Fassade zum Markenzeichen für Plätze und Städte. Werden Häuser entkernt, bleibt die sinnstiftende Fassade oft erhalten. Heute wird der Begriff Fassade oft als Synonym für die Außenwand des Gebäudes verwendet. Während eine Wand jedoch nur das Äußere vom Inneren trennt, beinhaltet die Fassade das wesentliche Prinzip der Gebäudehülle. Architekten unterscheiden vier Merkmale: Gestaltung, Funktion, Material und Konstruktion, etwa die Lochfassade, Blendfassade, Glasfassade und Vorhangfassade. Foto: Union Investment Die technische Funktion der Fassade wird in den kommenden 30 RAUM & mehr 2/2009 Jahren an Bedeutung gewinnen. Doppelfassaden mit vorgesetzter Glaswand sind bereits bekannt, Medienfassaden werden sich erst noch stärker verbreiten. Die Forschung arbeitet zudem an einer verbesserten Energieeffizienz von Gebäuden mithilfe der Fassade. Stichworte sind: Lamellenfassaden, hinterlüftete Fassaden, Außenhäute mit Solarzellen-Modulen. RAUM & mehr 2/2009 31 KONZEPTE Farbenprächtig illuminiert: Das „DomAquarée“ in Berlin beim „Festival of Lights“ 2008. Bau befindliche ovale Turm „1 Bligh Street“ in Downtown Sydney, genannt „Space“. Als erstes australisches Hochhaus will „Space“ eine Sechssternebewertung für Energieeffizienz erreichen – unter anderem für seine doppelt verglaste Fassade, die das Sonnenlicht durchlässt, eine zu starke Aufheizung jedoch verhindert. Tatsächlich empfinden auch architektonische Laien eine Fassade dann intuitiv als gelungen, wenn die innere Funktion des Hauses mit der äußeren Gestaltung übereinstimme, sagt Dogan Yurdakul, freischaffender Stadtplaner in Berlin. „Wenn ich mir vor ein Einfamilienhaus griechische Säulen baue, dann sieht das überzogen und pompös aus – und das erkennt auch ein ungeschulter Betrachter sofort. Vor einer großen städtischen Bibliothek dagegen passen die Säulen gut, weil die Wichtigkeit des Gebäudes ein solches Symbol rechtfertigt.“ Allerdings: Viele Gebäude werden heute in dem Wissen errichtet, dass sich ihre Funktion möglicherweise in den kommenden Jahrzehnten mehrfach ändern wird. So muss auch die Fassade beliebiger bleiben, Architekten müssen einen vielseitig einsetzbaren Prototypen schaffen. Im Stadtbild wesentlich sichtbarer sind deshalb die Vorzeigebauten, die ein ganzes Viertel oder die ganze City prägen können. Dazu zählen zum Beispiel die gerade entstehende Hamburger Elbphilharmonie und der markante „Torre Mayor“ in Mexiko-Stadt. Oder auch die gusseisernen Fassaden im New Yorker Stadtteil Soho. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zunächst aus Gründen der Kostenersparnis erfunden, konnten die riesigen Eisenplatten einfach auf die bestehenden Ziegelfassaden aufgeschraubt werden und imitierten so auf preiswerte Weise schicke Gründerzeitfassaden. Das Modell setzte sich rasch in der ganzen Umgebung durch und wird bis heute von Architekten als „eines von New Yorks Geschenken an die Welt“ gefeiert. So avancierte das ehemalige Slumviertel Soho auch dank seiner Eisenfassaden zu einem der angesagtesten Viertel von ganz Manhattan. Wie die Eisenfassade im vorletzten Jahrhundert, so gibt es auch in diesem Jahrhundert eine bahnbrechende Erfindung mit Langzeitwirkung: die Medienfassade. Gebäudefronten, die mit Leuchtpixeln oder riesigen Videobildschirmen ausgestattet sind. sung und die gekrümmten Projektionsflächen die Möglichkeiten stark ein. In den sechs Jahren seit seiner Eröffnung hat sich die Technik rasant verbessert. In wenigen Jahren wandelte sich das Medium von einer virtuellen Spielerei zu dem neuen großen Hype der Fassadenbranche. Ursprünglich stammt der Trend aus Südostasien. Der New Yorker Times Square war einer der ersten westlichen Plätze, an dem die Medienfassaden in großer Zahl auftauchten – zum Beispiel im wellenartig geschwungenen Videoband entlang des „ABC News“-Gebäudes. Auch in Deutschland hat die neue Technik Einzug gehalten: Die Medienfassade am T-Mobile-Hauptsitz in Bonn überträgt rund um die Uhr Werbeclips des Mutterkonzerns auf den Vorplatz, die sogar auf Youtube zu bewundern sind; Softwarehersteller SAP und der Stromkonzern Vattenfall schmücken ihre Berliner Niederlassungen mit riesigen Fassadenbildschirmen. Dabei sind sich die Experten einig: Noch steckt die Medienfassade in den Kinderschuhen; die technischen Möglichkeiten sind bei Weitem nicht ausgeschöpft. Techniker kämpfen mit einer Fülle von Problemen: „Geringe Leuchtkraft, schlechte Bildqualität, hohes Ausfallrisiko, hoher Wartungsaufwand und Qualitätsbeeinträchtigung von dahinterliegenden Arbeits- und Wohnräumen“, zählt etwa die Internetseite des Medienfassaden-Entwicklers Mediafacade.net die Herausforderungen ihres Standes auf. Dementsprechend hat die globale Ausbreitung der Medienfassade erst begonnen, sagt Volker von Kardorff. Sein Unternehmen Kardorff Ingenieure Lichtplanung hat sich auf Beleuchtungskonzepte von und in Gebäuden spezialisiert. „Die Verbreitung der Bildschirme wird bislang nur durch die immensen Kosten gebremst. Die Screens kosten immer gleich mehrere Millionen, dazu kommen riesige Betriebsausgaben für Strom und eventuelle Reparaturen. Wenn es nicht so teuer wäre, würden die Innenstädte schon jetzt damit zugekleistert.“ Eine Entwicklung, die von Kardorff kritisch betrachtet wird: „In acht von zehn Fällen zerstören Medienfassaden die zugrundeliegende Architektur des Gebäudes, weil sie erst im Nachhinein ergänzt werden und deshalb nicht zur Gesamtkomposition passen. Daher fügen sich die Bildschirme nur selten ins Stadtbild ein, sondern bilden ein zusätzliches Element, und das kann schnell zu einer Störung werden.“ Im schlimmsten Fall kann das Haus hinter der Fassade seine eigentliche Aufgabe nicht mehr erfüllen, zum Beispiel wenn die Bildschirme die Fensterfronten eines Wohnhauses verdecken und damit die Räume abdunkeln. Das Haus als Bildschirm Eine Medienfassade der ersten Generation besitzt das 2003 eröffnete Kunsthaus Graz, von seinen Schöpfern wegen seiner ungewöhnlichen, amöbenartigen Form auch „Friendly Alien“ genannt. Auf seiner Außenhaut sind auf über 900 Quadratmetern knapp 1.000 handelsübliche, ringförmige Leuchtstoffröhren verteilt. Damit lassen sich grobkörnige Lichtinstallationen umsetzen, allerdings schränken die schlechte Auflö- Fassade als „Vorhang“: der „Torre Mayor“ in Mexiko-Stadt. 32 RAUM & mehr 2/2009 Ein „Friendly Alien“ in Graz: Das 2003 eröffnete Kunsthaus der steirischen Landeshauptstadt ist bekannt für seine Medienfassade der ersten Generation. Fotos: Caro/Kruppa; Union Investment; Harald Eisenberger/LOOK-Foto Interaktive Zukunft Das ideale Szenario sind dagegen neue Gebäude, bei denen die Medienfassade von Anfang an Teil des Gebäudekonzepts ist. Die Forschung arbeitet daher mit Hochdruck daran, immer neue Ideen in die Medienfassaden zu integrieren. Eines der derzeit wichtigsten Projekte seien durchsichtige Bildschirme, sagt Ulrich Knaack, der an der niederländischen Universität Delft und auch an der Hochschule Ostwestfalen-Lippe unterrichtet. „Die Medienfassaden müssen transparent werden wie eine Glasscheibe. Das ist das nächste große Thema. Und so wären die Fassaden dann nicht nur von außen, sondern auch von innen bespielbar und für Projektionen zu nutzen. Diese Entwicklung braucht aber wahrscheinlich noch etwa 15 Jahre.“ Dann wären auch Anwendungen denkbar wie diese: Besucher in einem Gebäude sehen beim Blick nach draußen nicht auf ein normales Fenster, sondern auf eine gläserne Medienfassade. Dazu filmt eine Kamera die Passanten vor dem Gebäude und setzt diese in eine virtuelle Welt. Der Betrachter sieht dann dieselben Menschen draußen vorbeigehen wie im wahren Leben, doch statt sie im strömenden Regen zu sehen, scheint über ihnen die Sonne. Oder aber Passanten gehen nicht mehr am Alexanderplatz in Berlin ihren Besorgungen nach, sondern vor der Skyline von Manhattan. Außerdem wollen die Entwickler die Interaktivität der Riesen-Screens verbessern – ein Forschungsbereich, der bislang noch kaum umgesetzt werden kann. „In den kommenden zehn Jahren werden die Bildschirme unsere Schreibtische verlassen und immer mehr in unsere Alltagsumgebung integriert werden, also zum Beispiel in Fassaden oder auch Wände und Tische“, sagt etwa Martin Tomitsch, Lektor am Lehrstuhl für Architektur und Design der Universität Sydney. Wie die Anwendungsmöglichkeiten dazu konkret aussehen könnten, das überlegen die Forscher noch. „Die Herausforderung wird sein, die Interaktion mit diesen Bildschirmen zu gestalten. Wie kommuniziere ich mit einer Hausfassade? Denkbar wäre zum Beispiel ein Austausch zwischen verschiedenen Geräten“, sagt Tomitsch. Das Handy in der Tasche oder der elektronische Terminplaner könnte dann Informationen an die Steuerungselektronik der Medienfassade weitergeben – und die könnte in riesigen Buchstaben den Besitzer daran erinnern, den Zahnarzttermin nicht zu verpassen. Eines ist klar: Die Medienfassade ist aus dem Stadtbild des 21. Jahrhunderts nicht mehr wegzudenken, und sie wird auch nicht wieder verschwinden. „Die Medienfassade passt eigentlich perfekt in den Wertekanon der jungen Generation“, sagt Volker von Kardorff. „Der Materialismus der 80er-Jahre ist völlig in den Hintergrund getreten; heute werden Dinge nicht mehr dafür geschätzt, was sie sind, sondern was sie leisten können“, sagt er und nennt zwei Beispiele. Ein großes Auto zu fahren sei vielen Jugendlichen nicht mehr wichtig, da man mit ihm auch nicht viel schneller fahren könne als mit einem kleineren. Anders die neue Handy- oder Ipod-Version: Weil sie wesentlich mehr kann als die jeweils vorhergehende, wollten alle sie haben. „Medienfassaden erfüllen diese Denkweise: Sie werden betrieben mit Licht, das für sich genommen keinen materiellen Wert hat. Aber wir haben ihm immer mehr beigebracht, und in den kommenden Jahren wird das Licht noch unendlich viel mehr lernen.“ Fassaden entdecken Bücher Ulrich Knaack, Tillman Klein: Fassaden. Prinzipien der Konstruktion, 2007 Andrew Watts: Moderne Baukonstruktion Fassaden, 2005 Reiseziele Graz: Medienfassade am Kunsthaus Graz, Landkai 1, geplant von den Londoner Architekten Peter Cook und Colin Fournier New York: Sohos gusseiserne Fassaden zwischen Houston und Canal Street, vor allem im sogenannten zentralen Cast Iron Historic District; besonders schöne Exemplare auf der Greene und der Broome Street. Wien: Friedensreich Hundertwassers Fassade der Müllverbrennungsanlage, Spittelauer Lände 45 Websites www.city-stiftung-berlin.eu www.elbphilharmonie-bau.de www.kunsthausgraz.at www.medienfassade.com RAUM & mehr 2/2009 33 NACHRICHTEN 10 Gresham Street, London Der Startschuss für den Prime Property Award 2010 ist gefallen Der Prime Property Award, der von Union auf vorbildliche Weise Aspekte der Nachhal- besonderer städtebaulicher Expertise ermit- Investment ausgeschriebene europäische Preis tigkeit bei der Entwicklung und Sanierung von telt. Zum Preisgericht gehören unter ande- für nachhaltige Immobilieninvestments, geht in gewerblich und privat genutzten Gebäuden be- rem: Professor Werner Sobek (Präsident der die zweite Runde: Der mit insgesamt 30.000 rücksichtigen. Der Prime Property Award 2010 DGNB Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Euro dotierte Preis zeichnet Investoren aus, die steht unter dem Thema „Creating Sustainable Bauen, Stuttgart), Professor Jörn Walter (Ober- Investment and Places“. Gesucht werden eu- baudirektor der Freien und Hansestadt Ham- ropäische Immobilienprojekte, die wirtschaft- burg), Professor Joan Busquets (Architekt und lichen Erfolg auf vorbildliche Weise mit öko- Professor für Stadtplanung, Barcelona) und logischer und soziokultureller Nachhaltigkeit Irene Wiese-von Ofen (Architektin, Den Haag/ verbinden. Nachzuweisen sind eine anhaltend Essen). Die Gewinner werden im Oktober 2010 hohe Vermietungsquote, hohe Flächeneffizienz auf der Gewerbeimmobilienmesse Expo Real in und Werthaltigkeit, eine möglichst geringe München ausgezeichnet. Umweltbelastung während des gesamten Einsendeschluss für die erste Wettbewerbsstufe Lebenszyklus der Immobilie sowie ein hoher ist der 15. Dezember 2009. Nutzen für die Gesellschaft. Eingereicht wer- Preisgelder in Höhe von insgesamt 30.000 Euro warten auf die Gewinner. den können sowohl Neubauprojekte als auch Download der Wettbewerbsunterlagen unter: Refurbishments und Bestandsentwicklungen. www.prime-property-award.de In einem mehrstufigen Auswahlprozess wer- Wettbewerbsbüro: Keuchel PR GmbH den die „besten europäischen Immobilien- Tel.: +49 (40) 87 88 14-09, Fax: -11 investments“ von elf Jurymitgliedern mit E-Mail: [email protected] Fotos: Union Investment (4) Union Investment stärkt institutionelles Immobiliengeschäft Das institutionelle Immobiliengeschäft von Union Investment prä- der die neu geschaffene Funktion des Sprechers der Geschäftsführung sentiert sich jetzt auch unter der Dachmarke des drittgrößten deutschen übernommen hat. Ingo Hartlief wird das Immobiliengeschäft für insti- Asset-Managers: Seit dem 29. Mai 2009 firmiert die DEFO Deutsche tutionelle Kunden ausbauen. Union Investment betreut in drei institutio- Fonds für Immobilienvermögen GmbH als Union Investment Institutio- nellen Immobilienfonds ein Anlagevolumen von 2,5 Milliarden Euro. nal Property GmbH. Auch die Geschäftsführung des 1977 gegründeten „Mit dem neuen Auftritt verbinden wir eine langfristige Wachstumsstra- Immobilien-Spezialfonds-Anbieters wurde erweitert: Zum Führungskreis tegie im institutionellen Geschäft“, sagt Reinhard Kutscher, Segmentleiter gehört neben Martin Eberhardt und Wolfgang Kessler auch Ingo Hartlief, Immobilien bei Union Investment. Impressum West-Park, Zürich Die Schweizerische Post und der Schokoladenproduzent Barry Callebaut sind u. a. Mieter im West-Park, das zum UniImmo: Global gehört. Kontakt RAUM & mehr Das Immobilienmagazin von Union Investment Chefredaktion Elke Hildebrandt, PR- und Redaktionsbüro Anne Wiktorin, Facts & Figures Herausgeber Union Investment Real Estate GmbH Caffamacherreihe 8, D-20355 Hamburg Art-Direktion Frauke Backer/backerdesign.com Verantwortlich für den Inhalt Fabian Hellbusch (Leiter Immobilien Marketing und Kommunikation, Union Investment Real Estate GmbH) Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung der Autoren wieder. Chef vom Dienst Heiko Hamann Bildredaktion Veit Hengst Infografik Jens Storkan; Golden Section Graphics Litho Stephan Müller-Siemens E-Mail an die Redaktion [email protected] Verlagsleitung Frank Parlow Verlag Facts & Figures GmbH (ein Unternehmen der Financial Times Deutschland) Stubbenhuk 3, D-20459 Hamburg Telefon: +49 (40) 319 90-622 E-Mail: [email protected] Druck Druckhaus Berlin-Mitte GmbH, Schützenstraße 18, D-10117 Berlin. Papier und Druck dieses Magazins sind nach FSC zertifiziert. Das Druckhaus Berlin-Mitte garantiert eine umweltgerechte Produktionskette. RAUM & mehr erscheint halbjährlich im 14. Jahrgang in deutscher und englischer Sprache. Aktuelle Auflage: 23.000 Exemplare Union Investment Real Estate GmbH, Caffamacherreihe 8 , D-20355 Hamburg Telefon: +49 (40) 349 19-0, Fax: -191 E-Mail: [email protected] Asset Management - Deutschland Tel.: -171 - Europe Tel.: -172 - Americas Tel.: -439 - Asia/Pacific Tel.: -485 - Shopping Center Tel.: -187 - Hotel Gruppe Tel.: -465 Projektmanagement Tel.: -251 Vermietung Tel.: -478 Marketing und Kommunikation/ Pressestelle Tel.: -160 oder -139 www.union-investment.de (Bereich Immobilienkunden) +++ Die nächste RAUM & mehr-Ausgabe erscheint im März 2010 +++ 34 Für seine nachhaltige Bauweise erhielt das zum UniImmo: Europa gehörende Bürohaus das höchste BREEAM-Zertifikat („excellent“). RAUM & mehr 2/2009 Radisson Blu, Krakau Erstmals erwarb Union Investment ein Hotel in Polen. Zum UniImmo: Europa gehört nun das Vier-Sterne-Businesshotel mit 196 Zimmern. Bitte senden Sie RAUM & mehr regelmäßig und kostenfrei an meine unten stehende Adresse $ Ich bin bereits RAUM & mehr-Leser, aber meine Anschrift hat sich geändert. Bitte senden Sie RAUM & mehr künftig an diese Adresse 10 Gresham Street, London $ Ich bin ein neuer RAUM & mehr-Leser. Bitte freimachen Titel Vorname Nachname Funktion Rückantwort Ausgabe 2/2009 Telefon Union Investment Real Estate GmbH Redaktion RAUM & mehr Postfach 30 11 99 20304 Hamburg E-Mail Firma Postfach/Straße PLZ-Ort Land Informationsmaterial anfordern. Bitte senden Sie folgende Unterlagen an meine Adresse $ Vorherige Ausgabe von RAUM & mehr $ Unternehmensbroschüre Union Investment Real Estate GmbH $ Unterlagen zum Prime Property Award 2010 $ Poster „50 Jahre Offene Immobilienfonds“ West-Park, Zürich Sie können alle Postkarten auch als Fax-Antwort senden an (0 40) 55 28 97 89 Bitte freimachen Titel Vorname Rückantwort Ausgabe 2/2009 Nachname Union Investment Real Estate GmbH Redaktion RAUM & mehr Postfach 30 11 99 20304 Hamburg Funktion Firma E-Mail Postfach/Straße PLZ-Ort Land Meine Leser-Empfehlung für RAUM & mehr. Bitte senden Sie RAUM & mehr regelmäßig und kostenfrei auch an Titel Vorname Radisson Blu, Krakau Sie können alle Postkarten auch als Fax-Antwort senden an (0 40) 55 28 97 89 Bitte freimachen Nachname Funktion Firma Postfach/Straße PLZ-Ort Land Mein Vor- und Nachname Firma Sie können alle Postkarten auch als Fax-Antwort senden an (0 40) 55 28 97 89 Rückantwort Ausgabe 2/2009 Union Investment Real Estate GmbH Redaktion RAUM & mehr Postfach 30 11 99 20304 Hamburg luss h c s nde e s n i E 09 0 2 . 2 15.1 Nachhaltigkeit im Blick, den Erfolg vor Augen. Jetzt bewerben für den Prime Property Award 2010! Der renommierte Preis für Nachhaltigkeit geht in die zweite Runde. Der Prime Property Award 2010 prämiert wieder die besten Immobilieninvestments in Europa, die sich gleichermaßen durch eine ökologische und soziokulturelle Nachhaltigkeit auszeichnen und dabei wirtschaftlich erfolgreich sind. P RIME ROPERTY AWARD by Union Investment Bewerben Sie sich jetzt mit Ihrem Projekt und nutzen Sie die Chance, Ihre vorausschauende Investitionspolitik einer breiten Öffentlichkeit vorzustellen. Einsendeschluss ist der 15. Dezember 2009. Die Preisverleihung findet im Rahmen einer öffentlichen Forumsveranstaltung auf der EXPO REAL 2010 in München statt. Die Wettbewerbsunterlagen und nähere Informationen erhalten Sie unter www.prime-property-award.de.