P.b.b. 03Z034913 M - Verlagspostamt 1090 7. Jahrgang Nr. 4 | Dezember 2005 Im Gespräch: Johanna RACHINGER Die Chefin der Nationalbibliothek über Genuss, Sport und Entspannung SCHWERPUNKT ERNÄHRUNG EIN BLICK ÜBER DEN TELLERRAND M I T AC H T S I G I S-S E RV I C E-S E I T E N FONDS GESUNDES ÖSTERREICH IM ÜBERBLICK K U R AT O R I U M Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat, Präsidentin des Fonds Gesundes Österreich Landesrat a.D. Fredy Mayer, erster Stellvertretender Vorsitzender des Kuratoriums, Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur Vizepräs. Maga. pharm. Dr. Christiane Körner, zweite Stellvertretende Vorsitzende des Kuratoriums, Österreichische Apothekerkammer Landesstatthalter Dr. Hans-Peter Bischof, Landeshauptleutekonferenz Vizebürgermeisterin Dr. Christiana Dolezal, Österreichischer Städtebund Präsident Dr. Lothar Fiedler, Österreichische Ärztekammer Mag. Richard Gauss, Bundesministerium für Finanzen Gen.Dir. SL MR. Dr. Hubert Hrabcik, Bundesministerium für Gesundheit und Frauen Präsidentin Dr. Lindi Kálnoky, Bundesministerium für Gesundheit und Frauen Dr. Josef Kandlhofer, Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger Bundesminister a.D. Dr. Franz Löschnak, Verband der Versicherungsunternehmen Österreichs Präsident Bürgermeister Helmut Mödlhammer, Österreichischer Gemeindebund Landesrätin Dr. Silvia Stöger, Konferenz der Gesundheitsreferenten der Länder P R O J E K T B E I R AT Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Freidl, Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie der Medizinuniversität Graz Univ.-Doz. Maga. Dr. Ingrid Kiefer, Institut für Sozialmedizin der Medizinuniversität Wien Martin Hefel, Leitung des Projektmanagements und Marketing (Stiftung Maria Ebene), Obmann des Vorarlberger Familienverbandes Univ.-Prof. Dr. Richard Noack, Vorstand des Institutes für Sozialmedizin an der Universität Graz Prof. Dr. Rotraud Perner, Psychoanalytikerin und Konflikt- und Gewaltforscherin, Leiterin des Institutes für Stressprophylaxe und Salutogenese Univ.-Prof. Dr. Anita Rieder, stellv. Vorstand des Instituts für Sozialmedizin der Medizinuniversität Wien, Gründungsmitglied des Frauenforums Medizin Mag. Günter Schagerl, ASKÖ – Leiter des Referats für Fitness und Gesundheitsförderung G E S C H Ä F T S S T E L L E Dennis Beck, Geschäftsführer Mag. Walter Hörth, kaufmännischer Leiter und stellvertretender Geschäftsführer Maga. Rita Kichler, Gesundheitsreferentin Maga. Andrea Lins, Gesundheitsreferentin Maga. Petra Plunger MPH, Gesundheitsreferentin Maga. Gerlinde Rohrauer, Gesundheitsreferentin Maga. Eva Rohrer, Gesundheitsreferentin Mag. Dr. Klaus Ropin, Gesundheitsreferent Mag. Markus Mikl, Öffentlichkeitsarbeit Helga Klee, Sekretariat – Gesundheits- und ÖffentlichkeitsreferentInnen Tina Endl, Sekretariat – Geschäftsführung Markus Rumelhart, Sekretariat – Geschäftsführung Silvia Berger, kaufmännische Assistentin Sylvia Fellner, Buchhaltung/Controlling Peter Jandrasits, kaufmännischer Assistent IMPRESSUM: Gesundes Österreich 4|05 Medieninhaber und Herausgeber: Fonds Gesundes Österreich, Mariahilfer Straße 176, 1150 Wien, Tel.: +43/1 895 04 00-0, Fax: +43/1 895 04 00-20, E-Mail: [email protected] Verleger: B&K - Bettschart & Kofler Medien- und Kommunikationsberatung GmbH A-1090 Wien, Porzellangasse 35 Top 3 Tel.: +43/1 319 43 78-13; Fax: +43/1 319 43 78-20 E-Mail: [email protected] Redaktion: Dr. Birgit Kofler-Bettschart (Leitung); Reno Barth, Dennis Beck, Silvia Feffer, Maga. Andrea Lins, Mag. (FH) Tamara Ramach, Mag. Dietmar Schobel, Dr. Lydia Unger, Gabriele Vasak Produktionsleitung: Maga. Caroline Wallner Graphik: Patricio Handl Fotos: Bilder Box Com, Hans Labler, MEV, Schuster, Wolfgang Simlinger, Archiv, Druck: Ferdinand Berger & Söhne Ges.m.b.H Erscheinung: 4 x jährlich. Verlags- und Herstellungsort: Wien, Verlagspostamt: 1090 Wien. Inhalt 04/05 Sehr geehrte Leserin, Sehr geehrter Leser! 4 Ernährung und Gesundheit / Teil I: ERNÄHRUNG INTERNATIONAL Von Überfluss bis Mangel 16 DAS ADIPOSITAS-PROBLEM Entstehung, Kosten und gesellschaftliche Ächtung 20 KAMPF DEN KILOS Präsentation nationaler und europäischer Initiativen 22 ESSSTÖRUNGEN IM VORMARSCH Gestörtes Essverhalten als Hilfeschrei der Psyche 24 IM GESPRÄCH Die Generaldirektorin der Österreichischen Nationalbibliothek Dr. Johanna Rachinger über Genuss, Sport und Entspannung 26 D I E S I G I S - S E R V I C E- S E I T E N 29-36 DER BIO-BOOM KonsumentInnen setzen vermehrt auf Qualität 38 ZURÜCK AN DEN HERD? Fertiggerichte oder selber kochen à la Jamie Oliver? 40 GESUNDE GEMEINSCHAFTSKÜCHE Ausgewogene Ernährung hält Einzug in Betriebe und Schulen 42 ESSEN ZUM LESEN Empfehlenswerte Bücher zum Thema Ernährung 44 GESUND ESSEN AM BAU Projekt will Wurstsemmeln ersetzen 46 ANDERS ESSEN BRAUCHT MOTIVATION Qualitätsbewusste Ernährung für StudentInnen und SchülerInnen 47 WAGNIS LEBEN Mit Abenteuer das Selbstbewusstsein verbessern 48 ALKOHOL: NEUES VERHALTEN ERSPIELEN Prävention durch Stärkung der Eigenkompetenz 49 KAMPF DEN KRANKENSTÄNDEN Niederösterreichische Firma setzt auf gesundheitsfördernde Veränderungen 50 NEUER WEBAUFTRITT DES FONDS GESUNDES ÖSTERREICH Breite Palette von Angeboten und Aktivitäten 51 MENTAL HEALTH PROMOTION Seelische Gesundheitsförderung effektiv gestalten 52 MENSCHEN IM FONDS 54 KALENDER 55 Fotos: © Österreichische Nationalbibliothek, MEV Ernährung und Gesundheit / Teil II: 486 Kilogramm wog ein US-Amerikaner, als er vor etwa einem Jahr zu einer Notfallbehandlung in eine Spezialklinik transportiert werden musste. In den ärmsten Ländern der Welt sterben hingegen jährlich mehr als fünf Millionen Kinder an den Folgen mangelnder Proteinversorgung. Unterernährung und deren schreckliche Folgen auf der einen, Fettsucht und deren Folgeerkrankungen auf der anderen Seite, das sind die globalen Themen im Bezug auf Ernährung und Gesundheit. Diese extremen Gegensätze aber können auch nicht alle Aspekte aufzeigen. Denn Adipositas verbreitet sich zunehmend auch in Schwellen- und Entwicklungsländern, die dadurch von einer „doppelten Krankheitslast“ betroffen sind. Und in den Industrieländern können ebenfalls ökonomische und soziale Gründe für Ernährungsmängel ausschlaggebend sein – vor allem Einkommen und Bildung spielen hier eine wesentliche Rolle. Globale Ernährungsfragen, europäische Strategien gegen Fettsucht, aber auch Trends beim Kochen am heimischen Herd werden im Rahmen unseres umfangreichen Schwerpunktes „Gesunde Ernährung“ auf den Seiten 16 bis 25 und 38 bis 44 behandelt. Für dessen Gestaltung zeichnet das Dreierteam Mag. Rita Kichler, GÖ-Chefredakteurin Dr. Birgit Kofler-Bettschart und Redakteur Mag. Dietmar Schobel verantwortlich. Weitere spannende Artikel dieser Ausgabe von Gesundes Österreich zeigen zum Beispiel, wie Theaterpädagogik in der Alkoholprävention für Jugendliche eingesetzt werden kann oder wie ein niederösterreichischer Erzeuger von Glaswolle die Gesundheit seiner 250 MitarbeiterInnen verbessert hat. Auf Seite 26 verrät Dr. Johanna Rachinger, Generaldirektorin der Nationalbibliothek, wie sie mit Stress umgeht und warum Gesundheit und Genuss gut zusammenpassen. Die SIGIS-Service-Seiten mit Informationen über die Selbsthilfebewegung sind in bewährter Weise ein zentraler Bestandteil unseres Magazins, bei dessen Lektüre ich Ihnen viel Vergnügen wünsche Dennis Beck Geschäftsführer Fonds Gesundes Österreich Foto: © Schuster NEWS EDITORIAL Arbeitspsychologie für Gesunde Organisationen Fachtagung des Berufsverbandes Österreichischer Psychologinnen und Psychologen Unter dem Titel „Arbeitspsychologie für Gesunde Organisationen“ wurden am 14. und 15. Oktober in Wien aktuelle Phänomene wie Stress, Burnout, Mobbing sowie Alkohol am Arbeitsplatz von ExpertInnen aus dem Bereich Arbeits-, Wirtschafts- und Organisationspsychologie diskutiert. Veranstalter der vom Fonds Gesundes Österreich mitfinanzierten Fachtagung war der Berufsverband Österreichischer PsychologInnen (BÖP). Die Tagung richtete sich vor allem an Personen in psychosozialen Berufsfeldern und im Bereich der Betrieblichen Gesundheitsförderung, rund 160 BesucherInnen wurden verzeichnet. Mit Prof. DDr. Eberhard Ulich von der ETH Zürich konnte einer der bekanntesten Vertreter Prof. DDr. der ArbeitspsyEberhard Ulich chologie in Europa als Vortragender gewonnen werden. Betriebliche Gesundheitsförderung und Gesundheitsmanagement waren die Hauptthemen der Vorträge, die durch acht Arbeitsgruppen ergänzt wurden. Dr. Christoph Kabas, Präsident des BÖP, betonte die gesellschaftliche Bedeutung der Arbeitspsychologie, sowie ihren Nutzen auf verschiedenen Ebenen: für die ArbeitnehmerInnen (durch Verbesserung der Arbeitsbedingungen), für die ArbeitsgeberInnen (erhöhte Produktivität) und für die Sozialversicherungen (Reduktion der Krankenstände). Gefördert wurde die Konferenz auch aus Mitteln des Fonds Gesundes Österreich. Magistra Gerlinde Rohrauer, Gesundheitsreferentin des Fonds Gesundes Österreich, stand bei der Tagung als Gesprächspartnerin zur Verfügung. 4 G esundes Österreich U N D B Ü N D I G Foto:© BilderBoxCom K U R Z „Oskar“ für Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) zum dritten Mal vergeben Ernährungskongress „Food in Action“ Essen und körperliche Bewegung sind Grundpfeiler der menschlichen Gesundheit, die sich auf individueller und gesellschaftlicher Ebene beeinflussen lassen. Den biologischen, psychologischen und sozioökonomischen Aspekten des Ernährungs- und Bewegungsverhaltens und den Möglichkeiten, diese in positiver Weise zu modifizieren, widmete sich der Kongress „Food in Action“, der am 27. und 28. Oktober in Brüssel stattfand. Hochkarätige internationale Vortragende wie Prof. Adam Drewnowski von der University of Washington, USA, Prof. Dr. Peter Scholliers von der Vrije Universität Brüssel oder Prof. Chantal Simon von der Universität Louis Pasteur in Straßburg widmeten sich unter anderem den Fragen, wie sich die Einstellungen zu Ernährung und Körperbildern seit dem 19. Jahrhundert verändert haben, ob Übergewicht ein globales oder ein Problem der Globalisierung ist, oder wie sich neuronale und hormonelle Faktoren, die bei der Regulation von Hunger – und Sättigungsgefühlen eine Rolle spielen, beeinflussen lassen. Ziel des Kongresses war die Information der TeilnehmerInnen über alle Faktoren, die das Essverhalten beeinflussen, vor allem auch jener, die die Menschen davon abhalten, es in positiver Weise zu verändern. Von besonderem Interesse für die KongressteilnehmerInnen waren auch die Präsentationen der Programme von WHO und EU, die Strategien zur Förderung von gesundem Essverhalten in Europa und weltweit beinhalten. Aufschlussreich für die GesundheitsexpertInnen waren zudem konkrete Initiativen zur gesunden Ernährung und zur Prävention von Übergewicht. Aufgezeigt wurde dabei, welche Player auf welche Weise in ein Projekt miteinbezogen werden müssen, um auf individueller, gruppenspezifischer, regionaler und überregionaler Ebene mit einem Programm erfolgreich zu sein. Nähere Informationen: http://www.evicevents.com/foodinaction/index.htm Der österreichische Preis für Betriebliche Gesundheitsförderung - „BGFOskar 2005“ wurde am 6. Oktober im Rahmen einer Fachtagung mit dem Titel „Neue Perspektiven im betrieblichen Gesundheitsmanagement“ bereits zum dritten Mal vergeben. Prämiert wurden Unternehmensprojekte, die sich nach den Qualitätskriterien für BGF mit der Verbesserung der MitarbeiterInnengesundheit beschäftigten. Zieldefinition, Berücksichtigung des ganzheitlichen Gesundheitsbegriffes, Partizipation, Systematisches Projektmanagement und Integration zählen dazu. Ausgeschrieben wurde der Preis vom Österreichischen Netzwerk für BGF und dem Fonds Gesundes Österreich, die Organisation wurde von der OÖ Gebietskrankenkasse übernommen. Vergeben wurde der „Oskar“ in zwei Kategorien: Unter den 30 Einreichungen von Unternehmen mit mehr als 100 MitarbeiterInnen gewann die Firma Wild GmbH aus Völkermarkt (Kärnten) mit ihrem Projekt „WILD. Gesunder Vorsprung“. Unter den sechs kleineren Unternehmen konnte die Raiffeisenbank Eberndorf mit „Für eine gemeinsame, gesunde Zukunft“ den BGF-Oskar 2005 erringen. Der Sonderpreis der Arbeiterkammer ging ebenfalls an die Wild GmbH, jener der Wirtschaftskammer und der SVA der gewerblichen Wirtschaft an die Knapp Logistik Automation GmbH für das Projekt „FIT für Business“. U N D B Ü N D I G Foto:© Bilder Box Com Fotos:© EFHG K U R Z Seelisch belastet oder psychisch krank? Seelische Probleme sind nach wie vor ein Tabuthema, obwohl die Zahl der Betroffenen stetig steigt. Laut Weltgesundheitsbericht sind depressive Störungen derzeit weltweit die vierthäufigste Ursache von Krankheit und Behinderung, im Jahr 2020 werden sie WHO-Prognosen zufolge schon Platz zwei einnehmen. Mit ihrem Aktionstag „Unfreiwillig ausgegrenzt: zwischen seelisch belastet und psychisch krank“ auf dem Wiener Stephansplatz machte die Caritas Ende September auf dieses Thema aufmerksam. „Noch immer werden Überlastungen und Erkrankungen der Seele als Zeichen mangelnder Willensstärke oder aber sogar besonderer Gefährlichkeit fehl gedeutet. Das Stigma wird so zur zweiten Krankheit, die Betroffenen leiden doppelt“, so Caritas-Direktor Michael Landau. Doch psychische Erkrankungen sind kein Schicksal, mit dem sich die Betroffenen abfinden müssen. Mit adäquaten professionellen Hilfsmitteln – wie Medikamenten und Therapien – kann diesen Menschen geholfen werden. Laut österreichischem Psychiatriebericht 2004 lagen die Kosten für Psychopharmaka im Jahr 2003 bei 187 Millionen Euro, fast die Hälfte davon entfiel auf Antidepressiva. Für psychotherapeutische Behandlungen gaben Österreichs Krankenkassen im selben Jahr dagegen nur 38 Millionen Euro aus. Aber nicht nur psychische Erkrankungen waren Thema der Veranstaltung, sondern auch die Frage, was ‚psychische oder seelische Gesundheit’ bedeutet und welche Faktoren diese beeinflussten. „Seelisch gesund sein heißt nicht, keine Probleme zu haben, sondern bedeutet, über die persönlichen und sozialen Ressourcen zu verfügen, um mit schwierigen Situationen im Leben umzugehen und Lebenskrisen bewältigen zu können“, sagte Dennis Beck, Geschäftsführer des Fonds Gesundes Österreich (FGÖ) auf dem Aktionstag. Die wesentlichen Determinanten für Gesundheit seien soziale Schicht, Geschlecht, Einkommen und Bildung. Weitere Informationen unter www.caritas-wien.at European Health Forum Gastein (EHFG) bricht Rekorde Das European Health Forum Gastein, das vom 5. bis 8. Oktober 2005 heuer bereits zum achten Mal stattgefunden hat, war ein voller Erfolg. Mit rund 630 TeilnehmerInnen aus 61 Ländern wurde die Besucherzahl des Vorjahres um gut 20 Prozent übertroffen. Der Kongress, der sich mittlerweile als die wichtigste gesundheitspolitische Fachveranstaltung in der EU etabliert hat, versammelte 20 MinisterInnen und StaatssekretärInnen sowie EU-Gesundheitskommissar Markos Kyprianou und ExpertInnen aus Politik, Verwaltung, Medizin, Wissenschaft sowie Pharma- und Medizintechnikunternehmen. Diskutiert wurden eine Reihe von wichtigen Themen der GesundheitsförEHFG-Präsident Dr. derung und Prävention. Motivation für mehr Eigenverantwortung Günther Leiner war etwa eines der Schlüsselthemen der diesjährigen Tagung. Gesundheitsinformation, so die ExpertInnen, spiele eine wichtige Rolle, um Europas BürgerInnen „gesunde Wahlmöglichkeiten“ (Healthy Choices) im täglichen Leben zu ermöglichen. Noch wichtiger sei die Verbesserung der Gesundheitskompetenz: „Gesundheitskompetenz ist die Fähigkeit, im täglichen Leben Entscheidungen zu treffen, die sich positiv auf die Gesundheit auswirken”, erklärte die Gesundheitspolitik-Expertin Dr. Ilona Kickbusch. „Diese Kompetenz hat massive Auswirkungen auf den Einzelnen und ermöglicht ihm eine bessere Lebensqualität. Sie ist aber auch ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor. Die meisten gesundheitsrelevanten Entscheidungen werden heute für den Dr. Ilona Kickbusch Bürger statt unter Einbindung des Bürgers getroffen.“ Ein anderes Ergebnis der Beratungen in Gastein: Richtige Ernährung werde im Kindesalter gelernt – oder auch nicht. „Gesundheits- und Ernährungsbewusstsein muss ein integrierter Bestandteil der Erziehung werden“, erklärt Erik Harms, Leiter der deutschen Initiative „Plattform Ernährung und Bewegung“. „Daher muss Gesundheitserziehung gemeinsam mit allen anderen Sozialisierungsschritten erfolgen.“ Eine problematische Rolle spiele in dieser Hinsicht die Lebensmittelindustrie und insbesondere die auf Kinder abzielende Werbung für Nahrungsmittel. „Die Ernährungskultur, die von der Lebensmittelindustrie gefördert wird, steht in diametralem Gegensatz zu dem, was gesundheitlich wünschenswert ist, und was von Fachleuten auch seit langem übereinstimmend gefordert wird“, erklärten die Autoren einer britischen Studie zum Einfluss der Werbung auf das Essverhalten von Kindern. Auch die Gesundheit von MigrantInnen war ein wichtiges Thema der Tagung: Schlechte soziale Stellung, unterdurchschnittliches Einkommen, hoher Anteil an Personen, die in gesundheitsbelastenden Berufen arbeiten und nicht zuletzt mangelndes Gesundheitsbewusstsein prägen die Situation dieser Bevölkerungsgruppe. „MigrantInnen und Personen, die einer ethnischen Minderheit angehören, sind überproportional häufig krank,“ betonte Istvan Szilard von der International Organization for Migration. Dazu kämen noch der oft fehlende Zugang zu Gesundheitsinformationen und -dienstleistungen durch bürokratische oder sprachliche Barrieren. G esundes Österreich 5 K U R Z U N D Studie: Prävention in Gesundheitsmedien Präventionstagung des Fonds Gesundes Österreich 2005 Die Grenzen zwischen Genuss, Konsum, Missbrauch und Abhängigkeit von Alkohol sind oft fließend. Schon deshalb kommt der Prävention in Sachen Alkoholsucht eine wichtige Rolle zu. Diesem Thema widmete der Fonds Gesundes Österreich die 7. Österreichische Präventionstagung. Am 24. und 25. November befassten sich unter dem Titel „Volksdroge Alkohol – Strategien der Gesundheitsförderung und Prävention“ Vorträge und Workshops mit verschiedenen Facetten des Problems. Das Thema Alkohol wurde anfangs von mehreren Seiten beleuchtet, in Workshops kamen ExpertInnen und PraktikerInnen zu Wort und stellten ihre erfolgreichen und zielführenden Konzepte für ausgewählte Zielgruppen vor. Hochkarätige nationale und internationale Vortragende trugen wesentlich zum qualitätsvollen Programm bei. In der kommenden Ausgabe von Gesundes Österreich finden Sie wieder ausführliche Berichte über die Vorträge und Diskussionen auf der Tagung. Anzeige Gesundheitszeitschriften boomen. Aber werden deren Inhalte von den Lesern auch aufgenommen und – insbesondere präventive Maßnahmen – in die Tat umgesetzt? Mit dieser zentralen Frage beschäftigte sich Silke Strasser im Rahmen der empirischen Analyse „Krankheitsprävention in österreichischen Gesundheitszeitschriften“. Dabei kam die Autorin zu folgendem Schluss: Artikel über Vorsorge werden von den Lesern wohl registriert, aber an der praktischen Umsetzung mangelt es. Nicht zuletzt, weil die Theorien des Gesundheitsverhaltens in der Berichterstattung nicht die entsprechende praktische Anwendung finden. Ein möglicher Ausweg: Es besteht Aufholbedarf in der Weiterbildung der RedakteurInnen, um die Erfolge der Präventionsberichterstattung in Theorie und Praxis zu maximieren. Für detaillierte Informationen kann die Studie, die in der Reihe „Gesundheitswissenschaften papers 17“ erschienen ist, um EUR 7,50 bei der OÖGKK unter der Telefonnummer 0732/ 7807 3221 (Andrea Rosenkranz) bestellt werden. B Ü N D I G 6 Gesundes Österreich B Ü N D I G Anzeige U N D Foto: © bmgf K U R Z „DAS BEQUEME URLAUBSLEBEN“ IN DEN 50PLUS HOTELS ÖSTERREICH: Hinein ins Wintervergnügen BM Maria Rauch-Kallat bei der Gesundheitsvorsorgeuntersuchung in der SVA „Fit für die Wirtschaft“ Mit der Aktion „Fit für die Wirtschaft“ will die Sozialversicherung der Gewerblichen Wirtschaft (SVA) UnternehmerInnen verstärkt zur Gesundheitsförderung in ihren Betrieben motivieren, Krankheiten am Arbeitsplatz vorbeugen und damit Gesundheitspotenziale stärken. Wer sich an gesundheitsfördernden Aktivitäten beteiligt, erhält einen „Gesundheitshunderter“ – 100 Euro. „Es ist nun wichtig die Menschen zu motivieren, damit sie die zahlreichen guten Angebote auch tatsächlich nutzen. Der Gesundheitshunderter der SVA ist diesbezüglich ein richtungsweisendes Projekt“, so Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat, die bei einer Pressekonferenz mit SVA-Obmann-Stv. Karlheinz Kopf des Projekt vorstellte. Die Ministerin, die die innovativen Ansätze der SVA unterstützt, plädierte auch eindringlich, alle Angebote der Vorsorgeuntersuchung zu nutzen. Karlheinz Kopf äußert sich zuversichtlich: „Wir wollen den Versicherten helfen, gesund zu bleiben und durch gezielte Vorsorgeprogramme mehr Leistungsfähigkeit und Erfolg im Unternehmen zu erreichen“. Analyse zur schulischen Gesundheitsförderung In Zusammenarbeit mit den von der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse und dem Institut für Gesellschafts- und Sozialpolitik der Johannes Kepler Universität Linz herausgegebenen Gesundheitswissenschaften-Papers ist jetzt die Studie „Schulische Gesundheitsförderung - Gesundheitsförderung im Setting Schule unter besonderer Berücksichtigung deren Rahmenbedingungen sowie fördernden und hemmenden Faktoren“ von Sonja Wolfmeir erschienen. Im Rahmen ihrer Diplomarbeit geht die Autorin der Frage nach, wie schulische Gesundheitsförderung umgesetzt und eine Schule in Richtung „Gesundheitsfördernde Schule“ entwickelt werden kann und gibt somit praktische Tipps für Schulen, die Projekte planen. Neben Literaturrecherchen basiert die Arbeit auch auf qualitativen Interviews mit ProjektleiterInnen in Schulen, die dem Österreichischen Netzwerk Gesundheitsfördernde Schulen angehören. „Kreativität und Flexibilität, eine Anpassung an die jeweiligen Gegebenheiten der Schule und weniger häufig Projektmanagementkenntnisse scheinen das Stichwort zu sein, um in der Schulischen Gesundheitsförderung zu reüssieren“, so Wolfmeier, die darauf hinweist, dass „Schulische Gesundheitsförderung nicht im Verantwortungsbereich einzelner Schulen bleiben, sondern als eine Thematik der österreichischen Volkswirtschaft behandelt und dementsprechend gefördert werden sollte.“ Bestellung der Publikation: OÖ Gebietskrankenkasse, Andrea Rosenkranz, Tel.: 0732-7807-3221; Fax: 0732-7807-663221; E-Mail: [email protected] oder kostenpflichtiger Download unter www.ooegkk.at Im Magazin der „50plus Hotels Österreich“ unterbreiten 39 Hoteliers ideenreiche Angebote für ein „bequemes UrlaubsLeben“. Neue Urlaubsideen für Wellness&Vital-, Sport&Aktiv,Wander&Natur- und Kultur&Genuss-Angebote im tollen Urlaubsambiente sind im Magazin enthalten, gratis zu bestellen bei: 50plus Hotels Österreich, 3491 Straß, Prof. Kaserer-Weg 333,Tel. 02735/5535-0, [email protected], www.50plusHotels.at Aus dem Angebot der 50plus-Spezialisten: Zu Weihnachten tagsüber auf der Piste sein und abends zum Festmenü im Hotel Sonne in Saalbach: Familie Unterkofler bietet zu Weihnachten von 22. – 26. Dezember 2005 ein abwechslungsreiches Angebot zum Preis von EUR 380,– pro Person für 4 Übernachtungen mit Halbpension. Infos: 06541/7202 oder www.hotel-sonne.at Genießer, die gerne ein paar ruhige Tage verbringen,fühlen sich bei der „Romantischen Bergweihnacht“ im Landhotel Rupertus von Familie Herzog in Leogang besonders wohl. Das Pauschalangebot inklusive 3 Übernachtungen mit Verwöhnhalbpension ist ab 22. Dezember zum Preis ab EUR 265,pro Person buchbar. Infos: 06583/ 8466-0, www.rupertus.at Familie Egger von der Alpenresidenz Adler in Kirchberg hat ein tolles Angebot für Schifahrer: die „Schneespaß-Wochen“ von 7. bis 28. Jänner 2006. Im Preis ab EUR 663,— pro Person sind 7 Übernachtungen mit Erlebnispension und ein 6-Tages-Schipass für den Schigroßraum Kirchberg-Kitzbühel inkludiert. Infos: 05357/2327, www.der-adler.at G esundes Österreich 7 U N D Foto:© Bilder Box Com K U R Z Stress vermindert Lebenszufriedenheit Tabu sexualisierte Gewalt Sexualisierte Gewalt an Frauen und Kindern ist nach wie vor ein großes Tabuthema – besonders wenn es darum geht, den Täter konkret zu benennen und damit den Missbrauch zu unterbinden. Um dieses Schweigen zu brechen, hat „HAZISSA - Fachstelle für Prävention“ in Kooperation mit der Kinder- und Jugendanwaltschaft Graz, dem Forum politische Bildung und dem Zentrum für psychosoziale Fragen Wien eine große Seminarreihe zum Thema sexualisierter Gewalt organisiert und durchgeführt. Bei der abschließenden Fachtagung „Was geht’s mich an? Sexualisierte Gewalt – das Tabu unserer Gesellschaft!?“ Ende Juni in Graz standen eine Bestandsaufnahme und die Möglichkeiten der Prävention sexualisierter Gewalt im Mittelpunkt. „Primäre Prävention ist der zukunftsweisendste Gedanke: Sag nein, dein Körper gehört dir, gute und schlechte Gefühle, gute und schlechte Geheimnisse unterscheiden, das sind die zentralen Botschaften an die Kinder, um sie im Widerstand gegen sexuelle Übergriffe zu stärken“, so Dr. Anita Heiliger, Sozialwissenschafterin am deutschen Jugendinstitut für Geschlechterforschung und Frauenpolitik in München auf der Tagung. Aus der Täterforschung gilt als gesichert, dass erwachsene Sexualstraftäter bereits im Kindes- bzw. Jugendalter abweichendes Verhalten gezeigt haben. Für die Prävention sexueller Gewalt sind frühe Übergriffe unter Kindern und Jugendlichen besonders zu beachten und zu unterbrechen, um Täter- und Opferschaft zu verhindern. Auch der Kinderpsychiater Univ.-Prof. Dr. Max Friedrich (AKH Wien) nahm in seinem Referat Bezug auf die Bedeutung der Täterprävention: „Eine Nicht-Bewältigung einer der verschiedenen Phasen in der psychosexuellen Entwicklung des Kindes ist immer Voraussetzung für die Entwicklung einer späteren pädokrimen Verhaltensweise.“ Entwicklung von Selbstbewusstsein und antisexistischen Haltungen, Informationen in Bezug auf sexualisierte Gewalt und altersgemäßes Wissen um Sexualität und Aufklärung seien die zentralen Ziele der Prävention. Nähere Informationen zu diesem Thema unter www.hazissa.at 8 B Ü N D I G Gesundes Österreich Was macht uns im Leben zufrieden bzw. unzufrieden? Dieser Frage ist Dr. Michael Benesch im Auftrag des Instituts für Stressprophylaxe und Salutogenese Matzen in der aktuellen Studie „Stress und Salutogenese“ nachgegangen und zu folgendem Schluss gekommen: Eine positive Lebenseinstellung, ein hohes Selbstvertrauen, die Überzeugung, die Dinge selbst steuern zu können und Hobbys beeinflussen die Lebenszufriedenheit signifikant. Stress hingegen vermindert die Lebenszufriedenheit. „Unser Fokus liegt dabei sehr auf jenen salutogenen, also gesunderhaltenden Strategien, die das Entstehen von krankmachendem Stress und seinen Folgeerscheinungen verhindern oder die Wahrscheinlichkeit für Die Schauspielerin Prof. Elfriede Ott deren Auftreten zuminmit Prof. Dr. Rotraud Perner auf dem dest minimieren“, betonSymposium „Stress und Alter“. te Prof. Dr. Rotraud Perner, Leiterin des Instituts für Stressprophylaxe und Salutogenese, auf dem Symposium „Stress und Alter“, das Ende Oktober in Matzen stattfand. In zahlreichen Interviews mit Fachleuten und in Seniorenheimen zeigte sich eindeutig, dass Menschen, die sich „beschäftigen“ können und Freizeitinteressen haben, weitaus weniger negativen Stress und gleichzeitig eine höhere Lebenszufriedenheit empfinden als Menschen, die nicht die Motivation aufbringen, ihre Freizeit mit „sinnvollen“ Beschäftigungen anzureichern. Information und Kontakt: Dr. Michael Benesch, [email protected]; Tel.: 0699/1920 49 50. Hilfe bei gesundheitlichen Problemen am Arbeitsplatz Die neu geschaffene Einrichtung „Service Arbeit und Gesundheit“ mit Sitz in Wien und Graz unterstützt Menschen mit gesundheitlichen Schwierigkeiten am Arbeitsplatz. Vorrangiges Ziel ist es, die Arbeitsstelle für die Betroffenen zu erhalten bzw. sie möglichst rasch wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren. „Bevor gesundheitliche Probleme zur Existenzfrage werden, beraten wir bei gesundheitlichen Problemen am Arbeitsplatz, unterstützen bei drohendem Jobverlust und bieten Hilfe für den Wiedereinstieg“, erklärt Arbeits- und Gesundheitspsychologin Mag. Doris Czamay, Projektleiterin in Wien. Das Angebot ist kostenlos und auf Wunsch anonym. Es richtet sich direkt an die betroffenen Frauen und Männer, aber auch an die ArbeitgeberInnen. Die Unterstützung erfolgt unbürokratisch und ist auf die Bedürfnisse der Betroffenen abgestimmt. Die in Wien und Graz bestehende Einrichtung wurde vom BBRZ (Berufliches Bildungs- und Rehabilitationszentrum) im Rahmen der EQUAL-Initiative AEIOU – Arbeitsfähigkeit Erhalten für Individuen, Organisationen und Unternehmen – initiiert. Kontakt und Informationen zu „ Service Arbeit und Gesundheit“ In Wien: Tel.: 0810 810 234 123 (zum Ortstarif), Montag – Donnerstag: 9–16 Uhr, Freitag: 9–12 Uhr. E-Mail: [email protected]. In Graz: Tel.: 0810 010 123 (zum Ortstarif), Montag – Donnerstag: 9–16 Uhr, Freitag: 9–12 Uhr. E-Mail: [email protected]. Internet: www.servicearbeitgesundheit.at U N D B Ü N D I G Foto:© Bilder Box Com Anzeige K U R Z Kinder werden immer dicker ÄrztInnen warnen vor einer jugendlichen Übergewichtswelle enormen Ausmaßes. Weltweit registrieren ExpertInnen bereits 155 Millionen übergewichtige Kinder. 30 bis 40 Millionen sind sogar fettleibig und schwer gesundheitsgefährdet. Europaweit ist jedes vierte Kind übergewichtig oder fettleibig. Mit dem dringenden Appell umzudenken wandten sich 250 ÄrztInnen aus Europa und Übersee auf einem medizinischen Krisengipfel der European Childhood Obesity Group (Expertengruppe für kindliches Übergewicht) Anfang Oktober in Wien an die Gesundheitsverantwortlichen. Fettleibigkeit in der Jugend führe zu frühem Diabetes, zu hohem Blutdruck, Herzproblemen, Verkalkung, Schäden an den Knochen, ganz zu schweigen von oft massiven psychischen Leiden. „Wir fordern in der ,Wiener Resolution’ unter anderem die Anerkennung der Adipositas im Kindes- und Jugendalter als Krankheit und die Übernahme der Kosten für Diagnostik und Therapie durch Sozialversicherungssysteme“, so der Präsident des Kongresses, der Wiener Ernährungsmediziner Univ.-Prof. Dr. Kurt Widhalm (AKH). Auch der Aufbau einer leistungsfähigen Infrastruktur, die Diagnostik- und Therapieprogramme für die fettleibigen jungen PatientInnen überhaupt möglich mache, müsse verstärkt gefördert werden. Prof. Widhalm weist darauf hin, dass es sinnvoll ist, mit Präventionsmaßnahmen so früh wie möglich zu beginnen. Im Rahmen des Kongresses wandte er sich direkt an Kinder, Mütter und Väter und verlangte eindringlich, die Ernährung umzustellen: Mehr Obst und Gemüse, wenig bis kein Zucker, weniger Fett, keine zuckerhältigen Softdrinks und kleinere Portionen. Weitere Tipps des Experten: Den Fernsehkonsum auf maximal ein bis zwei Stunden täglich beschränken und vor allem viel Bewegung für den Nachwuchs. G esundes Österreich 9 U N D B Ü N D I G Foto:© Bilder Box Com K U R Z Führungswechsel bei Styria vitalis Krankenhaus mit Zukunft Mit der Positionierung des Krankenhauses in einem reformierten Gesundheitswesen beschäftigte sich die 10. Österreichische Konferenz gesundheitsfördernder Krankenhäuser vom 21. bis 23. September 2005 in Berlin. An der Veranstaltung „Das Gesundheitsfördernde Krankenhaus - Krankenhaus mit Zukunft“, die gleichzeitig auch die 2. Gemeinsame Konferenz der Deutschsprachigen Netzwerke Gesundheitsfördernder Krankenhäuser war, beteiligten sich ReferentInnen und TeilnehmerInnen aus Österreich, Deutschland und der Schweiz. Dabei standen folgende Fragen im Mittelpunkte: Welche Aspekte der Gesundheitssystemreformen in den drei deutschsprachigen Ländern sind für Krankenhäuser besonders zentral? Welche spezifischen Herausforderungen müssen sie bewältigen, welche neuen Chancen ergeben sich? Und wie kann Gesundheitsförderung Krankenhäuser und ihre MitarbeiterInnen in dieser Situation unterstützen, die Reform positiv zu bewältigen? Österreich war unter den hochkarätigen ReferentInnen mit Univ.-Prof. Dr. Jürgen M. Pelikan vom Institut für Sozialmedizin vertreten, der über Chancen und Herausforderungen der aktuellen Gesundheitsreformen für Gesundheitsfördernde Krankenhäuser referierte. Die 11. Österreichische Konferenz Gesundheitsfördernder Krankenhäuser wird im kommenden Jahr vom 19. bis 20. Oktober 2006 im steirischen Bruck / Mur stattfinden. Informationen: www.oengk.net 10 Gesundes Österreich Nationaler Aktionsplan für Kindersicherheit Unfälle stellen im Kindesalter die häufigste Todesursache dar – jede Woche stirbt in Österreich ein Kind an den Folgen eines Unfalls. Deshalb haben es sich das Bundesministerium für Gesundheit und Frauen, das Komitee für Unfallverhütung im Kindesalter „Große schützen Kleine“ und das Institut Sicher Leben jetzt zum Ziel gesetzt, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Mit Unterstützung der Europäischen Kommission und in Zusammenarbeit mit der European Child Safety Alliance läuft in 18 europäischen Ländern ein Projekt mit dem Titel „Child Safety Action Plans“. Ziel ist die strategische Planung und Ausführung von Nationalen Aktionsplänen. „Unfälle haben Ursachen und das bedeutet, dass sie durch das Beseitigen der potentiellen Gefahren verhindert werden können“, sagt Univ.-Prof. Dr. Michael Höllwarth, Vorstand der Universitätsklinik für Kinderchirurgie in Graz und Präsident von „Große schützen Kleine“. Bundesministerin Maria Rauch-Kallat möchte, dass „Österreichs Sterblichkeit durch Kinderunfälle vom derzeitigen EU-Platz 9 auf zumindest Platz 3 vorrückt“. Mehr Informationen darüber gibt es auf den Homepages www.grosse-schuetzen-kleine.at oder www.bmgf.gv.at Fonds Gesundes Österreich: Wechsel in der kaufmännischen Leitung Nach mehr als viereinhalb Jahren erfolgreicher Tätigkeit als kaufmännischer Leiter des Fonds Gesundes Österreich hat Mag. (FH) Christian Landsfried sich im vergangenen Oktober aus dieser anspruchsvollen Funktion zurückgezogen. „Ich habe beschlossen, jetzt einmal kürzer zu treten“, sagt der engagierte Wirtschaftsexperte, der sich in diesem Jahr nicht nur über Familienzuwachs, sondern auch den erfolgreichen Abschluss seines berufsbegleitenden FachhochschulStudiums freuen konnte. In Zukunft will Mag. Landsfried, der neben seinem Beruf Mag. (FH) auch ehrenamtlich in Vereinen für GehörChristian Landsfried lose und der Flüchtlingsbetreuung tätig war, sich beruflich auf die Geschäftsführung eines Restaurants konzentrieren und des weiteren als Unternehmensberater in der Gesundheitsförderung tätig sein. Dem Fonds wird er unter anderem als Trainer für Seminare über das Förderwesen erhalten bleiben. Nachfolger von Christian Landsfried als kaufmännischer Leiter des Fonds ist der Betriebswirt Mag. Walter Hörth. Mehr zu seiner Person finden Sie in dieser Ausgabe unter: Menschen im Fonds, Seite 54. Foto:© Hans Labler Einen Führungswechsel gibt es mit Jänner 2006 bei der traditionsreichen, steirischen Gesundheitsförderungsorganisation Styria vitalis. Das langjährige geschäftsführende Vorstandsmitglied, Präsidentin Dr. Lindi Kálnoky, zieht sich aus dieser operativen Funktion zurück, neue Geschäftsführerin wird Mag. Karin Reis-Klingspiegl. Die studierte Literaturwissenschafterin und Ethnologin ist Dr. Lindi Kálnoky seit Ende der 80er Jahre in der steirischen Gesundheitsförderung tätig, seit Anfang der 90er Jahre zusätzlich zu ihrem Engagement bei Styria vitalis auch am Grazer Institut für Sozialmedizin, dessen Vorstand die Expertin als Mentor sieht: „Ich habe Prof. Noack viel von meiner heutigen Erfahrung und meinem auch theoretischen Wissen zur Gesundheitsförderung zu verdanken.“ Als wichtige Aufgaben für ihre künftige Tätigkeit sieht die Mag. Karin Reisdem Public Health Gedanken verpflichtete Klingspiegl Gesundheitsfördererin die Konsolidierung und Absicherung der Tätigkeit von Styria vitalis und die Arbeit für eine stärkere Vernetzung von Gesundheitsförderung und -versorgung durch die Integration verschiedener Fachbereiche und die Bündelung des Wissens. Ihrer Vorgängerin streut die neue Geschäftsführerin Rosen: „Ich bewundere sie für ihren Mut und schätze sie für ihre unglaublichen Steherqualitäten in Sachen Gesundheitsförderung.“ Die promovierte Biologin Lindi Kálnoky, die auch physiologische Chemie studiert und in der Pharmakologie dissertiert hat, gilt zu Recht als Doyenne der österreichischen Gesundheitsförderung. 1975 übernahm sie den Aufbau der Steirischen Gesellschaft für Gesundheitsschutz und baute in der Steiermark nachhaltige Strukturen wie etwa die „Gesunden Gemeinden“ auf. Von 1981 bis 1991 war die Mutter von sechs Töchtern als Bundesrätin, Landtagsabgeordnete und Landtags-Vizepräsidentin politisch aktiv und initiierte 1988 gemeinsam mit dem damaligen Gesundheitsminister Franz Löschnak den Fonds Gesundes Österreich. Anzeige K U R Z U N D B Ü N D I G Preise für starke Gemeinden, denen die Gesundheit der MitarbeiterInnen am Herzen liegt Erstmals wurde vom Österreichischen Gemeindebund und vom Fonds Gesundes Österreich heuer gemeinsam ein Wettbewerb zur Förderung der Gesundheit von Gemeindebediensteten ausgeschrieben. Die Gewinner sind in erster Linie die GemeindemitarbeiterInnen. Die Preisträger des innovativen Wettbewerbs „Gesunde MitarbeiterInnen – Starke Gemeinden“ wurden am 25. November im Rahmen der 7. Österreichischen Präventionstagung in Wien ausgezeichnet. Ziel dieses Wettbewerbs des Österreichischen Gemeindebunds und des Fonds Gesundes Österreich war es, Gemeinden zu motivieren, die Gesundheit ihrer MitarbeiterInnen zu erhalten und zu fördern. Die Bewertung erfolgte durch eine hochkarätige Jury unter der Schirmherrschaft von Bundesministerin und Präsidentin des Fonds Maria Rauch-Kallat. Überreicht wurden die Preise vom Präsidenten des Österreichischen Gemeindebunds, Bürgermeister Helmut Mödelhammer, Mag. Christoph Hörhan vom Bundesministerium für Gesundheit und Frauen und dem Geschäftsführer des Fonds Gesundes Österreich, Dennis Beck. Der erste Preis wurde der Siegergemeinde Feldkirch in Vorarlberg verliehen, die mit dem Projekt „Rundum Xund“ die Erhöhung der Arbeitszufriedenheit und Verbesserung des körperlichen und geistigen Wohlbefindens der Gemeindebediensteten zum Ziel hatte. Viel Wert wurde auf die Praxisnähe gelegt, denn neben den Vorträgen und Schulungen gab es auch ein breites Angebot an Aktionen: So wurde im Feldkircher Rathaus die „Gesunde Jause“ eingeführt, es gab Lauftraining für AnfängerInnen und vergünstigte Eintrittspreisen in Fitnessstudios und einem Mineralheilbad. Auch die seelische Gesundheit kam nicht zu kurz. „Am Feldkircher Projekt war die Einfachheit und Effizienz der gesundheitsfördernden Maßnahmen ausschlaggebend“, erklärte Gemeindebund-Präsident Bgm. Helmut Mödlhammer. „Zudem hat uns gefreut, dass man auch die seelische Gesundheit in Form von Mentaltrainings berücksichtigt hat, das ist neben der körperlichen Gesundheit ein wichtiger Faktor im Berufsleben“, so Mödlhammer. Ein gutes Betriebsklima mit gesunden und zufriedenen MitarbeiterInnen zu schaffen, das war der Ansatzpunkt für die Gesundheitsförderung der Gemeindebediensteten in der Gemeinde St. Georgen bei Salzburg, die den 2. Platz erreichte. Der gesunde Arbeitsplatz wurde in allen Bereichen mit Hilfe einer Arbeitsplatzevaluierung unter die Lupe genommen. Erste Teilerfolge gibt es schon: Die Reinigungssituation in Volksschulen wurde zufriedenstellend gelöst, im Bereich vom Bauhof und Kläranlage wurde andere Sicherheitsschuhe eingeführt 12 Gesundes Österreich und eine Arbeitsmedizinerin wird über das Thema Wirbelsäule berichten. „Dieses Projekt hat die Jury in vielen Belangen überzeugt“, zeigte sich Dennis Beck, Geschäftsführer des Fonds Gesundes Österreich, erfreut. „Man sieht, mit einem innovativen Zugang ist es möglich, die Gesundheit von Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in allen Bereichen und mit einfachen Methoden zu unterstützen, zudem wird die Evaluierung positiv besetzt und als Chance zur Weiterentwicklung gesehen.“ Der dritte Preis ging an die Gemeinde Wartberg ob der Aist in Oberösterreich. Zunächst wurden die Probleme der Gemeindebediensteten erhoben, um ein zielgerechtes Angebot erstellen zu können. Titel der oberösterreichischen Initiative war „der Gesundheitszirkel“, der gemeinsam mit umliegenden Gemeinden ausgearbeitet wurde, um eine bessere Umsetzung zu garantieren. „Gesunde Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fühlen sich am Arbeitsplatz nicht nur wohler, sie erbringen auch höhere Leistungen und haben weniger Krankenstände. Diese Gemeinde hat der Gesundheitsförderung Vorrang eingeräumt und dazu gratuliere ich herzlich“, so Mag. Christoph Hörhan vom Bundesministerium für Gesundheit und Frauen in Vertretung von Bundesministerin Maria Rauch-Kallat. Die Vorarlberger Landeshauptstadt Bregenz erhielt einen Sonderpreis für ihr Projekt „Gesund & Vital“. Die Initiative legte ihren Schwerpunkt auf die „Bewusstseinsbildung ‚eigener Körper’, um die Motivation zur aktiven Teilnahme gesundheitsfördernder Aktivitäten zu steigern. In der Praxis bedeutet das für die Gemeindebediensteten in Bregenz nicht nur ergonomische Arbeitsplätze und regelmäßige Augenuntersuchungen, sondern auch Lebensstil- und Ernährungsberatung, es werden eine Rückenschule, sowie Massagen und sonstige physikalische Maßnahmen. „Im Fall von Bregenz haben wir uns aus zwei Gründen für einen Sonderpreis entschieden. Einerseits hat uns der ganzheitliche Ansatz, den man in der Vorarlberger Landeshauptstadt gewählt hat, sehr imponiert. Andererseits waren eigentlich die Landeshauptstädte aus unserem Wettbewerb ausgeklammert, weil sie ja ganz andere Möglichkeiten als kleine Gemeinden haben. Die Stadt hat vorbildlich gearbeitet“, sind sich die Initiatoren einig. Eine Fortsetzung dieses Wettbewerbs im Jahr 2007 ist geplant. U N D B Ü N D I G Foto:© Bilder Box Com K U R Z GESUNDHEITSREFORM: Große Ernüchterung nach dem großen Wurf? Mehr als 60 ReferentInnen präsentierten vom 19. bis zum 21. Oktober bei der „Puls 2005“, der Jahrestagung für die Gesundheitsbranche des Seminarveranstalters IIR, aktuelle Entwicklungen und neue Vorschläge im Zusammenhang mit der Gesundheitsreform 2005. EntscheidungsträgerInnen aus der Gesundheitspolitik, allem voran Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat, und VertreterInnen der Gesundheitsbranche berichteten über die Kernstücke der BM Maria Rauch-Kallat Reform, die Rolle der PatientenInnen und eine mögliche nachhaltige Effizienz-Steigerung. Diskutiert wurde auch darüber, ob die Gesundheitsreform nun als Trendumkehr bezeichnet werden kann und ob sie zudem die Wirtschaftlichkeit im Gesundheitssystem begünstigt. Der zweite Konferenztag fokussierte auf die Kernstücke der Gesundheitsreform: Den Österreichischen Strukturplan Gesundheit und das Nahtstellenmanagement, ob und wie eine sektorenübergreifende Versorgung durch Kooperation mit dem niedergelassenen Bereich gelingen kann. Unter anderem diskutierten der Gesundheitssprecher der ÖVP, Dr. Erwin Rasinger, und der Gesundheitssprecher der Grünen, Dr. Kurt Grünewald, über die Vor- und Nachteile der Reform, aber auch worauf es in Zukunft im Gesundheitswesen ankommt. Neue Perspektiven „Neue Perspektiven im betrieblichen Gesundheitsmanagement“ war das Motto des 10. Infotages für Betriebliche Gesundheitsförderung im Oktober in Linz, organisiert vom Netzwerk für Betriebliche Gesundheitsförderung. Der Fond Gesundes Österreich unterstützt dieses Projekt, wo TagungsteilnehmerInnen der Frage nach gingen, was und wie eine gesunde Organisation von gesunden MitarbeiterInnen lernen kann. Kennzeichen der Gesundheitsförderung war schon immer die Hinwendung auf die salutogenen, also gesundheitsstärkenden Potenziale der Menschen in ihrem sozialen Umfeld. „In jüngster Zeit wird zunehmend erkannt, dass man von Beschäftigten ohne gesundheitliche Beeinträchtigungen sehr viel lernen kann, insbesondere wie es ihnen gelungen ist, die betrieblichen Anforderungen und die Arbeitsbelastungen so erfolgreich zu bewältigen, dass keinerlei negative Gesundheitsfolgen aufgetreten sind“, fassen die OrganisatorInnen das Leitmotiv der Diskussionen zusammen. „Diese Erkenntnisse müssen für Unternehmen nutzbar gemacht werden.“ Kontaktstelle: Netzwerk für Betriebliche Gesundheitsförderung OÖGKK, Elfriede Kiesewetter Tel.: 0732/7807-2579 E-Mail: [email protected] www.netzwerk-bgf.at Armut macht krank Die Anzahl armer Menschen in Österreich nimmt immer mehr zu: 467.000 ÖsterreicherInnen, werden von ExpertInnen als „akut arm“ eingeschätzt. Mehr als eine Million Personen – oder jede/r Achte – ist hierzulande zumindest von Armut bedroht. Dies bedeutet, dass Betroffene mit einem monatlichen Einkommen von unter 785 Euro auskommen müssen. Neben AlleinerzieherInnen, PensionistInnen und kinderreichen Familien gehören auch MigrantInnen, Langzeitarbeitslose und die so genannten „working poor“ zu den hauptgefährdeten Gruppen. Frauen sind zudem stärker von Einkommensarmut betroffen als Männer. „Menschen, die in Armut leben, sind doppelt so oft krank wie NichtArme. Arme Kinder von heute sind die chronisch Kranken von morgen“, so Martin Schenk, Sozialexperte der Diakonie Österreich auf der 6. Armutskonferenz, die von 19. bis 20. Oktober in St. Virgil (Salzburg) unter dem Motto „Mut zum Möglichen. Armut ist vermeidbar“ stattfand. Bei Kindern von Erwerbslosen und SozialhilfeempfängerInnen treten überproportional häufig Infektionen der Atemwege und asthmatische Erscheinungen auf. Die Ursache sind oft feuchte Wohnungen. Auch Schlafstörungen, Kopfschmerzen und andere psychosomatische Krankheiten sind Folgen mangelnder sozialer Sicherheit. Häufige Erkrankungsbilder der erwachsenen sozial Benachteiligten sind Übergewicht und eine erhöhte Rate von Herz-Kreislauferkrankungen. Auch durch Stress verursachte Krankheitsbilder wie Kopfschmerzen, Schlafstörungen, Depressionen und nicht zuletzt arbeitsbedingte Abnützungen des Bewegungsapparates sind drohende Konsequenzen materieller Not. Martin Schenk forderte auf der Armutskonferenz umfassende Maßnahmen gegen die steigende Armut: „In modernen Sozialstaaten wird Armut verhindert, wenn Zukunft nicht von der Herkunft abhängig ist, wenn Kinder gleiche Bildungschancen haben, wenn man vom Job, den man hat, leben kann und wenn leistbarer Wohnraum zur Verfügung steht.“ Mehr zu Gesundheit und Armut unter www.armutskonferenz.at . Der „Bericht zur sozialen Lage 2003-2004“ ist auf der Website des BM für soziale Sicherheit und Generationen in der Rubrik Leistungen/Sozialpolitik unter http://www.bmsg.gv.at/ abrufbar. G esundes Österreich 13 U N D Fotos: PID/Votava K U R Z B Ü N D I G Viele Krankenstände durch Stress v.li.n.re.: StR. Mag. Renate Brauner, StR. Mag. Sonja Wehsely und Prof. Beate Wimmer-Puchinger Wiener Frauengesundheitstage im Oktober im Rathaus Die Wiener Frauengesundheitstage femVital, die am 1. und 2. Oktober 2005 im Rathaus stattfanden, boten dem Publikum ein vielfältiges Programm. „Bei den Frauengesundheitstagen bieten wir einen Mix aus Vorträgen und einem spannenden Rahmenprogramm, der die Themen Gesundheit und Prävention für Besucherinnen jeden Alters informativ und unterhaltsam aufbereitet“, erklärte Mag. Renate Brauner, Stadträtin für Gesundheit und Soziales. Über die rege Teilnahme freute sich auch Frauenstadträtin Mag. Sonja Wehsely: „Gesund sein heißt für Frauen nicht nur ‚nicht krank sein’, sondern sich wohl fühlen. Und dafür tun die Frauen auch viel, denn sie wollen gesund und fit älter werden.“ Gesundheitscheckpoints standen den Besucherinnen ebenso zur Verfügung wie spezielle Programmpunkte für Migrantinnen. Einzigartig an der femVital war die Übersetzung der Programmpunkte für Gehörlose durch Gebärdendolmetscherinnen. Auch für Unterhaltung war gesorgt: Von Kabarett über Humortherapie bis hin zur feurigen Latin-Dance Show. Organisatorin und Wiener Frauengesundheitsbeauftragte Univ.-Prof. Dr. Beate Wimmer-Puchinger: „Frauengesundheit ist nicht nur ein Schlagwort, sondern unser Programm. Der Erfolg der femVital liegt in der Kombination aus aktuellen gesellschaftlichen Trends und qualitätsvollen Angeboten und Orientierungshilfen.“ Was wirklich stresst Was erleben Menschen als stressend im krankmachenden Sinn? Sind es Belastungen der Arbeitswelt, der Wohnsituation oder Pflegeerfordernisse? Und wie kann man Stressfaktoren entgegen wirken? Welche Einstellungen und Fähigkeiten sind dabei erforderlich? Diesen und ähnlichen Fragen ging im Vorjahr im Rahmen eines Symposiums das Institut für Stressprophylaxe und Salutogenese (ISS) nach. Die Dokumentation der empirischen Forschung über das subjektive Stressempfinden sowie des Symposiums über salutogene Gegenstrategien liegt nunmehr auch in Buchform vor. Eine zentrale Aussage der neuen Publikation: Es sind zwischenmenschliche Faktoren, die die Gesundheit besonders beeinträchtigen: Die subtilen Gewalttätigkeiten des Alltags, Sticheleien, Demütigungen, destruktive Kritik. Und: Stress wird vielfach nur als Zeitdruck interpretiert und damit die Chance der prophylaktischen Gegensteuerung ignoriert. Rotraud A. Perner (Hg): Was wirklich stresst. 136 Seiten, aaptos Verlag, ISBN 3-901-499-08-3; 9,90 Euro. 14 Gesundes Österreich Stress zählt zu den häufigsten Ursachen von Krankenständen. Psychische Krankheiten verursachen jährlich zwei Millionen Krankenstandstage, schätzen die ExpertInnen von pro mente Österreich. Krankheitsbedingte Ausfallszeiten kosten die österreichische Wirtschaft jährlich 1,4 Milliarden Euro. Wie wandelnde soziale Strukturen Stress und Lebensqualität des Individuums und der Gesellschaft beeinflussen, ist jetzt Gegenstand einer EU-weiten Untersuchung über Stress und Langzeitkrankenstand. „Das Projekt Stress Impact ist ein völlig neuer internationaler Ansatz. Drei Studien ergänzen einander und beleuchten das Forschungsthema aus unterschiedlichen Perspektiven“, erklärt Mag. Gert Lang, Leiter des Projekts am Forschungsinstitut des Wiener Rotes Kreuzes. Die wichtigsten Ergebnisse aus den drei Teilstudien: Stress auf dem Arbeitsplatz und seine Auswirkungen auf die Gesundheit haben deutlich zugenommen. Die Betroffenen leiden unter Depressionen und emotionaler Erschöpfung, sie fühlen sich während ihres Krankenstandes allein gelassen. Die Arbeitsunterbrechung hat finanzielle, strukturelle und emotionale Auswirkungen auf Individuum und Familie, oft wird mangelnde Hilfestellung beklagt. Viele würden nach dem Krankenstand gerne wieder arbeiteten. Tatsächlich erfolgt eine Wiederaufnahme der Arbeit nur selten, weil Betroffene nicht voll belastbar sind bzw. seitens des Arbeitgebers zuwenig Flexibilität herrscht. Ein halbes Jahr nach der Erstbefragung konnten nur ein Viertel der Befragten die Arbeit wieder aufnehmen. Laut Studie ist eine Stressdiagnose oft schwierig, weil Stress nicht das eigentliche Problem ist, sondern dessen Auswirkungen. Dies mache umfangreiche Fallanalysen nötig. Die Autorengruppe fordert weiters einen Maßnahmen-Mix, der eine Arbeitsunterbrechung verhindern bzw. die Genesung während des Krankenstandes und eine Wiederaufnahme der Arbeit ermöglichen soll. Dazu wird es noch weitere Arbeitsgruppen geben. Weitere Informationen zur „Stress Impact“ Studie: Mag. Gert Lang, Forschungsinstitut des Wiener Roten Kreuzes, Tel.: (01) 79580-3425. Anzeige G esundes Österreich 15 Fotos (2): © BilderBoxCom ERNÄHRUNG UND GESUNDHEIT MANGEL UND ÜBERFLUSS Der Kontrast könnte nicht größer sein: Unterernährung in den armen, krankhaftes Übergewicht in den reichen Ländern der Welt. Weil die „Adipositas-Epidemie“ inzwischen aber auch etliche Entwicklungs- und Schwellenländer erfasst hat, sind diese in Sachen Ernährung von einer doppelten Krankheitslast betroffen. A ls die SanitäterInnen einer Spezialklinik vor etwa einem Jahr zum Haus von David Beuel im USBundesstaat Nebraska kamen, konnten sie den an schweren Herzbeschwerden leidenden 42-jährigen nicht sofort zur Notfallbehandlung abtransportieren. Der ehemalige Restaurantmanager, der bei einer Größe von 1,80 Metern 486 Kilogramm auf die Waage brachte, passte nicht mehr durch die Tür seines Hauses. Er konnte erst hinausgetragen werden, nachdem ein Stück der Mauer herausgebrochen worden war. Dieses Extrembeispiel, über das die deutsche Zeitschrift „Spiegel“ in einem Special zu Ernährung kürzlich berichtet hat, illustriert ein Gesundheitsproblem, das weltweit immer mehr Menschen betrifft. Laut der Weltgesundheitsorganisation WHO sind global bereits mehr als eine Milliarde Menschen übergewichtig, mindestens 300 Millionen leiden sogar an krankhafter Fettleibigkeit, zu deren Folgeerscheinungen Bluthochdruck, Diabetes und vorzeitige Todesfälle durch Herz-Kreislauferkrankungen, aber auch be- 16 Gesundes Österreich stimmte Krebserkrankungen zählen können. Da immer mehr Menschen krankhaft fettleibig sind, wird die Adipositas von der WHO bereits als „Epidemie des 21. Jahrhunderts“ bezeichnet. Die USA, wo nicht weniger als 31 Prozent der Bevölkerung oder rund 90 Millionen BürgerInnen davon betroffen sind, belegen „den Spitzenplatz“ in der internationalen Adipositas-Statistik. „Adipositas-Epidemie“. „Die wesentliche Ursache dafür, dass immer mehr Menschen adipös sind, ist schlicht, dass zuviel Lebensmittel mit hoher Energiedichte verzehrt werden und zu wenig pflanzliche Kost“, meint Dr. Francesco Branca, Berater für Ernährung und Lebensmittelsicherheit im WHO-Regionalbüro für Europa mit Sitz in Kopenhagen (siehe auch Interview: „Globale Strategien“). Lebensmittel mit hoher Energiedichte sind in aller Regel fett- oder zuckerreiche Produkte, die in Relation zu ihrem Volumen besonders viele Kalorien enthalten. Häufiger Konsum derartiger Kost führt dazu, dass bei immer mehr Menschen ihre tägliche, wöchentliche und monatliche Energiezufuhr durch die Nahrung höher ist als ihr Energieverbrauch. Der Überschuss wird vom Körper letztlich auch in Form von Fettpölsterchen und – röllchen gespeichert, für schlechte Zeiten, von denen die modernen Wohlstandsgesellschaften allerdings schon seit Jahrzehnten verschont werden. Für den „Trend zur positiven Energiebilanz“ und damit zu Übergewicht, spielt neben der zunehmenden Aufnahme kalorienreicher und relativ volumsarmer Nahrung auch sinkender Energieverbrauch durch Bewegungsmangel eine wesentliche Rolle. Doppelte Krankheitslast. Von „Adipositas“ wird laut WHO-Definition dann gesprochen, wenn der Body Mass Index (BMI, siehe auch Kasten: „Der Body Mass Index“) eines Menschen über 30 liegt. Das ist zum Beispiel bei einer Größe von 1,80 Meter schon dann der Fall, wenn das Körpergewicht mehr als 97 Kilogramm beträgt. „Seit einigen Jahren ist das Adipositas-Pro- ERNÄHRUNG UND GESUNDHEIT Adipositas im internationalen Vergleich Anteil der Menschen mit Adipositas oder krankhafter Fettleibigkeit in verschiedenen Ländern in Prozent der Gesamtbevölkerung: China Japan Schweiz Italien Frankreich Österreich Schweden Niederlande Dänemark Finnland Deutschland Island Spanien Tschechien Kanada Neuseeland Australien Großbritannien USA 5 5 7 9 9 9 9 9 10 11 11 12 13 15 15 17 21 22 31 Quelle: Spiegel special – Besser Essen, Besser Leben, Juni 2005 blem nicht nur in den Industrieländern, sondern auch zunehmend in manchen Entwicklungsund Schwellenländern verbreitet, vor allem unter den SoziProf. Dr. alschichten mit höIbrahim Elmadfa herem Einkommen und höherer Bildung“, sagt Prof. Dr. Ibrahim Elmadfa, der Vorstand des Institutes für Ernährungswissenschaften der Universität Wien. Da gleichzeitig in den Entwicklungsländern auch zahlreiche Menschen von Unternährung und deren schweren, oft tödlichen Folgen betroffen sind, gebe es in diesen Nationen eine „doppelte“ ernährungsbedingte Krankheitslast, so Prof. Elmadfa. Als Grund für die steigenden Adipositas-Raten in Schwellen- und Entwicklungsländern nennt die Weltgesundheitsorganisation WHO die „Nutrition Transition“. Damit wird die Veränderung der traditionellen Ernährungsgewohnheiten in manchen Staa- ten Asiens, Afrikas, Latein- und Mittelamerikas umschrieben. Konkret werden in Nationen, die bereits stärker von der Dynamik der wirtschaftlichen Globalisierung erfasst wurden, statt landesüblicher Kost mit einem relativ hohen Anteil an Obst und Gemüse vermehrt die Angebote westlicher FastFood-Ketten und Lebensmittelkonzerne genutzt. Und die sind bekanntlich häufig reich an Fett und Kalorien. „Nutrition Transition“. Als Folge dieser Ernährungsumstellung in Entwicklungs- und Schwellenländern haben etwa die Inselstaaten im Pazifik und manche Staaten des Mittleren Ostens schon sehr hohe Adipositasraten. In Ländern wie Indien und Mexiko gibt es ebenfalls immer mehr krankhaft übergewichtige Menschen. In China, dem mit 1,3 Milliarden Menschen bevölkerungsreichsten Land der Welt, leben noch 30 Millionen Menschen in bitterster Armut. Andererseits gibt es aber auch schon doppelt so viele krankhaft fettleibige Chinesen. Den globalen Höchstwert erreichen die Be- wohnerInnen städtischer Regionen auf Samoa. Dort sind rund drei Viertel der Bevölkerung nach WHO-Kriterien adipös. „Stille Katastrophe“. Durch die Globalisierung der Wirtschaft haben in jenen Ländern, die zumindest teilweise von dieser ökonomischen Dynamik bereits erfasst wurden, mit dem wachsenden materiellen Wohlstand also offenbar auch die Wohlstandserkrankungen Einzug gehalten. Das gravierendste Problem in den armen und ärmsten Ländern der Welt ist aber nach wie vor die Unternährung. „Weltweit sind rund 800 Millionen Menschen unternährt. 90 Prozent davon leben in Entwicklungsländern“, beschreibt Prof. Elmadfa die quantitative Dimension. Der häufigste Grund für Todesfälle als Folge von Unterernährung ist die Protein-Energie-Malnutrition. Auf eine Unterversorgung kann die Hälfte der weltweit jährlich rund elf Millionen Todesfälle bei Kindern zurückgeführt werden. „Dabei geht es nicht nur darum, dass Menschen von Hungersnöten betroffen werden. Diese treten heute auch in G esundes Österreich 17 Fotos (3): © BilderBoxCom ERNÄHRUNG UND GESUNDHEIT Der Body Mass Index (BMI) Der Body Mass Index (BMI) in Kilogramm pro Quadratmeter wird als Messgröße für Unter-, Normal- und Übergewicht verwendet. Er wird errechnet, indem das Gewicht in Kilogramm durch die Körpergröße in Metern zum Quadrat dividiert wird. u BMI-Werte unter 20 bei Männern und unter 19 bei Frauen gelten als Untergewicht u Als ideal gelten für Frauen BMIWerte zwischen 19 und 24, für Männer zwischen 20 und 25 u 26 bis 30 bei Männern und 25 bis 30 bei Frauen werden als „leichtes Übergewicht“ eingestuft. Bei zusätzlichen Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Diabetes oder Gicht kann bereits eine Gewichtsreduktion als notwendig erachtet werden. u BMI-Werte von über 30 bis 39 gelten für beide Geschlechter als deutliches Übergewicht, das langfristig reduziert werden sollte. Ab einem BMIWert von 30 sprechen Mediziner von „Adipositas“, also krankhafter Fettleibigkeit. u Wer einen Wert von 40 und mehr aufweist, hat sehr starkes Übergewicht und sollte aus medizinischer Sicht unbedingt abnehmen und gehört in ärztliche Betreuung. Die hier angeführten BMI-Klassifikationen sind allgemeine Richtwerte. Sie beziehen sich auf Erwachsene. Bei Kindern und Jugendlichen gelten je nach Altersstufe und Geschlecht unterschiedliche Richtwerte. Bei der BMIBerechnung wird die Verteilung des Körpergewichts nicht berücksichtigt. Sie kann miteinbezogen werden, indem auch der Taillenumfang gemessen wird. Bei Männern sollte er weniger als 102 Zentimeter, bei Frauen weniger als 88 Zentimeter betragen. Weiters können auch Sportler und speziell Kraftsportler einen relativ hohen BMI haben, ohne deshalb unbedingt gleich „krankhaft fettleibig“ zu sein, da Muskeln eine höhere Dichte als Fett aufweisen. 18 Gesundes Österreich den Entwicklungsländern meist nur noch als Folge von großen natürlichen oder durch Menschen verursachten Katastrophen auf“, erklärt Prof. Dr. Michael Krawinkel. Als „stille Katastrophe“ sei vor allem chronische Unter- und Fehlernährung in zahlreichen Entwicklungsländern allgegenwärtig, so der Experte für „Ernährung in Entwicklungsländern“ am Institut für Ernährungswissenschaft der deutschen Universität Gießen. Unterernährung kann nicht nur direkt schwere Erkrankungen auslösen, sondern auch indirekt, weil sie das Immunsystem schwächt und die Betroffenen für tödliche Infektionskrankheiten anfälliger macht. Mangelerkrankungen. Neben allgemeiner Unterernährung und speziell der Unterversorgung mit dem Makro-Nährstoff Protein führt die mangelnde Zufuhr Prof. Dr. ganz bestimmter MiMichael Krawinkel kro-Nährstoffe zu weiteren wesentlichen ernährungsbedingten Gesundheitsproblemen in den armen und ärmsten Ländern der Welt. Speziell Jod-, Vitamin A- und Eisenmangel sind sehr weit verbreitet und haben schwerwiegende gesundheitliche Folgen. Jodmangel ist laut der WHO global betrachtet nach wie vor der häufigste Grund für Gehirnschädigungen. Während einer Schwangerschaft kann er die Ursache für Fehlgeburten sein. Kretinismus, eine angeborene hochgradige geistige Behinderung, die unter anderem mit Kleinwuchs und Taubstummheit verbunden ist, ist ebenfalls auf unzureichende Versorgung von Müttern und Kindern mit diesem Mikro-Nährstoff zurückzuführen. Die für eine ausreichende Versorgung notwendige Anreicherung von Speisesalz mit Jod kostet nur 5 US-Cents pro Person und Jahr. Die WHO hat deshalb schon 1993 ein entsprechendes Programm gestartet und konnte die Zahl der Länder, in denen Speisesalz jodiert wird, seither von 46 auf 93 steigern. Dennoch gibt es weltweit immer noch 740 Millionen Menschen, die von durch Jodmangel ausgelösten Erkrankungen betroffen sind. Vitamin-A-Mangel. Auch Vitamin-A-Mangel ist ein globales Gesundheitsproblem. Betroffen sind vor allem afrikanische und südostasiatische Länder und hier wiederum vor allem Schwangere und Kleinkinder. Vitamin-A-Mangel ist die wichtigste vermeidbare Ursache für Erblindungen von Kindern. Bei jungen Frauen erhöht er das Risiko für Todesfälle während und nach einer Schwangerschaft. Die WHO propagiert folgende Gegenmaßnahmen: u die zusätzliche Versorgung mit Vitamin-A im Rahmen nationaler Impfprogramme u die Anreicherung industriell produzierter Nahrungsmittel mit dem lebenswichtigen Vitalstoff, wie dies etwa bei der Zuckererzeugung in Guatemala geschieht u sowie Programme, die vor allem Menschen in Afrika und Südostasien dabei unterstützen sollen, Obst und Gemüse im Hausgarten anzubauen. Eisenmangel. „Von Eisenmangel sind weltweit besonders zahlreiche Menschen betrof- ERNÄHRUNG UND GESUNDHEIT Globale Strategien Dr. Francesco Branca vom WHO-Regionalbüro für Europa im Interview mit Gesundes Österreich über individuelle und gesellschaftliche Maßnahmen zur Verbesserung der weltweiten Ernährungssituation und die Aktivitäten globaler Lebensmittelkonzerne. Gesundes Österreich: Was sind die wesentlichsten durch Ernährung bedingten Gesundheitsprobleme in den armen Ländern der Welt, welche gesundheitlichen Schwierigkeiten stehen im Zusammenhang zur Ernährung in den reichen Ländern im Vordergrund? Dr. Branca: In den Entwicklungsländern gibt es immer noch sehr zahlreiche Menschen, die sich nur sehr einseitig ernähren können oder zu wenig Nahrung erhalten. Die wesentlichsten Folgen sind Wachstumshemmungen sowie mangelnde Versorgung mit Vitaminen und Mineralstoffen. Demgegenüber ist in den reichen Ländern der Welt falsche Ernährung die wesentlichste Ursache für vorzeitige Todesfälle und Behinderungen durch Erkrankungen. Nahrung mit sehr hoher Energiedichte, also kalorienreiche Lebensmittel, zu geringer Konsum von Obst und Gemüse sowie Bewegungsmangel sind dafür verantwortlich, dass immer mehr Menschen adipös, also krankhaft übergewichtig sind. fen. Seine Auswirkungen sind jedoch oft nicht sofort erkennbar und werden deshalb häufig unterschätzt“, weiß Prof. Krawinkel. Eine Folge dieses spezifischen Ernährungsmangels ist die Anämie oder Blutarmut, die eine generell verringerte Leistungsfähigkeit bewirken kann und das Immunsystem schwächt. Anämie ist die Ursache für 20 Prozent aller Todesfälle von schwangeren Frauen und jungen Müttern. Mangel im Überfluss. Die beschriebenen Nahrungsmängel und deren oft tödlichen Krankheitsfolgen betreffen vor allem die ärmsten und am wenigsten gebildeten Menschen der Welt. Dem steht der Nahrungsüberfluss gegenüber, der den meisten Menschen in den reichen Ländern der Welt, aber auch bestimmten gesellschaftlichen Gruppen in den Entwicklungs- und Schwellenländern zur Verfügung steht. Der Kontrast zwischen jenen, die zuwenig Nahrung haben und jenen, die sich buchstäblich zu Tode essen, könnte nicht größer sein. „Neben tatsächlichem Nahrungsmangel und dessen schrecklichen Folgen gibt es aber auch Mangel im Überfluss. Er besteht darin, dass aus der Vielfalt an Lebensmitteln, vor allem zu jenen gegriffen wird, die der Gesundheit schaden können“, beschreibt Prof. Elmadfa die globalen Gegensätze. Thomson Prentice, der leitende Redakteur des World Health Report 2002 der WHO, bringt die weltweite Situation im Bereich Ernährung und Gesundheit folgendermaßen auf den Punkt: „Die Weltbevölkerung lebt gefährlich – ein Teil, weil er keine andere Wahl hat, der andere Teil, weil er die falsche Wahl trifft.“ Gesundes Österreich: Laut den entsprechenden WHO-Programmen kann durch Programme im Bereich Ernährung und Gesundheit mit relativ geringem finanziellem Aufwand große Wirkung erzielt werden. Was sind die wichtigsten dieser Strategien? Dr. Branca: Einerseits müssen Maßnahmen umgesetzt werden, die dazu beitragen, dass sich Menschen individuell für einen gesünderen Lebensstil entscheiden. In den reichen Ländern der Welt können gesellschaftliche Initiativen die Menschen wieder zu einem aktiveren Leben ermutigen. Das Verkehrswesen, die Stadtentwicklung, das Schulwesen und die Arbeitsumgebung sind in diesem Zusammenhang Schlüsselbereiche. Andererseits sind aber vor allem auch gesellschaftliche Veränderungen notwendig, die dafür sorgen, dass gesunde Lebensmittel für die Mehrheit der Weltbevölkerung überhaupt verfügbar sind, dass also möglichst zahlreiche Menschen über Lebensmittelsicherheit verfügen. So gibt es etwa schon seit längerem WHO-Strategien, durch die die Zahl an untergewichtigen Kindern gesenkt werden soll. Doch dieses Ziel wird vorerst nur in Asien und auf dem amerikanischen Kontinent erreicht. In Afrika, besonders in Ostafrika hat die Zahl untergewichtiger Kinder in den vergangenen Jahren sogar zugenommen. Die Lebensmittelmärkte müssen durch politische Maßnahmen so gesteuert werden, dass dieses Problem verringert werden kann. Gesundes Österreich: Gibt es durch die globalen Aktivitäten internationaler Lebensmittelkonzerne und Restaurantketten, die weltweit dieselben Produkte in derselben oder einer ähnlichen Qualität anbieten, auch eine Vereinheitlichung oder „Globalisierung“ des Geschmackserlebens? Dr. Branca: Ob die Globalisierung das Geschmacksempfinden beeinflusst, kann ich nicht beurteilen. Ich kann aber bestätigen, dass bestimmte Produkte der Lebensmittelindustrie weltweit fast flächendeckend verbreitet werden. Bei diesen Produkten gibt es meiner Meinung nach einen großen „Konsumationsdruck“. Dieser entsteht dadurch, dass es sich um Lebensmittel handelt, die überall erhältlich, relativ billig und deshalb auch für die meisten Menschen verfügbar sind. Wenn die selben Markt- und Verteilungsprinzipien auf gesunde Lebensmittel angewendet würden, könnte die Qualität der Ernährung der Menschen und damit auch ihre Gesundheit in hohem Ausmaß positiv beeinflusst werden. Dr. Francesco Branca ist Berater für den Bereich „Ernährung und Lebensmittelsicherheit“ beim Regionalbüro für Europa der Weltgesundheitsorganisation WHO, mit Sitz in Kopenhagen. G esundes Österreich 19 Foto: Reductil ERNÄHRUNG UND GESUNDHEIT Immer mehr und immer jüngere Menschen in Österreich sind krankhaft fettleibig. Zur Entstehung des AdipositasProblems können verschiedenste Einflüsse beitragen: Die Erbanlagen und der Sozialstatus ebenso wie die Preisgestaltung bei Lebensmitteln. FAKTOREN DER FEHLERNÄHRUNG D em internationalen Trend entsprechend stieg auch in Österreich die Prävalenz der Adipositas. 37 Prozent der ÖsterreicherInnen sind übergewichtig und 9,1 Prozent adipös“, heißt es im aktuellen Österreichischen Ernährungsbericht (siehe auch Grafik: „Adipositas in Österreich“). Was in dem wissenschaftlichen Dokument so nüchtern beschrieben wird, kann für die in immer größerer Zahl von Adipositas, also krankhafter Fettleibigkeit betroffenen Menschen, dramatische Folgen haben: Von schweren Erkrankungen bis zum vorzeitigen Tod. „Bei uns sind PatientInnen in Behandlung, die durch ihre hochgradige Fettsucht mit zehn Jahren schon an Altersdiabetes erkrankt sind oder die mit zwölf Jahren schon an einer Fettleber leiden“, sagt Univ.-Prof. Dr. Kurt Widhalm, der Leiter der Abteilung für Ernährungsmedizin der Wiener Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde, an der speziell auch hochgradig adipöse PatientInnen betreut werden. Österreichweit sind laut Einschätzung von ExpertInnen im 20 Gesundes Österreich Durchschnitt bereits 15 Prozent der 10- bis 15-Jährigen übergewichtig und weitere fünf Prozent adipös. Hohe Folgekosten. Die steigenden AdipositasRaten sind jedoch nicht nur ein Gesundheitsproblem, sondern auch ein ökonomisches.„Laut wissenschaftlichen Schätzungen können in DeutschDr. Joachim land bis zu sieben Prozent Westenhöfer der gesamten Gesundheitsausgaben direkt der Adipositas zugerechnet werden“, sagt Dr. Joachim Westenhöfer, Professor für Ernährungs- und Gesundheitspsychologie an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg. Unter der Annahme, dass in Österreich ein ähnlich hoher Prozentsatz der Gesundheitskosten auf krankhaftes Übergewicht zurückgeführt werden kann, sind von den 10,812 Milliarden Euro Gesamtausgaben der gesetzlichen österreichischen Krankenversicherungen im Jahr 2002 nicht weniger als 757 Millionen Euro direkte „Adipositas-Kosten“. Tendenz steigend. Ursachen für Übergewicht. Dabei sind die Ursachen für das immer weiter verbreitete Adipositas-Problem prinzipiell längst bekannt: Da ist zunächst einmal ungünstige Ernährung, mit zu viel Fett, zu vielen gezuckerten Getränken und Süßigkeiten und einer generell zu hohen Kalorienzufuhr. „Auch die Tatsache, dass in den Familien immer weniger gekocht wird, spielt eine Rolle. Statt Hauptmahlzeiten, die in einem geregeltem Rhythmus eingenommen werden, werden vermehrt kalorienreiche Zwischenmahlzeiten verzehrt“, sagt Prof. Widhalm. Bewegungsmangel ist der zweite wesentliche negative Einflussfaktor. Immer mehr Menschen verrichten ihre Arbeit im Sitzen und auch SchülerInnen wird meist nur wenig Möglichkeit zu körperlicher Aktivität geboten. Zahlreiche Menschen verbringen aber auch ihre Freizeit großteils sitzend: als „Couch Potatoes“ vor dem Fernseher oder bei Computerspielen. ERNÄHRUNG UND GESUNDHEIT „Gesellschaftliche Ächtung“. Psychologische Faktoren spielen im Vergleich zu den Erbanlagen nach Ansicht der ExpertInnen eine vergleichsweise geringe Rolle. „Wir wissen aus zahlreichen Studien, dass emotionale Einflüsse keine wesentlichen Ursachen für die Entstehung von Übergewicht sind“, betont Prof. Westenhöfer. „Allerdings kann eine bereits vorhandene Adipositas sekundär zu psychischen Beeinträchtigungen führen“. So könnten etwa erfolglose Abnehmversuche Niedergeschlagenheit auslösen und die zunehmende „gesellschaftliche Ächtung“ übergewichtiger und adipöser Menschen könne deren Selbstwertgefühl schmälern, so der deutsche Experte. Arme sind häufiger adipös. Der soziale Status, definiert durch die Höhe des Einkommens und des Bildungsniveaus, steht hingegen laut wissenschaftlichen Studien in hohem Ausmaß in einem Zusammenhang mit dem Vorkommen von Adipositas. Vereinfacht gesagt: Je geringer das Einkommen und die Bildung eines Menschen, mit desto höherer Wahrscheinlichkeit ist er krankhaft fettleibig. Ökonomische Zwänge. Laut Prof. Dr. Adam Drewnowski von der University of Washington in den USA ist dieser „soziale Faktor“ vor allem auch durch ökonomische Zwänge erklärbar. „Gesundheitlich ungünstige Lebensmittel, mit einem hohen Fett- oder Zuckeranteil, liefern für die geringsten Kosten am meisten Nahrungsenergie“, so der USExperte für Public Health. „Einkommensschwache Familien, die teilweise für vier Personen nicht mehr als 100 Dollar pro Woche für Nahrung ausgeben können, wählen deshalb allein schon aus finanziellen Gründen Adipositas in Österreich: Anteil von Menschen mit einem BMI von 30 oder mehr in Prozent 14,0% 13,1% 12,0% 10,0% 9,7% 8,0% 6,0% 6,2% 6,8% 7,6% 8% 10,2% 10,4% 8,5% 4,0% 2,0% Burgenland Niederösterreich Steiermark Oberösterreich Wien Vorarlberg Kärnten Tirol 0,0% Salzburg Genetische Faktoren. Nicht zuletzt sind aber auch genetische Faktoren ausschlaggebend. „Die Neigung rascher oder auch weniger rasch Fett anzusetzen, wird durch die Erbanlagen mitbestimmt“, erklärt Prof. Westenhöfer. Allerdings, so der Ernährungspsychologe, der auch als Sekretär der Deutschen Adipositas-Gesellschaft tätig ist, dürfe der genetische Einfluss nicht überschätzt werden: „Die Vorstellung, dass es auch Menschen gibt, die mit 1.000 Kilokalorien pro Tag auskommen würden, ist bestimmt übertrieben. Tatsächlich beträgt die Schwankungsbreite bei Erwachsenen gleicher Körpergröße und gleichen Gewichts ungefähr 500 Kilokalorien Nahrungsenergie pro Tag.“ Das heißt also, dass es Menschen geben kann, die bei einer durchschnittlichen Energiezufuhr durch die Nahrung von 2.700 Kilokalorien kein Übergewicht haben, während andere täglich nur 2.200 Kilokalorien zu sich nehmen dürfen, wenn sie ebenfalls schlank bleiben wollen. Der Anteil an adipösen, also krankhaft übergewichtigen Menschen, ist in den österreichischen Bundesländern sehr unterschiedlich. Im Burgenland beträgt er 13,1 Prozent, in Salzburg ist er mit 6,2 Prozent weniger als halb so groß. Laut Definition der Weltgesundheitsorganisation WHO liegt Adipositas dann vor, wenn der Body Mass Index (BMI) über 30 liegt. Der BMI wird errechnet, indem das Körpergewicht in Kilogramm durch die Körpergröße in Metern zum Quadrat dividiert wird. „Die Tatsache, dass in den Familien immer weniger gekocht wird, spielt eine Rolle. Statt Hauptmahlzeiten, die in einem geregeltem Rhythmus eingenommen werden, werden vermehrt kalorienreiche Zwischenmahlzeiten verzehrt.“ Prof. Dr. Kurt Widhalm häufig derartige Lebensmittel aus.“ Im Detail hat Prof. Drewnowski zum Beispiel berechnet, dass sich KonsumentInnen für einen US-Dollar 1.200 Kilokalorien Nahrungsenergie in Form von Kartoffelchips zuführen können. Frische Karotten liefern für denselben Preis hingegen nur 250 Kilokalorien. Und wer zu zuckerhaltigen Limonaden greift, erhält pro ausgegebenem US-Dollar durchschnittlich 875 Kilokalorien. In Form von Orangensaft würde dieselbe Menge an Nahrungsenergie hingegen mehr als fünf US-Dollar kosten. Multifaktorielles Geschehen. Insgesamt gibt es also zahlreiche mögliche Ursachen von Adipositas: Von den Erbanlagen über individuelle Verhaltensmuster bis hin zum Sozialstatus. „Die Entstehung von Adipositas ist ein multifaktorielles Geschehen, deshalb müssen auch Gegenstrategien, die die Ernährungsgewohnheiten nachhaltig positiv beeinflussen sollen, die Erkenntnisse verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen berücksichtigen“, erklärt Prof. Widhalm. Ein Modellbeispiel ist das von der Abteilung für Ernährungsmedizin und Prävention der Wiener Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde entwickelte interdisziplinäre Projekt PRESTO (Prevention Study of Obesity), an dem neben ÄrztInnen und SportwissenschafterInnen auch eine Gesundheitspsychologin und eine Ernährungswissenschaftlerin mitwirkten. Durch die umfassende präventive Initiative konnte das Ernährungsverhalten von 260 Schulkindern im Alter zwischen zehn und 12 Jahren verbessert werden. Nach der Teilnahme an PRESTO konsumierten sie im Durchschnitt seltener gesundheitlich ungünstige Lebensmittel wie Süßigkeiten, Fleisch und Pommes Frites. Durch das interdisziplinäre Projekt für Schulkinder wurde das Adipositas-Problem sozusagen an der „Wurzel“ erfasst. Denn auch dieses Faktum gilt als wissenschaftlich gesichert: Wer im Kindes- und Jugendalter adipös ist, ist auch als Erwachsener mit hoher Wahrscheinlichkeit krankhaft fettleibig. G esundes Österreich 21 Foto: ©Hotel Hubertus,Johanna Maier ERNÄHRUNG UND GESUNDHEIT KAMPF DEN KILOS Nationale und europäische Initiativen sollen dafür sorgen, dass sich mehr Menschen gesund ernähren. Dadurch soll chronischen Erkrankungen und vorzeitigen Todesfällen vorgebeugt und die europaweit steigende Zahl an übergewichtigen Menschen wieder gesenkt werden. V on den sieben Haupt-Risikofaktoren für vorzeitige Todesfälle in Europa stehen fünf direkt oder indirekt in Zusammenhang zur Ernährung“, sagt die österreichische Bundesministerin für Gesundheit Maria Rauch-Kallat, Präsidentin des Fonds Gesundes Österreich. Im Einzelnen seien diese fünf Faktoren erhöhter Blutdruck und erhöhte Cholesterinwerte, Übergewicht, zu geringer Obst- und Gemüsekonsum sowie zu hoher Alkoholkonsum, so Rauch-Kallat. Bei den beiden weiteren handle es sich um Tabakkonsum und Bewegungsmangel. „Da die Ernährung für unsere Gesundheit derart große Bedeutung hat, bestehen für präventive Maßnahmen in diesem Bereich auch besonders große gesundheitliche Potenziale“, betont die Ministerin. 22 Gesundes Österreich Europäische Aktionsplattform. Die große Bedeutung der Ernährung für die Gesundheit wird derzeit auch auf europäischer Ebene vermehrt berücksichtigt. Der Anlass dafür ist vor allem auch die steigende Zahl an übergewichtigen und adipösen, also krankhaft fettleibigen Menschen. „Europa steht vor einer Adipositas-Epidemie, die genau so schlimm ist wie die nordamerikanische. Insbesondere die weiter steigende Rate von Übergewicht und Fettleibigkeit bei Schulkindern macht mir Sorgen“, meint dazu Markos Kyprianou, der Europäische Kommissar für Gesundheit und Verbraucherschutz. Gegenstrategien soll die im März gegründete Europäische Aktionsplattform für Ernährung und körperliche Bewegung entwickeln, der neben GesundheitspolitikerInnen auch wichtige VertreterInnen der europäischen Lebensmittelindustrie, des Einzel- handels, der Gastronomie, der Werbebranche, der Verbraucherverbände und der nichtstaatlichen Gesundheitsorganisationen auf EU-Ebene angehören. Kein Land ist immun. Laut Angaben der International Obesity Task Force (IOTF), eines internationalen ExpertInnen-Gremiums mit Sitz in London, das auch die Aktionsplattform der EU fachlich unterstützt, sind in europäischen Ländern wie Griechenland, Deutschland, Tschechien oder Zypern jeweils rund drei Viertel der Männer übergewichtig, viele sogar adipös. Europas Frauen sind im gesamteuropäischen Durchschnitt etwas schlanker. Aber auch hier gibt es der IOTF zufolge angesichts von Spitzenwerten wie den rund 38 Prozent krankhaft übergewichtigen Frauen in Griechenland keinen Anlass zur „Adipositas-Entwarnung“. „Die ERNÄHRUNG UND GESUNDHEIT Vorbild Finnland? Das Nordkarelien-Projekt zur Prävention durch bessere Ernährung, das ab 1972 in der finnischen Region Nordkarelien sowie anschließend im ganzen Land durchgeführt wurde, gilt weltweit als Vorzeigemodell dafür, was durch Public Health Maßnahmen erreicht werden kann. Gesundes Österreich hat Dr. Pekka Puska, der die Initiative geleitet hat, zu den Erfolgsfaktoren für nationale Strategien im Bereich Ernährung befragt. Zahl an übergewichtigen und adipösen Menschen nimmt in ganz Europa zu, kein Land ist immun“, betont Neville Rigby, der Pressesprecher der IOTF. „Gesündere“ Produktion. Für den IOTFRepräsentanten ist wesentlich, dass europäische Strategien, die der zunehmenden Zahl an Kilos bei einer zunehmenden Zahl von EuropäerInnen den Kampf ansagen, nicht nur an das individuelle Ernährungsverhalten appellieren. „Es müssen vor allem auch die Produzenten mit einbezoNeville Rigby gen werden, so wie dies nun im Rahmen der EU-Aktionsplattform geschieht. Sie müssen davon überzeugt werden, vermehrt gesündere, ernährungsphysiologisch besser zusammenDoz. Dr. gesetzte Lebensmittel zu Ingrid Kiefer erzeugen“, meint Rigby. „Unser Ziel sollte sein, dass in Zukunft nicht mehr die einzelnen BürgerInnen eine gesunde Auswahl aus dem vorhandenen Lebensmittelangebot treffen müssen – künftig sollte jede Wahl eine gesunde Wahl sein, weil das Angebot künftig ausschließlich aus gesundheitsförderlichen Lebensmitteln bestehen sollte.“ Werbeverbote? Außerdem, so der britische Experte, sollte auf europäischer Ebene auch mehr darauf geachtet werden, die EU-Gelder für die Landwirtschaft so zu vergeben, dass keine potenziell gesundheitsschädlichen Produkte finanziell gefördert werden. Rigby kann sich auch Restriktionen bei der Produktwerbung vorstellen: „Speziell Kinder sollten davor geschützt werden, durch TV-Spots und Inserate sozusagen zum Verzehr ungesunder Lebensmittel überredet zu werden.“ Beratungsangebot verbessern. Die Ernährungswissenschafterin Univ.-Doz. Dr. Ingrid Kiefer vom Institut für Sozialmedizin der Medizinischen Universität Wien setzt hingegen vor allem auf den Aufbau einer flächendeckenden Infrastruktur für Menschen mit Gewichtsproblemen als wirksame Strategie Gesundes Österreich: Dr. Puska, was können andere Länder aus den Erfahrungen lernen, die sie zwischen 1972 und 1997 mit ihrem Projekt in Nordkarelien und Finnland gemacht haben? Dr. Pekka Puska: Die wesentlichste Erkenntnis ist, dass durch umfassende Programme auch in einem ganzen Land tiefgreifende gesundheitsförderliche Veränderungen der Ernährungsgewohnheiten möglich sind. Wir konnten die Sterblichkeit durch koronare Herzerkrankungen bei der berufstätigen männlichen Bevölkerung in Nordkarelien um 82 Prozent verringern und in ganz Finnland um 75 Prozent. Ein Endresultat auf individueller Ebene war zum Beispiel, dass im Jahr 2003 nur mehr vier Prozent der Finnen reine Butter als Brotaufstrich verwendeten, während dieser Anteil in den frühen 70-er Jahren noch sehr hoch war. Gesundes Österreich: Wie haben Sie das Projekt in der Praxis umgesetzt? Dr. Puska: Unsere Zielgruppe waren nicht einzelne Menschen, sondern soziale Gruppen, denn die Ernährungsgewohnheiten stehen sehr stark mit den kulturellen und ökonomischen Verhältnissen einer Gemeinschaft in Zusammenhang. In der Praxis haben wir sehr umfassende Maßnahmen umgesetzt – von innovativen Kampagnen in den Medien über Kooperationen mit der Lebensmittelindustrie bis hin zum Anbau neuer, gesünderer Produkte in der Landwirtschaft. So wurde zum Beispiel für die Gewinnung von gesunden pflanzlichen Ölen eine Rapspflanze gezüchtet, die auch bei uns im Norden gedeiht. Gesundes Österreich: Trotz aller Erfolge der Nordkarelien-Initiative gibt es heute auch in Finnland zunehmend mehr Menschen mit Adipositas, also krankhaftem Übergewicht? Dr. Puska: Als wir vor mehr als 30 Jahren mit unserem Programm begonnen haben, war Adipositas im Vergleich zu heute noch wenig verbreitet – auch unter jenen Menschen mit dem höchsten Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen. Die wichtigsten ernährungsbedingten Risikofaktoren, die wir gezielt beeinflussen wollten, waren deshalb erhöhte Cholesterinwerte und hoher Blutdruck. Heute ist Adipositas jedoch auch in Finnland ein wachsendes Problem. Die Gegenstrategie besteht hier jedoch im Prinzip ebenfalls wieder aus Maßnahmen, die auf eine Veränderung der Ernährung und mehr körperliche Bewegung abzielen. Dr. Pekka Puska hat das Nordkarelien-Projekt in Finnland geleitet, war 2001 bis 2003 Direktor des „Department of Noncommunicable Disease Prevention and Health Promotion“ der Weltgesundheitsorganisation WHO in Genf und ist seit 2004 Direktor des nationalen Public Health-Institutes in Finnland. gegen die „Adipositas-Epidemie“. „Es sollte zum Beispiel in ganz Österreich, aber auch in anderen Nationen eine ausreichende Zahl an Anlaufstellen geben, in denen professionelle Beratung und Behandlung zur Gewichtsreduktion angeboten wird“, erklärt Dr. Kiefer. Von radikalen Maßnahmen, wie Werbeverboten oder gar einer Art „Sündensteuer“ auf ernährungsphysiologisch ungünstige Produkte hält die Wiener Wissenschafterin wenig: „Lebensmittel prinzipiell in gesunde und ungesunde einzuteilen, ist meiner Meinung nach sehr problematisch.“ Dies zeige auch das Beispiel einer europäischen Konferenz von ErnährungsexpertInnen, an der sie teilgenommen habe, so Dr. Kiefer: „Dort wurde zunächst der Vorschlag gemacht, Nahrungsmittel als ungünstig zu klassifizieren, bei denen mehr als 30 Prozent der gesamten Nahrungsenergie aus Fett stammen. Bis dann darauf hingewiesen wurde, dass das auch auf Vollmilch zutreffen kann.“ G esundes Österreich 23 Foto: © BilderBoxCom ERNÄHRUNG UND GESUNDHEIT WENN ESSEN ZUR QUAL WIRD In Österreich sind bereits mehr als 200.000 Menschen im Verlauf ihres Lebens zumindest einmal von Essstörungen betroffen. Völliger Verzicht auf Essen oder Essbrechsucht können die Symptome sein. Dem gestörten Essverhalten liegen psychische Erkrankungen zugrunde. E ssstörungen sind psychische Beeinträchtigungen, deren Kern im gestörten Selbstwertgefühl der PatientInnen liegt“, erklärt Univ.-Prof. Dr. Günther Rathner, Psychotherapeut an der Universitätsklinik für Medizinische Psychologie und Psychotherapie der Medizinuniversität Innsbruck, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Essstörungen (www.oeges.or.at) und Obmann des „Netzwerks Essstörungen“ (www.netzwerk-essstoerungen.at). Adipositas, also Fettleibigkeit, sei hingegen keine psychische Störung, also auch keine Essstörung und habe eine starke körperlich-genetische Komponente, ergänzt der Experte: „Selbstverständlich können aber auch adipöse Menschen an Essstörungen leiden. Das ist vor al- 24 Gesundes Österreich lem bei der so genannten ,Binge Eating’-Störung der Fall, bei der die Betroffenen bis an die Grenzen ihres körperlichen Aufnahmevermögens essen und trinken.“ Weit verbreitete Formen von Essstörungen sind die „Anorexie“ oder Magersucht und die „Bulimie“ oder Essbrechsucht. Bei ersterer essen die Betroffenen nur mehr sehr wenig Prof. Dr. oder gar nichts mehr Günther Rathner und „verleugnen“ ihren Hunger. Letztere ist dadurch gekennzeichnet, dass die PatientInnen ähnlich wie beim „Binge Eating“ bei Fressattacken sehr große Nahrungsmengen zu sich nehmen. Um einer Gewichtszunahme vorzubeugen, müssen sie diese Kalorien wieder loswerden: Die PatientInnen versuchen dann alles wieder zu erbrechen. 15 bis 20 Prozent Todesfälle. „Essstörungen stellen ein zunehmendes Gesundheitsproblem für Mädchen und Frauen in den industrialisierten Ländern dar“, sagt Prof. Rathner. „Besonders gravierende Folgen kann die Magersucht haben, die langfristig eine der höchsten Sterblichkeitsraten aller psychiatrischen Störungen aufweist. 15 bis 20 Prozent der PatientInnen sind nach einem Zeitraum von 20 Jahren nicht mehr am Leben.“ ERNÄHRUNG UND GESUNDHEIT Frauen wird vermittelt, dass mit ihrem Körper etwas nicht stimmt Die international bekannte Essstörungstherapeutin Susie Orbach im Gesundes Österreich-Interview über die Ursachen von Essstörungen und weshalb das „Idealbild“ der Frau unterschiedlichste Figurtypen und Altersstufen miteinbeziehen sollte. „Nach dem US-Arzt Steve Bratman ist ,Orthorexia nervosa’ der Begriff für die übertriebene Fixierung auf gesundes Essen“, erklärt Univ.-Doz. Dr. Ingrid Kiefer vom Institut für Sozialmedizin der Medizinischen Universität Wien und Mitglied des Fachbeirats des Fonds Gesundes Österreich, ein relativ neues Phänomen. Charakteristisch sei eine Art Besessenheit, die Nahrungsmittel in „gut“ und „schlecht“, „gesund“ und „ungesund“ einzuteilen. Häufig entwickelten die Betroffenen auch „missionarischen Eifer“, möglichst zahlreiche Menschen in ihrer Umgebung von ihrer, vermeintlich besonders gesunden Form der Ernährung zu überzeugen. „Die Orthorexie ist vor allem ein psychisches Problem, das durch zwanghaftes Verhalten geprägt ist“, sagt Dr. Kiefer. „Zum körperlichen Problem kann der Wunsch, möglichst gesund zu essen und zu trinken vor allem dann werden, wenn die Betroffenen sich nur mehr sehr einseitig ernähren - etwa wenn Makrobiotiker nur mehr Vollkorngetreide zu sich nehmen.“ Wie viele Menschen von der möglichen Essstörung in Österreich betroffen sind, ist bislang wissenschaftlich nicht genau untersucht. In Österreich sind nach Untersuchungen von Univ.-Prof. Dr. Günther Rathner rund 200.000 Menschen im Laufe ihres Lebens zumindest einmal von einer Essstörung betroffen, vor allem Frauen und Mädchen. Weniger als fünf Prozent der PatientInnen sind Männer. Ursache „Schlankheitswahn“. Die wesentliche Ursache für die zunehmende Zahl an Essstörungen sei der „gesellschaftliche Schlankheitswahn“, durch den nach wie vor besonders Frauen unter sozialen Druck gesetzt würden, so Prof. Rathner: „Die in der Werbung gezeigten Körperformen, beispielsweise jene der Models, können von den meisten Frauen ohne Gesundheitsgefähr- Caroline Djanogly IMAGE-Magazine Orthorexie – Eine neue Erkrankung? Gesundes Österreich: Frau Orbach, welche sind die wesentlichen Ursachen, dass immer mehr Menschen, speziell junge Frauen, an Essstörungen leiden? Susie Orbach: Unsere Gesellschaft ist in den vergangenen vier Jahrzehnten zu einer visuellen geworden, in der Fotografien, Film- und TV-Bilder immer mehr Bedeutung haben. Das gesellschaftliche „Rollenvorbild“ für Frauen ist währenddessen enger und enger geworden. Heute dominiert ein „Ideal“, dem die allermeisten Frauen von ihrem Figurtyp her nicht entsprechen. Gleichzeitig hat sich eine riesige Industrie entwickelt, die Frauen verspricht, dass sie ihren Körper leicht verändern und sich so diesem Ideal annähern können. In Wahrheit verstärken Diät- und Beauty-Unternehmen aber meist nur die Verunsicherung zahlreicher Frauen. Diese Firmen profitieren davon, dass Frauen das Gefühl vermittelt bekommen, dass mit ihrem Körper irgendetwas nicht stimmt und dass sie dies ändern sollten. Gesundes Österreich: Durch welche Strategien kann der zunehmenden Zahl von Essstörungen entgegengesteuert werden? Susie Orbach: Eine explosionsartige Zunahme der Zahl von Menschen mit Essstörungen gibt es bereits seit den 80-er Jahren. Heute müssen wir vor allem jungen Müttern mit Essstörungen helfen, damit sie ihr krankhaftes Essverhalten nicht an ihre Babys weitergeben. Auf gesellschaftlicher Ebene müssen wir unser „Frauenbild“ wieder erweitern und Frauen verschiedenster Figur und unterschiedlichsten Alters miteinbeziehen. Wenn es auch von ganz normalen Frauen „Glamourbilder“ gibt, dann fällt es Frauen und Mädchen leichter, sich damit zu identifizieren, statt den eigenen Körper abzulehnen. Gesundes Österreich: Wie können die Angehörigen PatientInnen mit Essstörungen unterstützen? Susie Orbach: Die Angehörigen sollten zunächst einmal über ihre eigenen Einstellungen nachdenken und sich durch Bücher oder Broschüren über das Thema informieren. Für die betroffenen PatientInnen ist die Anorexie oder Bulimie nicht das Problem, sondern eine Lösung, die sie für tiefer liegende Schwierigkeiten gefunden haben. Wenn die Angehörigen das nicht verstanden haben, wird es ihnen auch kaum möglich sein, den PatientInnen wirklich zu helfen. Susie Orbach ist Psychotherapeutin, hat 1976 das „Women’s Therapy Center“ in London gegründet und ist als Essstörungstherapeutin von Lady Di und Buchautorin international bekannt geworden. dung nicht erreicht werden.“ Welche „Idealbilder“ Frauen vorgegeben werden, zeigt auch eine kanadische Studie, die sich mit den Maßen – in Kilogramm und Metern Körpergröße – der Covergirls eines Männermagazins beschäftigte. Das Ergebnis: Acht von zehn Titelmädchen hatten weniger als 85 Prozent ihres Idealgewichts und unterschritten den Schwellenwert für Anorexie. Zahlreiche PatientInnen mit Essstörungen glauben, solchen und ähnlichen vermeintlichen gesellschaftlichen Erwartungen nicht zu entsprechen, und haben ein sehr negatives Bild ihres Körpers. „Durch körperorientierte und andere Behandlungsformen wird versucht, diese ungünstige Form der Selbstwahrnehmung zu verändern“, beschreibt Prof. Rathner den zentralen Ansatz der Therapie. Gesellschaftliche Veränderungen. Das wachsende Problem der Essstörungen müsse auch bei Kampagnen für gesunde Ernährung berücksichtigt werden, betont Prof. Rathner: „Bei Maßnahmen zur Prävention muss darauf geachtet werden, nicht das Verhalten Einzelner in den Mittelpunkt zu stellen. Sonst besteht die Gefahr, dass bei Menschen, die ohnehin dafür anfällig sind, Schuldgefühle bezüglich der eigenen Figur oder des eigenen Essverhaltens vergrößert werden. Maßnahmen für gesunde Ernährung sollten deshalb gesellschaftliche und strukturelle Veränderungen ins Zentrum stellen.“ G esundes Österreich 25 JOHANNA RACHINGER IM GESPRÄCH DR. JOHANNA RACHINGER, GENERALDIREKTORIN DER ÖSTERREICHISCHEN NATIONALBIBLIOTHEK BEIM GEHEN BEKOMME ICH DEN KOPF FREI Fotos: © Österreichische Nationalbibliothek Sie ist Chefin von mehr als 300 MitarbeiterInnen und managt einen Betrieb mit rund sieben Millionen Sammlungsobjekten und einem Jahresbudget von mehr als 20 Millionen Euro, den sie vor knapp vier Jahren in die Vollrechtsfähigkeit geführt hat. Ohne Belastungen geht es im beruflichen Alltag der Generaldirektorin der Österreichischen Nationalbibliothek Dr. Johanna Rachinger nicht ab. Im Gespräch mit Gesundes Österreich verrät die TopManagerin, wie sie Stress abbaut, warum Gesundheit und Genuss gut zusammenpassen und wie sie Bewegung in ihren Alltag integriert. I ch mag keine Extreme“, sagt Johanna Rachinger und schenkt sich zum Interview mit Gesundes Österreich eine Tasse grünen Tee ein. Diese Positionierung könnte durchaus für die Gestaltung ihres traditionsreichen Büros am Wiener Josefsplatz gelten, dessen gediegene Altertümlichkeit sie mit moderner Kunst und funktionalen Möbeln wie einem eleganten Glasschreibtisch aufgelockert hat. Aber eigentlich geht es im Gespräch um Ernährungsgewohnheiten. Diäten und Modetrends in Sachen Essen sind nicht ihre Sache, sagt die Generaldirektorin der Österreichischen Nationalbibliothek. „Ich versuche mich generell einigermaßen ausgewogen zu ernähren, auch wenn das in meinem Job nicht immer einfach ist. Genuss ist ein wichtiges Element beim Essen, drum lasse ich mich auch gerne gut bekochen.“ Tagsüber ist dafür nicht immer Zeit: Da muss es dann oft schon ein Apfel zum Mittagessen tun. Gesundes für MitarbeiterInnen und LeserInnen. Auf gesunden Genuss achtet die Top-Managerin auch bei ihren MitarbeiterInnen und LeserInnen. In der Kantine der österreichischen Traditionsbibliothek gibt es auch verstärkt ein ausgewogenes Angebot mit vegetarischen Menüs und gesunden Snacks wie frischen Salaten – all das zu sehr leistbaren Preisen. „Das Angebot kommt sehr gut an“, beobachtet Johanna Rachinger. Gut zu Fuß. Von Modetrends hält Johanna Rachinger auch in Sachen Bewegung wenig, Fitnessstudios können sie ebenso wenig locken wie in wechselnder Konjunktur aufkommende Modesportarten: „Ich gönne mir einfach, was mir gut tut. Das spürt man ohnehin selbst.“ Ihr tägliches Bewegungs- 26 Gesundes Österreich JOHANNA RACHINGER IM GESPRÄCH Ausstellungstipps Österreichische Nationalbibliothek Interessiert an aktuellen Sonderausstellungen in der Nationalbibliothek? Hier ein kleiner Überblick über besonders spannende Angebote der kommenden Monate: Mumiengesichter. Antike Porträts und neue Bilder von Ahmed Nawar: Das Papyrusmuseum der Österreichischen Nationalbibliothek zeigt bis Ende April 2006 eine Sonderausstellung des ägyptischen Künstlers Prof. Ahmed Nawar. Er reflektiert in seinen Arbeiten auf antike Mumienbildnisse, die er mit Bleistift und schwarzer Tinte in Schwarz-Weiß-Kontrasten neu gestaltet. Die Ausstellung ermöglicht eine einmalige Gegenüberstellung der antiken Porträts und der originalen Arbeiten von Prof. Nawar, die in Wien zum ersten Mal gezeigt werden. Mozart. Das Requiem. Die Originalpartitur: Im Prunksaal der Österreichischen Nationalbibliothek ist noch bis Ende Jänner 2006 Mozarts Requiem zu sehen, das letzte Werk des Komponisten und eine der kostbarsten Originalhandschriften der Österreichischen Nationalbibliothek. In der vom Kostüm- und Bühnenbildner Christof Cremer inszenierten Ausstellung sind neben der Originalhandschrift des Requiems unter anderem der Erstdruck der Zauberflöte und Porträts von Mozart und Graf Walsegg-Stuppach zu sehen. Globenmuseum im Palais Mollard: Das Globenmuseum der Österreichischen Nationalbibliothek, das weltweit einzige seiner Art, hat nach inhaltlicher Neukonzeption und zeitgemäßer Gestaltung jetzt im Palais Mollard in der Wiener Herrengasse seine Pforten neu geöffnet. Mehr als 250 Objekte werden im neuen Museum präsentiert, unter anderem auch Globuskartensegmente im Original, ein alter Litographiestein zum Druck von Segmentkarten und historische astronomische Fernrohre. In der permanenten Ausstellung werden BesucherInnen Aspekte der Globenkunde vermittelt. Esperantomuseum im Palais Mollard: Ebenfalls ab 1. Dezember 2005 ist das Esperantomuseum der Österreichischen Nationalbibliothek nach der Übersiedlung ins Palais Mollard wieder für die Öffentlichkeit zugänglich. Es ist Museum, Bibliothek, Dokumentationsstelle und Archiv und beherbergt die weltweit größte linguistische Fachsammlung für Plansprachen. Die Ausstellung zeigt eine Auswahl an Dokumenten, Plakaten und anderen Schriftstücken, die in die Welt der künstlichen Sprachen einführen. An interaktiven Medienstationen können die BesucherInnen Crashkuse für Esperanto absolvieren, erfahren aber auch alles Wissenswerte über jüngere Plansprachen – wie zum Beispiel Klingonisch, die Weltraumsprache der TV-Kultserie Star Trek, oder das Elvish aus Tolkiens „Herr der Ringe“. programm: Zu Fuß ins Büro und wieder nach Hause, jeweils eine halbe Stunde. Das hält sie nicht nur fit, sondern dient auch dem Stress-Ausgleich, verrät die Managerin: „Beim Gehen bekomme ich den Kopf frei.“ Wandern und Radfahren stehen auch immer auf dem Programm, wenn sie sich mit ihrem Mann an Wochenenden in das Weinviertler Haus zurückzieht. Freizeit bewusst gestalten. Nicht nur Bewegung dient der Nationalbibliotheks-Chefin als Ausgleich zum stressigen Job, in dem schon einmal mehr als jeder zweite Abend mit Veranstaltungen und Repräsentationspflichten verplant ist. Sondern auch ihre Einstellung und persönliche Bewältigungsstrategien helfen: „Es gibt auch positiven Stress, der beflügelt“, sagt Johanna Rachinger. „Ich fühle mich in meinem Beruf sehr privilegiert, arbeite zu spannenden Themen und treffe interessante Menschen.“ Dennoch gelte es mit zunehmendem Alter, mit den eigenen Kräften besser zu haushalten und gezielter auch Ruhephasen einzuplanen, sagt die jugendlich wirkende Managerin. Da helfe auch die berufliche Erfahrung: „Man wird sicherer und gelassener und kann viele schwierige Situationen vor einem soliden Hintergrund besser bewältigen.“ Die rare Freizeit versucht sie, möglichst bewusst zu gestalten. Früher habe sie oft Arbeit mit nach Hause genommen. „Jetzt versuche ich das klar zu trennen. Wenn ich frei habe, entlaste ich mich wirklich.“ Dazu gehören als Ausgleich zum Job durchaus auch Bücher: Neue österreichische und deutsche Literatur, politische Sachbücher und Historisches stehen auf der privaten Leseliste von Dr. Rachinger, die „so viel oder so wenig zum Lesen kommt, wie andere Menschen in solchen Positionen auch.“ Frauen müssen Frauen helfen. Dass Führungspositionen für Frauen nach wie vor mit besonderen Belastungen verbunden sind, STECKBRIEF DR. JOHANNA RACHINGER u Geboren 1960 in Oberösterreich u 1979 Handelsakademie-Matura u 1986 Abschluss des Studiums der Theaterwissenschaften und Germanistik an der Universität Wien mit dem Doktorat u 1987 Lektorin beim Wiener Frauenverlag u 1988 Leiterin der Buchberatungsstelle beim Österreichischen Bibliothekswerk u 1992 Programmleiterin für den Bereich Jugendbuch beim Verlag Carl Ueberreuter u 1995 Geschäftsführerin des Verlags Carl Ueberreuter u seit 2001 Generaldirektorin der Österreichischen Nationalbibliothek u stellvertretende Vorsitzende des Österreichischen Wissenschaftsrates u Aufsichtsrätin der DIE ERSTE österreichische Spar-Casse Privatstiftung glaubt die Managerin des Landes bedingt. „Frauen müssen immer noch mehr tun, um überhaupt in solche Positionen zu kommen“, meint sie. „Aber wenn man es einmal geschafft hat, dann ist viel von diesem Druck weg. Ich weiß einfach, ich mache es gut.“ In der mehr als 500-jährigen Geschichte der Traditionsbibliothek ist sie als 39. Leiterin die zweite Frau in dieser Funktion. Für ihr innerbetriebliches Engagement für Gleichstellung wurde die gelernte Germanistin und Theaterwissenschafterin 2003 mit dem Wiener Frauenpreis ausgezeichnet. Eine der Begründungen für die Auszeichnung: Sie stehe öffentlich zur Frauenförderung, was keineswegs von jeder Top-Frau gesagt werden könne. Für die Chefin Österreichs größter Bibliothek eine Selbstverständlichkeit: „Gerade die wenigen Frauen in Führungspositionen haben die Verpflichtung, sich für ihre Kolleginnen einzusetzen. In meinem Entscheidungsbereich besetze ich Führungspositionen konsequent bei gleicher Qualifikation mit Frauen.“ G esundes Österreich 27 Anzeige