Thomos Weidner Ein Blick in einen Atlas reicht oftmals schon aus, um festzustellen, dass es wohl schwierig werden könnte das Vorkommen einer Fischart auf ein eng begrenäes Verbreitungsgebiet zu beschränken. In besonderem Maße trifft dies auch auf die im Folgenden vorgestellte Geophagus-Artzu. Denn ob der hier vorgestellte Geophagus sp. ,,Rio Branco" nur im Rio Branco zu Hause ist, ist nach dem heutigen Wissenstand äußerst fraglich und auch unwahrscheinlich. Trotzdem soll nachfolgend der Name beibehalten werden, da die Art dort sicher vorkommt und sie an anderer Stelle (Stawikowski & Werner, 2004) ebenfalls so bezeichnet wird. Unklar ist bis heute, wie weit sich das Verbreitungsgebiet ausdehnt und welche oder wie viele Arten sich hinter Geophagus sp. ,,Rio Branco" ver- bergen könnten. Der Rio Branco liegt im Bundesstaat Roraima in Brasilien und entwässert in den Rio Negro. Im Süden grenä der brasilianische Bundesstaat Amazonas an und im Norden Venezuela und Guyana. Es ist durchaus denkbar, dass Geopha,grs sp. ,,Rio Branco" in dem geDCG-lnformotionen 38 (lol: ZA-2:n samten genannten Gebiet zu Hause ist. Außerdem ist sicherlich auch noch nicht endgültig geklärt, welche oder vielleicht sogar wie viele GeophagusArten in diesem Bereich ztsätzlich vorkommen. Auffiillig ist nur eines: Besonders oft werden Geophagus sp. ,,Rio Branco" und verwandte Arter"t Populationen mil G. winemilleri verwechselt, der 2004 von Löpez-Femandez et al. aus Venezrrclabeschrieben wurde. Bekannt ist, dass Geophagus inemilleri außerdem im Bundesstaat Amazonas, Brasilien, beheimatet ist und genauso wie auch G. sp. ,,Rio Branco" über Manaus exportiert wird, doch inwieweit sich das Verbreitungsgebiet beider w Arten überlappt oder ob sie eher getrennte Biotope besiedeln, ist bisher ungeklärl. Geophagus winemilleri besitzt einen prägnanten, lackschwarzen Kiemendeckelfl eck, der praktisch immer zu sehen ist. Nur Jungtiere bis fi.inf Zentimeter zeigen dieses Merkmal nicht. Ab dieser Größe ist der Kiemendeckelfleck deutlich zu erkennen. Geophagus sp. ,,Rio Branco" und auch andere Populationen (?) zeigen zwar stimmungsbedingt ebenfalls einen Kiemendeckelfleck, doch der wirkt irgendwie ,,verwaschen", ist weniger groß, bei weiten nicht lackschwarz wd ... meist über- 2A Geophogus winemilleri und Geophogus proximus (unten). Bei beiden Fischen ist die Schwonzflosse geflommt und ein schworzer Kiemendeckelf leck deutlich sichtbor. Seite 22I: Geophogus sp. ,,Rio Bronco" öhnelt sehr Geophogus winemilleri. haupt nicht zu sehen! Selbst laichende bzw. Brut pflegende Tiere zeigen diesen Fleck nicht immer und meist sind es dann auch nur die Weibchen, die diesen Fleck zur Schau tr'agen. Außerhalb der Brutphase kann man die Geschlechter anhand dieses Merkmals jedenfalls nicht unterscheiden. Am häufigsten ist er bei heranwachsenden Fischen mit acht bis zwölf Zentimeter Gesamtlänge zu erkennen. Dies ist die Phase, in der sich in einer Gruppe eine Hierarchie ausbildet. Daher kommt es in diesem Alter zu den meisten Streitereien. Ein weiteres wichtiges Unterscheidungsmerkmal ist die Zeichnung der Schwanzflosse. Bevor G winemilleri mit einem wissenschaftlichen Namen versehen wurde, nannte man ihn unter anderem G. sp. ,,Stripetai1" (- gestreifter Schwanz), womit sehr schön die blaue Flammenzeichung der Schwanz- flosse beschrieben wurde. G. sp. ,,Rio Branco" DCG-lnformotiooen 38 (lOl: 221-227 (und ähnliche Arten?) haben hingegen meist eine fein bläulich punktierte Schwanzflosse. Nur gele- gentlich sind bei manchen Individuen bzw. Populationen größere Punkte zu erkennen oder auch teilweise etwas länger gezogerre Punkte vorhanden. In der Tat ist es schwierig, G winemilleri und G. sp. ,,Rio Branco" anhand der Anordnung der schwarzen Balken auf den Flanken zu unterscheiden, dem darin ähneln sie sich sehr stark. Beide Arten zeigen vier dunkle, vertikale Balken auf den Seiten. Bei jugendlichen Exemplaren kann man teilweise einen fünften Balken auf dem Schwanzstiel erkennen, der jedoch mit zunehmendem Alter verblasst und dann eine graue Fläche einnimmt. Aufgrund dieser Tatsache muss man eventuell darüber nachdenken, ob eine ausschließliche Identifizierung anhand der Schwarzmarkierungen, wie es Lopöz-F ernandez und Taphom (2004) anstreben, möglich ist. Es gibt auch hinsichtlich der Körperform geringe Unterschiede, doch sind diese oft marginal und gerade bei Aquarienpopulationen nicht immer eindeutig. Denn zuviel hängt von der Emährung oder den anderen Haltungsbedingungen ab, als dass man diese zuverlässig für einen Artvergleich bei Aquarientieren heranziehen kann. Grunds ätzlich wirkt G winemilleri bei gleicher Körpergröße aber etwas graziler und der Kopf ist etwas spitzer als bei G. sp. ,,Rio Branco". Bei all der Erbenszählerei, die ich hier vom Zaun breche, will ich nattirlich nicht ausschließen, dass irgendwann einmal ein Systematiker G. sp. ,,Rio Branco" zu G. winemillerl stellen wird. Ich werde dann trotzdem beide nie zusammen in einem Aquarium pflegen und auch nicht kreuzen. Denn sieht man die zwei Arten nebeneinander, sind die Unterschiede überdeutlich und rechtfertigen meines Erachtens - sollte es jemals dazu kommen - die Vergabe von zwei Namen. Betrachtet man nur die Zeichnung der Schwanzflosse, so sind die Unterschiede zwischen G winemilleri und G. sp. ,,Rio Branco" oder ähnlichen Arten recht einfach zu erkennen. Schwieriger ist es jedoch, G winemillerl von G proximus - vor allen Dingen juvenile oder semiadulte Exemplare - zu unterscheiden. Doch das ist eine andere Geschichte, die hier nicht vertieft werden soll. Geophogus sp. ,,Rio Bronco"; Zl Zentimeter longes Mönnchen. Der Kiemendeckelfleck ist nur zu erohnen. DCG-lnformotionen 38 (lOl: AÄ-227 2j23 Achl Zenlimeter longer Geophogus sp. ,,Rio Bronco" Geophogus sp. ,,Rio Bronco" im Aquorium Wie ein Großteil aller Geophagus-Ar1en ist auch Geophagus sp. ,,Rio Branco" in ausreichend großen Aquarien ein einfach zu haltender Pflegting. Da aber dieser Erdfresser durchaus 20 bis 25 Zentimeter lang werden kann, und in Ausnahmefüllen sogar bis an die 30 Zentimeter heranwächst, sind Aquarien unter 250 Liter ungeeignet. Für eine vernünftige Pflegen hält man sie am besten in einer kleinen Gruppe von vier bis sechs Exemplaren. Gerne sind auch Gruppen mit mehr Individuen möglich, doch dann steuett man unwillkürlich bald Beckengrößen von rund 1.000 Liter an. Bei einer kleinen Gruppe mit einigen anderen Beifischen, wie z. B. anderen südamerikanischen Cichliden, Harnischwelsen oder größer werdenden Salmlern, reichen 500 bis 600 Liter aus. Eine größere freie Sandfläche, im Hintergrund eine Dekoration aus Wurzeln und Steinen sowie eine Bepflanzung aus harten Pflanzen, wie Anubias-, Vallisneria- oder gut verwurzelten Echinodorus oder Cryptocoryne-Arten kommen der, Geophagus sehr entgegen. Zrr Pflege spielen die Wasserwerte eine untergeordnete Rolle, sofern es nur biologisch sauber ist. So werden selbst Gesamthärten zwischen 20 bis 30 "dGH und pH-Werte bis pH 8,0 toleriert, doch die schönen Farben verblassen dann. Ist die Wasserhärte jedoch unterhalb von 10 odGH und liegt der flir ihr Wohlbefinden pH zwischen 6,0 und 7,0 kommen vor allen Dingen die Rottöne ungleich schöner zur Geltung. Wassertemperaturen zrvischen 25 und 32 "C sind möglich, wobei 28 bis 30 'C wohl das Optimum darstellen. In diesen Grenzen sind die Cichliden Geophogus sp. ,,Rio Bronco"; Poor über dem Gelege. Dos Weibchen im Hintergrund zeigt nun endlich einmol einen Kiemendeckelfleck. DCG-lnformotionen 38 (lO): AA-227 Dos Weibchen zeigt wöhrend der Brutpflege meist den Kiemendeckel- fleck Dos Gelege ist etwo l8 Slunden olt. am agilsten und am farbigsten und laichen auch ab. Gefressen wird so ziemlich alles, was der Handel oder unsere Gewässer hergeben. Trotz der Größe der Cichliden, verzichte ich aufallzu großes Futter, denn oft bekam ich schon mit Stinten, unzerkleinerten Muscheln oder grobem Krill Probleme, die sich in aufgedunsenen Bäuchen bemerkbar machten. Was schließlich früher oder später zum verfrühten Ableben geflihrt hat. Auf Grünfutter verzichte ich nicht, doch reiche ich dies in Form eines guten spirulinahaltigen Trockenfutters, denn Blattsalate oder Gemüse werden auch in überbrühter Form nicht angenommen. Geophagus sp. ,,Rio Branco" sind genauso larvophile Maulbrüter, wie dies auch G winemilleri, G. dicrozoster oder auch G. sp. ,,Guyana" sind. Larvophile Maulbrüter legen zunächst ein Gelege an und Dos Mönnchen steht föchelnd über dem Gelege. Einen schworzen Kiemendeckelfleck sucht mon vergeblich. DCG-lnformotionen 38 (lO): 221-2n nehmen die Larven erst nach dem Schlupf aus der Eihülle ins schützende Maul auf. Nach meinen Beobachtungen sind jedoch die G. sp. ,,Rio Branco" die ,,schlampigsten" Eltern oder Brutpfleger dieses Formenkreises. Das Laichsubstrat wird nur sehr oberflächlich gereinigt; die Eltern verteidigen das Gelege nicht sonderlich intensiv; das eine oder andere Gelege kann auch nach demAufnehmen ins Maul in selbigem auf nimmer Wiedersehen verschwinden und ein Anlegen von Laichkuhlen (siehe G. dicrozoster (Weidner, 2006)), die ein besseres und einfaches Ubergeben der Larven zwischen den Eltemtieren möglich machen, konnte ich bei meinen Tieren nicht beobachten. Wobei dies sicherlich individuell unterschiedlich ausfallen kann und von Umwelteinflüssen bzw. den Bedingungen im Aquarium, abhängig sein wird. Jedenfalls kümmert sich aber auch das Männchen um das Gelege und somit ist es nicht nur Aufgabe des Weibchens, unbefruchtete Eier zu entfernen oder das Gelege von Verunreinigungen zu säubem. Meist stehen die Eltern in einigen Zentrmetern Entfernung zum Gelege und befticheln es mit Frischwasser. Während anderc Geophagus - Arten versuchen, das Gelege mit Sand abzudecken, geschieht das bei G. sp. ,,Rio Branco" nur oberflächlich. Der Schlupf der Larven erfolgt bei 28 bis 30 "C meist nach 36 bis 48 Stunden. Lieg1 die Temperatur etwas höher, kann es sogar etwab schneller gehen und sinkt sie in niedrigere Bereiche verlängert sich die Zeit bis zum Schlupf. Beide Eltern nehmen dann die Larven auf, wobei auch hierbei individuelle Unterschiede auftreten können und so karur es passieren, dass entweder ein Elternteil (Männchen oder Weibchen) die Brut intensiver betreut als der Partner oder auch dass die beiden Eltemteile abso- lut gleich berechtigt sind. Es ist jedenfalls nicht möglich ein Standardverfahren arzugeben. Eine Übergabe der Larven ist am Anfang der Maulbrutpflege nur selten zu beobachten und bei meinen Tieren war es hauptsächlich das Weibchen, das flir 2:26 die unmittelbare Maulbrutpflege verantwortlich war. Das Männchen hatte durchaus ab und zu ebenfalls Larven im Maul, doch deutlich seltener als es beim Weibchen der Fall war. Wenn es an der Zeit geworden ist, die Larven aus dem Maul zu entlassen. so dass sie ihre ersten selbstständigen Schwimmversuche starten, beteiligten sich bei mir meist beide Eltern gleichberechtigt an der Maulbrutpflege. Dies mag zum einen daran liegen, dass die Larven natürlich wachsen und bald in einem Maul keinen Platz mehr finden und andererseits ist es dadurch möglich, dass immer ein Elternteil während der langen Brutphase in der Lage ist, Futter aufzunehmen. Somit sind dann beide Eltern selbst nach der Brutphase in guter Konstitution und können bald flir ein neues Gelege sorgen. Geophagus sp. ,,Rio Branco" sind keine Brutpfleger, die ihren Nachwuchs lange betreuen und in Gesellschaftsbecken werden wohl nicht viele Jungtiere die ersten 14 Tage nach dem Freischwimmen überleben, denn bereits nach einer Woche lässt der Pflegetrieb merklich nach. Das Wachstum der Jungtiere ist zügig, und nach etwa drei bis vier Monaten haben sie bei intensiver Fütterung und häufigem Wasser- wechsel etwa fiinf Zeriimeter Gesamtlänge er- reicht. DcG-lnformotionen 38 (lol: m-2:n Die Eltern beginnen bei 28 'C Wossertemperotur 36 Stunden noch der Eiobloge mit dem Herouslösen der Lorven ous den Eihüllen. Unten: Am Ende der Lorvenoufnohme bleiben nur die Eihüllen und die unbefruchteten Eier, die vorher nicht entfernt wurden, ouf dem Loichsubstrot zurück Seite 226: Durchous imposont, so ein brutpflegendes Männchen von Geophogus. sp. ,,Rio Bronco". Literotur Stawikowski, R. Ldpez-Femändez, H. & D. C. Taphorn (2004): Geophagus abalios, G dicrozoster und G winemilleri (Perciformes: Cichlidae), three new Species from Venezuela. Zootaxa 439 I 2l &U kas. Band 3. Eugen Werner (2004): Die Buntbarsche Ameri- Ulmel Stuttgafi Weidnel T. (2000): Südamerikanische Erdlr'esser El Paso (2006): CeophagrLs dicrozoster DCG-Informn. 37 (1): t 8 '§l DCG-lnformotionen 38 (I0l: 221-227 227