Tumor ist nicht gleich Tumor

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Das Brustkrebsmagazin
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Das Brustkrebsmagazin
Tumor ist nicht gleich Tumor
Orientierungshilfe zur individuellen
Brustkrebstherapie
2. aktualisierte Auflage
Dieses Heft ist allen Frauen gewidmet, deren Leben durch
eine Brustkrebserkrankung auf den Kopf gestellt wurde.
Ein besonderer Dank gilt den Betroffenen, die durch
eine Studienteilnahme den wissenschaftlichen Fortschritt
unterstützen sowie den Wissenschaftlern, deren Ziel die
Erforschung neuer Brustkrebstherapien ist.
a
April 2013
Editorial
Thema
möglich, so viel wie nötig. So werden immer mehr Frauen
brusterhaltend operiert, Lymphknoten werden nicht mehr
grundsätzlich entfernt. Die klassische Strahlentherapie
kann in günstigen Fällen durch eine intraoperative Bestrahlung ersetzt werden, wodurch sich die Bestrahlungsdauer erheblich verkürzt. Genetische Untersuchungen
des Tumorgewebes können „Hoch­risiko-“ und „Niedrigrisikopatienten“ unterscheiden. Das erlaubt eine bessere
Prognoseabschätzung und somit bedachte Verordnung
der Chemotherapie. Hinzu kommen neue Wirkstoffe, die
Tumorzellen gezielt angreifen, ohne allzu große Nebenwirkungen zu verursachen.
Liebe Leserin, Lieber Leser!
Es ist gerade mal anderthalb Jahre her, dass unser Ratgeber „Tumor ist nicht gleich Tumor – Orientierungshilfe
zur individuellen Brustkrebstherapie“ zum ersten Mal
erschien. Bei der Aktualisierung wurde uns bewusst,
dass sich die Brustkrebstherapie in dieser kurzen Zeit
schon wieder signifikant weiterentwickelt hat. Ein großer
Dank gilt an dieser Stelle all den Wissenschaftlerinnen
und Wissenschaftlern, die dem Brustkrebs den Kampf
angesagt haben und mit unermüdlichem Eifer versuchen,
wirkungsvolle Mittel gegen diese Krankheit zu finden,
die sich unaufhaltsam auszubreiten scheint.
So konnte in den letzten Jahrzehnten zwar nicht die Erkrankungshäufigkeit verringert werden, die Heilungschancen wurden jedoch deutlich verbessert. In den Fokus der
Wissenschaft ist neben der Heilung auch zunehmend die
Lebensqualität von Krebskranken gerückt, was eine sehr
erfreuliche Entwicklung ist. Heutzutage werden nicht mehr
alle Krebspatienten ungeachtet der Ansprechrate und der
Nebenwirkungen gleich behandelt, wir sprechen vielmehr
von einer „risikoadaptierten“ Behandlung – so wenig wie
Die neuesten Entwicklungen der zielgerichteten, personalisierten Brustkrebstherapie werden in diesem Ratgeber vorgestellt. Dabei wird klar, dass es auf der einen
Seite große Fortschritte gibt, auf der anderen Seite aber
noch großer Bedarf an weiteren Forschungen herrscht.
So gibt es immer noch Tumorarten, die schwer oder gar
nicht behandelbar sind. Außerdem sollten neue Erkenntnisse viel schneller Einzug in den klinischen Alltag finden.
Ein weiterer Punkt kann nicht oft genug betont werden:
Ein gesunder Lebensstil der Frauen kann das Rückfallrisiko senken. Gesunde Ernährung, weitgehender
­Alkoholverzicht und regelmäßige Bewegung sind hier
die Schlüsselfaktoren. Das sollte jede Frau verinnerlichen.
Und: Die Früherkennung muss weiter verbessert werden!
Noch immer gibt es zu viele Frauen, deren ­Tumor bei
Diagnosestellung bereits inoperabel ist oder Metastasen gebildet hat. Früherkennung rettet Leben – sagen
Sie es weiter! a
Herzliche Grüße,
Eva Schumacher-Wulf
www.mammamia-online.de3
Liebe Leserin, lieber Leser!
Knapp 60.000 Frauen erkranken in Deutschland jährlich
an Brustkrebs. Das ist eine besorgniserregende Zahl.
Es gibt jedoch auch positive Entwicklungen: So liegt die
Sterblichkeit von Frauen mit Brustkrebs in Deutschland
unter dem europäischen Durchschnitt. Dank gut organisierter Versorgungsstrukturen, der Einrichtung zertifizierter
Brustzentren sowie der Etablierung verbesserter Früherkennungsprogramme konnte die Überlebensprognose für
Brustkrebspatientinnen deutlich verbessert werden. Dazu
kommt, dass wir in den letzten Jahren viele erstklassige
Medikamente vorstellen konnten, beispielsweise Antikörper und hormonelle Substanzen. Die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe ist an der Erstellung von Empfehlungen und Leitlinien beteiligt, um die
flächendeckende Versorgungsqualität zu gewährleisten.
Wir wissen heute, dass durch gesunde Ernährung und
regelmäßige sportliche Betätigung das Erkrankungsrisiko
für Brustkrebs gesenkt werden kann. Darüber sollte jede
Frau aufgeklärt werden, am besten schon in der Schule. Weiterhin sollte die Früherkennung weiter verbessert
werden. Wünschenswert wäre eine Zusammenarbeit von
Gynäkologen, Radiologen und Hausärzten sowie eine größere Bereitschaft bei Frauen, Früherkennungsangebote in
Anspruch zu nehmen. Ein Punkt ist in diesem Zusammenhang wichtig zu wissen: Die effektivste Früherkennungsmethode ist noch immer das Abtasten der Brust, das
jede Frau regelmäßig selbst tun sollte. Wir sollten immer
wieder an die Selbstverantwortung der Frauen appellieren.
Diese positive Entwicklung bedeutet jedoch nicht, dass wir
unser Ziel erreicht haben. Insbesondere in den Bereichen
Prävention und Früherkennung gibt es noch viel zu tun.
Prof. Dr. Rolf Kreienberg
Für die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie
und Geburtshilfe e.V.
4Mamma
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Tumor ist nicht gleich Tumor
Herzlichst,
Vorwort
Thema
Liebe Leserin, lieber Leser!
Die Brustkrebsforschung konnte in den vergangenen
Jahren enorme Erfolge verzeichnen: Anstelle einer breiten, uniformen Therapie nach dem Gießkannenprinzip
finden immer mehr zielgerichtete Therapien Anwendung.
So ist es uns durch intensive Forschung gelungen, den
Tumor immer besser zu verstehen, Subgruppen zu bilden und Angriffspunkte für Therapien zu definieren. Um
Fortschritte in der Forschung erreichen zu können, ist es
wichtig, dass Wissenschaftler verschiedener medizinischer Disziplinen zusammenarbeiten. So ist es auch das
erklärte Ziel der deutschen Gesellschaft für Senologie,
den interdisziplinären Erfahrungsaustausch zu fördern.
In diesem interdisziplinären Umfeld erarbeitet unsere Gesellschaft Standards und Konsensus-Empfehlungen zu
Diagnostik und Therapie von Brustkrankheiten, die dem
aktuellen Stand der Wissenschaft entsprechen. Der vorliegende Ratgeber gibt einen Überblick über gängige
Therapien und neue Ansätze.
Es ist uns auch ein großes Anliegen, Patienten bestmöglich zu therapieren und ihnen die Möglichkeit zu bieten, an
Studien teilzunehmen, um so früh wie möglich vom medizinischen Fortschritt zu profitieren. So hat unsere Gesellschaft gemeinsam mit der Deutschen Krebsgesellschaft
Kriterien entwickelt, nach denen ein deutschlandweites
Zertifizierungsprogramm für interdisziplinäre Brustzentren
durchgeführt werden soll. Eine Übersicht über zertifizierte
Brustzentren findet sich unter www.senologie.org oder
www.krebsgesellschaft.de. Weiterhin stellen wir im Internet unter www.brustkrebs-studien.de aktuell laufende
Studien vor. So können sich Betroffene selbst informieren,
welche Studie interessant für sie sein könnte.
Es grüßt Sie herzlich
Prof. Dr. Diethelm Wallwiener
Stellv. Präsident der Deutschen Gesellschaft
für Senologie e.V.
www.mammamia-online.de5
3Editorial
4Vorwort
6Inhalt
1Tumorbiologie
9Tumorbiologie
Den Tumor besser verstehen
Prof. Dr. Andreas Schneeweiss, NCT Heidelberg
13Pathologie
Die Rolle des Pathologen bei der T
­ herapieentscheidung
Prof. Dr. H. H. Kreipe, Medizinische Hochschule Hannover
16
Translationale Forschung
Von der präklinischen Forschung zur klinischen Anwendung
Prof. Dr. Nadia Harbeck, Brustzentrum der Universität München
2
Zielgerichtete ­Therapien
19
Das GieSSkannenprinzip ist out
Die Entwicklung zielgerichteter Therapien
Prof. Dr. Dr. h.c. W. Eiermann, IOZ München
23Brustkrebs
Eine Krankheit mit ­vielen Gesichtern
Dr. B. Ataseven, Rotkreuzklinikum München
26
Genanalyse vereinfacht ­Therapieentscheidung
Vermeidung von Übertherapie durch ­Risikoabschätzung
PD Dr. Peter Dubsky, Medizinische Universität Wien
3
Primäre Situation
27
Diagnose Brustkrebs
Wegweiser bei der Ersterkrankung
Prof. Dr. Volker Möbus, Klinikum Frankfurt/M. Höchst
4
Metastasierte ­Situation
31
Metastasierter Brustkrebs
Aktuelle Behandlungsempfehlungen
Prof. Dr. H.-J. Lück, Gynäkologische-onkologische Praxis Hannover
6Mamma
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Tumor ist nicht gleich Tumor
Inhalt
Thema
5
Triple negativer Brustkrebs
35
Das triple negative Mammakarzinom
Eigenschaften und ­Therapiemöglichkeiten
PD Dr. Cornelia Liedtke, Universitätsklinikum Münster
6
Familiärer ­Brustkrebs
39
Genetischer Brustkrebs
Diagnose, Behandlung und Prophylaxe
Prof. Dr. Rita Schmutzler, Universitätsklinikum Köln
7
Brustkrebs bei der jungen Frau
45
Brustkrebs bei der jungen FRAU
Besonderheiten und Therapieoptionen
Dr. Stefanie Noeding, Gynäkologische-onkologische Praxis Hannover
50Reproduktionsmedizin
Chancen für den Kinderwunsch nach Krebs
Prof. Dr. Michael von Wolff, Inselspital Bern
8
Medizinische ­Studien
53
Medizinische Studien
Die Basis wissenschaftlichen Fortschritts
Prof. Dr. Gunter von Minckwitz, GBG Forschungs GmbH Neu-Isenburg
9
Austausch mit ­Betroffenen
59Selbsthilfe, Internetforen, soziale Netzwerke & Co.
Der Austausch mit anderen Betroffenen
Eva Schumacher-Wulf
10Anhang
61Autorenverzeichnis
63 Wichtige Adressen
65Glossar
71IMPRESSUM
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1
8Mamma
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Tumorbiologie
Tumor ist nicht gleich Tumor
1 Tumorbiologie
Tumorbiologie
Den Tumor besser verstehen
Zielgerichtete Krebstherapien stehen im Fokus der Wissenschaft. Das Ziel: Patienten sollen so individuell wie
möglich behandelt und das „Gießkannenprinzip“ (alle
bekommen das gleiche) vermieden werden. Um eine
zielgerichtete und gut verträgliche Therapie entwickeln
zu können, müssen die Forscher den Tumor und im Idealfall auch den gesunden Körper zunächst kennen und
verstehen. Dafür werden Zellen auf molekularer Ebene
genau untersucht, um deren Beschaffenheit, Besonderheiten, Lebenszyklus sowie Interaktion mit anderen Zellen kennenzulernen. Wissenschaftler haben in
den vergangenen Jahren weitreichende Erkenntnisse
über die Tumorbiologie erforscht, viele Fragen sind aber
auch noch offen. Mamma Mia! sprach mit dem Onkologen Professor Dr. Andreas Schneeweiss, Sektionsleiter
Gynäkologische Onkologie im Nationalen Centrum für
Tumorerkrankungen (NCT) des Universitätsklinikums in
Heidelberg, über den aktuellen Stand der Wissenschaft.
Mamma Mia!: Die Wissenschaft legt seit einigen Jahren
einen Forschungsschwerpunkt auf die individualisierte
Krebsbehandlung. Fachleute sprechen von einer zielgerichteten oder besser personalisierten Therapie. Welche
konkreten Erkenntnisse liegen heute vor?
Prof. Dr. A. Schneeweiss: Ziel der Wissenschaft ist es, die
unterschiedlichen Tumoren sowie die Eigenschaften der
gesunden Zellen und Organe verschiedener Patientinnen
viel genauer zu charakterisieren und ihr Verhalten besser
zu verstehen. Dies ist die entscheidende Voraussetzung für
eine individualisierte oder personalisierte Behandlung. So
untersuchen wir die molekularen Muster der Zellen auf verschiedenen Ebenen. Wir befassen uns mit dem Erbgut der
Zellen (Genom), den reversiblen Veränderungen am Erbgut
(Epigenom), Veränderungen an den Boten-Molekülen für
die Proteinproduktion (Transkriptom), den Proteinen selbst
(Proteom) und den Stoffwechselprodukten (Metabolom).
Die Eigenschaften der Zellen spiegeln sich in den Mustern dieser Moleküle, den so genannten Signaturen, wider. Die Signaturen der Tumorzellen könnten uns bessere
Auskünfte geben über die Aggressivität des Tumors und
das Ansprechen auf verschiedene Therapien als die herkömmlichen Faktoren. Auch das Verhalten der normalen
Zellen der erkrankten Patientin könnte besser vorhergesagt
werden. Am weitesten erforscht sind beim Brustkrebs die
Muster der Boten-Moleküle der Brustkrebszelle, die so genannten Gen-Expressions-Signaturen.
Mamma Mia!: Welche Forschungseinrichtungen sind an
der Aufschlüsselung der Tumorzellen beteiligt und wer
trägt die Kosten der Grundlagenforschung?
Prof. Dr. A. Schneeweiss: Zunächst müssen Grundlagenforscher in öffentlich geförderten Instituten wie beispielsweise im Deutschen Krebsforschungszentrum Heidelberg
(DKFZ) oder anderen nationalen und internationalen Forschungseinrichtungen oder in Einrichtungen der forschenden pharmazeutischen Industrie neue Hypothesen aufstellen und Ansatzpunkte definieren. Die Kosten tragen also
die öffentliche Hand und private Unternehmen. Öffentliche
und private Einrichtungen arbeiten häufig in größeren Netzwerken zusammen. Die Richtungen, in welche die Grundlagenforscher zielen, ergeben sich aus den Problemen, die
klinisch tätige Ärzte bei der alltäglichen Behandlung von
Krebspatienten haben.
Mamma Mia!: Wie geht es weiter, wenn es neue Erkenntnisse in der Grundlagenforschung gibt?
Prof. Dr. A. Schneeweiss: Neue Hypothesen und Ansätze werden zunächst an Tumorzelllinien und Tieren mit
spontanen oder induzierten Krebserkrankungen überprüft. Erhärten sich die Hypothesen, werden klinische
Studien mit betroffenen Krebspatienten gestartet. Be-
www.mammamia-online.de9
stätigen auch diese klinischen Studien einen eindeutigen Nutzen beim krebskranken Menschen, ist eine neue
Therapiemöglichkeit geboren. Die enge Zusammenarbeit zwischen Grundlagenforschern und klinisch tätigen
Ärzten ist eine Grundvoraussetzung für den raschen
Transfer neuer Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung in den klinischen Alltag. Diese Kooperation ist
damit der Schlüssel zur Verwirklichung unseres Traumes der personalisierten Therapie, das heißt der individuell auf jeden Patienten und seine Krebser­krankung
zugeschnittenen Behandlung. Aus diesem Grund wurden in Deutschland Krebszentren wie das ­Nationale
Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg
nach dem Vorbild der amerikanischen ­Comprehensive
Cancer Center geschaffen, in denen Grundlagenforscher und klinisch tätige Ärzte unter einem Dach zusammenarbeiten.
Mamma Mia!: Inwiefern beeinflusst die Tumorbiologie in
der Praxis heutzutage die Therapieentscheidung?
Prof. Dr. A. Schneeweiss: Derzeit gibt es im wesentlichen
zwei Ansatzpunkte für eine zielgerichtete Therapie. Zum
10Mamma
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Tumor ist nicht gleich Tumor
einen wird das Zellwachstum durch eine Rezeptorblockade
(beim Brustkrebs zum Beispiel des Hormonrezeptors oder
HER2/neu-Rezeptors) oder durch eine Störung von Signalübertragungen innerhalb der Zelle gehemmt. Zum anderen
wird versucht, die Tumorgefäße am Wachstum zu hindern
(Angiogenesehemmung). Der Entwicklung dieser Therapieformen ging eine intensive Forschung an Tumorzellen
voraus. Weitere Ansatzpunkte in der Zukunft werden sein
die Wiederherstellung der natürlichen Wachstumshemmung von Tumorzellen und die gezielte Beeinflussung
von Stoffwechselvorgängen, die für Invasion, Streuung
und Erbgutkontrolle verantwortlich sind.
Die Tumorbiologie kann die Therapieentscheidung aber
auch indirekt beeinflussen, denn sie hat eine prognostische und prädiktive Bedeutung. So haben beispielsweise die Arbeiten mit den Proteasen (Faktoren, die zum
Abbau des umgebenden Gewebes beitragen) uPA und
seinem Inhibitor PAI-1 sehr vielversprechende Ergebnisse gebracht. Im Jahr 2007 wurde die Bestimmung des
uPA- und PAI-1-Gehalts im Primärtumor einer Patientin sogar in die Empfehlungen der American Society of
Clinical Oncology (ASCO) aufgenommen. Danach wird
1 Tumorbiologie
empfohlen, den uPA/PAI-1-Test für die Prognoseabschätzung von neu an Brustkrebs erkrankten Frauen ohne
Lymphknotenbefall und mit hormonabhängigen, kleinen
Tumoren einzusetzen, um die angemessene Therapie
auszuwählen. Eine hohe uPA- oder PAI-1-Aktivität spricht
für einen aggressiveren Tumor. So würde man in diesem Fall eher eine Chemotherapie verordnen als bei
Patientinnen mit einem niedrigen uPA- und PAI-1-Wert.
Mamma Mia!: Werden diese Werte heute schon standardmäßig ermittelt?
Prof. Dr. A. Schneeweiss: Teilweise ja, es gibt Standardfaktoren, die immer bestimmt werden. So wird beispielsweise
immer untersucht, ob Hormonrezeptoren und HER2/neuRezeptoren vorhanden sind. Schwieriger wird es mit Faktoren, die am Frischgewebe untersucht werden müssen.
Dazu zählen zum Beispiel die uPA- und PAI-1-Werte. Diese
Untersuchung scheitert häufig an organisatorischen und
logistischen Hürden. Die Bestimmung von uPA und PAI-1
muss an frischem, in Stickstoff oder Trockeneis gelagertem Tumorgewebe erfolgen. Nicht alle Kliniken haben die
Möglichkeit, das Gewebe entsprechend zu konservieren.
Bisher sind die Institute darauf eingerichtet, Gewebeproben in Paraffin einzulegen. Es sollte für diesen Test jedoch
maximal zehn Minuten nach der Entnahme gefroren sein.
Dabei sollte es sich genau genommen um das Gewebe aus
der Operation handeln. Wir wissen noch nicht abschließend, ob bei Stanzgewebe gleiche Ergebnisse erzielt werden können. Die Studien befassten sich ausschließlich mit
dem herausoperierten Gewebe. Für Krankenhäuser gibt es
einen fertigen Kit, das diese Vorgehensweise ermöglicht.
Patientinnen sollten in jedem Fall vor der Operation fragen,
welche Möglichkeiten das Krankenhaus bietet.
Mamma Mia!: Was schätzen Sie, ab wann neue molekulare Tests in den Leistungskatalog der Krankenkassen
aufgenommen werden?
Prof. Dr. A. Schneeweiss: Derzeit läuft in Europa eine Phase-III-Studie (genannt MINDACT), in der die Aussagekraft einer Gen-Expressions-Signatur, der so genannten „Amsterdam-Signatur“ (nach dem Ort, an dem sie entwickelt wurde)
abschließend geklärt werden soll. Bei der Amsterdam-Signatur handelt es sich um ein Muster aus 70 Molekülen, das
an Frischgewebe bestimmt wird. Bei dieser MINDACT-Studie wird vor der Behandlung die Amsterdam-Signatur aus
dem Tumorgewebe bestimmt. Zusätzlich werden natürlich
alle herkömmlichen Prognosefaktoren gemessen. Weichen
die beiden Prognoseabschätzungen voneinander ab, wird
entweder anhand der herkömmlichen Faktoren oder anhand der Amsterdam-Signatur behandelt. So kann geprüft
werden, ob die Signatur eine bessere Prognoseabschätzung erlaubt als die klassischen Faktoren. Es wird allerdings
noch bis circa 2016 dauern, bis das Ergebnis dieser Studie
vorliegt. Bisher gibt es nur Ergebnisse aus rückblickenden
Analysen, die allerdings vielversprechend sind.
Mamma Mia!: Können Patientinnen diese Signatur auch
bestimmen lassen, wenn sie nicht in der Studie sind?
So könnten sie langfristig auf diese Daten zurückblicken.
Prof. Dr. A. Schneeweiss: Es gibt die Möglichkeit, diese
Untersuchung in privaten Labors durchführen zu lassen.
Wir raten davon jedoch ab. Der Test kostet sehr viel
Geld und das Ergebnis sollte noch nicht als Entscheidungskriterium in der alltäglichen Therapie verwendet
werden, solange die Daten aus diesen abschließenden
Studien nicht vorliegen. Ich würde den Betroffenen eher
empfehlen, Tumorgewebe einfrieren zu lassen. So hätten sie in der Zukunft jederzeit die Möglichkeit, weitere
Faktoren des Tumors zu bestimmen, falls es in Zukunft
relevant würde.
Mamma Mia!: Wie können Patientinnen ihre Gewebeproben einfrieren lassen?
Prof. Dr. A. Schneeweiss: Es gibt einige Kliniken, die
über die Möglichkeit verfügen, Frischgewebe tiefgekühlt
zu verwahren. Es handelt sich hier hauptsächlich um die
oben genannten Krebskliniken nach dem Vorbild der
amerikanischen Comprehensive Cancer Center. Diese Zentren verfügen über Tumorbanken. Weiterhin gibt
es in einigen Städten die PATH (Patients Tumorbank of
Hope, www.stiftungpath.org). Am besten sprechen die
Betroffenen dieses Thema vor der Operation in ihrem
Krankenhaus an.
Mamma Mia!: Was können Frauen tun, deren Gewebe
bereits in Paraffin eingelegt wurde?
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Prof. Dr. A. Schneeweiss: Einige dieser Gen-Expressions-Signaturen können auch an dem in Paraffin konservierten Gewebe bestimmt werden (Recurrence Score,
PAM50 classifier, Endopredict). In Nordamerika läuft
derzeit eine Studie (genannt TAILORx), in der der Recurrence Score aus Paraffingewebe bestimmt wird. Es
soll überprüft werden, ob der Recurrence Score eine
Aussage über den Nutzen einer Chemotherapie erlaubt.
Ergebnisse dieser Studie werden 2014 erwartet.
Kontakt
Mamma Mia!: Gibt es weitere, erfolgversprechende Ansätze im Bereich der Tumorbiologie, die vielleicht in den
kommenden Monaten oder Jahren für die Brustkrebsbehandlung relevant werden könnten?
www.klinikum.uni-heidelberg.de
Prof. Dr. A. Schneeweiss: Es gibt vielfältige Ansätze, die
nicht in den kommenden Monaten, aber in den kommenden Jahren relevant werden könnten. Wir müssen
das „Gießkannenprinzip“ der Krebsbehandlung zugunsten einer stärker individualisierten, zielgerichteten Therapie verlassen.
Mamma Mia!: Was erhoffen Sie sich für die Zukunft?
Inwiefern wird die Erforschung der Tumorbiologie Ihrer
Meinung nach die Brustkrebsbehandlung verändern?
Vielversprechende Ansätze (neben anderen) sind:
Die Behandlung molekular definierter Subgruppen mit
gezielten Kombinationstherapien (zum Beispiel die Therapie bestimmter HER2/neu-positiver Brustkrebsformen
mit Trastuzumab und einer weiteren Anti-HER2-Therapie
wie Lapatinib oder Pertuzumab. Alle diese Substanzen
sind schon für die Behandlung des HER2/neu-positiven,
metastasierten Brustkrebses zugelassen, eine genauere
Definition, welcher Brustkrebs auf welche Kombination
besonders anspricht, gelang bisher aber nicht).
Die Therapie anhand genetischer Veränderungen
anstelle morphologischer Kriterien (zum Beispiel die
Therapie von BRCA-defizienten Brustkrebsformen
mit PARP-Hemmern (PARP = Poly-(ADP-Ribose)Polymerase).
Die Bestimmung neuer Zielstrukturen und deren gezielte Beeinflussung (zum Beispiel des „Insulin-like
Growth Factor-Rezeptors“ und seines Signalweges).
Die Charakterisierung und gezielte Ausschaltung der
Krebsstammzelle.
Das gezielte Ausnutzen der immunologischen Inter­ak­
tionen zwischen dem Krebspatient und seiner Krebserkrankung.
12Mamma
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Tumor ist nicht gleich Tumor
Prof. Dr. med. Andreas Schneeweiss
Sektionsleiter Gynäkologische Onkologie
Nationales Centrum für Tumorerkrankungen
Universitäts-Klinikum
Im Neuenheimer Feld 460
69120 Heidelberg
Tel.: 06221 56 36051
Fax: 06221 56 7920
E-Mail:[email protected]
Prof. Dr. A. Schneeweiss: Der Traum ist die personalisierte, das heißt für jede Patientin und ihre Krebserkrankung individuell zugeschnittene Therapie. Diesem
Ziel werden wir immer näher kommen, aber nicht in
großen Sprüngen, sondern in kleinen Schritten. Neben
der Finanzierung der Erforschung und Anwendung dieser Therapien wird ein Hauptproblem die Verarbeitung
der riesigen Datenmengen, die durch neue Hochdurchsatzverfahren innerhalb kürzester Zeit bei jeder Patientin und ihrer Krebserkrankung individuell erhoben werden können. In wenigen Jahren wird es beispielsweise
möglich sein, innerhalb von einer Woche das gesamte
Erbmaterial einer individuellen Krebserkrankung zu entschlüsseln. Daraus werden sich viele neue Ansatzpunkte für eine personalisierte Therapie ergeben. Vor uns
liegt ein aufregender, aber auch mühsamer und langwieriger Weg mit hohen wissenschaftlichen, strukturellen und finanziellen Hürden. Diese Hürden müssen wir
gemeinsam überwinden. Wir sind es den Betroffenen
und ihren Familien schuldig. a
1 Thema
Pathologie
Die Rolle des Pathologen bei der
­Therapieentscheidung
Ob eine Veränderung der Brust gut- oder bösartig ist,
kann nicht durch eine Sonographie oder eine Mammographie, sondern nur durch eine Gewebeuntersuchung
entschieden werden. Für diese Untersuchung gibt es eine
spezialisierte Facharztausbildung, die mit sechs Jahren
eine der längsten ist und als Pathologie bezeichnet wird.
Die Facharztbezeichnung führt immer wieder zu Verwirrung, denn statt der erwarteten Obduktionstätigkeit
bedeutet Pathologie heute in mehr als 99 Prozent der
Fälle die Untersuchung von Gewebeproben zur Diagnosestellung von Erkrankungen Lebender.
zubringen. Bevor das Gewebe unter dem Mikroskop untersucht werden kann, muss es eine spezielle Aufbereitung und Anfärbung durchlaufen, die 24 bis 48 Stunden
in Anspruch nimmt. Daher liegt nicht sofort nach einer
Probeentnahme eine Diagnose vor.
Für die Untersuchung des Gewebes (hiervon leitet sich
der Begriff Histologie ab) benutzten die Pathologen ein
Mikroskop, an dem sie den Großteil ihres Arbeitstages
Mit Dignität wird die Gut- oder Bösartigkeit (Benignität
oder Malignität) der Gewebsveränderung bezeichnet.
­Zumeist wird aus einem fraglichen Herd in der Brust
Folgende für die Patientin und ihre Ärzte entscheidenden Informationen stammen aus der pathologischen
Untersuchung:
1. Gut- oder Bösartig?
www.mammamia-online.de13
(Mamma) zunächst eine Stanz- oder Vakuumbiopsie
gewonnen. Deren mikroskopische Untersuchung durch
die Ärzte für Pathologie legt fest, ob es sich um einen
bösartigen oder gutartigen Tumor handelt. Falls es ein
bösartiger Tumor ist, und das sind in der weiblichen Brust
in den allermeisten Fällen Karzinome, beurteilen die Pathologen auch, ob der Prozess noch auf die Milchgänge
beschränkt und damit nicht metastasierungsfähig ist („in
situ“) oder ob er bereits invasiv und damit die Gefahr der
Streuung gegeben ist.
2. G
röSSe und Ausbreitung
des Tumors?
Wurde ein Karzinom operiert, untersucht die Pathologie
alle entnommenen Gewebe. Daran wird die Größe des
Karzinoms ausgemessen. Die Größe eines Tumors ist
nach wie vor ein Faktor, der in die Entscheidung „Chemotherapie ja oder nein“ einfließt. Maßgeblich für die Größenbestimmung ist wieder ausschließlich der pathologische,
nicht der radiologische oder sonographische Befund.
Schließlich wird die Ausbreitung erfasst: Hat der Tumor
Lymph- und Blutgefäße infiltriert oder liegen Absiedelungen in einem oder mehreren axillären Lymphknoten vor?
Das Ausbreitungsstadium wird nach dem „TNM-System“
angegeben. T 1 bis 4 bezeichnet dabei die Tumorgröße,
N das Ausmaß des metastatischen axillären Lymphknotenbefalls, M wird fast immer von der Klinik bestimmt
und bezeichnet das Vorliegen von Fernmetastasen (TNMSystem: siehe Seite 72).
3. A
bstand zu den Rändern?
Eine wichtige Frage, die in der Pathologie durch die Untersuchung des Resektates entschieden wird, ist die, ob der
Prozess komplett entfernt werden konnte. Dazu müssen
die Ränder des Operationspräparates gesondert untersucht und die Tumorfreiheit und der Abstand des Tumors
zum gesunden Gewebe festgelegt werden. Ist dieser zu
klein, muss eventuell eine Nachresektion erfolgen.
4. A
ggressivität des Tumors?
Wie groß die Aggressivität beziehungsweise Ausbreitungstendenz eines Karzinoms ist, lässt sich ebenfalls
14Mamma
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Tumor ist nicht gleich Tumor
mikroskopisch abschätzen. Dies geben die Pathologen
mit dem so genannten „Grading“ an, das in drei Stufen,
niedrig (G1), mittel (G2) und hoch maligne (G3) erfolgt.
Hieran bemisst sich vor allem die Notwendigkeit einer
Chemotherapie. Ob eine Hormontherapie ausreicht oder
es einer zusätzlichen Chemotherapie bedarf, bleibt insbesondere bei G2 Tumoren offen. Die wichtigste Frage,
die sich an die Diagnose Mammakarzinom anschließt, ist
heute: Um was für ein Mammakarzinom handelt es sich?
Es gibt eher harmlose und sehr gefährliche Vertreter unter
den Mammakarzinomen, was manchmal mit dem „Haustier“- und dem „Raubtierkrebs“ anschaulich umschrieben wird. Die harmlosen, also die „Haustierkarzinome“,
sind in der Mehrzahl und sind mit einer Hormontherapie
ausreichend behandelt, benötigen also keine zusätzliche Chemotherapie. Die Festlegung, wie gefährlich ein
Karzinom wirklich ist, stellt eines der größten ungelösten Probleme in der Behandlung von Brustkrebs dar. Es
gibt einerseits Frauen, deren Tumoren zum HochrisikoTyp gehören und intensiver behandelt werden müssen,
und andererseits Patientinnen mit Niedrigrisiko-Typ, bei
denen nach der Operation außer Hormontherapie keine
weitere Therapie nötig ist. Die erwähnten Messinstrumente der Pathologie (Tumorgröße, Ausbreitung, Grading) können diese Unterscheidung nicht immer genau
treffen. Sehr wichtig für die Risikoabschätzung ist die
Wachstumsgeschwindigkeit eines Karzinoms, die sich
mit dem Anteil teilungsaktiver Zellen abschätzen lässt.
Dazu benutzt die Pathologie den Marker Ki-67. Sind zehn
Prozent oder weniger eines Tumors Ki-67 positiv, liegt
ein niedriges Risiko vor; reagieren mehr als 25 Prozent
der Zellen positiv, besteht ein hohes, zwischen diesen
Werten ein mittleres Risiko.
Liegt ein mittleres Risiko (G2, Ki-67 bei 15 bis 25 Prozent) vor, fehlen eindeutige Kriterien für oder gegen eine
Chemotherapie. Der Trend geht zur individuellen Risikoabschätzung anhand genauerer Kenntnis der Tumorbiologie. Hilfe verspricht man sich von molekularbiologischen Verfahren, die die Genaktivität messen. Das
Genprofiling scheint eine vielversprechende Methode
zur Unterscheidung von Hochrisiko- und NiedrigrisikoTypen zu sein. Verschiedene Verfahren sind verfügbar,
werden in der Regel jedoch nicht durch die gesetzlichen
Krankenkassen getragen. Die deutschen Leitlinien, unter
1 Thema
anderem die Therapieempfehlungen der AGO-Mamma
(Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie), sehen
die Studienlage noch nicht ausreichend für eine routinemäßige Anwendung. Außerhalb von Studien sollten
die molekularen Verfahren nur ausnahmsweise zur Anwendung kommen.
Der „Recurrence Score“ von Genomic Health ist der
weltweit am stärksten verbreitete Gentest, der 2009 von
der American Society of Clinical Oncology zur Routineanwendung empfohlen wurde. Der Test stellt anhand
verschiedener Marker fest, welches Rezidivrisiko bei Hormonrezeptor positiven Mammakarzinomen (siehe unten)
besteht und ob dieses eine Chemotherapie erfordert.
Was allerdings noch aussteht, ist die Klärung, ob diese
neuen Verfahren die traditionelle Pathologie, wenn sie
standardisiert ausgeführt wird, übertreffen kann oder
nicht. Der Test kostet 3.100€ und wird von den gesetzlichen Kassen zurzeit in der Regel nicht finanziert. Wie
auch beim Grading durch die Pathologie gibt es allerdings
eine Mittelgruppe ohne eindeutige Risikoangabe, die 30
bis 60 Prozent aller Fälle umfasst. Außer dem Recurrence
Score sind noch der Gentest (70 Gene) von Agendia,
der allerdings Frischgewebe erfordert, und Endopredict
in der Erprobung. Endopredict kann nur bei Hormonrezeptor positiven Karzinomen angewandt werden.
5. Z
ielstrukturen für gezielte
Therapien vorhanden?
Eine weitere wichtige Frage, die die Pathologie nach
der Krebsdiagnose zu beantworten hat, ist die nach
der Behandelbarkeit mit zielgerichteter Therapie. Über
Jahrzehnte hat sich die klinische Krebsforschung darauf
konzentriert, empirische Kombinationen unspezifischer
zytotoxischer Wirkstoffe zu testen. In den letzten Jahren
sind wir Zeugen einer revolutionären Umwälzung in der
onkologischen Therapie geworden, die durch die spezifisch gegen Targetmoleküle gerichtete medikamentöse
Intervention herbeigeführt wurde. Der therapeutische
Schlag soll gegen die Achillesferse eines Tumors gerichtet werden, wie Oberflächenmarker, mutierte Onkogene
oder Tyrosinkinasen, was freilich im individuellen Fall
bekannt sein muss. Beim Mammakarzinom sind zwei
Zielmoleküle von entscheidender Wichtigkeit: der Ös-
Kontakt
Prof. Dr. med. H. H. Kreipe
Institut für Pathologie,
Medizinische Hochschule
Carl-Neuberg-Straße 1,
30625 Hannover
Tel.: 0511 532 4500 oder 4501
Fax: 0511 532 5799
E-Mail:[email protected]
trogenrezeptor und der Rezeptor für den epidermalen
Wachstumsfaktorrezeptor 2 (HER/2). Gegen beide Strukturen stehen wirksame Medikamente zur Verfügung, mit
denen sich das Tumorwachstum gezielt hemmen lässt.
Circa 75 Prozent der Mammakarzinome sind positiv für
den Östrogenrezeptor und 16 Prozent für HER/2. Sind
beide Rezeptoren nicht vorhanden und fehlt auch noch
der Progesteronrezeptor, liegt ein so genannter „triple
negativer“ Tumor vor, der besonders aggressiv ist (siehe
Kapitel 5, Seite 38).
Eine spezifisch gegen Zielmoleküle gerichtete Therapie
hat die präzise und korrekte Identifikation potentieller
Targetmoleküle im Tumor zur Voraussetzung. Bei der
Gewebe-basierten Analyse setzt die Pathologie eine
Reihe von Verfahren ein, die die Unterscheidung von
Tumor- und Umgebungszellen ermöglichen, wie Immunhistochemie, Polymerasekettenreaktion (PCR) oder Fluoreszenz In-situ-Hybridisierung (FISH). Alle Methoden
können am Formalin fixierten und Paraffin eingebetteten
Gewebe erfolgen, als das fast alle Tumorproben vorliegen. Pathologien, die für zertifizierte Brustzentren (der
Deutschen Krebsgesellschaft) tätig sind, unterziehen sich
regelmäßig einer externen Qualitätskontrolle hinsichtlich
der Zuverlässigkeit ihrer Bestimmungsverfahren. Es ist
zu erwarten, dass die Liste möglicher Targetmoleküle
zukünftig weiter wachsen wird und dass sich die Pathologie daher der wachsenden Herausforderung ausgesetzt sehen wird, unmittelbar und direkt die Therapie
beeinflussende Informationen aus dem Gewebe durch
den Nachweis von Zielmolekülen zu gewinnen und bereitzustellen. a
www.mammamia-online.de15
Translationale Forschung
Von der präklinischen Forschung
zur klinischen Anwendung
Den großen Durchbruch gibt es in der Krebstherapie
noch nicht. Nach wie vor sind einige Krebsarten nicht
heilbar. Es gibt jedoch große Fortschritte. Die Überlebensraten steigen, was zum einen mit einer verbesserten Diagnostik und zum anderen mit einer verbesserten
Therapie zusammenhängt. Grundlage neuer Therapien
ist eine intensive Forschung, die meist im Labor beginnt und erst nach Jahren intensiver Beobachtungen
beim Menschen eingesetzt wird. Dieser Prozess wird
als „translationale Forschung“ bezeichnet. Eine in der
Brustkrebsforschung führende Wissenschaftlerin ist Prof.
16Mamma
Mia!
Tumor ist nicht gleich Tumor
Dr. Nadia Harbeck, die Leiterin des Brustzentrums der
Universität München (LMU). Mamma Mia! sprach mit ihr
über den Forschungsstandort Deutschland.
Mamma Mia!: Frau Professorin Harbeck, was genau verbirgt sich hinter dem Begriff der „translationalen Forschung“?
Prof. Dr. Nadia Harbeck: Bei der translationalen Forschung geht es darum, Erkenntnisse, die wir im Labor beziehungsweise in klinischen Studien erlangen, so
1 Thema
schnell wie möglich in die klinische Praxis umzusetzen.
Die medizinische Forschung beginnt meist im Reagenzglas, anschließend gilt es zu testen, ob die erlangten
Ergebnisse auch beim Menschen anwendbar sind. In
diesem Prozess arbeiten interdisziplinäre Teams aus
der präklinischen Forschung und der Klinik zusammen.
Mamma Mia!: Das klingt nach einem sehr aufwendigen,
kostenintensiven Projekt.
Prof. Dr. Nadia Harbeck: Ja, das ist es auch. Ziel bei
den meisten Forschungsvorhaben ist ja die Entwicklung
neuer Wirkstoffe, die einige Millionen Euro kosten kann.
Bevor ein Wirkstoff zugelassen wird, müssen verschiedene Studien mit – je nach Fragestellung – mehreren
tausend Patienten durchgeführt werden.
Mamma Mia!: Wer finanziert das?
Prof. Dr. Nadia Harbeck: Nun, in der Regel kooperieren
Universitätskliniken beziehungsweise andere akademische Forschungseinrichtungen mit der Industrie. Die
Finanzierungsfrage gestaltet sich jedoch immer wieder
als schwierig, zumal verschiedene Interessen gewahrt
bleiben müssen – das akademische Interesse im Sinne
der wissenschaftlichen Unabhängigkeit, das Interesse
der Patienten sowie das der Industrie. Meiner Meinung
nach müssen hier alle Beteiligten noch etwas Scheu verlieren und in einen offenen Dialog treten. Je größer die
Transparenz ist, desto weniger Vorbehalte und Missverständnisse wird es geben. Ein weiterer wichtiger Schritt
wäre in Deutschland eine aktive Beteiligung der Kostenträger im Gesundheitssystem an der Finanzierung der
klinischen Studien – letztlich kommen Verbesserungen
an der Therapie gerade auch den Krankenkassen und
ihren Versicherten zu Gute.
Mamma Mia!: Wenn Sie in die Zukunft blicken – wie wird
sich die Forschungslandschaft in Deutschland künftig
gestalten?
Prof. Dr. Nadia Harbeck: Ich denke, dass die internationale Zusammenarbeit weiter ausgebaut werden wird,
so dass wir immer mehr von Studien, die im Ausland
durchgeführt werden, profitieren können oder auch
Kontakt
Univ.-Prof. Dr. Nadia Harbeck
Brustzentrum der Universität München
Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde
und Geburtshilfe
Marchioninistraße 15
81377 München
E-Mail:[email protected]
wegweisende Studien in Deutschland durchführen können. Das hätte möglicherweise die Folge, dass wir bestimmte Wirkstoffe schneller einsetzen können. Ein weiterer Trend, den wir in den USA beobachten, ist, dass
immer mehr akademische Forscher und Institutionen
selbst Firmen gründen, um sich Patente zu sichern. Das
wird sicherlich auch hierzulande zunehmen.
Mamma Mia!: Was müsste Ihrer Meinung nach in
Deutschland verbessert werden, um die translationale
Forschung zu fördern?
Prof. Dr. Nadia Harbeck: Ein großes Problem ist, dass
Kliniker auch an Universitätskliniken immer weniger Zeit
für die Forschung haben. Der Klinikalltag lässt einfach
keinen Raum für größere Forschungsprojekte beziehungsweise sie gestalten sich aufgrund des Zeitmangels oft als sehr langwierig. Meiner Meinung nach sollte
jede Universitätsklinik über eine eigene Forschungsabteilung verfügen, in der sich die Mitarbeiter voll und ganz
der Forschung widmen können. Zusätzlich sollte es die
Möglichkeit für Kliniker geben, für Forschung teilweise
freigestellt zu werden. Das setzt jedoch einen Strukturwandel voraus, denn derzeit haben die meisten Kliniken
mit einer Stellenknappheit zu kämpfen. Es gibt einen
weiteren Punkt, der mir auf der Seele brennt: 70 bis 80
Prozent des forschenden Nachwuchses sind Frauen,
für die sich das Berufsbild „klinische Forschung“ nach
wie vor nur schwierig mit Familie vereinbaren lässt. Dadurch verlieren wir viele kompetente Nachwuchskräfte.
Hier wünsche ich mir mehr Flexibilität auch seitens der
Arbeitgeber. Eigentlich sollte es möglich sein, gerade
auch in einer Universitätsklinik, Beruf und Familie vereinbaren zu können. a
www.mammamia-online.de17
2
18Mamma
Mia!
Zielgerichtete
­Therapien
Tumor ist nicht gleich Tumor
2 Zielgerichtete ­Therapien
Das Gießkannenprinzip ist out
Die Entwicklung zielgerichteter Therapien
Krebsbehandlungen nach dem Gießkannenprinzip sind
out. Der Fokus der Wissenschaft liegt auf der individualisierten Tumortherapie. Immer mehr zielgerichtete
Therapien werden entwickelt. Neue Antikörper, „small
molecules“, kleine Moleküle und Hemmsubstanzen unterschiedlicher Signalwege werden in der Brustkrebstherapie eingesetzt. Professor Dr. Dr. Wolfgang Eiermann erläutert im Gespräch mit Mamma Mia!, welche
Therapieoptionen heute zur Verfügung stehen und wo
es noch Therapielücken gibt.
Mamma Mia!: Herr Professor Eiermann, als erste zielgerichtete Brustkrebstherapie kann die Antihormontherapie bezeichnet werden, die gezielt zur Behandlung von
hormonabhängigen Tumoren eingesetzt wird. Wann
wurde diese Therapieoption entdeckt und wie hat sie
sich seither weiterentwickelt?
Prof. Dr. Dr. Wolfgang Eiermann: Die Hormontherapie
durch Entfernung der Eierstöcke ist eine Therapieform,
die bis an das Ende des 19. Jahrhunderts zurückverfolgt
werden kann. Allerdings war diese Therapie ohne Kenntnis der Prinzipien und Mechanismen. Die Entwicklung änderte sich erst, als Mitte der 1970er Jahre Rezeptoren für
Sexualsteroide im Tumorgewebe nachgewiesen werden
konnten und zwar nicht nur bei Frauen vor dem Wechsel, sondern auch in der postmenopausalen Situation.
Also ist hier zum ersten Mal das so genannte „Target“ als
prädiktiver Faktor für den Einsatz einer Hormontherapie
beschrieben worden. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse sind in erster Linie mit dem Namen Elwood Jenssen,
Chicago, verbunden. Heinrich Maass war der Pionier
in Deutschland. Es konnte auch gezeigt werden, dass
die Wirksamkeit der Hormontherapie nicht nur abhängig ist von Rezeptoren für Östrogene oder Gestagene,
sondern dass die Wirksamkeit auch in Zusammenhang
steht mit der Dichte der so nachgewiesenen Rezeptoren.
Zeitgleich mit der Entdeckung der Steroidhormonrezep-
toren wurde die Wirkung von Tamoxifen nachgewiesen,
einem so genannten Antiöstrogen – wie wir heute wissen
mit partieller östrogener Wirkung.
Die heutige Hormontherapie basiert im Wesentlichen
auf drei Substanzgruppen:
1.GnRH-Analoga zur Down-Regulation der Eierstockfunktion und damit zur ovarialen Suppression. Die
Patientin wird so medikamentös in den Wechsel versetzt. Die Wirkungsweise ist vergleichbar mit dem
der Entfernung oder Bestrahlung der Eierstöcke. Die
Therapie ist reversibel.
2.Antiöstrogene Therapie mit Tamoxifen. Ein Antiöstrogen mit partieller östrogener Wirkung (zum Beispiel
in der Gebärmutter). Fulvestrant, Weiterentwicklung
der antiöstrogenen Wirkung von Tamoxifen, ein so
genanntes „reines“ Antiöstrogen mit geringer Nebenwirkung. Hauptwirkung basiert auf einer Down-Regulation der Östrogenrezeptoren (maximal 80 Prozent).
3.Aromatasehemmer (Enzymblocker) entweder steroidal
oder nicht steroidal, führen bei postmenopausalen
Frauen zu einer weiteren Herabsetzung des Östrogen-
www.mammamia-online.de19
spiegels basierend auf der Blockierung eines Enzyms
(Aromatase), eine weitere Bildung von Östrogenen im
nichtovariellen Gewebe (unter anderem Fettmuskulatur, Nebenniere) wird verhindert.
Mamma Mia!: Die Entdeckung der HER2/neu-Rezeptoren kann als weiterer Meilenstein in der Brustkrebsbehandlung bezeichnet werden, da sie eine direkte Angriffsfläche für zielgerichtete Therapien bieten. Wann
wurden diese Rezeptoren entdeckt und welche Therapieoptionen stehen zur Verfügung?
Prof. Dr. Dr. Wolfgang Eiermann: Der Nachweis von
HER2/neu-Rezeptoren als Teil einer ganzen Familie von
Rezeptoren HER1 bis HER4 wurde Ende der 1980er
Jahre von Axel Ulrich (heute MPI Martinsried) beschrie-
20Mamma
Mia!
Tumor ist nicht gleich Tumor
ben, ebenso die Wirksamkeit von Antikörpern zur Blockierung der Signalwege. Die klinische Entwicklung des
Antikörpers gegen HER2/neu ist eng mit dem Namen
Dennis Slamon UCLA verbunden, der die wichtigsten
Studien in der metastasierten Situation zum Nachweis
des Antikörpers leitete. Die Zulassung für die metastasierte Situation folgte bereits 1998 in den USA, 2000
in Deutschland. Die wichtigste Zulassungsstudie (648)
wurde allerdings erst 2001 im New England Journal of
Medicine publiziert. Der Einsatz des HER2/neu-Antikörpers (Trastuzumab) in der adjuvanten Situation führte
praktisch in allen Situationen in der Kombination mit
Chemotherapie zu einer Halbierung der Rückfallquote. So konnte unter anderem in der bahnbrechenden
BCIRG 006 Studie auch eindeutig nach siebenjähriger Nachbeobachtung eine Gesamtüberlebensver-
2 besserung nachgewiesen werden. Dieses Antikörperbindungsprinzip, damit Blockierung des Signalweges,
eröffnet viele neue Möglichkeiten. So stehen weitere
Antikörper in der Entwicklung oder sind seit kurzem zugelassen. Vor allem aber ist ein neues Therapieprinzip,
in dem ein Zytostatikum an einen Antikörper gekoppelt
wird, außerordentlich vielversprechend. Der Antikörper
„schleppt“ das sonst hochtoxische Zytostikum in die
Zelle, so dass die fatale Wirkung sich auf den Intrazellulärraum beschränkt. Hier geht die Entwicklung mit
großen Schritten weiter.
Zielgerichtete ­Therapien
Prof. Dr. Dr. Wolfgang Eiermann: Die Untersuchung von
Parpinhibitoren bei triple negativen Karzinomen lösten in
der Phase II eine große Euphorie aus. In einer PhaseIII-Studie konnten diese enormen Effekte nicht mehr reproduziert werden. Es gibt hier mehrere Ursachen. Das
triple negative Karzinom ist sehr heterogen, die TripleNegativität ist nicht genau definiert: Was sind die Limits,
beispielsweise für Rezeptorpositivität? Es liegt also zurzeit eine gewisse Überschätzung dieser Substanzgruppe vor. Therapielücken liegen sicher bei seltenen Entitäten vor, für die wirksame neue Therapieformen bisher
in nur wenigen Fällen nachgewiesen werden konnten.
Mamma Mia!: Gibt es weitere zielgerichtete Therapieformen bei Brustkrebs, die standardmäßig zum Einsatz kommen?
Prof. Dr. Dr. Wolfgang Eiermann: Konkurrierend zu der Antikörpertechnologie scheinen mir die oral verfügbaren
Tyrosinkinaseinhibitoren, zum Beispiel Lapatinib und andere zu sein.
Diese Substanzen sind oral verfügbar und passieren die Zellmembran,
um an der Innenseite der Zellmembran ihre Wirkung zu entfalten, wo sie
die Tyrosinkinase blockieren. Dieses
Konzept eröffnet eine ganze Reihe
von neuen Möglichkeiten. Allerdings
ist ein limitierender Faktor der Tyrosinkinaseinhibitoren immer noch das
relativ ungünstige Nebenwirkungsspektrum, insbesondere wenn man
es mit den Antikörpertechnologien vergleicht. Weitere zielgerichtete
Therapieformen sind der Einsatz von
m-TOR-Inhibitoren (inzwischen auch
zugelassen) und eine Reihe anderer
blockierender Substanzen. Zumeist
liegen aber keine prädiktiven Faktoren (Marker) vor.
Mamma Mia!: Gibt es Therapielücken,
also Tumorarten, für die derzeit kein
geeigneter Wirkstoff zur Verfügung
steht?
www.mammamia-online.de21
Mamma Mia!: Welche neuen Wirkstoffe werden derzeit
in Studien untersucht?
Kontakt
Prof. Dr. Dr. h.c. W. Eiermann
Prof. Dr. Wolfgang Eiermann: Wie oben schon angedeutet, sind hier neue Antikörper der HER-Familie im
klinischen Einsatz, außerdem eine Vielzahl neuer Tyrosinkinaseinhibitoren, m-TOR-Inhibitoren, CdK 4/6 Inhibitoren und andere.
IOZ München
Nußbaumstr. 12
80336 München
Tel.: 089 599888830
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Mamma Mia!: In Verbindung mit zielgerichteten Therapien werden häufig die hohen Kosten angesprochen,
die diese Behandlungen verursachen. Wie stehen Sie
zu dieser Diskussion?
Prof. Dr. Dr. Wolfgang Eiermann: Natürlich sind die Kosten enorm, aber durch die Therapieverbesserungen
oder Therapieerfolgsverbesserungen sehen wir deutlich
weniger Metastasierungen mit allen Folgekosten. Durch
eine exakte Definition der Wirksamkeit einer Substanz
mit Biomarkern wird potentiell gezielter therapiert und
damit weniger nach dem „Gießkannenprinzip“. Hierin
liegt sicher auch ein großes Einsparpotential. Ganz abgesehen davon führt auch die Reduktion einer Chemo-
22Mamma
Mia!
Tumor ist nicht gleich Tumor
therapie zu einer Senkung der Kosten und vor allem der
Nebenwirkungen. Die systemischen Therapieverfahren
werden teurer, dagegen sehe ich Einsparpotential bei
lokalen Therapieverfahren.
Mamma Mia!: Was bringt Ihrer Meinung nach die Zukunft? Wo geht die Reise hin?
Prof. Dr. Dr. Wolfgang Eiermann: An vorderster Stelle
steht die Definition prädiktiver Marker für eine neue zielgerichtete Therapie, um hier wirklich gezielt den Wirkstoff einzusetzen. Die Zukunft wird wahrscheinlich zeigen, dass die Kombination von neuen therapeutischen
Substanzen über kurz oder lang den Einsatz der Chemotherapie reduzieren wird. Ob wir die Chemotherapie
ganz vermeiden können, wage ich für die absehbare
Zeit noch zu bezweifeln, aber eine Reduktion und damit auch eine Verringerung der Toxizität werden gut zu
erzielen sein. Der Erfolg neuer Therapien wird in der
Kombination mehrerer Therapieprinzipien liegen, ohne
dabei die Nebenwirkungsquote zu erhöhen. Zukünftige Fragen werden also zu beantworten haben, welche
Chemotherapie addieren wir oder fügen wir zu einer
neuen Therapiekombination hinzu und nicht mehr umgekehrt. Es müssen auch Mittel gefunden werden, um
langjährige Therapiestudien abzukürzen und rascher
Ergebnisse in die Klinik umsetzen zu können. Hier verspreche ich mir sehr viel von neoadjuvanten Therapiestudien, die uns sehr rasch über die Wirksamkeit einer
Substanz beziehungsweise einer Kombination Auskunft
geben können. a
2 Zielgerichtete Therapien
Brustkrebs
Eine Krankheit
mit ­vielen Gesichtern
Die Forschung der letzten Jahrzehnte hat gezeigt, dass
es sich bei Brustkrebs nicht um eine einzelne, immer
gleich verlaufende Erkrankung handelt. Vielmehr geht
man heute davon aus, dass Brustkrebs eine vielseitige
Erkrankung mit verschiedenen Untergruppen darstellt.
Genetische Untersuchungen am Tumorgewebe zeigen
deutliche Unterschiede, die Einfluss auf Aggressivität und
Prognose haben. Somit ist das Ziel aktueller Grundlagenforschung die Entwicklung einer individuellen Therapie
für jede einzelne Patientin bezogen auf die Aggressivität ihres Tumors.
Vor etwa zehn Jahren haben amerikanische Forscher
der Universität von North Carolina eine neue Methode
entwickelt und das genetische Profil von Brustkrebstumoren untersucht. Die Wissenschaftler haben zum ersten
Mal gezeigt, dass morphologisch verschiedene Brustkrebstumoren mit molekular-genetisch unterschiedlichen
Subtypen übereinstimmen und diese Subtypen sich in
ihrem genetischen Muster deutlich unterscheiden. Sie
konnten auf diese Weise folgende fünf Untergruppen
definieren, die sich hinsichtlich ihres Verhaltens und ihrer
Aggressivität und Prognose unterscheiden:
Derzeit gehören zur standardmäßigen Untersuchung
beim Brustkrebs die mikroskopische Bestimmung von
Tumorgröße, Tumortyp (am häufigsten invasiv-ductal
oder invasiv-lobulär), der Differenzierungsgrad (Grading)
und die Bestimmung der Hormonrezeptoren (Östrogen/
Progesteron) und des HER2-Status (Wachstumsfaktor
auf der Zelloberfläche). Daneben werden zur Festlegung
der Behandlung die Information über die Achsel-Lymphknoten und das Patientenalter herangezogen. Grundsätzlich ist bekannt, dass trotz dieser Informationen dennoch nicht in zufriedenstellendem Maße die Vorhersage
über das individuelle Patientenrisiko getroffen werden
kann. Vielmehr ist die Biologie des einzelnen Tumors
hierfür bedeutend. Somit bestehen nur sehr begrenzte Möglichkeiten, die absolute Erforderlichkeit und den
Nutzen einer Chemotherapie oder Hormontherapie individuell vorherzusagen. Leider wird aus diesem Grunde bei einem großen Teil der Patienten übertherapiert.
In Zukunft soll durch die molekularpathologische/-genetische Analyse des Tumorgewebes dieses Problem
besser gelöst werden.
Luminal A Karzinome
Luminal B Karzinome
„normal breast-like“ Karzinome
„basal-like“ Karzinome
HER2-positive Karzinome
Luminale Karzinome
Die Gruppe der luminalen Karzinome ist die größte Gruppe von Mammakarzinomen, die sich mit Genchip-basierter Diagnostik identifizieren lässt. Diese Karzinome
sind durch Hormonrezeptor-Positivität charakterisiert,
wobei sich mehrere Untergruppen mit unterschiedlich
starker Östrogenrezeptor-Ausprägung darstellen lassen.
Luminal-A-Karzinome
Die Untergruppe der Luminal-A-Karzinome, die sich
durch eine starke Ausprägung des Östrogenrezeptors
und Progesteronrezeptors an der Zelloberfläche und
somit durch eine besonders gute Prognose auszeich-
www.mammamia-online.de23
net, ist am besten charakterisiert. Meist sind diese
­Tumoren gut differenziert (G1) verbunden mit geringer
Wachstumsgeschwindigkeit und entsprechend geringer Aggressivität. Die Prognose dieser Tumoren ist im
Vergleich zu den anderen Subtypen mit Abstand am
besten.
LUMinAL-b-KArZinOMe
Die Luminal-B-Karzinome sind im Gegensatz dazu zwar
ebenfalls Hormonrezeptor positiv, jedoch zumeist nur
gering. Verglichen mit Luminal-A-Typen sind LuminalB-Tumoren aggressiver, weisen ein geringeres Ansprechen auf antihormonelle Therapie auf und haben eine
schlechtere Prognose.
24Mamma
Mia!
Tumor ist nicht gleich Tumor
Die molekulare/genetische Unterteilung bietet also die
Möglichkeit, die große Gruppe der Hormonrezeptor-positiven Mammakarzinome in mehrere biologisch unterschiedliche Gruppen einzuteilen, woraus sich therapeutische Einflüsse ergeben. Die Hormonrezeptor-negativen
Mammakarzinome können zumindest in zwei biologisch
unterschiedliche Untergruppen eingeteilt werden, nämlich „basal-like“ und HER2/neu-positive Tumoren, welche insgesamt eher einen aggressiven klinischen Verlauf zeigen.
„bAsAL-LiKe“ KArZinOMe
Die „basal-like“ Karzinome zeigen oft weder Östrogenrezeptor- und Progesteronrezeptor noch HER2/neu-Ak-
2 Zielgerichtete Therapien
Autorin
Dr. med. B. Ataseven
Leitende Oberärztin I. Gyn./Geb. Abteilung
Rotkreuzklinikum München gGmbH-Frauenklinik
Lehrkrankenhaus der Technischen Universität München
Tel.: 089 15706-620
Fax: 089 15706-623
E-Mail:[email protected]
tivität Sie werden heutzutage als „triple-negative“ Mammakarzinome bezeichnet, wenngleich bekannt ist, dass
hier zwischen den genetischen und mikroskopischen
Merkmalen zwar eine Überschneidung, aber nicht eine
völlige Deckung vorliegt. Diese Tumoren sind meist
schnellwachsend und mit einer ungünstigen klinischen
Prognose einhergehend. Gezielte Therapiemöglichkeiten
außer einer Chemotherapie bestanden lange Zeit nicht.
Derzeit werden neue Substanzen, die in den Genreparaturmechanismus eingreifen (PARP-Inhibitoren), bei
diesen Tumoren getestet.
Umsetzung in der klinischen Routine nicht problemlos
gegeben sind. Eine deutliche Vereinfachung der Untersuchungsmethode zur flächendeckenden Anwendung
ist dringend erforderlich. Zusätzlich muss in Studien der
Nutzen dieser molekulargenetischen Untersuchung für
die Patientinnen bewiesen werden, um so die Individualisierung der Krebstherapie aufgrund molekularer Marker
des Tumors zu ermöglichen. Einige vielversprechende
Testsysteme hierzu sind bereits auf dem Markt und werden teilweise bereits in die klinische Therapieentscheidung mit eingebunden.
HER2-POsiTiVe KArZinOMe
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass
tumorspezifische genetische Analysen in Zukunft eine
ganz wesentliche Ergänzung der bisherigen histopathologischen und immunhistochemischen Diagnostik beim
Brustkrebs erbringen werden. Die wichtigsten Voraussetzungen für den routinemäßigen Einsatz bestehen in
einer weiteren Standardisierung und Vereinfachung der
Methoden und in der gezielten Auswahl jener Marker,
denen die größte prognostische Information zukommt.
Je besser die Signalwege in der Krebszelle verstanden
werden, umso individueller kann in Zukunft die Therapie auf den einzelnen Patienten abgestimmt werden. a
Bei den HER2-positiven Karzinomen ist ein Wachstumsfaktor auf der Zelloberfläche vermehrt vorhanden. Diese
Tumoren zeichnen sich ebenfalls durch einen aggressiven Verlauf aus. Seit einigen Jahren bestehen aber für
diese Art von Brusttumoren eine zielgerichtete Therapiemöglichkeit, die zu sehr guten Heilungsverbesserungen
beitragen kann. Erfreulicherweise wurden in den letzten
Jahren für diesen Tumortyp neue Therapieinnovationen
gefunden.
Diese oben genannten Genexpressionsanalysen sind
jedoch sehr zeit-und kostenaufwändig. In der Regel
müssen diese Bestimmungen aus Tumorfrischgewebe erfolgen, wodurch ein einfacher Umgang und die
www.mammamia-online.de25
2
Rekonstruktion mit
Implantat
Rekonstruktion
mit Implantat
n erfolgt ist, wird ein aufNachdem die Brustamputatio
großen
einem Ventil unter den
dehnbares Kissen mit
s
Nach dem Heilungsprozes
Brustmuskel geschoben.
das von
kann dieses Kissen über
der Operationswunde
Dieses
aufgepumpt werden.
außen erreichbare Ventil
oder so
als „Gewebeaufdehner“
Kissen funktioniert also
r.
genannter (Haut-)Expande
Magneten
Ultraschall oder einem
Das Ventil wird mit dem
mit eiNadel angestochen und
erkannt, mit einer feinen
aufKochsalzlösung von außen
ner bestimmten Menge
Abstänwird in circa einwöchigen
gefüllt. Dieser Vorgang
und die
gewünschte Volumen
den wiederholt, bis das
Auffüllen
erreicht sind. Durch das
gewünschte Brustform
rekonstruierte Seite zunächst
des Expanders sieht die
Die durch die BrustamGegenseite.
die
als
aus
größer
Dehwird somit durch langsame
putation verlorene Haut
zurückgewonnen.
Haut
verbliebenen
nung der
2
Jahr
erreicht, sollte ein halbes
Ist die gewünschte Größe
die Haut ihren Dehnungszuabgewartet werden, damit
sich sonst wieder zusamstand beibehält. Sie würde
kleidieser Expander in einer
menziehen. Danach kann
Implantat,
gegen ein endgültiges
nen zweiten Operation
Das
, ausgetauscht werden.
meistens Silikonimplantat
Nach
kleiner als der Expander.
Implantat ist meistens
schließlich kann eine Brustwarsechs bis zwölf Monaten
ze wiederhergestellt werden.
Rekonstruktion
mit Implantat
2
ktion mit
Rekonstru
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der Brustrekonstruktion
Implantat
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Spezial Brustrekonstruktio
14
12
der Wunde
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Einbringen ls pectoralis major.
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erative Auffüllu
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17
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ion
onstrukt
Spezial
Brustrek
8
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2 Thema
Genanalyse vereinfacht
­Therapieentscheidung
Vermeidung von Übertherapie
durch ­Risikoabschätzung
Chemotherapie – ja oder nein? Diese Frage steht in
der so genannten „risikoadaptierten“ Brustkrebsbehandlung im Fokus der Wissenschaft. Genetische Untersuchungen können Auskunft über die Aggressivität
eines T
­ umors und somit das Rückfallrisiko der einzelnen
­Patienten ­geben. PD Dr. Peter Dubsky vom Universitätsklinikum Wien erläutert den Nutzen einer genetischen
Unter­suchung am Beispiel des „EndoPredict“-Tests, der
in ­vielen Kliniken in Deutschland, Österreich und der
Schweiz dezentral durchgeführt wird.
Mamma Mia!: Herr Dr. Dubsky, bisher galten Prognosefaktoren wie Tumorgröße, Grading oder Lymphknoten­
befall als Prognosemarker. Sind diese in der Risiko­
abschätzung nicht mehr relevant? Wozu bedarf es ­einer
genetischen Testung?
PD Dr. Peter Dubsky: Die bekannten und etablierten P
­ rognosefaktoren wie Tumorgröße, Nodalstatus,
Grading oder der Hormonrezeptorstatus sind natür­
lich weiterhin klinisch relevant. Sie erlauben auch bei
einem Teil der Patientinnen eine sichere Prognose­
­
einschätzung und liefern eine wichtige Hilfestellung bei
der ­Entscheidung, ob zusätzlich zur Operation eine
Chemo­therapie gegeben werden sollte. Allerdings wird
etwa die Hälfte aller Brustkrebspatientinnen mit den klassischen Prognosefaktoren in eine mittlere Risikogruppe
klassifiziert, in der eine sichere Entscheidung nicht möglich ist. Hier setzt nun die Untersuchung mit Genexpressionstests an. So konnten wir für den EndoPredict-Test
in zwei großen klinischen Studien ­zeigen, dass dieser
gerade in der mittleren Risiko­
gruppe ­
prognostische
­ usatzinformation liefert. Dadurch erlaubt der Test in
Z
der bisher klinisch unklaren Situation eine klare Entscheidung, ob die Patientin ein niedriges ­Risiko oder ein
hohes Risiko besitzt, eine ­Metastase zu erleiden. Dies
ist eine wertvolle Information für die r­ichtige Therapieentscheidung. Dass die klassischen Prognosefaktoren
Tumorgröße und ­Nodalstatus ­weiterhin von Relevanz
sind, wird auch insofern deutlich, als der EndoPredictTest als erster Test seiner Art ­diese beiden klinischen
Risikoparameter zusammen mit der molekularen Genanalyse zu einem so genannten „­Hybridscore“ vereint.
Ein weiterer Bedarf für die Testung mit Genexpressionstests ergab sich aus einer Untersuchung, die wir
im Dezember 2012 auf dem San Antonio Brustkrebs­
symposium in den USA vorgestellt haben. Ein bisher
ungelöstes Problem beim Hormonrezeptor-positiven,
HER2-negativen Brustkrebs ist das Auftreten von so
genannten Spätmetastasen. Dies sind die Metastasen,
die erst lange nach der Operation im Zeitraum zwischen
fünf und zehn Jahren auftreten. Zwar konnten Studien
zeigen, dass eine Verlängerung der hormonellen Therapie über die üblichen fünf Jahre hinaus die Spätmetastasierung tatsächlich reduzieren kann, aber bislang konnte
keines der üblichen diagnostischen Verfahren vorher­
sagen, welche Patientin von einer ver­längerten Hormontherapie tatsächlich profitiert. Wir konnten in ­unseren
Analysen nun für den EndoPredict zeigen, dass dieser
Test nicht nur das Risiko einer frühen, sondern auch
einer Spätmetastase bestimmen kann. Somit stellt er
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einer Stanzbiopsie oder bei der eigentlichen TumorOperation entnommen werden. Wichtig ist, dass für den
EndoPredict-Test kein separater Eingriff notwendig ist,
da das fixierte Material verwendet werden kann, das bei
der Initialdiagnostik oder der Operation sowieso entfernt
wurde und in der Pathologie aufbewahrt wird. Zunächst
identifiziert der Pathologe, der den Test durchführt, das
Tumorareal innerhalb der Probe. Davon wird ein 10µm
dicker Gewebeschnitt präpariert, aus dem mit einer
speziellen Technik die Boten-RNA, eine Sonderform des
Erbmaterials, gewonnen wird. In der Boten-RNA wird
dann mit Hilfe der so genannten Polymerase-Kettenreaktion (PCR) die Aktivität mehrerer Gene gemessen. Die
Genaktivitäten werden anschließend zusammen mit der
Tumorgröße und dem Nodalstatus mit einem speziellen
Computerprogramm zum EPclin-Score verrechnet. Dieser Wert zeigt das ­Risiko an, innerhalb von zehn Jahren
an einer Metastase zu erkranken. Liegt der Score unter
einem Schwellenwert, wird der Tumor als „Niedrigrisiko“
klassifiziert, liegt der Score über dem Schwellenwert
sprechen wir von „Hochrisiko“. Die Durchführung eines
EndoPredict-Tests dauert weniger als ein Tag.
Mamma Mia!: Bei welcher Patientengruppe ist die
Durchführung einer solchen Analyse sinnvoll?
offensichtlich eine hilfreiche Methode dar, Patientinnen
zu identifizieren, die ein niedriges Risiko für Spätmetastasierung besitzen und mit einer 5-jährigen Hormon­
therapie ausreichend behandelt sind. Wir planen hier,
die Datenlage mit weiteren Studien zu erhärten.
Mamma Mia!: Könnten Sie uns den Ablauf einer genetischen Untersuchung kurz erläutern?
PD Dr. Peter Dubsky: Für die Untersuchung wird Tumor­
gewebe verwendet. Dieses kann entweder im Rahmen
28Mamma
Mia!
Tumor ist nicht gleich Tumor
PD Dr. Peter Dubsky: Der EndoPredict-Test wurde für
die größte Subgruppe der Patientinnen mit Mammakarzinom entwickelt, nämlich für diejenigen mit einem
Östrogenrezeptor-positiven, HER2-negativen, so genannten luminalen Tumor. Dabei ist es unerheblich, ob
bereits Lymphknoten befallen sind oder nicht. Nicht
sinnvoll ist der Test bei Patientinnen, die bereits Fernmetastasen in den Organen haben, und bei Patientinnen mit Her2-positivem oder dem so genannten triplenegativen Brustkrebs.
Mamma Mia!: Wie verlässlich ist die Aussagekraft des
Testergebnisses?
PD Dr. Peter Dubsky: Die Zuverlässigkeit des Endo­
Predict-Tests haben wir in zwei großen klinischen
­Studien der ABCSG (Austrian Breast and Colorectal
Cancer Study Group) an mehr als 1700 Patientinnen
zeigen können. Damit erreicht dieses neue Testver-
2 Thema
fahren nach den aktuellen Kriterien zur Bewertung
von ­Biomarkern einen Evidenzgrad von 1, und die
Zuverlässigkeit ist klinisch belegt. Man muss sich aber
immer bewusst machen, dass kein diagnostisches
Verfahren auf dieser Welt, weder die etablierten Methoden noch neue Methoden, eine 100-prozentig sichere Aussagekraft haben. So liegt das mittlere Risiko
bei einer Patientin, die durch Endopredict als „Niedrig­
risko“ klassifiziert wurde, innerhalb von zehn Jahren
eine Metastase zu erleiden, bei vier Prozent. Dies ist
ein Restrisiko, das ein Verzicht auf eine Chemotherapie rechtfertigt und auch kaum höher ist als das Risiko für eine völlig gesunde Frau in der Altersgruppe,
neu an einem Tumor zu erkranken. In einer aktuellen
Publikation haben wir die prognostische Aussagekraft
des EndoPredict mit aktuellen Therapieleitlinien verglichen, die sich nur auf die rein klassischen Prognoseparameter verlassen. Im Ergebnis zeigte sich die
deutlich überlegene Aussagekraft von EndoPredict
gegenüber den etablierten Leitlinien bei einer dreibis viermal größeren Niedrigrisiko-Gruppe – wohlgemerkt bei gleich guter Prognose für die Patientinnen.
Dies zeigt, dass bei sinnvoller Verwendung des Tests
der Anteil überflüssiger Chemotherapien deutlich reduziert werden kann.
Mamma Mia!: Würden Sie einer Patientin mit einem
niedrigen Rückfallrisiko, also einer „low-risk-Patientin“,
tatsächlich von einer Chemotherapie abraten?
PD Dr. Peter Dubsky: Eine Therapieentscheidung ergibt sich aus der Gesamtschau aller Faktoren. Daher ist
das Ergebnis eines solchen Genexpressionstests i­mmer
in Zusammenhang mit dem klinischen Gesamtbild zu
­sehen. Auf der Grundlage unserer eigenen Studien und
der publizierten Daten würde ich jedoch bei einer „lowrisk-Patientin“ normalerweise auf eine Chemotherapie
verzichten.
Mamma Mia!: Wie lange müssen Patienten auf das
­Test­ergebnis warten?
PD Dr. Peter Dubsky: Der EndoPredict-Test kann innerhalb eines Arbeitstages durchgeführt werden. Da er
in der lokalen Pathologie des Brustzentrums erfolgen
Autor
Priv. Doz. Dr. med. Peter Dubsky
Medizinische Universität Wien
Universitätsklinik für Chirurgie
Währinger Gürtel 18-20
A-1090 Wien
Tel.: +43 1 40400-6916 o. 6574
Fax: +43 1 40400-6918
E-Mail:[email protected]
kann, bedeutet das, dass das Ergebnis innerhalb von
ein bis zwei Tagen nach Indikationsstellung vorliegen
kann.
Mamma Mia!: Gibt es weitere genetische Untersuchungen zur Ermittlung des Rückfallrisikos, die in der Praxis
Anwendung finden?
PD Dr. Peter Dubsky: Es gibt weitere Genexpressionstests zur Ermittlung des Rückfallrisikos auf dem
Markt. Am weitesten verbreitet ist der Oncotype DX
Test. ­Dieser besitzt den gleichen Evidenzgrad wie der
EndoPredict-Test. Der Nachteil des Oncotype DX ist
jedoch, dass er keine ­klinisch-pathologischen Risikofaktoren mitberücksichtigt, eine unklare mittlere Risikogruppe definiert und nur in einem einzigen Firmenlabor in Kalifornien durchgeführt werden kann. Durch
den Probenversand in die USA muss daher länger auf
das Ergebnis gewartet ­werden. Außerdem wurde auch
in San Antonio 2012 gezeigt, dass der Oncotype DX
Test deutliche Schwächen im Hinblick auf die Vorhersage der Spätmetastasen aufweist. Weitere kommerzielle Tests, die einen geringeren Evidenzgrad haben,
teilweise ebenfalls in einem Firmenlabor im Ausland
durchgeführt werden und derzeit im deutschsprachigen Raum kaum ein Rolle spielen, sind der MammaPrint, der Breast Cancer Index, der MapQuant-Test
sowie der PAM50-Test. a
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3
30Mamma
Mia!
Primäre Situation
Tumor ist nicht gleich Tumor
3 Primäre Situation
Diagnose Brustkrebs
Wegweiser bei der Ersterkrankung
Zum Zeitpunkt der Diagnosestellung droht die Welt der
Betroffenen zusammenzubrechen. Dennoch werden – gerade in diesem schwierigen Moment – Entscheidungen
gefordert, die einen klaren Verstand voraussetzen. Im
Gespräch mit Professor Dr. Volker Möbus vom Klinikum
Frankfurt Höchst zeigt Mamma Mia! die ersten Schritte
nach der Diagnosestellung auf.
Mamma Mia!: Herr Professor Möbus, welche Vorgehensweise würden Sie einer Frau empfehlen, die soeben die
Diagnose Brustkrebs erhalten hat?
Prof. Dr. Volker Möbus: Das klinische Bild und die daraus
zu ziehenden operativen und medikamentösen Konsequenzen bei der Erstdiagnose Brustkrebs sind sehr unterschiedlich. Der Ausgangsbefund reicht von sehr kleinen Tumoren mit einer Größe von wenigen Millimetern,
die nicht tastbar sind, bis hin zu großen Tumoren, die
nicht mehr brusterhaltend operiert werden können. Die
operative und die medikamentöse Therapie des Mammakarzinoms ist heute sehr differenziert und wird individuell auf die Patientin abgestimmt. Bei der Neudiagnose
Brustkrebs ist es sicherlich für die Patientin von Vorteil,
wenn sie sich zur weiteren Therapie in einem anerkannten Brustzentrum vorstellt, das entweder von der DGS/
DKG (Deutsche Gesellschaft für Senologie/Deutsche
Krebsgesellschaft) oder nach europäischen Richtlinien
(EUSOMA) zertifiziert ist. Auch das Einholen einer Zweitmeinung ist eine absolut gerechtfertigte Option.
Mamma Mia!: Der Trend in der Medizin entwickelt sich
immer mehr zu einer zielgerichteten Brustkrebstherapie.
Welche Tumoreigenschaften beziehungsweise Biomarker sind Ihrer Meinung nach für eine Therapieentscheidung sinnvoll?
Prof. Dr. Volker Möbus: Die medikamentöse Therapie ist
von zwei Faktoren abhängig, nämlich den biologischen
Eigenschaften des Tumors und dem Rezidivrisiko. Die
biologischen Eigenschaften des Tumors werden zum Beispiel durch die Expression von Hormonrezeptoren und
Onkoproteinen wie HER2 vorgegeben. Nur wenn deren
Expression vorliegt, kann eine zielgerichtete Antihormontherapie oder eine Antikörpertherapie (mit dem Wirkstoff
Trastuzumab) verordnet werden. Demgegenüber sind
die wesentlichen Risikofaktoren bereits seit Jahrzehnten
unverändert etabliert, wie beispielsweise die Größe des
Tumors, die Anzahl tumorös befallener Lymphknoten, die
Wachstumsrate des Tumors (KI-67) und seine Differenzierung (differenzierter versus undifferenzierter Tumor). Beides zusammen, biologische Eigenschaften des Tumors
und Risikofaktoren, entscheiden darüber, welche medikamentöse Therapie die Patientin benötigt. Bei hormonrezeptorpositiven Tumoren mit günstigem Risikoprofil ist die
Entscheidung zwischen einer alleinigen antihormonellen
Therapie oder einer Kombination von Chemotherapie und
Antihormontherapie manchmal sehr schwierig. In solchen
Fällen kann die Bestimmung der Proteasen uPA und PAI-1
oder eines molekularen Risikoprofils (zum Beispiel Oncotype DX) sehr hilfreich sein.
Mamma Mia!: In welchen Fällen empfehlen Sie vor der
Operation eine Chemotherapie und wann würden Sie sie
eher danach verordnen?
Prof. Dr. Volker Möbus: Der kurative Effekt der Chemotherapie ist unabhängig davon, ob diese vor oder nach
der Operation gegeben wird. Dies haben mehrere Studien eindeutig belegt. Es gibt „klassische“ Indikationen, in
denen die neoadjuvante, also der Operation vorgelagerte Chemotherapie den „Goldstandard“ darstellt, wie zum
Beispiel der Nachweis einer ausgedehnten Lymphangiosis der Haut („inflammatorisches Mammakarzinom“) oder
größere Tumoren, die erst nach Ansprechen auf eine neoadjuvante Chemotherapie brusterhaltend operiert werden
können. Einen weiteren Vorteil der neoadjuvanten Che-
www.mammamia-online.de31
motherapie stellt die schnelle Beurteilung der klinischen
Wirkung von neuen Medikamenten anhand des erzielten
Prozentsatzes einer histopathologischen Komplettremission dar. Die histopathologische Komplettremission (kein
Nachweis mehr von Tumorzellen in der Brust oder den
axillären Lymphknoten) gilt als „Surrogatmarker“ für das
rezidivfreie und das Gesamtüberleben, insbesondere für
das HER/2 positive und das triple negative Mammakarzinom. Werden Patientinnen einer neoadjuvanten Chemotherapie außerhalb von Studien zugeführt, sollte man als
ersten Schritt den Lymphknotenstatus objektivieren. Sind
die Wächterlymphknoten befallen, so wäre eine genaue
Kenntnis der Anzahl der tumorös befallenen Lymphknoten
wünschenswert. Patientinnen, die vier und mehr tumorös
befallene Lymphknoten haben, erhalten bei uns eine andere Chemotherapie – nämlich dosisintensiviert und dosisdicht im zweiwöchigen Intervall – im Vergleich zu Patientinnen, die keine oder nur ein bis drei befallene Lymphknoten haben. Die neoadjuvante Chemotherapie wird dann
ebenso wie in der adjuvanten Situation in Abhängigkeit
vom Risiko (Anzahl der befallenen Lymphknoten) und den
biologischen Eigenschaften des Primärtumors, die an der
Stanze bestimmt werden, individuell entschieden.
Mamma Mia!: Thema Operation: Falls die Brust nicht erhalten werden kann – empfehlen Sie eine sofortige Rekonstruktion oder würden Sie den Betroffenen eher empfehlen, diese zu einem späteren Zeitpunkt anzugehen?
Prof. Dr. Volker Möbus: Wenn heutzutage eine brust­
erhaltende Therapie nicht möglich ist, erfolgt trotz der
Amputation mehrheitlich die Indikation zu einer Nach-
32Mamma
Mia!
Tumor ist nicht gleich Tumor
bestrahlung der Thoraxwand. Eine Sofortrekonstruktion
mit Protheseneinlagen unter dem Brustmuskel und Deckung durch ein Netzinterponat ist häufig möglich. Allerdings muss davon ausgegangen werden, dass bei primärer Rekonstruktion das kosmetische Ergebnis durch
die Nachbestrahlung negativ beeinflusst werden kann.
Das Gleiche gilt leider auch für die sekundäre Prothesenrekonstruktion nach stattgefundener Thoraxwandbestrahlung. Wird primär eine gestielte Lappenplastik
aus Eigengewebe zur Rekonstruktion verwendet (zum
Beispiel ein Latissimus-dorsi-Lappen vom Rücken oder
ein „TRAM-Flap“, ein Lappen vom Unterbauch) oder ein
freier Lappen (zum Beispiel DIEP-Flap), so muss sich
der Operateur sicher sein, dass mit der Entfernung der
Brust der invasive Tumor und seine Vorstufen allseits im
Gesunden entfernt werden können. Eine Resektion des
Tumors nicht im Gesunden bei primärer Rekonstruktion
mit Eigengewebe stellt immer ein großes Problem dar.
Fazit: Sowohl die primäre wie die sekundäre Rekonstruktion sind gangbare Optionen. Was für die Patientin die
bessere Lösung ist, hängt vom Alter, den Wünschen der
Patientin, der Größe des Tumors und anderen Faktoren
ab und muss jeweils im Einzelfall entschieden werden.
Mamma Mia!: Thema Antihormontherapie: Wie lauten die
Empfehlungen bezüglich des Einsatzes von Aromatasehemmern versus Tamoxifen? Wie lange soll die Antihormontherapie gegeben werden?
Prof. Dr. Volker Möbus: Wir geben bereits seit Jahren bis
auf wenige Ausnahmen unseren postmenopausalen Patientinnen eine sequentielle Antihormontherapie mit zweieinhalb Jahren Tamoxifen gefolgt von zweieinhalb Jahren
Aromatasehemmer oder der inversen Sequenz mit zweieinhalb Jahren Aromatasehemmer gefolgt von zweieinhalb Jahren Tamoxifen. Die sequentielle Antihormontherapie ist genauso effektiv und sicher wie eine alleinige
Therapie mit einem Aromatasehemmer über fünf Jahre
und wird nach unseren Erfahrungen von den Patientinnen
besser toleriert und seltener abgebrochen. Eine Dauer der
Antihormontherapie über fünf Jahre gilt noch als Standard. Hat die Patientin aber ein hohes Risiko (zum Beispiel
mehrere befallene Lymphknoten), so geben wir die Therapie häufig noch zwei bis drei Jahre länger. Bereits heute
verfügen wir über Studienergebnisse, die eindeutig bele-
3 gen, dass eine Fortführung der Antihormontherapie über
fünf Jahre hinaus von Vorteil für die Patientinnen ist. Der
einzige Nachteil der bereits vorliegenden publizierten Studien ist, dass alle Frauen zunächst fünf Jahre Tamoxifen
erhalten haben, was – mit Ausnahme der Prämenopause – heute nicht mehr dem Therapiestandard entspricht.
In wenigen Jahren werden wir über die Ergebnisse von
Studien verfügen, die bereits zu einem früheren Zeitpunkt
die Aromatasehemmer eingesetzt und unterschiedlich
lange Gaben der Antihormontherapie miteinander verglichen haben, zum Beispiel siebeneinhalb Jahre versus fünf
Jahre und zehn Jahre versus fünf Jahre. Dies wird unser
Wissen über die optimale Dauer der Antihormontherapie
unter frühem Einbezug der Aromataseinhibitoren noch
einmal entscheidend bereichern.
Mamma Mia!: Sollten Betroffene Ihrer Meinung nach
grundsätzlich versuchen, an einer Studie teilzunehmen?
Oder würden Sie nur einer bestimmten Patientengruppe
die Studienteilnahme empfehlen?
Prof. Dr. Volker Möbus: Die Teilnahme an einer Studie ist für
die Patientin immer von Vorteil. Nur in einer Studie haben die
Patientinnen die Möglichkeit, neue Medikamente zu erhalten, die noch nicht zugelassen sind und möglicherweise die
Therapie des Mammakarzinoms weiter optimieren werden.
Daher empfehlen wir den Patientinnen uneingeschränkt die
Studienteilnahme. Alle Studien sind national und international von Ethik-Kommissionen überprüft worden, so dass
keine Patientin Angst haben muss, durch die Teilnahme
an einer randomisierten Studie einem Risiko ausgesetzt zu
werden. Allerdings muss die Patientin es akzeptieren – genauso wie der behandelnde Arzt – dass sie keinen Einfluss
darauf hat, welchem Studienarm sie zugeteilt wird. Manche
Patientinnen empfinden es als problematisch, eine Therapie
nach dem „Zufallsprinzip“ zu erhalten.
Mamma Mia!: Was empfehlen Sie Patientinnen mit einem
triple negativen Tumor?
Prof. Dr. Volker Möbus: Patientinnen mit einem triple negativen Karzinom benötigen eine konsequente Chemotherapie. Wir wissen zum Beispiel aus den Studien zur neoadjuvanten Chemotherapie, dass die Patientinnen, die durch
die neoadjuvante Chemotherapie eine histopathologische
Primäre Situation
Kontakt
Prof. Dr. med. Volker Möbus
Chefarzt der Klinik für Gynäkologie
und Geburtshilfe
Klinikum Frankfurt Höchst
Gotenstraße 6-8
65929 Frankfurt am Main-Höchst
Tel.: 069 3106-2339
Fax: 069 3106-2555
E-Mail:[email protected]
Komplettremission erzielt haben, eine sehr gute Prognose
haben, während der Nachweis von einem Resttumor in
der Brust oder der Axilla prognostisch ungünstig ist. Die
Chemotherapie muss über mindestens sechs bis acht Zyklen erfolgen. Dies ist die einzige Möglichkeit, einen Grossteil der Patientinnen zu heilen. Leider ist das triple negative
Mammakarzinom weiterhin der einzige „Subtyp“, bei dem
es keine Möglichkeit einer zielgerichteten Therapie gibt.
Mamma Mia!: Wann sollten sich Frauen, bei denen möglicherweise ein erhöhtes familiäres Risiko vorliegt, mit
dem Thema „Mutation“ und einer möglichen Genuntersuchung befassen?
Prof. Dr. Volker Möbus: Empfehlenswert ist sicherlich ein
beratendes Erstgespräch im jungen Erwachsenenalter für
diejenigen Frauen, die die Risikokriterien des deutschen
Konsortiums für familiären Brust- und Eierstockkrebs erfüllen. Denn erst das Wissen um die Bedeutung und Konsequenzen einer genetischen Testung auf Vorliegen einer
prädisponierenden Mutation ebenso wie das Wissen um
die verschiedenen präventiven Maßnahmen sowie die
Kenntnis auch der Limitationen einer Genuntersuchung
erlauben der Frau eine souveräne Entscheidung für oder
gegen eine genetische Testung. Informieren sollten sich
die Frauen im jungen Erwachsenenalter, da zum einen
die primäre Voraussetzung für eine genetische Untersuchung die Volljährigkeit der Frau ist und zum anderen bei
Nachweis einer zu Brustkrebs prädisponierenden Mutation
beziehungsweise dem Vorliegen eines deutlich erhöhten
Brustkrebsrisikos bereits ab dem 25. Lebensjahr oder fünf
Jahre vor dem jüngsten Erkrankungsalter in der Familie
intensivierte Früherkennungsmaßnahmen in Anspruch genommen werden können. a
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4
34Mamma
Mia!
Metastasierte
­Situation
Tumor ist nicht gleich Tumor
4 Metastasierte ­S ituation
Metastasierter Brustkrebs
Aktuelle Behandlungsempfehlungen
Eine Metastasierung ist das Schreckensszenario aller Brustkrebspatientinnen. Die Krankheit geht in ein
chronisches Stadium über, eine Heilung ist meist nicht
möglich. Bei Brustkrebspatientinnen treten Metastasen
– wenn überhaupt – am häufigsten an den Knochen (ossäre Metastasen, etwa 75 Prozent aller Metastasen) und
an inneren Organen (viszerale Metastasen, davon Lunge
15 bis 20 Prozent und Leber 10 Prozent) auf. Obwohl
Metastasen meist nicht geheilt werden können, gibt es
Therapiemöglichkeiten, die Hoffnung machen. Mamma
Mia! sprach mit dem gynäkologischen Onkologen Professor Dr. Hans-Joachim Lück aus Hannover über aktuelle
Behandlungsmöglichkeiten und Therapieempfehlungen.
Mamma Mia!: Herr Professor Lück, können Sie uns in
etwa sagen, bei wie vielen Patientinnen es überhaupt zu
einer Metastasierung kommt? In welchem Zeitraum nach
Erstdiagnose treten Metastasen hauptsächlich auf? Gibt
es Tumorarten, die häufiger metastasieren als andere?
Prof. Dr. Hans-Joachim Lück: Das hängt nicht unmaßgeblich vom Stadium zum Zeitpunkt der Erstdiagnose ab. Wir
können davon ausgehen (es gibt kein zentrales Krebsregister), dass rund 20 Prozent der Frauen eine Metastasierung
erfahren werden. Die Gruppe, die besonders häufig vertreten ist, sind die „triple-negativen“ Karzinome. Die Situation
für die HER/2-positiven Mammakarzinome hat sich seit der
Einführung von Trastuzumab (Herceptin) erheblich verbessert. Wir wissen aber auch, dass ein hormonrezeptor-positives Karzinom noch nach vielen Jahren metastasieren kann.
Mamma Mia!: Auf welche Symptome müssen Patientinnen bei der symptomorientierten Nachsorge achten?
Prof. Dr. Hans-Joachim Lück: Die häufigste Metastasenlokalisation sind die Knochen. Bei Knochenmetastasen
geht eine Schmerzsymptomatik häufig viele Monate der
Diagnose voraus. Veränderungen von Essgewohnheiten
oder Nahrungsunverträglichkeiten können ein Zeichen
für einen Leberbefall sein. Plötzlich auftretende rasche
Erschöpfung oder Atemnot können auf einen Lungenoder Rippenfellbefall hindeuten. Diese Symptome sind
nicht beweisend, aber sie sollten Anlass für eine weiterführende Diagnostik sein.
Mamma Mia!: Welche Therapieformen gibt es bei Knochen-, Leber-, Lungen- und Hirnmetastasen?
Prof. Dr. Hans-Joachim Lück: Da es sich beim metastasierten Karzinom um eine systemische (den ganzen
Körper betreffende) Erkrankung handelt, steht die systemische Therapie im Vordergrund. Diese richtet sich im
Wesentlichen nach der Dringlichkeit des Wirkungseintrittes (Ausmaß der Beschwerden), der Lokalisation der
Metastasen und der Anzahl der Metastasen (Einzelherd
oder viele in einem Organ). Neben den systemischen
Therapien (anti-hormonell, Chemotherapie, Immuntherapie) stehen noch die Strahlentherapie und auch die
Operation als Option zur Verfügung.
Mamma Mia!: Sind Knochenmetastasen generell besser
heilbar als andere Metastasen?
Prof. Dr. Hans-Joachim Lück: Nein, aber Knochenmetastasen sind zunächst einmal nicht lebensbedrohlich.
Mamma Mia!: Ist es sinnvoll, bei einer Metastasierung
erneut den Hormonstatus zu bestimmen? Wenn ja, wie
wird er bestimmt? Werden Gewebeproben aus den Metastasen genommen? Gibt es andere Möglichkeiten?
Prof. Dr. Hans-Joachim Lück: Grundsätzlich ist es sinnvoll,
den Rezeptorstatus an der Metastase zu bestimmen, da
wir inzwischen wissen, dass es bei den Hormonrezeptoren
in bis zu 40 Prozent der Fälle zu Veränderungen kommen
kann. Beim HER/2-Rezeptor ist der Veränderungsgrad ge-
www.mammamia-online.de35
ringer, aber immer noch vorhanden. Die Gewebeproben
sollten aus den am leichtesten zugänglichen Metastasen
gewonnen werden. Auch Gewebeentnahmen aus dem
Knochen sind möglich, diese benötigen eine spezielle Aufarbeitung, damit die Rezeptoren bestimmt werden können.
Mamma Mia!: Wie hoch ist die Chance auf komplette
Heilung durch Chemo- und beziehungsweise oder Hormontherapie?
Metastasen lokalisieren
Gehirn
Lymphknoten
oberhalb des
Schlüsselbeins
Lunge, Rippenfell
Leber
Haut
Knochen
Becken
Wirbelsäule
Rippen
Schädel
36Mamma
Mia!
Tumor ist nicht gleich Tumor
Prof. Dr. Hans-Joachim Lück: In der metastasierten Situation kann nicht von Heilung gesprochen werden. Es gibt
allerdings Patientinnen, die sehr lange auf eine Therapie ansprechen. Mit „lange“ meine ich viele Jahre. Wir haben zum
Beispiel Patientinnen mit HER/2-positivem Mammakarzinom, die mehr als zwölf Jahre unter Therapie sind und kein
erneutes Wachstum des Tumors gezeigt haben. Wir haben
Frauen mit Knochenmetastasen, welche ebenfalls mehr als
zehn Jahre bei guter Lebensqualität behandelt werden.
4 Mamma Mia!: Werden Metastasen häufig von Schmerzen
begleitet? Was können Patientinnen gegen Schmerzen tun?
Prof. Dr. Hans-Joachim Lück: Die unterschiedlichsten
Metastasenlokalisationen können zu Schmerzen führen.
Am häufigsten sind sicher die Schmerzen, die durch
Knochenmetastasen hervorgerufen werden. Aber auch
Lymphknotenmetastasen können Schmerzen verursachen, wenn sie das umgebende Gewebe durch ihre
Größenzunahme unter Spannung setzen oder direkt
auf einen Nerv drücken. Lebermetastasen verursachen
dann Schmerzen, wenn sie das die Leber überziehende
Bauchfell beeinträchtigen. Da es ganz unterschiedliche
Schmerzen sind, die durch Metastasen verursacht werden, sollte versucht werden, die optimalen Schmerzmedikamente einzusetzen. Zum Beispiel sind bei Knochenmetastasen nicht-steroidale-Antiphlogistika häufig besser wirksam als Metamizol (Novalgin). Bewährt hat sich,
frühzeitig und systematisch eine Schmerztherapie einzuleiten. Auch sollten kein Ängste vor Morphinen bestehen.
Mamma Mia!: Antikörper und kleine Moleküle sind derzeit
im Fokus der Forschung. Können Sie uns einen kurzen
Überblick über neue Entwicklungen geben?
Prof. Dr. Hans-Joachim Lück: Das stimmt. Antikörper
sind aus meiner Sicht dabei von besonderem Interesse.
Sie haben im Allgemeinen eine sehr spezifische Wirkung,
und die Nebenwirkungen sind überschaubar. Insbesondere haben sich mit den Antikörpern in den letzten Jahren neue Optionen entwickelt. Zum Einen hat gezeigt
werden können, dass die Kombination von Antikörpern
zu einer Verbesserung der Gesamtaktivität führt beziehungsweise Unwirksamkeiten aufgehoben werden können (Beispiel: Trastuzumab-Pertuzumab). Zum Anderen
können Antikörper als Transporter für eine Chemotherapie benutzt werden. Dabei wird der Antikörper, der an
die Tumorzelle gebunden hat, von dieser aufgenommen.
Bei dieser Aufnahme wird ein Zytostatikum, welches an
den Antikörper gebunden ist, ebenfalls aufgenommen
und in der Zelle freigesetzt. Die vom Zytostatikum verursachten Nebenwirkungen sind sehr gering, da von der
Substanz nichts in der Blutbahn ist. Kleine biologisch aktive Substanzen können ebenfalls zu einer Verbesserung
der Gesamtwirkung beitragen. Hierfür gab es auf dem
Metastasierte ­S ituation
San Antonio Breast Cancer Symposium interessante Beispiele, allerding in der primären Behandlungssituation.
Die Kombination von Trastuzumab mit dem Tyrosinkinasehemmer Lapatinib konnte die Effektivität einer Chemotherapie mit Trastuzumab deutlich steigern. Die Tyrosinkinase der heutigen Generation sind im allgemeinen multifaktoriell, das heißt sie blockieren mehrere Rezeptoren. In
der Summe sind allerdings die Ergebnisse bescheiden.
Insbesondere deshalb, weil diese Substanzen erheblich
Nebenwirkungen verursachen (Haut, Darm).
Mamma Mia!: Sie erwähnten den Antikörper Pertuzumab, der jetzt ganz aktuell in Deutschland zugelassen wurde. Können Sie uns etwas über dessen Wirkmechanismus sagen?
Prof. Dr. Hans-Joachim Lück: HER2-Rezeptoren werden
durch eine Dimerisierung aktiviert. Unter Dimerisierung
verstehen wir, dass sich der HER2-Rezeptor mit anderen Mitgliedern der HER-Rezeptor-Familie verbindet. Dieser Dimerisierungsvorgang wird durch Pertuzumab blockiert. Somit kann der HER2-Rezeptor auch nicht aktiviert werden, so dass beispielsweise seine Stimulation
des Tumorwachstums unterbleibt. a
Kontakt
Prof. Dr. med. H.-J. Lück
Gynäkologische-onkologische Praxis Prof. Dr. Lück
Pelikanplatz 33
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Fax: 0511 6555-2816
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5
38Mamma
Mia!
Triple negativer
Brustkrebs
Tumor ist nicht gleich Tumor
5 Triple negativer Brustkrebs
Das triple negative
Mammakarzinom
Eigenschaften und
­Therapiemöglichkeiten
Patientinnen mit triple negativem, also dreifach negativem
Brustkrebs stellen etwa 15 Prozent aller Brustkrebsfälle dar.
Charakteristisch für diese Tumorart ist, dass sowohl Östrogen- als auch Progesteron- sowie HER2/neu-Rezeptoren
fehlen. Das macht die Behandlung dieser eher aggressiven
Tumorart sehr schwierig, weil viele bisher zugelassene, zielgerichtete Therapien nicht angewandt werden können. Als
einzige systemische Therapieform bleibt die Chemotherapie,
deren Nutzen ebenfalls begrenzt ist. Beim fortgeschrittenen/metastasierten Brustkrebs wird zudem der Blutgefäßbildungshemmer Bevacizumab eingesetzt. ­Mamma Mia!
sprach mit Priv.-Doz. Dr. Cornelia Liedtke vom Universitätsklinikum Münster über Chancen und Hoffnungen in der
Behandlung des triple negativen Brustkrebses.
Mamma Mia!: Frau Dr. Liedtke, was ist typisch für triple
negative Tumoren? Ist es richtig, dass diese Tumorart
sehr aggressiv ist?
Priv.-Doz. Dr. Cornelia Liedtke: Ja, das ist generell
richtig. Es besteht bei dieser Erkrankung eine höhere Rezidivwahrscheinlichkeit als bei anderen Tumorarten – und wenn Rezidive auftreten, so werden sie in
der Regel schon nach kurzer Zeit diagnostiziert. Auch
ein Fortschreiten der Krankheit in Form von Metastasen, insbesondere an inneren Organen, ist häufiger als
bei anderen Tumoren. Somit haben diese Patienten im
Vergleich zu anderen Betroffenen eine eher schlechtere Prognose.
Mamma Mia!: Haben denn alle Patientinnen mit triple
negativem Brustkrebs eine schlechte Prognose?
Priv.-Doz. Dr. Cornelia Liedtke: Nein, nicht alle Patientinnen
mit triple negativem Brustkrebs haben eine gleichermaßen
schlechte Prognose. Aus Studien, in denen Patientinnen
vor der Operation mit Chemotherapie behandelt worden
sind, wissen wir, dass Patientinnen mit triple negativem
Brustkrebs eine höhere Ansprechwahrscheinlichkeit gegenüber Chemotherapie haben. Die so genannte pathologische Komplettremissionsrate, das heißt der Anteil an
Patientinnen, bei denen sich zum Zeitpunkt der Operation
keine bösartigen Zellen in der Brust mehr nachweisen lassen, ist bei triple negativem Brustkrebs gegenüber anderen
Brustkrebsarten am höchsten.
Mamma Mia!: Umso wichtiger ist ja, dass die Betroffenen richtig behandelt werden. Welche Behandlungsstrategien stehen derzeit zur Verfügung?
Priv.-Doz. Dr. Cornelia Liedtke: Zurzeit bleibt die Chemotherapie die wichtigste etablierte Therapieoption für
Patientinnen mit triple negativem Brustkrebs. In verschiedenen Studien wird derzeit untersucht, ob bei Patientinnen andere Chemotherapiekombinationen eingesetzt werden sollten als bei anderen Brustkrebsarten.
Eine Substanzgruppe, die bei triple negativem Brustkrebs eventuell besonders wirksam sein könnte, sind
so genannte platinhaltige Chemotherapeutika. Bisher
www.mammamia-online.de39
konnte jedoch noch nicht gezeigt werden, dass platinhaltige Chemotherapiekombinationen bei Patientinnen
mit triple negativem Brustkrebs wirksamer sind als die
etablierten Standardchemotherapieregime.
Mamma Mia!: Gibt es für Patientinnen mit triple negativem Mammakarzinom denn keine zielgerichteten Therapieansätze?
Priv.-Doz. Dr. Cornelia Liedtke: Antihormonelle oder gegen
HER2-gerichtete Wirkstoffe können bei Patientinnen mit
triple negativem Brustkrebs nicht eingesetzt werden. Ne-
40Mamma
Mia!
Tumor ist nicht gleich Tumor
ben der Chemotherapie besteht für Patientinnen mit metastasiertem triple negativem Brustkrebs die Möglichkeit
einer Behandlung mit dem antiangiogenetischen Wirkstoff
Bevacizumab (Avastin®). In verschiedenen internationalen
Studien konnte gezeigt werden, dass Bevacizumab auch
bei triple negativen Tumoren wirksam ist. Dieser Wirkstoff
wird im Rahmen von Studien auch präoperativ beziehungsweise adjuvant eingesetzt. Bevacizumab ist jedoch keine
speziell auf den triple negativen Brustkrebssubtyp ausgerichtet Substanz. Vielmehr hemmt Bevacizumab generell
gegen die Bildung von Blutgefäßen – und das eben auch
beim triple negativen Mammakarzinom.
5 Mamma Mia!: Bis vor Kurzem wurde im Zusammenhang
mit dem triple negativen Brustkrebs häufig von den so
genannten „PARP-Inhibitoren“ gesprochen. Was hat es
damit auf sich?
Priv-Doz. Dr. Cornelia Liedtke: Die PARP-(Poly-ADPRibose-Polymerase)-Inhibitoren wurden zunächst bei
Patientinnen mit einer BRCA1- oder BRCA2-Mutation
eingesetzt, also bei Frauen mit einer erblichen Brustkrebsvariante. Es ist bekannt, dass diese Tumoren einen defekten DNA-Reparaturmechanismus haben. Die
PARP-Hemmer setzen einen weiteren Reparaturmechanismus außer Kraft: Sie hemmen das PARP-Enzym,
das normalerweise den oben beschriebenen Defekt
ausgleichen kann. Die Krebszellen werden durch die
Störung ihrer DNA-Reparaturmechanismen abgetötet,
gesunde Zellen werden hingegen nicht beeinträchtigt.
Deshalb treten auch relativ wenige Nebenwirkungen
auf. Da ein enger Zusammenhang zwischen erblichem
Brustkrebs und dem triple negativen Brustkrebs besteht
(triple negativer Brustkrebs ist bei Patientinnen mit erblichem Brustkrebs sehr viel häufiger), hat man gehofft,
dass PARP-Hemmer auch bei triple negativen nicht-erblichen Brustkrebserkrankungen wirksam sein könnten.
Triple negativer Brustkrebs
ne Tumorpopulation verbirgt, die vermutlich ganz unterschiedlicher Therapiekonzepte bedarf. Daher ist es
umso wichtiger Biomarker zu entwickeln, die die Prognose und die Ansprechwahrscheinlichkeit gegenüber
spezifischen Therapien vorhersagen können.
Mamma Mia!: Was erhoffen Sie sich für die Zukunft?
Dr. Cornelia Liedtke: Nun, zunächst hoffe ich, dass die
Prognose von Patientinnen mit einem triple negativen
Tumor durch den Einsatz maßgeschneiderter Chemotherapie sowie auch neuer Wirkstoffe generell verbessert werden kann. Darüber hinaus hoffe ich, dass es uns
gelingt, Prognosefaktoren und Ansprechparameter (so
genannte „Prädiktivfaktoren“) zu definieren, die es uns
ermöglichen, das derzeit verfügbare therapeutische Repertoire möglichst individuell, das heißt den Bedürfnissen der Patientin beziehungsweise den Eigenschaften
ihrer Tumorerkrankung entsprechend, einzusetzen. a
Mamma Mia!: Und waren diese Hoffnungen für Patientinnen mit triple negativem Brustkrebs gerechtfertigt?
Priv.-Doz. Dr. Cornelia Liedtke: Leider haben die PARPInhibitoren die in sie gesetzten Hoffnungen für nicht erbliche triple negative Tumoren nicht erfüllen können. In einer US-amerikanischen Studie an Patientinnen mit metastasiertem triple negativem Mammakarzinom konnte
nicht gezeigt werden, dass Iniparib das progressionsfreie oder das Gesamtüberleben der betroffenen Patientinnen signifikant verbessern konnte.
Mamma Mia!: Und wie geht es weiter? Welche neuen
wissenschaftlichen Ansätze gibt es? Sind neue Wirkstoffe in Sicht?
Priv.-Doz. Dr. med. Cornelia Liedtke: Wir müssen zunehmend erkennen, dass triple negativ nicht gleich triple
negativ ist – und müssen vielmehr davon ausgehen,
dass sich hinter diesem Begriff eine sehr heteroge-
Kontakt
Priv.-Doz. Dr. Cornelia Liedtke
Leitung Studienzentrale
Leitung AG Translationelle Forschung
Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde
und Geburtshilfe
Universitätsklinikum Münster
Albert-Schweitzer-Straße 33
48149 Münster
E-Mail: [email protected]
www.mammamia-online.de41
6
42Mamma
Mia!
Familiärer
­Brustkrebs
Tumor ist nicht gleich Tumor
6 Familiärer ­Brustkrebs
Genetischer Brustkrebs
Diagnose, Behandlung und Prophylaxe
Brustkrebs kann genetisch sein. Fünf bis zehn Prozent
aller Brustkrebsfälle werden auf eine Mutation in Hochrisikogenen zurückgeführt. Von so genannten „Krebsfamilien“ ist die Rede. Das sind Familien, in denen immer wieder Krebserkrankungen auftreten. Meist handelt
es sich um Brust- oder Eierstockkrebs, es gibt jedoch
auch eine genetische Veranlagung für Darm- oder andere
Krebsarten. Mamma Mia! sprach mit Frau Professorin
Rita Schmutzler von der Uni-Frauenklinik in Köln über
die Folgen einer Genmutation.
Mamma Mia!: Frau Professorin Schmutzler, welche
Gene sind für Brustkrebs verantwortlich?
Prof. Dr. Rita Schmutzler: Es handelt sich hauptsächlich um die beiden Gene BRCA1 und BRCA2.
BRCA kommt von BreastCancer. Das erhöhte Erkrankungsrisiko resultiert dabei nicht aus dem Vorhandensein dieser Gene. Sie sind bei jedem Menschen als
Reparatur-­Gene vorhanden und leisten während des
ganzen Lebens wichtige Arbeit. Das Risiko ist vielmehr auf ihre Fehlerhaftigkeit, eine so genannte Mutation, zurück­zuführen. Mutationen in den Genen führen zum Funktionsausfall und begünstigen daher die
Entstehung von Krebs. Bis vor kurzem waren lediglich
die Gene BRCA1 und BRCA2 bekannt. 2010 wurde
dann RAD 51C, ein drittes Risikogen, durch das deutsche Konsortium Familiärer Brust- und Eierstockkrebs
nachgewiesen. Wir gehen davon aus, dass es noch
andere Krebs begünstigende Gene gibt, die aber noch
nicht entdeckt sind. Dabei handelt es sich vermutlich
um Gene mit geringerer Bedeutung für den Erhalt der
normalen Zellfunktion. Deren Mutationen wirken somit
weniger aggressiv.
Mamma Mia!: Wie unterscheiden sich die BRCA1-,
BRCA2- und RAD 51C-Mutationen?
Prof. Dr. Rita Schmutzler: Sie unterscheiden sich in
verschiedenen Punkten. Tumoren von BRCA1-Mutationsträgerinnen haben ein typisches feingewebliches
Aussehen, sodass häufig schon der Pathologe auf eine
Erblichkeit des Tumors schließen kann. Der Tumor sieht
aggressiv aus, ist triple negativ (Östrogen- und Progesteronrezeptoren sowie HER2/neu negativ) und invasiv
duktal. Häufig sind diese Tumoren sowohl in der Bildge­
bung als auch der Histopathologie glatt begrenzt, was
zu einer Fehldiagnose als gutartige Veränderung ­führen
kann. Die Frauen erkranken meist schon früh und haben
auch ein erhöhtes Risiko, an Eierstockkrebs zu erkranken (30 bis 40 Prozent). Die BRCA2- und RAD 51C-Tumoren ähneln in der Histopathologie eher sporadischen
Tumoren. Sie sind häufiger Hormonrezeptor-positiv, lobulär, mit einem niedrigen Grading. Das Risiko, an Eierstockkrebs zu erkranken, liegt bei 20 Prozent.
Mamma Mia!: Bei welchen Frauen liegt die Vermutung
nahe, dass die Erkrankung möglicherweise durch eine
Genmutation begünstigt wurde?
Prof. Dr. Rita Schmutzler: In der Regel finden sich in
Familien, in denen eine Genmutation besteht, mehrere Fälle von Brust- oder Eierstockkrebs. Das deutsche Konsortium für familiären Brust- und Eierstockkrebs hat so genannte Einschlusskriterien festgelegt.
Wenn ­einer dieser Punkte zutrifft, bieten wir eine genetische ­Testung an, da wir eine Genmutation vermuten.
Bei den Kriterien handelt es sich um folgende Punkte:
Unter Verwandten in einer Linie der Familie (väterlich oder
mütterlich) liegt eine der folgenden Konstellationen vor:
drei Frauen mit Brustkrebs, unabhängig vom Alter
zwei Frauen mit Brustkrebs, davon eine Erkrankung
vor dem 51. Lebensjahr
www.mammamia-online.de43
44Mamma
Mia!
Tumor ist nicht gleich Tumor
6 Familiärer ­Brustkrebs
eine Frau mit Brustkrebs und eine Frau mit Eierstockkrebs
zwei Frauen mit Eierstockkrebs
ein Mann mit Brustkrebs und eine Frau mit Brustoder Eierstockkrebs
eine Frau mit Brustkrebs vor dem 36. Geburtstag
eine Frau mit bilateralem Brustkrebs, wobei die Ersterkrankung vor dem 51. Geburtstag war
eine Frau mit Brust- und Eierstockkrebs
Prof. Dr. Rita Schmutzler: Selbstverständlich können
sich auch Männer testen lassen. Die Wahrscheinlichkeit
der Vererbung ist geschlechtsunabhängig. Sie haben
allerdings ein im Vergleich zu den Mutationsträgerinnen
deutlich niedrigeres Erkrankungsrisiko. Häufig liegt hier
der Grund für den Test darin, dass sie Kinder haben.
Wenn möglich, suchen wir in solchen Familien zunächst
immer eine „Indexpatientin“, also eine Patientin, die bereits erkrankt ist. Denn bei einer nicht erkrankten Frau
aus einer Familie mit einem erhöhten Krebsvorkommen
besteht ja zu 50 Prozent die Möglichkeit, dass sie die
Genmutation der Familie nicht geerbt hat. Der primäre
Ausschluss einer Mutation bei einer Gesunden würde
also keine Entwarnung bedeuten. Finden wir hingegen
eine Mutation bei einer Erkrankten und können diese
Mutation bei einer Gesunden aus dieser Familie ausschließen, dann können wir diese Frauen beruhigen.
Sie haben dann kein erhöhtes Risiko mehr. Sollten die
„Indexpatientinnen“ jedoch verstorben sein, würden wir
die sich sorgenden Angehörigen selbstverständlich trotzdem in unser Programm aufnehmen, sofern die Wahrscheinlichkeit, dass eine mögliche Mutation an sie vererbt wurde, hoch ist.
Prof. Dr. Rita Schmutzler: In der Regel ja. Wir haben Verträge mit den gesetzlichen Krankenkassen geschlossen, wonach eine Kostenübernahme garantiert ist. Privat Versicherte müssen die Kostenübernahme im Voraus mit ihrer Kasse abklären. Während die gesetzlichen
Kassen auch für Präventionsleistungen aufkommen, erklären sich private Kassen nicht immer für Präventionsmaßnahmen, worunter dieser Test fällt, zuständig.
Mamma Mia!: Wenn nun eine Familienangehörige zu
Ihnen kommt, die Einschlusskriterien gegeben sind und
sie ins Programm aufgenommen wird, was geschieht
dann?
Prof. Dr. Rita Schmutzler: Zunächst führen wir ein ausführliches Beratungsgespräch. Dabei handelt es sich
keineswegs um eine direktive Beratung, die zu einem
Gentest drängt. Vielmehr klären wir umfassend auf. Die
Entscheidung, ob ein Gentest durchgeführt wird oder
nicht, liegt allein bei der Betroffenen. Auf Wunsch führen wir dann den Test durch und besprechen, sobald
das Ergebnis vorliegt, die weitere Vorgehensweise. Bei
Entscheidungsschwierigkeiten bieten wir auch eine begleitende psychologische Beratung an.
Mamma Mia!: Können sich auch Männer testen lassen?
Mamma Mia!: Werden die Kosten des Tests von den
Krankenkassen übernommen?
Mamma Mia!: Wo sollten sich möglicherweise betroffene Frauen und Männer testen lassen – in universitären
Zentren oder in privaten Laboren?
Prof. Dr. Rita Schmutzler: Das Problem bei den privaten
Laboren ist, dass über den Test hinaus nicht viel geschieht. Wir arbeiten hier in den universitären Zentren
interdisziplinär. So befunden immer sowohl Humangenetiker als auch Gynäkologen, die die nächsten Therapieschritte mit der Patientin besprechen, das Testergebnis. Wie bereits erwähnt, wird dieser Prozess psychologisch begleitet. Dazu kommt, dass wir sehr viel
Erfahrung mit Mutationen in den Genen BRCA1, BRCA2
und RAD 51C haben. Immerhin 30 Prozent der gefundenen Mutationen können bisher noch nicht eindeutig auf
ihre krankheitsauslösende Wirkung kategorisiert werden. Daher haben wir im Konsortium eine Arbeitsgruppe
gegründet, die sich mit dieser Kategorisierung befasst.
Dafür haben wir mehrere Tausend Genbefunde in einer
großen nationalen Datenbank dokumentiert und kooperieren eng mit dem Ausland. Selbstverständlich wird
hier auch der Datenschutz gewährleistet, da die Dokumentation pseudonymisiert erfolgt. Eine Zuordnung
der Mutation zu der betreffenden Person ist also nur
über das behandelnde Zentrum möglich. Zusammen
mit England, den USA und Belgien können wir auf große
www.mammamia-online.de45
Kollektive zurückgreifen und so daran arbeiten, unklaren
Befunden nachzugehen und weitere neue Risikogene
zu identifizieren. Nachdem der Test durchgeführt wurde,
wird von unseren Gynäkologen sofort eine risikoadaptierte Vorsorge in die Wege geleitet.
Mamma Mia!: Aus Angst vor einer schlechten Nachricht
verzichten viele Frauen auf den Gentest. Vergeben sie
dadurch nicht die wichtige Chance einer prophylaktischen Behandlung?
Prof. Dr. Rita Schmutzler: Ich persönlich finde den Gentest sinnvoll, weil es heutzutage viele Möglichkeiten gibt,
das Krebsrisiko trotz Vorhandensein einer Genmutation
zu reduzieren. Zum einen können wir Betroffene engmaschiger kontrollieren. Zum anderen gibt es auch operative Maßnahmen zur Risikoreduktion. Eine prophylaktische Entfernung der Eierstöcke beispielsweise reduziert
das Brustkrebsrisiko um 50 Prozent. Weiterhin gibt es
die Möglichkeit, den Brustdrüsenkörper zu entfernen.
Mamma Mia!: Das klingt nach sehr rabiaten Eingriffen –
insbesondere bei jungen Frauen, deren Familienplanung
noch nicht abgeschlossen ist …
Prof. Dr. Rita Schmutzler: Die Entscheidung für solche
Eingriffe ist sicherlich nicht einfach. Sie sollten daher
nur nach intensiver Beratung und reiflicher Überlegung
durchgeführt werden. Bei jungen Frauen mit Kinderwunsch versuchen wir, das individuelle Risiko aufgrund der Familienanamnese zu bestimmen. So sind
beispielsweise Erkrankungsalter und Erkrankungsverlauf bei Mitgliedern oft ähnlich. Für Frauen, die bereits
an Brustkrebs erkrankt sind, besteht auch ein erhöhtes Zweiterkrankungsrisiko der anderen Brust oder der
Eierstöcke. In einer aktuellen Untersuchung des Konsortiums konnten wir kürzlich als erste weltweit zeigen,
dass das Zweiterkrankungsrisiko wesentlich durch das
betroffene Gen und das Alter bei Ersterkrankung bestimmt wird. So hat zum Beispiel eine Brustkrebspatientin mit einer BRCA1-Mutation, die erstmals vor dem
40. Lebens­jahr erkrankte, eine 50-prozentige Wiedererkrankungswahrscheinlichkeit während eine BRCA2Mutationsträgerin, die nach dem 50. Lebensjahr erkrankte, nur ein 10-prozentiges Rückfallrisiko hat.
46Mamma
Mia!
Tumor ist nicht gleich Tumor
Mamma Mia!: Entfernung der Eierstöcke – bedeutet das
verfrühte Wechseljahre?
Prof. Dr. Rita Schmutzler: Nicht wirklich. Wir wissen heute, dass wir den Frauen eine niedrig dosierte Hormonersatztherapie geben können, ohne das Risiko wieder zu
erhöhen. Denn die von uns empfohlene Dosis liegt weit
unter der im Körper produzierten Menge. Ist die Gebärmutter vorhanden, gibt man Östrogen und Gestagen,
wenn nicht, dann reichen Östrogene aus.
Mamma Mia!: Sie sprachen von prophylaktischer Entfernung des Brustdrüsengewebes. Welche Möglichkeit
einer Brustrekonstruktion gibt es in diesem Fall?
Prof. Dr. Rita Schmutzler: Der Brustdrüsenkörper kann
zum einen durch ein Silikonimplantat ersetzt werden,
zum anderen ist aber auch eine Rekonstruktion aus
Eigengewebe möglich. Jede Technik hat Vor- und Nachteile, die individuell besprochen werden müssen. Wir
besprechen mit der Patientin alle Möglichkeiten und
empfehlen dann einen Arzt, der bei der gewünschten
Technik erfahren ist. Dabei arbeiten wir mit Operateuren
aus ganz Deutschland zusammen. Die Kostenübernahme muss im Voraus mit der Kasse abgeklärt werden.
Bisher hatten wir allerdings kaum Probleme. Etwas unklar ist, ob die Brustwarze mit entfernt werden sollte. Es
werden derzeit Operationsmethoden entwickelt, die das
Drüsengewebe so weit aus der Mamille entfernen können, dass sie erhalten bleiben könnte. Sollte die Brust
mit Silikon aufgebaut werden, muss das Implantat auf
jeden Fall unter den Brustmuskel gelegt werden. Die
Haut ist nach der Entfernung des Drüsenkörpers zu
dünn, um das Implantat zu fixieren.
Mamma Mia!: Gibt es bezüglich der Behandlung von
Frauen mit Brustkrebs Besonderheiten, wenn eine Genmutation vorliegt? Welche Therapien machen Sinn?
Prof. Dr. Rita Schmutzler: Die Behandlung des familiären Brustkrebses ist Gegenstand derzeitiger und sicher
weiterer zukünftiger Forschungsprojekte. Laboruntersuchungen und erste klinische Erfahrungen deuten darauf
hin, dass solche Chemotherapien am besten wirken, die
das Erbgut der Zelle direkt angreifen. So haben bei ei-
6 ner Genmutation beispielsweise Platinderivate Wirkung
gezeigt, die bei sporadischem Brustkrebs nur im metastasierten Stadium eingesetzt werden. Taxane hingegen,
die die Zellteilung stören und auf die die sporadische Erkrankung in der Regel gut anspricht, zeigen bei Patientinnen mit einer Mutation weniger Wirkung. Antrazykline
wiederum scheinen bei beiden Arten des Brustkrebses
zu wirken. Es erfordert aber noch weitere klinische Untersuchungen, um diese Aussagen zu untermauern und
möglichst optimale Behandlungskonzepte für die Mutationsträgerinnen zu entwickeln. Ein anderer Ansatz ist
die Entwicklung einer spezifischen Therapie gegen das
genetisch bedingte Mamma- beziehungsweise Ovarialkarzinom, indem deren besondere Eigenschaften als
therapeutischer „Angriffspunkt“ genutzt werden. Die
so genannten PARP-Inhibitoren stellen einen wichtigen
Schritt in diese Richtung dar. Sie blockieren zusätzlich
zu dem durch den BRCA1- oder BRCA2-Gendefekt gehemmten DNA-Reparaturmechanismus den Ablauf eines weiteren Reparaturmechanismus in den Tumorzellen. Dadurch können Schädigungen des Erbgutes nicht
mehr repariert werden, und es kommt zum Zelltod. Die
PARP-Inhibitoren schädigen kaum gesunde Zellen, haben daher wesentlich weniger Nebenwirkungen als die
klassische Chemotherapie. Das Medikament wird derzeit in internationalen Studien getestet, in Deutschland
beteiligt sich unser Schwerpunkt Familiärer Brust- und
Eierstockkrebs an der Uniklinik Köln an einer Phase-IIStudie, in deren Rahmen der PARP-Inhibitor beim fortgeschrittenen beziehungsweise metastasierten BRCAassoziierten Brust- und Eierstockkrebs eingesetzt wird.
Bei sehr guter Verträglichkeit sprechen circa 40 Prozent
der Patientinnen auf die Therapie an.
Mamma Mia!: Wäre es nicht auch denkbar, dieses Medikament in der Prophylaxe einzusetzen?
Prof. Dr. Rita Schmutzler: Zwar liegen uns noch keine
Daten vor, es ist aber durchaus denkbar. Möglicherweise könnten mit diesem Medikament zukünftig Mikrotumoren ausgemerzt werden. Dazu sind aber noch
umfangreiche klinische Studien erforderlich, die sicherstellen müssen, dass das Medikament bei gesunden
Mutationsträgerinnen auch langfristig keine ungünstigen Wirkungen hat.
Familiärer ­Brustkrebs
Kontakt
Prof. Dr. Rita Schmutzler
Stiftungsprofessorin der Deutschen
Krebshilfe, Schwerpunkt Familiärer
Brust- und Eierstockkrebs
Uni-Frauenklinik
Kerpener Straße 9
50931 Köln
Tel.: 0221 478 86509
Fax.: 0221 478 86510
E-Mail: [email protected]
Mamma Mia!: Das „Designer-Baby“ aus England ging
durch die Presse: Mittels einer Präimplantationsdiagnostik wurde einer Frau eine befruchtete Eizelle eingesetzt, bei der eine Mutation im BRCA1-Gen im Voraus
ausgeschlossen wurde. Von elf befruchteten Eizellen
waren fünf mutationsfrei. Davon wurden der Frau zwei
in die Gebärmutter verpflanzt, wobei sich nur eins einnistete. Wie ist Ihre persönliche Meinung zu solchen
„Designer-Babies“?
Prof. Dr. Rita Schmutzler: Auch ein Baby mit einer ererbten BRCA-Mutation ist ein gesundes Baby. Die Erkrankung tritt erst im Erwachsenenalter auf, wobei 20 bis
30 Prozent der Mutationsträgerinnen nie an Brust- oder
Eierstockkrebs erkranken. Wer eine gewisse Lebenserfahrung und vielleicht Kinder hat, der weiß, dass das
Leben viele solcher Risiken birgt und sich weder das
Schicksal noch das Lebensglück durch solche Ein- oder
Vorgriffe steuern lassen. Ich tue in meinem beruflichen
Leben alles dafür, den betroffenen Frauen zu helfen,
die Erkrankung zu vermeiden beziehungsweise zu besiegen. Aber jedes einzelne dieser Leben ist es wert,
gelebt zu werden. a
www.mammamia-online.de47
7
48Mamma
Mia!
Brustkrebs bei
der jungen Frau
Tumor ist nicht gleich Tumor
7 Brustkrebs bei der jungen Frau
Brustkrebs bei der jungen Frau
Besonderheiten und Therapieoptionen
In Deutschland erkrankten im Jahr 2008 mehr als
71.660 Frauen an Brustkrebs (Mammakarzinom). Die
prognostizierte Anzahl an Neuerkrankungen für das Jahr
2012 betrug 74.500. Die Hälfte der betroffenen Frauen
erkrankt vor dem 65. Lebensjahr, jede zehnte ist bei
­Diagnosestellung jünger als 45 Jahre – ein Alter, in dem
die meisten übrigen Krebserkrankungen zahlenmäßig
noch kaum eine Rolle spielen. Es trifft aber auch Frauen in jungem Alter, also schon vor dem 35. Lebensjahr.
Insgesamt zehn Prozent aller Patientinnen mit Brustkrebs erkranken mit 35 Jahren oder früher. Unter dem
20. Lebensjahr wird die Häufigkeit der Neuerkrankung
auf 0,1 pro 100.000 Frauen geschätzt. Zwischen 20
und 25 steigt die Häufigkeit auf 1,5 pro 100.000 Frauen
und zwischen 25 und 30 auf 8,1 pro 100.000 Frauen.
Über dem 30. Lebensjahr nimmt die Häufigkeit zu und
erreicht einen Wert um 25 bis 30 Neuerkrankungen pro
100.000 Frauen zwischen 30 und 35 Lebensjahren. In
der Altersgruppe zwischen 15 und 34 Jahren liegt die
Zahl der Neuerkrankungen in der Bevölkerung statistisch
gesehen aber nur bei etwa 0,01 Prozent.
Werden Brustkrebspatientinnen
jünger?
Die Zahlen sind seit Jahren nahezu konstant, auch wenn
der Eindruck besteht, dass sie steigen. Dies hängt wahrscheinlich mit der höheren öffentlichen Aufmerksamkeit zusammen, die diese Erkrankung unter anderem
dadurch erfahren hat, dass in jüngerer Zeit prominente
betroffene junge Frauen offensiv mit ihrer Erkrankung umgegangen sind. Auf die Gesamtbevölkerung betrachtet,
ist jedoch eine Zunahme des Auftretens von Brustkrebs
zu verzeichnen und somit prozentual gesehen auch ein
gehäuftes Auftreten bei der jungen Frau. Die Ursachen
hierfür sind nicht geklärt. Die Häufigkeit von Brustkrebs
bei Migrantinnen aus einer Region mit niedriger Brustkrebshäufigkeit in ein Land mit hoher Häufigkeit (wie zum
Beispiel die USA und Europa) passt sich innerhalb von
ein bis zwei Generationen an die Erkrankungshäufig­keit
ihrer neuen Umgebung an. Daher lassen sich die hohen
Brustkrebsraten in westlichen Ländern nicht ­allein durch
genetische Unterschiede erklären. Diskutiert ­werden
unter anderem mangelnde Bewegung, Über­
­
gewicht
und Alkoholkonsum.
Besondere Lebenssituation
der jungen Frau
Die Diagnose Brustkrebs bedeutet für fast alle ­Frauen
zunächst einen immensen Einschnitt in ihr bisheriges
Leben, verbunden mit großen Ängsten und ­extremer
Hilflosigkeit. Die Diagnose in jungen Jahren stellt
­viele ­Patientinnen vor besondere Herausforderungen.
­Themen, die Familie, Fertilität und Partnerschaft betreffen, sind insbesondere für junge Patientinnen zentral.
Das Leben der jungen Frauen ist zumeist durch viele An­
forderungen und Veränderungen geprägt. Viele ­befinden
sich noch in Ausbildung oder Studium. ­Manche trifft die
Diagnose Brustkrebs, wenn sie zu Beginn ihres Berufslebens stehen und die Erkrankung sie in ihrer Karriere
zurückwirft. Viele Frauen kümmern sich neben ihrem
Beruf um Kinder und den Haushalt. Andere wünschen
sich noch Kinder und fragen sich, ob dies mit Krebs
überhaupt möglich ist. In seltenen Fällen erfolgt die
­Diagnose ­während Schwangerschaft oder Stillzeit – dies
bedeutet besondere Anforderungen an die ­Diagnostik
und ­Therapie. Jüngere Frauen mit Brustkrebs äußern
mehr Bedürfnisse und zugleich oft eine höhere Unzufriedenheit mit den Unterstützungsangeboten durch Ärzte,
Pflegende und andere Gesundheitsberufe.
Besonderheiten der Diagnostik
Bei älteren Frauen lässt sich Brustkrebs oft leichter feststellen: Das feste Brustdrüsengewebe hat sich zurückge-
www.mammamia-online.de49
bildet, Knoten fallen daher eher auf. Bei ­Jüngeren ist das
Brustgewebe meist dichter und K
­ noten lassen sich nicht
so leicht ertasten. Die Brust ist somit auch strahlendichter,
dies erschwert die Bild­gebung mittels ­Mammographie.
Zum Zeitpunkt, wenn ein Knoten er­tastet wird, ist er
daher häufiger schon weiter fort­geschritten. Aufgrund
der Brustdrüsendichte ist die Mammographie als regelmäßiges Screening-­Instrument nicht geeignet und das
relativ seltene Auftreten von Brustkrebs in j­ungen Jahren
rechtfertigt nach Expertenmeinung keine regelmäßige
Strahlenbelastung der Brustdrüse durch die Mammographie. Nichtsdestotrotz scheint eine eng­maschigere
Kontrolle bei Patientinnen mit einem ­familiär gehäuften
Auftreten von Brustkrebs sinnvoll zu sein. Ein frühes
Erkrankungsalter von 35 Jahren oder jünger kann Hin-
50Mamma
Mia!
Tumor ist nicht gleich Tumor
weis auf eine erbliche Form der Erkrankung sein. Bei
etwa einem Drittel der Brustkrebspatientinnen unter 35
ist dies der Fall. Doch gerade junge Frauen rechnen
nicht damit, an Brustkrebs zu erkranken. Oft werden
Veränderungen nicht wahrgenommen oder als harmlos fehlinterpretiert, sowohl von Seiten der Patientin als
auch von ärztlicher Seite. Die Entscheidung, eine Veränderung zu beobachten, kann dann wichtige Zeit bis
zur Diagnosestellung kosten.
Genetik
Die Diagnose Brustkrebs bei der jungen Frau muss den
behandelnden Arzt immer an eine erbliche Form ­denken
lassen. Insgesamt rund zehn Prozent aller Brustkrebs­
7 erkrankungen sind familiär bedingt. Der erblich bedingte
Brustkrebs ist in etwa 30 Prozent der Fälle ursächlich
durch Mutationen in den Genen BRCA1 und BRCA2
zu erklären. Das mediane Erkrankungsalter für BRCA1
­Mutationsträgerin liegt bei 41 Jahren und für die BRCA2Mutationsträgerin bei 45 Jahren und damit etwa 20
­Jahre unter dem durchschnittlichen Er­krankungsalter,
welches bei 64 Jahren liegt. Die Trägerinnen dieser
­Genmutationen, die bereits an einem Brustkrebs erkrankt sind, haben ein erhöhtes Rückfallrisiko, ein erhöhtes Risiko ebenfalls einen Brustkrebs in der anderen
Brust zu entwickeln und ein erhöhtes Lebenszeitrisiko,
an Eierstockkrebs zu erkranken. Eine Vorstellung dieser
Patientinnen in spezialisierten Zentren für Brust- und
Eierstockkrebs ist empfehlenswert. Eine interdisziplinäre Beratung und Betreuung dieser Patientinnen durch
Genetiker, Gynäkologen, Radiologen und Psychologen
kann hier gewährleistet werden.
Besonderheiten der Tumorbiologie
Die meisten Studien, die sich mit dem Mammakarzinom der jungen Frau und dessen histopathologischen
Eigenschaften beschäftigen, zeigen, dass dieses sich
offenbar vom Mammakarzinom der älteren Frau unterscheidet. Insgesamt ist festzustellen, dass die Tumoren bei jung Erkrankten eine aggressivere Tumorbiologie
in Bezug auf Grading, Angioinvasion, Proliferation und
Hormonrezeptorexpression aufweisen. So findet man
bei jünger erkrankten Frauen häufiger den „basal-like
phenotype“, einen histologischen Typ, der durch hohes
Grading (G3), eine hohe Zellteilungsrate und Rezeptornegativität charakterisiert ist. Dieser Typ findet sich vor
allem bei BRCA1-Mutationsträgerinnen. Dieser Typus
zeigt eine große Übereinstimmungen mit dem „triplenegativen Mammakarzinom“, welches definitionsgemäß
zunächst dadurch charakterisiert wird, dass es dreifach
(=triple) negativ für die Merkmale Östrogenrezeptor, Progesteronrezeptor und HER2/neu-Rezeptor ist. Das heißt,
der Rezeptornachweis auf der Tumorzelloberfläche fällt
negativ aus. Bei BRCA2-Mutationsträgerinnen ist der
„basal-like phenotype“ seltener, der Anteil an hormonrezeptorpositiven Brusttumoren ist höher als bei den
BRCA-1-Mutationsträgerinnen und es findet sich ein
höherer Anteil an G2- und G3-Tumoren. Auch bei den
Brustkrebs bei der jungen Frau
nicht erblich bedingten Mammakarzinomen der jungen
Frauen ist der Anteil an Tumoren, die hormonrezeptornegativ sind und ein höheres Grading aufweisen, statistisch höher gegenüber dem der älteren Patientinnen. Die
Mehrheit der Studien zeigt eine schlechtere Prognose
für die junge Patientin im Vergleich zur älteren. Mehrere
Autoren definieren die jung erkrankte Patientin als eigene
Entität. Dies wird auch dadurch gestützt, dass neuere
Studien Unterschiede in der Expression verschiedener
Gene zeigen.
Operative Therapie
Eine große Zahl von Studien konnte in den letzen Jahren
belegen, dass es keinen statistisch signifikanten Unterschied im Gesamtüberleben zwischen brusterhaltender
Therapie (BET) mit nachfolgender Bestrahlung und der
Brustabnahme gibt. Für ein junges Erkrankungsalter als
unabhängig zu wertender Risikofaktor konnte ebenfalls
kein Einfluss auf die Rezidivrate in der Brust nach BET in
Kombination mit Bestrahlung im Vergleich zur Brustabnahme nachgewiesen werden. Anders stellt sich die
Situation für BRCA1-oder BRCA2-Mutationsträgerinnen
dar. Einzelheiten hierzu sind dem gesonderten Beitrag
zu entnehmen (siehe Seite 42). Die Indikationen für die
Wächterlymphknotenmethode unterscheiden sich nicht
von denen für die ältere Patientin.
Chemotherapie und Therapie mit
zielgerichteten Substanzen
Die Chemo- und Antikörpertherapie unterscheidet
sich bei der jungen Patientin nicht wesentlich von der
­Therapie der älteren Patientin. Ausschlaggebend für
die Wahl einer Therapie sollte vielmehr die Tumor­bio­
logie als das Alter sein. Nichtsdestotrotz finden sich bei
­jüngeren ­Patientinnen öfter wie eingangs beschrieben
aggressivere Tumoren, so dass häufiger die Indikation
zur ­Chemotherapie gestellt wird. Im Regelfall sind ­jüngere
Patientinnen durch das Fehlen von Begleiterkrankungen auch belastbarer für eine Therapie. Im Vergleich
von mehreren randomisierten Studien scheint die junge
Patientin auch einen größeren Nutzen von der Chemotherapie in Hinsicht auf das rückfallfreie Überleben und
das Gesamtüberleben zu haben als die ältere Patientin.
www.mammamia-online.de51
Antihormonelle Therapie
Die antihormonelle Therapie der Frau vor den Wechseljahren unterscheidet sich von der der älteren Patientin.
Die Standardtherapie der prämenopausalen, hormonrezeptorpositiven Patientin ist die Behandlung mit dem
Antiöstrogen Tamoxifen über fünf Jahre in Form einer
täglichen Tabletteneinnahme. Es blockiert die Andockstellen für Östrogen an den Zellen. Bei rezeptorpositiven
Mammakarzinompatientinnen wird durch die Gabe von
Tamoxifen über fünf Jahre die Rezidivrate halbiert und
die Sterblichkeit um 37 Prozent gesenkt. Eine zusätzliche
Unterdrückung der Eierstockfunktion kann grundsätzlich durch eine Operation oder medikamentös erfolgen.
Als Methoden kommen hier vor allem die Eierstockentfernung, die durch die Chemotherapie hervorgerufene
52Mamma
Mia!
Tumor ist nicht gleich Tumor
Unterdrückung der Eierstockfunktion oder die Gabe
von GnRH-Agonisten wie Goserelin, Leuprorelin oder
­Triptorelin zum Einsatz.
Eine Verbesserung des Ansprechens wurde durch die
zusätzliche Gabe von GnRH-Agonisten zur Tamoxifentherapie und ebenfalls durch die operative Eierstockentfernung beschrieben. Die Daten hierzu sind jedoch nicht
übereinstimmend und die Ergebnisse weiterer Studien,
die diese Fragestellung untersuchen, stehen aus. Die
Konstellation GnRH-Analogon + Tamoxifen und zusätzliche Chemotherapie scheinen sowohl die Rezidivrate
als auch die krankheitsfreie Zeit zu verbessern. Dies
scheint am ausgeprägtesten bei jungen Frauen der Fall
zu sein. Für junge Patientinnen mit dem entsprechenden
Risiko­profil ist deshalb der Einsatz von GnRH-Agonisten,
7 ­ amoxifen und Chemotherapie zu empfehlen. Nach dem
T
40. Lebensjahr scheint die Hinzunahme eines GnRHAnalogons zum Tamoxifen ohne zusätzlichen Nutzen
zu sein.
Besondere Erwähnung verdienen sicherlich auch die
Daten aus der ABCSG-12-Studie der österreichischen
Arbeitsgruppe um Professor Gnant, die 2008 ver­
­
öffentlicht wurden. Diese Daten sind insofern gerade
für die junge Patientin bedeutsam, als dass zum einen
bei insgesamt über 1.800 untersuchten prämenopausalen, hormonrezeptorpositiven Patientinnen auch ohne
Chemo­therapie mit der Kombination einer antihormonellen Therapie und einem Bisphosphonat ein 5-JahresÜberleben von über 98 Prozent erzielt werden konnte,
obwohl fast ein Drittel des untersuchten Kollektivs einen
Lymphknotenbefall von bis zu drei Lymphknoten hatte. Zum anderen konnte für dieses Kollektiv der Nutzen e
­ iner adjuvanten Bisphosphonattherapie gezeigt
werden. Bisphphosphonate sind nebenwirkungsarme
Substanzen, die regelhaft in der Behandlung der Osteoporose und in der Behandlung von Knochenmetastasen zum Einsatz kommen. Die Rückfallquote konnte
mit dem B
­ isphosphonat Z
­ oledronat zusätzlich zur antihormonellen Therapie um 35 Prozent reduziert werden.
In dieser Studie konnte auch gezeigt werden, dass der
Einsatz von Aromatasehemmern bei der jungen Frau dem
­Tamoxifen unterlegen ist. Zusätzliche Studien­ergebnisse
zu dieser Fragestellung stehen aus.
Ein Einsatz von Aromatsehemmern ohne zusätzliche
Unterdrückung der Eierstockfunktion verbietet sich bei
der jungen Frau. Jüngere Daten zeigen, dass bei jungen
Frauen, bei denen die Einnahme von Tamoxifen nicht
angezeigt ist, eine alleinige Therapie mit einem GnRHAnalogon möglich zu sein scheint.
Zusammenfassung
Die Datenlage bezüglich der jungen Patientin ist derzeit
nicht einheitlich und die Studien sind in den wenigsten
Fällen mit dem Schwerpunkt auf das Alter der Patientin ausgerichtet. Erschwert wird der Vergleich der Ergebnisse vor allem dadurch, dass in den Studien zwar
die Alterszusammensetzung des Kollektivs beschrieben
Brustkrebs bei der jungen Frau
AUTOrin
Dr. med. Stefanie Noeding
Gynäkologische-onkologische Praxis
Pelikanplatz 33
30177 Hannover
Tel.: 0511 6555-280
Fax: 0511 6555-2816
E-Mail:[email protected]
wird, aber nur zu einem kleinen Teil die Ergebnisse in
Korrelation zum Alter präsentiert werden. So kann die
Frage, ob das Mammakarzinom der jungen Frau eine
eigene Entität darstellt, zum jetzigen Zeitpunkt nicht beantwortet werden. Möglicherweise steht vielmehr die
Biologie des einzelnen Tumors im Vordergrund und gewisse aggressivere Tumorarten finden sich gehäuft bei
der jungen Frau. So finden sich öfter größere Primärtumoren, ein höherer Anteil an hormonrezeptornegativen Tumoren, ein höheres Grading, mehr triple-negative
Tumoren, mehr Karzinome vom basalen Zelltyp und ein
früherer Einbruch ins Lymphgefäßsystem. Unabhängig
vom Alter: Brustkrebs ist nicht gleich Brustkrebs. Es
gibt verschiedene Formen und damit auch Prognosen.
Wichtige Faktoren sind unter anderem Alter, Stadium,
Grading, Lymphknotenbefall oder die Hormonempfindlichkeit der Tumorzellen.
Wissen nimmt Angst! Entscheidend ist es deshalb für die
Patientin, dass sie sich gut über die Krankheit und ihre
genaue Form des Brustkrebses informiert. So versteht
sie Therapieentscheidungen besser und kann selbstbestimmter Entscheidungen treffen, hinter denen sie steht.
Auch wenn die Entstehung des Brustkrebses nicht verhindert werden kann, eine frühe Diagnose und eine zügig
begonnene Therapie können die Prognose signifikant
verbessern. In über 90 Prozent aller Fälle, in denen eine
Diagnose in einem frühen Stadium der Erkrankung gestellt werden kann, ist eine Heilung möglich. a
www.mammamia-online.de53
Reproduktionsmedizin
Chancen für den Kinderwunsch nach Krebs
Eine Krebserkrankung zieht immer einschneidende Veränderungen mit sich. Trifft sie junge Frauen, werden
diese oft jäh in ihrer Lebens- und Familienplanung unterbrochen. Die Therapien lassen keinen Raum für eine
Schwangerschaft. Auch ist unklar, wie sich die Fruchtbarkeit der Frauen verändert. Dennoch bleibt für die
Zeit danach eine Chance: Die Frauen können Eizellen
absaugen und – befruchtet oder unbefruchtet – einfrieren lassen. Doch was müssen sie dabei beachten? Wo
finden sie geeignete Kinderwunschzentren? Antwort gibt
das im Mai 2006 gegründete Netzwerk FertiPROTEKT.
Mamma Mia! sprach mit Professor Dr. Michael von Wolff,
ärztlicher Leiter des Projekts.
54Mamma
Mia!
Tumor ist nicht gleich Tumor
Mamma Mia!: An wen sollten sich Frauen wenden, wenn
sie an Krebs erkranken, bevor ihr Kinderwunsch abgeschlossen ist?
Prof. Dr. Michael von Wolff: An ein versiertes Kinderwunschzentrum, das alle Maßnahmen zum Erhalt der
Fertilität anbietet – und diese zu einem angemessenen
Preis durchführt. Das Zentrum sollte eng mit den behandelnden Onkologen zusammenarbeiten und ein integriertes Konzept zur Erhaltung der Fertilität ermöglichen.
Zentren, die diese Qualitätskriterien erfüllen, finden sie
auf der Homepage des Netzwerks FertiPROTEKT unter
www.fertiprotekt.de.
7 Brustkrebs bei der jungen Frau
Kontakt
Prof. Dr. Michael von Wolff
Inselspital Bern, Frauenklinik
Abteilung für Gynaekologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin
Effingerstrasse 102
CH-3010 Bern
Tel.: +41 (0) 31 632 1303 (Sekretariat)
Fax: +41 (0) 31 632 1305
E-Mail:[email protected]
Mamma Mia!: Welche Möglichkeiten haben die Frauen?
Prof. Dr. Michael von Wolff: Beginnt die Chemotherapie
erst nach einer Frist von zwei Wochen, können nach
einer Hormonstimulation Eizellen aus den Eierstöcken
abgesaugt und – befruchtet oder unbefruchtet – tiefgefroren eingelagert werden. Ist der Zeitpuffer kürzer als
zwei Wochen, kann Eierstockgewebe bei einer Bauchspiegelung entnommen und eingefroren werden. Ergänzend ist eine Behandlung mit GnRH-Analoga während
der Chemotherapie möglich, was die Frauen künstlich
in die Wechseljahre versetzt. Dies soll die Schädigung
der Eierstöcke verringern.
Mamma Mia!: Ist es nicht ausreichend, die Eierstöcke
während der Chemotherapie mit GnRH-Analoga zu
schützen?
Prof. Dr. Michael von Wolff: Ihre Wirksamkeit ist noch
nicht gesichert. Es existieren widersprüchliche wissenschaftliche Studien, so dass man sich nicht alleine auf
das Medikament verlassen sollte. Auch ist nicht klar, ob
GnRH-Analoga bei einem hormonempfindlichen Tumor
eingesetzt werden sollten.
Mamma Mia!: Welche Risiken haben die Chemo- und
Strahlenbelastung für eine spätere Schwangerschaft?
Prof. Dr. Michael von Wolff: Werden Keimzellen eingelagert, so ist das Risiko nicht größer als bei jeder
künstlichen Befruchtung. Wird die Patientin von alleine schwanger, wurden bisher keine erhöhten Risiken
für die Nachkommen nachgewiesen. Eine Schwangerschaft sollte jedoch erst sechs, besser zwölf Monate
nach der Chemotherapie eintreten. Aus onkologischer
Sicht soll es sinnvoll sein, noch länger zu warten – bis
die Patientin mit großer Sicherheit von der Krebserkrankung geheilt ist.
Mamma Mia!: Wie hoch ist überhaupt die Möglichkeit,
nach einer Chemo- und Strahlentherapie schwanger
zu werden, wenn keine Maßnahmen zum Schutz der
Fertilität durchgeführt wurden?
Prof. Dr. Michael von Wolff: Das Risiko, dass die Eierstöcke aufgrund einer Chemotherapie ihre Funktion
einstellen, wird altersabhängig auf 20 bis 80 Prozent
geschätzt. Ist die Patientin sehr jung, ist das Risiko eher
gering. Mit zunehmendem Alter steigt es deutlich an.
Da auch die Art der Chemotherapie entscheidend ist,
können keine pauschalen Aussagen gemacht werden.
Mamma Mia!: Steigt bei hormonabhängigen Tumoren
das Rezidivrisiko durch fertilitätserhaltende Maßnahmen
oder eine Schwangerschaft?
Prof. Dr. Michael von Wolff: Es ist nicht davon auszugehen, dass eine kurzzeitige hormonelle Stimulation,
wie sie zur Entnahme von Eizellen notwendig ist, die
Prognose der Patientin verschlechtert. Gleiches gilt für
eine Schwangerschaft. In kleinen Studien wurde keine
erhöhte Rezidivrate nachgewiesen. Allerdings gibt es
auch keine Studien, die belegen, dass eine Hormon­
stimulation unschädlich ist. a
www.mammamia-online.de55
8
56Mamma
Mia!
Medizinische
­Studien
Tumor ist nicht gleich Tumor
8 Medizinische Studien
Medizinische Studien
Die Basis wissenschaftlichen Fortschritts
Studien sind die Basis wissenschaftlichen Fortschritts.
Darüber sind sich alle einig. Für ihre Durchführung werden freiwillige Patienten benötigt, die an den Studien
teilnehmen. Prinzipiell erachten viele Betroffenen die Teilnahme an Studien als Vorteil, weil sie nach neuesten
medizinischen Erkenntnissen und mit neuen Wirkstoffen
behandelt werden. Es gibt jedoch einige Fragen, die immer wieder auftauchen. Wer steckt eigentlich hinter einer
Studie? Inwiefern werden die Interessen der Auftraggeber bei der Durchführung der Studie berücksichtigt?
Wer stellt sicher, dass auch Patientenrechte gewahrt
werden? Mamma Mia! sprach mit Professor Dr. Gunter
von Minckwitz von der German Breast Group, einer international tätigen Forschungseinrichtung, die mit der
Durchführung medizinischer Studien beauftragt wird.
Mamma Mia!: Herr Professor von Minckwitz, Sie leiten
seit 2003 die German Breast Group, die sich mit nationalen und internationaler Brustkrebs-Studien befasst.
Wie sieht Ihre Tätigkeit konkret aus?
Prof. Dr. Gunter von Minckwitz: In unserer akademischen Forschungseinrichtung werden Brustkrebs-Studien geplant, organisiert und durchgeführt. Wir ermitteln
mit Hilfe unserer Expertengremien zunächst den Bedarf an neuen Therapien beziehungsweise Wirkstoffen.
Steht die Fragestellung fest, muss die Finanzierung der
Studie geklärt werden. Anschließend wird ein ausführliches Protokoll über den Studieninhalt verfasst, das verschiedenen Gremien und Kommissionen zur Genehmigung vorgelegt wird.
Mamma Mia!: Sie erwähnten Expertengremien. Welche
Gremien gibt es?
Prof. Dr. Gunter von Minckwitz: Wir arbeiten mit fünf Expertengremien, auch Subboards genannt, zusammen.
Diese befassen sich mit Themen der neoadjuvanten,
adjuvanten, palliativen und operativen Brustkrebstherapie sowie der translationalen Forschung. Die translationale Forschung ist die Schnittstelle zwischen präklinischer Forschung und klinischer Entwicklung, also
der Übergang vom Labormodell hin zur Anwendung am
Menschen. Wir versuchen, wenn möglich, für jede Studie einen Studienleiter aus einem unserer Gremien zu
finden. Das hat den Vorteil, dass wir die Datenbankhoheit haben, mehr Einfluss nehmen können sowie über
alle Publikationsrechte verfügen.
Mamma Mia!: Wie geht es weiter, wenn die Studiendurchführung von allen relevanten Gremien und Kommissionen genehmigt wurde?
Prof. Dr. Gunter von Minckwitz: Dann werden Patientinnen rekrutiert. Statistiker berechnen, welche Fallzahlen
zur Beantwortung der Fragestellung gebraucht werden.
Die benötigte Fallzahl, also die Anzahl der Patienten in
einer Studie, ist von der Fragestellung abhängig. Soll
beispielsweise eine Aussage über Überlebenszahlen ermittelt werden, ist die Fallzahl höher als bei einer Studie,
in der das Ansprechen auf eine bestimmte Therapie
untersucht wird. In Phase-II-Studien wird zum Beispiel
untersucht, ob eine Therapie überhaupt Wirkung zeigt.
Dafür werden eher weniger Teilnehmer benötigt. Will
man dann jedoch mittels einer Phase-III-Studie den Beweis erbringen, dass Betroffene von einer neuen Therapie tatsächlich profitieren, werden sehr viele Teilnehmer benötigt.
Mamma Mia!: Können Sie das in absoluten Zahlen beziffern?
Prof. Dr. Gunter von Minckwitz: Das ist sehr schwierig,
weil es so viele verschiedene Studien gibt. So schwanken die Teilnehmerzahlen je nach Fragestellung von 50
bis 10.000.
www.mammamia-online.de57
Mamma Mia!: Das klingt nach enormen Kosten …
Prof. Dr. Gunter von Minckwitz: Die Kosten für Studien
sind in der Tat enorm. Zwar gibt es auch hier große Unterschiede, aber wir müssen mit 3.000 bis 10.000 Euro
pro Studienteilnehmer rechnen. Ein großer Teil der Kosten
entsteht durch Genehmigungsverfahren, die Ethikkommission, Versicherungen und andere bürokratische Verpflichtungen. Eine der größten Brustkrebs-Studien, die derzeit
läuft, ist die ALLTO-Studie. Diese Studie untersucht die
Wirksamkeit des neuen Medikaments Tyverb (Lapatinib)
im Vergleich zu Herceptin (Trastuzumab) in der Nachbehandlung von Frauen, die Brustkrebs haben und deren
Tumorzellen Her2neu-positiv getestet sind. Die Gesamtkosten für diese Studie werden sich auf rund eine Milliarde
Euro belaufen. Wenn man sich diese Kosten vor Augen
führt wird klar, warum Medikamente zunächst geschützt
und häufig sehr teuer sind. Die Entwicklungskosten müssen eben wieder reingeholt werden.
Mamma Mia!: Wer entscheidet, welche Studienart bei
der jeweiligen Fragestellung am besten geeignet ist?
Prof. Dr. Gunter von Minckwitz: Unsere Experten entscheiden aus ihrer Erfahrung heraus von Fall zu Fall, welche Studienform gewählt wird. Oftmals ergibt sich die
Antwort schon aus der Fragestellung. So unterscheiden
wir beispielsweise prospektive und retrospektive Untersuchungen. Die prospektive Studie wird im Voraus geplant, so können wir alle Messgrößen festlegen. Bei der
retrospektiven Studie werden Daten analysiert, die vor
Beginn der Untersuchung erhoben wurden. Die nächste Frage ist, ob wir eine Placebo kontrollierte Studie
KOnTrOLLierTe sTUDie
Eine neue Behandlungsform muss stets mit einer
herkömmlichen Art der Behandlung oder einem
Scheinmedikament (Placebo) verglichen werden.
Denn allein die Tatsache, dass ein Patient an einer
Studie teilnimmt, könnte das Ergebnis der Studie verfälschen. Eine „kontrollierte Studie“ hat somit mehrere
„­Kontrollgruppen“.
durchführen können. Das bedeutet, dass ein Studienarm mit einem Scheinmedikament behandelt wird. Auch
die „Verblindung“ ist ein Entscheidungsfaktor. Diese ist
dann gegeben, wenn weder der Patient noch der Arzt
weiß, welches Medikament zum Einsatz kommt. Auch
diese Methode ist nicht immer durchführbar.
Mamma Mia!: Placebo, Verblindung … Ist es nicht
schwer, Patienten zur Teilnahme einer Studie zu bewegen, bei der sie nicht wissen, ob und wenn ja welchen
Wirkstoff sie bekommen?
Prof. Dr. Gunter von Minckwitz: Natürlich bedarf es guter Aufklärungsarbeit, um Betroffene zu überzeugen. Meine Argumente für eine Studienteilnahme sind folgende:
Heutzutage glaubt kaum mehr jemand an den „Gott in
Weiß“. Gerade in der Brustkrebstherapie gibt es viele Behandlungswege, insbesondere bei einem fortgeschrittenen
Stadium. Als Studienteilnehmerin kann sich eine Patientin
rAnDOMisierTe sTUDie
Bei einer „randomisierten Studie“ erfolgt die Zuteilung
in die verschiedenen Kontrollgruppen nicht durch den
Studienleiter, sondern von einer zentralen Stelle aus
nach dem Zufallsprinzip.
sicher sein, dass die Therapie gut durchdacht ist, dass es
explizite Vorgaben gibt und die Durchführung strukturiert
ist. Die Patientin wird mit einbezogen, besser aufgeklärt
und betreut. Der behandelnde Arzt hat sich im Vorfeld intensiv mit der Therapie befasst. Er hat ein großes Interesse
am Verlauf der Therapie und wird sich daher intensiv um die
Patientin kümmern. Die Patientin hat außerdem die Möglichkeit, eine potentiell bessere Therapie zu bekommen.
Dazu kommt ein vielleicht altruistischer Ansatz: Jede Patientin profitiert heute von Studien, die in der Vergangenheit
durchgeführt wurden. Jede wissenschaftliche Erkenntnis
kam nur durch die Mitwirkung Betroffener zustande. Auch
künftige Generationen werden sich über Entwicklungen
freuen, die heute erarbeitet werden.
Mamma Mia!: Sie sagen, die Patientin könnte von einer
58Mamma
Mia!
Tumor ist nicht gleich Tumor
8 bLinDe, DOPPeLbLinDe sTUDie
Von einer blinden Studie spricht man dann, wenn der
Patient nicht weiß, welches Medikament er einnimmt.
So kann verhindert werden, dass seine Erwartungen das Studienergebnis beeinflussen. In einer doppelblinden Studie wissen weder Patient noch Arzt,
in welcher Kontrollgruppe der Teilnehmer ist. Erst
bei Komplikationen wird offen gelegt, mit welchem
Wirkstoff der Patient behandelt wird.
möglicherweise besseren Therapie profitieren. Wenn sie
nun aber im Arm der herkömmlichen Therapie ist und
sich die neue Therapie als besser erweist, hat sie keinen
Vorteil. Was geschieht in so einem Fall?
Medizinische Studien
der Bekanntmachung solcher Vorfälle liegt beim durchführenden Hauptverantwortlichen der Studie. Es gibt
mittlerweile die Vorschrift, das Ergebnis einer Studie in
knapper Form auf entsprechenden Homepages (zum
Beispiel clinicaltrials.gov) zu veröffentlichen. Das ersetzt
aber nicht eine Publikation in einer Fachzeitschrift mit
einem ordnungsgemäßen Review durch andere Experten. diese kann jedoch theoretisch Jahre nach Studienabbruch beziehungsweise in einem kleinen Blatt
veröffentlicht werden, so dass niemand wirklich davon
hört. Die Ethikkommission wird jedoch stets ein Auge
auf die Studiendurchführung haben und gegebenenfalls
veranlassen, dass eine Studie abgebrochen wird, dass
ein Wirkstoff vom Markt genommen oder die Zulassung
geändert wird. Bei der German Breast Group haben
wir keine Probleme mit der Veröffentlichung negativer
Ergebnisse. Da wir ein akademisch ausgerichtet sind,
sind auch negative Ergebnisse publizierbar.
Prof. Dr. Gunter von Minckwitz: Wir vergleichen ja immer den Goldstandard mit einer experimentellen Therapie. Stellt sich nun im Studienverlauf heraus, dass
die Teilnehmerinnen von der experimentellen Therapie
einen wesentlich größeren Nutzen haben, wird diese
selbstverständlich auch der Vergleichsgruppe angeboten. Ein unabhängiges Komitee, bestehend aus Ärzten
und Patientenvertretern, prüft regelmäßig, ob der Standard noch aktuell ist. Ansonsten wird nachträglich korrigiert, was für Wissenschaftler natürlich problematisch
ist. Hier zählen jedoch ethische Gesichtspunkte. Erst
jüngst gab es bei einer Herceptin-Studie den Fall, dass
Frauen nachträglich in den Herceptin-Arm wechselten,
weil die Ansprechrate so groß war. Ist die Erwartung
an die experimentelle Therapie sehr hoch, können auch
mehr Teilnehmer den Wirkstoff statt Placebo bekommen. In manchen Studien ist das Verhältnis 2:1.
Mamma Mia!: Was passiert, wenn das Studienergebnis
negativ verläuft? Zum Beispiel erregte die Tibolon-Studie
großes Aufsehen. Die Studie wurde abgebrochen, weil unter der Einnahme von Tibolon vermehrt Rezidive auftraten.
Der Nachricht über dieses Ergebnis sickerte jedoch nur
langsam zu den Betroffenen durch. Wie kann es sein, dass
solche Ergebnisse nicht weitreichend publiziert werden?
Prof. Dr. Gunter von Minckwitz: Nun, die Verantwortung
Mamma Mia!: Entstehen durch Publikationen negativer
Ergebnisse keine Interessenkonflikte mit ihren Auftraggebern?
Prof. Dr. Gunter von Minckwitz: Unsere Auftraggeber
wissen unsere unabhängige, akademische Forschung
zu schätzen und sie ist wichtig für sie. Theoretisch wäre
der Versuch einer Einflussnahme denkbar, jedoch würden wir uns hierdurch nicht beeinflussen lassen. Wir
www.mammamia-online.de59
sind international stark genug, um hinter unserer Unabhängigkeit stehen zu können.
Mamma Mia!: In Internetforen gibt es von Zeit zu Zeit
Berichte von Frauen, die aus Studien ausgeschlossen
werden, weil sich beispielsweise trotz der Einnahme
von Medikamenten Metastasen bildeten. Ist es gängige
Praxis, dass Teilnehmerinnen mit nicht vorhersehbarem
Verlauf ausgeschlossen werden?
Prof. Dr. Gunter von Minckwitz: Nein, definitiv nicht.
Im Gegenteil, es ist sehr schwierig, Patientinnen aus
Studien zu entlassen. Das geht nur, wenn es der ausdrückliche Wunsch der Betroffenen ist. Und selbst
dann bleiben die Daten, die bisher erhoben wurden,
bestehen. Es gibt jedoch in der Onkologie den Grundsatz, dass Therapien, die nicht den gewünschten Erfolg bringen, abgebrochen werden. Denn schließlich
haben alle Therapien auch Nebenwirkungen. So kann
1 Fokus Krankheit
2 S uche nach dem Angriffspunkt
3 S uche nach Ausgangssubstanzen
Am Anfang steht die Entscheidung, für
Patienten, die an einer bisher nicht gut
behandelbaren Krankheit leiden, ein neues Medikament zu entwickeln.
Pharmaforscher ermitteln einen geeigneten Angriffspunkt (Target) im Krankheitsgeschehen. Das ist meist ein körpereigenes Molekül, an dem ein Wirkstoff
ansetzen und so die Krankheit heilen, lindern oder ihr Fortschreiten hinauszögern
können. Geht es um eine Infektionskrankheit, kommen auch Moleküle des Erregers
in Betracht.
Es werden Anhaltspunkte dafür gesucht,
wie ein Wirkstoff aussehen könnte. Eine
Möglichkeit: Screening. Hierbei werden
bis zu zwei Millionen Substanzen – eine
nach der anderen – mit den Targetmolekülen zusammengebracht. Substanzen,
die sich an das Target binden und damit
eine Wirkung haben könnten, werden Hits
genannt.
6S
tudien mit wenigen
Gesunden: Phase 1
7E
ntwicklung der
Darreichungsform
8S
tudie mit wenigen
Kranken: Phase 2
Nun kann der Wirkstoff beim Menschen
erprobt werden. Dazu wird mit gesunden Freiwilligen geprüft, wie sich geringe
Mengen des Wirkstoffs im Körper verhalten und ab welcher Konzentration sie
beginnen, merklich Nebenwirkungen zu
verursachen.
Für den Wirkstoff wird eine Darreichungsform entwickelt, z. B. eine Tablette, ein
Zäpfchen, Spray oder Wirkstoffpflaster.
Erst dadurch wird aus dem Wirkstoff ein
„richtiges“ Medikament.
Von etwa 100 bis 500 Patienten, die freiwillig an den Studien teilnehmen, erhalten
einige das neue Medikament, die anderen
eine Vergleichsbehandlung. Die Ärzte
untersuchen Wirksamkeit, Verträglichkeit,
und die richtige Dosierung.
60Mamma
Mia!
Tumor ist nicht gleich Tumor
8 es schon mal sein, dass eine Medikation abgesetzt
wird. Das bedeutet aber nicht, dass die Patientin ausgeschlossen wird. Es würde jedoch auch keinen Sinn
machen, die Patientin weiter mit einem Wirkstoff zu
behandeln, der bei ihr nicht wirkt. Ich denke, es ist eine
Frage der richtigen Kommunikation. Es ist die Aufgabe
des betreuenden Arztes, mit der Patientin zu besprechen, warum die Therapie abgesetzt beziehungsweise
umgestellt wird. a
Medizinische Studien
Kontakt
Prof. Dr. Gunter von Minckwitz
GBG Forschungs GmbH
Martin-Behaim-Straße 12
63263 Neu-Isenburg
Tel.: 06102 7480-411
Fax: 06102 7480-111
E-Mail:[email protected]
www.germanbreastgroup.de
4 D urch Optimierung zum Wirkstoffkandidaten
5 Test auf Wirkungen und Verträglichkeit
Die Optimierung verläuft in mehreren Runden. Zunächst wird anhand der Hitsubstanzen ermittelt, wie eine gut ans Target bindende Substanz aussehen
müsste. Solche Substanzen werden dann chemisch synthetisiert und umfassend getestet. Kriterien sind u. a. ihre Löslichkeit, Target-Bindung und dass sie
im Blut nicht so schnell abgebaut werden, dass sie nicht wirken können.
Aussichtsreiche Substanzen müssen überprüft
werden, ob sie wirklich wirksam und unbedenklich sind. Dazu sind Tests auf Giftigkeit und andere
Schadwirkungen in Zellkulturen und Tieren erforderlich. Nur die Substanzen, die sich hier bewähren, kommen als mögliche Wirkstoffe in Betracht.
In nachfolgenden Runden werden Varianten der Substanz hergestellt, wobei
Erfahrung und Computersimulationen bei der Wahl aussichtsreicher Veränderungen helfen; auch sie werden getestet. So geht es fort, bis ein paar Substanzen so gute Testergebnisse zeigen, dass sie als Wirkstoff taugen könnten.
9S
tudien mit vielen
Kranken: Phase 3
10 B
egutachtung durch
Zulassungsstellen
11 A
nwendung, Beobachtung,
neue Studien
Ärzte in Kliniken vieler Länder erproben
das Medikament mit mehreren tausend
Patienten. Diese erhalten wieder entweder das neue Medikament oder eine Vergleichsbehandlung. Untersucht werden
Wirksamkeit, Verträglichkeit und Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten.
Experten der Zulassungsbehörden prüfen
die Ergebnisse der durchgeführten Labortests und der Studien zum Nachweis
der Wirksamkeit, der Verträglichkeit und
der technischen Qualität (u. a. Reinheit)
des Medikaments. Fällt diese Prüfung
positiv aus, erhält das Medikament die
Zulassung.
Das Medikament kann nun von Ärzten
verordnet werden. Diese achten zusammen mit dem Hersteller und den Behörden auf Nebenwirkungen, insbesondere
selten auftretende. Die Packungsbeilage wird laufend aktualisiert. Könnte das
Medikament bei weiteren Erkrankungen
helfen, werden neue klinische Studien
begonnen.
www.mammamia-online.de61
9
62Mamma
Mia!
Austausch mit
­Betroffenen
Tumor ist nicht gleich Tumor
9 Austausch mit ­Betroffenen
Selbsthilfe, Internetforen, soziale Netzwerke & Co.
Der Austausch mit anderen Betroffenen
Ein Gespräch mit anderen an Brustkrebs erkrankten Frauen kann zu jedem Zeitpunkt hilfreich sein. Sei es bei Diagnosestellung, wenn die Welt zusammenzustürzen droht
und Therapieentscheidungen getroffen werden müssen.
Oder im Verlauf des Heilungsprozesses, wenn Nebenwirkungen das Leben erschweren und sich quälende Ängste
breit machen. Wenn es Dinge gibt, die man eben nicht mit
Familienmitgliedern oder Freunden besprechen kann beziehungsweise will. Oder aber im Laufe der Jahre, wenn
es gut tut, als erfahrene Betroffene anderen Frauen beizustehen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, mit ebenfalls an Brustkrebs erkrankten Frauen in Kontakt zu treten.
Gespräche in Selbsthilfegruppen
Die klassische Form des Austausches sind Selbsthilfe­
gruppen. Sie werden mittlerweile an vielen Krankenhäusern
beziehungsweise über deutschlandweit agierende Brust­
krebs­organisationen angeboten. Der Austausch reicht von
regelmäßigen Gruppentreffen über gemeinsame Aktivitäten
hin zu Hilfestellung bei akuten Problemen. Fragen Sie in Ihrer Klinik oder Ihren behandelnden Arzt, welche Angebote
es in der Nähe gibt. Eine Auswahl an Selbsthilfegruppen
finden Sie im Anhang dieses Ratgebers.
Anonymer Austausch im Internet
Das Internet bietet eine passende Plattform für alle, die
– aus welchen Gründen auch immer – anonym kommunizieren möchten oder kein passendes Selbsthilfeangebot in der näheren Umgebung finden. In Internetforen
gibt es die Möglichkeit, sich unter einem Pseudonym
auszutauschen, Rat zu holen oder sich einfach mal den
Kummer von der Seele zu schreiben. Wichtig ist zu beachten, dass sich hier meist medizinische Laien austauschen, deren Rat nicht immer der Weisheit letzter
Schluss sein muss. So sollten eigenmächtige Schritte,
die die Therapie beeinflussen könnten, immer mit dem
behandelnden Arzt besprochen werden.
Netzwerken in Social Media
Es gibt immer mehr soziale Netzwerke, die – wenn man
gewisse Regeln beachtet – eine große Bereicherung
sind und die es ermöglichen, in kürzester Zeit ein Interessennetzwerk aufzubauen. So gibt es beispielsweise
bei facebook einige Gruppen, in denen sich Krebspatienten austauschen. Bei twitter ist es möglich, über
Neuigkeiten zum Thema Krebs informiert zu werden,
Xing bietet professionelle Netzwerke. Einige Adressen
finden Sie ebenfalls im Anhang. Wichtig ist zu beachten,
dass die Informationen, die Sie in sozialen Netzwerken
preisgeben, auch an die Öffentlichkeit geraten können
und unter Umständen über Jahre hinweg erhalten bleiben
können, selbst wenn Sie Ihren so genannten Account
längst gelöscht haben.
Hilfe für Betroffene mit hohem
­familiärem Risiko
Seit August 2008 bietet das BRCA-Netzwerk Hilfe bei
familiärem Brust- und Eierstockkrebs an. Der inzwischen
als gemeinnützig eingetragene Verein berät speziell
­Frauen und Männer aus so genannten „Krebsfamilien“,
also Familien, in denen es viele Fälle von Brust- und/
oder Eierstockkrebs gibt. So informieren eine Homepage
und mehr als zehn bundesweite Gesprächskreise über
Themen wie Genmutation, genetische Testung, prophylaktische Maßnahmen und viele mehr. a
Autorin
Eva Schumacher-Wulf
Mamma Mia! Das Brustkrebsmagazin
www.mammamia-online.de63
10
Anhang
64Mamma
Mia!
Tumor ist nicht gleich Tumor
10 Anhang
Autorenverzeichnis
Dr. med. B. Ataseven
Leitende Oberärztin I. Gyn./Geb. Abteilung
Rotkreuzklinikum München gGmbH-Frauenklinik, Lehrkrankenhaus der Technischen Universität München
Tel.: 089 15706-620 | Fax: 089 15706-623
E-Mail: [email protected]
Priv. Doz. Dr. med. Peter Dubsky
Medizinische Universität Wien, Universitätsklinik für Chirurgie, Währinger Gürtel 18-20, A-1090 Wien
Tel.: +43 1 40400-6916 o. 6574 | Fax: +43 1 40400-6918
E-Mail:[email protected]
Prof. Dr. Dr. h.c. W. Eiermann
IOZ München, Nußbaumstraße 12, 80336 München
Tel.:089 599888830
E-Mail: [email protected]
www.ioz-muenchen.de
Prof. Dr. med. Nadia Harbeck
Brustzentrum der Universität MünchenKlinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe
Marchioninistraße 1581377 München
E-Mail: [email protected]
Prof. Dr. med. H. H. Kreipe
Institut für Pathologie, Medizinische Hochschule, Carl-Neuberg-Straße 1, 30625 Hannover
Tel.: 0511 532 4500 oder 4501 | Fax: 0511 532 5799
E-Mail: [email protected]
Dr. med. Cornelia Liedtke
Leitung Studienzentrale, Leitung AG Translationelle Forschung
Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Universitätsklinikum Münster,
­Albert‑­Schweitzer-Straße 33, 48149 Münster
E-Mail: [email protected]
Prof. Dr. med. H.-J. Lück
Gynäkologische-onkologische Praxis Prof. Dr. Lück, Pelikanplatz 33, 30177 Hannover
Tel.: 0511 6555-280 | Fax: 0511 6555-2816
E-Mail: [email protected]
www.go-praxis-hannover.de
www.mammamia-online.de65
Autorenverzeichnis
Prof. Dr. med. Gunter von Minckwitz
GBG Forschungs GmbH, Martin-Behaim-Straße 12, 63263 Neu-Isenburg
Tel.: 06102 7480-411 | Fax: 06102 7480-111
E-Mail: [email protected]
www.germanbreastgroup.de
Prof. Dr. med. Volker Möbus
Chefarzt der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Klinikum Frankfurt Höchst
Gotenstraße 6-8, 65929 Frankfurt am Main-Höchst
Tel.: 069 3106-2339 | Fax: 069 3106-2555
E-Mail: [email protected]
Dr. med. Stefanie Noeding
Gynäkologische-onkologische Praxis, Pelikanplatz 33, 30177 Hannover
Tel.: 0511 6555-280 | Fax: 0511 6555-2816
E-Mail: [email protected]
Prof. Dr. med. Rita Schmutzler
Stiftungsprofessorin der Deutschen Krebshilfe, Schwerpunkt Familiärer Brust- und Eierstockkrebs
Uni-Frauenklinik, Kerpener Straße 9, 50931 Köln
Tel.: 0221 478 86509 | Fax.: 0221 478 86510
E-Mail: [email protected]
Prof. Dr. med. Andreas Schneeweiss
Sektionsleiter Gynäkologische Onkologie, Nationales Centrum für Tumorerkrankungen, ­Universitäts‑­K linikum,
Im Neuenheimer Feld 460, 69120 Heidelberg
Tel.: 06221 56 36051 | Fax: 06221 56 7920
E-Mail: [email protected]
www.klinikum.uni-heidelberg.de
Prof. Dr. med. Michael von Wolff
Inselspital Bern, Frauenklinik, Abteilung fuer Gynaekologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin,
Effingerstrasse 102, CH-3010 Bern
Tel.: +41 (0) 31 632 1303 (Sekretariat) | Fax: +41 (0) 31 632 1305
E-Mail: [email protected]
66Mamma
Mia!
Tumor ist nicht gleich Tumor
10 Anhang
Wichtige Adressen
Fachverbände/Gesellschaften
Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie
(AGO)
Die Kommission Mamma hat einen Patientenrat­geber
zu Leitlinien des Brustkrebses erstellt.
www.ago-­online.de
Deutsche Arbeitsgemeinschaft für
Psychosoziale Onkologie (Dapo)
Leitlinie für die Psychosoziale Betreuung von Brustkrebsbetroffenen. www.dapo-ev.de
Deutsche Fatigue Gesellschaft
www.deutsche-fatigue-gesellschaft.de
Deutsche Gesellschaft der Plastischen,
Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen
Übersicht über plastische Chirurgen, die Erfahrung mit
Brustrekonstruktion haben. www.dgpraec.de
Deutsche Gesellschaft für Senologie e. V.
Interdisziplinäre Fachgesellschaft für Brusterkrankungen, Übersicht über zertifizierte Brustzentren, Brustkrebs-Studien, Kontakte zu Brustkrebs-Experten.
www.senologie.org
Deutsche Krebsgesellschaft
Informationen und Kontakt zu Landesverbänden.
www.krebsgesellschaft.de
Deutsche Krebshilfe
Kostenloses Informationsmaterial. www.krebshilfe.de
Gesellschaft für biologische Krebsabwehr
Informationen über komplementäre und alternative
Krebstherapien. www.biokrebs.de
Kooperationsgemeinschaft Mammographie
Information und Adressen der Screening-Zentren.
www.mammo-programm.de
Information/Aufklärung/­
Organisationen
Brustkrebs Deutschland e. V.
Ausführliche Informationen über Früherkennung, Behandlung von Brustkrebs, Nebenwirkungen und Nachsorge, aktuelle Kongressberichte in patientenverständlicher Sprache, kostenlose Ärztehotline, kostenlose
Telefonsprechstunde für Kinder und Familien, in denen
ein Elternteil an Krebs erkrankt ist.
www.brustkrebsdeutschland.de
KOMEN Deutschland e. V.
Information und bundesweite Unterstützung von Brustkrebsprojekten, Charityveranstaltungen.
www.komen.de
Kompetenz gegen Brustkrebs
Gemeinnütziger Verein zur Förderung ganzheitlicher
Medizin und Psychotherapie bei Brustkrebs e. V.
www.kompetenz-gegen-brustkrebs.de
Krebsinformationsdienst (KID)
Beratungsstelle am Deutschen Krebsforschungszentrum, bietet aktuelle Informationen rund um die
­Diagnose Krebs. Kostenfreies Beratungsangebot zu
Brustkrebs täglich von 08:00 bis 20:00 Uhr,
Tel.: 0800 4203040.
www.krebsinformationsdienst.de
Mamazone e. V.
Brustkrebs-Patientinnen-Initiative mit regionalen
­Gruppen.
www.mamazone.de
Stiftung PATH – Patients’ Tumor Bank of Hope
Postfach 750729, Schäftlarnstr. 62, 81337 München
Stiftungssitz: Augsburg
Tel.: 089 78067848, Fax: 089 78067850
E-Mail: [email protected]
www.stiftungpath.org
www.mammamia-online.de67
Selbsthilfe und Beratung
BRCA-Netzwerk e. V.
Information, Beratung und Hilfe bei familiärem Brustund Eierstockkrebs. Hier können sich Betroffene über
die prophylaktische Brustentfernung und die Kostenübernahme der Krankenkassen informieren.
www.brca-netzwerk.de
Brustkrebs-München e. V.
Zusammenschluss von Betroffenen, Ärzten, Pflegepersonal und Interessierten. Hotline: 089 60190923,
E‑Mail: [email protected],
www.brustkrebs-muenchen.de
Krebs Kompass
www.krebs-kompass.org
Mamma Mia! Das Brustkrebsmagazin
www.mammamia-online.de
Krebs im Internet
Brustkrebslexikon
Umfassenes Glossar. www.brustkrebs-info.de
Inkanet
Informationsnetz für Krebspatienten und Angehörige.
www.inkanet.de
Die Revierinitiative
Beratung und Information bei Brustkrebs.
www.die-revierinitiative.de
Der Krebskompass
„Internetguide für Krebspatienten“.
www.krebs-kompass.de
Frauenselbsthilfe nach Krebs ­Bundesverband e. V.
Onlineberatung und regionale Gruppen.
Tel.: 0228 33889-400,
www.frauenselbsthilfe.de
Soziale Netzwerke
BRCA-Netzwerk e. V. bei facebook
www.facebook.com/brcanetzwerk
lebensmut e.V.
Orientierungshilfe und Informationen bei Brustkrebs.
www.lebensmut.org
krebsfamilie.de – Komme ich aus einer
­Krebsfamilie?
www.facebook.de/krebsfamilie
Netzwerk Brustkrebs beim Mann
Informationen rund um das Thema Brustkrebs beim
Mann; Möglichkeit, Kontakt zu anderen Betroffenen
aufzunehmen.
www.brustkrebs-beim-mann.de
Mamma Mia! Das Brustkrebsmagazin bei f­ acebook
www.facebook.de/brustkrebsmagazin.mammamia
Zebra – Zentrum für Brustkrebsangelegenheiten
und Brustgesundheit
Kooperation mit dem Interdisziplinären Brustzentrum
(IBC) in Düsseldorf, Patientinnenseminare und kostenfreie telefonische Beratung. Tel.: 0211 9293935,
www.senologiezentrum.de
Krebs mit Kindern
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www.kinder-krebskranker-eltern.de
Hilfe für Kinder krebskranker Eltern
www.hilfe-fuer-kinder-krebskranker.de
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Informationsportal für Kinder, deren Mutter Brustkrebs
hat. www.mum-hat-brustkrebs.de
Deutsches Medizinforum
www.medizin-forum.de
68Mamma
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Tumor ist nicht gleich Tumor
10 Anhang
Glossar
Behandlungsablauf nach festgelegten Leitlinien und festgelegtem
Zeitrahmen.
webswucherung (Tumor) vorliegt, und
liefert gegebenenfalls auch Hinweise
auf den Entstehungsort des Tumors.
A
Drüse – Mehrzelliges Organ, das
spezifische Wirkstoffe (Sekrete) bildet
und diese nach außen (zum Beispiel
in die Mundhöhle) oder nach innen
direkt in die Blut- oder Lymphbahn
abgibt (Hormondrüse wie zum Beispiel die Schilddrüse).
Hormone – Botenstoffe des Körpers,
die in spezialisierten Zellen und Geweben hergestellt werden und über
den Blutoder Lymphweg ihren Wirkungsort erreichen.
adjuvant – die Wirkung zusätzlich
unterstützend
Amputation – chirurgische Abtrennung eines Körperteils
axillar – zur Achselhöhle gehörend
B
Biopsie – Entnahme von Gewebe
mittels eines Instruments (z. B. Spezialkanüle, Zangeninstrument oder
Skalpell zur weiteren mikroskopischen Untersuchung). Bezeichnung
entweder nach der Entnahmetechnik
(z. B . Nadelbiopsie) oder nach dem
Entnahmeort (z. B . Schleimhautbiopsie).
C
Chemotherapie – Behandlung mit
chemischen Substanzen, die eine
Wachstumshemmung von Tumorzellen im Organismus bewirken.
Der Begriff steht meistens speziell
für die zytostatische Chemotherapie,
das heißt die Bekämpfung von Tumorzellen durch Verwendung zellteilungshemmender Medikamente (siehe auch Zytostatika).
D
Diagnostik – Sammelbegriff für alle
Untersuchungen, die zur Feststellung
einer Krankheit und deren Benennung führen sollen.
D i s e a s e - M a n a g e m e n t- P r o gramm – Disease (engl.) = Krankheit. Das DMP ist ein strukturierter
E
endokrine Therapie – Hormontherapie
epithelial – zur obersten Zellschicht
des Haut- und Schleimhautgewebes
gehörend
F
Fernmetastase – siehe Metastase
G
Gestagen Hormon – des weiblichen
Eierstocks, das der Vorbereitung und
Erhaltung der Schwangerschaft dient
(siehe auch Progesteron).
Grading – Beurteilung des Grades
der Bösartigkeit von Tumoren nach
Bewertungskriterien wie Ähnlichkeit
der Tumorzellen mit Zellen des betroffenen Organs oder der Zellteilungsrate im Tumor (siehe auch TNM Klassifikation).
H
Histologie/histologisch – Wissen­
schaft und Lehre vom Feinbau biologischer Gewebe. Die mikroskopische Betrachtung eines hauchfeinen
und speziell angefertigten Gewebeschnitts erlaubt die Beurteilung, ob
eine gutartige oder bösartige Ge-
Hormonrezeptoren – Die Bestimmung von Hormonrezeptoren bei
Brustkrebs ist bedeutsam für die
unterstützende (adjuvante) oder lindernde (palliative) Therapieentscheidung. Man unterscheidet Östrogenund Progesteronrezeptoren. Patientinnen vor Eintritt der Wechseljahre
(Prämenopause) weisen zu etwa 50
bis 60 Prozent, Patientinnen nach
Eintritt der Wechseljahre (Postmenopause) zu 70 bis 80 Prozent Östrogenrezeptoren auf. Diese so genannten rezeptorpositiven Fälle werden im Hinblick auf den Verlauf der
Erkrankung (Prognose) günstiger eingeschätzt als die rezeptornegativen
Tumoren. Bei den rezeptorpositiven
Patientinnen haben außerdem hormontherapeutische (endokrine) Maßnahmen mehr Aussicht auf Erfolg.
I
infiltrieren – eindringen, einsickern
invasiv – bei Eingriffen: in Organe
oder Gewebe eindringend; bei Tumoren: in das umgebende Bindegewebe
wuchernd, hineinwachsend
K
Kernspintomografie (NMR) – Aufwändiges Untersuchungsverfahren
mit einer hohen Bildinformation, das
im Gegensatz zu Röntgentechniken
www.mammamia-online.de69
mit Magnetfeldern arbeitet. Es wird
häufig zur Untersuchung von Gehirn
und Rückenmark angewendet und
lässt auch krankhafte Veränderungen anderer Organsysteme erkennen. Ungeeignet für Menschen mit
Herzschrittmachern, da durch das
starke Magnetfeld Störungen auftreten können.
M
Klassifizierung – etwas in Klassen
einteilen, einordnen
manuell – mit der Hand
Malignitätsgrad – Bezeichnung
des Schweregrades bösartiger Zellen
Mammakarzinom – Brustkrebs
Mammografie – Darstellung der
Brustdrüse mittels Röntgenuntersuchung
Mastektomie – Brustamputation
Kurativ – heilend, auf Heilung ausgerichtet
L
Lymphdrainageapie – Entstauungsmaßnahme bei Schwellungen,
die durch verzögerten Lymphabstrom
verursacht werden. Dabei werden mit
Hand und Finger leichte Streich- und
Druckmassagen durchgeführt, die
die Flüssigkeiten in andere Gebiete verteilen, wo sie besser abfließen
können.
Lymphknoten – Die Lymphknoten
sind an zahlreichen Stellen des Körpers (Lymphknotenstationen) Filter für
das Gewebewasser (Lymphe) einer
Körperregion. Die oft verwendete Bezeichnung Lymphdrüsen ist missverständlich, da die Lymphknoten keinerlei Drüsenfunktion besitzen. Die
Lymphknoten stellen einen wichtigen
Teil des Immunsystems dar. Lymphome, maligne Bösartige Erkrankungen
des lymphatischen Systems. Es handelt sich um verschiedenste Lymphkrebsarten, die ganz unterschiedliche
biologische Eigenschaften besitzen
und in zwei Hauptgruppen unterteilt
werden: Morbus-Hodgkin- und NonHodgkin-Lymphome.
70Mamma
Mia!
Metastase – Krankheitsherd,
der durch die Verschleppung von
krankheitserregendem Material
(Tumor­zellen, Bakterien) aus einem
ursprünglichen Krankheitsherd entsteht. Im engeren Sinne ist damit
die Metastase eines bösartigen
Tumors gemeint (Fernmetastase:
Metastase, die auf dem Blut- oder
Lymphweg übertragen wird und
fern des ursprünglichen Tumors
wächst). Eine Metastasierung kann
über den Blutweg (hämatogen) oder
über den Lymphstrom (lymphogen)
erfolgen.
O
Östrogen – Weibliches Geschlechtshormon, das Zellteilungs- und
Wachstumseffekte am weiblichen
Geschlechtsapparat (z. B. Schleimhaut und Muskulatur der Gebär­
mutter, Brustdrüse) auslöst.
Ovarektomie – Entfernung der
­Eierstöcke. Wird besonders bei
hormonempfindlichen Tumoren, im
Speziellen bei Brustkrebs, durchgeführt und wirkt sich auf den Krankheitsverlauf günstig aus. Eine Ausschaltung der endokrinen Funkti-
Tumor ist nicht gleich Tumor
on der Eier­stöcke kann heutzutage
auch durch Medikamente erreicht
werden, so dass die Funktion nach
Beendigung der Behandlung wieder
einsetzen kann.
P
palliativ – lindernd; Maßnahmen
zur Behebung bestimmter Symptome, ohne die zu Grunde liegende
Erkrankung tatsächlich beseitigen
zu können. Die palliative Medizin
hat besondere Bedeutung, wenn
die Heilung eines Krebspatienten
nicht mehr möglich ist. Im medizinischen Bereich stehen eine intensive
Schmerztherapie und die Kontrolle
anderer krankheitsbedingter Symptome im Vordergrund.
Physiotherapie – Behandlung von
Krankheiten mit naturgegebenen
Mitteln wie Wasser, Wärme, Licht
und Luft.
physisch – körperlich
Pigmentation – Einlagerung von
Körperfarbstoffen in den Zellen der
Haut
Primärtumor – Die zuerst entstandene Geschwulst, von der Metastasen ausgehen können.
Prognose – Vorhersage einer zukünftigen Entwicklung (zum Beispiel
eines Krankheitsverlaufes) auf Grund
kritischer Beurteilung des gegenwärtigen Zustands.
Progesteron – Gelbkörperhormon,
wichtigstes natürliches Gestagen,
das im Zusammenwirken mit bzw.
nach vorheriger Einwirkung von Ös-
10 Anhang
trogenen an der Regulation nahezu
aller weiblichen Fortpflanzungsorgane beteiligt ist.
Prothese – künstlicher Ersatz eines
amputierten bzw. fehlenden Körperteils
psychisch – seelisch
R
Radiotherapie – Strahlenbehandlung
Rehabilitation – Maßnahmen
zur Wiedereingliederung bzw.
zur m
­edizinischen Wiederherstellung, beruflichen Wiederbefähigung und ­
sozialen Wiedereingliederung in Form von Übergangshilfen,
­Ü bergangsgeld,
nachgehender Für­sorge von Behinderten und ­Be­seitigung bzw. Minderung der ­Berufs-, ­Erwerbs- und
Arbeitsunfähigkeit.
Rekonstruktion – Wiederherstellung eines zerstörten Gewebsteils
Remission – Tumorrückgang. Die
klinische Terminologie unterscheidet
zwischen Voll- und Teilremission, je
nachdem, ob sich der Tumor ganz
oder nur teilweise zurückgebildet hat.
Eine Vollremission kann, muss jedoch
nicht mit einer dauerhaften Heilung
verbunden sein.
Resektion – operative Entfernung
von kranken Organteilen
Rezidiv – „Rückfall“, im engeren Sinn
das Wiederauftreten einer Krankheit
nach einer erscheinungsfreien Periode
S
Segment – Abschnitt, Teilstück
Silikon – Eine gelartige Masse, die
auf Grund ihrer guten Formbarkeit und Verträglichkeit oft in der
­W iederherstellungschirurgie, z. B.
bei der Brustrekonstruktion, verwendet wird.
Sonografie – siehe Ultraschalluntersuchung
Stadieneinteilung (Staging W)
– Bei bösartigen Tumoren wird die
­Ausbreitung innerhalb des Entstehungsorgans in die Nachbarorgane
und in andere Organe festgelegt,
wobei die Größe des ursprünglichen
Tumors (Primärtumor), die Zahl der
befallenen Lymphknoten und die
Metastasen formelhaft erfasst werden (siehe auch TNM-Klassifikation,
Grading).
Strahlenbehandlung (Radiotherapie W) – Behandlung mit ionisierenden Strahlen, die über ein spezielles Gerät (meist Linearbeschleuniger) in einen genau festgelegten
Bereich des Körpers eingebracht
werden. Diese Bestrahlungsfelder
werden vorab so geplant und berechnet, dass die Dosis in der Zielregion
ausreichend hoch ist und gleichzeitig
gesundes Gewebe bestmöglich geschont wird. Man unterscheidet die
interne Strahlentherapie („Spickung“/
Afterloading mit radioaktiven Elementen) und die externe Strahlentherapie.
Symptom – Krankheitszeichen
Szintigrafie W/Szintigramm – Untersuchung und Darstellung inne-
rer Organe mit Hilfe von radioaktiv
markierten Stoffen. In einem speziellen Gerät werden dabei von den
untersuchten Organen durch aufleuchtende Punkte Bilder erstellt,
die zum Beispiel als Schwarz-WeißBilder auf Röntgenfilmen dargestellt
werden können. Anhand des Szintigramms kann man auffällige Bezirke
sehen und weitere Untersuchungen
einleiten.
T
Therapie – Kranken-, Heilbehandlung
TNM-Klassifikation – Gruppeneinteilung bösartiger Tumoren nach ihrer
Ausbreitung. Es bedeutet: T = Tumor
N = N odi (benachbarte Lymphknoten) M = Fernmetastasen. Durch Zu­
ordnung von Indexzahlen werden die
einzelnen Ausbreitungsstadien genauer beschrieben. Ein Karzinom
im Frühstadium ohne Metastasierung würde damit z. B. als T1N0M0
bezeichnet.
Tumor – Geschwulst, nicht unbedingt bösartig. Ein bösartiger Tumor
besteht aus unkontrolliert wachsenden Zellwucherungen.
U
Ultraschalluntersuchung (Sonografie W) – Diagnostische Methode, bei der Ultraschallwellen durch
die Haut in den Körper eingestrahlt
werden, so dass sie an Gewebs- und
Organgrenzen zurückgeworfen werden. Die zurückgeworfenen Schallwellen werden von einem Empfänger aufgenommen und mithilfe eines
Computers in entsprechende Bilder
umgewandelt. Man kann mit dieser
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Methode die Aktionen beweglicher
Organe (Herz oder Darm) verfolgen.
Eine Strahlenbelastung tritt nicht auf;
die Untersuchung kann bei Bedarf
wiederholt werden.
Z
Zyste – ein- oder mehrkammerige,
durch eine Kapsel abgeschlossene,
sackartige Geschwulst mit dünnoder dickflüssigem Inhalt
Zytologie – Lehre vom Bau und den
Funktionen der Zellen
Zytostatika – Medikamente, die das
Wachstum von Tumorzellen hemmen,
aber auch gesunde Zellen in gewissem Ausmaß schädigen können. Ziel
ist dabei, die Zellteilung zu verhindern
(siehe auch Chemotherapie)
Tumorklassifikationen
Bei der TNM-Klassifikation (T=Tumor, N=Nodi=Lymphknoten, M=Fern­
metastasen) handelt es sich um eine Einteilung bösartiger Tumoren nach
verschiedenen Faktoren. Diese wurde von der UICC (International Union
Against Cancer) festgelegt.
pT Primärtumor
Tx
Primärtumor kann nicht beurteilt werden
T0
Kein Primärtumor
pTis
Carcinoma in situ
pT1
Tumor bis 2 cm
pT1a Tumor bis 0,5 cm
pT1b Tumor 0,5 cm bis 1 cm
pT1c Tumor 1 cm bis 2 cm
pT2
Tumor 2 cm bis 5 cm
pT3
Tumor mehr als 5 cm
pT4Tumor jeder Größe mit direkter Ausdehnung auf die Brustwand
oder die Haut
pT4a Mit Ausdehnung auf die Brustwand
pT4b Mit Ödem oder Ausdehnung auf die Brusthaut
pT4c 4a und 4b gemeinsam
pT4dEntzündliches (inflammatorisches) Mammakarzinom
Zusätze
m
mehrere Tumorherde in einer Brust (multifokal/multizentrisch)
r
Wiederaufflackern der Tumorerkrankung (Rezidiv)
G Grading
G1
Gut differenziert
G2
Mässig differenziert
G3
Undifferenziert (entdifferenziert)
72Mamma
Mia!
Tumor ist nicht gleich Tumor
10 Anhang
pN Regionäre Lymphknoten
NxRegionäre Lymphknoten können nicht beurteilt werden
pN0 Keine regionären Lymphknoten befallen
pN1 Metastasen in axillären Lymphknoten
pN1aNur Mikrometastasen (keine größer als 0,2 cm)
pN1b Metastase(n) in Lymphknoten, mindestens eine größer als 0,2 cm
pN1bi Metastasen in 1 bis 3 Lymphknoten, wenigstens eine größer als 0,2 cm, aber alle kleiner als 2 cm
pN1biiMetastasen in 4 oder mehr Lymphknoten, wenigstens eine größer als 0,2 cm, aber alle kleiner als 2 cm
pN1biiiAusdehnung der Metastasen über die Lymphknotenkapsel hinaus, alle kleiner als 2 cm in größter Ausdehnung
pN1biv Metastasen in Lymphknoten, 2 cm oder mehr in größter Ausdehnung
pN2Metastasen in ipsilateralen axillären Lymphknoten, untereinander verbacken oder in andere Strukturen
fixiert
pN3 Metastasen in ipsilateralen Lymphknoten entlang der A. mammaria interna
Zusätze
SNSentinel Node (Wächterlymphknoten). Befund bezieht sich auf den/die entnommenen Wächterlymphknoten.
miMikrometastase, sehr kleine Metastase. Bei positiven axillären Lymphknoten sollte die Anzahl der befallenen Lymphknoten im Verhältnis zur Gesamtzahl der entfernten Lymphknoten angegeben werden.
M Fernmetastasen
Mx
Das Vorliegen von Fernmetastasen kann nicht beurteilt werden
M0
Keine Fernmetastasen
M1Fernmetastasen
LLymphgefäßeinbruch:
LX
Lymphgefäßinvasion kann nicht beurteilt werden
L0
kein Nachweis einer Lymphgefäßinvasion (also keine Tumorzellen in Lymphgefäßen nachgewiesen)
L1
Lymphgefäßinvasion (also Tumorzellen in Lymphgefäßen nachgewiesen)
VBlutgefäß-(Venen-)einbruch:
VX
Blutgefäßinvasion kann nicht beurteilt werden
V0
kein Nachweis von Blutgefäßinvasion
V1Blutgefäßinvasion
Resektionsrand (Absetzungsrand (Schnittrand) bei der Operation)
RXResektionsrand kann nicht beurteilt werden
R0Resektionsrand ist frei von Tumor, der Tumor wurde vollständig (mit einem Sicherheitsaum) im Gesunden entfernt
R1Tumor reicht bis an den Resektionsrand, der Tumor wurde wahrscheinlich nicht vollständig im Gesunden entfernt oder reicht bis an den Rand (ohne Sicherheitsaum)
www.mammamia-online.de73
Notizen
74Mamma
Mia!
Tumor ist nicht gleich Tumor
10 Anhang
Notizen
www.mammamia-online.de75
Notizen
76Mamma
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Tumor ist nicht gleich Tumor
10 Anhang
Notizen
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Notizen
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2011, 2012 beim BBSG-Verlag. Diese Zeitschrift
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