Klein-bunt-schön: Geophogus sp.,,Pindor6" Thomos Weidner Die interessantesten und begehrenswertesten Cichliden findet man nur selten im Zoofachhandel, denn erstens ist es das Unbekannte oder Seltene. was den Cichlidioten reizt. und zweitens werden diese Arten fast ausschließlich von reisenden Aquarianern importiert, da die oftmals entiegene Stellen aufsuchen und nicht aus logistischen und Rentabilitätsgründen vor langen Strekken zurückschrecken. Schließlich ist der Urlaubsfaktor in der Heimat unserer Cichliden nicht zu unterschätzen - wenn man nichts Neues fängt, hat man eben einige schöne Tage verbracht. Somit findet man die raren ,,Schätze" bei Hobbyaquarianern im Keller. Im Jahre 199,1 hatten Werner, Harnoß und Ztcker sicher einen schönen Urlaub, aber zudem haben sie eine äußerst interessante Geophagus-Art aus dem Rio Pindar6 im Nordosten Brasiliens mitgebracht. Und bei Uwe Werner war es auch, wo ich diese Cichliden zum erstenmal gesehen habe. Natürlich habe ich sofort versucht. ihn zur Herausgabe einiger Tiere zu überreden. Verständlicherweise wollte er seine adulten Exemplare nicht abgeben, aber ein halbes Jahr später war es dann soweit, und ich konnte einige der versprochenen Nachzuchten abholen. Die Tiere, die Werner, Harnoß und Zucker mitgebracht hatten, stammten etwa 280 Kilometer flußaufwärts von Santa Ines im Oberlauf des Rio Pindar6, Maranhäo, Brasilien. Nach Werner (1997) war das Wasser am Fundort schnell fließend und äußerst klar. Der Bodengrund bestand im großen und ganzen aus feinem Sand. Die Ufer r50 waren dicht bewachsen. Holzeinlagerungen, aber auch submers wachsende Pflanzen ga- ben den Fischen ausreichend Schutz und Versteckmöglichkeiten. Das Wasser war mit 28 "C verhältnismäßig warm. Uber die weiteren Wasserwerte berichtet Werner nicht. Stawikowski stellte bereits einige Jahre zuvor durch Arthur Werner aus dem Rio Parnaiba, ebenfalls Maranhäo, importierte Erdliesser vor, die sich beim heutigen Kenntnisstand von Geopltagus sp. ,,Pindar6" nur durch das Zeichnungsmuster in der Kopfregion unterscheiden. Es liegt nahe, daß es sich bei den beiden Populationen um Vertreter ein und derselben Art handelt. Zs unterscheiden sind die beiden Varianten vor allern anhand des Zeichnungsmusters auf den Wangen: Geophagus sp. ,,Parnaiba" zei- gen im Gegensatz zu Geophagus sp. ,,Pindar6" unterhalb des Auges, zwischen Mundwinkel und Kiemendeckel. bläulich irisierende Flecke, die teilweise miteinander verbunden sein können. Männchen vor- Ceophagas sp. ,,Pindar6" werden wohl kaum größer als 15 Zentimeter (Gesamtlänge), während Weibchen dieses Maß in der Regel nicht erreichen. Trotz ihrer' geringen Länge wirken die Tiere hochrükkig. Ihr Kopf ist kurz, und die Stirn steigt ziemlich steil an. Die Stirnline kann bei adulten Tieren gewölbt sein, so daß sich über dem Auge eine kleine Einbuchtung befindet. Der Seitenfleck liegt ungefähr in der Körpermitte und schneidet am oberen Rand die obere Seitenlinie. dehnt sich von dort kreisrund nach unten aus und umfaßt etwa drei Schuppenreihen. Stimmungsbedingt kann der Seitenfleck verblassen, und man erkennt dann nur noch einen kreisrunden, hellen DCG-Informotionen 29 (81: l5O-155 Fleck. Die Pectoralen sind färblos: die Ventralen und die unpaarigen Flossen zeigen, je nach Lichteinfall, auf rötlichem oder gelblichem Untergrund eine Vielzahl bläulich irisierender Flecke und Streifen. Besonders auffällig ist die Musterung der Caudale: Am oder Geschwürerkrankungen sind die Tiere nach meinen Beobachtungen unempfindlich. Geophagus sp. ,,Pindar'6" ist ein Allesfresser, der eine ausgewogene Elnährr-rng benötigt. Gefressen wird praktisch alles, was ihm oberen und unteren Rand der Schwanzflosse vor das Maul gerät und darin Platz wie auch zur Basis hin zeigen die Tiere Aufgrund seiner geringen Größe sollten die Brocken aber nicht zu groß sein, da die Fische sich leicht ,,verschlucken" können. Am besten verfüttert man alle gängigen rundliche oder leicht ovale Flecke. während die Mitte der Flosse horizontale Streifen trägt. Die Körperzeichnung besteht aus ebenfalls waagerechten, rötlichen Streifen, die je nach Lichteinfall und -farbe - von gelben oder bläulich irisierenden Streifen unterbrochen werden. Auf den Wangen befinden sich keine Zeichnungsmerkmale, so daß der hat. Sorten von Frostfutter (sofern kein Lebend- futter vorhanden ist) und zusätzlich ein gutes Trockenfutter, das ausreichend mit Vitaminen angereichert ist. Aber auch Grünkost in Form von überbräl.rtem Salat und Spinat nach Lichtfarbe, gelblich oder oder gekochtem Rosenkohl und auch verschiedenen Früchten (Apfel, Erdbeeren) leicht b1äulich wirkt. Die Geschlechter sind äußerst schwierig und nur mit Vorbehalt bei adulten Tieren zu unterscheiden. Männchen besitzen etwas län- können und sollten angeboten werden. Beachtet werden muß jedoch bei der Verabreichung von Grünfutter, daß es sehr weich ist, da die Erdfresser harte Brocken verschmä- ger ausgezogene Flossen und sind insgesamt ein wenig schlanker. Es gibt keinen Sexual- hen. Kopf, je dichromatismus. so daß die Weibchen eigentlich nur während der Laichphase zu erkennen sind, da ihr Bauch dann eckiger wirkt. Bald ist dann auch die Legeröhre sichtbar, die deutlich dicker ist als die Genitalpapille des Minnchens. Geophagus sp. ,,Pindar6" ist ein durchaus anspruchsloser,,Erdfresser", der an die chemische Wasserbeschaffenheit keine besonderen Ansprüche ste1lt. So laichten die Tiere sowohl in hartem Wasser (18 'dGH) mit deutlich alkalischer Reaktion (pH 7.5) als auch in aufbereitetem Wasser mit pH 6,8 und nur 6 "dGH, so daß die Art zu den robusteren Großcichliden gezählt werden kann. Wichtiger scheint die Sauberkeit des Wassers zu sein: Bei höheren Nitratwerlen verschwinden die Farben der Fische. und bereits geringe Nitritmengen erhöhen ihre Atemfrequenz und steigern deutlich sichtbar ihr Unwohlsein. Gegenüber Hautläsionen DCG-lnformotionen 29 (81: I50-155 Aufgrund der geringen Größe dieser Buntbarsche reichen Aquarien von 200 bis 250 Litern Inhalt zu ihrer Pflege und ZLrcht aus, wobei diese Werte als untere Grenze anzusehen sind, zumal Geophdgu.r sp. ,,Pindar6", wie eigentlich alle Erdfresser, am besten in einem Trupp von mindestens fünf Tieren zu halten sind. Aiso - etwas größer darf das Aquarium ruhig sein. Der Behälter sollte mit feinem Sand und etlichen Unterständen in Form von Steinaulbauten oder Wurzeln abwechslungsreich gestaltet sein. Einige separat plazierte, flache Steine können als Laichplätze dienen. Die Strömung sollte nicht zu stark sein, denn Verwirbelungen können die Tiere nicht sonderlich leiden. Die Beleuchtung so11te nicht zu intensiv ausfallen, denn bei zu grellem Licht werden die Fische schreckhaft und verlieren ihre prächtigen Farben. Sollte man auf Pflanzen, die eine stärkere Beleuchtung benötigen, nicht verzichten wollen. kann man die Oberfläche DCG-Informotionen 29 (8): l5O-155 Links: Geophogus sp" ,,Pindo16"; öltere Tiere zeigen über dem Auge oftmols eine Einbuch: tung der Stirnlinie Rechfs: Frontolonsichl von Geophogus sp. ,,Pindo16"; schön sind die roten und blouen Löngslinien zu erkennen Zum Vergleich: Adulles Mönnchen von Geophogus sp. ,,Pornoibo" (Foto: Stowikowski) Rechts: Je noch der Slimmung der Fische konn der Seitenfleck bei Geophogus sp. ,,Pornoibo" ouch ,,negoliv" hervortreten (Foto: Stowikowski) Link: Am wohlslen fühlt sich Geophogus sp. ,,Pindor6" unter seinesgleichen oder in einer gemischten Gruppe ous Arlgenossen und onderen Erdfressern Fotos: Weidner DCG-Informotionen 29 (8): l5O-155 mit Schwimmpflanzen besetzen, die das Licht in bestimmten Bereichen dämpfen. Die Pflanzen werden zwar nicht beschädigt, doch ist es besser, auf feinfiedrige Arlen zu verzichten, da die schnell unansehnlich werden können. Natürlich ist die Beleuchtung Geschmackssache und eine GroLux nicht jedermanns Sache, aber bei einem solchen Licht kommen die Tiere am besten zur Geltung! Als Mitbewohner eignen sich alle Arten, die ein ruhiges Verhalten und sich an ihren Beckenmitinsassen uninteressiert zeigen. Gegenüber ruppigen oder auch deutlich größeren Arten zeigen Geophagu.r sp. ,,Pindar6" nur ein geringes Durchsetzungsvermögen. Sie ziehen sich dann immer weiter zurück und verkümmern. Besonders gut geeignete Beifische sind Loricariiden, die nicht zu groß werden, und friedliche Salmler. Man kann aber auch weitere ,,Erdfresser" oder andere friedliche Großcichliden hinzusetzen, zum Beispiel aus den Gattungen Mesonawta, Heros oder Uaru, sofern die sich gegenüber den Geophagus friedlich verhalten. Schließlich gibt es innerhalb einer jeden Art individuelle Unterschiede bezüglich der Aggressivität, so daß man mit Verallgemeinerungen vorsichtig sein sollte. Ich pflege finf Geophagrs sp. ,,Pindar6" zusammen mit fünf semiadulten Geophagu.s sp. ,,Tapajos", vier Mesonauta festivus, einem Paar C renicic hla regctni ats Santar6m und vier Pseudohemiodon laticeps in einem 360 Liter fassenden Aquarium. Bekanntermaßen gibt es innerhalb der Gattung Geophagu,i sowohl Offenbrüter als auch ovopile und larvophile Maulbrüter. Geophagus sp. ,,Pindar6" sind biparentale, larvophile Maulbrüter. Die Paarbildung verläuft unauffällig, und die Bindung zum Partner ist auch außerhalb der Brutpflege nicht sonderlich fest. Während der Paarbildung messen die zukünfti154 gen Partner ihre Kräfte durch gegenseitiges Umkreisen in Antiparallelstellung und Entgegenschleudern von Wasserschwällen mit den unpaarigen Flossen. Unter Umständen kann es kurzfristig zum Maulzerren kommen, wobei es aber niemals Verletzungen gibt. Ist die Paarbildung vollzogen, beginnen beide Partner mit dem Putzen des Substrates. Meist fällt die Wahl auf einen waagerecht auf dem Boden liegenden, flachen Stein. Bei mir wählten die Tiere einen meist etwas höher horizontal gelegenen Stein, der sich zudem etwas versteckt zwischen einigen Wurzeln befand, so daß mir bis zum heutigen Zeitpunkt noch kein vernünftiges Bild vom Laichakt und vom Gelege gelang. Das mag ein Hinweis darauf sein, daß die Tiere geschützt liegende Laichplätze bevorzugen und nicht offen einsehbare und somit einfacher zu verteidigende Flächen auswäh1en. Zunächst werden die Eier vom Weibchen ,,portionsweise" (vier bis acht pro Schub) abgelegt und dann sofort vom Männchen besamt. Das Gelege ist ziemlich kompakt und hat maximal einen Durchmesser von acht Zentimetern. Im Anschluß an den Laichakt wird das bis zu 200 Eier umfassende Gelege mit etwas Sand getarnt. Um mögliche Eierfresser nicht auf den Laich aufmerksam zu machen, halten sich die Eltern in einem größerenAbstand zum Substrat auf und schwimmen nur ab und zu zum Gelege. In erster Linie betreut das Weibchen die Eier: es steht in 20 bis 30 Zentimetern Abstand zum Laich, während sich das Männchen meist noch weitel entfernt aufhält und um die Revierverteidigung kümmert. Bei höherer Besatzdichte des Aquariums halten sich die Elterntiere auch schon einmal unmittelbar bei den Eiern auf. Da beide Geschlechter gleichberechtigt sind, ist es ohne weiteres möglich, daß die Aufgabenverteilung noch anders aussehen kann. DCG-lnformolionen 29 (8): l5O-155 Je nach Wassertemperatur erfolgt die Larvenaufnahme durch beide Partner nach 20 bis 30 Stunden. Zu diesem Zeitpunkt ist der Dotter vollständig vom Periblast umgeben, und gleichzeitig setzt die Pigmentierung der Larven in der Eihülle ein. die den Eltern vermutlich als Signal dient, so daß sie erkennen können, daß die Larven,,reif" sind und aus den Eihüllen befreit werden können. Die Eier sind verhältnismäßig klein und nicht sehr dotterreich; deshalb ist die Entwicklungsdauer sehr kurz. Eine weitere Vorverle- gung der Larvenaufnahme ist aber nicht möglich, da den Eltern dann das visuelle Signal nicht geliefert werden kann und der Dotter beim Entfernen der Eihülle zerfließen würde. Die Entwicklung zum ovophilen oder zum larvophilen Maulbrüter verlief konvergent, und ein Sprung vom larvophilen zum ovophilen Maulbrüter ist nicht möglich (Peters & Berns 1978). Die Eltern lösen nach rund 24 Stunden die Larven aus den Eihüllen und nehmen sie in das schützende Maul auf. Die Eihüllen bleiben auf dem Substrat als weißliche Masse zurück. Das weitere Brutgeschäft teilen sich die Eltern. Jeden Tag werden die Larven mehrmals ausgetauscht, so daß jedes Tier in der Lage ist, während des Brütens Nahrung zu sich zu nehmen. Zur Larvenübergabe wird meist eine kleine Mulde gewählt, in die das tragende Tier die Brut spuckt, so daß das aufnehmende Tier es leichter hat, eventuelle Ausreißer besser unter Kontrolle zu halten und die immer stärker zappelnden Larven vollständig ins Maul aufzunehmen. Im großen und ganzen sind auch während der Maulbrutpflege beide Eltern gleichberechtigt, doch kann es sein, daß - individuell bedingt - entweder dem Männchen oder dem Weibchen die Hauptlast der Brutpflege zukommt. oder daß auch nur ein Elternteil die Brut pflegt. Nach neun bis zwölf Tagen werden die Larven erstmals aus dem schützenden Maul DCG-lnformotionen 29 (8): l5O-I55 entlassen und von beiden Eltern geführt. Zur Nacht und bei Gefahr nimmt der (die) pflegende(n) Elternteil(e) die Brut wieder auf. Zu diesem Zeitpunkt sind die Jungfische bereits in der Lage, Nahrung aufzunehmen, und ihre Fütterung kann mit frisch geschl üpften Artemien beginnen. Mit fortschreitender Dauer verliert zuerst das Weibchen das Interesse an der Brutpflege, und so nimmt nach einiger Zeit nur noch das Männchen die Jungen bei einer Gefahr auf, sofern sie noch alle in das Maul passen. Das Weibchen stellt in dieser Zeit den Kleinen aber nicht nach. Nach etwa zwei Wochen läßt der Pflegetrieb bei beiden Geschlechtern deutlich nach, und nach drei Wochen werden keine Jungtiere mehr ins Maul genommen. Nach ungefähr vier Wochen haben die Jungfische einen Länge von rund 15 Millimetern erreicht, und in den nächsten Wochen wach- sen sie zügig auf drei bis vier Zentimeter Länge heran. Nach drei Monaten stagniert das Wachstutn etwas, und das Längenwachstum geht nun erheblich langsamer voran. Wer sich bisher noch nicht mit der Pflege v on G e opha gus-Verwandten beschäftigt hat, aber Gefallen an diesen Buntbarschen findet, der sollte bei Ceophagus sp. ,,Pindar6" sofort zugreifen, denn dieser Erdfresser ist einer der schönsten und pflegeleichtesten. Außerdem bleibt er ziemlich klein und dürfte somit in vielen Aquarien ausreichend Platz finden. Literotur Peters. H. M . & S. Berns r ; org r: [Jber die Vorge.chichte der maulbrütenden Cichliden I. Was uns die Haftorgane der Luven lehren Aqu. Mag 12 (5): 2ll-217 - & (1978): Ubel die Vorgeschichte der maulbrütenden Cichliden II Zwei Typen von Maulbrütern. Aqu Mag l2 (7): 32.1 331 Stawikowski. R (1989): Neuer Ceophagus aus Brasilien. D Aqu. t Tet Z. (DA{IZ) 4t (10): 392 393. Werner, U (1997): Erdfresser - Zwei neue GeophagusArten aus Brirsilien Das Aquariurl 340: 4 8 155