Synthese und Kristallstruktur von f-Butyloxyzinn(II)chlorid

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Synthese und Kristallstruktur von f-Butyloxyzinn(II)chlorid
Synthesis and Crystal Structure of /-Butyloxytin(II) Chloride
Chr. Zybill* und G. Müller +
Anorganisch-Chemisches Institut der Technischen Universität München,
Lichtenbergstraße 4, D-8046 Garching
Z. Naturforsch. 43b, 4 5 - 4 8 (1988): eingegangen am 22. September 1987
r-Butyloxytin(II) Chloride. N M R Spectra
f-Butyloxytin(II) chloride (1) is prepared from SnCU and KO-r-Bu at - 6 0 °C in
tetrahydrofuran. Above —30 °C a reversible dismutation into SnCl 2 and [(/-BuO) 2 Sn] is
observed in T H F . For this process AG = + 3 8 kJ/mol is estimated from N M R data. C o m p o u n d 1
is a centrosymmetric dimer in the solid state with bridging O atoms (Sn — O 2.153(2)/2.156(2) A .
O - S n - O 73.0(1)°, S n - O - S n 107.0(1)°). D u e to the acute intraring bond angles at Sn, the
0 - - - 0 distance across the four-membered ring is relatively short (2.563(3) Ä). The dimers are
very loosely connected to chains by bridging T H F molecules.
Einleitung
Unsymmetrisch substituierte Stannylene sind aufgrund ihrer vielseitigen Reaktionsmöglichkeiten von
großem Interesse. Insbesondere Verbindungen mit
funktionalisierbaren Substituenten X (X = Halogen)
erscheinen in Hinblick auf weitere Bindungsknüpfung z.B. mit Übergangsmetallfragmenten als geeignete Vorstufen [1, 2].
X
/
(R—Sn)„
In der Literatur ist über derartige Systeme relativ wenig bekannt, und ihre präparative Verwendung blieb durch die geringe Löslichkeit der i. allg.
polymeren Verbindungen begrenzt. Lediglich von
[^-CsHsSnCl],, liegt eine Röntgenstrukturanalyse
vor, nach der im festen Zustand ein polymeres Netzwerk mit Cl-Verbrückung vorhanden ist [3]. Neben
dem ^-koordinierten C 5 H 5 -Ring wird das Sn-Atom
von einem kovalent gebundenen C1 koordiniert
(2,68 Ä), zwei weitere verbrückende Cl-Atome
ergänzen darüber hinaus die Koordinationssphäre
des Sn (3,24 Ä; 3,26 Ä). Auch für die Verbindungen [(Me 3 Si) 2 CHSnCl]„ [4], [(r-Bu)2PSnCl]„ [5],
[(r-Bu) 2 AsSnCl]„ [6] und [r-BuNHSnCl]„ [7] werden
im festen Zustand polymere Strukturen vorgeschlagen.
* Sonderdruckanforderungen an Dr. Chr. Zybill.
+
Röntgenstrukturanalyse.
Verlag der Zeitschrift für Naturforschung, D-7400 Tübingen
0932 - 0776/88/0100 - 0045/$ 01.00/0
Für R = f-Butyloxy wird von M. Veith eine dimere Struktur angegeben [1], ohne daß jedoch nähere
Angaben zur Synthese vorliegen. Wir möchten nun
über die Synthese aus SnCL und KO-f-Bu, die
Kristallstruktur und das Gleichgewicht zwischen
(r-BuOSnCl) 2 und [(r-BuO) 2 Sn]/SnCl 2 berichten.
Ergebnisse und Diskussion
Die Synthese von gemischt
substituierten
Zinn(II)-Verbindungen erfolgt im allgemeinen durch
Austauschreaktionen der jeweiligen homoleptischen
Verbindungen [1, 8].
Die Lage des Gleichgewichts wird jedoch maßgeblich von den Löslichkeitsverhältnissen beeinflußt.
Bei höheren Temperaturen wird in der Regel ganz
die Seite von SnX 2 favorisiert. Wir wählten daher ein
Verfahren, bei dem (r-BuOSnCl) 2 (1) bei - 6 0 °C direkt durch Salzreaktion von SnCL mit KO-f-Bu dargestellt wird (Gl. (1)).
2 SnCL + 2 KO-f-Bu ^ (/-BuOSnCl) 2 + 2 KCl
1
(1)
Nach den NMR-spektroskopischen Daten ('HNMR: ö = 1,40 ppm; 119 Sn-NMR: d = 270,8 ppm)
wird 1 tatsächlich in quantitativer Ausbeute erhalten. Erst bei Temperaturerhöhung auf über —30 °C
läßt sich in den NMR-Spektren ein weiteres Signal
für 2 beobachten ('H-NMR: ö = 1,10 ppm (2); 119SnNMR: ö = 644,4 ppm (2)).
Erwartungsgemäß stellt sich ein temperaturabhängiges Gleichgewicht nach Gl. (2) ein, wobei die Aus-
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Chr. Z y b i l l - G . Müller • Synthese und Kristallstruktur von r-Butyloxyzinn(II)-chlorid
tauschgeschwindigkeit
skala schnell ist.
gegenüber
der
NMR-Zeit-
(r-BuOSnCl) 2 ^[(r-BuO) 2 Sn] + SnCl 2
1
2
(2)
Die Integration der Signale in den 'H-NMR-Spektren ergibt die Molverhältnisse 1/2 von 1,19 (25 °C).
3,03 (0 °C), 5,41 ( - 1 5 , 1 °C) und 10,0 ( - 3 0 °C).
Daraus läßt sich, bei einem linearen Verlauf von
I n K vs 1/T im beobachteten Temperaturbereich, ein
A G = + 3 8 ( + 2 ) kJ/mol abschätzen. Bei - 7 8 ^ w u r den für eine Röntgenstrukturanalyse geeignete Einkristalle von 1 x T H F (aus THF) erhalten, die wegen
ihrer Temperaturempfindlichkeit und extremer Neigung zum Verlust von Lösungsmittel unter besonderen
Vorsichtsmaßnahmen
gehandhabt
werden
müssen.
Kristall- und Molekülstruktur
Tab. II. Wichtige Bindungsabstände (Ä) und -winkel (°) in
der Struktur von I x T H F . Siehe Abb. 1 und 2 für die gewählte Atomnumerierung.
Sn —Cl
Sn-O'
O-O'
O-Cl
C1-C12
OT—CT1
CT2-CT2'
2,459(1
2,156(2
2.563(3
1.453(3
1.500(4
1,435(4
1,364(9
Sn-O
Sn-Sn'
2,153(2)
3.463(1)
Cl-Cll
C1-C13
CT1-CT2
Sn-OT
1.522(5)
1.515(5)
1.482(6)
3.292(2)
Cl —Sn —O
O-Sn-O'
Sn —O —C 1
O-Cl-Cll
C11-C1-C12
C11-C1-C13
OT-CT1-CT2
CT 1 - C T 2 - C T 2 '
O-Sn-OT
Sn-OT-Sn"
Sn"—OT—CT1
91,6(1
73,0(1
127.8(2
108.4(3
109,3(3
110,9(4
105,8(3
108,7(3
114,1(1
88,5(1
99,1(2
Cl —Sn —O'
91.6(1)
Sn-O-Sn'
107.0(1)
Sn' —O—C 1
123.8(1)
0-C1-C12
108.6(2)
0-C1-C13
109.0(3)
C12—C 1 —C 13
110.7(3)
CT 1 — OT—CT 1' 109.2(4)
Cl —Sn —OT
79.2(1)
O'-Sn-OT
168.3(1)
Sn —OT—CT 1
132,2(2)
von 1 x THF
Die Tabn. I und II enthalten die Atomkoordinaten und wichtige Strukturparameter, Abb. 1 zeigt
die Molekülstruktur, Abb. 2 die Struktur der durch
THF-Verbrückung resultierenden gewinkelten Ketten im Kristall von 1 x THF.
Im Kristall liegt 1 als zentrosymmetrisches Dimer
mit verbrückenden O-Atomen vor. Die Cl-Atome
liegen auf entgegengesetzten Seiten des so gebildeten Vierrings, die O-Atome sind annähernd trigonal
planar konfiguriert (Winkelsumme 358,6°). Die
Sn — O-Abstände sind innerhalb der Fehlergrenzen
gleich lang (2,153(2), 2,156(2) Ä). Auffallend ist der
Intraring-Winkel am Sn-Atom, der mit 73,0(1)° relativ klein ist. Die O—Sn—Cl-Winkel weichen dagegen
mit 91,6(1)° nur wenig von 90° ab. An den O-Atomen beträgt der Intraring-Winkel 107,0(1)°. Als
Konsequenz ist der O••• O-Abstand im Vierring erstaunlich kurz (2,563(3) Ä), während der Sn---SnAbstand mit 3,463(1) Ä beträchtlich länger ist. Damit unterscheidet sich der (SnO) 2 -Vierring in
I x T H F deutlich von den von R. West beschriebenen (R 2 SiO) 2 -Vierringen, die sowohl kurze Si - - - Sials auch O••• O-Abstände über den Ring aufweisen
Tab. I. Atomkoordinaten und äquivalente, isotrope Temperaturfaktoren für 1 x T H F (U = U,U 2 U 3 ) 1 / 3 , wobei Uj die
Eigenwerte der Ujj-Matrix sind).
Atom
xla
SN
Cl
o
Cl
Cll
C12
C13
OT
CT 1
CT 2
0,3536(1)
0.4088(1)
0.2223(1)
0.1936(2)
0.2557(3)
0.1001(2)
0,1972(4V
0.0000
0,0125(3)
0,0140(5)
y/b
0,1862(1)
0.2538(1)
0.1545(2)
0.0575(3)
-0.0464(4)
0.0239(3)
0.0959(5)
0.4788(3)
0.4057(3)
0.2832(4)
z/c
ueq
0,0641(1)
0.3060(1)
0,0248(2)
0,0757(3)
0.1063(5)
-0,0378(4)
0,2083(5)
0,2500
0.3637(4)
0.3198(5)
0,024
0.035
0,026
0.029
0.045
0.039
0,055
0.037
0,039
0.062
Schwingungsellipsoide 50%, H-Atome mit willkürlichen
Radien).
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47 Chr. Z y b i l l - G . Müller • Synthese und Kristallstruktur von r-Butyloxyzinn(II)-chlorid
[9], Die kokristallisierten THF-Moleküle besetzen in
der Elementarzelle zweizählige Lagen und sind über
ihre O-Atome an je zwei Sn-Zentren koordiniert
( S n - O T 3,292(2) Ä). Dadurch kommt es im Kristall
zur Ausbildung gewinkelter Ketten (Abb. 2). Sowohl die langen Sn —0(THF)-Abstände als auch die
unregelmäßigen Koordinationsgeometrien an O T
und Sn (Tab. II) deuten lediglich eine äußerst schwache Wechselwirkung mit den THF-Molekülen an,
die auf den festen Zustand beschränkt sein dürfte.
Experimenteller Teil
Alle Experimente wurden unter Ausschluß von
Luft und Feuchtigkeit in einer Atmosphäre von trokkenem Reinstickstoff ausgeführt. Die Lösungsmittel
waren N 2 -gesättigt, die Glasgeräte entsprechend vorbehandelt. Die NMR-Spektren wurden an den Geräten Jeol FX 270, Jeol C-60HL und Bruker FX 200
aufgenommen.
tert-Butyloxyzinn
(Il)chlorid
(1)
Eine Suspension von 410,1 mg (2,2 mmol) SnCL
in 150 ml T H F wird bei —78 °C portionsweise mit
einem Äquivalent Kalium-terr-butanolat (246,8 mg)
(2,2 mmol) versetzt. Nach Tieftemperaturfiltration
über eine G4-Fritte bei —70 °C wird die Lösung in
der Kälte mit ca. 70 ml Pentan überschichtet und
mehrere Tage auf Trockeneis aufbewahrt. Die Verbindung kristallisiert als 1 x T H F in farblosen Stäbchen. Ausbeute 1,238 g (99,9%). Zers. > - 3 0 °C zu
SnCL und [(/-BuO) 2 Sn]. Für die Elementaranalyse
mußte das Solvat-THF im Hochvakuum bei —40 °C
entfernt werden.
C s H 1 8 Cl 2 0 2 Sn 2 (450,52)
Ber. C 19,38 H 3,65
Gef. C 19,59 H 3,70
C1 14,21,
C1 14,46.
' H - N M R (270,05 MHz in CDC1 3 b e i - 6 0 , 1 °C):<3 =
1,40 ppm, s, CH 3 ; (bei 25,0 °C) 1,41 ppm, s, CH 3
von 1; 1,10 ppm, s, CH 3 von 2. Integralverhältnisse
1/2: 1,19 (25 °C), 3,03 (0 °C), 5,41 ( - 1 5 , 1 °C), 10,0
( - 3 0 °C). u 9 S n - N M R (74,545 MHz in CDC1 3 bei
- 3 1 , 1 °C): ö = 270,8 ppm, 1; 644,4 ppm, 2. Bei
22,5 °C werden für die l l 9 Sn-Verschiebungen identische Werte gemessen.
Röntgenstrukturanalyse
von 1 x THF
Kristalldaten: C 8 H 1 8 0 2 S n 2 C l 2 x C 4 H 8 0 , M r
=
526,63, monoklin, Raumgruppe C2/c (Nr. 15), a =
17,700(2), b = 11,370(1), c = 11,194(1) Ä, ß =
122,33(1)°, V = 1903,6 Ä 3 , Z = 4 (Dimere x T H F ) ,
d ber = 1,837 g e r n - 3 , / / ( M o K n ) = 29,2 cm" 1 , F(000) =
1024, T = - 4 0 °C, MoK f t -Strahlung, X = 0,71069 Ä,
Graphit-Monochromator,
Syntex
P2rDiffraktometer.
Von 4497 gemessenen Reflexen (a>-Scan, Aa> =
0,9°, +h, ±k, ±1, (sin #/A)max = 0,639 Ä" 1 ) waren
2090 unabhängig (R i m = 0,027) und 1983 „beobachtet" mit I3=2,0CT(I). Die Daten wurden für L r -Effekte und empirisch für Absorption korrigiert (rel.
Transmission: 0,81 — 1,00). Die Struktur wurde mit
direkten Methoden gelöst (SHELX-76) und bis
R (R w ) = 0,024 (0,032) verfeinert. Dabei wurden alle
Nicht-H-Atome anisotrop behandelt, die CH 3 -Grup-
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48
Chr. Z y b i l l - G . Müller • Synthese und Kristallstruktur von r-Butyloxyzinn(II)-chlorid
pen als starre Gruppen und die CH 2 -Gruppen
„riding" verfeinert (96 verfeinerte Parameter).
Von den H-Atomen waren 11 lokalisiert worden,
2 wurden nach idealisierter Geometrie berechnet.
Die minimalisierte Funktion war Zw (|F0|—|FC|)2, das
Gewichtungsschema l/cr(F 0 ) (SHELX-76). Die Restelektronendichte betrug +0.64/-0.89 e/Ä 3 . Weitere
Einzelheiten zur bei der Datensammlung, -reduktion
und Strukturverfeinerung verwendeten Methodik,
sowie die Quellen der Atomformfaktoren und ver-
wendeten Programme finden sich in Lit. [10]. Vollständige Parameter- und Strukturfaktorenlisten wurden hinterlegt [11].
[1] M. Veith, Angew. Chem. 99, 1 (1987); Angew.
C h e m . , Int. Ed. Engl. 27, 1 (1987).
[2] H. H. Karsch, A. Appelt und G. Hanika, J. Organomet. Chem. 312, C 6 (1986).
[3] K. D. Bos. E. J. Bülten und J. G. Noltes. J. Organomet. Chem. 99, 71 (1975).
[4] D. H. Harris, M. F. Läppert. J. Chem. Soc. Chem.
Commun. 1970, 270.
[5] W. W. Du Mont und B. Neudert. Z. Anorg. Allg.
Chem. 436, 270 (1977).
[6] W. W. Du Mont. Inorg. Chim. Acta 29, L195 (1978).
[7] M. Veith und F. Töllner. J. Organomet. Chem. 246,
219 (1983).
[8] D. H. Harris und M. F. Läppert. J. Chem. Soc. Chem.
C o m m u n . 1974, 895.
[9] M. Michalczvk. M. J. Fink. K. J. Haller, R. West und
J. Michl, Organomet. 5, 531 (1986).
[10] H. Schmidbaur. A. Schier, C. M. F. Frazäo und
G. Müller. J. Am. Chem. Soc. 108, 976 (1986).
[11] Fachinformationszentrum Energie. Physik, Mathematik G m b H . D-7514 Eggenstein-Leopoldshafen 2,
F R G . Anforderungen sollten unter Angabe der Hinterlegungsnummer CSD 52627. der Autoren und des
Zeitschriftenzitats erfolgen.
Unsere Arbeiten wurden dankenswerterweise von
Professor H. Schmidbaur unterstützt. Herrn J. Riede
danken wir für die Erstellung des Datensatzes für die
Strukturbestimmung sowie Herrn Dr. R. Müller für
Hilfestellung bei der Aufnahme der 119Sn-NMRSpektren.
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