Kleine Anfrage und Antwort des Bezirksamts

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BEZIRKSVERSAMMLUNG
Drucksache A/20/31/11
HAMBURG-MITTE
20. Wahlperiode
11.07.2011
Kleine Anfrage
des Abgeordneten Bernd Ohde (CDU)
vom 30.06.2011
und Antwort des Bezirksamts
Betr.:
Bestandsschutz in Hamburgs Kleingartengebieten
Nach wie vor gibt es auch im Bezirk Hamburg-Mitte eine bedeutende Zahl von Bürgern, die - aus den
unterschiedlichsten Gründen – in ihrer Freizeit, zum Teil seit sehr langer Zeit, einen Kleingarten
besitzen, auf dem Gartenland verschiedene Bauwerke errichtet haben, und diese auch regelmäßig
nutzen.
Immer wieder kommt es im Bereich von Kleingärten zu Fällen, in denen feststellbar ist, dass ehemals
rechtmäßig errichtete Bauten durch Veränderungen der einschlägigen, hier zugrunde liegenden
(neueren) Rechtsvorschriften aktuell nicht mehr genehmigungsfähig wären. Sie dürften dann zum
jeweiligen Zeitpunkt auch nicht mehr errichtet werden, genießen aber Bestandsschutz, der dem
baurechtlichen Bestandsschutz auf der Basis von Artikel 14 Absatz 1 Satz 1 Grundgesetz nachgebildet
ist. Dieser basiert darauf, dass eine „schutzwürdige materielle Eigentumsausübung“ besteht. Das
Bundeskleingartengesetz ist für sich allein genommen in diesen Fragen nicht aussagekräftig genug.
Vor diesem Hintergrund frage ich die Verwaltung:
Vor Beantwortung der gestellten Fragen werden vorab generell zum Bestandsschutz in Hamburgs
Kleingartengebieten folgende Ausführungen gemacht:
Aus dem Eigentumsrecht des Art. 14 Abs. 1 GG folgt ein baurechtlicher Bestandsschutz, der dem
Eigentümer eines Grundstückes das Recht gewährt, eine nach dem früheren materiellen Recht
rechtmäßige, aber mit dem späteren neueren Baurecht nicht mehr vereinbare bauliche Anlage in ihrem
Bestand zu halten und wie bisher auch zu nutzen. Das setzt voraus, dass die bauliche Anlage zum
Zeitpunkt der Errichtung rechtswirksam genehmigt wurde oder zur Zeit der Errichtung oder nach der
Errichtung längere Zeit den materiellen Baurechtsvorschriften entsprochen hat. Allen Fallgruppen
dieses Bestandsschutzes ist gemeinsam, dass der Schutz nur für legal (formell oder materiell)
Geschaffenes gewährt wird. Der Bestandschutz bezieht sich sowohl auf den Bestand (bauliche
Substanz) als auch auf die Nutzung.
Neben dem baurechtlichen Bestandsschutz sind Überleitungsregelungen geschaffen worden, die den
Bestandsschutz modifizieren und bezwecken, die neuen Anforderungen auf den Bestand zur
Anwendung zu führen. Dies gilt insbesondere für die Bereiche des Kleingarten- und des
Abwasserrechtes. Das Bundeskleingartengesetz (BKleingG) enthält in § 18 eine derartige
Überleitungsregelung. Nach § 18 Abs. 1 BKleingG können vor Inkrafttreten des BKleingG rechtmäßig
errichtete Lauben, die die in § 3 Abs. 2 vorgesehene Größe (höchstens 24 Quadratmetern Grundfläche
einschließlich überdachtem Freisitz) überschreiten, unverändert genutzt werden. Bei § 18 Abs. 2
BKleingG handelt es sich um eine Schutzvorschrift, die über den Bestand des Gebäudes auch dessen
Nutzungsmöglichkeit sichert. Danach bleibt eine bei Inkrafttreten dieses Gesetzes bestehende
Befugnis des Kleingärtners, seine Laube zu Wohnzwecken zu nutzen, unberührt, soweit andere
Vorschriften der Wohnnutzung nicht entgegenstehen.
Hinsichtlich der Größe der Lauben ist anzumerken, dass nach altem und neuem Kleingarten- und
Baurecht in Hamburg Lauben mit mehr als 24 m² Grundfläche zu keinem Zeitpunkt genehmigungsfähig
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waren. Der Fall, dass Lauben rechtmäßig errichtet wurden und durch Änderungen der
Rechtsvorschriften nicht mehr genehmigungsfähig geworden sind, ist daher kaum denkbar.
Dies vorausgeschickt beantwortet das Bezirksamt die Anfrage wie folgt:
1. Gilt diese Regelung unterschiedslos für Lauben, Behelfsheime aller Art, Abwassergruben und
alle anderen baulichen Anlagen in Kleingärten?
Soweit mit „dieser Regelung“ die Gewährung von Bestandsschutz gemeint ist, ist dies zu verneinen.
Es existieren verschiedene Regelungen. Wie bereits ausgeführt besteht baurechtlicher Bestandsschutz neben den Überleitungsregelungen. Für Lauben und Behelfsheime gilt die Überleitungsvorschrift des § 18 BKleingG, während für Abwassergruben abwasserrechtliche Überleitungsregelungen bestehen.
2. Trifft es zu, dass diese Norm rein objektbezogen ist, der darauf basierende Bestandsschutz
also nicht bei Pächterwechsel erlischt, sondern erst, wenn das jeweilige Bauwerk nicht mehr
existiert, oder durch Instandsetzung nicht mehr in Funktion gebracht werden kann.
Der bauliche Bestandsschutz aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG ist grundsätzlich objekt- und nicht
subjektbezogen. Daher erlischt der Bestandsschutz grundsätzlich nicht bereits mit einem
Eigentümerwechsel, sondern erst dann, wenn Instandsetzungsmaßnahmen nicht mehr geeignet sind,
die Funktion des Gebäudes zu erhalten.
Bezogen auf ein Kleingartenpachtverhältnis kann dieser Grundsatz nicht ohne weiteres angewandt
werden. Aufgrund der weitgehenden Selbstverwaltung des Kleingartenwesens fällt bei einem
Pächterwechsel die Nutzung in der Regel an den Verein oder an den Landesbund zurück, und dieser
muss über die Fortführung der Nutzung neu entscheiden.
3. Welche Grenzen sind diesem Bestandsschutz gesetzt, und durch welche rechtlichen Normen?
Eine Grenze findet der Bestandsschutz bei Änderung der Substanz oder der Nutzung der baulichen
Anlage. Der baurechtliche Bestandsschutz endet dort, wo eine schützenswerte Substanz oder deren
Nutzung ganz oder teilweise nicht mehr vorhanden ist.
Dies erfasst zunächst den Fall der Beseitigung eines Gebäudes. Mit der Beseitigung erlischt der
Bestandsschutz, wobei grundsätzlich unbedeutend ist, ob das Gebäude durch Maßnahmen des
Eigentümers oder anderer Personen bewusst oder durch zufällige Ereignisse, wie Brand und
Naturkatastrophen, beseitigt wird. Auch der Ausbau und Erweiterungen größeren Umfangs sind
grundsätzlich nicht vom Bestandsschutz gedeckt. In Abgrenzung dazu sind notwendigen Maßnahmen
zur Erhaltung des Gebäudes, wie insbesondere Instandsetzungs- und Renovierungsmaßnahmen, vom
Bestandsschutz gedeckt. Voraussetzung für vom Bestandsschutz gedeckte Reparaturen ist, dass die
Identität der baulichen Anlage erhalten bleibt. Das ist nicht der Fall, wenn der erforderliche Eingriff in
die Bausubstanz so intensiv ist, dass er eine statische Nachberechnung der gesamten Anlage
notwendig macht.
Der Bestandsschutz erlischt auch durch Änderung der Funktion eines Gebäudes auf Grund einer
Nutzungsänderung. Die vollständige Aufgabe der Nutzung eines Gebäudes, die zum Erlöschen des
Bestandsschutzes führen kann, ist abzugrenzen von einer bloßen Nutzungsunterbrechung.
Entscheidend ist in der Regel, ob die Unterbrechung der Nutzung des Gebäudes als einen dauerhaften
Verzicht im Sinne einer Aufgabe der Nutzung des Gebäudes anzusehen ist. Dies kann nur nach den
Umständen des Einzelfalls beurteilt werden.
Der baurechtliche Bestandsschutz kann auch durch gesetzliche Vorschriften eingeschränkt werden.
Beispielsweise steht der Bestandsschutz einem behördlichen Einschreiten nach §76 Abs. 3 der
Hamburgischen Bauordnung (HBauO) zur Abwehr einer Gefährdung der Sicherheit oder Gesundheit
nicht entgegen.
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